beiträge zur lehre vom glaukom

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Beitrtige zur Lehre vom (]laukom. Experimentelle Ul~,ersuchung aus dem Laboratorium Yon Professor Leber zu Heidelberg. Yon Dr. W. Koster Gzn. aus Utrecht. Hierzu Tar. I--1I, Fig. 1--8 und 2 Figuren im Text. I. Ueber die Folgen der Unterbindung der Venae vorticosae beim Kaninchen. Bei einer kritischen Betrachtung der verschiedenen Glaukomtheorieen stossen wh" Iloch immer auf viele Fragen, worauf die klinische Beobaehtung keine gentigende Antwort zu geben vermag~ welche aber ~,ielleicht durch Versuche am Thierauge der Ltisung einen Schritt nigher gebraeht werden kOnnen. Zu diesen unentsehiedenen Streitfragen ist aueh der Einfluss des totalen oder pal4iellen Yerschlusses der ¥ortexvenen zu reehnen~ auf Anregung des Herrn Professor Leber habe ich deshalb eine Reihe yon Ex- perimenten dariiber angestellt~ dutch welche ich jetzt im Stande zu sein glaub% diese wichtige Frage wenigstens annhhernd zu beantworten. Die Unterbindung der Vortexvenen ist schon mehr- reals vorgenommen worden~ theilweise mit Bezug auf die Lehre yore Glaukom, theilweise zu anderen Zwecken. Allein

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Page 1: Beiträge zur Lehre vom Glaukom

Beitrtige zur Lehre vom (]laukom.

Experimentelle Ul~,ersuchung aus dem Laboratorium Yon Professor L e b e r zu Heidelberg.

Yon

Dr. W. K o s t e r Gzn. aus Utrecht.

Hierzu Tar. I--1I, Fig. 1--8 und 2 Figuren im Text.

I.

Ueber die Folgen der Unterbindung der Venae vorticosae be im Kaninchen.

Bei einer kritischen Betrachtung der verschiedenen Glaukomtheorieen stossen wh" Iloch immer auf viele Fragen, worauf die klinische Beobaehtung keine gentigende Antwort zu geben vermag~ welche aber ~,ielleicht durch Versuche am Thierauge der Ltisung einen Schritt nigher gebraeht werden kOnnen. Zu diesen unentsehiedenen Streitfragen ist aueh der Einfluss des totalen oder pal4iellen Yerschlusses der ¥ortexvenen zu reehnen~ auf Anregung des Herrn Professor L e b e r habe ich deshalb eine Reihe yon Ex- perimenten dariiber angestellt~ dutch welche ich jetzt im Stande zu sein glaub% diese wichtige Frage wenigstens annhhernd zu beantworten.

Die Unterbindung der Vortexvenen ist schon mehr- reals vorgenommen worden~ theilweise mit Bezug auf die Lehre yore Glaukom, theilweise zu anderen Zwecken. Allein

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viele Versuche fielen noch in eine Zeit, wo sehr oi~ sep-

tische Processe d~s Kr~nkheitsbild complicirten, und ausser- dem erstreckte sich die Beobachtung iiber vieI zu kurze Zelt, als d~ss man fiber die wesentlichen Folgen der Unter- bindung sich ein klares Urtheil hfitte bilden k5nnen.

In der Literatur finde ich folgende Beobaehtungen

dariiber mitgetheilt:

Th. Leber 1) unterband beim Kaninchen s~tmmtliche Venae vol~ieosae und thnd~ dass danach der Augendruck bis 41 - -51 mm Hg stieg. Der Zweck der Unterbindung wm 3 zu beobachten~ ob bei dem gesteigerten Augendruck Filtration durch die Hornhaut hindurch stattf~inde. Ueber die weiteren Folgen der Unterbindung meldet Leber , (lass nicht nur eine enorm starke ven~ise It)Tel: aemie der Iris und Aderhaut auftrat~ sondcrn dass das Gewebe 5tst gleichmiissig von roflmn BlutkSrperchen durchsetzt wurde, welche dm'ch die Gei~Xsswandungen hindurch getreten warem Ausserdem wurden Blutanifftuthngen an der Obel~t~iche yon Iris und Ciliarfortsatzen wahrgenommen, welche augenscheinlich durch Zen'eissung kleinerer Gef~sse zu Stande gekommen waren. Auch in der vorderen Kammer sammelte sich Blut an.

Bei Unterbindung einer oder einiger Wirbelvenen beschr~tnkte sich die Stauung ganz seharf auI den Theil der Iris und die- jenigen CiliarfortsStze~ welche diesen genen entspracben. Trotz des Circulus venosus ttovii~ welcher dicht hinter dem Ciliar- muskel die collaterale Verbindung des" (let~Sssgebiete der Veuae vorticosae verrnittelt~ hielt diese locale Hyperaemie drei Tage an~ um am viel~en Tag vSllig zu versehwinden~ wie besonders schSn bei albimstischen Kmfinchen wahrgenommen werden konnte. Ein Oedem der Bindelmut~ welches ebenfalls aufgetreten war~ ver- schwand wi~hrend derselben Zeit. Nur die vorderen Ciliarvenen blieben an dem entsprechenden Theil des Bulbus noch stark aus- gedehnt.

Ad. Weber 2) unternahm die Unterbindung der vier Venae

~) Th. Leber, Studien fiber den Flfissigkeitswechsel {m Auge. v. Graefe's Archly XIX., 2. S. 141. 1873. Th. Leber, Die Circu- lations- und ErnahrungsverhMtnisse des Auges. In Graefe und S,~emisch's Handb. tier Augenh. Bd. II. Th. 2. S. 356.

'~) Adolf Weber, Die Ursache des Glaukoms. v. Graefe's Archly XXIII. 1. 1877.

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vorticosae, um zu erforscben, ob in dem Versdduss oder in der Verengerung dieser Gefasse die Ursaebe des Glaukoms zu sudden sei. Er beobaehtete beim Kaninehen, naehdem diese Venen unter- bunden waren, sehnelle Drucksteigerung, Anlegen des peripheren Irisrandes an die Cornea, Blntung in die vordere Kammer, Prominenz und Ausdehnung des Bulbus. Die Hornhaut behielt ihr Geftihl. Naeb 2 bis 3 Tagen hatte sieb ein perieornealer Ge/iisskranz und leichte Chemosis ausgebildet. Naeh 5 Tagen hatte (lie Corneabreite yon 12 (am gesunden Auge) his 12,75 mm zugenommen. Die Prominenz und Spannung des Bulbus nahmen jetzt ab; das Blnt in der vorderen Kammer wurde resorbirt, und es zeig~ sieh Eiter in der Pupille. Diesel" letztere wurde resorbirt und es land sidt dann eine ausgebreitete GlaskSrper- eiterung.

Sehoe l e r ~) kam bei seinen Versudlen iiber Sehliessung der Wirbelvenen beim Kaninehen zu ganz anderen Resultaten. Wurden diese Venen dul'dl Ligaturen ~-ersehlossen, so wurde nur eine Drueksteigerung yon im Mittet 2 mm t tg beobachtet, und der Druek sank bald anf den Xusgangspunkt zurtiek. Wur- den hingegen die Vortexvenen~ do~ wo sie aus der Sklera treten, dutch das Gliiheisen versehlossen, so trat eine Drnckerh~hung yon 18 mm Hg auf; aueh hier eriblgte baldiges Absinken oder Stillstand. S e h o e l e r thsst die Druekerh(ihung im zweiten Falle auf als Folge tier Contraction des Skteralgewebes dutch die locale Verbrennung. Als Beweis daiiir giebt er an, dass naeh 25 Min. der Druck nut noch nm 3 ram Hg erhSht war.

Auch die DruekhShe, welehe beim Kanincben erforderlid~ ist~ um den Ausfluss aus den Wirbelvenen zu hemmen, wurde yon Sehoe le r gemessen~ und fiir das Kaninebenange gleieh 215 mm Hg gefunden, wahrend die Retinalgef~sse schon dutch einen Dmek yon 68~ resp. 73 mm Hg zum Verseblnss gebraeht werden konnten. Wabrnebmungen~ die sieh iiber einige Tage ausdehnten, finden sieh in der Arbeit yon Sehoeter nieht vor.

Bei seinen Untel~uchungen tiber die Circulationsverhiiltnisse im Auge bestimmte auell Schu l t6n ~) manometrisch den Augen-

~) Schoeler , Experimentelle Studien fiber Fliissigkeits- ausscheidung aus dem Auge. v. Graefe 's Archiv Bd. XXV. 4. 1879.

"~) M. W. yon Schul t6n , Experimentelle Untersuchungen fiber die Circulationsverhaltnisse des Auges. v. Graefe's Archiv Bd. XXX. 3. S. 39. 1884.

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druek beim Kaninchen, nachdem die Wirbelvenen dutch Liga- turen geschlossen waren. , Ich constatirte"~ so flmilt er uns mit, ,bei Ligatur zweier Venae vol~icosae eine Steigeruug yon 27 auf 52 mm~ yon allen vieren auf 65~ in einem anderen Fal|e auf 60 - -80 . Zugleich sehr starke Pulsation und Hyper~mie des Auges. Schoe le r ' s Angab% dass die Ligatur der Venae verti- cosae eine Dn, cksteigerung yon im Mittel nur 2 mm beding-e, ist also offenbar nnriclltig".

A d a m i i k ~ bestimmte manometrisch den Augendruek bei Katzen~ nachdem die Vortexvenen unterbunden wareu. Er be- obachtete eine Drueksteigerung bis zu 90 mm ttg. Der nor- male Druek bei der Katze betr~gt nach Adami ik 25 mm.

Arlt ~) fand bei Uaterbindung einer oder zweier Vortex- veuen beim Kaniuehen die locale Stauung anwesend~ konnte jedoeh keine erhShte Spannung des Bulbus~ keine deutliche Er- weiterung" oder Enta'undung der Pupille, keine Trtibung des Kammerwassers oder der Cornea constatiren. Vierzehn Tage nadt (let UnterbiMung" ersehien in allen Fallen (lie Iris und das gauze Auge wieder wie vor der Operation.

U l r i ch ~) hat einige gelungene Versuche gemacht tiber den Ve~d~luss der Venae vortieosae beim Kaninehen. Er sah als Folg'e desselben l)rucksteigerung" auftreten, jedoch wurde diese nicllt mit dam Manometer bestimmt.

MSller~)~ wetcher iiber ~'Sssere Versuehsthiere verfiigt% unterband beim Pi~rde die Vena ophthalmica. Die ]]liere win'den 8 Tage am Leben gelassen. Bei der Section land er die Vena ophfll, durch einen Thrombus verschlossen und peril)liar yon der Unterbindungsstelle blutleer. Well das venSse Blut dutch gTosse CollateralgeiKsse abfliessen konnt% wurden Drucksteigerung oder sonstige krankhatte Erscheinuugeu gar nieht wahrgenommen. ~ur etwas Ueberfiillung der Venae vorticosae konute ibstgestellt werden.

Andere Beobacbtungen iiber die Folgen tier Unterbindung einig'er oder aller Vortexvenen habe ich in der Literatur nidlt geflmden. Ad. W e b e r und Ar l t haben ihre Wabrnehmungen

1) Adamiik: De l'~tiologie du Glaucome in Annalcs d'0cu- listique 58. pag. 8. 1867.

~) Ferd. Ar l t , Zur Lehre vom Glaukom. Wien 1884. S. 113. a) R. Ulr ich , Neue Untersuchungen fiber die LymphstrSmung

im Auge, Arch. ffir Augenheilkunde Bd. XX. 3. S. 288. 4) H. Miiller, Lehrbuch der Augenheilkunde ffir Thieritrzte.

Stuttgart 1889. v. Graefe ' s Archly f'fir Ophthalmologie. XLI . 2. 3

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iiber etwas llingere Zeit ausgedehnt. Aliein bei dem Versudt yon Weber trat GlaskSrpereiterung ein und die yon Arl t an- gestellten Versudte el~treckten sieh nur auf die Untcrbindung einer und zweier Vo~exvenen~ wobei nad~ 14 Tagen der Ver- sudl ais beendet betraehtet wurde.

E i g e n e V e r s u c h e .

Yersuchsmethode.

Als Versuehsflfier wurde nur das Kanineben gebrauebt. Be[ jedem Thief wurden beide Augen verwendet, jedoch meistens nicht zur selben Zeit~ so dass in vielen F~llen l~ngere Zeit ein nonnales Auge desselben Thieres zum Vergleich der an dem anderen Auge auftretenden Erscheinungen dienen konnte. Die Operation wurde natiirlieh nnter allan Vorsiehtsmassregeln der Antisepsis vorgenommen; dig Instrumente und Fitden win-den gekoeht, die tIaut in der Umgegend des Auges mit Sublimat- 15sung 1 :1000 gewaschen and der Coniunctivalsack mit Subli- matlSsung 1 :5000 ausgespiilt. Zur An~tstbesirung wurde 5 °/o CocainlSsung verwendet. Um die AustrittssteUen der Venae vort. aus der Sklera augufinden~ wurde der Bulbus zuweilen einen Augenblick luxirt. Um das Auge in der fichtigen Stellung zu halten~ warden unter dem Muse. feet. sup. oder inf. feint H5k- cben eingeschlag'en~ an welchen mit Fitden ein Pare" kleine Ge- wiehte befestigt wal'en. Zu beiden Seiten des Rectus sup. oder int: wurde in der Gegend des Aequators ein meridionaler Schnitt yon ungefNlr 10 mm Lgnge gefiihrt and weiterhin die Venen hauptsachlich dureh Pr~l)miren mittelst zweier Pincetten bloss- gelegt. Die Wunde wurde auch wieder dureh derartige Hak- then auseinander gehalten. Mit Hilfe dieser kiinstlichen Assi- stenten kann man die Operation ganz gut allein maehen; man hat dabei noch den Vortheil~ auf dem kleinen Operationsfelde yon keiner assistirenden Hand belastigt zu werden. War das Gefasschen aufgethnden~ so wurde eine f~ine anatomiscbe Pincettc mit stumpfen Spitzen unter ihm dm'chgefiihrt~ ein ganz dtinner Faden mit dieser gefasst and dlirchgezogen. Der Faden wurde sotol~ geknSpft~ und~ die zwei ersten Versucbe ausgenommen, die Vene central yon der Unterbindungsstelle mit der Scheere durchschnitten. Die Conjunetivalwunden wurden nur in den zwei ersten FNlen vernNlt, in den anderen einfaeh sich selber iibeflassen. Die Blutung bei der Operation ist sebr geling- fiig'ig; die Wnnden heilen in einigen Tagen und as bleibt

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nut etwas Verwachsung zwischcn Conjunctiva und Sklem zuriick.

Um i~stzustellen~ wie das VerhMten des Abflusses des venS- sen Blutes aus dem Ange am Ende des Versuches war~ wurden in beinahe allen Fiillen die Gefitsse yon der Aorta ascendens ans mit gelSstem Berlinerblan oder BerlineL'blau-Gelatine injidrt~ in einigen Ffillen auch zugleich (lie Injection der Venen yon dcr Vena cava superior aus versucht, wozu als Injeetionsmasse Zinnober-Gelatine benutzt wurde. Nach der Injection wurde zuweilen der ganze Kopf~ sonst die enudeirten Augen in 10 °/o FormollSsung geh~rtet. Um das Verhalten tier Venen und Ar- terien der Retina und der Chorioidea besser wahrnehmen zu kSnnen~ wurden in vielen Ffillen diese Hgute vorsid~fig losprgpa- ~qrt und auf dnem Objecttr~ger flach ausgebreitet~ wobd man am Besten nodl einige meridionale Einschnitte mad~t~ um die Faltenbildung zu vem~eiden.

Da einige Glankomtheorieen sich sowohI anf Sdflicssung als auf Stauung iln Gebiet der Vortexvenen stiitzen, so win'den ent- weder zwei~ drei oder vier der genannten Venen unterbunden.

Der Yerlauf der Versuche war tin sehr constanter. Es bat dahcr keinen Zwec/k~ hier ~Ie Versuche g~nau zu b e sehreiben. Ich werde den llauptverlauf t t~r jeden der drei F~lle mit- theilen und nut die hier und dort aut:g'etretenen Abweichungen erwShnen. Der Druck im Ange wurde wAhrend des Versuchs mit dem Fick'scben 0phthalmotonometer ~) bestimmt und am Ende desselben mit dem L eber'schen Doppelmanometer~ insc~fhrn die Thiere nicht spontan gestorbcn waren. Der Einfaehheit wegen werde ich die mit dem Ophthahnotonometer gewonnenen Werthc mit n m m H g F ick und die mit dem Manometer ge- fhndenen n mm Hg Manom. bezeichnen.

a) U n t e r b i n d u n g y o n ¢ V e n u e v o r t i c o s a e .

Sofort nachdem, in der ~mgegebenen Weise , ~flle Venae vorticosae unterbunden sind, fiihlt sich d~s A u g e sehr h~trt an: tier Druck ist meist ==70 mm I-]g F i c L

Die vordere K a m m e r ist abgefl~cht, besonders in der Peri- pherie. Die Cornea ist an[isthetiseh, watn-seheinlich als Naehwirkung der Coeainaniisthesie. Die Pupil le ist weitr

~) Eine kleine Kritik fiber dieses Instrument erscheint welter unten im gleiehen Hefte dieses Arehivs.

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rund und reagirt nicht. Die IHs ist stark hyper~i.miseh, was besonders bei Mbinotisehen Thieren stark ins Auge f~Ilt. BN pigmentirter Iris fgllt besonders der ansgedehnte Cireulus iridis major auf. Die Peripherie der Iris ist deut- lieh naeh der Cornea bin vorgebuehtet, was der starken Schwellung und Bluttiberftillung des corpus eiliare ent- sprieht. Bei Albinos ist dieses als Bin dunkler, der Hinter- fliiehe der Iris aufliegender KSrper sehr deuflieh zu sehen. Die Madien des Auges sind noeh ganz klar. Die Venen sowohl wie die Arterien der Netzhaut sind starker gefiillt. Die Papilla herr. optic, ist etwas rSthheh und ein wenig gesehwollen; die R~inder sind weniger s&arf, und die nor- rome Excavation ist meist schon ~.erkleinert. Bei Albinos sind die Gef~tsse der Chorioidea viel weniger s&arf wahr- zunehmen, und der Fundus sieht dunkler roth und mebr diffus aus. Dies ist wohl der Ausdehnung der Capillar- gef~sse der Chorioidea zuzusehreiben. Die grossen Venen- st[imme der Chorioidea erseheinen nur wenig di&er als vor der Unterbindmlg.

In der e r s t en ha lben S t u n d e n-~ch der Operation ~indert sich das Bild in so weit, dass die Kammer noch fla&er wird, die Schweltung und RSthung der Papille zu- nimmt und auf die /VIarkfliigel iibergreit~ und dass die Excavation der Papilla sieh noeh mehr verkleinm¢.

Der Druek im Auge nimmt noeh zu. Die Empfind- liehkeit der Cornea kehrt theilweise zurtiek; as tritt ein Oedem der Conjnnetiva bulbi auf, welches wahrseheinlieh allein dem operativen Eingriff in der Umgebung des Auges zuzusehreiben ist. Die Medien des Auges seheinen ein wenig diffus getriibt.

