ausbildungsplan polizei - home | stadt.sg.ch
TRANSCRIPT
06.19
Ausbildungsplan Polizei
© 2019 Éditions ISP – Verlag SPI / Neuchâtel
Trotz sorgfältigem Lektorat schleichen sich manchmal Fehler ein. Die Autoren und der Verlag sind Ihnen dankbar für Anregungen und Hinweise.
Imprimerie de l’Ouest SA, Cormondrèche
06.19
Ausbildungsplan Polizei
DANKSAGUNG
Der Ausbildungsplan Polizei (APP) wurde in enger Zusammenarbeit mit allen Polizeikonkordaten, der Militärpolizei und der Transportpolizei SBB sowie den regionalen Ausbildungszentren (RAZ) erarbeitet. Für die Projektleitung, die Redaktion und das Lektorat zeichnet das Schweizerische Polizei-Institut (SPI) verantwortlich.
Das SPI dankt den Autoren/-innen für die gute und konstruktiv-kritische Zu-sammenarbeit, ihr grosses persönliches Engagement und die Bereitschaft, ihr Wissen in die Erarbeitung des vorliegenden Dokumentes einfliessen zu lassen.
Autoren/-innen:
Monica BONFANTI Police cantonale Genève
Yvan BUCHS Police cantonale Fribourg
André ETTER Coordinateur romand de la formation policière
Pascal GEIGER Polizei Basel-Landschaft
Michael HINZE Zuger Polizei
Kurt HÜGI Zürcher Polizeischule (ZHPS)
Raphaël JALLARD Centre interrégional de formation de police (CIFPOL)
Martin KURMANN Luzerner Polizei
Heinrich LIEBERHERR Stadtpolizei St. Gallen
Rudolf LÜTHI Transportpolizei SBB
Wolfgang MOOS Stadtpolizei Zürich
Nicolas MÜLLER Kantonspolizei Bern
Cristiano NENZI Polizia cantonale Ticino
Gérald PFEIFER Kantonspolizei Zürich
Fabien REBORD Police militaire
François SCHMUTZ Académie de Police de Savatan
Daniel TSCHOLL Kantonspolizei Graubünden
Pierre-Antoine WALKER Académie de Police de Savatan
06.19
Ausbildungsplan Polizei
Unter Mitarbeit von:
Stefan AEGERTER Schweizerisches Polizei-Institut
Cyril AMBERG Schweizerisches Polizei-Institut
Ariane DEYGAS Schweizerisches Polizei-Institut
Reto HABERMACHER Schweizerisches Polizei-Institut
Anojen KANAGASINGAM Schweizerisches Polizei-Institut
Cecilia STEBLER Schweizerisches Polizei-Institut
Christiane STIEGER Schweizerisches Polizei-Institut
Sarah TSCHAN Schweizerisches Polizei-Institut
06.19
Ausbildungsplan Polizei
INHALTSÜBERSICHT
VORWORT 11
1 GEGENSTAND UND GELTUNGSBEREICH 13
2 DER POLIZEIBERUF: WERTE, NORMEN UND VERSTÄNDNIS 17
3 AUSBILDUNGSKONZEPT 21
4 QUALIFIKATIONSVERFAHREN 23
5 AUSBILDUNGSPHASE 1 25
6 AUSBILDUNGSPHASE 2 29
7 GLOSSAR 33
8 BIBLIOGRAFIE 37
9 ANHANG 39
Inhaltsübersicht 7
06.19
Ausbildungsplan Polizei
Inhaltsverzeichnis 9
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT 11
1 GEGENSTAND UND GELTUNGSBEREICH 13
1.1 Einleitung 13
1.2 Trägerschaft 13
1.3 Rechtliche Grundlagen 14
1.4 Verortung des Polizeiberufs in der schweizerischen Bildungslandschaft 14
2 DER POLIZEIBERUF: WERTE, NORMEN UND VERSTÄNDNIS 17
2.1 Der polizeiliche Auftrag im demokratischen Rechtsstaat 17
2.2 Die Polizei und die Grundrechte 17
2.3 Rechtmässigkeit, Verhältnismässigkeit und Opportunität 18
2.4 Werte der Polizei 18
2.5 Wertereflexion und Wertebildung im beruflichen und schulischen Kontext 19
3 AUSBILDUNGSKONZEPT 21
3.1 Andragogisch-didaktische Grundsätze 22
3.2 Handlungskompetenzen 22
4 QUALIFIKATIONSVERFAHREN 23
4.1 Prüfung Einsatzfähigkeit 23
4.2 Berufsprüfung Polizist/Polizistin 24
06.19
Ausbildungsplan Polizei
Inhaltsverzeichnis10
5 AUSBILDUNGSPHASE 1 25
5.1 Aufgaben und Ziele 25
5.2 Rahmenbedingungen 26
5.2.1 Fertigkeiten 26
5.2.2 Problemlösefähigkeiten 27
5.2.3 Handlungskompetenzen 27
6 AUSBILDUNGSPHASE 2 29
6.1 Aufgaben und Ziele 30
6.2 Das Portfolio: Die Praxisinstrumente 30
6.2.1 Praxisaufträge 30
6.2.2 Kompetenzraster 30
6.2.3 Dispositionscheck 30
6.3 Das Mentoring in Phase 2 31
6.3.1 Praxisbegleiter/-in 31
6.3.2 Mentor/-in 31
7 GLOSSAR 33
8 BIBLIOGRAFIE 37
8.1 Normative Grundlagen: Gesetze, Verordnungen und Reglemente 37
8.2 Sekundärliteratur 38
9 ANHANG 39
06.19
Ausbildungsplan Polizei
VORWORT
Geschätzte Leserin, geschätzter LeserDer Ausbildungsplan Polizei (APP) präsentiert einen Überblick zu Aufbau, Struktur und Zielen der Ausbildung zum/zur Polizisten/-in. Darüber hinaus beinhaltet der APP das schweizweit harmonisierte Verständnis der Werte und Normen, die dem Polizeiberuf zugrunde liegen.Wenngleich der APP stellenweise an seinen Vorgänger, den Rahmenlehrplan Polizist/Polizistin aus dem Jahr 2014 anknüpft, so entspricht er einer Neuent-wicklung: Im Rahmen des Bildungspolitischen Gesamtkonzepts (BGK) 20201, das im Auftrag der Kantonalen Konferenz der Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) auch die Revision der eidgenössischen Berufs-prüfung Polizist/Polizistin (BP) verfolgt, wurde die Grundausbildung in zwei aufeinanderfolgende Phasen von jeweils ungefähr einem Jahr eingeteilt. So findet die erste Phase der Ausbildung in den regionalen Ausbildungszentren (RAZ) und die zweite Phase im Stammkorps statt. Die BP wird nunmehr am Ende der zweijährigen Ausbildung absolviert.In diesem Zusammenhang fungiert der APP als wichtiges Umsetzungsmittel: Er zeigt die klare Vorgabe der Auftraggeberin, Kompetenzorientierung im polizeilichen Aus- und Weiterbildungssystem zu verankern, konsequent um-zusetzen und damit die Polizeiausbildung auf dem zeitgemässen Stand zu halten, und zwar für beide beteiligten Lernorte. Der APP schafft Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und übernimmt eine Kompassfunktion für die polizeiliche Ausbildung. Er gibt den Ausbildungsrahmen vor, lässt gleichzeitig aber, etwa im Hinblick auf die Methodenvielfalt, Spielräume offen – Freiräu-me, die für einen vielschichtigen und kreativen Prozess wie den des Lernens von zentraler Bedeutung sind.Für die Validierung der Prüfungen, aber auch für die kontinuierliche Weiter-entwicklung der Ausbildung dient der APP als wichtiges Grundlagendoku-ment.Der APP gliedert sich in vier Bereiche:• Gegenstand und Geltungsbereich
• Werte, Normen und Verständnis des Polizeiberufs in der schweizerischen Bildungslandschaft
• Ausbildungskonzept und Qualifikationsverfahren: zu erreichende Kompe-tenzen und deren Überprüfung
• Quantitative und qualitative Angaben der zweijährigen Ausbildung an den entsprechenden Lernorten
Reto Habermacher
Vorsitzender der Paritätischen Kommission
Vorwort 11
1 Alle kursiven Begriffe sind im Glossar erläutert.
Gegenstand und Geltungsbereich 1306.19
Ausbildungsplan Polizei
GEGENSTAND UND GELTUNGSBEREICH
1.1 EINLEITUNG
Der vorliegende Ausbildungsplan Polizei (APP) richtet sich an alle an der Aus-bildung interessierten Personen. Für die regionalen Ausbildungszentren (RAZ) und die Polizeikorps bildet er den grundlegenden, verbindlichen Rahmen, auf dessen Basis die Schullehrpläne bzw. die Lehrgänge für die zweijährige Aus-bildung2 entwickelt werden. Die beiden Lernorte formieren gewissermassen einen Lehrverbund, bei dem der Lernort «RAZ» für den Aufbau der Kompe-tenzen und der Lernort «Korps» für den Erwerb und die Konsolidierung von Erfahrungswissen zuständig ist. In diesem Zusammenhang orientiert der APP über den Aufbau, die Struktur und die Ziele der polizeilichen Ausbildung und über die Qualifikationsverfahren für den Polizeiberuf.
