aspekte des gewässerschutzes und der gewässer-...

128
Institut für Ländliche Räume Ingenieurgemeinschaft für Landwirtschaft und Umwelt, Göttingen Aspekte des Gewässerschutzes und der Gewässer- nutzung beim Anbau von Energiepflanzen Ergebnisse eines Forschungsvorhabens im Auftrag des Umwelt- bundesamtes Heike Nitsch, Bernhard Osterburg (vTI) Christine von Buttlar, Hans-Bernhard von Buttlar (IGLU) Arbeitsberichte aus der vTI-Agrarökonomie 3/2008 Braunschweig, im April 2008

Upload: phungcong

Post on 18-Sep-2018

218 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

  • Institut fr Lndliche Rume Ingenieurgemeinschaft fr Landwirtschaft und Umwelt, Gttingen Aspekte des Gewsserschutzes und der Gewsser-nutzung beim Anbau von Energiepflanzen Ergebnisse eines Forschungsvorhabens im Auftrag des Umwelt-bundesamtes Heike Nitsch, Bernhard Osterburg (vTI) Christine von Buttlar, Hans-Bernhard von Buttlar (IGLU) Arbeitsberichte aus der vTI-Agrarkonomie 3/2008 Braunschweig, im April 2008

  • Dipl. Geokol. Heike Nitsch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dipl. Ing. agr. Bern-hard Osterburg wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fr Lndliche Rume des Johann Heinrich von Thnen-Instituts. Dr. Christine von Buttlar und Dr. Hans-Bernhard von Buttlar von der Ingenieurgemeinschaft fr Landwirtschaft und Umwelt (IGLU) in Gttingen fhrten im Rahmen eines Unterauftrags telefonische Experteninterviews durch. Der vorliegende Bericht entstand im Rahmen eines Forschungsvorhabens im Auftrag des Umweltbundesamtes in der Zeit von September 2007 bis April 2008.

    Adresse: Institut fr Lndliche Rume

    Johann Heinrich von Thnen-Institut (vTI), Bundesforschungsinstitut fr Lndliche Rume, Wald und Fischerei

    Bundesallee 50

    D-38116 Braunschweig

    Telefon: (+49) (0)531 596 5211

    E-mail: [email protected]

    [email protected]

    Die Arbeitsberichte aus der vTI-Agrarkonomie stellen vorlufige, nur eingeschrnkt be-gutachtete Berichte ber Arbeiten aus dem Institut fr Betriebswirtschaft, dem Institut fr Lndliche Rume und dem Institut fr Marktanalyse und Agrarhandelspolitik des Johann Heinrich von Thnen-Instituts dar. Die in den Arbeitsberichten aus der vTI-Agrarkonomie geuerten Meinungen spiegeln nicht notwendigerweise die der Institute wider. Kommentare sind erwnscht und sollten direkt an die Autoren gerichtet werden. Der vorliegende Arbeitsbericht kann kostenfrei heruntergeladen werden: http://www.vti.bund.de/de/institute/lr/publikationen/bereich/ab_3_2008_de.pdf

    mailto:[email protected]://www.vti.bund.de/de/institute/lr/publikationen/bereich/ab_3_2008_de.pdf

  • Zusammenfassung/Summary I

    Zusammenfassung

    Der vorliegende Arbeitsbericht entstand im Rahmen eines Forschungsvorhabens im Auftrag des Umweltbundesamtes und beleuchtet mit dem Thema Gewsserschutz und Energiepflanzen einen Aspekt, der bisher nicht im Fokus der Diskussionen um den Energiepflanzenanbau stand. In dieser Studie wurden relevante Verwertungsketten fr die energetische Nutzung von landwirtschaftlicher Biomasse in Deutschland anhand poten-zieller Auswirkungen auf die Gewsser bewertet. Mgliche negative Wirkungen auf die Gewsser sind hufig auch aus Klimaschutzgrnden relevant. Vorgestellt werden zudem Mglichkeiten des gewsserschonenden Anbaus. Die Analyse sttzt sich auf die Auswertung von Literatur sowie schriftlicher und telefonischer Befragungen verschiedener Experten. Demnach bestehen Herausforderungen insbesondere bezglich der Lagerung und Ausbringung von Grresten sowie der berwachung von Nhrstoffstrmen im Zu-sammenhang mit Biogasanlagen. Grnlandschutz und die Implementierung gewsserscho-nender Anbaupraktiken sind auch unabhngig vom Energiepflanzenanbau zu verfolgen. Im Hinblick auf die derzeitige, allgemeine Intensivierungstendenz der landwirtschaftlichen Flchennutzung sollte zudem eine berprfung bestehender Standards fr die Landnut-zung vorgenommen werden. Eigenstndige Standards nur fr den Energiepflanzenanbau sind nicht zu empfehlen. In diesem Zusammenhang werden bestehende Frder- und Steu-erinstrumente der Agrar-, Umwelt- und Energiepolitik diskutiert und ausgewhlte politi-sche Handlungsoptionen vorgestellt. . JEL: K32, Q18, Q24, Q25, Q42 Schlsselwrter: Energiepflanzen, Gewsserschutz, Biogasanlagen, Landnutzung, Steuerungsinstrumente

    Summary

    This report results from a research project, commissioned by the German Federal Environment Agency (Umweltbundesamt), and with the subject of water protection and energy crops examines an aspect that has not been in the focus of the discussions around the cultivation of energy crops so far. In this study the relevant chains for the energetic use of agricultural biomass in Germany are assessed with regard to their potential imapacts on water. Possible negative impacts are often as well relevant for climate protection. As well options for water-friendly cultivation are presented. The analysis is based on a review of literature as well as a questionnaire and interviews of different experts. According to this, challenges exist especially concerning the storage and application of fermentation residues as well as the monitoring of nutrients in relation to biogas plants. The protection of grassland and the implementation of water-friendly cultivation practices are to be pursued as well independently of the cultivation of energy crops. Moreover, in view of the current general tendency for intensification of agricultural land use, the existing standards for land use should be reassessed. Separate standards only for energy crops are not recommendable. In this context, existing incentive and steering instruments within agricultural, environmental and energy policy are discussed and selected options for adaptation presented. JEL: K32, Q18, Q24, Q25, Q42 Keywords: Energy crops, water protection, biogas plants, regulation instruments, land use

  • II Zusammenfassung/Summary

  • Inhaltsverzeichnis III

    Inhaltsverzeichnis Seite

    Zusammenfassung I

    Summary I

    Inhaltsverzeichnis III

    Abbildungsverzeichnis V

    Kartenverzeichnis V

    Tabellenverzeichnis VI

    1 Einfhrung 1

    1.1 Problemstellung 1

    1.2 Zielsetzung 2

    1.3 Methodische Vorgehensweise 2

    2 berblick ber die Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutsch- land 5

    2.1 Ausbauziele und Potenziale 5

    2.2 Biomasse-Energietrger aus landwirtschaftlicher Produktion 10

    2.3 Bisherige Entwicklung der Flchennutzung durch Energiepflanzen 14

    3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 19

    3.1 Potenzielle Probleme und Bewertungskriterien 19

    3.2 Konfliktpotenziale zwischen Energiepflanzenproduktion und Wasserquali- tt 20

    3.2.1 Bewirtschaftungseffekte/anbauspezifische Auswirkungen durch die Kultivierung von Energiepflanzen 22

    3.2.2 Flcheneffekte und Landnutzungsnderung 24

    3.2.3 Lagerung und Ausbringung von Grrckstnden 37

    3.3 Konfliktpotenziale zwischen Energiepflanzenproduktion und Gewsser- schutz - Wasserquantitt 40

    4 Gewsserschonender Anbau und Synergien zwischen Energiepflanzenanbau und Gewsserschutz 43

    4.1 Empfehlungen zum gewsserschonenden Anbau von Energiepflanzen 43

    4.1.1 Gewsserschonender Anbau von annuellen Kulturen (Mais, Raps) 43

    4.1.2 Fruchtfolgen und Anbausysteme 47

    4.1.3 Grrestaufbringung 49

    4.2 Synergien zwischen Gewsserschutz und einer energetischen Nutzung von Biomasse 50

  • IV Inhaltsverzeichnis

    4.2.1 Nutzung von Landschaftspflegematerial und Aufwuchs extensiver Wiesen 50

    4.2.2 Gewsserschonender Anbau von KUP und anderer perennierender Pflanzen 51

    5 Steuerungsinstrumente im Zusammenhang mit dem Anbau von Energie- pflanzen und dem Gewsserschu 53

    5.1 Existierende Frder- und Steuerungsinstrumentete 53

    5.1.1 Instrumente der Energiepolitik 54

    5.1.2 Frderung fr die energetische Nutzung von Biomasse im Agrarbereich 56

    5.1.3 Bestehende Steuerungsoptionen fr die Ackernutzung 57

    5.1.4 Steuerungsinstrumente zur Erhaltung von Dauergrnland 59

    5.1.5 Biogasanlagen Planung und Genehmigung, Standards fr Grrckstnde 62

    5.1.6 Zusammenfassung: Bestehende Steuerung fr eine gewsser- schonende energetische Biomassenutzung und Regelungslcken 68

    5.2 Empfehlungen fr die Anpassung von Steuerungsinstrumenten fr eine gewsservertrgliche energetische Nutzung von Biomasse 69

    5.2.1 Regelungslcken und Steuerungsbedarf 69

    5.2.2 Mgliche Ansatzpunkte zur Steuerung 72

    6 Schlussfolgerungen 81

    7 Literatur 85

    Anhang I: Versendung der Umfrage und Rcklauf 93

    Anhang II: Zusammenfassung der Ergebnisse der schriftlichen Umfrage 95

    Anhang III: Zusammenfassung der Ergebnisse der telefonischen Expertenum- fragen 103

    Anhang IV: bersicht ber Lnderregelungen zur Beschrnkung von Grnlandumbruch zur Nutzungsnderung in Gewsserrand- streifen, berschwemmungsgebieten und Wasserschutzgebieten (WSG) 115

  • Abbildungs-, Karten- und Tabellenverzeichnis V

    Abbildungsverzeichnis Seite

    Abbildung 1: Bedeutung von Energiepflanzen in Bundesland/Region (Ergeb-nisse der schriftlichen Umfrage) 15

    Abbildung 2: Nutzung des Ackerlandes in Deutschland (Entwicklung 1991 bis 2007) 16

    Abbildung 3: Entwicklung des Energiepflanzenanbaus auf Stilllegungsflche und mit Energiepflanzenprmie 17

    Abbildung 4: Problemeinschtzung mglicher Konfliktfelder zwischen ener-getischer Biomassenutzung und Gewsserschutz 22

    Abbildung 5: Jhrliche nderung der Grnlandflchenanteile auf Landesebene vor und nach 2005 34

    Abbildung 6: nderung der Grnlandflchenanteile auf Landesebene nach Auswertung der Agrarfrderstatistik 35

    Abbildung 7: Energie-, agrar- und umweltpolitische Instrumente mit Wirkung auf den Anbau von Energiepflanzen 53

    Abbildung 8: Ergebnisse der schriftlichen Umfrage - Steuerungsbedarf 70

    Kartenverzeichnis

    Karte 1: Anbau nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegung in Prozent der gesamten Stilllegungsflche (2003) 31

    Karte 2: nderung der Grnlandflche zwischen 1991 und 2003 33

  • VI Abbildungs-, Karten- und Tabellenverzeichnis

    Tabellenverzeichnis Seite

    Tabelle 1: Ausbauziele fr erneuerbare Energien in der EU und in Deutschland 6

    Tabelle 2: Umweltparameter beim Anbau ausgewhlter Energiepflanzen fr Deutschland (nach EEA, 2007) (A = geringes Risiko, B = mittleres Risiko, C = starkes Risiko) 25

    Tabelle 3: Relevante Verordnungen bei der Ausbringung von Grresten auf betriebseigenen und fremden Flchen 65

  • Kapitel 1 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 1

    1 Einfhrung

    1.1 Problemstellung

    Energieerzeugung durch Biomasse wird mit vielen Zielen in Verbindung gebracht: Klima-schutz, Versorgungssicherheit, technische Innovation und Beitrge zur lndlichen Ent-wicklung. Erneuerbare Energien aus Biomasse sollen gleichzeitig kosteneffizient und nachhaltig sein. Nachdem die Bioenergie anfangs uneingeschrnkt als kologisch vorteil-haft galt, mehren sich die Stimmen, die insbesondere in Zusammenhang mit einem gro-flchigen Anbau von Energiepflanzen vor negativen Auswirkungen warnen, und zwar be-zglich der Verdrngung von Nahrungs- und Futterpflanzen und mglichen unerwnsch-ten kologischen Begleiterscheinungen. Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion wurden bislang besonders im Hinblick auf Konflikte mit dem Naturschutz diskutiert. -berdies wird fr einige Bioenergiepfade in Zweifel gezogen, dass es sich um effiziente Klimaschutzmanahmen handelt, z. B. Biotreibstoffe der 1. Generation aus Pflanzenl und Bioethanol oder Anbau von Energiepflanzen, der mit einer Zerstrung von Tropen-wald oder der Trockenlegung von Mooren einhergeht. Teilweise reagiert die Politik be-reits auf diese Entwicklungen (Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung; Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)).