40 bis 50 M i n u t e n nach der U n t e r b i n d u n g werden deuthche Triibungen auf der vorderen Linsenfliiehe sicht- bar; es sind mehr oder weniger dunkle, ziemlieh scharf begrenzte Streifen, welche beinahe vertical fiber die Linse ziehen. Die Sehwellung der Markflfigel und der Papille

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nimmt noch immer zu, die Grenzen werden sehr diffus, die Farbe dunkler roth. Die Arterien und Venen der Re- tina sind noch ~'erschleie~ zu sehen; beide sind noch mehr als normal gefiillt. Die (~ef~sse der Chorioidea sind nur noch diffus wahrzunehmen, der ganze Fundus leuchtet viel dunkler ro th ; die Medien triiben sich mehr. Die vordere Kammer ist viel flacher, besonders die Peripherie der Iris ist stark vorgebuchtet. Auf der Fl~che der Iris erscheinen jetzt~ meist unten am deutlichsten, rothe Piinktehen. Die Pupille wird etwas enger und unregelm~ssig eekig yon Form; sie reagirt noeh immer nicht. Das Kammerwasser ist noch klar. Es erscheint aber jetzt unten in der vor- deren Kammer ein schwach rSthlicher Schimmer. Das Auge ist fortw~hrend sehr hart und dehnt sich aus. Die Cornea bleibt l~tar, ihre Empfindlichkeit ist zweifeltmft. Die Trfibung der vorderen Linsenfl~che nimmt rasch zu; die anf~knglichen Streifen werden breiter und dunkler; zwisehen ihnen lagem sich mehr diffuse Trfibungen und bald ist der Fundus des Auges der Beobaehtung entzogen. So lange (lie Papille aber sichtbar w~r, zeigten sich die genanntel~ VerSnderungen an derselben progressiv, Die Auflagerung auf der Linse ist noch einige Zeit zu dm'chleuchten; l~]s Stunden naeh der Unterbindung ist der Fundus aber ganz dunkel; die Trfibung der vorderen Linsenflitche ist dana deuttich als ein blntiges Exsudat zu erkennen. Auf der Iris treten zuweilen etwas grSssere, diffuse Blutungen auf, welche sich langsam iiber deren ~i~che weiter verbreiten. Mit der Tritbung der vorderen Linsenfl~che Hand in Hand tlitt eil~ Hyphaema auf, welches aber iiberall 1 - -2 mm yore Cornealrand entfernt bleibt; ein Jdeweis also, dass (tie Sehwellung des Corp. cil. so weit gediehen ist, dass die Irisperipherie der Cornea gfinzlich anlie~. Das H)Thaem~ nimmt langsam zu, bis zuletzt fast die ganze vordere Kammer mit Blur gefiillt ist. Dies ist meist nach 2 - - 3 Stm~den der Fall. Das Auge ist dann stark ansgedehnt, es steht.

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~us der Orbita hervor, und scheint bei Druck schmerz- haft. Die Empfindlichkeit der Cornea ist jetzt deutlich vorhanden; die Hornhaut ist ganz klar, im Ganzeu aber aueh vergrSssert. Das Auge fti}flt sich noeh immer sehr hart an: Druek - -=+65 mm Hg Fick.

Die ~iusseflichen Symptome des Auges ibidem sieh in den fo lgenden S t u n d e n wenig mehr. Das Conjunc- tivalSdem nimmt uoeh etwas zu, erreicht zuweilen eine be- trttehtliche HShe, geht aber naeh 24 Stunden bald zuriick.

Vier S t u n d e n nach der O p e r a t i o n wurde ein Ver- such abgesehlossen und der Druek mit dem Manometer be- stimmt; ieh fand 68 mm Hg Manom., withrend ieh einen Augenblick vorher den Druck = 64 mm Hg F iek ge- funden hatte. Hier besteht ~dso eine sehSne Uebereinstim- mung zwisehen beiden Messungen. Nachdem der Druck 10 Minuten lang auf 68 mm Hg stehen geblieben und die Communication zwisehen vorderer Kammer und 5Ianomet,er immer vollkommen gut erhalten geblieben war~ wurde der Druck im Manometer auf 132 mm ttg erhSht, bei oftener Verbindung mit dem Auge. Der Druck sank schnell~ inner- halb einer Minute auf 93 mm Hg, wobei 10 ebmm Fliissig- keit aus dem Manometer ins Auge hineingetrieben wurden, und dann alhnghlich im Yerlaufe yon 10 Minuten auf 68 ram, worauf der Augendruck wieder stehen blieb.

Zuweilen sind naeh Unterbindung aller Venae vorti- cosae die Stauungserscheinungen im Auge viel gering- fiigiger. Es tritt Drucksteigerung ein und auch die iibHgen mitgetheilten Symptome, allein die kleinen Blutungen und die Diapedesis ~on rothen BlutkSrperchen aus der Lqs fehlen, undes tritt nur eine leichte Triibung der Linse auf.

Dieser Untersehied finder seine Ursache darin, dass n,cht alle V. v. richtig unterbunden sind, oder dass sehr klein% mehr peripher einmiindende Zweigchen der V. v. die Circulation theilweise unterhalten und stgrker e Stauungs- vorg~inge verhiiten. Besonders wenn die Gefiisse nach der

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Unterbindung nicht mit der Scheere dnrehtrennt sind, bleibt oft der Totateftbct der Operation aus. Nachdem mir diese Einfliisse klar geworden watch, und bei der Operation immer darauf geaehtet wurde, die Unferbree}m~g des vena- sen Blutstromes vollkommen zu Stande zu bringen, bliebe~t aueh niemMs die starken Stauungsers&einungen aus.

Am e r s t en Tage naeh der U n t e r b i n d u n g hat die Spannung des Auges gewShn!ieh sehon etwas abgenommcn; das Auge steht noch aus der Orbita hervor nnd ist schmerz- haft bei Drnek. Die Iris liegt noch peripher an die Cor- nea angedrtiekt; (lie Pnpille ist, soweit sichtbar~ durdl blutiges Exsudat versehlossen; die Farbe der h'is ist etwas dunkler, bei Albinos blgulieh roth. Die Cornea, welehe betrg.ehtlich vergrSssert ist, zeigt eine leieht bl~uliche FSr- hung, welehe yon ganz feinen, dieht gedrSngt liegenden Streifen nnd Pttnktehen herriihrt. Diese Triibung der Cor- nea ist fast gleiehmtissig, in der Peripherie nur eine Spur stiirker, als central. Sie nimmt raseh zu und bietet im Ganzen das Bild einer Keratitis parenehymatosa dar. Am Rande der Cornea tritt meist am dritten Tage naeh der Unterbindnng eine sehr feine G efissbitdtmg auf, welehe allm~hlieh weiter fiber dieselbe hinsehreitet, wghrend grSssere Gefiisse siehtbar werdm~. Der Gefitssring sehreitet yon ~dlen Seiten gleiehmSssig naeh dem Centrum der Corneft /brt, t~berzog aber nut in einem Falle die ganze Hornhaut. Die gr~sste Breite, welehe der Ring e~Teieht, weehselt yon 2 - 4 ram. Die Peripherie blasst am ersten ab, dann folgen die tibrigen Parthieen, und ,nit dem Zuriiekgehen der Ge- fgssbildung nimmt aueh die Corne~ wieder ihr normales Anssehen an; zuweilen bleiben einige eentrale ~{a.eulae zm'tick. Das Bild dieser Keratitis parenehymatosa ist genau dasselbe wie es yon ~Vagenmann ~) bei seinen Versuchen

1) A. Wagenmann, Experimentelle Untersuchungen fiber den Einfluss der Circulation in den Netzhaut- und Aderhautgefiissen auf

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iiber die Folgen der Durchschneidung der Arteriae ciliares am Kaninchen~uge beobachtet wurde. Nicht nur stimmt die ~'on ihm gegebene Beschreibung des Krankheitsbildes lair der bei meinen Vel-suchen beobachteten Keratitis fiberein~ sondern Herr Professor L e b e r . der die ~on W a g e n m a n n ~mgestellten Versuche mit verib]gt hatte~ best~tigte auch die Gleichheit tier beiden Entziindungsfbrmen. Vielleicht ist der Process bei meinen Versuchen meist etwas weniger intensiv. Nach zwei bis drei Wochen ist die Gefiisshaut gewShntich wieder g~nzlich abgeblasst und mlr zuweilen bleiben einige grSssere Gef~sse, welc.he naeh einer Macula hinziehen, l~hlgere Zeit siehtbar. Complication nfit Horn- hauteiterung, wie sie yon ~Vagenmann beschlieben ist, wnrde nur in einem Falle und dort nur in sehr mi~ssigem Grade beobaehtet.

Die Conjunetivalwunden heilen in einigen Tagen. Bei der Heilung nimmt man ~'~n pigmentirten Versuehsthieren, die yon L e b e r in seinem Werke fiber die Entziindnng be- sehriebene Loekerung und Verbreiternng des Pigmentsaumes wahr, welcher sich mit der Vernarbung der Wunde in der Conjunctiva wieder mehr oder minder versehmitlerte.

Mit dem Auftreten des Pannus der Cornea Hand in Hand we rden sti~rker f~nsgedelmte pericorneale Gefiisse siehtbar. Die Arterien nehmen ihren Ausgang haupts~ch- lich t~us den oberen und unteren geraden Augenmuskeln und die Veneu kehren auch wieder nach diesen Stellen zurfiek. Diese grossen Gef~tsse bleiben aueh noch sichtbar, wenn der Pannus der Hoffnhaut vel~chwunden ist, wiewohl bei den verschiedenen Versuehen in sehr verschieden starkem Grade.

Die voMere Kammer wiM am dr i t t en bis f t inften Tage nach der Ope ra t i on weniger finch. Das Blut-

die Erniihrung des Auges, etc. v. Graefe's Arch. £ Ophthalm. XXX¥I. 4. 1890.

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Beitrfige zur Lehre vom Glaukom. 41

coagulum in derselben f~ngt an sich zu resorbiren, und die grosse Cornea wird noch etwas mehr vorgebuchtet. Die Peripherie der Iris liegt noeh der tlornhaut an, bildet abet mit den tibl~gen Theil der Iris einen deutlichen Winkel, so dass die Kanllner centrM tiefer ist als normal. Mit der fortschreitenden Resorption des Blutes und des Exsudates wird die vordere Kammer immer tiefer, und auch die Peri- pherie der Iris tritt etwas yon der Cornea zuriiek. Das Hyphaema sinkt jetzt bis zum Rande der Hornhaut; die letzten Reste desselben bleiben aber sehr lange liegen, oft zwei his drei Monate; mn Ende wurde es aber doch noch total resorbirt.

Das blutige Exsudat in der Pupille resorNrt sich ent- weder giinzlieh, so dass der Fundus wieder sichtbar wird, und die Iris wieder frei beweglich ist, oder es bleiben viele hintere Synechieen, mit oder ohne Trtibungen der vorderen Linsenkapsel. Bei einigen ¥ersuchen hatte sich schon in den ersten Woehen eine diffuse Triibung der Linse ent- wiekelt, so dass naeh der Resorption des Exsudates in der Pupille die Linse k~taraktSs zu Tage ta-at.

Die I r i s v e r g n d e r u n g e n sind bei Albino's mn besten zu verfolgen. In den ersten Tagen nach der Operation ist die Farbe bl~ulieh roth, und das Gewebe nieht zu dureh- leuehten. Der Circulus Mdis major ist fortwiihrend stm'k gefiillt. Mit der Resorption des Exsudates in tier vordel~n Kammer und dem Yersehwinden des Pannus der Homhaut wird uueh die Iris biasser. Am Pupillarrande ist sie ant ersten zu durehteuehten, die Peripherie bleibt l~ngere Zeit undurehgiingig fiir das aus dem Fundus kommende Lieht. Dann wird aueh der periphere Rand dtinner und endli& aueh die mittleren Theile, so dass naeh circa 1J[2 Monat die ganze Iris ehl grauweisses Aussehen hat und his auf radiiir veHaufende Streifen fiir Licht durehggngig ist. Sie ist dann ganz atrophisch, diinn und flach, und nur die Ge- fhsse sind sehr deutlich in dem Gewebe zu erkennen. Der

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Circulus iridis major ist noch stark gefifilt, und das Blur schimmert roth durch die Wandung des Gef~tsses hindurch. Znweiten ziehen yon der vorderen Fliiehe der Ilis dickerc Gef~isse zu den Resten des Exsudates mlf der vorderen Flgche der Linse, so dass das h'isgewebe fast ohne Be- grenzung in das Bindegewebe in der Pupille iibergeht. Bei freier Pupille bleibt die Reaction auf Lieht der dann jeden- falls weniger atrophisehen Iris erhalten. Die Iris der pig- mentirten Kaninehen bekommt nach der Operation ein etwas dunkleres Aussehen; deutliche Veriinderungen sind an derselben nachher nieht wahrzunehmen.

Die Ver i~nderungen der L inse treten naeh sehr versehiedenen Zeitabsehnitten ein. Bei ei.nem Auge bestand 19 Tage nach der Unterbindung der V. % Ms die Pupille beinahe exsudatfrei war, sehon diffuse weissliehgritne Lin- sentriibung. Bei einem anderen trat aueh naeh 4 Monaten keine Katarakt auf. Dieses letztere Ange hatte aber aueh nieht im Anfang die starken Stauungserseheinungen gezeigt; es ist das einzige yon Nnf Angen, welehe ieh mehrere Monate hindnreh naeh der Unterbindung aller V. v. beobaehtete, welches keine Kataraktbildung zeigte. Bei den anderen vim" Angen wurde die Linsentrtibnng sicht- bar resp. 14, I9~ 38 und 90 Tage naeh der Operation. Das klinisehe Bild der Kataraktbildung war in diesen Fttllen aueh nieht dasselbe. W:ahrend sie in den Fallen, we die Tr[ibung nach 19 und 90 Tagen auftrat, das Bild einer diffusen~ milehigen Trtibung der ga:nzen Linse darbot, waren bei den Augen~ we naeh 14 mid 38 Tagen die ersten Veriinderungen siehtbar wurden, erst sehr seharf mnschriebene Speichen und Punkte wahrzunehmen, w:,ihrend die Kataraktbildung nut sehr tangsam fortschritt. Aller- dings muss hierbei bemerkt werden, dass bei den zwei erst- genannten Augen die Beobachtung dur& die Reste des Exsudats in der Pupille sehr ersehwert war.

Die ersten Trtibungen in der Linse wurdeu in den

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vorderen Corticalschichten wahrgenommen, ungefShr 4 mm yore Centrum der Linse entfernt. Es waren sehr feine, durehsiehtige, radi~tr gestellte Speichen, welehe sehr nahe an der Oberfliiehe der Linse gelegen waren, so dass es oft sehr schwer war, zu erkennen, ob wirklich Trtibungen in der Linse vorlagen, oder ob die vorde~ Linsenkapsel dureh Reste der hinteren Syneclfieen getriibt war. Eigentbtimlieh ftir diese St~'eifen war es aueh, dass sic sehr wenig an GrSsse zunahmen und oft wieder viel undeutlicher zu sehen waren. Zur selbel~ Zeit oder~ wie bei einem Auge beobachtet wurde, viel spater~ treten Trtibungen in tier binteren Corticalsehicht auf, und zwar ebenfalls ungef~hr 3 bis ~ mm yore Centmm der Linse ent- fernt~ so dass bald eine l~ngfSrmige Figur in deren Anordnung zu erkennen ist. Die ersten Anf~tnge bilden feine, scharf umschriebene, dunkele Kiigelchen yon verschiedener GrSsse. Naehher treten aueh hellere Ktigelchen auf~ welche in Gruppen zusammenliegen und zuweilen auch wieder verschwinde~. Die" Katarakt bildet sich im Ganzen sehr langsam weiter. Einen Fall habe ich so weir verfolgen kSnnen, bis sich in der hinteren Corticalis ein dunkler, seharf umschriebener Ring gebildet hatte, weleher im Allgemeinen unregehn:~ssige Gestalt zeigte. Am hinteren Pol waren ebenfalls sehr urn- schriebene Tr[ibungen aufgetreten, w:,thrend die vordere Cor- ticalsehicht nur sehr sehwache, radfitre Triibung zeigte. Directe Ueberg~tnge yon dieser hintere~ Cortiealkatar'd~t in die diffuse~ totale Katarakt habe ich noch ~Scht beobachten kSnnen. Ich habe noch ein Thier im Leben, wo die erste Triibung tier Linse am 25. October 189~ d. i. 38 Tage naeh der Unter- bindm~g aller V. v. wahrgenommen wurde, und wo hente am 9. Januar 1895 nur eine, zwar sehr deutliehe, aber doch wenig ent~vickelte, l~ngformige hintere Col~ticatkatarakt be- steht. Der hintere Pol ist noch ganz frei; nur verlhuft in den hinteren Corticalschiehten eitl heller Streif, und zwar yon unten nasal nach oben temporal. Aus:serhalb der ring- fSrmigen Trtibung ist dieser Streif nicht zu verfolgen. Die

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vordere Corticalschicht zeigt einige radi~re Trfibungen~ an der Stelle wo mehr pe~Jpher sehr feine hintere Synechieen bestehen. Ich hoffe, fiber diesen Fall spitter noch berichten zu kSnnen.

Vier bis zehn T a g e nach der Unterbindung war in ~ielen F~llen die Resorption des Exsudates auf der vorderen Linsenkapsel so weit fbrtgeschritten, dass die Pupille fiir Licht wieder durchg~,ngig war. Der Fundus des Auges war aber dann noch nicht zu sehen; die Pupille leuchtete dunkel- roth. Nach und nach wurden die Medien l~larer, so dass nach 12 bis 20 Tagen das Verhalten der tieferen Augen- theile beobachtet werden konnte. Die MarkfliigeI sammt dem Nervus opticus waren dann diffus begrenzt und dunkel- roth, die Gef~sse auf denselben zu erkennen, die Irapil]e nut sehr diffns begrenzt. Der weitere Theil des Fundus war sehr dunkeh'otb, ohne dass daselbst Formen wahrge- nommen werden konnten. An den folgenden Tagen wurde das Bild schnell deutlicher, wiihrend die dunkelrothe F~r- bung zurtickging. Die Papilla nerv. opt. wurde etwas mehr begrenzt, und eine Andentung yon Excavation win'de sicht- bar. Alff den Markfliigeln hoben sich die Gefiisse mehr ab; man konnte jetzt diese als Yenen erkennen, wiihrend yon den Arterien nur bier und dort eine kleine Andeutung zu sehen war. Die Markfliigel sind zuweilen peripher sehr schmal, und liegen dann mehr nach vorn als der iibrige Theft der Retina. FaltenfSrmige Retina-AblSsungen kSnnen jetzt wahrgenommen werden, sowohl in der Peripherie, wie in der Gegend der Markfiiigel. :Bei pigmentirten Kaninchen zeigen sich abweehselnd neben einander Stellen in der Cho- rioidea, wo Pigmentatrophie und Pigmentablagerung statt- gefunden hat. Der Fundus bekommt dadurch das Aussehen wie nach einer abgelaufenen Chorioiditis. Bei Albino 's sind wenig Ver~nderungen in der Chorioidea zu beobachten. Mehr oder weniger dunklere Stellen treten zuweilen hervor, aueh kleinere Flecken~ welche wie diffuse Blutungen bUS-

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sehen. Die Austrittsstellen der Venae vorticosae zeigen keine Besonderheiten; die Geigsse der Chorioidea, sind ~iet- leicht etwas breiter als im normalen Auge~ der Fundus im Ganzen bleibt vielleicht etwas dunkler roth.

Das Bild des Augengrundes ~indert sich in den fo lgen- den Woehen in so welt, dass die r5thliche Farbe der Mark- fliigel and Papille dureh Orange ins Graugelbe i[bergeht. Die d[innen Venen der l~etina weMen etwas sch~rfer begrenzt, dis Arterien werden etwas deutlicher siehtbar, bleiben aber fadenfSrnfig. Die Exca~ation des Sehnerven wiM wieder deutlicher, aber nicht mehr so umschrieben, wie beim nor- malen Kaninchen. Iqach und nach werden Markf]iigel und Papilte blassgrau, die Fasern der Markfltiget treten deutticher hervor und werden spSrlicher, so dass die Chorioidea anfangt, durchzuschimmern. Die Atrophic schreitet sehr langsam weiter, aber die Markflfigel k5nnen nach drei Monaten fast ganz verschwinden. Bei dem Auge, wo nach l~ngerer Zeit keine Katarakt eintrat, b]ieben auch die Markfiiigel intact.