Als Umsetzungsmittel einer modernen Berufsbildung stärkt der APP die Unité de doctrine, indem er die Ausbildungsinhalte festlegt und Standards etabliert. Bei der konkreten Umsetzung wird hingegen die Autonomie von RAZ und Korps (etwa hinsichtlich Lehrfreiheit) respektiert, sodass der Rückgriff auf in-terne Expertisen auch weiterhin möglich bleibt. Der schweizweite Austausch zum Zwecke der kontinuierlichen Optimierung der Ausbildungspraxis – im Sinne der Best Practice – soll aber dennoch verstärkt werden.
Die Trägerschaft des APP (s. Kapitel 1.2) ist überzeugt von dessen Be-deutung zur Aufrechterhaltung der hohen Qualität und Einheitlichkeit der polizeilichen Ausbildung in der Schweiz: Mit seiner Hilfe wird die gesamt-schweizerische Steuerung, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Polizeiausbildung mittel- und langfristig gewährleistet.
1.2 TRÄGERSCHAFT
Die Trägerschaft der BP, und damit auch des APP, ist die Paritätische Kom-mission der Schweizer Polizei (PaKo). Die PaKo pflegt die Kontakte mit wich-tigen Partnern (darunter auch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), die RAZ und die Chefs Ausbildung der Polizeikorps) und stellt die Weiterentwicklung des eidgenössischen Fachausweises für den Polizeiberuf sicher. Dies geschieht unter anderem durch das Erlassen von Prüfungsordnungen und das Festlegen von Ausbildungsinhalten. Der Vorsitz
2 «Ausbildung» meint stets die zweijährige polizeiliche Grundausbildung. Dem Eintritt in ein RAZ geht ein umfangreiches Auswahl- und Bewerbungsverfahren voraus, das den anstellenden Polizeikorps obliegt und hier nicht näher thematisiert wird.
Ausgangslage: Lehrverbund
Unité de doctrine
Steuerung, Qualitäts-sicherung und Weiterentwicklung
Paritätische Kommission (PaKo)
Gegenstand und Geltungsbereich14 06.19
Ausbildungsplan Polizei
der PaKo obliegt dem Direktor SPI und setzt sich aus je einem/-r Vertreter/-in der folgenden Organisationen der Arbeitswelt (OdA) zusammen:
• Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS)
• Schweizerische Vereinigung der städtischen Polizeichefs (SVSP)
• Verband Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB)
• Schweizerisches Polizei-Institut (SPI)
1.3 RECHTLICHE GRUNDLAGEN
Der APP orientiert sich an folgenden Erlassen und Grundlagen:
• Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) vom 13. Dezember 2002
• Verordnung über die Berufsbildung (BBV) vom 19. November 2003
• Prüfungsordnung über die eidgenössische Berufsprüfung für Polizist/Poli-zistin vom 1. November 2019
Berücksichtigt wurde ferner der Rahmenlehrplan für Polizist/Polizistin vom 5. November 2014.
1.4 VERORTUNG DES POLIZEIBERUFS IN DER SCHWEIZERISCHEN BILDUNGSLANDSCHAFT
Der Berufsbild «Polizist/Polizistin mit eidgenössischem Fachausweis (EFA)» ist in der schweizerischen Bildungslandschaft auf der Tertiärstufe A und B angesiedelt, genauer im Bereich «Tertiär B» (s. Abb. 1). Der Polizeiberuf ist ein Zweitberuf, der auf allgemeinen Kompetenzen aufbaut, welche in der Se-kundarstufe II erworben wurden. Einschlägige Berufserfahrung oder berufs-spezifische Kompetenzen bringen die Lernenden der Polizei wenig mit. Bei der Polizei gilt das Prinzip «Anstellung vor Ausbildung». Der Zugang ist auch mittels Nachweis eines gleichwertigen Abschlusses möglich. Die mehrstufi-gen Auswahl- und Bewerbungsverfahren sowie weitere Anforderungen wie z. B. Körpergrösse, Alter oder Nationalität sind kantonal geregelt und liegen entsprechend in der Verantwortung der einzelnen Polizeikorps.
Typischer Zweitberuf
Gegenstand und Geltungsbereich 1506.19
Ausbildungsplan Polizei
BERUFSORIENTIERTE WEITERBILDUNG
BERUFSORIENTIERTE WEITERBILDUNG
SEKUNDARSTUFE IITERTIÄRSTUFE A UND B
Dipl
om H
F
Höhe
re F
achs
chul
en
Mas
ter
Bach
elor
Fach
hoch
schu
len
Mas
ter
Bach
elor
Päda
gogi
sche
Hoch
schu
len
PhD/
Dokt
orat
Mas
ter
Bach
elor
Univ
ersi
täte
nET
H
Eidg
. Dip
lom
HF
Eidg
. Fac
haus
wei
s
Beru
fs- u
ndHö
here
Fac
hprü
fung
en
Beru
fsm
atur
ität
Fach
mat
uritä
t
FMS
Ausw
eis
Fach
mitt
elsc
hule
n
Gym
nasi
ale
Mat
uritä
t
Gym
nasi
en
Eidg
. Ber
ufsa
ttest
Betri
ebe,
Beru
fsfa
chsc
hule
n,Üb
erbe
trieb
liche
Kur
se
Eidg
. Fäh
igke
itsze
ugni
s
Betri
ebe,
Ber
ufsf
achs
chul
en,
Über
betri
eblic
he K
urse
HÖHE
RE B
ERUF
SBIL
DUNG
(TER
TIÄR
B)
BERU
FLIC
HE G
RUND
BILD
UNG
OBLI
GATO
RISC
HE S
CHUL
E
ALLG
EMEI
NBIL
DEND
E SC
HULE
N
HOCH
SCHU
LEN
(TER
TIÄR
A)
BRÜC
KENA
NGEB
OTE
Ab
b. 1
: Kla
ssis
che
Aus
bild
ungs
weg
e zu
m/z
ur P
oliz
iste
n/-i
n m
it ei
dge
nöss
isch
em F
acha
usw
eis
(SB
FI 2
017)
Gegenstand und Geltungsbereich16 06.19
Ausbildungsplan Polizei
Der EFA bietet Polizisten/-innen auf fachlicher Ebene oder im Bereich der Führung sowohl korpsintern als auch national mehrere Anschlussmöglich-keiten:
• Fachtechnische Weiterbildung(en) in Abhängigkeit des Einsatzbereichs
• Spezialisierung(en) in unterschiedlichen Bereichen
• Höhere Fachprüfung (HFP): Polizist/Polizistin mit eidgenössischem Diplom
• Tertiäre Weiterbildung(en) wie etwa Nachdiplomstudien (CAS, DAS, MAS)
Der Polizeiberuf: Werte, Normen und Verständnis 1706.19
Ausbildungsplan Polizei
DER POLIZEIBERUF: WERTE, NORMEN UND VERSTÄNDNIS
2.1 DER POLIZEILICHE AUFTRAG IM DEMOKRATISCHEN RECHTSSTAAT
Im demokratischen Rechtsstaat ist die Polizei Garantin für die Einhaltung der Gesetze und agiert präventiv wie repressiv als Vertreterin des Staates, der über das Gewaltmonopol verfügt. Ihr Handeln ist den Prinzipien der Recht-mässigkeit, der Verhältnismässigkeit und der Zweckmässigkeit unterstellt. Der polizeiliche Grundauftrag ist in der Kantonsverfassung festgehalten und in den kantonalen Polizeigesetzen detailliert beschrieben.
2.2 DIE POLIZEI UND DIE GRUNDRECHTE
Der Staat garantiert die Grundrechte. Die Polizei sorgt für die Wahrung der Grundrechte der Bürger und muss die Grundrechte bei der Anwendung von Zwangsmassnahmen bewusst einschränken, um den polizeilichen Auftrag zu erfüllen.3
Diese Doppelrolle prägt die Beziehung zwischen der Polizei und den Bür-gern.4 Dies macht den Polizeiberuf zu einer komplexen und anspruchsvollen Tätigkeit, welche sich nicht zuletzt auch durch sich rasch verändernde, un-klare und nicht planbare Situationen auszeichnet. Die Arbeit der Polizis-ten/-innen ist meist durch neue Situationen und unvorhersehbare Ereignisse gekennzeichnet.