    Weniger im Blickpunkt waren bisher die Aspekte des Gewsserschutzes. Die mglichen Auswirkungen der Landwirtschaft auf Wasserqualitt als auch Wasserquantitt sind jedoch seit langem bekannt (z. B. SRU, 1985):

    Chemische Verschmutzung (Stickstoff- und Phosphoreintrag durch Dngemittel, Pes-tizide, organische Verschmutzung und Krankheitserreger z. B. durch unsachgeme Verwertung von tierischen Wirtschaftsdngern oder organischen Sekundrrohstoff-dngern)

    Erosion und damit Boden- und Nhrstoffeintrag in Gewsser

    nderung des Wasserregimes durch Bewsserung oder Drainage und hydro-morphologische Vernderungen an Oberflchengewssern

    Die EG-Wasserrahmenrichtlinie fordert die Erreichung eines guten kologischen und chemischen Zustands von Gewssern bis zum Jahr 2015. Dabei kommt der Verringerung diffuser Eintrge aus der Landwirtschaft in Hinblick auf die stoffliche Belastung von Ge-wssern eine besondere Bedeutung zu. Es zeichnet sich ab, dass auch ohne steigende Be-lastung aus der Landwirtschaft noch groer Handlungsbedarf besteht, um Emissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion zu verringern.

    Die energetische Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen (Nawaro) aus der Landwirt-schaft hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Besorgnis bezglich zu-

  • 2 Kapitel 1 Einfhrung

    nehmender Konflikte zwischen Wasserversorgung und dem Nawaro-Anbau in groem Mastab war z. B. ein Thema der World Water Week in Stockholm am 12. bis 18.10.2007 (SIWI). Auch die Wasserwirtschaft uert sich inzwischen zur Thematik und mahnt an, bei der Erzeugung nachwachsender Rohstoffe die Belange des Gewsserschutzes zu be-achten (siehe z. B. DVGW, 2007). Mglicherweise eintretende Umweltschden durch die Energiepflanzenproduktion ziehen Kosten nach sich, die sich effizienzmindernd auf die jeweilige Erneuerbare-Energien-Option auswirken. Im Interesse einer nachhaltigen Ent-wicklung und der langfristigen Akzeptanz erneuerbarer Energien auf Biomasse-Basis soll-ten negative Wirkungen auf andere Umweltziele begrenzt werden.

    1.2 Zielsetzung

    In der vorliegenden Untersuchung sollen mgliche Auswirkungen des verstrkten Anbaus von Energiepflanzen auf Qualitt und Quantitt der Wasserressourcen in Deutschland ana-lysiert werden. Weiterhin sind rechtliche Regelungen und Frderprogramme im Agrar- und Energiesektor in ihrer Wirkung auf die Wettbewerbsfhigkeit der Energiepflanzen-produktion und auf die landwirtschaftliche Flchennutzung zu untersuchen. Soweit sich aufgrund von festgestellten Problemen oder aus Grnden der Vorsorge ein Handlungsbe-darf abzeichnet, sollen politische Handlungsoptionen fr die Sicherstellung einer gews-serschonenden Biomassenutzung aufgezeigt werden. Neben dem Energiepflanzenanbau wird aufgrund der steigenden Anzahl von Biogasanlagen in Deutschland auch der Umgang mit Grresten betrachtet.

    1.3 Methodische Vorgehensweise

    Literaturauswertung

    Im Rahmen des Projekts wurde Literatur insbesondere auf ihre Aussagen zur energeti-schen Nutzung von Biomasse im Zusammenhang mit Gewsserschutz ausgewertet. Der Schwerpunkt lag hierbei auf Erfahrungen aus Deutschland. Aufgrund der Dynamik der Entwicklung des Energiepflanzenanbaus und der Tatsache, dass eine kritische Diskussion noch nicht lange gefhrt wird, wurden teilweise auch Vortrge in die Auswertung mit ein-bezogen, um der Aktualitt Rechnung zu tragen.

    Auswertung von Landnutzungsdaten

    Durch Zusammenfhrung verfgbarer, mglichst aktueller statistischer Daten wird eine bersicht ber die Entwicklung des Energiepflanzenanbaus in Deutschland gegeben. Die-se Daten liefern Hinweise fr die nachfolgenden Analysen hinsichtlich der tatschlich in der Flche bedeutsamen Produktionsverfahren und beobachtbaren Vernderungen der Fl-chennutzung.

  • Kapitel 1 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 3

    Schriftliche Expertenbefragung

    Um quantitative und qualitative Einschtzungen zum Thema Energiepflanzen und Gews-serschutz aus den Bundeslndern zu erhalten, wurde ein Fragebogen erarbeitet und im Ok-tober 2007 zur Beantwortung an unterschiedliche Akteure (Ministerien und Landesanstal-ten aus den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt, Wasser- und Umweltverbnde, Ener-gieagenturen und Vertreter aus der Forschung) auf Ebene des Bundes und vor allem der Lnder versendet. Insgesamt wurden 145 E-Mails versendet, zum Teil nach Ankndigung per Brief, wobei in vielen Institutionen zwei und mehr Personen angeschrieben wurden. Der Rcklauf belief sich auf 37 Antworten. Dabei kam je Flchenland mindestens eine Antwort aus einem Ministerium oder einer nachgeordneten Einrichtung. Aufgrund von Abstimmungen zwischen obersten und oberen Wasserbehrden, Agrar- und Umweltres-sorts und Landesanstalten wurde in vielen Fllen nur eine auf Landesebene zusammenge-fasste Antwort gegeben. Wird bercksichtigt, dass je Institution oft mehrere Personen an-geschrieben wurden, ergeben sich maximal 80 mgliche Antworten. Der Rcklauf ist vor diesem Hintergrund als befriedigend anzusehen. Nach einer Zuordnung zu Ressorts oder Themenschwerpunkt kamen die Rcklufe jeweils etwa zur Hlfte aus den Bereichen Landwirtschaft/Energie und Wasser/Umwelt (siehe Anhang I). Die Antworten geben der Verteilung der Antworten nach Regionen und Institutionen zufolge einen guten berblick ber die bestehende Bandbreite von Experteneinschtzungen. Die Ergebnisse der Umfrage sind ausfhrlich in Anhang II zusammengefasst.

    Telefonische Expertenbefragung

    Im Rahmen von Telefoninterviews wurden 22 Experten aus den Bundeslndern Nieder-sachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Thringen befragt. Dabei wurde nach den Zielgruppen Berater, Behrde, Wasserversorger, und Betreiber von Biogasanlagen differenziert. Bei den Behrden wurden Vertreter aus den Umwelt- bzw. Umwelt und Landwirtschaftministerien, den Regierungsprsidien und einem Landkreis ausgewhlt. In Anhang III sind die Ergebnisse der Telefonumfrage zusammengefasst.

    Workshop

    Auf einem Workshop des BMU und des UBA am 10.12.2007 in Berlin wurden Zwischen-ergebnisse der Studie vorgetragen und weitere Experten zum Thema angehrt. Erkenntnis-se aus diesen Diskussionen sind in den Bericht eingeflossen.

  • 4 Kapitel 1 Einfhrung

    Gliederung des Berichts

    Nach einem berblick ber die Ziele zum Ausbau der energetischen Biomassenutzung und der Potenziale fr den Anbau von Energiepflanzen in Deutschland, werden die fr diese Studie relevanten Nutzungsketten kurz charakterisiert und die aktuelle Entwicklung des Energiepflanzenanbaus dargestellt.

    Kapitel 3 befasst sich mit den mglichen Auswirkungen der energetischen Nutzung von Biomasse auf die Wasserqualitt. Unterschieden werden hierbei bewirtschaftungsspezifi-sche Wirkungen, die Ausdehnung bestimmter Kulturen, mglicher Landnutzungswandel (z. B. Innutzungnahme von Stilllegungsflchen, Grnlandumbruch, Etablierung mehrjh-riger Kulturen auf Ackerland) und die Lagerung und Ausbringung von Grresten. Ange-sprochen werden auch Aspekte des Wasserbedarfs.

    Kapitel 4 widmet sich Potenzialen gewsserschonender Praktiken.

    In Kapitel 5 werden die existierenden relevanten Frder- und Steuerinstrumente aus Agrar-, Umwelt- und Energiepolitik vorgestellt und mglicher Regelungsbedarf identifi-ziert. Daraus folgend werden Ansatzpunkte und Optionen fr Anpassungsmanahmen auf-gelistet.

    Eine Zusammenfassung erfolgt in Kapitel 6.

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 5

    2 berblick ber die Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    2.1 Ausbauziele und Potenziale

    Ausbauziele fr erneuerbare Energien

    Im Kioto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention haben sich die Industrielnder zu einer Minderung der Emissionen von Treibhausgasen um insgesamt ca. 5 % im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenber 1990 verpflichtet. Die Verteilung der Minderungen in der EU wurde nicht einheitlich vorgenommen, so sollen in Deutschland bis 2012 gegenber 1990 insge-samt 21% weniger klimaschdliche Gase produziert werden. Darber hinaus beschloss der Europische Rat im Februar 2007, dass die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2020 um mindestens 20 % gegenber 1990 zu mindern sind. Wenn sich andere Industriestaaten zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichten und die Schwellenlnder angemessen bei-tragen, wird die EU sich verpflichten, im Rahmen eines internationalen Abkommens ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 (gegenber 1990) um 30 % zu senken. Mit diesen Schritten hat die EU international eine Vorreiterrolle bernommen.

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist neben der Erhhung der Energieeffizienz das zentrale Element, um Klimaschutzziele zu erreichen. Weitere damit verbundenen Ziele sind die Diversifizierung der Energieversorgung zur Verbesserung der Versorgungssicher-heit, die Anregung technologischer Innovationen und eine Strkung der internationalen Wettbewerbsposition und Sicherung bzw. Steigerung der Einkommen der Landwirte und der Beschftigung im lndlichen Raum. Zur Erhhung des Anteils der erneuerbaren Ener-gien, darunter der Energieproduktion aus Biomasse, wurden auf internationaler sowie na-tionaler Ebene Ziele formuliert.

    Europaweit wurde im Jahr 2001 fr den Stromsektor eine Zielvorgabe von 21 % fr den Anteil der erneuerbaren Energien an der Elektrizittsproduktion bis 2010 festgelegt1. Eine weitere EG-Richtlinie2 von 2003 legt einen Marktanteil von 5,75 % fr Biokraftstoffe bis 2010 fest. Die EU hat sich im Februar 2007 auf dem EU-Gipfel verpflichtet, den Anteil an erneuerbaren Energien im EU-Durchschnitt bis 2020 auf 20 % des Gesamtenergie-verbrauchs zu erhhen und 20% gegenber dem von der Kommission abgeschtzten Energieverbrauch einzusparen. Mindestens 10 % (energetisch) des Kraftstoffverbrauchs in jedem Mitgliedstaat sollen dann aus Biokraftstoffen geschpft werden. Der verbindliche

    1 Richtlinie 2001/77/EG zu Frderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektri-

    zittsbinnenmarkt vom 27.September 2001. 2 Richtlinie 2003/30/EG zur Frderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren

    Kraftstoffen im Verkehrssektor vom 8.Mai 2003.

  • 6 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    Charakter des letzteren Ziels hngt jedoch davon ab, ob die Erzeugung nachhaltig ist und ob Biokraftstoffe der zweiten Generation kommerziell zur Verfgung stehen.

    Tabelle 1: Ausbauziele fr erneuerbare Energien in der EU und in Deutschland

    EU Deutschland

    Strom-Richtlinie 2001: 21% regenerative Energien (REN) an Elektrizittsproduktion

    Biokraftstoff-Richtlinie 2003: 5,75% bis 2010

    Biomasseaktionsplan 2005:

    Beitrag Biomasse and Wrmeerzeugung 75 Mio.t Rohlquivalent

    Elektrizitt: 55 Mio.t.

    Transportbereich: 19 Mio. t.