Der A u g e n d r u c k sinkt nach der starken Steigerung, welche sofort nach der Operation auftritt, in den ersten Tagen naeh der Unterbindung schon bedeutend herab, um bald subnormal zu wcrden. Die Curven IX OS und I I OD geben eine bessere Ucbersicht t~ber den Verlanf der Herab- setzung des Augendruekes als sine lange Besehreibung. In der Figur sind auch einige Wahrnehmungen mit dem Pick'schen Tonometer an einem normalen Ange Binge- zeichnet; man bemerkt, dass auch hier bedeutende Schwan- kungen vorkommen, wclche gewiss nicht Beobachtungsfehlern zuzuschreiben sindl). Ich muss nur noch bemerken, dass die Zahlen, welche mn normalen Auge gewonnen wurden~

') Der normale Augendruck scheint bei Kaninchen ziemlich stark zu wechseln. 0b dies yon psychischen Einfliissea und damit verbundenea Aenderungen der Circulation abhangig ist, will ich dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls hangt es aber nicht ab yon der Span- nung des Musc. retractor bulbi, weil die ErhShung bleibend ist und

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relativ zu hoch sind, weft der Bulbus, wo die vier ¥. ~,. unterbunden sind, betriichttich grSsser ist als ein normales Auge und desshalb der Fehler, welcher durch die Anlegung

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Fig, 1.

der Platte immer hervorgerufen wird, d. h. die dadurch ver- urs~chte Drucksteigerung geringer ~usfiillt. Bei einem Auge (IX O. S.) wurde 22 Tage ngch der Unterbindung ein Druck yon 24 mm Hg. Manom. gefunden, w~hrend einen Augen- blick vorher der Druck zu 14 mm Hg Fick bestimmt war. Dieser Unterschied weist meiner Ansicht nach dara, uf bin, dass die Bulbushiillen sehr leicht ausdehnbar~ und die ]~il- trntionswege des Auges durch die vorausgeg~mgene starke Fliissigkeitsausscheidung mehr Ms normal durchggngig ge- worden w~ren. Das Auge fiihlte sich mit dem Finger ttuch viel weicher gls normal an. Vier Monate nach der Unter- bindung wurde der Druck bei I [ 0. D. gleich 14 mm Hg Manom., bei I I 0. S. gleich 28 mm ttg Mmmm. gefunden.

sonst in einigen Minuten der Druck durch erhShte Filtration wieder hinabsinken miisste.

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Das letztere Auge hatte viel gel~ngere St'mungserscheinungen gezeigt, und wie erwiihnt anch keinc Katarakt bekommen. Lih~ger als vier Monate wurde bis jetzt kein Auge be- obachtet; diejenigen Augen aber~ wo friihzeitig Katarakt auf- getreten war~ zeigten weitcrhin keine ¥ertinderungen mehr, der Druck blieb etwas subnormal und ungefghr constant, yon weiteren ErntthrungsstSrungen war nichts zu bemerken. Ieh halte es auch aus nachher mitzutheilenden Oriinden flit wahrseheinlidb dass selbst nach l~ngerer Zeit das Krank- heitsbild sieh nicht mehr :~tndern wiirde.

~Vie aus der Besehreibung des Krankheitsverlaufes her- vorgeht, liegt in den ersten Woehen naeh der Unt~rbindung die NrnShrung des Auges ganz darnieder. 3/[art miisste hiernach erwarten, dass die Weichheit des Auges dauernd und progressiv w~ire, und der Bulbus, nachdem er das Stadimn der Phthisis durehgemaeht hat, in totale Atroplfie iiberginge. Allein wit haben gesehen, dass nach einigen Wochen eine Riiekbildung der meisten Krankheitssymptome eintritt, und die Ern~thrung des Auges sich wieder hebt. Dies l~sst fast mit Sicherheit darauf selfliessen, dass die vSllig u n t e r b r o e h e n e C i r cu l a t i on in der A d e r h a u t auf irgend welehe ~Veise wieder in Gang gekommen ist. Besonders um zu ertbrsehen, wo und wie sieb eoll ' t - t e ra le B lu tb ahnen entwickelt hattcn~ wurden In j e cti onen d e r :B 1 ut g e fiis s emi t Berlinerblaugelatine von den Arterien aus und mit Zinnobergelatine yon den Venen aus vorge- nommen. Es wurde hierdurch festgestellt, dass in a l len F g l l e n feine Gef~sszwe igehen an der S te l l e der E m i s s a r i e n der V o r t e x v e n e n die eo l l a t e r a l e Cir- cu la t ion ve rmi t t e l t en . Die Injeetionsmasse, welehe yon den Arterien aus in die Venen vorgedrungen war, wurde immer in der ganzen LSnge des Emissm'iums wahrgenommen und konnte meist aueh noch eine kleine Streeke ausserlmlb des Auges verfolgt werden. 0t~ war mit unbewaffnetem Auge dram s&on eine Fortsetzung der Vena vortieosa in

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ein oder zwei diinne Get~sschen, welche sich nach vorn in den Musculus rectus sup. oder inf. umbogen, oder nach hinten fiber dem Muse. retractor bulbi ihren Verlauf nahmen, deut]ich wahr zu nehmen. Mit der Loupe waren fast aus- nahmslos an allen Stellen~ wo die Venen durch die Sklertt traten, feine Aestehen zu beobaehten, nur an einigen wenigen Vortexvenen konnte ieh keine co]lateralen Verbindungen fest- stellen. Die rothe Injectionsmasse, welehe in die Venen eingespritzt wurde, erreichte meist das Auge nicht. ~ur in einem Falle war sins Vena vortieosa da, wo sie in der Skler~ lag, nfit Berlinerblau yon der Aorta aus injicirt, w~hrend das collaterale Gefgssehen und Bin kleiner Theil der Vene ausserhalb des Butbus mit Zinnober yon der Vena ea.va superior a.us injieil"t worden waren.

GrSssere eollaterale Gefgsse, welche yore Corpus ciliate aus dureh die Sklera treten und eine ausgiebigere Verbin- dung nfit dem Plexus venosus und den Conjunctival- und Muskelgefgssen herstellen kSnnten, habe ieh dutch die _In- jection nicht nachzuweisen vermocht. Bei Serienschnitten in frontaler Richtung land ich die normalen sehr f~inen Ge- fgsschen, welehe yore CiliarkSrper dureh die Sklera nach aussen treten, und die yon L e b e r beschrieben worden sind, injicirt, eine Ausdehnung derselben konnte aber nicht fest- gestellt werden.

Sehr deutlieh injieirt und augenscheinlieh erweitert waren immer die Gef~issehen, welche in der Gegend der Papill~ nervi optici einen Zusammenhang des Gef~ssgebietes tier Retina und der Chorioidea vermitteln.

B[aeh Absehluss des Versuches wurden die Augen in 10 °/o Formol gehg, rtet; dies hat den grossen Vortheil, dass naeh einigen Tagen, wenn das Auge halbirt wird, die Ge- webe noch ihre normale Farbe und Form behalten haben.

M a k r o s k o p i s c h waren fo lgende V e r a n d e r u n g e n zu verzeichnen. In dem Auge, welches vier S t u n d e n nach der U n t e r b i n d u n g zur Untersuehung kam, land

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rich ein grosses Blutcoagulum irn Centrura der vorderen Kammer, welches diese fast ganz ausfiillte. Die Iris war dick, rSthlich und lag in der Pesipherie tiber eine Breite yon ca. 3 rata der Sklera und Cornea an. Das Corpus ciliare war sehr stark geschwollen und auch an der Hinterflgche mit Blur bedeckt. Die vordere Linsenkapsel war besonders an den Theilen, wo sie der Iris anlag, rait blutigera Exsu- dat belegt; in der Ebene der Pupille war sie viel klarer; jedoch lagen auch bier unregelmgssige Massen an ihrer Oberflgche, welche bei schwacher VergrSsse~ng als Blut zu erkennen waren. Die Substanz der Linse schien normal; auch die hintere Linsenkapsel und ebenso der GlaskSrper zeigten keine wesentlichen Veranderungen. Nur in der Nghe der Papilla herr. opt. lag ira GlaskSrper eine kteine blutige Flocke. Die Chosioidea war stark verdickt; sie lag abet tiberall regelragssig der Sklera an und Blut~xtravasate waren nicht wahrzunehmen. Die Retina war stark gef~ltet und geschwollen; ira Bulbus liegend sah sie weisslich aus, als sie aber auf einera weissen Teller ausgebreitet wurde, war die Fasbe deutlich rSthlich braun. Bei starker VergrSsserung waren viele rothe BlutkSrperchen in ihr zu erkennen. Die Papilla nerv. opt. schien etwas geschwollen; die Excavation normal. Die Venae vorticos~e ausserhalb des Bulbus waren his zur Unterbindungsst~lle stark gefitllt und ausgedehnt. Auch die Arteriae ciliares waren stark gefiillt. An der Eintsittsstelle des Nervus opticus hatten ldeine Blutungen stattgefunden.

Das Auge~ welches nach drei W o c h e n unte~ucht wurde, hatte noch Exsudat in der Pupillarebene, die Linse war klar. l~ur die Retina zeigte noch einige Ver~nderungen, indera noch einige Falten in derselben vorhanden waren.

N a c h vier M o n a t e n wurden noch faltenfSrraige Re- tinaabhebungen eonstatirt; bei einem Auge fand sich hinter der totalen diffusen Linsentriibung eine vollstgndige trichter- fSrmige RetinaablSsung. Die Iris war ganz dfinn und

v. Graefe ' s Archly far Ophthalmologfe. XLI . 9. 4

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atrophisch. Auffallend war bei Albinos schon makroskopisch das Vorhandensein eines gelbbraunen Pigmentes in der Cho- l~oidea und in der Retina. I)ie Sehnervenexcavation war niemals auffallend yon den normalen Befunden bei Kanin- chen verschieden. Ausdehnung der Sehnervenscheide konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

]Bei mik roskop i sche r U n t e r s u c h u n g eines Auges, welches vier S t u n d e n nach der Unterbindung allerYenae Yorticosae enucleirt, worden war, fiel zuerst die colossale Ausdehnung des Corpus ciliate, der Iris und der Chorioidea auf. I)as erstere war in der Peripherie stark nach aussen vorgebuchtet~ so dass die Iris fiber eine betr~chtliche L~nge der Cornea angepresst lag. Die Ciliarfortsiitze hatten eben- falls sehr viel an Vohmen zugenommen, die Chorioidea hatte stellenweise eine grSssere I)icke als die Sklera er- reicht. Das Gewebe yon Corpus ciliare~ Iris und Chorioidea war gleichm~tssig mit rothen BlutkSrperchen dm.chsetzt~ welche beinahe iiberM1 so dicht an einander gepresst waren~ dass die einzelnen Formen derselben nur sehr schwer er- kannt werden konnten. An einzelnen Stellen wea" es deut- lich~ dass die Gef~sse der Chorioidea stark ausgedehnt und ganz mit rothen BlutkSrperchen vollgepfropft waren; es kounte aber nicht mit Gewissheit festgestellt werden~ ob dies iiberall in der Gef~sshaut der Fall war; die Wandungen der Gefasse waren nicht iiberall zu verfolgen~ nur die Pigmentirung hob sieh auf dem rothen Untergrund scharf ab. In der vorderen Kammer lagen ebenfalls gross% aus zusammengeklebten rothen BlutkSrperchen bestehende Massen; dazwischen waren auch einige weisse BlutkSrperchen, an der Kernf~irbung mit Haematoxylin zu erkennen, An der Hinterfl~che der Iris und in der hinteren Kammer his in die Gegend der Zonula Zinnii dieselben aus rothen BlutkSrperchen be- stehenden Massen. Der GlaskSrper hatte sich nach der Seite der Retina und der hinteren Linsenii~iche zusammen- gezogen; grSsstentheils war dies wohl postmortale Erscheinung~

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da beim Durchschneiden des Bulbus der GlaskSrper makro- skopisdl ungef~hr normale Beschaff~nheit zeigte. Eine Ver- dichtung desselben war jedoch in der Gegend des Ciliar- kSrpers nfit Gewissheit festzustellen, wie die fibrilliire Structur und die dunklere F:~irbung deutlich zeigten; auch lagen ¥iele rothe BlutkSrperehen in dem GlaskSrper angehiiuf~.

Auf der inneren Fli~che der Retina waren nur wenige rothe BlutkSrperchen zu finden; etwas mehr fanden sieh dieselbert in der Ulngebung der Papilla nervi optici vor~ wo auch einige ill die Excavation des Sehnerven eingedrungen waren. Eigent- liche Blutungen konnten nirgendwo nachgewiesen werden. Tafel I Fig. 1 stellt den vorderen Absehnitt eines Auges aus diesem Stadium dar.

Auffallend war ebenfalls das fl'eie Pigment und die Pigmentzetlen, weIche in der vorderen und hinteren Kammer iiberall zwischen den rothen BlutkSrperehen eingelagert waren. Die fi'eien PigmentkSrnchen und -S~bchen waren theilweise in Leukoeyten aufgenommen.

Die Pigmentzellen, welche offenbar yon dem Pigment- epithel der hinteren Irisflache und der Ciliarfortsiitze stammten, und welehe augenseheinlich mit den austretenden rothen BlutkSrperchen fortgesehwemmt waren, zeigten vielfaeh Form- ver~nderung und besonders feine Forts~tze~ in welchen auch die PigmentkSrner eine Strecke welt eingelagert waren. Es fanden sich welter sowohl pigmentirte Zellen~ deren Kern noch zu erkennen war, als solehe, wo der Kern nicht mehr nachgewiesen werden konnte, neben ganz fi'eien Pigment- k5mchen und -St~behen, welehe aber noeh die Anordnung wie in einer Zelle behalten batten.

In ~ielen Priiparaten fanden sich kleine Risse in der vorderen Linsenkapsel und Linsensubstanz, worin ebenfalls Pigmentzellen und rothe BlutkSrperehen zu verfolgen warenr wShrend an der inneren Seite der Kapsel aueh verschiedene yon denselben Gebilden sieh vo,¢anden. Aueh in den vorderen Abschnitten des GlaskSrpers his auf die Peripherie

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der •etzhaut waren einige Pigmentzellen zu beob~chten. Nach l~ngerer Betrachtung dieser letzten Befunde halte ich es i'tir wahrscheinlich, dass bier postmortMe Ver~nderungen vorliegen. Um dies mit Gewissheit festzustellen, miisste man die Augen in toto einbetten und schneiden, dazu fehlt mir aber jetzt die Gelegenheit.

Die Retina war im Ganzen etwas dicker als normal; besonders aber war die Schicht der St~bchen sehr ver~ndert; die Elemente derselben waren durch Transsudat stark aus- einandergedriingt und die ganze Retina an vielen Stellen dadurch abgehoben, so dass sie oft einen welligen Verlauf hatte. Auch die Reihen yon St~bchen, welche bier und dol~ ganz fi'ei an der inneren Seite des Pigmentepithels lagen, zeigten denselben Verl'mf; augenscheinlich hutten sie durch Zerrung yon feinen Verbindungen mit Retina und Chorioi- dea diese Lage erhalten. Auch die ~ussere KSrnerschicht hatte an ~Jelen Stellen ihre Form verloren; sie war etwas gelockert und nach der Chorioidea bin vorgebuchtet. In der sehr ver~nderten St~bchenschicht lagen verschiedene l~ngliche Kerne, welche zuweilen zu zwei und drei durch diinne F~den mit einander verbunden waren. Sie machten den Eindruck~ als ob es Kerne der ~,usseren K51~erschicht wSren~ welche durch die AblSsung der Retina yon ihrer Stelle gezogen und in die L~nge gedehnt w~ren.

D~s Pigmentepithel der Retin~ war an vielen Stellen gelockert, und sowohl g~nze Pigmentzellen als Pigment- st Sbchen waren an vielen Stellen, besonders in den 5usseren Schichten der hTetzhaut zu sehen.

Dre i Wochen n~ch der U n t e r b i n d u n g al ler V o r t e x v e n e n hatte sich das Bild entsprechend der klini- schen Beobachtung ganz veri~ndert. Iris, Corpus ciliare und Chorioidea h~ben wieder ihre normale Form ange- nommen und zeigen nicMs AuffMlendes; nur sind die Kerne im Gewebe bedeutend vermehrt, und auch einige rothe BlutkSrperchen, welche ziemlich ihre Form behalten haben,

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liegen hier und do~t zwischen den Zellen. Nur die Iris- peripherie ist mit der Sklera im Kammerwinkel verwach- sen, jedoch ohne Zwischenlagerung yon Bindegewebe; an vielen Stellen hegt zwischen [ris und Sklera eine dfinne Schicht yon zellenhaltigem Gewebe. Die Verwachsung ist nicht liberal1 total, bier und dort sind deutlich kleine Liicken zu erkennen. Die Cornea zeigt nur wenig VerEnderungen; im Randbezirk liegen in der oberfi~Lchlichen Schicht kleinere und grSssere Gefhsschen; das Epithel der Cornea ist etwas unregehniissig angeordnet ulld stellenweise verdickt. Die ganze Homhaut ist etwas dicker als normal; in den peri- pheren oberfl~chlichen Schichten uiad auch pericorneal be- steht leichte kleinzellige Infiltration. Das Endothel der Membrana Desceme~ii hat insoweit Ver:~tnderung erfahren~ dass dis Keme sehr nnregelmitssige Gestalt bekommea haben, und oft hufeisen- oder ringfSrmig sind, indem das Chromatin der Kerne sich nach der Peripherie derselben zusammengezogen hat.

Die grSssten Ver~nderungen finden sich in der Retina. An vielen Stellen sind alle Schichten derart veritndert, dass die Structur fast gar nicht mehr erkannt werden kann; sie ist im Ganzen sehr verdiinnt~ Am st~ksten hat die Stabchen- schicht gelitten, wetehe meist ganz zerstSrt und durch ein reticulares fibritlares Gewebe ersetzt ist.

Hier und dolt besteht Verwachsung der Chorioidea mit der Retina; an anderen Stellen dagegen sind seichte NetzhautablSsungen vorhanden, wghrend der Raum zwischen Retina und Chorioidea dutch ein amorphes Exsudat aus- gefiillt ist. Die Sttitzfasem der Netzhaut sind stgrker ent- wickelt und auf der inneren Seite der Retina hat sich ein flaches ~etz yon Bindegewebsfasem ausgebildet. Pigment- kSmer und Pigmentzellen der Epithelschicht liegen an ver- schiedenen Stellen zwischen den Gewebselementen, und zwar sehr unregelmiissig vertheilt. Die vorher beschriebenen spindeltSrmigen Kerne mit Ausl~ufem liegen hier und dort

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wieder zwischen Chorioidea und Retina. Die Papilla nervi optici ist verdickt und steht betr~chtlich fiber die Fl~che der Retina vor; die Excavstion ist nicht abnorm; das Bhlde- gewebe des Sehnerven ist reichhaltiger an Kernen.

Bei albinotischen Kaninehen wird an sehr verschie- denen Stellen ein gelbbraunes, strncturloses Pigment ge- funden; es liegt in grSsseren odgr kleineren Klfimpchen zusammen, mid es zeigt sieh bei genauer Betrachtung, dass es in grossen kernhMtigen Zellen aufgenommen ist. Es ist h~matogener Natur, da es mit Schwefelammonium die Eisen- reaction giebt. Am meisten finder es sich im Corpus ciliate nnd in der Chorioidea; tritt aber auch auf in der Retina, in der Iris und sogar in tier Sklera am Limbus eorneae.

Die Choi~oidea der Albino's zeigt, wenn sie flaeh ans- gebreitet betrachtet wird, in der Schieht unter den Epi- thelzellen eine Menge Kerne, welehe wieder ring- oder hufeisenfOrmige Gestalt haben und welche ~mgenscheinlieh den Endothe]zellen der Chorioc%)illaris angehSren.

In den sp~ te ren S t a d i e n der Unterbindung aller ¥enae ,v~ortieosae treten wenig Aenderungen in dem mikro- skopischen Bilde auf. Iqur ist zuweilen die Retina total abgel~ist und die Destruction derselben in allen F~llen noch welter gesehritten. Die Linse zeigt vide Yeri:mderungen, welche welter unten beschrieben werden sollen.

Das h~matogene Pigment wird in grSsseren Massen in der Chorioidea und auch in tier Retina angetroffen. Die Injection der Gef~sse mit Berlinerblaugelatine zeigt nor- male Fiillung der Venae vortieosae und der Arteriae cilia- res. Auch die Fiitlung des Capillarnetzes scheint nornml. Die rothen Blutk5rperehen sind jetzt iiberall aus den Ge- weben des Auges versehwunden.