Polizisten/-innen müssen in kurzer Zeit Entscheide treffen, welche schwer-wiegende Folgen haben können. Sie intervenieren im Auftrag oder aufgrund von eigenen Feststellungen. Während ihrer Tätigkeit müssen Polizisten/-innen jederzeit die Menschenwürde der Bürger/-innen achten und schützen. Ge-walt können sie dann anwenden, wenn dies zur Ausübung ihrer Pflichten unbedingt notwendig ist.5
3 Schweizerisches Polizei-Institut (2012): Menschenrechte und Berufsethik (nachfolgend: MRBE), 3. Aufl., Neuchâtel: Verlag SPI, S. 34.
4 MRBE, S. 63.5 Vereinte Nationen (1979), Verhaltenskodex der UNO für Beamte mit Polizeibefugnissen vom
17. Dezember 1979 (nachfolgend UNO-Verhaltenskodex), Art. 2–3.
Polizeilicher Grundauftrag
Doppelrolle der Polizei
Der Polizeiberuf: Werte, Normen und Verständnis 18 06.19
Ausbildungsplan Polizei
2.3 RECHTMÄSSIGKEIT, VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT UND OPPORTUNITÄT
Die Polizisten/-innen sorgen für die Anwendung und Einhaltung der geltenden Gesetze, Vorschriften und Richtlinien. Dieses Legalitätsprinzip definiert ihren Handlungsrahmen. Die Polizisten/-innen sind in ihrem Handeln der Rechtmäs-sigkeit wie auch der Verhältnismässigkeit verpflichtet, was ihnen ermöglicht, das Gesetz mit Genauigkeit, aber auch Umsicht anzuwenden. Die angewen-deten Massnahmen müssen erforderlich, geeignet und angemessen sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen und dabei die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Die strikte Einhaltung des Legalitätsprinzips ist nicht immer möglich. Dies führt – je nach Situation und gestützt auf eine Güterabwägung – in der Realität zur Anwendung des Opportunitätsprinzips.6
2.4 WERTE DER POLIZEI
Die Rechtsordnung ist auf demokratischem Weg entstanden und basiert auf ethisch-moralischen Vorstellungen. Als grundlegende Werte der schwei-zerischen Gesellschaft können insbesondere die in der Bundesverfassung verankerten allgemeinen Werte betrachtet werden, nämlich unter anderem Solidarität, Offenheit gegenüber der Welt, Rücksichtnahme, Achtung der Vielfalt und Chancengleichheit.7
Bei der Beurteilung von ethisch-moralischen Fragestellungen stützen sich Polizisten/-innen auf eigene Werte sowie auf Werte, die im Rahmen der Aus- und Weiterbildung und der Berufsausübung vermittelt und gelebt werden. Zahlreiche Polizeikorps haben die für ihre Organisation zentralen Werte in Richtlinien, Leitbildern oder Ethikkodizes verankert.8 Die Vereinten Nationen und der Europarat haben ihrerseits jeweils einen Ethikkodex verfasst, der sich an sämtliche Polizeiorganisationen in Europa bzw. weltweit richtet.9
Prägende Werte der Polizeiarbeit sind zum Beispiel: Menschenwürde, Unpar-teilichkeit, Offenheit, Ehrlichkeit, Teamfähigkeit, Selbstreflexion und Loyalität. Ihren Gesprächspartnern gegenüber zeigen Polizisten/-innen den Respekt, das Verständnis, die Besonnenheit und die Hilfsbereitschaft, welche diese von ihnen erwarten dürfen. Insbesondere haben sie jede Form von Diskri-minierung oder Parteilichkeit zu vermeiden. In ihrer Tätigkeit zeigen sie Mut, Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Diese Werte sollen innerhalb des Korps und im Kontakt mit der Bevölkerung aktiv gelebt und vertreten werden.
6 Schweizerisches Polizei-Institut (2017): Reglement – Führung im Polizeieinsatz (FIP), 1. Aufl., Neuchâtel: Verlag SPI, S. 53.
7 Schweizerische Bundesverfassung vom 18. April 1999, Präambel und Art. 2.8 Siehe z. B. Kantonspolizei Zürich (2017), Leitbild der Kantonspolizei Zürich. Zürich: Kapo Zürich.
Oder: Conseil cantonal [vaudois] de la sécurité (2013), Code de déontologie de l’organisation poli-cière vaudoise du 1er mars 2013.
9 Europarat, Europäischer Kodex für die Polizeiethik: Empfehlung Rec (2001)10 des Ministerkomitees des Europarates vom 19. September 2001 (nachfolgend Europäischer Kodex) und UNO-Verhal-tenskodex.
Zentrale Prinzipien
Grundlegende Werte
Korps-spezifische
Leitbilder
Werte der Polizeiarbeit
Der Polizeiberuf: Werte, Normen und Verständnis 1906.19
Ausbildungsplan Polizei
Die Polizisten/-innen legen einen Eid oder ein Gelöbnis ab. Sie versprechen, den mit ihrer Funktion und Arbeit verbundenen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden und nach den Wertvorstellungen der Polizei und im Sinne der Gesellschaft zu handeln.
2.5 WERTEREFLEXION UND WERTEBILDUNG IM BERUFLICHEN UND SCHULISCHEN KONTEXT
Bei der Rekrutierung beziehungsweise der Anstellung von Polizisten/-innen berücksichtigt die Polizei die persönliche Kompetenz und Erfahrung der Be-werbenden und vergewissert sich, dass deren Ziele und Werte denjeni-gen der Polizei entsprechen. Ausserdem orientieren sich Polizeikorps an der grösstmöglichen Öffnung zur Gesellschaft.10
In der Polizeiausbildung und der Berufseinführung werden die zentralen Wer-te der Polizeiarbeit thematisiert. Sie tragen dazu bei, dass sich die Werte der Polizisten/-innen an den Werten der Polizeiorganisationen orientieren.
Die Aus- und Weiterbildung legt besonderen Wert auf menschenrechtliche Bestimmungen, auf eine differenzierte und rechtskonforme Ausbildung über die Zwangsanwendung und auf die Bekämpfung jeglicher Form von Dis-kriminierung. Die Auseinandersetzung mit Werten soll eine gute Vorausset-zung bilden, um in den Schulen und Korps eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren. Durch den vertieften Einsatz von Reflexionsinstrumenten wird das eigene Handeln gespiegelt und hinterfragt, damit ethisch-moralisch komple-xe oder teils widersprüchliche Situationen im Berufsalltag gemeistert werden können. Der Auseinandersetzung mit den Werten und der eigenen Rolle kommt in der Ausbildung eine zentrale Rolle zu.
10 Europäischer Kodex, §§ 22, 25 und 27.
Vereidigung
Menschen-rechtsbildung und Wertereflexion
Werte bei Rekrutierung
Ausbildungskonzept 2106.19
Ausbildungsplan Polizei
AUSBILDUNGSKONZEPT
Die Ausbildung zum/zur Polizisten/-in findet dezentralisiert statt, zunächst in einem regionalen Ausbildungszentrum (RAZ) und anschliessend zur prak-tischen Vertiefung im Stammkorps (s. dazu Abb. 2). Am Ende der ersten Ausbildungsphase in einem RAZ müssen die Lernenden die Prüfung Einsatz-fähigkeit (PEF) bestehen. Den Abschluss der Ausbildung, nach der zweiten Phase im Stammkorps, bildet die Berufsprüfung Polizist/Polizistin (BP).
1. Ausbildungsphase 2. Ausbildungsphase
Kompetenzenaufbau
Fachwissen Handlungs-trainings
Re�exion
Praktikum Erwerb / Konsolidierung von Erfahrungswissen
RAZ
Korp
sPr
üfun
gen
Portfolio- Praxisauftrag- Kompetenzraster- Dispocheck
Begleitet durch Mentor/-in und Praxisbegleiter/-in
Quali�kationspro�lPEF: Prüfung Einsatzfähigkeit P T: P r ü f u n g s t e i l
Prüfungsordnung/Wegleitung
wird geprüft
Ziel: Einsatzfähigkeit sicherstellen
�iesst ein
Ziel: Ganzheitlicher Kompetenznachweis
PT 1 schriftlich Polizeirecht
PT 2 mündlich Anzeige
PT 3 praktisch Polizeieinsatz
PT 1 Portfoliobericht
PT 2Fachgespräch
PEF Berufsprüfung
Abb. 2: Zweijährige Ausbildung Polizei
Obwohl die Ausbildung eine dezentralisierte Organisationsstruktur aufweist, existieren national verbindliche Standards. Dies gilt auch für die Qualifika-tionsverfahren, die mittels Prüfungsordnung (PO) und Wegleitung (WL) ge-regelt werden. Der Ausbildungsplan Polizei (APP) legt diese Standards fest, wobei zuerst die gemeinsamen Grundlagen (Ausbildungskonzept, Qualifika-tionsverfahren) dargelegt werden, bevor in den Kapiteln 5 und 6 auf die Be-sonderheiten der jeweiligen Ausbildungsphase eingegangen wird.