    EU-Gipfel 2007:

    20% REN am Gesamtenergieverbrauch bis 2020

    10% des Kraftstoffverbrauchs bis 2020

    Koalitionsvertrag 2002: Anteil REN am Primr-energieverbrauch:

    10% bis 2020

    50% bis 2050

    EEG3 (Novelle 2004): Anteil REN an der Stromver-

    sorgung:

    12,5% bis 2010

    20% bis 2020

    Biokraftstoffquotengesetz 20064: Mindestanteil

    Biokraftstoffe:

    6,75% (energetisch) im Jahr 2010

    8% im Jahr 2015

    Energie- und Klimaprogramm der Bundesregie-rung (Dezember 2007):

    Strom: 25-30% REN bis 2020

    Wrme: 14% REN bis 2020

    Kraftstoffe: 20 Vol.% (entspricht 17% energetisch am gesamten Kraftstoff-verbrauch

    Quelle: Eigene Zusammenstellung.

    Im Bereich der Wrmeerzeugung existiert auf EU-Ebene noch keine konkrete Richtlinie. Im Biomasse-Aktionsplan der EU5 werden jedoch sektorspezifische Ziele formuliert: bis zum Jahr 2010 soll der Beitrag durch Biomasse an der Wrmeerzeugung auf 75 Millionen Tonnen Rohlquivalent steigen. Bei Elektrizitt und im Transportbereich werden Beitr-ge von 55 bzw. bei 19 Millionen Tonnen Rohlquivalent angestrebt. Die Umsetzung die-

    3 Gesetz fr den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG) BGBl. 2004 Teil

    I Nr. 40 v. 31.07.2004). 4 Gesetz zur Einfhrung einer Biokraftstoffquote durch nderung des Bundes-

    Immissionsschutzgesetzes und zur nderung energie- und stromsteuerrechtlichen Vorschriften (Bio-kraftstoffquotengesetz BioKraftQuG) vom 18.Dezember 2006. BGBl Jahrgang 2006 Teil I, Nr. 62, v. 21.12.2006.

    5 Aktionsplan mit Manahmen zur Frderung des Einsatzes von Biomasse (KOM(2005)628).

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 7

    ser indikativen Ziele erfolgt in den einzelnen Mitgliedstaaten mittels unterschiedlicher politischer Manahmen.

    In der EEG-Novelle von 2004 wurde das Ziel genannt, den Anteil der erneuerbaren Ener-gien an der Stromversorgung bis 2010 auf mindestens 12,5 % und bis 2020 auf mindestens 20 % zu erhhen. Im Treibstoffsektor wurde durch das Biokraftstoffquotengesetz ein Min-destanteil des Kraftstoffabsatzes in Form von steigenden Biokraftstoffen auf dem deut-schen Markt festgesetzt, mit Einzelquoten fr Otto- und Dieselkraftstoff (insgesamt 6,75 % im Jahr 2010; 8 % im Jahr 2015). Fortgesetzt wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit dem Energie- und Klimaprogramm, welches die Bundesregierung am 5. De-zember 2007 im Kabinett auf der Grundlage der Meseberg-Beschlsse vom August 2007, verabschiedet hat. Mit diesem Klimaprogramm verfolgt die Bundesregierung das Ziel die Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenber 1990 um 40 % zu reduzieren. Die nationalen Ziele sind damit wesentlich ambitionierter, als die o. g. Verpflichtungen der EU, die Treibhausgase in Abhngigkeit vom Ergebnis internationaler Verhandlungen um 20 % bzw. 30 % zu senken.

    Fr die einzelnen Sektoren bedeutet dies eine Steigerung der Anteile aus Erneuerbaren Energien. Demzufolge besteht das Ziel, in Deutschland bis zum Jahr 2020 die 25 bis 30 % des Stroms, 14 % der Wrme und ca. 20 Vol. % (entspricht 17 % energetisch) der Kraft-stoffe aus erneuerbaren Energien zu produzieren. Auch wenn in der aktuellen Diskussion eine Absenkung des Kraftstoffziels von 17 % auf 12 bis 15 % angestrebt wird6, setzen die-se Ziele setzen neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien deutliche Effizienzsteige-rungen bezglich des zuknftigen Energieeinsatzes voraus.

    Potenziale zum Anbau von Energiepflanzen

    In Deutschland haben die gesetzlich festgelegten Ziele zusammen mit Frderinstrumenten bereits eine starke Wirkung beim Ausbau der erneuerbaren Energien, und dabei auch der Biomasse, gezeigt. Die Nutzung der erneuerbaren Energien entwickelt sich seit einigen Jahren deutlich positiv. Erneuerbare Energien hatten im Jahr 2006 einen Anteil von 8 % am gesamten Endenergieverbrauch (5,8 % am Primrenergieverbrauch), 12 % der Stro-merzeugung (gesamter Bruttostromverbrauch), 6,0 % der Wrmebereitstellung und 6,6 % des Kraftstoffverbrauchs im Straenverkehr (BMU, 2007b).

    Innerhalb der erneuerbaren Energien wird mit 71 % der Endenergie der grte Anteil durch die energetische Nutzung von Biomasse erbracht. Lediglich bei der Strombereitstel-lung stellen andere Energiequellen wie Windenergie und Wasserkraft, bedeutende Anteile.

    6 Weiterentwicklung der Strategie zur Bioenergie. April 2008. In:

    http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/strategie_bioenergie.pdf

  • 8 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    Biomasse ist also energiewirtschaftlich relevant und weist, insbesondere durch seine Spei-cherfhigkeit und planbare Bereitstellung, eine hohe Flexibilitt fr verschiedene Verwen-dungsarten auf.

    Zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, darunter der energetischen Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen, wurden in den letzten Jahren mehrere Potenzialstudien er-stellt (z. B. IE, 2005; BMU, 2004; EEA, 20067; koinstitut, 2004). Eine Beschreibung der Annahmen und eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich in SRU (2007).

    Fr Deutschland kommt das Institut fr Energetik und Umwelt (IE, 2005) auf die hchsten Flchenpotenziale und geht von einem Maximalpotenzial von 7,3 Mio. ha bis 2020 zum Anbau von Energiepflanzen aus (davon etwa 1,7 Mio. ha Grnland). Unter voller Beach-tung natur- und landschaftsschtzerischer Belange reduziert sich dieses Potenzial auf 3,4 Mio. ha. Als Mittelweg wird ein Szenario empfohlen, das in Jahr 2020 seine Grenze bei rund 5 Mio. ha (4,2 Mio. ha Ackerland, rund 1 Mio. ha Grnland) hat. Laut BMU (2004) liegen die langfristigen Anbauflchenpotenziale fr das Jahr bei 4,15 Mio. ha, auch hier werden bereits teilweise Naturschutzbelange bercksichtigt. Im Naturschutz-Plus-Szenario, mit deutlich hheren Restriktionen fr die Flchennutzung, liegt das Potenzial auf einem deutlich niedrigeren Niveau (etwa bei 2 Mio. ha im Jahr 2030, ein Wert, der nun schon im Jahr 2007 annhernd erreicht ist). Die Flchenpotenziale zum Anbau von Ener-giepflanzen fr das letztere Szenario wurden, basierend auf einer weiteren Studie (UBA, 2006) fr die aktuelle Leitstudie des BMU (Nitsch, 2007) etwas erhht, um der bereits erfolgten Entwicklung Rechnung zu tragen, und werden fr das Jahr 2030 auf 2,4 Mio. ha und fr 2050 auf 4,55 Mio. ha geschtzt. Der zustzliche Anfall von Reststoffen, z. B. von Stroh oder aus der Landschaftspflege, ist in diesen Zahlen nicht enthalten. Langfristig (im Jahr 2050) werden als realistisches Potenzial also etwa 4,5 bis 5 Mio. ha Anbauflche fr Energiepflanzen fr mglich gehalten, also grob 40% der jetzigen Ackerflche (bzw. knapp 27 bis gut 29% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzflche).

    Die vorliegenden Prognosen kalkulieren die Verfgbarkeit von landwirtschaftlicher Nutz-flche zum Energiepflanzenanbau und mgliche Ertrge unter Einbeziehung eines er-wnschten hohen Selbstversorgungsgrades fr Nahrungsmitteln und unter Beachtung des Bevlkerungsrckgangs, angenommener zuknftiger Ertragssteigerungen durch Zchtun-gen und teilweise auch Begrenzungen durch den Natur- und Landschaftsschutz, jedoch mit unterschiedlichen Annahmen. Der normative Ansatz der Potenzialsstudien ist zwar hilf-

    7 Die EEA untersuchte das unter Umweltgesichtspunkten nachhaltige Potenzial auf europischer Ebene,

    was z. B. einen Anteil an kologischen Ausgleichsflchen und den Erhalt bisher extensiv bewirtschaf-teter Flchen beinhaltet. Das Szenario empfiehlt ab 2020 eine Schwerpunktsetzung auf Kurzumtriebs-plantagen (KUP) und mehrjhrige Grser, Biogas-Pflanzen und - weniger bedeutend - Pflanzen fr E-thanolherstellung aus Lignozellulose (Getreideganzpflanzen).

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 9

    reich, um theoretische Potenziale grob abzuschtzen, vernachlssigt wurde bisher insbe-sondere die weltweite Agrarpreisentwicklung, die einen groen Einfluss auf das tatschli-che Anbauverhalten der Landwirte und die Wirtschaftlichkeit energetischer Verwendun-gen landwirtschaftlich erzeugter Biomasse hat. Diese Preisentwicklungen reflektieren die sich verndernden Angebots- und Nachfrageverhltnisse fr Agrarprodukte.

    Der weltweit steigende Flchenbedarf fr die Biomasseproduktion zur energetischen Nut-zung ist eine Ursache fr steigende Weltmarktpreise fr andere Agrarprodukte, z. B. bei Getreide (OECD-FAO, 2007; European Commission, 2007c; FAPRI, 2007). Fr die jngs-ten Preisanstiege sind jedoch unterschiedliche Ursachen zu nennen, u.a. geringe Lagerbe-stnde, Ernteausflle und die stark ansteigende Nahrungsmittelnachfrage in Schwellenln-dern wie Indien und China. Produktpreisanstiege fhren dazu, dass der Anbau von Markt-frchten wieder strker zunimmt, was wiederum zu einem Preisanstieg fr nachwachsende Rohstoffe fhrt und damit Bioenergie verteuert. Dabei konkurriert in der EU ein nach der letzten Agrarreform stark deregulierter Lebens- und Futtermittelmarkt mit einem stark subventionierten Energiepflanzenmarkt (LfUG, 2006; Isermeyer et al, 2006). Ob und unter welchen Bedingungen sich der Ausbau der Energiegewinnung durch Energiepflanzenan-bau weiter lohnt und inwieweit die geschtzten Potenziale ausgenutzt oder sogar ber-schritten werden, hngt also nicht nur vom lpreisniveau, sondern auch vom Vergleich der Kostenvorteile, der die Hhe der Frderung und die oben beschriebenen Preissignale bercksichtigt. Auch die Eignung bisher stillgelegter Flchen fr einen Anbau von Bio-masse wird selten hinterfragt. Bisher ungenutzte Stilllegungsflche konzentriert sich eher auf wenig produktivem Land (Osterburg et al., 2008).

    Sich verschrfender Wettbewerb mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion und Ziel-konflikte mit Naturschutzzielen bezglich der Flchennutzung werden unter diesen Bedin-gungen von vielen Autoren als wahrscheinlich angesehen und knnen je nach Prioritten-setzung das Potenzial deutlich verringern (z. B. IFEU, 2007; Isermeyer et al., 2006; G-mann et al., 2007). Die verschiedenen Nutzungspfade fr Bioenergie konkurrieren zudem untereinander. Vertreter der Landwirtschaft begren zwar berwiegend die steigenden Agrarpreise, einzelne Landwirte knnen durch gestiegene Pacht- und Futtermittelpreise jedoch auch Verlierer sein8. Um also die begrenzte Flche mglichst effektiv zu nutzen, sollte idealerweise bei der Formulierung von Zielsetzungen und der Frdermechanismen fr die Nutzung nachwachsender Rohstoffe neben der Reststoffnutzung denjenigen Nut-zungspfaden der Vorzug gegeben werden, die mglichst effektiv zur Klimaentlastung bei-tragen (Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik, 2008) und/oder die nicht in einer Konkur-renz mit anderen Umweltzielen (z. B. Naturschutz, Gewsserschutz) stehen. Bezglich

    8 In der Region Chiemgau z. B. haben sich die Pachtpreise mehr als verdoppelt, im nheren Umkreis

    von Biogasanlagen sogar verdreifacht (Simon et al., 2007).