Die vordere Kammer ist tiefer gewoMen and ungef~hr normal; die periphere Irisverwachsung ist noch vorhanden, jedoch ist die homogene Zwischensehicht verschwunden und liegt die Iris der Sklera ohne Einlagerung yon Zwischen-

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gewebe an; nur eine gea'inge Proliferation der Endothel- zellen der Membrmla Deseemetii hat do~ stattgefunden. Fig. 2 ~uf Taf. I giebt eine Abbildung des ~orderen Bulbusabschnittes eines Auges, welches drei ?donate naeh tier Unterbindung aller Vortexvenen enndeirt wurde. Serien- sehnitte dieses Auges ergaben, dass nieht iiberall die Iris so weit anlag wie in der Abbildung, und die Verwaehsung stellenweise aueh wohl fehlte.

Die mik roskop i sehe U n t e r s u e h u n g der k a t a r a k - tSsen L insen ergab Folgendes: Entspreehend dem seharf umsehHebenen Ring in der hinteren Co~iealis wurde 3 - - 4 mm yon dem hinteren Linsenpol entfernt eine seharf begrenzte Triibung gefunden, welehe ein mehr weisstiches Aussehen hatte und dureh Hi~matoxylin sehr wenig geIgrbt win'de. Es lagen bier unregehniissig gebuehtete Linsenfasern und Myelinkugeln dureheinander; nach hinten endete die Trii- bung mit einem eonvergirenden Biindel yon Linsenfasern in kurzer Entfernm~g yon der hinteren Kapsel; an dieser Stelle war Epithel auf der letzteren und aueh in den an- grenzenden S&iehten naehzuweisen. Der Raum zwisehen der Kapsel nnd der Trtibung zeigte homogene Struetur; nur einige dunkler gefN-bte Gebilde yon der GrSsse und Form eines weissen BtutkSrperehens waren darin zu er- kennen. Am hinteren Pol hatte sieh ebenfalls Kapsetepi- thel gebildet, und zwisehen Linsenfasern und Kapsd lag eine homogene Sehieht, worin nut mtissig viele Myelin- kiigelehen zu sehen wm'en. Die eortieale Linsensubstanz hatte sieh mit Hgmatoxylin gut gef~trbt, der Kern der Linse hatte dagegen keinen Farbstoff aufgenommen. Die Kerne der Linsenfasern waren sehwaeh gefSrbt. Den blassen radi~ren Triibungen der vorderen Cortiealis entspreehend, konnten nur Spalten mit einigen Myelinkiigelehen verzeieh- net werden. Die vordere Kapsel war stark verdiekt, und zwar dureh Auflagernng einer Sehieht an tier inneren Seite, welehe dureh eine seharfe Linie gegen die alte Kapsel be-

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gTenzt war. Das Epithel der vorderen Kapsel war diinn und stellenweise nicht zu erkennen.

Die ganze Form der Linse war noch normal. Fig. 3 und Fig. 4 auf Tar. I rind nach Schnitten aus diesem Stadinm der Katarakt gezeichnet.

Die Linsen, in welchen rich to ta le K a t a r a k t aus- gebildet hatte, zeigten erstens bedeutende Zunahme der GrSsse; besonders der Durchmesser Yon vorn nach hinten war viel Ignger als normal, so dass die Form der Linse beinahe einer Kugel ~hnlieh war. Fig. 5, Tar. I I zeigfd einen verticalen Meridionalschnitt derselben bei 10fhcher VergrSsserung. Die Substanz der Linse war noch yon gut zusammenh~ngender Consistenz, jedoch war sie viel weicher ~ls normal. Bei schw~cher VergrSsserung fiel sofort ein Riss auf; welcher rich in den hinteren Schichten der Linse gebildet hatte und rich his in den Kern fortsetzte. Von diesem giebt die Figur eine bessere Vorstellung ats eine l~ngere Beschreibung. Die grossen Spalten, welche rich an der hinteren Co~4icalis welt 5ffnen, rind mit einer homo- genen Masse ausgefifllt, worin nut am Rande der Linsen- substanz sehr deutlidl viele zerfallene Fasem zu erkennen rind und viele Myelinkugeln angehguft liegen. Besonders an den peripheren Enden der Spalte in der N~he der Kapsel und gerade an der Stelle, wo in den ersten Stadien die scharf nmschriebene T~4ibung gelegen war, befinden rich sehr viele Reste yon zerfallener Linsensubstanz. In der vorderen Cortiealis und welter an vielen Stellen der mehr centralen Theile der Linse sind anf dem vertiealen Meridionalschnitt ebenfa]ts kleinere Spalten und Risse wahrzunehmen, welche auch mit Mye]inkugeln und zer- fMlenen Fasern und weiter nfit einer homogenen Masse ge- fiillt sind.

Horizontale Meridionalsehnitte durch die andere HMfte derselben Linse, welche die Pr~pars,te fiir die Zeichnung Fig. 5 lieferte, ergaben ein Bild wie in Fig. 7~ Tar. II.

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 57

~Vir sehen daraus, dass der horizontale Riss in der hinteren Linsensubstanz sich bis in die PelJpherie fortsetzt; sehr periphere Sagittalschnitte ergaben, dass die Spalte "un Aequator der Linse viel weniger klaffend win'. Aus der Fig. 7 sehen wir weiter, dass in der vorderen Linsensub- stanz ebenfMls ein Riss aufgetreten ist und zwar ein ver- ticaler~ der sich wie die peripheren Schnitte ergeben~ unge- f~hr fiber 1/8 des verticalen Durchmessers erstreckt. Nach der temporMen Seite der Linse ktafft die Spalte sehr wenig; sie ist sogar ausserhMb der Meridionalschnitte gefMlen; nach der nasalen Seite aber ist sie besonders in der Corticalis breiter.

Das Epithel der vorderen Kapsel ist an vielen Stellen in Wucherung begriffen, oft liegen viele unregelmassige Sctfichten fibereinander. An anderen Stellen ist das Epi- thel diinn und die Kerne haben sieh nur sehwach gefiirbt. Die vordere Kapsel ist stark verdickt durch Auflagerung yon homogener Substanz. Zwisehen der vorderen K~psel und der Linsensubstanz, sowie in dem vorderen RiMs der Linse liegt wieder eine homogene Substanz und bier and dol~ Myelinkugeln und zerfallene Linsenfasern. Die hintere Kapsel zeigt iiberall ein unregelmgssiges, mehrschichtiges, aus grossen Zellen bestehendes Epithel. Die Kapsel selbst ist sehr gebuchtet und erseheint dicker Ms normal. Die Kerne der Epithelzellen haben sich mit Hiimatoxylin gut gefKrbt; die Linse ist durch diesen Farbstoff im Ganzen stark gefiirbt, nur der Kern hat etwas weniger Farbstoff aufgenommen, wiihrend einige Myelinkugeln in der hinteren Corticalis giinzlich ungefiirbt sind. Die Kerne der Linsen- tasern am Aequator haben keine dunklere :P~rbung als die Umgebung angenommen. Mit Joel und Gentianaviolett zeigen die homogenen peripheren Schichten der Linse sehwache amyloidithnliche Reaction.

Ich hoffe spiiter fiber die Kataraktbildung, besonders fiber die Zwischenstadien und die fiberreife Katarakt

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58 W. Koster.

Ngheres Initzutheilen, wenn ieh das Material dazu haben werde.

b) U n t e r b i n d u n g dre ie r und zweier Venae vort ieosae.

Ganz verschieden yon den Folgen, welche nach Ver- schluss aller Vortexvenen auftreten, sind die Aenderungen, welche man wahmiinint, wenn nur zwei oder drei dieser Venen unterbunden werden. Sofort nach der Operation fiihlt sich das Auge etwas h~rter oder auch normal an. Die unterbundenen Venen zeigen sich ophthalmoskopisch nicbt deutlich ~usgedehnt; der ganze Pundus seheint ein wenig dunkler roth. Die Gefgsse der Retina sind entweder norinM, oder die Venen etwas geschwollen, und die Arterieit ein wenig enger als norinal. Die Papille ist zuweilen ein wenig diffuser begrenzt. Die Cornea ist, sobald die Cocain- a naesthesie aufgehoben ist~ normal einpfindlich. Die his zeigt die meisten ¥ergnderungen. Der Circulus iridis Inajor ist stark gefiillt, die Periphere der Iris etwas nach aussen vorgebuchtet, der Schwellung des Corpus ciliare ent- sprechend. Bei Albinos ist deutlich eine locale Hyperaeinie der I~is wahrzunehinen, in jenen Theflen, welche den unter- bundenen Venen entsprechen. Besonders das Corpus ciliate ist bei Durchleuchtung der Iris ~n jenen Stellen, wo die Venen geschlossen sind, sehr deutlich viel dunkler. Die Pupille reagirt, jedoch oft sehr langsain. Meist ist sie etwas owl, nnd zwar sah ieh eininal den liingsten Durch- messer vertical stehen. GewShnlich ist die Pupille weir, jedoeh oft aueh fiir einige Zeit eng. Die vordere Kaminer bleibt norlnal; es treten keine Blutungen und keine Trii- bungen der vorderen Linsenkapsel auf. Nur in einein Fail sah ich am T a g e nach der U n t e r b i n d u n g einen ringfSrmigen Bel~g auf der Vordel@~iehe der Linse. Es war aber hier die Operation bei luxirtem Bulbus ausge- ttiln~ worden~ was auf die Stanungserseheinungen einen

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Beitr~ge zur Lehre vom Glaukom. 59

Einfluss gehabt haben kann. Die Conjunctiva zeigt bald nach der Unterbindung ein Oedem, meist starker auf der Seite, wo die Bindehaut eingeschnitten win'de. Auch dies ist wohl wieder als Folge der Verletzung der Conjunctiva aufzufassen. Die Verbreiterung und Lockerung des Pig~ mentsaumes tritt auch hier auf.

An den fo lgenden Tagen heflen die Conjunctiva- wunden schnell. Die Cornea bleibt klar, nur am Rande ent- steht zuweilen ein diffus getriibter Saum; es treten st~irkere pericorneale GeP~sse auf, welche wieder diinner werden und verschwinden, wenn die Conjunctiva ganz abgeblasst ist. Die Erscheinungen am Auge bleiben sehr geringfiigig; ge- wShnlich werden die Retinalgefasse einige Zeit diinner~ besonders die Artel%n~ doch nach 14 Tagen sind auch diese wieder normal. Die locale Hyperaemie der Iris ver- schwindet in den ersten Tagen; dagegen bleibt dieselbe am Corpus eiliare bei Alb ino ' s sehr lunge sichtbar; bei Durchleuchtung scheint die nnterbundene Seite dunkler. Die Pupille behalf ihre Reaction auf Licht; in ein paar F~illen blieb sie e inen M o n a t lung bis zum Ende des Vet~uches Bin wenig oval.

Das Verhalten des Augendruckes war auch einiger- massen wechselnd. Zuweilen trat zuerst ein Sinken des intraocuhtren Druckes ein, wobei sich das Auge ganz welch anfiihlte; dann hob sich die Spannm~g ~4eder, nm sogar einige Zeit den normalen Druek zu iibersehreiten. In den meisten F~llen stieg der Druck in den ersten Tagen ziem- lich bedeutend, worauf die Spanmmg nach kiirzerer oder l~ingerer Zeit wieder zur Norm zuriickkehrte. Die Druck- steigerung war aber niemals mit Erseheinungen~ wie wir sie beim Glaukom wahmehmen, verbunden; die Pupille reagirte auf Licht und war nicht auffallend welt, die Cornea war nicht anaesthetisch, das Auge sah ~usserlich ganz normal aus. Das Einzige, was zuweilen wahrzunehmen war, ist eine zeitweise geringere Fifllung der A,~erien der Retina.

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Die Excavation blieb normal; nur in einem Falle, dem- selben, wo in den ersten Tagcn sich ein wenig Exsudat auf der vorderen Linsenkapsel zeigte, hat die Breite der Ex- cavation w~thrend des Versuches zugenommen. Der Augen- druck blieb in diesem Falle l~ngere Zeit etwas iibernormal. (I. O. S O Man muss aber mit der Deuttmg der vorhan- denen Excavation des Sehnervcn bei Kaninchen sehr vor- sichtig sein, well am normalen Auge so grosse Vertiefungen

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Fig. 2.

der Papille vorkommen, dass man sie beim Glaukom nicht schSner wiinschen kSnnte.

In der Figur sind drei Curven eingezeichnet~ welche den Verlauf des Dlnickes bei diesen Versuchen illustriren sollen. Ich muss nur noch dazu bemerken~ dass auch diese Zahlen, im Verh~ltniss zu denen, welche nach der Unter- bindung yon vier Venen gefunden wurden, zu gross sind; das Auge beh5lt n~mlich nach Vcrschluss yon 2 oder 3 Venen seh:e natiirliche GrSsse bei.

Bei einem Auge wurde 7 Tage nach der Unterbindung dreicr Venen der Versuch abgebrochen und der Druck im Auge gleich 19 mm t tg Manom. gefunden. Bei einem

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Beitri~ge zur Lehre vom Glaukom. 61

zweiten Auge fund ich 29 Tnge n~ch der Unterbindung ~on 3 Venen einen Druck yon 28 mm Hg l~[a.nom.

Bei zwei anderen Augen ~-urde 1 t l Tage naeh der Unterbindung yon 3 Venen der Dmek gefunden resp. gleieh 31 mtn Hg uud 28 raln Hg ?~{anom.

Diese letzten Augen, welehe also beinahe vier Monate beobaehtet worden waren, batten in den letzten drei Monaten keine Veriinderungen mehr gezeigt und sahen vollkommen normal aus, sowohl gusserlieh wie ophthalmoskopiseh.

Auch bei diesen Versuehen wurde, sobald das Thief getSdtet oder gestorben war, die Injection der Blutget'~sse vorgenommen. Gerade wie bei Unterbindung aller Venen wurden aueh hier feine eollaterale Gefiisschen an der Stelle der EmissaHen in der Sklera nachgewiesen. Aueh hier hatte sieh die Vene nieht dutch Thrombose versehlossen, die aus den Arterien eingedrungene Injeetionsmasse war his ausserhalb der Sklera zu verfolgen.

Die m a k r o s k o p i s e h e U n t e r s u e h u n g derAugen yon dieser Versuehsreihe ergab fast nur Ver~nderungen im Corpus c i l ia te und in der Ir is . In zwei F~llen, wo die zwei oberen Venen bei albinotisehen Kaninehen unterbun- den waren, hatte besonders die obere H~lfte des Corpus ciliare, aber aueh derselbe Theil der Iris bei durehfallen- dem Liehte eine rostbram~e Farbe, wie yon veriindertem Blut herriihrend. Die LTnterbindung war hier 9, resp. 25 Tage vorher ausgeftihrt worden. Naeh 40 Tagen war bei einem anderen Albino, wo 3 Venen unterbunden waren, ebenfalls braune Fiirbung des Corp. ciliate zu erkennen, 111 Tage naeh der Unterbindung yon drei Venen war in einem Falle au& die R e t i n a und C h o r i o i d e a an einigen Stellen leieht pigmentirt, und aueh das Corpus ciliate hatte bier oben und unten braune Stellen, w~hrend die nasale und temporale Seite sehwiieher gef~rbt war. Die Injections- masse hatte meist alle Gef~sse gut gefiillt, in den unter- bunden ,and nieht unterbunden gewesenen Gebieten ohne

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Unterschied; wo solehes nicht der Fall war, betraf es nicht vorzugsweise die unterbundenen Gel~issgebiete.

M i k r o s k o p i s c h wurde besonders auf der Seite, wo die Venen unterbunden waren, braungelbes, in Zetlen und Zellenuusliiufern eingeschlossenes Pigment in der I r is , aber Muptsiichlich im Corpus c i l iare und in der Chor io idea angetroffen. Die Blutgei'dsse der Iris und des Corpus cil. waren an nicht injieirten Augen auf der unterbundenen Seite mit ]~lut iiberfiillt, wahrend die tibrigen fast leer waren. An injicirten Augen war die Injeetio~ismasse auch in die Gebiete sehr gut eingedrungen, wo sonst die Blut- iiberfiilhmg zu sehen war. Die unterbundenen Gefiissge- biete nehmen also doch an der Circulation Theft, wiewohl in geringerem Grade, als in normalem Zustande, wie die Blutiiberftillung beweist. Die Gefiisse der Chorioidea zeigten keine :Besonderheiten; vielleicht waren die Venen auf der unterbundenen Seite etwas erweitert. In der Chorioidea, welche flash ausgebreitet win'de, zeigten sich die vorher er- wiihnten hufeisenfSrmigen und ringfdrmigen Kerne der Choriocapillaris. Das Bindegewebe zwisehen den Gef~ssen schien etwas kernhaltiger auf der unterbundenen Seite. Die Peripherie derIris war nictlt verwachsen mit der Sklera; ntu: waren auf der unterbundenen Seite immer mehr Iris- z:,ihne zu finden~ als auf der anderen. Die lqe tzhau t war am meisten ver~ndert. Sowohl auf der Seite, wo die Gef~isse unterbunden waren, als auf der anderen, hatte be- sonders die Sch ich t der St:~ibehen sehr gelitten. An einigen Stelten bestanden kleine Netzhautabhebnngen, w~ih- rend an anderen die gauze Retina so veriindert war~ dass die einzelnen Schichten nicht mehr erkannt werden konnten. Die Sttitzfasern waren starker als normal entwiekelt. Das Pigment der Epithelschichte zeigte wieder Fortsi~tze nach innen, und l~igmentzellen lagen in der Retina.

Die R~iume zwischen Netzhaut und Chorioidea waren mit zerfallenem Fibrin gefiillt, worin an vielen Ste]len noch

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Beitriige zur Lehre vom Glaukom. 63

Reihen yon ganz lose liegenden St~bchen zu erkennen waren. Dazwischen wurden an vielen Stellen wieder die l~nglichen Kerne gesehen~ welche zuweilen wieder zu zwei oder drei mit einem schmalen Strang zusammenhingen. Das Gewebe der Iris und des Corpus ciliare war deuflich verdichtet (lurch Bfldung yon feinen Bindegewebsfasern.

c) T e m p o r ~ r e r und p a r t i e l l e r V e r s c h l u s s a l l e r Vor texvenen .

Wiewohl in den F:~llen, wo alle ¥enen unterbunden waren, und n~chher sich ein Collateralkreislauf ausbildete, alle Bedingungen flit eine Stauung im ganzeu Gef~ssgebiet der Chorioidea gegeben sind, so kann m~n dem immer die Thatsache entgegenhalten, dass die im Anfang aufge- tretenen hochgradigen Stauungserscheinungen die normalen Verh~ltnisse g~nzlich gei~ndert haben. Um daher in allen Vortexvenen eines norm~len Auges eine Hemmung des venSsen Abflusses zu bewirken, warden zuerst zwei Venae vorticosae unterbunden, und nach zwei Wochen die zwei iibrigen. An zwei Augen, welche ich in dieser Weise be- handelte, traten nar die Erscheinungen auf, wie sie bei Unterbindung zweier oder dreier Venen beschrieben worden sind. Es hatten sich also wahrscheinlich nach 2 Wochen an den unterbundenen Stellen schon collaterale Gefiiss- verbindungen ausgebildet, welche nach 14 Tagen~ als die anderen Venen geschlossen warden, so vieI Blur abzu- fiihren vermochten, dass die starken Stauungserscheinungen ausblieben.