Dezentrale Ausbildungs-standorte
Ausbildungskonzept22 06.19
Ausbildungsplan Polizei
3.1 ANDRAGOGISCH-DIDAKTISCHE GRUNDSÄTZE
Die gesamte Ausbildung erfolgt handlungs- und kompetenzorientiert. Damit ist zum einen die Fähigkeit der Lernenden gemeint, «sich […] in komplexen und dynamischen [Arbeits]Situationen selbstorganisiert […] zurechtzufinden und aktiv zu handeln» (s. Heyse 2010, S. 55). Zum anderen bezeichnen Hand-lungs- und Kompetenzorientierung die Fähigkeit von Lernenden, basierend auf Wissen und Verständnis sowohl fachliche als auch überfachliche Kompeten-zen durch eigenes Handeln situationsbezogen weiterzuentwickeln. Um dies zu erreichen, tragen die Lernenden auch selbst Verantwortung für ihr Lernen, d. h. sie setzen sich im Zuge des Lernprozesses aktiv, selbstgesteuert (selbstorgani-siertes Lernen) und kooperativ mit beruflichen Arbeitssituationen auseinander.
3.2 HANDLUNGSKOMPETENZEN
Auf der Basis des Qualifikationsprofils (s. Anhang 2 zur Wegleitung PO), das mehrere spezifische Bereiche ausweist, werden die Kompetenzen be-schrieben, die während der zweijährigen Ausbildung zu erreichen sind. Eine gewinnbringende Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche fördert dabei die Stärkung einer umfassenden, weitsichtigen Problemerfassung. Zusätz-lich verdeutlichen ausbildungsübergreifende Massnahmen und Projekte die Verbindung zwischen den beiden Ausbildungsphasen in den RAZ und den Stammkorps. Entsprechende Konkretisierungen in Schullehrplänen und Lehrgangsplänen machen die Vernetzung sowohl der Lernbereiche als auch der beiden Ausbildungsphasen sichtbar.
Fertigkeiten Problemlöse-fähigkeiten
Eins
atzb
erei
tsch
aft s
iche
rste
llen
Pers
önlic
he S
iche
rhei
t gew
ährle
iste
n
Sozi
ale
und
kom
mun
ikat
ive
Kom
pete
nzen
Rech
tlich
e Gr
undl
agen
anw
ende
n
Rett
ung
und
Hilfe
leis
tung
en u
mse
tzen
Eige
ne M
obili
tät g
ewäh
rleis
ten
Hand
eln
doku
men
tiere
n
Umgang
mit e
igene
n Res
sourc
en
Berufse
thik u
nd M
ensch
enrec
hte
Ansatz
der b
ürgern
ahen
Polize
i
Method
ische
s Vorg
ehen
anwen
den
Handlungs-kompetenzbereiche
Sicherheitspolizei
Gerichtspolizei
Verkehrspolizei
Dienstleistungen
Abb. 3: Übersicht der beruflichen Handlungskompetenzen
Abbildung 3 bietet eine Übersicht zu den beruflichen Handlungskompetenzen: Problemlösefähigkeiten und Fertigkeiten (s. Anhang) stellen dabei die Vorausset-zung dar, um erfolgreich Handlungskompetenzen aufbauen zu können. Die beruf-lichen Handlungskompetenzen sind Grundlage für die Konkretisierung von Leit-, Richt- und Lernzielen in den Lehrplänen der RAZ und Korps (s. Kap. 5 und 6).
Handlungs- und Kompetenz- orientierung
Vernetzung von Lernbereichen und Lernorten
Berufliche Handlungs-
kompetenzen
Qualifikationsverfahren 2306.19
Ausbildungsplan Polizei
QUALIFIKATIONSVERFAHREN
Die zweijährige Ausbildung zum Erlangen des eidgenössischen Fachaus-weises Polizist/Polizistin umfasst neben den Promotionsanforderungen in den Polizeischulen zwei Qualifikationsverfahren11: Die Prüfung Einsatzfähig-keit (PEF) am Ende der ersten sowie die eidgenössische Berufsprüfung (BP) am Ende der zweiten Ausbildungsphase.
4.1 PRÜFUNG EINSATZFÄHIGKEIT
Um zur Prüfung Einsatzfähigkeit (PEF) zugelassen zu werden, muss der Ler-nende die Polizeischule bestanden (oder eine von der Trägerschaft als gleich-wertig anerkannte Ausbildung absolviert) haben. Bei dieser Prüfung wird fest-gestellt, ob Lernende für den Übergang in die zweite Ausbildungsphase im Stammkorps bereit sind: Die Prüfung12 erhebt also, ob Lernende über die im Qualifikationsprofil festgehaltenen Fertigkeiten, Problemlösefähigkeiten (er-folgskritische Situationen) und beruflichen Handlungskompetenzen verfügen. Das erfolgreiche Bestehen der PEF ist somit Bedingung, um mit der zweiten Ausbildungsphase zu beginnen.
1 Angewandtes und vernetztes Polizeirecht schriftlich
2 Entgegennahme einer Anzeige mündlich
3 Polizeieinsatz praktisch
3.1 Verkehrspolizei
3.2 Sicherheitspolizei
3.3 Kriminalpolizei
4 Erfahrungsnote Polizeischule
Abb. 4: Prüfung Einsatzfähigkeit
Zwei mass-gebende Prüfungen
Bedingung zum Start der zweiten Ausbildungsphase
11 Nähere Informationen zur den beiden hier erwähnten Qualifikationsverfahren (Aufbau, Bestehens-normen, Beurteilungskriterien usw.) sind der PO bzw. der WL BP Polizist/Polizistin zu entnehmen.
12 Prüfungskandidaten/-innen können unter Berücksichtigung der Vorgaben ihre eigenen Unterlagen zur Prüfung mitnehmen.
Qualifikationsverfahren24 06.19
Ausbildungsplan Polizei
4.2 BERUFSPRÜFUNG POLIZIST/POLIZISTIN
Die zweijährige Ausbildung zum/zur Polizisten/-in wird mit der eidgenössi-schen Berufsprüfung (BP) abgeschlossen. In deren Rahmen werden nicht nur Kompetenzen geprüft, von zentraler Bedeutung ist vielmehr das Erfah-rungswissen, das mittels Prüfung sicht- und messbar gemacht werden soll, sowie die Fähigkeit, eigenes Handeln zu reflektieren. Die BP besteht dement-sprechend aus zwei Prüfungsteilen: einem schriftlichen Teil in Form eines vor-gängig zu erstellenden und einzureichenden Portfolioberichts sowie einem 45-minütigen Fachgespräch, das auf dem Portfoliobericht basiert.
Prüfungsposition 1.1 Prüfungsposition 1.2
Schriftliche Prüfung: Bericht Fachgespräch
Überblick über das Erfahrungswissen Präsentation des Berichts(10 min)Verdichtung der Analyse des Erfahrungswissens
Werkschau Praxisaufträge (PA)PA über mind. 2 Handlungskompetenzbereiche
Konkrete Erfahrung Re�ektierter Beobachter
Handlungsalternativen
Kompetenzraster (KR)
Dispositionscheck (DC)
Aktive Anwendung (15 min)Wie habe ich in einer späteren vergleichbarenSituation gehandelt?
- Rückfragen zum Bericht- Erfolgskritische Situationen (vergleichbare Situationen)- Mini-Cases (neue Situationen)
Re�exion (20 min)Wie zeigen sich meine Einstellungen im Alltag?Welches sind meine Stärken/Schwächen?- Fragen zum Dispositionscheck- Fragen zu den Kompetenzrastern
Abb. 5: Berufsprüfung Polizist/Polizistin
Prüfen von Kompetenzen und Erfahrungswissen
Ausbildungsphase 1 2506.19
Ausbildungsplan Polizei
AUSBILDUNGSPHASE 1
5.1 AUFGABEN UND ZIELE
Die Regionalen Ausbildungszentren (RAZ) planen und realisieren die Ausbil-dung in der ersten Phase. Die Ausbildung erfolgt handlungs- und kompetenz-orientiert (s. Kap. 3.2), wobei Kompetenz immer sichtbares Handeln darstellt und im Idealfall einen vollständigen Handlungszyklus umfasst (sich informie-ren, planen, realisieren und evaluieren).
