altersgerechte medizin - was heisst...
Post on 17-Sep-2018
220 Views
Preview:
TRANSCRIPT
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Altersgerechte Medizin - Was heisst das ?
Dr.med. Peter Wiedersheim, MBA Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, FMH
Co-Präsident der Konferenz der Kantonalen Ärztegesellschaften
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Albrecht Dürer 1514
Portrait seiner Mutter
im Alter von 63 Jahren
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
11. Januar 2007 : Maria Milz
„Für den Laden war ich noch nicht reif!“
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
…… aber auch unsere Generation hat immer noch die gleichen Wünsche!
Boomende Anti-Aging Medizin
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Otto von Bismark und das Rentenalter
1889 Einführung der Rentenversicherung
Renten ab dem 70.Lebensjahr
Die Lebenserwartung lag damals unter 50 Jahren.
Ab welchem Lebensjahr würde er wohl heute das Rentenalter festlegen?
PS: 1883 Krankenversicherung
1884 Unfallversicherung
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
OBSAN Bericht 53: 1998 - 2010
Die demografischen Faktoren dürften künftig noch an Bedeutung gewinnen. Gemäss Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird der Anteil chronischer Erkrankungen in den nächsten Jahren weiter zunehmen.
Die Nachfrage nach medizinischen Leistungen (Inanspruchnahme) wird weiter steigen, einerseits aus demografischen Gründen, andererseits aufgrund von chronischen Erkrankungen und Mehrfach-erkrankungen (GDK und BAG 2012).
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Chronische Krankheiten!
Bewegungsmangel
Fehlernährung/Übergewicht
Metabolisches Syndrom
Stress
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Bewegung
Das Bewegungsverhalten kann berechnet werden als Verhältnis von Gesamtenergieverbrauch zu Ruheumsatz
Frühere Jäger und Sammler: 1,7
Nicht menschliche Primaten: 1,2 – 1,5
Bäuerliche Selbstversorger: 1,8 – 2,5
Moderner Stadtmensch: 1,5
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Gesundheitseffekte von körperlicher Aktivität
Deutliche Reduktion von: Gesamtsterblichkeit
Herzinfarkt, coronarer Herzkrankheit Bluthochdruck Hirnschlag
Zuckerkrankheit Metabolisches Syndrom Brust- und Dickdarmkrebs
Depression Sturzrisiko Demenz
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Zunehmend begrenzte Ressourcen!
zunehmend leere Staatskassen
Zunehmender Mangel an Pflegepersonal
Zunehmender Mangel an Ärztinnen/Ärzten
Ziel: mehr gesunde Lebensjahre und kürzere Pflegebedürftigkeit.
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Angeschlagene Staatsfinanzen
Kniefall von Regierung
und Parlament im Kt SG
vor der Tabakmafia !
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Der Kreislauf von Geld und Gesundheit
In den jüngeren Jahren opfern wir unsere Gesundheit um Geld zu verdienen, in etwas älteren Jahren opfern wir unser Geld für die Gesundheit !
Merke: Volkswirtschaftlich muss aber kein Nachteil resultieren, wenn wir unser Geld im Alter nicht nur für die Gesundheit respektive die Pflege ausgeben !
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Kostendeterminanten der letzten 6 Monate
Kostendämpfend: - Verwandte in der Nähe - Demenzerkrankung
Kostensteigernd : - Multimorbidität (>4) - Vorhandenes Funktionsdefizit - Zahl der Spitalbetten/Person - Private Zusatzversicherung
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Funktion ist wichtigster Prädiktor für die Kosten der letzten 6 Monate
Ann Intern Med 2011, 154; 235-242
ADL: Activity of Daily Living
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Versorgungsforschung
Verhältnis zwischen Beitrag der Gesundheitsdeterminanten zur Mortalität (links) und Höhe der den entsprechenden Systemen zugeordneten Ressourcen (rechts)
Einfluss der Gesundheits - determinanten auf die Mortalität
Allokation von Mitteln
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Ist dieses Investmentverhalten klug und richtig ?
Einfluss der Gesundheits = determinanten auf die Mortalität
Allokation von Mitteln
Prof Dr.med. Bettina Borisch, Institut de médecine sociale et préventive, Université de Genève
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Gesundes Älterwerden
Die 4 Grundpfeiler des gesunden Alterns
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Gesundheits - Coaching
Präventionsprojekt im Kanton St.Gallen in Zusammenarbeit mit dem Kollegium für Hausarzt- medizin (KHM).
Erfolgreiches Pilotprojekt
Auszeichnungen: - IBK 2010 - Swiss Quality Award - Public Health Schweiz
Altersmedizin: Koexistenz vieler Faktoren
Alter
Gene Geschlecht
Ökonomische und Soziale Faktoren
Chronische Krankheit Störung der Organfunktionen / Organversagen
Lifestyle
Polymedikation
Noxen / Umweltfaktoren
Funktions- defizit
Immobilität Abhängigkeit Tod
Akute Krankheit
Integrative Rolle der Geriatrie
Altersmedizin: Komplexität des Systems
Alter
HA
Kranken und Sozialversicherungen
Behörden
Spezialist
LTC Palliation
Hospiz
Rehab
Spital
Funktions- defizit
Immobilität Abhängigkeit Tod
Spitex
Die Idealvorstellung des Lebens («on – off»)
Zeit / Alter
Alle wollen jung sterben aber so spät wie möglich
Fu
nktio
n
†
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Gesundes Älterwerden
Altern ist ein lebenslanger Prozess – Prävention kann nicht erst im Alter beginnen!