Bei zwei anderen Kaninchen warden diinne Faden unter den Venae vorticosae durchgefiihrt, und die Enden zusammengekntipft, dass unter jeder Vene eine :Faden- schhnge lag, welche so lang war, dass das Ende bis in den Conjunctivalsack reichte. Ich vermuthete, dass die Anwesenheit des Fadens an und fiir sich schon die Ab- fuhr des venSsen Blutes hemmen wiirde. Die Augen war-

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64 W. Koster.

den in diesem Zustande 9 Tage lang beobachtet. Es traten aber keine nennenswerthen Erscheinungen auf. Jetzt wurde bei einem der Tlfiere, nachdem es lest aufgebunden war, an den Fadenschlingen vermittelst feiner tt~kchen Ge- wichte yon 10 bis 20 gr aufgeh~ingt, welche eine Stunde lang die Fadenschlingen so stark hervorzogen, dass die Vortexvene ganz verschlossen sein musste. Die Gewichte zogen in der Richtung der Gesichtslinie an dem Auge, indem die Faden, woran sie aufgeh~ngt waren, fiber eine horizontalgestellte Stange geftihrt wurden. W[ihrend der Belastung war das Auge stark gespannt, der Druck fort- wghrend = 64 mm I-Ig F ick am linken Ange, und 80 mm Hg Fick am rechten. Nach Entfernung der Ge- wichte sank der Druck schnell wieder, und die Spannung des Auges wurde normal. Es waren noch keine blei- benden Ver~nderungen im Auge aufgetreten. In den fotgen- den Tagen waren nur schwache Erscheinungen an den Retinalvenen und Arterien zu beobachten, wie bei Unter- bindung Yon 2 oder 3 Venen, doch blieb das Verhalten des Auges weiterhin norma.1. ~ach 8 Tagen wurde das Thier getSdtet; die Injection der Gef~sse ergab~ dass der venSse Abfluss an der Stelle der Vortexvenen nur noeh <lurch sehr diinne Aestchen vermittelt wurde. Bei dem zweiten Kaninchen wurden ebenfalls weiterhin keine Ab- weichungen yore normalen Verhalten wahrgenommen.

Bei einem a n d e r e n V e r s u c h s t h i e r wurden die Schlingen, sofort nachdem sie unter die Venen durchgeFfihrt waren, mit Gewiehten yon 10 bis 20 gr belastet. Diese blieben eine Stunde lang hgngen; in dieser Zeit waren die Syrup- tome des Verschlusses aller Vortexvenen aufgetreten; das Auge war gross und hart, der Druck gleich 64 bis 70 mm Hg Fick. Die Iris war mit blutigen Ptinktehen durch- setzt, die Kammerperipherie durch Anlagerung der Iris aufgehoben, die vordere Linsenfl~che getrfibt~ so dass der Fundus ganz verschleiert war; in der vorderen Kanuner ein

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Beitritge zur Lehre vom Glaukom. 65

Hyphaema. Zehn Minuten nach der Entfernung der Ge- wichte war die Spannung wieder normM, 20 bis 26 mm Hg Fick. An den folgenden Tagen trfibte sich die Cornea, und wurde das Auge weicher. Naeh 3 Tagen wurden die Fadenschlingen nochmMs mit Gewichten versehen und w~thrend einer halben Stunde ~ngezogen. Es trot hierbei nur etwas SpannungserhShung auf; nach Entfernung der Gewiehte wurde der Druck bMd wieder normal. Die Schlingen wurden jetzt so nahe an den Vortexvenen wie mSglieh mit der Seheere abgetragen. Der Verlauf des Versuehes war im Grossen und Ganzen wie bei Unter- bindung "tiler Venen. Ein Stadimn grosser Weichheit folgte, nach welehem die Spannung wieder ungefShr normal wurde. Naeh 68 Tagen war das Auge schon l~tngere Zeit vollst~ndig ruhig; wegen Hornhauttriibungen war der Fundus nur undeutlieh zu sehen. Der Augendruek wurde gleieh 25 mm Hg Manom. gefunden. Die GetSssinjeetion zeigte, d-tss alle Vortexvenen geschlossen waren, und nur ihine collaterMe Zweigchen an ihrer Stelle das venSse Blut abftihrten.

Bei ¥ier weiteren Augen wurde versueht, yon aussen, ohne Einschneidung der Conjunctiva, die Vortexvenen einige Zeit zu eomprimiren. Ieh benutzte da.zu erstens zwei Holz- pineetten, deren Branehen dureh ein versehiebbares Gummi- bSndehen zusammengedriiekt wurden. An den Enden, wo- nfit sie auf dem Auge ruhten, waren feine Nadelspitzen angebraeht, welehe verhtiteten, dass die Pineetten wieder yon dem Auge abrutsehten. Jede Pineette wurde auf dem luxirten Bulbus applieirt und eomprimirte eine nasale und eine temporale Vene, resp. eine obere und eine untere. Die Pineetten dtirfen nur so stark auf das Auge driieken, dass der Augendruek sofort nieht h5her als 40 bis 50 mm Hg Fiek steigt; ist der Druek im Anfang viel hSher, so k-ran aueh das arterielle Blut nieht in das Auge eintreten, und man hat keine Sieherheit, dass der Druek dureh Filtration

v. Graefe ' s Archly t'fir Ophthahnologie. XLI . 2. 5

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yon Augenfltissigkeit wieder so weir sinken kann, dass der arterielle Blutstrom nieht mehr zuriickgehalten wird.

Bei einem Auge wurden einfaeh die Venen w~ihrend einer halben Stunde comprimirt, his die Kammer flaeher wurde, und vier Tage nachher noeh einmal. Es traten keine wesentliehen Veriinderungen dabei auf, auch nieht nach 10 Tagen. Bei einem anderen Auge wurden w~hrend s/~ Stunden die Pincetten applieirt, und naehdem sie 1/4 Stunde gelegen hatten, die vordere Kammer punktirt. Es kam bald zu sehr stal"ker Stauung mit Blutung in der his und Extravasat in der vorderen Kammer. Im weiteren VeHauf dieses Versuehes trat niehts Bemerkenswerthes auf; der Augendrucl< wurde bald wieder normM, dann einige Zeit subnormal, um wieder zur Norm zurtiek zu kehren. D.~s Blut in der Kammer resorbirte sieh; der Fundus blieb un- siehtbar wegen Trtibungen im GlaskSrper hinter der Linse. Aueh mit zwei elastisehen Schlingen, welche an einem Ge- stell befestigt waren and yon oben und unten mn den Bulbus gelegt wurden, habe ich die Vortexvenen compri- mirt. Die Sehlingen waren dutch ein St[iekchen golz so weir geSffnet, dass die Arteriae ciliares nieht oder nm" sehr wenig gedriiekt wurden. Wiewohl die Applieirung wieder- holt wurde und die Dauer der Compression abweehselte~ traten niemMs Erseheinungen ein, welche ~on den bei der Unterbindung zweier oder dreier Vol~exvenen beobaehteten Symptomen wesentlich verschieden waren. Zu erw'~hnen ist nut, dass die Venen dutch diese Compression nieht zer- st51~ wnrden. EimnM land sich ein Vmix an der Aus- trittsstelle einer Vene yon ca. 1,5 mm Breite und 3 ram LSnge. Nur die Conjunetiva wurde an der Stelle, wo die Schlingen drtiekten, etwas narbig.

Bei m i k r o s k o p i s e h e r U n t e r s u e h u n g dieser Augen wurden nur wenige Veriinderungen gefunden~ oder solehe, welehe sehon bei der Besehreibung der Augen, wo zwei oder drei Vortexvenen gesehlossen waren, erw~hnt worden

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Beitr~ge zur Lehre yore Glaukom. 67

sind. Eine periphere Yerwaehsung der Iris konnte nieht eonstatirt werden.

P o s i t i v e R e s u l t a t e der U n t e r b i n d u n g der V e n a e vor t ieosae .

Interessant ist vor allem die c o n s t a n t a u f t r e t e n d e P i g m e n t b i l d u n g , sowohl bei Unterbindung zweier oder dreier als aller Venue ~'orticosue. Bei Albinos ist selbst- verstgndlieh der Naehweis am deutliehsten; wit haben es hier oflbnbar mit einem ha ematogenen Pigmente zu thun~ welches naeh und naeh aus den rothen BlutkSrperehen ent- steht, die beim Auftreten der Stauung in das Gewebe ein- wandern. Dafiir spricht besonders, dass bei den Augen~ wo nut zwei obere Venen gesehlossen waren, es sieh fast aussehliessli& in jenen Theilen der Iris, des Co,Ires ciliate und der Retina und Chorioide~ land, welehen diese Gef~sse angehSren. Aueh die Farbe, die Form der KSrner und Sehollen nnd die Reaction spreehen dgtir, dass dieses Pig- ment tins den rothen BlutkSrperchen gebildet ist.

Die Pigmentvergnderungen, welehe bei pigmentirteu Kaninchen ophthMmoskopiseh schon sehr deutheh siehtbar werden, sind wohl als Wa:nderungen des Retinalpigmentes aufzufassen, wodureh es an einigen Stellen versehwindet oder theilweise entfemt wird, w~thrend es sieh in ~nderen Theilen der Chofioidea anhFmft. Ebenso -verhNt es sieh mit der XVandemng des Pigmentepithels der Netzhaut und der Iris und des Corpus ciliate. Dieser letzte Process ist yon C a p a u n e r ~) ausfiihrlieh verfolgt worden; derselbe tritt n~mlieh ebenfatls auf nuch Durehsehneidung einiger Cihar- artefien, wie B e r l i n und W a g e n m a n n gelhnden haben. Meine Befhnde seheinen das Ergebniss yon C a p a u n e r zu stiitzen, class die Pigmentzellen dureh eigene Bewegung ihre Stelle verlassen.

1) Capauner, Das Zustandekommen der Netzhautpigmentirung. Bericht tiber die 23. Vers. der ophth. Gesellschaft in Heidelberg 1893.

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68 W. Koster.

Die betr~chtliche Atrophie der St~bchenschicht~ welche am ausgesproehensten i~l den Augen auftritt, wo alle Venen uuterbunden sind~ sowie die tibrigen Ver~nderungen der :Retina sind ein neuer Beweis dafiir~ dass die ErnShmng der Netzbaut~ besonders der pereipirenden Elemente~ yon dem Capillarnetz der Chorioidea aus stattfi~det. Die Atrophie des Nervus optieus mit den Markfl~igeln ist wolff haupt- sSehlich als Ausdmek dieser Atrophie der 5;etzhaut aufzu- ft,ssen. Zwar wurden auch die eigenen Blutget~sse der Netz- haut ver~ndert geiunden und waren besonders die Netzhaut- arterien immer fadenfSrmig, wenn vier Venen gesehlossen waren~ Mlein beim Kaninehen erstrecken sieh diese bekannt- lich nur fiber die Gegend der Markfl~igel; wir kSnnen nieht mmehmen~ dass die hiermit verbundene ErnShrungsstSrung allein eine Atrophie der ~ervenfasern herbeifiihren wiirde.

Besonders wiehtig seheint nfir das Auftreten der Ke- ratitis parenchynmtosa naeh Verschluss aller Vortexvenen mid die Heilung desselben, wenu eollaterale Gefi~ssverbin- dungen ausgeb!ldet sind. Die Untersuchungen yon W a g e n - m ~nn fiber die Durchsehneidung der Arteriae eiliares haben es sehr wahrseheinlieh gemaeht, dass diese noeh nicht gSnz- lich verstandene Krankheit mit ErnShrungsstSrungen und Entzfindungen der Chorioidea und des Corpus eiliare zu- sammenh~ngt. Dass bei der Sehliessung des venSsen Ab- flusses aus diesen Gebieten dasselbe Krankheitsbild zur Be- ob'~chtung kommt, ist eine neue Stfitze fiir diese Annahme. Zwar wurden, wie W a g e n m a n n angiebt, bei seinen Ver- sucheu aueh wohl immer einige Venae vortieosae mit dureh- schnitten, allein der Yerseh]uss yon drei Vortexvenen rufg die Keratitis parenchymatosa nicht hervor, und bei Wagen- mann ' s Versuchen ist also die Hornhautentzfindung wirk- lieh die Folge der arteriellen Isehaemie. Auch ist das ganze Krankheitsbfld bei unseren Versuehen so sehr yon dem bei Durehsehneidung der Arteriae eiliares auftretenden Bilde versehieden, dass hier an efl~e Verwechsehmg nicht

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 69

zu denken ist. Man kSnnte meinen, dass die Verletzung der Conjunctiva Ursache der Ker,~titis w~tre. Ie]t habe reich abet oft fiberzeugt, dass ringfSmfige Durchschneidung und Abtragung der Conjunctiva bulbi mit vSlliger LSsung aller ~[uskelanhaftungen am Corneoskleralrande keine Trti- bung der Cornea nach sich zieht. Nnr bei der Heilung der Wunden kommt eine sehr schwaehe Triibung am Rande der Hornhaut vor.

Die K a t a r a k t b i l d u n g bei lTnterbindung allerVenen muss ebenfalls als Ern:~ihrungsstSrung aufgefasst werden. Wenn die Linsentrfibung schon in den ersten Wochen n'tch tier Operation ~uftritt, ist dies gewissermassen leicht ver- st~ndlieh. Etwas schwieriger wird die ErklSrung~ wenn wShrend der hochgradigen Stauungsvorg~nge die Linse klar bleibt und sich erst nachher a]]m~hlich Katarakt aus- bildet. Wit miissen dies wohl so auffassen, dass im Anfange des Versuches der venSse Abftuss des Blutes nieht volt- kommen gewesen ist, so dass die ErnShrung der Linse noeh eben st,~tttfinden konnte. Die sphteren Folgen der St'tumlg, die Vermehrung des Bindegewebes in Chorioidea und Carpus citiare kSnnen dann die Ausscheidung yon Ern~hrungsfliissig- keit beeintrSehtigen, wie auch aus der niedrigen Spannun.g des Auges hervorgeht, und die ]~olge der ungeniigende~l ErnShrung ist die langsame Linsentrtibung.

Es ist bemerkenswerth~ dass das Bild der totalen Ka- tarakt fast genau mit dem der Katarakt [ibereinstimmt~ welehe durch Einverleibnng yon Naphthalin bei Kaninchen hervor- gerufen werden kann. Die yon P a n a s ~) seiner Arbeit bei- gefiigte Zeichnung der totnlen Katarakt stimmt fast vo]l- stSndig mit der Linsentrfibung, wie ieh sie beobachtet habe. Nur sind die Risse, welehe in dem hinteren Theil auftreten und bis in den Kern ¥ordl~ngen~ nicht so scharf umschrieben~ wie ieh sie gefunden habe (Tafel III, Fig. 1 und 2). Wo

~) Panas: l~tudes sur la nutrition de l'oeil. Archives d'Oph- thalmologie. Tome VII. 1887. pag. 97.

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70 W. Koster.

die Kata.raktbildung sp~ter auftritt und sehr langs~m fort- schreitet, sehen wir, dass haupts~chlich ein ringfSrmiger Bezirk in der hinteren Cortica, lis den Sitz der ersten Trii- bungen bildet, wie dies yon ~ a g n u s ') bei seinen Yersuchen fiber Naphthalinkatar,~kt besehrieben worden ist. Auch am hinteren Pol tritt eine Triibung auf, w~hrend die Streifen in der vorderen Cortiealis anfangs sehr unbedeutend bleiben. Die Bildung einer Epithelsehicht auf der inneren Seite der hinteren Linsenkapsel sowohl wie die Proliferation der Epi- thelzellen an der Innenseite der vorderen K~psel sind eben- falls ganz in Uebereinstimmung mit den Erscheinungen bei tier Bildung der Naphthalin- und der Alterskat~rakt. Was die Meinung yon P a n g s betrifft, class die Katar,~ktbildung gls eine Folge der Ern~hrungsstSrung der Retina aufzufassen wgre, so bin ich im Einklang mit H e s s s) der" Meinung, dgss der Kataraktbildung vielmehr eine yon der Aderhaut gusgehende Ern~thrungsstSrung zu Grunde liegen dti~te.

Yon grossem Interesse seheint mir auch die Th~ttsaehe, dass naeh U n t e r b i n d u n g Mler Vor t ex~enen die Pe - r ipher ie der I r i s mit der S k l e r a ve rwachsen kann. Aus tier Beschreibung tier Versuche geht hervor, dass schon na, eh einigen Stunden das Corpus eiliare so ~usgedehnt ist, dass die IHsperipheHe an die Sklera und Cornea ange- driiekt wird.

Zw~r geht~ wie Fig. I und 2 zeigen, diese Verklebung naehher theilweise zurilck, doch bleibt immerhin an vielen Stellen eine sehr deutliche Verwachsung der Iris im Kammer- ~inkel bestehen. SeHensehnitte durch ein solehes Auge er- geben~ dass die Verlegung des Kammerwinkels nieht iiberall gleich weit "~usgedehnt ist; ,nn vielen Stellen fehlt dieselbe

~) H. Magnus, Experimentelle Smdien i~ber die Ern~hrmlg ~ler Krystalllinse und fiber Kataraktbildung. v. Graefe's Archiv XXXYI. 4.

2) C. Hess, De la eataraete naphtalinique. Revue g6nerale d'ophthalmologie. Tome ¥I. Nr. 9.

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 71

sogar. Diese secund~,re Verw~chsung der Iris vemnlasste reich besonders, die spSteren Versuehe fiber tempor~ren Vers&luss der Vortexvenen anzustelten. Ich wollte das Anliegen der Iris hervorrufen, ohne die GeNsse dauernd zu sehliessen. Dies ist mir abet nieht gelungen. Die Ver- waehsung der Iris mit der Sklera findet, wie sehon mitge- theilt wurde~ ohne Zwisehenlagerung yon Bindegewebe start. Dies seheint mir durum wiehtig, well an diesen Augen mit dem Manometer angestetlte Filtrationsversuehe ergaben, dass die Flfissigkeit aus der vorderen Kammer normal sehnell filtrirte. Ieh will dies hier nur eonstatiren und kann nieht weiter auf diese Thatsaehe eingehen.

Durch die Untersuehungen yon L e b e r ist festgestellt, dass die Augenfltissigkeit das Auge haupts.Xehlieh im Kam- merwinkel verlitsst. Sehliessung oder Verengerung dieser Abfuhrwege muss unbedingt Drucksteigerung zur Folge haben. Man hat oft dagegen angefiihrt, dass die vordere Angenkammer beim Glaukom nieht vertieft ist, was sie doch sein miisste, wenn das Hinderniss an ~hrem Ausgange ge- legen ist. Vom theoretischen Standpunkte betraehtet ist dies in so weir riehtig, dass bei langsamerer StrSmung aus der hinteren in die vordere Kammer die Iris etwas weniger naeh vorn gespannt sein mitsste. Ieh glaube aber nieht, dass diese Vers&iebung der Iris eine wahrnehmbare sein kSnnte, denn wenn der Druek im GlaskSrper und der in der vorderen Augenkammer nieht messbar versehieden sind, wie ieh gefunden habe, so kann aueh die Spannung de," Iris naeh ~'orn, welehe dutch die FliissigkeitsstrSmung s~er- ursaeht wird, keine messbare sein. Vom praetisehen Stand- punkte betraehtet hat abet der Versehluss der Abfuhrwege der Fliissigkeit aus der vorderen Kammer so viele andere Folgen, dass die Abflaehung der Kammer uns gar nieht zu wundern braueht. So wird z. B. dutch einen hohen Druek, der mittelst einer Canfile mit langem Sehlaueh und Triehter in der vorderen Kammer des Auges eines lebenden Kanin-

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72 W. Koster.

chens ltingere Zeit unterh~lten wird~ dieser Raum nicht er- weitert, "sondern verengt. Bei einem Druck yon 100 mm Hg, der wShrend einer halbert Stunde unterhalten wurde, sah ich (lie vordere Kammer auffallend flach werden. ~Vahr- scheinlich ist die Haul)t,,rsache die Hyperaemie des Coil)us ciliare~ welches die Iris nach vorn dr:~tngt.

Dieser letzte Versuch soll nicht als Beweis angefiillrt werden, dass beim menschlichen Glaukom die Verlegung des Kammerwinkels secundgr und die Drueksteigerung pri- mSr ist; ich habe ihn nur citirt, uln es begreiflich zu machen, dass Versehluss der ]~'iltrationswege und flache vordere Kammer einander nicht ausschliessen. Es ist sehr wahrschein- lich~ class die vordere Irisverwachsung, besonders wenn da- bei viel Bindegewebe gebildet ist~ den Abfluss des l(ammer- wassers aus dem Ange hemmt. Gesetzt nun, es ki~me beim menschlichen Auge vor, dass Stauung in allen Vortexvenen eine Verwachsung der Irisperipherie hervoniefe, welche durch Retention der Augenfliissigkeit Glaukom erzeugte~ so miisste doch immer die Verlegung des Kammerwinkels als die letzte, die wesentliche Ursache der Krankheit betrachtet werden. In diesem Sinne aufgefasst~ halte ich es fiir wahrscheinlich, dass in manchen l~'Mlen yon Glaukom die Krankheitser- scheinungen dm'ch Stauung in den "rV'ortexvenen verschlimmert und besonders weniger der Riickbildung zug.anglich werden.