Im Rahmen der ersten Ausbildungsphase hat sich ein Lernprozess bewährt, der drei Schritte umfasst: Aneignen, Festigen und Reflektieren (s. Abb. 6). Das Aneignen erfolgt im vermittelnden Präsenzunterricht und/oder via selbst-organisiertes Lernen. Beim Festigen geht es um das Anwenden und Üben im geschützten Umfeld: Dabei wird zunächst durch Üben die nötige Sicherheit erlangt. Später erleichtern praktische Handlungstrainings den Wissenstrans-fer. Das persönliche Reflektieren ist Teil des Lernprozesses und fördert die Persönlichkeitsentwicklung sowie die Resilienz.
Re�ektieren (Portfolio)
Mein Verhalten
Meine Ziele und Werte
Meine Erkenntnisse
Handlungs-trainings
Selbststudium, digitale Hilfsmittel einsetzen
Vermittelnder Präsenzunterricht
Aneignen
Festigen (Anwenden im
geschützten Rahmen)
Ler
np
roze
ss
Pra
xisb
ezu
g
Kluges Üben
Abb. 6: Vom Vermitteln zum Handeln – schematische Darstellung der Entwicklung des Lernprozesses
Kompetenz durch Handeln sichtbar machen
Bewährter Lernprozess
Ausbildungsphase 126 06.19
Ausbildungsplan Polizei
5.2 RAHMENBEDINGUNGEN
Die erste Ausbildungsphase umfasst als Richtwert 1200 Lektionen (+ / – 10 %) Lernzeit, die als Präsenzunterricht, selbstorganisiertes Lernen oder andere Lehr- und Lernformen realisiert werden kann. Dazu kommen in der ersten Ausbildungsphase korpsspezifische Ausbildungen und Praktika im Stammkorps im Umfang von 9 bis 15 Wochen, die Prüfung Einsatzfähigkeit (PEF, eine Woche) sowie der Ferienanspruch (4 bis 5 Wochen).
Die Ausbildung orientiert sich am Qualifikationsprofil Polizist/Polizistin (s. Abb. 3). In den folgenden Tabellen werden Fertigkeiten, Problemlösefähigkeit und Handlungskompetenzen kurz beschrieben. Die Bandbreite der Lernzeit versteht sich als Rahmen. Abweichungen davon sind von den jeweiligen RAZ oder ihren regionalen Trägerschaften zu begründen.
5.2.1 Fertigkeiten
Kurzbeschreibung Bandbreite Lernzeit
Einsatzbereitschaft sicherstellen
Garantieren bei Dienstantritt ihre Einsatzbereitschaft (Ausrüs-tung, Informationen, Absprachen).
10–20
Persönliche Sicherheit gewährleisten
Setzen die Einsatzmittel und die waffenlosen Techniken sicher, gesetzeskonform und verhältnismässig ein.
150–190
Soziale und kommuni- kative Kompetenz einsetzen
Kommunizieren mit Menschen in verschiedenen Situationen und mit verschiedenen kulturellen Hintergründen sachlich, lösungs-orientiert und deeskalierend.
120–140
Rechtliche Grundlagen anwenden
Wenden die gesetzlichen Grundlagen in ihren Tätigkeiten korrekt an.
170–210
Rettung und Hilfe-leistung erbringen
Leisten erste Hilfe und lebensrettende Massnahmen an Land und am Wasser bis zum Eintreffen der Sanität.
40–50
Eigene Mobilität gewährleisten
Verhalten sich im Strassenverkehr sicher und vorbildlich. 20–70
Handeln dokumentieren Verfassen vollständige und korrekte Rapporte. 50–60
Total 560–740
Umfang der ersten Ausbildungsphase
Ausbildungsphase 1 2706.19
Ausbildungsplan Polizei
5.2.2 Problemlösefähigkeiten
Kurzbeschreibung Bandbreite Lernzeit
Methodisches Vor-gehen anwenden
Verschaffen sich bei Ereignissen einen Überblick und wenden den Führungsrhythmus stufengerecht an.
20–30
Bürgernahe Polizei umsetzen
Handeln bürgernah, nehmen die Anliegen der Bevölkerung auf und behandeln diese lösungsorientiert.
30–40
Berufsethik und Menschenrechte
Respektieren die Menschenrechte und leben Integrität, Loyalität und Vorbildlichkeit vor.
30–40
Umgang mit eigenen Ressourcen
Sorgen für ihren persönlichen Ausgleich sowie ihre psychische und physische Gesundheit.
70–90
Total 150–200
5.2.3 Handlungskompetenzen
Kurzbeschreibung Bandbreite Lernzeit
Sicherheitspolizeiliche Interventionen
Patrouillieren zu Fuss oder im Streifenwagen im Einsatzgebiet oder nach Vorgaben und sind sensibilisiert für verdächtige res-pektive auffällige Situationen.
130–160
Führen Personen- und Fahrzeugkontrollen gemäss den gesetz-lichen Grundlagen taktisch richtig und verhältnismässig durch.
Intervenieren im Falle von Alarmen und ausserordentlichen Be-drohungslagen.
Führen Bewachungs-, Sicherungs- und Überwachungsaufgaben taktisch richtig durch.
Beteiligen sich an Vermisstensuchen.
Leisten friedlichen und unfriedlichen Ordnungsdienst, versehen ihre Rolle bei der Auftragserfüllung, handeln im Rahmen der Gruppe korrekt, setzen ihre Einsatzmittel verhältnismässig ein.
Intervenieren bei häuslicher Gewalt, erfassen die Sachlage und beruhigen die Situation.
Gerichtspolizeiliche Interventionen
Tätigen die Anhaltung von Personen, nehmen vorläufige Fest-nahmen/Polizeigewahrsam vor.
130–160
Wirken bei Hausdurchsuchungen mit.
Erkennen Spuren, Sachbeweise, digitale Geräte und Datenträger und stellen diese sicher oder schützen sie bis zum Eintreffen der Fachleute.
Führen Einvernahmen durch, nehmen Aussagen auf und ver-fügen über die Grundkompetenzen digitaler Ermittlung.
Ausbildungsphase 128 06.19
Ausbildungsplan Polizei
Verkehrspolizeiliche Interventionen
Lenken bei Unfällen, Kontrollen, Umleitungen oder anderen Er-eignissen den Verkehr nach den Grundsätzen der Verkehrszei-chengebung und unter Berücksichtigung der eigenen Sicherheit.
80–90
Erkennen und ahnden Verkehrsregelverletzungen im ruhenden Verkehr mit Ordnungsbussen und Verzeigungen.
Kontrollieren den fliessenden Verkehr selbstständig oder arbei-ten im Rahmen von organisierten Kontrollen mit.
Sichern bei Verkehrsunfällen die Unfallstelle, ergreifen Sofort-massnahmen, nehmen den Sachverhalt auf und rapportieren korrekt.
Dienstleistungen Nehmen Anzeigen entgegen und Sachverhalte auf, klären die Rechtsgrundlage und die Zuständigkeit ab und ergreifen Sofort-massnahmen, um weitere Gefahren abzuwenden.
10–30
Leisten stufengerecht Amts- und Vollzugshilfe im Zusammen-hang mit anderen Amtsstellen.
Bearbeiten Fund- und Verlustmeldungen.
Überbringen gemeinsam mit erfahrenen Kollegen Todesnach-richten und verhalten sich gegenüber den Angehörigen respekt-voll und empathisch.
Total 350–440
Tab. 1: Fertigkeiten, Problemlösefähigkeiten und Handlungskompetenzen inkl. Anzahl Lektionen in Phase 1
Die polizeiliche Grundausbildung in der ersten Phase findet zu einem be-trächtlichen Teil ausserhalb der Schulzimmer statt (Übungsgelände, Dojo, Schiessplatz, Sportanlage usw.). Die Ausbildung ist praxis- und kompetenz-orientiert. Gleichzeitig wird in der ersten Ausbildungsphase auch ein solides Fundament für die nachhaltige und langfristige Berufstätigkeit bei der Polizei gelegt. Dieses Fundament versteht sich in Bezug auf Wissen, Können und Handeln, Haltung und Einstellung zum Beruf sowie zur lebenslangen Lern-bereitschaft. Darauf bauen die zweite Ausbildungsphase sowie Training und Weiterbildung in den Korps auf.