  • 10 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    politischer Manahmen zur Frderung erneuerbarer Energien aus Biomasse und deren Bewertung sei auf das jngste Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik (2008) verwiesen.

    2.2 Biomasse-Energietrger aus landwirtschaftlicher Produktion

    Bei der Energiegewinnung aus Biomasse werden Kraftstoffe, Biogas und Festbrennstoffe unterschieden, die jeweils aus unterschiedlichen Substraten gewonnen werden knnen (Abfallstoffe, Nebenprodukte, Energiepflanzen). Die Endnutzung erfolgt in Form von Wrme, Strom und Treibstoffen. In diesem Projekt liegt der Fokus auf dem landwirtschaft-lichen Energiepflanzenanbau. Im Folgenden wird vorgestellt, welche Substrate fr die je-weiligen Energietrger und gebruchlichen Konversionspfade genutzt werden.

    Biotreibstoffe

    Der in Deutschland mit Abstand am meisten genutzte Biotreibstoff ist Biodiesel, danach folgen reines Pflanzenl und Ethanol. Als Rohstoff zur Produktion von Biodiesel wird in Mittel- und Nordeuropa vor allem Raps eingesetzt; in Sdeuropa kommen in geringerem Ausma auch Sonnenblumen zum Einsatz (CONCAWE et al., 2007).

    Die Ethanolproduktion, berwiegend aus Getreide, aber auch aus Zuckerrben, spielt in Deutschland bisher nur eine geringe Rolle, gewinnt aber an Bedeutung. Die Verwendung von lignozellulosehaltiger Biomasse zur Ethanolherstellung wird erforscht (CONCAWE et al., 2007).

    Auch die Herstellung von synthetischem Treibstoff aus Pflanzenmaterial unter hohen Temperaturen und Druck (Biomass-to-liquid: Btl) befindet bisher erst in der Demonstrati-onsphase und muss ihre Wirtschaftlichkeit noch unter Beweis stellen (OECD, 2007). Ein Vorteil liegt hier in der Nutzung der Gesamtpflanze, was ein weites Spektrum an mgli-chen Substraten bedeutet; der Prozess ist jedoch aufwendig, was zentrale Anlagen not-wendig macht, und bentigt viel Energie. Mit einem nennenswerten Einsatz wird nicht vor den Jahren 2015/2020 gerechnet.

    Biogas

    Einen stark steigenden Ausbau hat in den letzten Jahren die Strom- und Wrmeproduktion aus Biogas erfahren. Neben der Vergrung von Glle und anderen Reststoffen (z. B. Ern-tereste, Substrate aus der weiterverarbeitenden Ernhrungsindustrie, organische Reststoffe aus Kommunen und Haushalten, Grnschnitt) stieg aufgrund des Nawaro-Bonus des EEG der Anteil der nachwachsenden Rohstoffe als Biogassubstrat. Im Interesse eines biologisch stabilen Anlagenbetriebs setzen die meisten Betriebe unterschiedliche Biomassen ein, und Ende 2006 stellte Glle immer noch mengenmig das wichtigste Substrat (IE, 2007b).

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 11

    Der Technologiebonus und die damit einhergehende Ausweitung der gllefreien Trocken-fermentation9 hat den Energiepflanzenanbau jedoch noch beschleunigt (agroplan, 2006; IE, 2007b). Obgleich sich die Entwicklung zwischen den Bundeslndern stark unterschei-det, geht der Trend in Richtung von Anlagen mit hherer Leistung. Es werden vermehrt reine Nawaro-Anlagen gebaut und es ist ein steigendes Interesse von Branchen auerhalb der Landwirtschaft und der Abfallwirtschaft zu verzeichnen (z. B. durch Energiewirt-schaft, Kreditinstitute, Privatinvestoren) (IE, 2007b). Aufgrund steigender Agrarpreise wurde die Expansion des Biogassektors seit dem letzten Jahr allerdings deutlich gebremst.

    Eine Vielzahl von Pflanzenarten ist zur Vergrung geeignet. Die Rohstoffe werden bli-cherweise siliert, um eine ganzjhrige Verfgbarkeit zu ermglichen (FNR, 2006). Von aktueller Bedeutung sind jedoch vor allem Mais, Getreideganzpflanzen und Gras.

    Vor allem Mais wurde in den letzten Jahren zchterisch bearbeitet, und es bestehen teilweise hohe Erwartungen bezglich des zuknftigen Biomasseertrags. Der bei wei-tem berwiegende Anteil an Energiepflanzen als Biogassubstrat ist Silomais (siehe z. B. IE, 2007b). Aus konomischer Sicht stellt sich Mais auf allen Standorten als eine sehr vorzgliche Kultur dar (Dhler et al., 2007; Gmann et al., 2007; siehe auch EVA-Projekt10). Er verbindet die Vorteile einer bereits etablierten Kultur mit einer gu-ten Selbstvertrglichkeit und einem hohen Biomasse- und Energieertrag pro Hektar (agroplan, 2006).

    Auch die Ganzpflanzennutzung von Getreide nimmt deutlich zu (LfUG, 2006; IE, 2007b). Geeignet fr khlere Standorte und leichtere Bden ist beispielsweise Rog-gen, der als Ganzpflanzensilage (GPS) vergoren werden kann.

    Die Bedeutung von Gras als Koferment ist deutlich geringer11. Biogasanlagen befin-den sich bevorzugt in den Ackerregionen und weniger in Grnlandregionen. Die Ver-wendung von Grassilage nimmt jedoch zu (Benke, 2007; IE, 2007b). Durch zurckge-hende, gleichzeitig aber intensivere Milchviehhaltung ergeben sich Grnlandber-schsse, und damit Chancen bzw. die Notwendigkeit fr eine alternative und gleich-

    9 Im Gegensatz zur berwiegend blichen Nassvergrung, ermglicht diese Technik eine Vergrung von

    Substraten mit einem Trockensubstanzgehalt von >30 %, also stapelbare Biomasse wie Festmist, Stroheinstreu oder Grngut. Trockenvergrung ermglicht auch den Einsatz von Substraten aus der Landschaftspflege, die fr die Nassfermentation ungeeignet bzw. nur mit hohem Aufwand (Zerkleine-rung, Wasserzugabe) eingesetzt werden knnen (IE, 2007b).

    10 Von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe gefrdertes Verbundvorhaben Entwicklung und

    Vergleich von optimierten Anbausystemen fr die landwirtschaftliche Produktion von Energiepflanzen unter den verschiedenen Standortbedingungen Deutschlands.

    11 Zum Beispiel setzen etwa 90 % der Biogasanlagen in Niedersachsen Mais ein, nur 30 % Gras - men-

    genmig sogar nur 10 % (lt. Top Agrar 10/2007 deutschlandweit 30 % der Anlagen, mengenmig etwa 5 %); in Sddeutschland ist die Bedeutung von Gras tendenziell hher (Benke, 2007; IE, 2007b).

  • 12 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    zeitig lukrative Nutzung12 (agroplan, 2006; Dvorak et al., 2007; Rsch, et al., 2007). Unter jetzigen Rahmenbedingungen kann eine Kofermentation von Grassilage insbe-sondere dann wirtschaftlich sein, wenn die Anbauflche fr Mais aus standrtlichen oder klimatischen Grnden limitiert ist (Hochberg, 2007). Mgliche Zukunftsoptionen ergeben sich auch fr Ackerfuttergrser als Zwischenfrucht: die beiden ersten Schnitte knnten von Milchviehhaltern genutzt werden, die beiden weiteren fr die Biogaser-zeugung (Benke, 2007; Hochberg, 2007). Whrend fr die Vergrung oder Verbren-nung von berstndigem, rohfaserreichem Gras bisher nur Pilotanlagen existieren, ist die Nassfermentation von jungem energiereichem Gras13 als Silage marktreif, und auch fr eine Trockenfermentation sind Anlagen im Betrieb (Rsch et al., 2007).

    Auch Ergebnisse eines vom BMELV ber die FNR seit 2005 gefrderten bundesweiten Anbauversuchs zur Produktion von Energiepflanzen zur Biogaserzeugung (Verbundvorha-ben EVA14) zeigen, dass Silomais auf allen Standorten eine sehr vorzgliche Kultur ist, und daher eine Integration in die Fruchtfolge sinnvoll ist. Jedoch sind auch andere Kultu-ren standortabhngig durchaus konkurrenzfhig bzw. eine interessante Ergnzung auch im Hinblick einer Verringerung des Anbaurisikos.

    Festbrennstoffe

    Festbrennstoffe stellen den grten Anteil der energetisch genutzten Biomasse dar. Dies betrifft fast ausschlielich Holz, da die energetische Nutzung von Stroh und anderem Halmgut bisher gering ist (IE, 2007b). Die Verbrennung landwirtschaftlicher Produkte (bisher vor allem lignozellulosehaltige Pflanzen wie Getreide, Mais oder Miscanthus) trgt bisher nur zu einem sehr geringern Teil zur Erzeugung von regenerativer Energie bei. Korn und Halmgut von Getreide werden bisher am hufigsten verwendet. Zur Verbren-nung von Heu bestehen Versuchsanlagen.

    Die Produktion von schnellwachsendem Energieholz durch Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Nutzflchen (KUP) wird mit hheren Holzpreisen zunehmend inte-ressant, jedoch findet ein Anbau in Deutschland bisher in sehr geringem Umfang und -berwiegend auf Versuchsflchen statt. Mehr Erfahrung gibt es insbesondere in Schweden, aber auch in sterreich und Grobritannien (Hoffmann und Weih, 2005).

    12

    Weitere Optionen zur Verwendung von Grnland sind je nach Gegebenheiten Mulchen, Aufforstung, Umbruch, berfhrung in Naturflchen, Heuverkauf.

    13 Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil des Lignins im Gras, das nicht fermentierbar ist; lange Hal-

    me knnen zu Problemen mit dem Rhrwerk fhren. 14

    Die Verwertung von Aufwuchs auf Dauergrnland wird erst in einem weiteren Projekt (EVA II) unter-sucht werden.

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 13

    Charakterisierung von Kurzumtriebsplantagen (KUP)

    Definition: (Meyer, 2005; Hofmann, 2007; LfUG, 2006):

    Schnellwachsende Baumarten

    Anbau auf landwirtschaftlicher Nutzflche

    Feldartig (auch als Agroforstsystem z. B. Erosionsschutzstreifen)

    1-10jhriger Umtrieb (zur Ertragoptimierung eher 3-6 Jahre); 20-30 jhrige Nutzung mglich, wobei es wenig Langzeiterfahrungen gibt

    Nutzung des Stockausschlags

    Erzeugung von Holzhackschnitzeln zur Energieproduktion

    Geeignete Arten fr KUP zeichnen sich aus durch schnelles Jugendwachstum, vegetative Vermehrbarkeit und Stockausschlag; dies trifft insbesondere zu auf Pappel und Weide, die auerdem ein weites kologi-sches Spektrum und ein sehr groes natrliches Verbreitungsgebiet haben. Gnstig sind nhrstoffreiche Standorte mit ausreichender Wasserversorgung (Meyer, 2005). Weitere mgliche Baumarten sind Erle, Robinie und Birke, die sich fr extensive Landnutzungskonzepte eignen (Boelcke, 2006; Schneider, 2007). Fr einen wirtschaftlichen Anbau ist eine groflchige Etablierung notwendig (besonders um Kosten fr Ernte und Logistik zu reduzieren (LfUG, 2006; Weih, 2007). Ein Anbau auf wenig fruchtbaren oder Grenz-ertragsbden ist zwar grundstzlich mglich, aber ohne die Honorierung weiterer Ziele zur Zeit nicht wirt-schaftlich. Auer der direkten Verbrennung zur Energieerzeugung bestehen Potenziale zur Verwendung lignozellulosehaltiger Stoffe fr (BtL-)Kraftstoffe der 2. Generation.

    Relevante Nutzungsketten

    Analysen in diesem Projekt sollen sich insbesondere auf die zur Zeit tatschlich relevanten Produktionsketten konzentrieren. In der Praxis spielen nur wenige Pflanzenarten als Ener-giepflanzen eine Rolle. Fast ausschlielich werden konventionelle Nutzpflanzen als E-nergiepflanzen genutzt, deren Anbau sich nur wenig von der intensiven Nahrungs- oder Futtermittelproduktion unterscheidet. Hierbei dominieren Mais und Raps. Aufgrund der erwarteten Vorteile von KUP fr den Gewsserschutz (und wegen sehr niedriger CO2-Minderungskosten bei der energetischen Verwertung), wird auch diese Zukunftsoption mit einbezogen. Auerdem wird aufgrund der gewsserrelevanten Aspekte bei der Biogaspro-duktion auch Glle als Substrat betrachtet. Besondere Beachtung in der vorliegenden Ana-lyse finden daher folgende Energiepflanzen:

    Biotreibstoffe: Raps fr Biodiesel; Getreide fr Ethanol;

    Biogas: Mais, Getreide, Grassilage;

    Festbrennstoffe: Holz aus Kurzumtriebsplantagen.