K r i t i k e in iger G l a u k o m t h e o r i e e n .

Als H a u p t e r g e b n i s s d ieser V e r s u c h e fiber den t o t a l e n oder pa r t i e l l en V e r s c h l u s s e in iger ode r a l ler V o r t e x v e n e n kSnnen wir behaupten~ dass in keinem Fa l l ein £ [ r ankhe i t sb i l d w a h r g e n o m m e n wurde oder ein S y m p t o m e n c o m p l e x zu S t a n d e kam, welche w e s e n t l i c h an die beim menseh l i chen Glaukom a u f t r e t e n d e n E r s c h e i n u n g e n er inner ten .

Die acute Dmcksteigerung~ welche bei Unterbindung aller Venen auft~tt~ ist kein Glaukom im eigentlichen Sinne~

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Beitrlige zur Lehre vom Glaukom. 73

weil sie naeh sehr kurzer Zeit spont~n sich zuriickbildet ~md in Hypotonie iibergeht, und weil sie nicht lange genug dauert, um (tie fiir Glaukom ch~r~kteristischen Folgezust~nde des gesteigerten Druckes hervorzurufen.

Der tempor~ren Drueksteigerung, welehe nach der Unterbindung zweier oder dreier Venen auftritt, kann man noch weniger den Namen Glaukom beilegen, weil die Druck- steigerung hier das einzige krankhafte Symptom ist~ und alle gnderen i~hlen.

Es w~ire zu erkl~ren, warum in diesen letzteren Fgllen nicht andere Symptome des Glaukoms, sei es aueh nur voriibergehend, wahrgenommen wurden. Bekannflieh erklgrt man sich alle Krankheitserseheinungen des GI'mkoma sim- plex einfach ~us den ~tbnormen Verhg]tnissen, welche dm'ch den erhShten ])ruck im Inneru des Auges helworgerui~n werden. Wenn die Drueksteigerung wirktich ~llein die Ur- sache ist, wodurch solche erhebliche StSrungen ttnftreten, so ist es also sehr wahrscheinlich, dass die tempor:~ire Er- hShung des Druckes nach Unterbindung zweier oder dreier Vortexvenen nicht lang geeing angehalten hat oder nicht gross genug war, mn dasselbe Krankheitsbild zu erzeugen. AHein ieh glaube, dass mini bis jetzt efilen wiehtigen Factor~ der bei der Drucksteigerung eine Rolle spielt, zu wenig be- achtet hat~ welcher ebenihlls das Ausbleibeu yon weiteren Symptomen in diesem F,'dle erkl~ren kann. Es wird nSm- lich naeh meiner Meinung yon sehr viel Gewicht fiir die Ern~ihrung des Anges sein, ob (tie Drueksteigerung dutch Retention oder dureh Hyperseeretion yon Lymphe in dem Auge bedingt wird. Im ersteren Falle wird der Stoffwechsel des Auges in hohem Grade leiden, denn auf der einen Seite werden die Stoffweehselproduete ungeniigend aus dem Auge nbgefiihrt, w~hrend auf der anderen Seite die Ausscheidung yon ern~hrender Lymphe aus den Blutgef~tssen in dem Auge gehemmt ist. Bei der DruekerhShung dureh Ityperseeretion miissen wir unterseheiden zwisehen deljenigen, welehe dutch

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active und derjenigcn, welche durch passive Hyperaemie hervorgerufen wird. Bei der letzteren wird die Ausscheidung yon Lymphe in das Auge vermehrt sein mtissen, und ebenso ~uch die Abfllhr derselben ~us dem Auge. Es wird also gar kein Mangel an eigentlichen erniihrenden Bestandtheilen auftreten~ und die Stoffwechselproducte werden reiehlich ab- gefiihrt werden, well der g~nze ]~ltissigkeitswechsel zuge- nommen hat. Auch die Zuthhr yon Sauerstoff und die Ent- fernung yon Kohlens,ture aus den Gewebcn wird nicht m e h r beeintriichtigt sein als in dem FMte, wo die Drucksteigerung durch Retention yon Augenlymphe hervorgerufen wird~ well in beiden Fiillen ungef~hr dieselbe Quantit~it Blut alas Auge in der Zeiteinheit durchfliessen wird; denn w~hrend bei der venSsen Stauung diese Blutmenge etwas kleiner als normal sein wird, dutch Verengerung der Ausflussstellen des venSsen Blutes, wird die Drucksteigerung, welche dutch Retention yon Lymphe bedingt ist. die normalen Gef~isse comprimiren~ und dadurch den Zufluss yon Blur nach dem Auge vet- ringern. Zwar hat auch tier relative Gehalt des Blutes an Sauerstoff einen Einfluss auf den Austausch des letzteren gegen KoMensSure aus den Geweben, allein die Grosse des Gesammtquerschnittes des Gefi~ssgebietes ist ebenfalls yon grossem Einfluss auf diesen Process und deshalb wird in den beiden genannten F~llen die Gewebeathmung des Auges woM ungef~thr gleich gross sein.

Die arterielle HyperSmie, welche ebenfalls eine Hyper- secretion hervorrnfen kann~ wird bcgreiflicherweise dem Auge durch StSrung der Ern~hrungsverhSltnisse noch viel weniger schaden k0nnen~ a]s die venSse Stauung.

Wenn wir jetzt wieder zu unserem Ausgangspunkte zuriickkehren, so wiirde also die temporSre, verhMtnissm~ssig geringe Drueksteigemng, welehe naeh Unterbindung dreier oder zweier Vortexvenen wahrgenommen wurde~ darum keine Glankomerscheinungen hervorgerufen haben~ well die Er- n[~hmng des Auges nicht gest51~ war und der Druck nicht

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eine derartige HShe erreicht hatte und die Drucksteigerung nicht lange genug anhielt, dass dieselbe an und fiir sich die ErnShrungsprocesse beeinflussen kounte.

Anf Grund yon der vorhergehenden Auseinandersetzm~g seheint es mir ebenfalls wfinschenswerth, nicht jede Druck- steigerung ~is Ghmkom zu bezeichnen. Den letzten Name~ sollte man meiner Ansicht naeh nur gebrauehen, wenn tier bekannte Symptomeneomplex vorhanden war. Wenn wir einmal im Besitze eines Instrumentes sind, welches fiber die Spannung der mensc.htietmn Augenka,psd genaue Auskunft giebt~ so k5nnte sich herausstellen, dass bei vielen Augen, welche keine erheblichen Krankheitserscheinungen d~rbieten, der Tonus des Bulbus ebenso gross ist~ wie in vielen Fiillen yon Gtaukom~ simplex.

Wenn es also richtig ist, dass das Auge durch Retention yon Lymphe ~iel mehr leiden muss als durch Hypersecretion dm~elben~ wenn auch beide Processe eine gleiche intraoculare Drucksteigerung hervon'ufen kSnnen, so geht dar,~us hervor. dass wenn wir tiberhaupt nur eine Ursache fiir das Glau- kmn annehmen wollen, eine Retentionstheorie zur Erkl~rnng der Krankheitserscheinungen viel mehr Wahrs&einliehkeit ftir sich hat als eine ttyperseeretionstheorie.

Wenn wir die Resultate dieser Versuehe am Kaninehen- auge auf die Verh:altnisse des menschliehen Auges tiber- tragen dtirfen, und ich sehe keinen triftigen Grund, warum dies nicht der Fall sein kSnnte, so fblgt daraus, dass die G l a u k o m t h e o r i e e n , welehe als p r im~re U r s a c h e der K r a n k h e i t eine S t ~ u u n g im G e b i e t e der Venae vor t icos~e annehmen , n ich t h~l tb~r sind.

B i r n b a e h e r and Cze rmak ~) haben Ms prim~.re Ur- sache eine Entzfindung in der Chorioidea angenommm~, welehe sieh auf die Venae vortieosae und in die Emissarien

1) A. Birnbacher und \¥. Czermuk, Beitrgge zur patholo- gischen Anat,)mie und Pathogenese des Glaukoms. v. Graefe's Arch. f: Ophthab,L XXXII. 2 und 4. 1886.

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dieser Venen in der Sklera fortpflanzt. Nachher soll eine Proliferation der Endothelzellen der Venae vorticosae ent- stehen, welche zu totaler oder partieller Obliteration dieser Gef~sse fiihrt. Die tIemmung des venSsen Abflusses aus der Chorioideg ruft Stauungserscheinungen hervor und das Krm~kheitsbild des Glaukoms kann ihrer Ansicht naeh aus dieser Ursaehe erk151¢ werden. Neue Versuehe tiber dis Folgen der Stauung sind yon diesen Autoren nieht gemaeht worden; sis fiihren besonders dis yon Schu l t~n gemaehten Versuehe tiber Unterbindung der Venen als Beweis an, dass dauemde Drueksteigerm~g folgen mtisse. Aueh dis An- heftlmg und Verwachsung tier Irisperiphelie mit tier Cor- neoskleralgrenze wollen B i r n b a e h e r und Czermak nieht aufgefasst haben tds eine dureh Druck entstandene Ver- w'tchsung. Sie l~ssen dabei eine wirklie!le prim~ire Ent- ztindung (lie Hauptrolle spielen.

Dass der erhShte Druek die Ursaehe der Entzfindnng in den Emissm~en und der Endophlebitis sein kSnnte, weisen D i r n b a c h e r und Czermak entsehieden zurtiek. Als Befveis daffir wird yon ihnen angefiihrt, dass oft einige Vortexvenen entziindet oder gesehlossen waren, die m~deren aber sich als vollkommen normal darboten. Nachher hatte B i r n b a e h e r ~) Gelegenheit, einen fi'isehen Fall yon Glau- kom zu untersuchen. Er land dabei, dass nirgends Ent- z~indung im Fontana'sdhen Raum bestand, und auch nur ~]s der IfisI)eripherie mit der Con~eo-Sklera verwaehsen war~ wobei dram tier eigentliehe I~2ammerwilxkel noah immer frei blieb. Die Chorioiditis und EndopMebitis einiger Vor- texvenen wnrden aber angetroffen. Daher meint ]3 ir nb a eh er mff die Letzteren noeh mehr Gewieht legen zu mfissen.

Zun~'tchst ist bier zu bemerken, dass die yon Sehu l - t6n gemaehten Yersuc.he sieh tiber sehr kurze Zeit er-

~) Birnbacher, Boitrag zur Anatomie des Glaucoma acutmn. Festschrift. Graz 1890.

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streckten; es handelt sich dabei nut um eine nlanometrische Bestimmung. ~rie schon hervorgehoben wurde, ergaben meine Versuehe gar keinen Anhaltspunkt ftir die Glau- komtheorie yon B i r n b a e h e r und Czermak. Wir sind also genSthigt, die yon diesen Autoren beschriebenen Ent- ziindungsvorgi~nge an den Vortexvenen und in der Chorioi- .dea als nebens•chliche Processe ~ufzufa, ssen, die sieh zur Drueksteigerung vielleieht secundgr, vielleicht eoordinirt verhalten. Dafiir splieht auch, dass yon anderen lJnter- suehern diese Endophlebitis der Venae vorticosae keines- wegs als ein constantes Vorkommniss beim Glaukom ge- fimden wurde.

P r i e s t l e y Smi th ~) maehte die mikroskopisehe Unter- suchung yon 10 Augen, welehe durch prim~res Gl~ukom, und yon 3, welche durch secund~res Glaukom veHoren gegangen waren, und komlte keinen grossen Untersehied eonstatireu zwisehen dem Verha, lten der Venae vortieosae bei diesen Augen und bei denen eines gesunden Auges. A. ~V. S t i r l ing 2) untersuehte die ChoHoidea und die Vor- texvenen bei 20 Augen, welche wegen prinfitrem Glaukom enueleirt women waren, und land nur in drei yon den unter- suehten Augen Vergnderungen an den Vortexvenen. ]h~ allen anderen Fgllen war an diesen GefSssen niehts Ab- nonnes wahrzunehmen. In 11 yon den 20 Augen wurde Entziindung der Chonoidea const~tirt; dies spricht sehr dafiir, dass sowohl die Chorioiditis wie die Endophlebitis nebenshchliche Proeesse oder wohl theitweise Folgen der ErnM~mngsstSrungen im Auge sind und dass es nur yon tier Intensit~t derselben und yon dem Zeitpunkte der Enu- cleation des Auges abh.:ingt, ob die Entziindung schon auf

') Priestley Smith, On the Pathology and Treatment of Glau- coma. London 1891.

'~) Alex. W. Stirling, An Inquiry into the condition of the vortexveins of 20 eyes enucleated for primary Glaucoma. 0phth. Hosp. tlep. Vol. 13. 1893.

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die Emissarien der Venen iibergegriffen hat, oder dieselben noch als normal angetroffen werden.

Aueh U l r i c h 1) konnte die Untersuchungen yon Bi rn - b a c h e r und Czermak nicht bestfitigen. Er meint daher~ dass die yon ihnen vertretene Glaukomtheorie nur ftir einige wenige Fi~lle zuttifih

Von den Nteren Glaukomtheorieen ist es besonders die yon A d am ilk, welche sieh mit dem Einflusse der Stauung in den Vortexvenen besch~ftigt. Die yon diesem Autor angestellten Versuche tiber den Verschluss aller Venen sind im Anfange dieses Aufs-~tzes erwiihnt. Auf Grund dieser Befunde sieht Adamt ik die Hauptursache des Glaukoms in der abnormen Blutvertheilung im Auge und keineswegs in der Drucksteigerung, welehe naeh seiner Ansicht hie- reals im Sta~de ist, die Circulation im Auge in der Weise zu beeintrSchtigen, wie dies beim Glaukom wahrgenom- men wird.

Auch Adamt ik hat den Effect der Unterbindung ~dler Vortexvenen nieht Iiinger beobaehtet, Ms die manometrische Bestimmung erforderte. Die weiteren Folgen sind gerade das GegentheiI yon Glaukom. Weiter muss i& bemerken dass Adami ik bei seinen Versuchen die Conjunetiva und die Anheftungen der geraden Muskeln des Auges, somit aueh die vorderen Ciiiararterien und Venen, vSllig dnreh- trennte, und dass ~lso der manometriseh gefundene Druek ~fieht ganz als Effect der Unterbindnng der Vortexvenen aufzufassen ist.

Derselben Ansicht wie Adami ik ist S t e l lwag yon Carion. Nm" fiigt dieser noeh hinzu, dass die Elastieit~tt der Sklera einen regulirenden Einfluss auf den Augendruek haben mtisse. Gefiissl~hmungen sollen nach diesem Autor racist den Ausbrueh des Glaukoms herbeif~ihren.

5) Ulrich, Kritik neuerer Glaltkomtheorieem Arch. f. Augen- heilkunde XXVI. 1893.

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Auch auf secund~h'em Wege~ haben Einige gemeint~ k~innte eine Stauung in den Venae vorticosae auftreten. Nach R o s e r ~) soll eine spontane Drucksteigerung die Aus- trittstellen der Venae vorticosae in der Sklera comprimiren, die dadurch hervorgerufene venSse Stauung soll eine weitere DruckerhShung bewirken, wodurch auch wieder die Vortex- venen gedriickt werden, und also ein Circulus vitiosus ent- steht. Es w~tre demnach also jedes Auge fortw~ihrend der Gefahr eines Gtaukomanfalles ausgesetzt.

Von Schoen ~) in Leipzig ist eine Glaukomtheorie aufgestellt worden, wobei er besonderes Gewieht auf den Tonus des Ciliarmuskets legt. Dieser Muskel soll n:~imlich vennittelst sehr feiner Faseru, welche in tier Chorioide'~ verlaufen~ seinen eigentlichen Ansatz an tier Lamina cri- brosa hi, ben und tier Tonus des Muskels soil eine fort- w~hrende Spannung der Chorioidea bewirken und verhin- dern, dass das Corpus ciliate und die Linse nach vorn ge- dr~tngt werden Tlitt eine Parese oder eine Paralyse des Muskels ein, so dringen Linse und Corpus ciliate nach vorn und hemmen den Abfluss yon Fliissigkeit aus dem Auge. Eine logische Folge der Parese des Ciharmuskels ist dann der Verlust der Spannung dot Chorioidea. So weir ieh gesehen h~be, ist das Letztere und die mgglieher Weise dadureh eintretende Stiirung in der Circulation der Aderhaut nirgends yon S e h o e n besonders betont worden. Jedoeh behauptet er 3) in einer l~io~tiitsverwahrun~ gegen S t r a u b , d~ss die Lehre ~'on der Spannung der Chorioidea mit allen ihren Folgerungen beziiglieh des Augendrueks und des Glankoms zuerst yon ihm aufgestellt und begriindet

1) Roser, Arch. f. phys. tteilkunde. N. Y. III. Bd. 1859. S. 128--130.

3) Schoen, Zur Aetiologie des Glaukoms, v. Graefe's Arch. XXXI. 4. 1885.

~) Schoen, v. Graefe's Arch. XXX¥. 1. 1889.

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worden sei, und es ist mSglich~ dass dies in einer Arbeit geschehen ist, welche mir ~ficht unter die Augen kam.

S t r u u b I) hat bei seiner Glaukomtheorie das Haupt- gewicht gelegt anf die Spannung der Chorioidea. Diesetbe soil im normaten Auge durch den Tonus des Ciliarmuskels so stark gespannt sein, d~ss sic den ganzen intraocularen Druck tr~gt, und dadurch sollen seiner Ansicht nach tier perichorioideale Lymphraum und die Austrittstellen der Vortexvenen gegen den Druck des Auges geschiitzt seii~. Der Verlust des Tonus des Cili,~rmuskels soll dann Druck tmf die Vortexvenen herbeifiihren, well die Aderhaut den Augendruck nieht mehr trggt, und die dadureh verursaehte Stauung in BlutgefSssen und Lymphraum soil das Bild des Glaukoms hervo~Tufen.

H a n c o c k 2) h~t vor 15ngerer Zeit die Behauptung auf- gestellt, dass eine arth~:itisehe Affection der Blutgef~sse den Museulus ciliaris in best~tndigen Spasmus versetzen sollte, und dass in Folge dessen durch die Verbindung des Corpus ciliate mit der Chorioide~ secund~r eine venSse St~uung im Ange auftreten mfisste. Hiernaeh w[irde also durch Spasmus des Ciliarmuskels bewirkt werden~ was nach S cho e n und S t r a u b die Parese des Muskets zur Folge haben soil.

oDiesen vier letzte~n (^~l~ukomtheorieen kaun ich das Resultat meiner Versuche entgegenhalten. Dieselben zeigeJ~, dass, obwohl eine St~uung erhShte Secretion giebt, diese durch e:rhShte Filtration aus dem Auge wenigstens so welt compensirt werden kann, dass nur eine mgssige Druck- steigerung oder auch normaler Druek bestehen bleibt, wghrend yon Glaukomsymptomen nicht die Rede ist. D i e Glaukomtheorie yon Schoen wtirde dadurch also eines der

1) M. Straub, Ueber das Gleichgewicht der Gewebs- und Fliissigkeitsspannung im Auge. In v. Graefe's Arch. f. Ophthahn. XXXV. 2. 1889.

~) Hancock, Lancet 25. Febr. 1860; Annales d'0cul. XLIV. pag. 47.

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Beitr~ige zur Lehre yore f+la,lkom. S l

Momente, welehe yon ihr als Ursaehe der Drueksteigernng betrachtet werden, verlieren; die Vorstellungen yon Roser , H a n c o c k und S t r a u b tiber (tie in Rede stehenden Vet- h~ltnisse werden dadurch aber ganz unhaltbar.