Zur Umsetzung der quantitativen Zielvorgaben (WAS) eignet sich in der ers-ten Ausbildungsphase ein Methodenmix. Dieser lässt den Ausbildern/-innen Freiheiten bei der Umsetzung (WIE), was die Qualität der Ausbildung fördert. Dies kommt auch den individuellen Lernwegen der Lernenden entgegen. Die einzelnen Methoden sind nicht für alle Lernenden gleich wirksam.
Ausbildungsphase 2 2906.19
Ausbildungsplan Polizei
AUSBILDUNGSPHASE 2
Die zweite Ausbildungsphase (s. Abb. 7) beginnt nach erfolgreich absolvierter Prüfung Einsatzfähigkeit (PEF), umfasst rund ein Jahr und findet im jeweiligen Stammkorps statt. Die Korps sind dabei für die Planung und Realisierung der zweiten Phase zuständig, die sich inhaltlich ebenfalls am Qualifikationsprofil Polizist/Polizistin orientiert. Dabei kann sich die Dauer der einzelnen Phasen korpsspezifisch unterscheiden.
In der zweiten Ausbildungsphase werden die Lernenden von Praxisbeglei-tern/-innen und Mentoren/-innen begleitet (s. Kap. 6.3). Diese stehen ihnen betreuend und beratend zur Seite, vornehmlich im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Praxisinstrumente (s. Kap. 6.2).
1. Au
sbild
ungs
-ph
ase P
rakt
ikum Einführung
PortfolioberichtPraxisaufträge Berufsprüfung
Kompetenzraster (Selbstevaluation und Fremdevaluation)
Dispocheck (Selbstevaluation)
Kompetenzraster(Selbstevaluation obligatorisch / Fremdevaluation freiwillig)
2. A
usbi
ldun
gsph
ase
Korpsspezi�-sche Einführungin dieInstrumenteund dieAusbildung
PersönlichesGespräch
Beurteilung
Phase 2.1Instruktion
Phase 2.2Aufbau Praxis-Know-how (Wiederholung pro Tätigkeitsfeld)
Phase 2.3Erfahrungswissen konsolidieren
Phase 2.4Prüfung
Korpsspezi�scheSchulungen
Enge Begleitung der Lernenden bei Instruktion und im ersten Tätigkeitsfeld
Steuerung des Kompetenzaufbaus durch Lernende
Simulations-training nachBedarf
Einführungs-gespräch
Zwischengespräch(1. Durchlauf)
Berurteilungs-gespräch
PersönlichesGespräch
PräsentationPortfolio(optional)
Abschluss-gesprächMentoring
Gespräch auf Wunsch
Abb. 7: Ausbildungsverlauf und Mentoring-Leistungen der zweiten Ausbildungsphase
Ausbildung im Stammkorps
Praxis-Know-how aufbauen und konsolidieren
Ausbildungsphase 230 06.19
Ausbildungsplan Polizei
6.1 AUFGABEN UND ZIELE
Die Polizisten/-innen werden in einem ersten Schritt in ihr Korps eingeführt. Dies wird individuell umgesetzt und ist von Korps zu Korps verschieden, weshalb man davon absieht, dies in standardisierender Weise abzubilden.
Ziel in Phase 2 ist es in erster Linie, den Lernenden den Erwerb sowie die Festigung von Praxis-Know-how zu ermöglichen. Dabei geben die Praxisinstrumente (s. Kap. 6.2) die allgemeine Stossrichtung vor: Die Ins-trumente dienen als Hilfsmittel und begleiten den Lernprozess über die gesamte zweite Phase hinweg. Alle Lernleistungen werden schliess-lich in Form eines schriftlichen Portfolioberichts gebündelt. Dieser prä-sentiert das in der zweiten Ausbildungsphase gesammelte Know-how– darunter auch den Grad der Reflexionsfähigkeit – und dient als Grundlage für das Fachgespräch der eidgenössischen Berufsprüfung (BP).
6.2 DAS PORTFOLIO: DIE PRAXISINSTRUMENTE
Als Portfolio werden «die gesammelten Werke» bezeichnet, also die Gesamt-heit aller Praxisinstrumente, die von den Lernenden in der zweiten Ausbil-dungsphase be- resp. erarbeitet werden. Das Portfolio dient gleichsam als Quellenmaterial für den anlässlich der BP zu erstellenden Portfoliobericht.
6.2.1 Praxisaufträge
Im Zuge des Aufbaus von Praxis-Know-how führen Lernende selbstverant-wortlich (besonders mit Blick auf das Zeitmanagement) sogenannte Praxis-aufträge (PA) durch: Diese unterstützen die bewusste Auseinandersetzung mit zentralen Aufgaben des Polizeialltags und fördern gleichzeitig die Refle-xion über das eigene Handeln. Die Erkenntnisse aus den Fremdbeurteilungen des PA dienen zum Abgleich mit den Selbsteinschätzungen.
6.2.2 Kompetenzraster
Mittels Kompetenzraster (KR) werden persönliche Kompetenzen einer Selbst-beurteilung unterzogen, d. h. die Lernenden nehmen unter Zuhilfenahme des KR eine Standortbestimmung ihrer beruflichen Handlungskompetenzen vor (orientiert am Qualifikationsprofil). Pro Handlungskompetenzbereich, der via PA behandelt wird, gilt es, ein KR zu erarbeiten. Auch hier dienen Fremdbe-urteilungen dazu, die eigene Sichtweise im Abgleich mit einer Zweitmeinung einzuordnen. Das KR stellt insofern keine Prüfung dar: Lernende wie Betreu-er/-innen profitieren von einer möglichst ehrlichen Einschätzung der eigenen Kompetenzen.
Portfoliobericht
Begleitung
Reflexion des eigenen Handelns
Reflexion von Stärken und Schwächen
Ausbildungsphase 2 3106.19
Ausbildungsplan Polizei
6.2.3 Dispositionscheck
Neben Fähigkeiten und Fertigkeiten sind für Polizisten/-innen auch Einstel-lungen und Haltungen von zentraler Bedeutung. Der Dispositionscheck (DC) macht diese gezielt sichtbar, indem sich die Lernenden ganz bewusst mit ihrer persönlichen Haltung und ihrer Motivation auseinandersetzen. Dies ge-schieht anhand eines Fragebogens, der anhand von Skalen mit jeweils zwei Extrempolen darstellt, wo sich der/die Lernende befindet. «Richtige» oder «falsche» Antworten existieren dabei nicht. Der DC wird gegen Ende von Phase 2 noch vor der Berichterarbeitung erstellt; die Auseinandersetzung mit dem Ergebnis fliesst zwar in den Portfoliobericht mit ein, das Resultat des DC an sich wird aber nicht beurteilt.
6.3 DAS MENTORING IN PHASE 2
In Phase 2 liegt die Verantwortung für die Begleitung der Lernenden bei den Stammkorps. Sie wird von Praxisbegleitern/-innen und Mentoren/-innen wahrgenommen.
6.3.1 Praxisbegleiter/-in
Praxisbegleiter/-innen stehen den Lernenden am nächsten und übernehmen daher auch umfangreiche Aufgaben: Sie unterstützen diese gezielt beim Er-werb der Kompetenzen in den Tätigkeitsgebieten, indem sie Instruktionen erteilen, Rückmeldungen zu PA geben und mit Hilfe von Einführungs- und Zwischengesprächen beratend zur Seite stehen.
6.3.2 Mentor/-in
Mentoren/-innen kommt die Rolle von Prozessbegleitern/-innen zu, d. h. sie stellen die Begleitung der Lernenden über die gesamte Ausbildungsdauer im Stammkorps sicher und sind schon im Rahmen des Einführungspraktikums als Kontaktperson tätig. Bei inhaltlichen oder organisatorischen Fragen so-wie bei etwaigen Schwierigkeiten im Lernprozess während Phase 2 sind sie die zentrale Anlaufstelle. Ausserdem unterstützen sie die Lernenden situativ bei der Vorbereitung auf die BP, indem sie beispielweise Schwierigkeiten erkennen und gezielte Fördermassnahmen einleiten. Es sind auch die Men-toren/-innen, die den Gesamtüberblick über den Verlauf der Ausbildung im Stammkorps haben.
Praxisbegeleiter/ -in: Nah dran am Geschehen
Mentor/-in: Anlaufstelle bei Schwierigkeiten
Betreuung durch MA Stammkorps
Reflexion eigener Einstellungen
Glossar 3306.19
Ausbildungsplan Polizei
GLOSSAR
Berufsbild Das Berufsbild ist eine kompakte Beschreibung des Berufes (1–1,5 A4-Seiten) und um-schreibt das Arbeitsgebiet (Zielgruppen, Ansprechpartner, Kunden/-innen), die wichtigs-ten beruflichen Handlungskompetenzen oder Leistungskriterien sowie die Anforderungen an die Berufsausübung der Berufsleute (Eigenständigkeit, Kreativität/Innovation, Ar-beitsumfeld, Arbeitsbedingungen). Weiter wird der Beitrag des Berufs an die wirtschaft-liche, soziale, gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit beschrieben. Das Berufs-bild ist Teil der Prüfungsordnung (PO; obligatorisch) und Wegleitung (WL; fakultativ).