    Hierbei gelten Getreidekorn und Rapssaat als transportwrdige Biomasse im Gegensatz zu Glle, Mais (Silage) oder Ganzpflanzensilage (z. B. Grnroggen). Letztere ziehen auf-grund des hheren Wassergehalts einen hheren Transportaufwand nach sich und werden vergleichsweise dezentraler verarbeitet.

  • 14 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    Die energetische Nutzung weiterer Biomasse (z. B. Stroh, Biomasse aus Landschaftspfle-geaufwuchs, alternative Nutzpflanzen15) ist zur Zeit fr die Flchennutzung nicht rele-vant, wird aber als Entwicklungsmglichkeit Erwhnung finden.

    2.3 Bisherige Entwicklung der Flchennutzung durch Energiepflanzen

    Der Anbau von Energiepflanzen war in den letzten Jahren von einer groen Dynamik ge-prgt. Die Fachagentur Nachwachende Rohstoffe (FNR16) schtzt die Flche zum Anbau von Energiepflanzen im Jahr 2007 auf

    1.120.000 ha Raps fr Biodiesel/Pflanzenl,

    400.000 ha Pflanzen fr Biogas,

    250. 000 ha Zucker und Strke fr Bioethanol.

    Raps stellt den berwiegenden Teil der nachwachsenden Rohstoffe, jedoch hat auch die Maisanbauflche in Deutschland ihren Hchststand von 1994 seit 2004 berschritten. Der Maisanbau zur Verwendung fr die Biogasproduktion stieg (teilweise auf Kosten von Fut-termais) von 2006 auf 2007 um 48 % von 162.072 ha auf 239.177 ha, was einem Anteil von etwa 13 % am gesamten Maisanbau ausmacht (Deutsches Maiskomitee17).

    Die Ergebnisse der bundesweiten schriftlichen Umfrage besttigen die Dominanz von Raps und Mais als Energiepflanzen. Getreide wird eher eine mittlere (in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thringen jedoch eine hohe) und Grassilage eher eine geringe Bedeutung zugeordnet. Andere Energiepflanzen18 spielen bisher nur eine geringe Rolle (siehe Abbildung 1). Diese Einschtzungen decken sich auch mit den Aussagen aus den telefonischen Interviews.

    15

    Ein groes, jedoch noch nicht ausgeschpftes genetisches Potenzial wird z. B. Pflanzen wie Sonnen-blume, Sudangras oder Miscanthus zugeordnet.

    16 www.fnr.de/.

    17 www.maiskomitee.de/.

    18 Genannt werden auer Kurzumtriebsplantagen (KUP) auch Miscanthus, Hirsearten, Sudangras, Zu-

    ckerrben, Silage anderer Futterpflanzen, Kartoffeln, Gemse, Hanf, Topinambur.

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 15

    Abbildung 1: Bedeutung von Energiepflanzen in Bundesland/Region (Ergebnisse der schriftlichen Umfrage)

    0 5 10 15 20 25 30 35 40

    andere Kulturen

    Kurzumtriebsplantagen

    Grassilage

    Getreide

    Mais

    Raps

    Antworten

    geringmittelhoch

    Quelle: Eigene Zusammenstellung auf Grundlage der Antworten auf schriftliche Befragung.

    Die folgende Abbildung 2 stellt diese Entwicklung in Relation zu der Nutzung des gesam-ten Ackerlands in Deutschland, differenziert nach wichtigen Kulturenarten oder Kulturar-tengruppen. Es zeigt sich auch hier, dass Raps und Mais in den letzten Jahren merklich zugenommen haben. Ihr Anteil an der gesamten Ackerflche ist jedoch begrenzt, denn nach wie vor berwiegen die Getreidekulturen. Die Flchenstilllegung ist dagegen im Ab-nehmen begriffen.

    Eine tendenzielle Abnahme der ungenutzten Stillegungsflche zeigt auch die Abbildung 3. Whrend jedoch der Anteil der Energiepflanzen auf Stillegungsflche leicht zunimmt, ist insbesondere die Zunahme des Anbaus mit Energiepflanzenprmie auf anderen Ackerfl-chen bemerkenswert. Die Energiepflanzenprmie befindet sich jedoch im Rahmen des Health Checks der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) auf dem Prfstand. Wh-rend der als nachwachsender Rohstoff deklarierte Raps keinen starken Vernderungen unterworfen ist, ist der Zuwachs insbesondere den weiteren Energiepflanzen, und hier vor allem dem Mais, geschuldet, die ganz berwiegend auerhalb von Stilllegungsflchen an-gebaut werden.

  • 16 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

    Abbildung 2: Nutzung des Ackerlandes in Deutschland (Entwicklung 1991 bis 2007)

    0

    2000

    4000

    6000

    8000

    10000

    12000

    1991

    1992

    1993

    1994

    1995

    1996

    1997

    1998

    1999

    2000

    2001

    2002

    2003

    2004

    2005

    2006

    2007

    vorl.

    1000

    Hek

    tar A

    cker

    land

    andere Kulturen

    sonst. Feldfutter

    Zuckerrben

    Kartoffeln

    Eiweipflanzen

    Getreide

    Flchenstillegung

    Silomais

    Raps

    Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des Statistischen Bundesamtes, fr 2007 auch Angaben Statisti-scher Landesmter.

    Die starke Flchenausdehnung des Energiepflanzenanbaus fhrt demnach bisher nicht zu einer drastischen Abnahme von ungenutzten Stilllegungsflchen. Dies kann darauf zu-rckgefhrt werden, dass ein hoher Anteil dieser Flchen fr eine intensive Bewirtschaf-tung nicht attraktiv ist bzw. bisher nicht attraktiv war. Hemmend kann sich hier auch der notwendige brokratische Aufwand zum Nachweis einer energetischen Verwendung aus-wirken. Die energetische Nutzung von Biomasse, die weder auf Stillegungsflche noch mit Energiepflanzenprmie angebaut wird, ist hier nicht bercksichtigt, da sie statistisch nicht erfasst ist. Die Schtzungen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) lassen aber vermuten, dass in etwa noch mal so viel Flche zum Energiepflanzenanbau genutzt wird.

  • Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland 17

    Abbildung 3: Entwicklung des Energiepflanzenanbaus auf Stilllegungsflche und mit Energiepflanzenprmie

    0

    200

    400

    600

    800

    1000

    1200

    1400

    1600

    1800

    2000

    1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007(vorl.)

    1000

    Hek

    tar A

    cker

    land

    0%

    2%

    4%

    6%

    8%

    10%

    12%

    14%

    16%

    18%

    20%

    Still

    egun

    gssa

    tz in

    % d

    er p

    rm

    ienb

    erec

    htig

    ten

    Ack

    erfl

    che

    sonstige Kulturen mit EnergiepflanzenprmieRaps mit Energiepflanzenprmiesonstige NR-Kulturen auf StilllegungsflcheRaps auf StilllegungsflcheFlchenstillegung (ungenutzt)Obligatorische Flchenstillegung in %

    Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des Statistischen Bundesamtes sowie Meldungen zur Produktion nachwachsender Rohstoffe der Bundesanstalt fr Landwirtschaft und Ernhrung (BLE).

  • 18 Kapitel 2 berblick ber Entwicklung der Energiepflanzenproduktion in Deutschland

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 19

    3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsser-schutz

    3.1 Potenzielle Probleme und Bewertungskriterien

    Im Gegensatz zur Nutzung von ohnehin anfallenden biogenen Rckstnden, Nebenproduk-ten und Abfllen zur Energieerzeugung (z. B. Glle, Ernterckstnde, Klrschlamm, etc.) ist die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen mit zustzlichem Aufwand (Dngung, Pflanzenschutz, Bodenbearbeitung) verbunden, der Umweltbelastungen bezglich Natur- und Landschaftsschutz, Boden- und Gewsserschutz und Klimaschutz nach sich ziehen kann.

    Die Betrachtung der Zusammenhnge zwischen dem Anbau von Energiepflanzen und Ge-wsserbelastungen sind von folgenden Rahmenbedingungen geprgt:

    Die hohen Preise fr Agrarprodukte bedingen eine generelle Intensivierungstendenz in der Landwirtschaft.

    Fr die bisher erfolgten Preisanstiege lassen sich mehrere Ursachen ausmachen. In diesem Komplex ist der Anbau von Biomasse zur energetischen Nutzung eine Kom-ponente, die sich nicht genau quantifizieren lsst, und bei der auch Rckwirkungen durch diese Preisentwicklungen bestehen.

    Entwicklungen beim Energiepflanzenanbau sind teilweise nicht statistisch erfasst (z. B. nicht registrierter Anbau auerhalb von Stilllegungsflchen ohne Energiepflan-zenprmie). Dies ist darauf zurckzufhren, dass sich Landwirte nicht in jedem Fall lange vor der Ernte auf die Verwendung auf eine bestimmte Verwendung festlegen.

    Umweltwirkungen werden nicht zeitnah erfasst und lassen sich bei diffusen Effekten nicht direkt dem Energiepflanzenanbau zuordnen.

    Umweltwirkungen hngen jeweils von der vorherigen Nutzung, vom jeweiligen Be-triebsmanagement und der Sensitivitt eine Standortes ab. Eine Abschtzung muss standortbezogen und im Vergleich zum alternativen Flcheneinsatz erfolgen. Daher wird im folgenden unterschieden zwischen anbauspezifischen Auswirkungen, Wir-kungen durch die Ausdehnung bestimmter Energiepflanzen auf der genutzten Acker-flche und Effekte von Landnutzungsnderungen (Umwandlung von Grnland und Stilllegungsflche in Ackerland).

  • 20 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Folgende fr den Gewsserschutz relevante Aspekte werden in diese Studie mit einbezo-gen:

    Belastungen von Grund- und Oberflchengewssern durch Auswaschung von Stick-stoff (N) und Phosphor (P) (Eutrophierung und indirekte Gewsserbelastungen durch Ammoniak-Verluste wurden nicht mit einbezogen).

    Belastungen von Grund- und Oberflchengewssern durch Pflanzenschutzmittel (ein Hinweis fr das Potenzial verschiedener Kulturen, zu dieser Problematik beizutragen, ist ihre Anflligkeit fr Krankheiten und ihre Konkurrenzfhigkeit gegen Unkraut).

    Bodenerosion als berwiegender Eintragspfad von Phosphor in Gewsser.

    nderung der Wasserbilanz und Beeintrchtigung der Grundwasserneubildung durch hohen Wasserverbrauch.

    Querbezge zu Klimaschutz, Bodenschutz und Biodiversitt werden nicht systematisch untersucht und nur erwhnt, wo sie von grundstzlicher Bedeutung sind. Diese Studie be-schrnkt sich auerdem auf landwirtschaftliche Aspekte und bercksichtigt an dieser Stel-le nicht etwaige Wirkungen von Konversionsprozessen auf den Gewsserschutz (z. B. Versauerung oder Eutrophierung durch Emissionen beispielsweise von Verbrennungs-produkten). Verwiesen sei hier auf andere Studien (z. B. LfUG, 2006; IE, 2006; IE, 2005). Der Fokus bei dieser Untersuchung liegt auf dem landwirtschaftlichen Anbau der Biomas-se sowie im Fall der Biogaserzeugung auf der Lagerung und der Ausbringung der Grres-te.

    3.2 Konfliktpotenziale zwischen Energiepflanzenproduktion und Was-serqualitt

    Verschiedene Energiepflanzen und Anbauweisen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Auswirkungen, jedoch hngt eine kologische Bewertung des Anbaus jeweils von lokalen Bedingungen und der vorherigen Flchennutzung ab. Eine Bewertung muss also standort-bezogen und im Vergleich zum alternativen Flcheneinsatz erfolgen. Auf intensiv genutz-ten Ackerbden knnen sich durch einen Energiepflanzenanbau positive Effekte einstel-len, wenn eine standortgerechte Pflanzenauswahl getroffen wird. Belastungen knnen ge-senkt werden, wenn bezglich Dngung und Pflanzenschutz intensivere Frchte durch anspruchslosere Kulturen ersetzt werden oder wenn ihre Einfhrung zu einer Erweiterung der Fruchtfolge fhrt. Bei einer Nutzungsintensivierung auf Grenzstandorten besteht die Gefahr einer verstrkten Nitratauswaschung auf leichten Bden sowie einer Schdigung wertvoller Biotope. Eine energetische Nutzung von Aufwchsen bietet jedoch auch die Chance zu einer kologisch vertrglichen Nutzung bei gleichzeitiger Verhinderung des Brachfallens.