Haupterkrankungen im Alter (z.B.):
- Herz-Kreislauf – Erkrankungen
- Stoffwechselkrankheiten (Diabetes) - Erkrankungen des Bewegungsapparates
- einige Tumorerkrankungen - Störungen des Nervensystems
Sind nicht unwesentlich durch den Lebensstil, körperliche
Aktivität und die Ernährung beeinflussbar
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Gesundes Älterwerden
Der Arzt muss ÜBERZEUGEN zu einem gesundheits-bewussten Lebensstil, nicht nur anordnen (Zeit !)
Der alte Arzt spricht Latein, der junge Arzt spricht Englisch,
der gute Arzt spricht die Sprache seiner Patienten
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Die Ängste älterer Menschen
Howland J. fear of alling among the community- dwelling elderly. J Aging and Health 1993
Angst einen wichtigen Termin zu vergessen: 8%
Angst vor künftigen finanziellen Problemen: 12%
Angst auf der Strasse ausgeraubt zu werden: 17%
Angst im kommenden Jahr zu stürzen: 26%
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
BFU : Sturz-Statistik
Die meisten Frakturen ereignen sich beim Gehen in der Ebene und nicht auf der Treppe oder aus der
Höhe
Das gleiche gilt für die Verletzungs-Schwere!
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
68.7%
22.8%
7.9%
0.6%
-10%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Häuslicher Unfall Freizeitunfall Verkehrsunfall Sonstige
Unfälle älterer Menschen (65+) nach Unfallort, IDB Cottbus 2007-2010, in % (N=1.991)
Quelle: IDB Cottbus, Abt. Gesundheit LUGV Brandenburg, eigene Berechnung
Die meisten Unfälle im Pensionsalter ereignen sich zu Hause
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Sturz: häufigster Verletzungsmechanismus im Alter über 80 Jahre
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Sturzprävention ist wichtig!
Bavarian Fracture Prevention Study, 2007
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Fakten zur Osteoporose
BAG Bericht 2004: jede 2. Frau > 50 Jahre jeder 5. Mann > 50 Jahre
BfS 2008: 10% der Männer und 15% der Frauen zwischen 65 und 74 Jahren hatten in den letzten 12 Monaten einen Sturzunfall
63% der Bevölkerung stufen ihr Osteoporoserisiko als gering ein.
2000: 300`000 Akutspitaltage (Frauen) (COPD: 130`000, Mamma-Ca 100`000, Diabetes 50`000.)
BAG: 8,5% der Todesfälle über 50 Jahre sind die Folge erhöhter Sterblichkeit nach einer Wirbelkörper- oder Hüftfraktur.
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Akut-Hospitalisationen und deren Kosten bei chron. Erkrankungen in der Schweiz (Frauen)
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Osteoporose
Gesunder Knochen
Osteoporotischer Knochen
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Das Ziel der Osteoporosetherapie
ist die Frakturverhinderung
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Vertebroplastie: Empfehlungen «swiss medical board» 2011
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Vertebroplastie im klinischen Alltag
Wird trotz allen Fragezeichen immer häufiger durchgeführt!
Sekundäre Frakturen der angrenzenden Wirbelkörper
Kosten Vertebroplastie mit stationärem Aufenthalt von 2-11 Tagen, total: Fr. 12219.00 BE: Fr.11`200, CW 1.091, DRG 153Z
Kosten konservative Therapie mit stationärem Aufenthalt von 3-20 Tagen, total: Fr. 10326.00 BE: Fr. 11`200, CW 0.922, DRG 169Z
Multimodale rheumatolog. Komplexbehandlung 14d (CHOP 933802), DRG 197Z, CW 1,824: Fr. 20`429.00
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Was kann der operativ Tätige vom Geriater lernen?
Ein alter Mensch besteht nicht nur aus einer Hüftfraktur oder einer defekten Herzklappe!
Wichtig: Perioperatives geriatrisches Management: - senkt Kosten - verhindert Delirien - optimiert das Ergebnis - verbessert die ADL-Funktionen - spart Ressourcen - optimiert die Austrittsplanung
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Was muss der Gesundheitspolitiker wissen?
Eine Hüft-TP oder Knie-TP kann auch im hohen Alter durchaus sinnvoll und indiziert sein, wenn damit die Selbständigkeit aufrecht erhalten und die Pflegebedürftigkeit vermieden oder deutlich reduziert werden kann.
Auch Lebensqualität hat einen Wert!
Die Kosten einer Hüft-TP sind mit der Einsparung von 6 Monaten Pflegeheim «amortisiert».
Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten sind entscheidend und nicht nur die OKP-Kosten!
Forum Gesundheitswirtschaft Basel, 27.6.2013
Schlussfolgerungen «altersgerechte Medizin»:
Die wichtigsten Ziele der Behandlung im Alter sind: Erhalt und Verbesserung von Lebensqualität und Selbstständigkeit.
Gesunde Lebensjahre sind nicht das prioritäre Resultat von teuren Reparaturen am Lebensende sondern die direkte Folge von einem gesunden Lebensstil!
Alte Menschen brauchen nicht mehr Medizin, sie brauchen auch keine teurere Medizin, sie haben aber ein Recht auf eine massgeschneiderte Medizin.
top related