Bildungs- politisches Gesamtkonzept (BGK) 2020
Dahinter steht die Absicht der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), die polizeiliche Aus- und Weiterbildung weiterzuentwickeln und den heutigen Anforderungen anzupassen. Bis zum Jahr 2020 soll das Bildungspolitische Gesamtkonzept umgesetzt werden.
Eidgenössischer Fachausweis (EFA)
Abschluss einer eidgenössischen Berufsprüfung
ErfolgskritischeSituationen
Erfolgskritische Situationen sind eine Prüfungsform. Eine erfolgskritische Situation be-schreibt eine arbeitsplatzrelevante Situation, die durch ausgewählte Kompetenzen gelöst werden kann. Den Kandidaten/-innen wird eine Praxissituation präsentiert, anhand derer sie ihr konkretes Vorgehen beschreiben.
Ethikkodex (oder: Verhaltens- kodex)
Ein Ethikkodex (Verhaltenskodex) ist ein systematisch zusammengestellter Regel- und Richtlinienkatalog mit Empfehlungen, welches Verhalten bezogen auf Dilemma-Situatio-nen angewandt werden soll. Er ist das Resultat eines gemeinsamen Verständnisses und beschreibt Beispiele für vorbildliches Verhalten. Zahlreiche Polizeikorps verfügen über eigene Ethikkodizes oder ähnliche Dokumente wie Leitbilder oder ethische Richtlinien.
Fachgespräch Das Fachgespräch ist eine Prüfungsform, bei der sich die Kandidaten/-innen mit ei-nem/-r Experten/-in zu einem fachlichen Thema unterhalten. Sie zeigen in diesem Ge-spräch, dass sie über ein Verständnis im Fachgebiet verfügen und in der Lage sind, zu argumentieren, zu reflektieren und in Alternativen zu denken.
Fertigkeiten Fachliche Kompetenzen, die zusammen mit den Problemlösefähigkeiten die Basis bilden, um berufliche Handlungskompetenzen aufbauen zu können.
(Berufliche) Handlungs- kompetenz
Kompetenz ist eine Disposition, die Personen befähigt, bestimmte Arten von Problemen erfolgreich zu lösen, also konkrete Anforderungssituationen eines bestimmten Typs zu bewältigen. Die berufliche Handlungskompetenz ist die Fähigkeit einer Person, eine berufliche Tätigkeit erfolgreich auszuüben, indem sie ihre eigenen Selbst-, Methoden-, Fach- und Sozialkompetenzen nutzt.
Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD)
Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) sorgt auf politischer Ebene für die Koordination der Zusammenarbeit unter den Kantonen und mit dem Bund in den Bereichen «Polizei», «Justiz», «Strafvollzug» und «Migration». Der KKJPD gehören alle für die Bereiche «Sicherheit», «Polizei» und «Justiz» zuständigen Regierungsräte/-innen an.
Glossar34 06.19
Ausbildungsplan Polizei
Konferenz der Kantonalen Polizei-kommandanten (KKPKS)
Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) ist sozusagen das «Exekutivorgan» der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD). Im Rahmen der operativen Umsetzung der vorgegebenen politi-schen Ziele hat sie den Lead in allen wesentlichen Polizeifragen und setzt sich für eine optimale Zusammenarbeit zwischen den Kantonen, den Städten und dem Bund ein.
Kompetenz- orientierung
Unter Kompetenzorientierung versteht man die konzeptionelle Ausgestaltung von eid-genössischen Abschlüssen bzw. Ausbildungsangeboten, welche sich an den berufli-chen Handlungskompetenzen orientieren. Es sollen nicht nur Fakten beherrscht werden, sondern die Berufsleute sollen ihr Wissen in Anwendungssituationen einsetzen können, wenn die Aufgabenstellungen ungewohnt, die Probleme schlecht definiert, eine Zu-sammenarbeit mit anderen Personen notwendig und eine grosse Eigenverantwortung erforderlich ist.
Lehrverbund Regionale Ausbildungszentren (RAZ) und Polizeikorps sind die beiden Lernorte, an denen die zweijährige Ausbildung stattfindet: Gemeinsam bilden sie einen Lehrverbund.
Organisationen der Arbeitswelt (OdA)
Als Organisationen der Arbeitswelt (OdA) gelten Sozialpartner, Berufsverbände, andere zuständige Organisationen und andere Anbieter der Berufsbildung. Rein schulisch aus-gerichtete Organisationen sind keine OdA. Die OdA bilden alleine oder zusammen mit anderen OdA die Trägerschaft für eidgenössische Prüfungen.
Polizeilicher Grundauftrag
Der polizeiliche Grundauftrag leitet sich von der Bundesverfassung (BV), der Schweizeri-schen Strafprozessordnung (StPO) und den kantonalen Polizeigesetzen ab und umfasst die Gesamtheit der staatlichen Tätigkeiten zur Abwehr von Gefährdungen und Beseiti-gung von Störungen der Polizeigüter (z. B. öffentlichen Sicherheit und Ordnung) (Art. 57 BV, Art. 15 StPO).
Portfoliobericht Der Portfoliobericht ist eine Prüfungsform. Die Kandidaten/-innen analysieren und re-flektieren ihre eigene berufliche Praxis und dokumentieren ihr Erfahrungswissen in einem schriftlichen Bericht als Grundlage für das Fachgespräch der Berufsprüfung.
Problemlöse- fähigkeiten
Überfachliche Kompetenzen, die für die erfolgreiche Alltagsbewältigung unabdingbar sind und zusammen mit den Fertigkeiten die Basis bilden, um berufliche Handlungskom-petenzen aufbauen zu können.
Prüfungs- ordnung (PO)
Die Prüfungsordnung (PO) ist das rechtssetzende Dokument für eine eidgenössische Berufs- oder höhere Fachprüfung. Sie wird auf der Basis des Leittextes verfasst. Die PO muss durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ge-nehmigt werden.
Reflexion (oder: ethische Urteilsfindung)
Überlegungen zwecks Entscheidungsfindung in einer Dilemma-Situation. Die Reflexion hilft dabei, sicherzustellen, dass polizeiliches Handeln nicht nur rechtmässig, sondern auch legitim ist. Ethische Überlegungen stützen sich auf persönliche Werte, Werte der Gesellschaft und Werte der Institution (MRBE, S. 111 ff.).
Regionale Ausbildungs-zentren (RAZ)
In der Schweiz sorgen regionale Ausbildungszentren (RAZ) dafür, dass zukünftige Poli-zisten/-innen mit den nötigen Kompetenzen ausgestattet werden, um im Praxisalltag zu bestehen und die zweite Phase der Ausbildung in Angriff nehmen zu können.
Schweizerisches Polizei-Institut (SPI)
Das Schweizerische Polizei-Institut (SPI) koordiniert Inhalte, Methoden und Didaktik und gewährleistet so die Qualität und die Unité de doctrine der Polizeiausbildung. Es garantiert – im Sinne einer ständigen qualitativen Entwicklung – eine einheitliche Grund-ausbildung, deren Fortsetzung in der Weiterbildung sowie die Einheitlichkeit der eid-genössischen Prüfungen.
Glossar 3506.19
Ausbildungsplan Polizei
Staats- sekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI)
Das Staatsekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ist die Bundesbehör-de, welche Prüfungsordnungen genehmigt und die Aufsicht über die eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen ausübt. Weitere Informationen unter www.sbfi.admin.ch.
Stammkorps Aspiranten/-innen bewerben sich vor Antritt der Ausbildung bei einem Polizeikorps, das im Zuge des Selektionsverfahrens einen Entscheid trifft. Bei positivem Entscheid werden die Aspiranten/-innen noch vor Ausbildungsbeginn vom Korps angestellt. Dabei handelt es sich für die gesamte Dauer der zweijährigen Ausbildung um ihr Stammkorps, das mit-unter bereits während der Ausbildung die volle Besoldung gewährleistet.
Trägerschaft Die Trägerschaft ist zuständig für die Entwicklung, Verteilung und regelmässige Aktua-lisierung der Prüfungsordnung (PO) und der Wegleitung (WL). Weiter ist sie zuständig für das Aufgebot und die Durchführung der eidgenössischen Prüfung. Die Trägerschaft setzt sich aus einer oder mehreren Organisationen der Arbeitswelt (OdA) zusammen und ist in der Regel gesamtschweizerisch und landesweit tätig.