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 21

    Bei Betrachtungen zur Nachhaltigkeit mssen auch indirekte Auswirkungen des Energie-pflanzenanbaus durch Intensivierungseffekte durch steigende Flchenkonkurrenz und er-hhte Rohstoffpreise (s. o.) bercksichtigt werden, die aufgrund der internationalen Ver-flechtungen des Nahrungs- und Energiemarktes auch weit ber nationale Grenzen wirken. Eine Verdrngung der Nahrungs- und Futtermittelproduktion, auch wenn sie lokal mit niedrigeren Umweltauswirkungen einhergehen mag (z. B. reduzierter Rinderbestand), kann an anderer Stelle kompensiert werden (durch Ausdehnung der Tierproduktion bzw. intensivere Produktion in anderen Regionen oder Lndern). Die Betrachtung der Erzeu-gung von Energiepflanzen auerhalb Deutschlands geht jedoch ber diese Studie hinaus. Bei den nachfolgenden Betrachtungen der Wirkungen innerhalb von Deutschland wird unterschieden zwischen:

    anbauspezifischen Auswirkungen: Eigenschaften der jeweils angebauten Energie-pflanzen mit mglichen Intensivierungs- oder Extensivierungstendenzen im Vergleich zum konventionellen Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln (siehe Kapitel 3.2.1),

    und Flcheneffekten des Energiepflanzenanbaus: Bercksichtigung von Fruchtfol-geaspekten, Flchenausdehnung und regionaler Verbreitung, Landnutzungsnderung, genereller Intensivierung. (siehe Kapitel 3.2.2),

    Lagerung und Ausbringung von Grresten (siehe Kapitel 3.2.3).

    Ergebnisse der schriftlichen Umfrage

    Die Problemsicht der befragten Akteure wird beeinflusst durch regionale Bedingungen, Zugang zu aktuellen statistischen Analysen und die fachlichen Schwerpunkte der Befrag-ten. In 12 Rckmeldungen, vor allem von Energieagenturen und Vertretern der Verbnde fr erneuerbare Energien und Rckmeldungen aus Ministerien und Landesanstalten im Bereich Landwirtschaft, werden keine Konflikte zwischen dem Energiepflanzenanbau und der Wasserqualitt gesehen. Mgliche Probleme knnen noch nicht nachgewiesen werden bzw. werden nicht auf die Verschiebung von Fruchtfolgen hin zu Energiepflanzen, son-dern primr auf die allgemeine Intensivierung zurckgefhrt. Es wird betont, dass Anbau von Energiepflanzen nicht per se wassergefhrdend ist und alle Kulturen gewsservertrg-lich angebaut werden knnten. Mgliche Konfliktfelder wurden wie folgt eingeschtzt (siehe Abbildung 4):

  • 22 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Abbildung 4: Problemeinschtzung mglicher Konfliktfelder zwischen energetischer Biomassenutzung und Gewsserschutz

    0 5 10 15 20 25 30 35

    andere Probleme

    Biogas-Grrestausbringung

    Intensivierung Grnland

    Grnlandumbruch

    Umbruch Stilllegung

    Intensivierung Ackerbau

    geringmittelhoch

    Quelle: Eigene Zusammenstellung.

    Das hchste Konfliktpotenzial wird demnach in der Ausbringung von Grresten und in Problemen des regionalen Nhrstoffberangebots gesehen (in der Nhe von Biogasanla-gen, in Regionen mit intensiver Viehhaltung). Gerade Betriebe, die bislang nicht mit orga-nischem Stickstoff gedngt haben, nutzen mglicherweise die Nhrstoffe in Grresten nicht optimal aus. Weitere Konfliktfelder betreffen eine generelle Intensivierung des A-ckerbaus und den Umbruch von Dauerstilllegungsflchen. Die Bedeutung von Grnland-umbruch und Grnlandintensivierung wird als nicht so hoch angesehen, kann jedoch regi-onal von Bedeutung sein. Weitere potenzielle Probleme sind:

    Unflle bei Biogasanlagen und undichte Silos und Lagersttten,

    Grrestausbringung bei gewerblichen Abfallvergrungsanlagen,

    Erosionsfrderung durch Ausdehnung des Maisanbaus und damit eines Rckgangs der Winterbegrnung; auch bei Raps ist - insbesondere im Zusammenhang mit ansteigen-den Winterniederschlgen - mit einer Zunahme der Wintererosion zu rechnen.

    3.2.1 Bewirtschaftungseffekte/anbauspezifische Auswirkungen durch die Kultivierung von Energiepflanzen

    Dieser Abschnitt beschreibt Umweltauswirkungen ausgewhlter Energiepflanzen im Ver-gleich zu ihrer Nutzung als Nahrungs- und Futtermittel . Energiepflanzen sind hufig mit traditionellen Marktfrchten identisch, und die zur Zeit dominierenden Energiepflanzen Raps und Silomais sind in ihren Anbaueigenschaften vergleichbar mit der konventionellen Produktion (EEA, 2007). Auch die Nutzung von Grassilage zur Biogasproduktion unter-scheidet sich nicht grundstzlich von Grasschnitten zu Futterzwecken. Interessant ist je-doch, ob, unabhngig von Flcheneffekten, die Nutzung zur Energieerzeugung tendenziell mit einer Intensivierung oder einer Extensivierung einhergeht.

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 23

    Annuelle Kulturen (Mais, Raps, Getreide)

    Gewsserschutzspezifische Unterschiede von Raps, Mais und Getreide als Energiepflan-zen im Vergleich mit dem Anbau zur Futter- oder Nahrungsmittelproduktion spielen eine sehr geringe Rolle. Beachtenswert bezglich des Einflusses auf die Wasserqualitt sind jedoch folgende Aspekte (vgl. DVL & NABU, 2007; Dvorak et al. 2007; Hufnagel, 200719; LfUG, 2006):

    Eine Qualittsdngung (Sptdngung fr Brotweizen) ist im Getreide nicht ntig, da hohe N-Gehalte unerwnscht sind.

    Es besteht ein Potenzial zur Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, da Qualittsminderungen (z. B. durch Pilzbefall) weniger stark ins Gewicht fallen und ein gewisser Beikrautbesatz tolerierbar ist. Forschungsbedarf besteht jedoch dahinge-hend, wann es auch hier durch Befall zu Ertragseinbuen kommt. Durch den mgli-chen engeren Stand der Energiepflanzen kann der Unkrautdruck zudem geringer sein. Auch hier sind nur graduelle Verbesserungen zu erwarten. Concawe et al (2007) ver-muten, dass das Kontrollsystem mglicherweise weniger strikt ist als beim Anbau von Nahrungsmitteln. Bei Energiepflanzen findet auerdem keine produktbezogene Kon-trolle von Pflanzenschutzmittelrckstnden vergleichbar zu Lebensmitteln statt.

    Ein Anbau innerhalb von Zweikulturnutzungssystemen, dem kombinierten Anbau einer Winter- und einer Sommerkultur im Laufe eines Jahres, hat den Vorteil einer nahezu ganzjhrigen N-Aufnahme und Bodenbedeckung.

    Im Falle einer Ganzpflanzennutzung (als Biogassubstrat und zuknftig mglicherwei-se zur Strohverbrennung und BtL-Produktion) resultiert eine Abfuhr von hohen Koh-lenstoff(C)-Mengen mit dem entsprechenden Risiko fr den Bodenhumusgehalt, was auch aus Sicht des Klimaschutzes kontraproduktiv ist. Laut Hufnagel (2007) ist die Humusbilanz insbesondere bei Mais deutlich negativ, sie ist weiterhin negativ bei der Ganzpflanzennutzung von Sommer- und Wintergetreide; bei Grnroggennutzung ist die Humusbilanz positiv. Eine Abfuhr der Ganzpflanze, ohne Rckstnde auf der Fl-che zu belassen, lsst auerdem den Boden unbedeckt und kann so zu erhhter Erosi-on fhren. Eine nachfolgende bodenschonende Direktsaat ist jedoch einfacher, wenn Stroh von der Flche abgefahren wurde.

    Die Problematik der Aufbringung von Grrckstnden wird unter 3.2.3 behandelt.

    19

    Die kologische Begleitforschung innerhalb des EVA-Projekts konzentriert sich auf nachwachsende Rohstoffe im Ackerbau (also nicht KUP und Grnland) und untersucht biotische und abiotische Fol-gewirkungen von Energieanbausystemen. Hierbei werden Aspekte der verwendeten Fruchtarten und Auswirkungen auf Landschaftsebene unterschieden. Eigene Versuche des ZALF werden mit einbezo-gen.

  • 24 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Energetische Nutzung von Grnland

    Die energetische Nutzung von Grnland ist insofern sinnvoll, als dass ein Umbruch zu Ackerland vermieden wird. Da eine Vergrung von Gras aufgrund des Nawaro-Bonus im EEG20 wirtschaftlicher ist als eine direkte Verbrennung von Heu, werden Aufwchse von geeigneten Standorten bevorzugt fr die Biogaserzeugung genutzt. Durch die gnstigen Eigenschaften zur Silageproduktion (zur Lagerung) und Vergrung von jungem Gras steigt jedoch der Anreiz zur hufigeren Schnitten auch auf bisher extensiver genutzten Grn-landflchen, was in Einzelfllen zum Ausstieg von Landwirten aus Extensivierungsma-nahmen fhren kann (Hochberg, 2007; Rsch et al, 2007; agroplan, 2006). Rentabel fr die Biogassubstratproduktion ist zu Zeit nur die Nutzung von Intensivgrnland (Hochberg, 2007; Rode, 2007) 21.

    3.2.2 Flcheneffekte und Landnutzungsnderung

    Vergleich von Umweltrisiken beim Anbau verschiedener Energiepflanzen

    Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Bewirtschaftungsunterschieden, die sich ergeben knnen, wenn auf der gleichen Flche Nahrungs- oder Futtermittelpflanzen nun energe-tisch genutzt werden, fallen Landnutzungsnderungen, eine Ausdehnung einzelner Kultu-ren und Intensivierungseffekte aufgrund einer verstrkten Flchenkonkurrenz deutlich strker in Gewicht. Die Europische Umweltagentur hat Energiepflanzen bezglich des Risikos ihrer Umweltbelastung eingeordnet (siehe Tabelle 2). Ein Vergleich verschiedener Energiepflanzen verdeutlicht deren unterschiedliches Potenzial, die Umwelt negativ zu beeinflussen, und gibt damit Hinweise zu Auswirkungen einer Ausdehnung des Anbaus.

    Raps und Mais bentigen, im Vergleich zu Getreide, demnach besonders viel Input an Dnge- und Pflanzenschutzmitteln mit den damit verbundenen Risiken fr Grund- und Oberflchenwasser, insbesondere bei engen Fruchtfolgen, d. h. Fruchtfolgen mit einem hohen Anteil dieser Kulturarten22. Ein hoher Stickstoff-Dngungsbedarf und erhhte N-berschsse sind aufgrund der Lachgasemissionen auch relevant fr den Klimaschutz.

    20

    Gesetz fr den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG) BGBl. 2004 Teil I Nr. 40 v. 31.07.2004).

    21 Fr eine Verwertung in Biogasanlagen eignet sich insbesondere 3-4 schnittiges Intensivgrnland (IE,

    2007b; agroplan, 2006). 22

    Raps ist hufig gekennzeichnet von hohen N-Bilanzberschssen, bei Mais treten hufig hohe Herbst-Nmin-Werte auf. Insbesondere Raps ist anfllig fr Insektenfra und Pilzkrankheiten.

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 25

    Tabelle 2: Umweltparameter beim Anbau ausgewhlter Energiepflanzen fr Deutschland (nach EEA, 200723) (A = geringes Risiko, B = mittleres Ri-siko, C = starkes Risiko)

    Raps Mais Winterweizen Dauergrnland KUP

    (Pappel, Weide)

    Nhrstoff-auswaschung

    C C B A A

    Pestizideintrge C B B A A

    Erosion A C B A A

    Boden-verdichtung

    A C B A A

    Wasserverbrauch B B/C B A B

    Quelle: EEA (2007).