Kehren wir jetzt zu unserem Ausgangspunkte zm'iick, so kSnnen wir den Satz aufstellen, dass j ede G laukom- theor ie , welche als wesen t l i che U r s a c h e der K r a n k - hei t eine S t a u u n g in den Vor t exvenen annimmt, sei es dnrch pr im~re E r k r a n k u n g de r se lben , oder s,d es durch auf ihren W a n d u n g e n l a s t e n d e n Druck, durch expe r imen te l l e ~Vahrnehmungen am Thie r - auge n ieh t be s tS t i g t wird.

II.

D i e Spannung der Chorio idea u n d der Retina.

Fiir seine Behauptung, dass (lie Chorioidea eigentlieh den intraoeularen Druek trigt, und die Sklera nur als Sehutzvorriehtung bei pl6tzlieher starker Drucksteigerung dient, hat S t r a u b aueh experimentelle Beweise beizu- bnngen versueht. Er schnitt n~mlich beim lebenden Kanin- then ein kleines Fenster aus der Sldera, in der Gegend zwisehen den Venae vortieosae und dem CorneMrand~, w~hrer~d der Druek im Auge dureh Verbindung mit einem Manometer bestimmt und geregelt werden konnte, und nahm wahr, dass die Chorioidea sieh nieht aus der Oeffmmg vor- bu&tete, wenn der normale Augendru@ nieht abersehritten wurde. Besonderen Werth legt S t r a u b auf die Stelle, wo das Loeb in der Sklera angebraeht wird. Er salt nihnlieh, class die Chorioidea aueh bei normMem Druek naeh aussen gepresst wurde, wenn die Oeffnung tier SMera so gelegen war, class die Chorioidea sieh ml der Stelle gegen die Sklera versehieben konnte. Maehte er abet die Oeffnung tier Sklera an einer Stelle, wo die Chorioidea dureh die austretenden Vortexvenen und dureh die Inse~+cion des Museulus eiliaris am Slderoeornealrande fixil~ ist, so blieb

v. Graefe ' s Archly flir 0phthalmologie. X L I . 2. 6

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nach S t r a u b die Vorbuchtung aus. Zun~tchst muss ich hierzu bemerken, dass schon die Beobachtungen yon S t r a u b beweisen, dass die Chorioidea nicht im Stande ist, den nor- malen Augendruck zu tragen, denn wiire dies der Fall, so kSnnte weder die Form~ noch die Stelle des Loches in der Sklera auf das Resultat des Versuches Einfluss haben. Ich habe aber, well die Sache mir wichtig schien~ die Versuche wiederholt, und land, dass auch dann noch, wenn der Druck im Auge mit dem Manometer auf 0 gestellt wurde, die GeiSsshaut in dem Loche der Sktera vorgebuchtet lag.

Die Versuche wurden fotgendermassen angestellt. Die Canifle des Leber 'schen Manometers wurde in die vordere ]~ammer eines Kaninchenauges eingefiihrt und der Augen- druek bestimmt; er betrug 33 mm Hg. D~nn wurde die Sehne des Museulus rectus superior durchschnitten und zurfickgeschlagen; zwischen den Austrittsstellen der Venen und dem Comealrande wurde jetzt ein viereckiges Fenster ~us der Sklera mit Schonung der Chorioidea ausgeschnitten, yon 3 mm Seite in meridionaler und yon 4 mm in ~qua- toriater Richtung. Die Chorioidea wSlbte sich sofort stark aus tier Oeffnung hervor; dann wurde schnell der Augen- druck mittelst des Manometers herabgesetzt, um zu er- mitteln~ welchea Druck die Gef~sshaut iiberhaupt tragen konnte, ohne ihre normale Lage zu verlassen; dabei wurde gefunden, dass selbst wenn der Druek his auf 0 gesunken war, die WSlbung der Chorioidea noeh immer grSsser war, als die WSlbung der inneren Skleraflache. Well man gegen diesen Versueh den Einwand machen kSnnte, dass der normale Druck, dessen Wirkung die Chorioidea allein einen Augenblick ausgesetzt war, deren Elasticiti~t beein- tr~ehtigt haben kSnnte, wurde bei dem zweiten Auge des- selben Thieres so verfahren, dass, nachdem der Augen- druck mit dem Manometer gleich 24 mm Hg gefunden war, der Druck im Auge auf 0 herabgesetzt und jetzt (lie Oefi: hung in der Sklera angebracht wurde. Die SeitenlSnge

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 83

war bet diesem Loche 2 mm in meridionaler und 4 mm in 5quatorialer Riehtung. Auch hier lag bet einem Druck .... 0 die Chorioidea schon in der Oeflhung der Sklera, bet 2 mmHg schon ausserhalb der 5usseren Oberfl~tche, wSh- rend sie bet 25 mm Hg ungef':~hr 1,5 mm ans der Oeff- hung vorgebuchtet wurde. Bet zwei anderen Augen wurden die Versuche wiederholt, ohne das Auge nfit dem Mano- meter zu verbinden. Auch hier lag beim norm'flen Augen- druek die Cholqoidea ungefghr 1 mm aus der Sklerawunde r w~thrend bet punktfi~er Kammer die Gefgsshaut sigh nicht gSnzlich innerhalb des Auges zuriiekzog.

Wiewohl die H e i l u n g und der wei te re Ve r l au f dieser Sk l e r ade fec t e beim Kaninchenauge mit der eigent- lichen Frage fiber die Tragkraft der Chorioidea und der Retina wenig zu thun haben, so scheint es mir doch in- teressant, die darfiber gemachten Beobachtungen hier mit- zutheilen.

Am ersten Tage, n:~chdein d~s Fensterchen aus der Sklera geschnitten war, hatte das Auge eine Spannung yon l0 mm Hg Fiek; die vordere Kammer war etwas flacher; die Chorioidea lag etwas weniger weit in der Sklerawunde vor. In den folgenden Tagen gnderte das Bfld sieh inso- weit, dass die Conjunctiva anfing, in der Umgebung des Skleradefeetes mit derselben zu verwachsen; das Ange wurde bald normal gespannt (Druck = 25 bis 30 mm Hg Fick). I)rei Wochen naeh der Operation war die Sklerawunde ganz nfit Conjunctiva und Bindeg~webe bedeckt; die Bedeekung war widerstandsfghig und die dureh das Gewebe dureh- sehimmernde Aderhaut war nur sehr wenig t'tber die iiussere Fli~ehe der Sklera vorgebtiehtet. Im Verlauf yon 3,5 Mo- naten entstand an der Stelle der Operation ein leiehtes Staphylom der Sklera und das Gewebe innerhMb der friiheren SMerawunde war ungeff~hr 1 mm tiber die Umgebung vor- gebuehtet.

Bet einem anderen Thier war ftir sonstige Zwecke aueh 6*

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die Chorioidea eingeschnitten worden, nad:dem der Versueh fiber die Tragkraft derselben beendigt war. Auch hier zeigte die Heilung ungef~thr denselben Verlauf; nur blieb in den ersten Tagen alas Auge weieher (Druck 8 bis 12 mm ttg Fiek) und eine helle Blase blieb einige Tage in tier W:mde der Chorioidea siehtbar. Zwei Wochen naeh der Operation war die Spannung des Auges normal und die Wunde mit Conjunetiva und t/indegewebe bedeekt. Im Verlauf yon 3,5 Monaten entstand aueh hie:" ein kleines Staphylom der Sklera und leiehte VorwSlbung des Augeninhaltes an der Stelle des S~leradefeetes.

Die mikroskopisehe Untersuehung dieser Augen zeigte, class in dem Falle, wo nut die Sklera entfernt war, die Chorioidea noeh eine Kuppe bildete, welehe die Krtimmung der normalen Aderhaut in der Umgebung des Loehes mn 0,95 mm tiberragte. Die Chorioidea war ~iusserlieh bedeekt mit einer Sehicht yon neugebildetem Bindegewebe, wetehe eine Dicke yon 85/* hatte. Die Sehieht sah den: normalen Skleragewebe sehr 5hnlieh, nur lagen (lie Lamellen regel- m~ssig fibereinander, und das Gewebe war verhNtnissmSssig reich an Ken~en. Die ganze :~ussere Ft~che des Auges war in dieser Gegend mit einer dtilmeren Sehieht volt straffem Bindegewebe bedeekt, welehe eine Dieke von 25/~ hatte, :rod aueh Reste der Conjunetiva waren in der Um- gebung zu erkennen. Die Sklera, welehe das frtihere Loeh in derselben begrenzte, war etwas dicker Ms weiter enffemt und mass 4~25 his 560 ft. Die staphylomatSse Chorioidea war etwas verdfinnt; an einer Stelle, gerade da, wo die Ausbuehtm:g der Aderhaut anfing, wurde ein kleiner Riss in derselben gefunden, in welchen Skleragewebe hineinge- waehsen war; etwas weiter entfernt hatte sieh die Supra- ehorioidea yon der Aderhaut abgelSst und bildete eine kleine Kuppe tiber der Fl~tehe tier letzteren. Die Retina war im Bereieh des Staphyloms seN" ver~indert; die Sehi&t der St~ibchen war giinzlieh versehwunden, und aueh der iibrige

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Beitr5ge zur Lehre yore Gtaukom. 85

Theil der Netzhaut sehr unregehngssig gebildet und st~rk verdiinnt. An einigen Stellen bestand chorioretil~ale Ver- wachsung, an anderen vSllige AblSsung der Netzhant. Das Pigment der Retina war dutch alle Schiehten derselben zerstreut, and auch in der Umgebung des Staphfloms w~r die Netzhaut veriindert und besonders das Pigment in alle Theile derselben eingedrtmgen. Die Pigmentzellen zeigten an vielen Stellen F~tngere Ausl:,~ufer.

Bei dem Auge, wo aueh die ChoHoidea eingesehnitten war, wurden dieselben Ver~inderungen der Netzhant vorge- thnden; an der Stetle, wo die Aderhaut perforirt war, be- stand in dem Staphylom der Chorioidea eine zweite Aus- buehttmg, in welche sieh die Reste der Retina fortsetzen; dieselben bestanden haupts~.ehlieh aus grossen runden und auch mehr l:~nglichen Kernen. Das Staphylom der Cho- rioidea iiberragte hier die Krtimnmng der Aderhaut in der Umgebung um 0,95 ram, das totale Staphylom dieselbe um t,24 mm. An einer Sterile bestand eine saekfi~rmige, seit- liehe Ausbuchtung iiber dem Loeh in der Aderhaut; die- selbe entspraeh wahrseheinlieh dem VorfM1 des GlaskSrpers naeh dem Einschneiden der Chorioidea. Die Bedeckung dieses Saekes win' sehr diinn, n~imtieh 68/~; die Decke des t~bl~gen neugebildeten Skleraabsehnittes betrug 136/l. Die Sklera auf der Seite des fi'iiheren Lodges hatte eine Dieke yon 390 his ~75 /L und war ebenfMls etwas dicker Ms die angrenzenden Theile. Bei diesem Auge iiberragte das Sta- phylom "~usserlieh die normMe Kriimmung der Sklera um 0,88mm; bei dem zuerst besehriebenen betrug dies 0,55 ram.

Die Heihmg dieser kiinstlichen Defeete der Sktera, der Chorioidea und der Retina stimmt v611ig tiberein mit den Beobaehtungen, welehe dart~ber bei Verletzungen des menseh- lichen Auges gemaeht worden sind. Ein sehr interessanter Fall ist yon J u l i u s D u l l i n g ~) bes&Heben worden; die

~) Jul. Duffing Untersuehung eines Auges mit doppelter

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Augenhfillen waren bier doppelt perforirt durch eine Stich- s~ge, welche unten am Corneah'ande in das Auge einge- drungen war und oben dicht hinter der Ora serrata die Bulbuskapset wieder perforil~ hatte, jedoch ohne die Con- junctiva zu durchbohren. Die letztere ~Tuade war durch Neubildung eines sklerahhnhchen Gewebes yon der Dicke der normMen Sklera geschlossen worden; es hatte sich an dieser Stelle ein grosses Staphylom gebildet. Fiir weitere EinzeIheiten und auch fiir die Literatur fiber experimentelle und accidentelle Skleraverletzungen verweise ich auf die genannte Arbeit.

Diese Versuche seheinen mir zur Genfige zu beweisen, dass weder die Chorioidea noeh die Retina im Stande sind, einen nennenswerthen Theil des intraocularen Druekes zu tragen. Nur so viel ist zuzugeben; dass mSglicherweise die Chorioidea etwas gespannt und ein wenig ausgedehnt ist, w:~hrend die Sklera unter dem normalen Drucke steht, und in diesem Falle kSnnte m'm behaupten, dass diese kleine Spannung der Chorioidea einen geringen Theil des intra- ocularen Druckes trage.

AUein ich glaube, dass sowohl an der Aussenseite wie an der Innenseite und im Gewebe der Chorioidea eine Lymph-Spannung besteht, welche yon dem intraocularen Drucke nieht viel verschieden sein kann, da Beide Functionen des Blutdruekes sind. Ebenso 'stelle ich mir vor, verh~i.lt es sieh mit der Retina, und es kann daher yon einem Tragen des intraoeularen Druekes in dem Sinne, dass sie nicht den ganzen auf ihrer inneren Seite lastenden Druck nach aussen fortpfla~nzen, nicht die Rede sein. HSchstens kSnnten sie etwas zusammengepresst werden, doch eben well die Lymphe fiberall in dem Gewebe ungef~hr dieselbe Spannung l~aben wird, wie der intraoculare Druek, kann

Perforation durch eine StichsSge. v. Graefe's Arch. f. Ophthalm. XL. ~. 189l.

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Beitrtige zur Lehre yore Glaukom. 87

meines Erachtens auch dies als ausgeschlossen betrachtet werden. Nur auf den Elementen~ aus welchen das Gewebe besteht und welche als solehe nieht mehr yon Lymphe durch- strSmt werden, lastet auf ~Ilen Seiten der intraoculare Druck. Kurz ibrmulirt kSnnen wir also sagen: nur wenn die Lymphe auf der 5usseren Seite der Chorioidea resp. der Retina unter einem etwas geringei'en Druck anlangte oder abgesondert wiirde als auf der inneren Seite derselben, Mire es mSglich, dass ein kleiner Theil dieses Druckuntel~chiedes yon der Chorioidea resp. yon der Retina getragen wiirde.

Ob nicht der Tonus, sondern die Contraction des Ciliar- muskels fin Stande ist, der Chorioidea tempor~r eine Span- hung zu ~erleihen, h~ngt ab vonde r Delmbarkeit dieser Membran. Dariiber whren bei Thieren mit einem gut ent- wiekelten Ciliarmuskel Versuehe anzustellen.

Den Ausgangspunkt der Versuche yon S t raub bildete eine Wahmehmung ~on Donde r s ~), naeh weleher in dem normalen mensehliehen Auge, welches sofort naeh der Enu- eleation mit dem Messer halbirt wird, die Chorioidea sieh etwas zusammenzieht, so dass ein sehmaler Saum der inneren Skleraflg&e am Rande des halben Bulbus siehtbar wird. Dies beweist, wie Donders hervorhebt, dass die Cho- rioidea eine gewisse Spannung hat. Donders meinte, dass wiihrend des Lebens die Spanmmg der Chorioidea gewiss noel1 gr~isser sein miisste, weil die Muskelbtindet tier GefiXsse nnd des CiliarkSrpers einen Tonus besitzen. S t r a n b be- obaehtete beim Durehsehneiden yon normalen Augen, dass die Chorioidea besonders im vorderen Absehnitt des Bulbus yon der Sklera sich abhob, und sehloss darans ebenfalls, class die Cholqoidea eine Spannung habe. Dieser Sehluss seheint mir weniger sieher, denn wie leieht kann beim Sehneiden eine kleine AblSsung der Chorioidea entstehen

t) Donders, Die AnomMien der Refraction und Accommodation des Auges. Wien 1866. p. 320.

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und etwas Flfissigkeit zwischen Sklera und die letztere ein- dringen, wodurch das Bild einer Contraction der Chorioidea vorget~uscht werden kann. Es f~llt mir aueh auf, dass Straub~ der die angebliche Spannung der Chorioidea dem Tonus des Ciliarmuskels und nicht der eigenen Elasticit'~t derselben zuschreibt, diese Retraction der Aderhaut begreif- lich findet~ denn mit dem Tode hSrt ~loeh wohl der Tonus des Muskels ebenfalls auf.

Wie gesagt, sehliessen meine Versuche eine minimale Spannung der ChoHoidea nicht aus. Auf der anderen Seite aber glaube ich, dass auch die Wahrnehmung yon Donders nicht beweist, dass die Chorioidea einen sehr kleinen Theil des intraocularen Druckes tr~igt. Denn w~ihrend des Lebens sind die Blutgefitsse derselben nicht nur in der Breite, sondern auch in der Li~ngsrichtung ausgedehnt, wodurch das G ewebe der Chorioidea gespannt wird. Doch diese Spannung lastet nicht auf dem Innern des Auges, sondern wird yon dem Blutdruck getragen.

Um zu beobachten, wie diese Verh~ltnisse beim Kanin- chen liegen, wurde w~hrend des Lebens wieder ein vier- eckiges Fensterchen yon 4 mm Seite aus der Sklera ge- schnitten~ und nachdem die Vorbuchtung der Chorioidea einen Augenbliek beobachtet worden war, das Auge punktirt, worauf die Vorbuchtung viel geHnger wurde, aber doch noch deutlich sichtbar blieb. Jetzt win'de das Thier durch Chloroform getSdtet; in den ersten Secunden nach dem Tode nahm die Vorbuchtung noeh welter ab, und bald iiberra~e die Chorioidea die innere Fl[iehe der Sklera nicht mehr. Das Auge wurde vorsichtig enucleirt und mit dem Messer ein meridionaler Sehnitt durch die Augenhiillen ge- fiihrt, worauf das Auge weiter mit der Scheere halbirt wurde. An dem Rande der Sklera, wo der Messerschnitt gefallen war, hatte sich die Chorioidea deutlieh etwas zuriiek- gezogen, so dass ein schmaler Saum der Sklera, welcher noeh mit etwas braunem Pigment bedeckt war, sichtbar

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Beitriige zur Lehre vom Glaukom. 89

wurde. Die Retina dagegen lag his zum Rande der Sdmitt- fliiche und zeigte sogar hier and dort kleine Falten. Das fl'ische Auge des Is2aninchens ist nfit dem Messer nicht wohl g~nzlieh zu hMbiren, weft die Hiillen zu dtinn sind; dMler musste aneh noeh die Seheere benutzt werden, and wo diese die s~mmtlichen Augenhiillen durehtrennt hatte, zog sich die Chorioidea nieht zurtiek, weil dm'eh den Druek der beiden Klingen der S&eere die Sklera und die Cho- rioidea wahrseheinlieh etwas an einander gepresst wm'en.

Dieser Versueh seheint mir zu beweisen, dass die yon Donders beobaehtete Zusammenziehung der Chorioidet~ naeh dem Tode der EIastieitSt der Gef~t~swSnde zuzu- sehreiben ist. Es wiire abet mSglich, dass aueh die post- mol~ale Contraction der Muskelti~sern der Oefitsse und des Corpus ciliate sich an dem Zustandekommen der Erseheinung betheiligten.

Wir kSnnen Mso mit Gewissheit sagen: in. dem nor- malen Auge hat die Chorioidea, und zwar vermSge der in ihr verlaulbnden Blutgefiisse, eine gewisse Spannung; (~ese Spannnng iibt aber keinen Druek aus auf das Inhere des Auges, so class dureh dieselbe der periehorioideale Ramu theilweise dem intraoeularen Druek entzogen werden kSnnte, denn sie wird dureh den Blutdruek im Gleichgewicht ge- halten.

Ob in dem lmrmalen Auge die Chorioidea aIs Ganzes vielleieht eine k le ine Spannung besitzt, so dass sic wirklich einen geringen Theil des intraocularen Druckes triigt, da- rtiber wSiren mit geeigneten Methoden weitere Versuche an- zustellen.