Unité de doctrine Die Unité de doctrine steht für national einheitliche Standards im Bereich der polizei-lichen Ausbildung, was dem Kernauftrag des SPI entspricht: Etwa via Lehrmittel werden den Lernenden national harmonisierte Inhalte, Vorgaben oder Techniken vermittelt, wo-durch ein schweizweit homogener Ausbildungsstand gewährleistet wird.
Wegleitung (WL) Die Wegleitung (WL) enthält weiterführende Informationen zur Prüfungsordnung (PO). Sie wird von der Prüfungskommission bzw. der Qualitätssicherungskommission oder von der Trägerschaft erlassen. Sie soll unter anderem dazu dienen, den Kandidaten/-innen die PO näher zu erklären. Im Gegensatz zur PO enthält die WL keine rechtssetzenden Bestimmungen. Die Beurteilungskriterien (bzw. die Leistungskriterien) für die einzelnen Prüfungsteile müssen festgelegt sein.
Zwangs- massnahmen
In die Freiheit des Einzelnen eingreifende Massnahme, die von der Polizei ergriffen wird, um die zur Erforschung der Wahrheit erforderlichen Beweise zu beschaffen und zu er-halten sowie die Durchführung des Strafprozesses und den späteren Vollzug des Urteils sicherzustellen (Art. 196 StPO).
Bibliografie 3706.19
Ausbildungsplan Polizei
BIBLIOGRAFIE
8.1 NORMATIVE GRUNDLAGEN: GESETZE, VERORDNUNGEN UND REGLEMENTE
Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) vom 13. Dezember 2002.
Conseil cantonal [vaudois] de la sécurité (2013), Code de déontologie de l’organisation policière vaudoise du 1er mars 2013. Verfügbar unter: http://www.lausanne.ch/lausanne-officielle/administration/securi-te-et-economie/police-de-lausanne/la-police/la-police-c-est-aussi/une-philosophie-de-travail/deontolgie/mainArea/00/links/0/link-Binary/CodeDeontologieOrganisationPoliciereVaudoise.pdf
Europarat (2001), Europäischer Kodex für die Polizeiethik: Empfehlung Rec (2001)10 des Ministerkomitees des Europarates vom 19. September 2001. Verfügbar unter: https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/Di-splayDCTMContent?documentId=09000016804d79ed
Kantonspolizei Zürich (2017), Leitbild der Kantonspolizei Zürich, Zürich: Kan-tonspolizei Zürich. Verfügbar unter: https://www.kapo.zh.ch/internet/sicherheitsdirektion/kapo/de/ue-ber_uns/_jcr_content/contentPar/morethemes/morethemesitems/unsere_werte.spooler.download.1487338143787.pdf/leitbild.pdf
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grund-freiheiten (EMRK) vom 4. November 1974.
Prüfungsordnung über die Berufsprüfung für Polizist / Polizis-tin vom 1. November 2019 (PO BP Polizist/Polizistin).
Schweizerische Bundesverfassung (BV) vom 18. April 1999.
Schweizerische Strafprozessordnung (StPO) vom 5. Oktober 2007.
Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI (2017): Bil-dungssystem Schweiz. Verfügbar unter: https://www.sbfi.admin.ch/dam/sbfi/de/dokumen-te/2017/04/Berufsbildungssystem_2017.pdf.down-load.pdf/DE_Bildungssystem_cmyk_frutiger.pdf
Vereinte Nationen (1979), Verhaltenskodex der UNO für Beam-te mit Polizeibefugnissen vom 17. Dezember 1979.
Verordnung über die Berufsbildung (BBV) vom 19. November 2003.
Wegleitung zur Prüfungsordnung über die Berufsprüfung für Polizist / Polizistin vom 1. November 2019 (WL BP Polizist/Polizistin).
Bibliografie38 06.19
Ausbildungsplan Polizei
8.2 SEKUNDÄRLITERATUR
Bundesministerium für Inneres [Österreich], Sicherheitsakademie SIAK [ohne Datum], Sicher mit Bildung – Perspektiven. Werte. Kompeten-zen: Leitbild zur modernen Polizeiausbildung, Wien: SIAK. Verfügbar unter: https://www.bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx
Heyse, V. (2010): «Verfahren zur Kompetenzermittlung und Kompetenz-entwicklung». KODE® im Praxistest. In: V. Heyse, J. Erpenbeck, S. Ortmann (Hg.), Grundstrukturen menschlicher Kompetenzen. Praxis-erprobte Konzepte und Instrumente (S. 55–173). Waxmann: Münster.
Meyer, H. (2016): Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen.
Schweizerisches Polizei-Institut (2015): Droits de l’homme et éthique professionnelle (DHEP), 2. überarb. Aufl., Neuchâtel: Verlag SPI.
Schweizerisches Polizei-Institut (2017): Reglement – Führung im Polizeieinsatz (FIP), 1. Aufl., Neuchâtel: Verlag SPI.
Schweizerisches Polizei-Institut (2012): Menschenrechte und Be-rufsethik (MRBE), 3. Aufl., Neuchâtel: Verlag SPI.
Anhang 3906.19
Ausbildungsplan Polizei
ANHANGB
eru
flic
he
Han
dlu
ng
sko
mp
eten
zen
5– 1
0
B5. R
ettu
ng u
nd
Hilfe
leis
tung
en
umse
tzen
C5. B
ewac
hung
s-
und
Über
wa-
chun
gsau
fgab
en
durc
hfüh
ren
D5. S
pure
n un
d Sa
chbe
-w
eise
sic
hern
Über
sich
t übe
r die
ber
uflic
hen
Hand
lung
skom
pete
nzen
Pol
izist
in /
Poliz
ist m
it ei
dg. F
acha
usw
eis
4– 9
A4. U
mga
ng m
it de
n ei
gene
n Re
ssou
rcen
sic
hers
telle
n
B4. R
echt
-lic
he G
rund
lage
n an
wen
den
C4. B
ei h
äus-
liche
r Gew
alt
inte
rven
iere
n
D4. B
ei H
aus-
durc
hsuc
hung
en
mitw
irken
E4. V
erke
hrsl
en-
kung
aus
führ
en
3– 8
A3. B
eruf
seth
ik u
nd
Men
sche
nrec
hte
resp
ektie
ren
B3. S
ozia
le u
nd
kom
mun
ikat
ive K
om-
pete
nzen
ein
setz
en
C3. O
rdnu
ngs-
dien
st a
usüb
en
D3. E
rmitt
lung
en
durc
hfüh
ren
E3. V
erke
hrsu
n-fä
lle a
ufne
hmen
F3. T
odes
nach
rich-
ten
über
brin
gen
2–7
A2. A
nsat
z de
r bü
rger
nahe
n Po
lizei
um
setz
en
B2. P
ersö
n-lic
he S
iche
rhei
t ge
wäh
rleis
ten
B7. H
ande
ln
doku
men
tiere
n
C2. I
m F
alle
vo
n Al
arm
en
inte
r-ve
nier
en
C7. A
nhal
tung
von
Pe
rson
en tä
tigen
D2. V
orlä
ufige
Fe
stna
hme
/ Pol
i-ze
igew
ahrs
am v
on
Pers
onen
tätig
en
E2. F
liess
en-
der V
erke
hr
kont
rollie
ren
F2. F
und-
und
Ve
rlust
mel
dung
en
bear
beite
n (T
iere
, Ge
gens
tänd
e us
w.)
1–6
A1. M
etho
di-
sche
s Vo
rgeh
en
anw
ende
n
B1. E
insa
tzbe
reit-
scha
ft si
cher
stel
len
B6. M
obilit
ät
gew
ährle
iste
n
C1. P
atro
uille
n-tä
tigke
it um
setz
en
C6. S
ich
an
Verm
isst
ensu
-ch
e be
teilig
en
D1. A
nzei
ge e
nt-
gege
nneh
men
E1. V
erke
hrsü
bertr
e-tu
ngen
im ru
hend
en
Verk
ehr a
hnde
n
F1. A
mts
- un
d Vo
llzug
shilf
e le
iste
n
Han
dlu
ng
sko
m-
pet
enzb
erei
che
Prob
lem
löse
fähi
gkei
ten
Fert
igke
iten
Sich
erhe
itspo
lizei
Geric
htsp
olize
i
Verk
ehrs
poliz
ei
Dien
stle
istu
ngen
A B C D E F
Schweizerisches Polizei-InstitutAvenue du Vignoble 3CH-2000 NeuchâtelTel. 032 723 81 [email protected]