    Raps als Fruchtfolgeglied kann zwar als Tiefwurzler zu einer guten Bodenqualitt beitra-gen, aber auch in der telefonischen Expertenbefragung wird beim Raps das Problem der N-Bilanzberschsse und der damit verbundenen Nachmineralisation im Herbst genannt. Aufgrund hoher Nhrstoffansprche und geringer N-Abfuhr mit der Ernte kommt es nach der Rapsernte im Herbst zu hohen Nitratmengen im Boden, die ber die winterliche Si-ckerwasserperiode hinweg einer hohen Auswaschungsgefahr unterliegen (Lickfett, 2000). Im Rapsanbau werden im Vergleich zu anderen Ackerkulturen vergleichsweise mehr In-sektizide und Fungizide ausgebracht. Verschiedene Autoren halten Energiemais aus Um-weltsicht fr eine problematische Kultur. Als Grnde werden die langsame Jugendent-wicklung, der spte Reihenschluss, die Eigenschaft als Humuszehrer, die geringe Konkur-renzkraft, die schlechte Kombinierbarkeit mit Winterzwischenfrchten und der hohe Was-ser- und Dngebedarf angefhrt, was unter anderem mit einem hohen Erosionsrisiko, einer spten N-Aufnahme, regelmig hohen Rest Nmin-Werten im Herbst und der damit ver-bundenen erhhten N-Auswaschungsgefahr einhergeht (EEA, 2007; NLWKN, 2007b; agroplan, 2006; Herbke et al., 2005). In der Reihenkultur Mais kommen aufgrund der ge-ringen Konkurrenzkraft gegenber Unkrutern im Jugendstadium insbesondere Herbizide zum Einsatz. Mais wird zwar als effizienter Wassernutzer eingeschtzt, der Wasser-verbrauch ist jedoch auf verhltnismig kurze Zeit konzentriert und kritisch whrend der Bltephase (Dvorak et al., 2007).

    23

    Fr weitere Kulturen und geographische Zonen innerhalb der EU siehe EEA (2007).

  • 26 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Die Meinungen der befragten Berater gehen im Falle des Maisanbaus jedoch stark ausein-ander. Die Hlfte ist der Meinung, dass Mais keine Problemfrucht darstellt, andere ru-men ein, dass im Maisanbau viele Managementfehler gemacht werden, gleichgltig zu welcher Nutzung er angebaut wird. Dabei wird in der Regel eine nicht bedarfsgerechte Dngung vor allem mit organischen Dngemitteln als Ursache vermutet. Auerdem ist eine Nachdngung im Bestand fr die meisten Betriebe aus technischen Grnden nicht mglich, weshalb die gesamte Stickstoffdngung zur Aussaat gegeben wird. Erhhte N-Auswaschungspotentiale nach Maisanbau zeigen sich in hohen Herbstnitratwerten nach Mais. Dabei handelt es sich um die auswaschungsgefhrdete mineralische N-Fraktion im Boden vor Beginn der Sickerwasserperiode. Eine massenstatistische Analyse von Herbst- Nmin-Werten aus Niedersachsen zeigte um ber 25 kg N/ha und Jahr erhhte Nmin-Werte nach Mais im Vergleich zu den durchschnittlichen Verhltnissen (Schmidt et al., 2007).

    Hinzuweisen ist auch auf das erhhte Erosionsrisiko durch Maisanbau. Der C-Faktor der allgemeinen Bodenabtragsgleichung, der die Wirkung der Bodenbearbeitung und der Bo-denbedeckung durch Pflanzen oder Mulch auf die Erosion durch Wasser beschreibt, liegt bei Maisanteilen von ber 40 % an der Fruchtfolge um den Faktor 2 bis 3 ber den Werten fr Getreide- und Rapsfruchtfolgen (Frede und Dabbert, 1998). Eine konservierende Bo-denbearbeitung zu Mais kann dieses Erosionspotential jedoch auf ein mit Getreidefrucht-folgen vergleichbares Ma reduzieren, Aussagen ber die Nutzung solcher Anbauprakti-ken sind allerdings nur begrenzt mglich (siehe Beispiele im nachfolgenden Kasten).

    Nach Daten einer unverffentlichten Sondererhebung des Statistischen Bundesamtes ber die pfluglose Bodenbearbeitung im Anbaujahr 2003/2004 wurde in Deutschland ca. 21 % der Ackerflche pfluglos bestellt. Bei Krner-, CCM- und Silomais lag der pfluglos bestellte Anteil an der gesamten mit Mais be-stellten Flchen bei nur 13 %. Da Mais in der Regel auf Ackerflchen ohne Geflle angebaut werden drfte, lsst sich aus diesen Zahlen aber keine Schlussfolgerung bezglich der Wirkungen auf Erosion ziehen. Die Einhaltung der fr Raps empfohlenen Bodenruhe nach der Rapsernte mit anschlieender, pflugloser Bestel-lung lsst sich nur indirekt prfen. Wird angenommen, dass pfluglos bestelltes Wintergetreide in erster Linie nach Winterraps folgt, so liegt der Anteil der nach Ernte nicht gepflgten Rapsflchen in Schleswig-Holstein bei 50 % der gesamten Rapsflche und in Mecklenburg-Vorpommern bei ber 70 %. Manahmen zur Begrenzung der N-Auswaschung werden demnach bereits auf groen Flchenanteilen umgesetzt, ver-mutlich auch um Kosten der Bodenbearbeitung einzusparen.

    Eine verallgemeinerbare Aussage ber die tatschlichen Umweltbelastungen durch Raps und Mais ist nicht mglich, da die Wirkungen stark von den jeweiligen Standortbedingun-gen und Anbaupraktiken abhngen. Aufgrund erhhter potenzieller Umweltbelastungen ist bei hohen Fruchtfolgeanteilen von Raps oder Mais jedoch die Einhaltung einer ordnungs-gemen Dngung sowie eine angepasste Bodenbearbeitung von besonderer Bedeutung (siehe auch Kapitel 4.1.1 zu empfohlenen Gewsserschutzmanahmen).

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 27

    Generell haben mehrjhrige Kulturen durch eine geringere Anwendungen von Dnger und Pflanzenschutzmitteln, ganzjhrige Bodenbedeckung, intensive Durchwurzelung und die lange Bodenruhe deutlich geringere potenzielle Umweltauswirkungen als die meisten an-nuellen Kulturen (EEA, 2007). Die vergleichsweise sichere Schutzfunktion des Grnlands schlgt sich auch in Vorschriften zu Gewsserrandstreifen und Zahlungen zur Rckum-wandlung von Ackerland in Wasserschutzgebieten nieder (Rsch et al., 2007). Die hchs-ten Belastungen bei KUP ergeben sich in der Etablierungsphase, und ein gewisses Risiko besteht im potenziell hohen Wasserverbrauch (EEA, 2007; Dvorak et al., 2007; EEA, 2006). Wenig geklrt ist bisher die Wirkung einer Rckumwandlung in Ackerland nach der Nutzung zum Anbau von KUP.

    Ausdehnung von Kulturen (Substitution anderer Kulturen auf Ackerland) sowie Frucht-folgeaspekte

    Negative Folgewirkungen auf der Landschaftsebene knnen insbesondere angenommen werden, wenn (vgl. DVL & NABU, 2007; Concawe et al., 2007; Hufnagel, 2007; LfUG, 2006):

    der Flchenanteil von Kulturen zunimmt, die tendenziell mit einem hohen Faktorein-satz, dem Verlust von Winterungen oder Risiken fr Gewsser und Bden einherge-hen (z. B. Mais) oder

    eine Verengung von Fruchtfolgen zu einem erhhten Einsatz von Pflanzenschutz-mitteln aufgrund von verstrktem das Schdlings- und Krankheitsrisiko fhrt.

    Bezglich der Auswirkungen auf die Biodiversitt bieten engere Fruchtfolgen zudem ein-geschrnkte Habitatfunktionen (DVL & NABU, 2007; Hufnagel, 2007; LfUG, 2006).

    Diese Zusammenhnge erffnen theoretisch genauso die Mglichkeit, Belastungen zu sen-ken, nmlich durch eine Ausdehnung von Kulturen, die mit geringeren Umweltbelastun-gen einhergehen oder zu weiteren Fruchtfolgen fhren. Der aktuelle Trend beim Energie-pflanzenanbau besteht jedoch berwiegend in einer Ausdehnung des Mais- und Rapsan-baus und zieht damit in der Tendenz eine Intensivierung nach sich.

    In den Antworten auf die schriftlichen Umfragen wird ganz berwiegend eine Vernde-rung der Flchennutzung aufgrund des Energiepflanzenanbaus in den letzten Jahren kons-tatiert. Hervorgehoben wird die Ausdehnung von Silomais und Raps, in wenigen Fllen auch von Getreide-Ganzpflanzensilage, Roggen (in Brandenburg) und Zuckerrben (in Sachsen-Anhalt). Die Ausdehnung des Mais- und Rapsanbaus geht den hufigsten Ansich-ten zufolge einher mit der Verengung von Fruchtfolgen, einer regionalen Konzentration des Energiepflanzenanbaus und einer verstrkten Nutzung von Stilllegungsflchen. Nahe-zu alle Beteiligten erwarten zuknftig eine weitere Zunahme der Anbauflche fr Energie-pflanzen. Bezglich der Fruchtfolge wird jedoch insbesondere in Thringen, aber auch in

  • 28 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Erweiterung getreidebeton-ter Fruchtfolgen durch den verstrkten Anbau von Energiemais betont, und zwar vor allem in Ackerbauregionen, whrend in Veredlungsregionen mit bereits hohem Anteil an Kr-ner- und Silomaisanbau zu Futterzwecken der zustzliche Energiemaisanbau die Frucht-folgen weiter verengen kann24. Ob eine eventuelle Zunahme oder Abnahme diffuser Nhr-stoffeintrge bzw. Pflanzenschutzmittel-Eintrge in die Gewsser auf den Anbau von E-nergiepflanzen zurckfhren ist, lsst sich bisher kaum einschtzen bzw. mit belastbaren Daten belegen, auch wenn teilweise darauf hingewiesen wird, dass bezglich des Nitrat-austrags eine Zunahme des Mais- und Rapsanbaus kritisch zu bewerten ist. Die Tatsache, dass der Anbau von Getreide als Marktfrucht wieder interessanter wird, wird jedoch auch als limitierendes Element fr eine weitere Flchenausdehnung des Energiepflanzenanbaus genannt.

    Dies deckt sich mit Erkenntnissen aus der telefonischen Umfrage. Danach ist besonders im Umkreis von Biogasanlagen ein deutlicher Zuwachs einzelner Energiepflanzenkulturen, insbesondere von Mais, zu beobachten, der aufgrund der groen Sicherheit im Ertrag und der Verfahrenssteuerung als tragendes Substrat betrachtet wird. Dieser Anstieg im Ein-zugsbereich von Biogasanlagen wird in den Regionen mit geringem Viehbesatz als un-problematisch angesehen, in Regionen mit hoher Viehdichte kommt es jedoch vereinzelt zu einer massiven Konzentration von Mais. Einige Experten sehen hierin eine weitere In-tensivierung, weil die tragenden Kulturen Mais und Raps im Vergleich zu Getreide mit hherer Intensitt produziert werden und extensivere Kulturen verdrngen. Laut einer Ex-pertenmeinung kann Biogas regional jedoch auch dazu beitragen, einen Markt fr Roggen zu sichern. In einigen Regionen, vor allem in Norddeutschland, ist der Anteil von Raps in der Fruchtfolge bereits so hoch, dass aus phytosanitren Grnden eine Ausweitung nicht mehr mglich ist (LfUG, 2006).

    Intensivierung der Landnutzung

    Obgleich es mehrere Grnde fr eine Preissteigerung fr Agrarprodukte gibt, leistet der steigende Bedarf fr Energiepflanzen einen Beitrag zu verstrkter Flchenkonkurrenz und damit zur Intensivierung der landwirtschaftlichen Flchennutzung. Wenn die Preise fr Agrarprodukte strker steigen als die Dngemittelpreise, ist dies ein Anreiz, Inputs zu er-hhen, um hhere Ertrge zu erzielen. Mgliche nachteilige Wirkungen fr die Gewsser resultieren aus:

    einer hheren Dngung,

    der intensiveren Nutzung bisher extensiv genutzter Flchen,

    24

    Dies wird untersttzt durch weitere Quellen, die insbesondere in Veredelungsregionen mit einem oh-nehin hohen Fruchtfolgeanteil von Mais eine weitere Verengung von Fruchtfolgen infolge verstrkter Biogasnutzung erwarten (Laurenz, 2007; Hher, 2007).

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 29

    dem Anbau auch auf ungeeigneten Standorten,

    der geringeren Attraktivitt freiwilliger Extensivierungsprogramme.

    Analysen von Simon et al. (2007) im Chiemgau legen den Schluss nahe, dass bereits jetzt regional ein Verdrngungswettbewerb um die Flche erfolgt, der auf Kosten extensiver Landbewirtschaftung geht. Hoffnungen des Naturschutzes, Aufwuchs extensiver Standorte energetisch zu verwerten oder Mischkulturen zu nutzen, haben sich bisher nicht erfllt. Auch Untersuchungen in den USA zeigen, dass steigender Maisanbau fr die Ethanolpro-duktion zu einer Ausdehnung der Ackerflchen fhrt, die Auswaschung von Nhrstoffen (N, P) jedoch im Vergleich zur Flchenausdehnung strker ansteigt, da ungnstigere Fl-chen in die Produktion genommen werden. Demzufolge steigt der Anteil an intensiv be-wirtschafteter Flche, die Teilnahme an freiwilligen Umweltprogrammen wird unattrakti-ver, und weniger Flche wird bodenschonend bewirtschaftet, was wiederum zu erhhter Nhrstofflast und Erosion fhrt. Negative Umwelteinflsse steigen also nicht nur proporti-onal mit der Anbauflche, sondern aufgrund intensiveren Anbaus und geringerem Interes-se an extensiveren und bodenschonenden Managementoptionen auf der gesamten Flche (Marshall and Greenhalgh, 2006; Marshall, 2007). Auch in vielen Antworten auf die schriftliche Umfrage wird eine Intensivierung des Ackerbaus als Konfliktfeld benannt. Einige telefonisch befragte Experten rechnen auerdem durch den zchterischen Fort-schritt in Hinblick auf Ertragssteigerungen mit einer weiteren Steigerung des Produkti-onsmitteleinsatzes.

    Eine Erhhung der Schnitthufigkeit von bisher extensiver genutztem Grnland, wie es fr die Vergrung des Aufwuchses wnschenswert ist, resultiert zusammen mit der Ausbrin-gung des Grrckstandes in einer tendenziellen Intensivierung der Grnlandnutzung, was sich insbesondere negativ auf die Artenvielfalt von intensivierungsfhigen artenreichen Wiesen auswirkt (Rsch et al., 2007). Auch DVL & NABU (2007) dokumentieren eine hufigere Schnittnutzung von bisher extensiv genutzten Heuwiesen vor allem in Sd-deutschland. Grnlandintensivierung betrifft vor allem den naturschutzfachlichen Wert der Flche. Mit Gewsserschutzzielen ist eine intensive Grnlandnutzung mit Schnittnutzung dagegen in der Regel kompatibel. Folgen fr die Wasserqualitt knnen sich bei sehr ho-hen Dngegaben und der Ausbringung von Grresten ergeben (LfUG, 2006).

  • 30 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    Landnutzungsnderung

    Landnutzungsnderungen haben potenziell die strksten Auswirkungen auf die kologi-schen Parameter der Flchennutzung. Whrend weltweit eine Ausdehnung des Energie-pflanzenanbaus auch auf bisher nicht landwirtschaftlich genutzte Flche bedeutsam sein kann, sind in Deutschland der Umbruch von Dauergrnland und die Innutzungnahme von Stilllegungsflchen (insbesondere langjhrig stillgelegter Flchen) relevant. Auch die E-tablierung von KUP oder anderen mehrjhrigen Kulturen auf Acker- oder Grnland bedeu-tet eine Landnutzungsnderung.

    1.) Nutzung langjhriger Stilllegungsflchen

    Die obligatorische oder konjunkturelle Flchenstilllegung eines festgelegten Prozentsatzes der Ackerflche wurde in der EU als Manahme zur Verringerung landwirtschaftlicher berproduktion eingefhrt. Als Nebeneffekt konnten diese Flchen, solange sie nicht be-wirtschaftet werden, eine gewisse kologische Ausgleichsfunktion entfalten. Flankierende Agrarumweltmanahmen setzten darber hinaus Anreize fr eine langjhrige Stilllegung unter kologischen Gesichtspunkten, die Flchenumfnge dieser Frderung bleiben aber weit hinter der obligatorischen Flchenstilllegung zurck. Seit 1992 war es mglich, auf obligatorisch stillgelegten Flchen nachwachsende Rohstoffe anzubauen, sofern nachge-wiesen wurde, dass die Ernteprodukte nicht in die Futter- oder Nahrungsmittelkette ge-langten. Aufgrund gestiegener Preise fr Agrarprodukte, da der urschliche Grund fr die obligatorische Flchenstillegung mittlerweile entfallen ist und die Stilllegungsregelung auerdem zustzlichen brokratischen Aufwand verursacht, wurde sie fr die Vegetati-onsperiode 2007/08 ausgesetzt und wird im Rahmen des Health Checks der EU-Agrarpolitik voraussichtlich abgeschafft werden.

    Mit der Abschaffung der obligatorischen Flchenstilllegung fllt auch der brokratische Aufwand, der mit der Beantragung eines Energiepflanzenanbaus auf dieser Flche verbun-den ist. Eine Nutzung bisheriger Flchenstilllegung wird insofern attraktiver. Genauso kann sich der Anbau von Marktfrchten und Futtermitteln auf ehemalige Stilllegungsfl-chen ausdehnen. Inwieweit dies geschieht und inwieweit auch der deutlich weniger er-tragsfhige, marginale Anteil dieser Flchen zuknftig produktiv genutzt wird, ist abhn-gig von der weiteren Preisentwicklung. Nach Ergebnissen der Expertenbefragungen wurde eine zunehmende Nutzung von Stilllegungsflchen in den letzten Jahren bereits beobachtet und wird zuknftig fr wahrscheinlich gehalten. Die Zunahme wird aber dadurch limitiert, dass teilweise der produktivere Anteil dieser Flchen bereits hufig zum Anbau nach-wachsender Rohstoffe genutzt wird. Hierbei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Bundeslndern, mit hohen Anteilen von Nawaro-Nutzung in Thringen und geringen An-teilen im direkt benachbarten Hessen (siehe Karte 1). Als Begrndung fr diese Unter-schiede kann die Agrarstruktur herangezogen werden: Whrend groe Betriebe in Thrin-gen je Hektar weniger Aufwand hatten, einen Nawaro-Anbau zu beantragen und nachzu-

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 31

    weisen, lohnt sich dies fr klein strukturierte Betriebe in den westlichen Bundeslndern aufgrund der Verwaltungsaufwendungen deutlich weniger.

    Karte 1: Anbau nachwachsender Rohstoffe auf Stilllegung in Prozent der gesam-ten Stilllegungsflche (2003)

    NR-Anbau auf Stilllegung in %der gesamten Stilllegungsflche

  • 32 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    2.) Grnlandumbruch

    Der Umbruch von Grnland zu Ackerland bedeutet einen massiven Mineralisierungs-schub25 und das Risiko verstrkter Erosion und ist damit aus Sicht des Gewsserschutzes - aber auch des Klimaschutzes26 - mit deutlich negativen Auswirkungen verbunden (Dvo-rak et al., 2007; SRU, 2007; Herbke et al., 2005; Rsch et al., 2007).

    Grnlandumbruch wird reglementiert durch Cross-Compliance-Vorgaben und durch lan-desspezifische Natur- und Gewsserschutzregelungen:

    Die Cross-Compliance-Regelungen beziehen sich auf das Verhltnis von Dauergrn-land (ohne Wechselgrnland) zu Ackerland. Nimmt dieses Verhltnis im Vergleich zum Basisverhltnis im Jahr 2005 um 5 % ab, wird weiterer Umbruch genehmigungs-pflichtig. Bei einem Rckgang um 8 % kann, ab 10 % muss eine Wiedereinsaat erfol-gen. Diese Regelung kann fr landwirtschaftliche Betriebe einen Anreiz zu einem mglichst frhzeitigen Grnlandumbruch zur Umwandlung in Ackerland ergeben, be-vor bei Erreichen der oben genannten Grenzen die Auflagen verschrft werden. Wei-terhin ist durch Cross Compliance Grnland nicht flchenspezifisch geschtzt und ei-ne Abnahme nur auf Landesebene relevant, daher ist eine regionale Entmischung mglich, bei der marginale Flchen zu Grnland umgewidmet werden und damit Grnlandumbruch in intensiver genutzten Gebieten ausgeglichen wird. Bei einer end-gltigen Aufgabe der obligatorischen Flchenstilllegung besteht zustzlich die Mg-lichkeit, auf diesen Flchen knftig Dauergrnland neu zu etablieren und dafr an an-derer Stelle umzubrechen, ohne dass sich der Nettoanteil ndert.

    Flchenspezifische Schutzkategorien fr Grnland bestehen im Bereich des Gewsser- und Naturschutzes. Relevante Regelungen werden unter 5.1.4 ausgefhrt.

    Bereits die vorliegenden Zahlen von den Jahren 1991 bis 2003 zeigen eine hohe Dynamik der Grnlandflchen (siehe Karte 2). Whrend vor allem im Sdosten und Nordwesten von Deutschland der Grnlandanteil um ber 10% abnahm, sind in den Mittelgebirgsregionen Zunahmen zu verzeichnen. Eine Interpretation fr die ostdeutschen Lnder gestaltet sich aufgrund sich berlagernder Effekte aufgrund des Strukturwandels nach 1989 schwierig. Nachdem die Nutzung umfangreicher Grnlandflchen in den neuen Lndern Anfang der 90er aufgegeben wurde, sind viele Flchen spter wieder in Nutzung genommen worden.

    25

    In Abhngigkeit von der N-Vorratsmenge kann die Netto-Mineralisationsrate in den ersten 3 Jahren bis zu mehreren Tausend kg N/ha/30cm/a betragen (Renger, 2002).

    26 Durch eine Umwandlung von Dauergrnland in Ackerland kann man mit Verlusten von 50 % oder

    mehr des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs rechnen (IEA Bioenergy, 2006).

  • Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz 33

    Karte 2: nderung der Grnlandflche zwischen 1991 und 2003

    Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.

    Die folgende Abbildung 5 stellt in Anlehnung an die Cross-Compliance-Regelung zur Grnlanderhaltung die Entwicklung der Grnlandflchenanteile dar. Dafr wird die Ver-nderung des Grnlandflchenanteils (als jhrliche nderung in Prozent ber 10 Jahre und pro Bundesland) mit der Abnahme des Grnlandflchenanteils vom Jahr 2005 auf 2006 gem Agrarfrderstatistik verglichen. Basis der Berechnungen bilden die im Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS) gemeldeten Frderflchen. In der Abbildung wird eine deutlich verstrkte Abnahme der Grnlandflchenanteile sichtbar. Nur in Hessen bleibt der Trend zur Zunahme des Grnlandanteils bestehen. Beachtet werden muss auer-dem, dass diese Zahlen auf Grundlage von Netto-Vernderungen berechnet werden, das heit dass regionale Verlagerungen innerhalb eines Bundeslandes nicht gezeigt werden. Ebenso kann allerdings eine Rolle spielen, dass Kleinbetriebe mit wenigen Hektar Grn-land im Jahr 2006 keine Antrge mehr gestellt haben, und die Flchen nun auerhalb des Frdersystems weiter als Grnland genutzt werden, ohne dass es zu einer Umwandlung in Ackerland gekommen wre.

    In Abbildung 6 werden die nderungen des Grnlandflchenanteils von 2005 auf 2006 mit der nderung von 2005 bis 2007 verglichen. In den meisten Bundeslndern zeigt sich in eine Verlangsamung der Entwicklung. Genauere Auswertungen sind nur mit mglichst

  • 34 Kapitel 3 Auswirkungen der Energiepflanzenproduktion auf den Gewsserschutz

    flchenscharfen Landnutzungsdaten im Zeitverlauf mglich, wie sie im GIS-gesttzten InVeKoS (Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem) vorliegen. Am vTI wird im Jahr 2008 ein Projekt zur InVeKoS-Datenauswertung durchgefhrt, das sich unter anderem mit des Nutzbarkeit dieser Datengrundlage befasst.

    Abbildung 5: Jhrliche nderung der Grnlandflchenanteile auf Landesebene vor und nach 2005

    -4 -3 -2 -1 0 1 2

    %-nderung des Grnlandflchenanteils an der Acker- und Grnlandflche (Agrarstatistik) bzw. an der gemeldeten frderfhigen Flche nach InVeKoS-Daten

    1995-2004 p.a. (Agrarstatistik)

    2005-2006 (InVeKoS)

    Hessen

    Baden-Wrttemberg

    Bayern

    Sachsen

    Thringen

    Niedersachsen (& Bremen)

    Brandenburg