Ieh habe auch die Retina bei dieser Betraehtung mit herangezogen, well neulich yon Nicola i ~) (tie Angabe ge- macht worden ist, dass die normate Netzhaut einen Theil

') C. N i c olai, Het Draagvermogen van het netvlies. Voorloopige mededeeling 1894.

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des Augendruckes tragen soll. Er schloss dies aus ~res- sungen iiber die Dicke der Retina am todten Kaninchen- und Froschauge mit und ohne Punktion der vorderen Kammer. In dem Auge, wo die Kammer bald nach dem Tode punktirt war, wurde die Retina dicker gefunden ~ls in dem anderen Auge desselben Thieres. Nicola i meinte nun~ dass dies nicht anders als durch Zusammenziehung der Fl~che nach mit Dickenzunahme der entspannten :Netzhaut zu erkl~ren w~re. In dem Auge bleibt n~imlich einige Zeit nach dem Tode ein I)ruck bestehen~ und dieser wurde in dem einen Auge durch die Punktion aufgehoben.

Ieh habe diese Versuche wiederholt und kann die yon Nico la i gemachte Beobachtung best~itigenl).

In der folgenden Tabelle sind die Werthe eingetragen, welche ich fiir die Dicke der Netzhantschichten an iiber- einstimmenden Stellen yon zwei Augen desselben Thieres geflmden babe. Das eine Auge wurde sofort, nachdem es aus der Orbita des durch Chloroform getSteten Kaninchens entfernt war, in 31/oprocentige LSsung yon rauchender Salpeters~ure gelegt; das andere Auge wurde naeh dem Tode erst an der ttornhaut punktirt~ dann enucleirt und in dieselbe Hi~rtungsfiiissigkeit gelegt. Zwischen der Punktion der vorderen Kammer und dem Einlegen in die Salpeter- s:~iure waren ungef~hr drei Minuten vergangen. (Tabelle s. S. 91.)

Aus den obenstehenden Zahlen ist erstens ersichtlich, dass die Chorioidea in dem nichtpunktirten Auge bedeu- tend diinner geflmden win'de als in dem punktirten, wie- wohl nicht immer im selben Verh~ltniss. Dasselbe kann gesagt werden yon den einzelnen Schichten der Netzhaut; nur bei einer Messung (5 mm unterhalb des Nerv. opt.) win'den die innere Kiirnerschieht und das Ganglion oI)ticum mit den Nervenfasern in dem nicht punktirten Auge ein

~) Die hier anzuftihrenden Versuche wurden schon in der Nederl. Tijdschrift voor Geneeskunde verSffentlicht.

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 91

wenig dicker gefunden. Ein bestimmtes Gesetz, wonach einige Schichten der Retina fast unver~ndert und die iibrigen verdickt sein sollten, wie dies N i e o l a i aufgestellt hat, habe ich bei meinen Messungen nieht entdecken kSnnen.

Versuchsthier Nr. XXIII.

Chorioidea . . . . . . . 1) Stiibchen u. Pigmentzellen 2) Aeussere K6rnerschichte. 3) Zwischenk6rnerschichte . 4) tnnere K6rnerschichte . 5) Inhere Reticularschichte 6) Gangl. opt. u.~ervenfasern

Totale Dicke der Netzhaut.

Punktirtes Auge ]lNicht punktirtes Auge [[

18 12 24

6 12

24 21 18 }I 8 39 24 a s t t a o

9 12 3// 5

15 ~4 21 9ii 2 3o 41 30 24 I 14 99 158 117 $1 45

Masse der Netzhau

30 7 12 21 12 12 36 6 15

1 1 20 5 11 20 9 9 50 21 27

135 54 75

in Mikren

Ich habe auch Messungen angestellt an zwei Augen, welehe durch HSrtung in kochendem Wasser fixirt women waren und kam hier zu demselben Resultat, wiewohl die Unterschiede der Dicke anch hier nicht tiberall gleieh gross waren. Die H[irtung auf diese ~Veise giebt ebent~alls sehr schSne Pritparate tier Netzhaut. Eigenthtimlich ist es, dass bei den so behandelten Augen die Innenglieder tier Stgb- chen sieh nfit Eosin sehr stark fgrben, wghrend die Aussen- glieder viel weniger Farbstoff annehmen. Es giebt dies ein Bild als ob eine neue Schieht zwischen StSbehen und gussere KSrner eingelagert wgre. Bekanntlich werden aueh mit Carmin die Innenglieder der St~ibchen gefgrbt, wghrend die Aussenglieder keinen Farbstoff aufnehmen. An Augen, welehe direct nach dem Tode in Formol gehgrtet waren, konnte ein Unterschied in der Drake der Netzhiiute nicht nachgewiesen werden, wiewohl die INetzhaut hier gut geh~irtet

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war. Wurde~ nach der Angabe yon l~icolai , einige Stunden gewartet~ naehden~ das eine Auge punktirt war, und dann die H~trtung mit 10 °/o Formol angefangen~ so war die Sehicht der Stabchen schon so ver~ndert~ dass Yon Messung keine Rede sein konnte. Die anderen Schichten waren unrege]r~ssig, zeigten abet an beiden Angen keine aaz~: fallenden Unterschiede.

Aus diesen letzten Versuchen geht hervor~ dass das H~rtungsmittel Einfluss auf das Auftreten der Erscheinung hat. Die Mittel~ welehe am schnellsten h:,[rten, wie Sal- peters~Lure und kochendes Wasser, haben also sehr wahr- scheinlich die Netzh~ute zu einer Zeit fixirt~ wo der Unter- schied der Dicke noch bestand, w~hrend das im Vergleich mit den genannten Mitteln etwas langsanler wirkende For- tool die Retina erst fixirte, Ms der Unterschied zwisehen beiden schon wieder verschwunden war. Dass die Art der Einwirkmlg der H~rtnngsnfittel bei dem punktirten Auge eine andere sein sollte als bei denJ nicht punktirten, und dass daraus die Unterschiede der Dicke vielleicht erklSrt werden k0nnten~ konnnt mir unwahrscheinlich vor. 1Ni c o 1 ai hat schon dar.~n gedacht und bei der Punktion dara uf geachtet, dgss die Stichgfi'nung in der Cornea klein war und schr~tg durch dieselbe verlief, so dass die S:~iure dort nicht schneller eindringen konnte als irgendwo sonst.

Wie ich schon gezeigt habe, kann f'fir die Erkliirung dieser Beobachtnng die Spannung der Retina im lebenden Auge nicht herangezogen werden. Ich glaube aber, dass aueh ohne dies zu thun~ fiir die Erscheinung eine sehr ge- niigende Erkl~rung gegeben werden kann. Wenn das Thier getStet worden ist~ so bleibt im Inneren des Auges ein Druck yon 10- - i5 mmt tg bestehen. Wird bei dem einen Auge die vordere Kammer punkth% so wird der Druck in demselben ---0 und das Auge wird in dem Zustande worin es ist verharren. In dem anderen Auge aber wirkt der Druek noch fort und dies wird zur Folge haben miissen~

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Beitr~ge zur Lehre yore Glaukom. 93

class aus dem Gewebe und den Gef~ssen der Retina und Chorioidea Fliissigkeit ausgepresst wird, well sowohl die Lymphsp.qnnung wie tier Blutdruek in denselben mit dem Tode aufgehSi~ haben. Wir miissen also, wenn das Auge kurz nach dem Tode schnell gehSrtet wird, die Retina und die Chorioidea in dem nicht punktil~cen Auge d~inner findel~ als in dem punktirten Auge. Wghrend also nach Nieola i die geringere Dicke der Netzhaut des nicht punl<tirten Auges der im Leben entsprieht, ist vielmehr die Netzhautdicke des punktirten Auges als die normale anzusehen und die des nieht punktirten Auges ist als postmortnl vergndert zu betrachten. Dafiir spricht aneh die schiefe Lage tier St~ib- chert in dem letzteren Fall% worauf schon Nicola i anf- merksam machte. Hat der Druck sich dutch Filtration ausgeglichen, so kSnnen die Chorioidea und die iNmetzhant wieder Flfissigkeit aufnehmen nnd ihre frtihere Form zurtick- bekommen. Dasselbe kann stattfinden, wenn das H~tungs - mittel diese H~tnte zu spSt erreJeht.

Ein Theil des intraocularen Druekes bleibt naeh dem Tode noch 15ngere Zeit bestehen. Bei einem Kaninchen war der Druek w~hrend des Lebens 41 mm Hg Manom., sofort naeh dem Tode 14 mm und ungeftthr eine Stunde nachher noch 8 ram. Bei zwei anderen Augen land ich beim Leben einen Druek yon 24 resp. 31 mm und soibrt nach dem Tode 11~ resp. 15 mm Hg Manom. Selbstver- stgndlich wurde bei diesen Yersuchen das Auge wfi.hrend des Sterbens und welter nach jeder Bestimmung yon dem Manometer abgesehlossen.

Wenn gegen die bier ge]ief~rte Erkliirung fiir die v,m Nicola i gefundene Thatsache keine Einwiinde zu macben sind, so wfirden wir also an der alten Vorstdlung, dass Sklera und Cornea den intraocularen Dmek im eigentliehen Sinne tragen, festhalten kSnnen.

Bei den vorhergehenden Versucben wurde die Canfile

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des Manometers immer in die vordere Kammer eingefiihrt. Man kSnnte also noch den Eittwand machen, dass wenn auch der Druck in der vorderen Kammer herabgesetzt war, solches doch nicht im GlaskSEoer der Fall zu sein brauchte. Hier[iber giebt der folgende Abschnitt dieser Arbeit Aufschluss.

III .

U e b e r das g e g e n s e i t i g e V e r h a l t e n des Dru ck es im

Glaskbrper u n d in der vorderen A u g e n k a m m e r .

Ueber diese Frage bestehen noch immer die versclfie- densten Ansichten. So viel ich gesehen habe, sind nur yon L. B e l l a r m i n o f f I) Versuche angestellt women, um zu entscheiden, ob zwischen diesen beiden ein Unterschied besteht. B e l l a r m i n o f f bestimmte mit dem Schul t6n ' - schen Manometer ~) an beiden Augen desselben Thieres den Augendruck, all1 einen Auge in der vorderen Kammer, am anderen Auge im GlaskSrperraum, und reg:istrirte die Schwankungen des Druckes unter verschiedenen Bedingungen mit seinem photographischen Apparat. Er kam zu dem Schluss, dass kein Unterschied zwischen beiden besteht. Hierzu muss ich bemerken, dass bei dieser 3/[ethode kleine Unterschiede des Druckes in der vorderen Kammer und im (~laskSrperraum gar nicht zur Beobachtung kommen werden; zweitens aber finder man den Augendruck bei beiden Augen desselben Thieres in der vorderen Kammer gemessen ot~ sehr versch~eden, was wohl mit wechselnden Circulations- verh~ltnissen zusammenh~.ngt, welche wieder leicht aus den

~) L. Bellarminoff, Anwendung der graphischen Meflmde bei Untersuchung des intraocularen Druckes. Arch. f. d. ges. Physio- logie Bd. XXXIX. S. 449.

~) Ueber die Brauchbarkeit des Schult~n'schen Manometers s+ die iblgende Arbeit yon mir in diesem Hefte des Archivs.

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Beitrage zur Lehre vom Glaukom. 95

almormen Verh~tltnissen, worin sich das Versuchsttfier be- finder, zn erkl~tren sind. Nun ist es klar, dass wenn wirk- l ieh ein Untersehied zwisehen GlaskSrperdrnck und Dnlek in der vorderen K~mmer besti~nde und der Druek im einen Auge wirk l ieh hSher war als in dem anderen, naeh der Methode yon B e l l a r m i n o f f der Druek im GlaskSrper und in der vorderen Kammer als s ehe inba r gleich gefunden werden kSnnte.

Aueh giebt die Einriehtung zum Registriren des Augen- druekes keinen AufsehNss fiber die Drueksehwgmkungen. B e l l a r m i n o f f photographirt nihnlieh die Bewegungen der Luftblase, welehe sieh in dem Thermometerrohr des S ehul- t6n'sehen Manometers befindet.

Weil nun die Versehiebung dieser Luftblase nieht der Drneksehwankung entsprieht, so bestimmt B e l l a r m i n o f f naeh Ablauf des Versuehes, weleher Druek in dem Auge besteht, wenn die Luftblase jedesmal an ilu'en Anfangs- punkt zm'iiekgebraeht x~qrd und benutzt die auf diese Weise gewonnene Scala um die wirkliehen Drueksehwankungen mittdst der Curve zu bestimmen. Dies ist aber nieht rich- fig; denn wenn der Druek im Auge steigt, tritt sofort Fliis- sigkeit aus dem Bulbus und die Lu[~blase wird naeh aussen versd:mben; dutch (tie Versehiebung im engen Thermo- meterrohr steigt abet der Druek im weiten Manometerrohr nieht merkbar, und so lange die Umstgnde, welehe den hSheren Druek im Auge bedingen, anhalten, tritt immer mehr Fliissigkeit aus dem Bulbus in das Manometer ein. Diese ausgetretene Fliissigkeitsmenge wtirde aber unter nor- malen Verhiiltnissen niemals auf einmal in dem Auge ent- halten gewesen sein; dureh erhShte Filtration wgre ein grosset Theft wieder aus dem Auge entfernt worden, und der im gesehlossenen Auge wirklieh erh5hte Druek hgtte aueh wieder die Seeretionsvorgange beeinflusst und zwar herabgesetzt. Die yon B e l l a r m i n o f f bereehneten Druek- hShen sind also entweder viel zu gross oder viel zu

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klein, ]8 naehdem der Augendruek gestiegen oder ge- snnken ist.

Reine Resultate fiber die Druekschwankung unter ver- schiedenen Verh~ltnissen bekommt man nur dann, wenn jedesmal das Auge yon dem Manometer abgescMossen und nur dann einen Augenbli& die Communication zwisehen Auge und Manometer hergestellt wird, wenn man den Druek bestimmen will. Um Drueksehwankungen zu regi- s t r i ren , kann man erst reeht kein weites M anometenvhr benutzen; man braueht dann Bin mSgliehst dtinnes Quack- silbermanometer oder ein gesehlossenes Luftmanometer, damit dutch eine kleine Menge Fliissigkeit, welehe das Ange ver- lRsst, sofort tier Druek im Manometer steigt. Man kSnnte dram die Bewegung der Hg-Oberflgehe oder der Fliissigkeits- s~tule, welehe mit dem Auge in Yerbindung steht, photo- graphiren. Allein genau wird der Druek dabei hie ge- lnessen.

Um den Augendmek, der im Gl~skSrper und in der vorderen Kammer besteht, mit einander vergleiehen zu kSnnen, sehien mir nut ein Weg der Nehtige, nSmlieh der, class man abweehselnd die beiden RSmne desselben Auges mit dem Manometer in Verbindung setzt. Dies wurde er- reieht dureh Bin T-Rohr, mit TfSrmig durehbohrtem Hahn an der Theilungsstelle. Ein Ende des Rohres stand mit dem Manometer in Verbindung, das zweite mittelst einer Canfile yon 1,5 mm Durehmesser des Lumens mig dem (41ask51~er in der N~ille des Corp. ciliate und das dfitte Ende mittelst der nadelf6rmigen Cmfiile mit der vorderen Kammer. Die Einffihrung tier Canfilen war ohne Yerlust yon Kammerwasser oder GlaskSrper gelungen; wiihrend dieses Vorganges war das Manometer yon den beiden R?iumen nnd aueh diese gegenseitig abgesehlossen. Dutch zweek- mSssige Drehung des Glashahnes wurde jetzt das Mano- meter mit dem Auge in Verbindung gebraeht und der Druek in der vorderen Kammer bestimmt. Withrend das Mano-

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 97

meter unver~nderten Stand behielt, wurde jetzt der (~las- hahn gedreht, so dass der Glask5rpelTaum mit dem Mano- meter in Verbindung trat und zugleich die vordere Kammer ~bgeschlossen wurde. Dabei trat nun gar keine Aenderung in dem Stand der ttg-Sgule ein. Die Communication dutch die Caniilen war beiderseits eine vorziigliche. W~hrend 3/~ Stunden, in denen ieh das Auge in dieser Lage be- obaehtete, war niemals eine Aenderung im Stand des Queck- silbers wahrzunehmen. Der Druck stieg wghrend des Ver- suches yon 21 mm auf 24 mm t tg und zwar absolut gleieh- m~ssig in beiden ]~umen. Nach sh Stunden wurde der Druck in der vorderen Kammer mittelst des Msmometers bis ~uf 50 mm Hg gesteigert. Drehung des Glashahnes zeigte, dass der Druek im GlaskSrper ebenso viel ge- stiegen war. Dann wurde der Druck im GlaskSrper bis auf 100 mm gesteigert, und auch jetzt wieder erwies sieh der Druck in der vorderen Kammer um ebensoviel erhSht, stls im Glask5rper.

Aus d iesem V e r s u e h geht also zweife l los her- vor, dass zwischen dem D r u e k in der vo rde ren K a m m e r und im G l a s k S r p e r r a u m kein nachwe i s - b a r e r U n t e r s e h i e d bes teht . Die Linse mit der Iris bilden also im Auge eine vollkommen bewegliche Scheide- wand, durch welche etwaige Drucksteigerungen im einen oder anderen Raum sofort itbertragen werden. Wenn m,~n beim Kaninchenauge, dessen vordere Kammer mit dem Manometer in Verbindung steht, den Druck bis auf 0 mm herabsetzt, so bleibt immer noeh etwas Fliissigkeit in der vorderen Kammer, es muss also der Druck im GlaskSrper dann gleich Null sein. Man kann aueh wa.hrnehmen, wenn man ein normales Auge punktirt, dass nicht sofort die Iris g~nzlich an der Cornea anliegt, dies tHtt erst bei oftener ]Vunde nach einigen Seeunden ein, wenn das sich ansam- melnde, neu gebildete Kammerwasser hinter der Iris, diese nach vorn dr~ngt.

v. Graef~'s Archiv ffir 0phthahnologie. XLL 2. 7

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98 W. Koster.

IV. Ueber den Lymphstrom aus der hinteren nach der

vorderen Kammer.

Im Anschluss 'an diese Versuche sei es mir erlaubt, ~Loch ein Paar Bemerkungen fiber einige Streitpunkte der jctzigen Gl~ukomtheorieen hinzuzufiigen.

Es w~rd yon manchen Autoren noch nicht als sicher- g~stellt betrachtet, ob die ]~lfissigkeit, welche aus dem Cor- pus eiliare ~bgeschieden wird~ ihren Wag dureh die Pupille n~lch der vorderen Kammer nimmt, oder ob sie die Iris quer durehsetzt und so die K~mmer erreieht.

Mnn hat das Letztere daraus sclfliesseu wollen, dass Fen'ocyankalium, welches einem Thiere subeutnn eingespritzt ~vird, nachdem es in die lfintere K.~mlmer durch (lie Dlut- gef~tsse gusgeschieden worden ist, seinen ~Veg quer dutch die Iris naeh der vorderen Xammer nimmt, wie durch ]~'ixirung mit einem Ferrisalze nachgewiesen warden kann. Auch mittelst Injectionen yon Pluorescin hat man dasselbe beobachtet. Die Versuche sin~l zuerst yon Knies~) , nach- her yon U l r i c h S), E h r l i c h s) und P f l i i g e r 4) angestellt women; Ad. W e b e r S ) , S c h S l e r und U h t h o f f s) konnten die Resultate nicht best~tigen. L e b e r 7) h~t oft bestritten, dass die mit diffundirb~ren Salzen und F~rbstoffen ange- stellten Versuehe einen Ngch~veis ffir die LymphstrSmungen im Auge liefern kSnnten~ und ich kann diesem Urtheil nur beipfliehten. Wenn mgn einmtd beobachtet~ wie sehnell z.B. Ferroey~nk~limn dureh eine dicke Menfl)rgn diffundi14~ wird

~) Knies, ¥irch. Arch. Bd. 65. (1875). 2) Rich. Ulrich, v. Graefe's Arch. XXVI. 3. (1880). s) Ehrl ich, Deutsche reed. Wochenschr. 188'2. Nr. 2. 4) Pflfiger, Zehender's Monatsbl. 1882. p. 81. s) Ad. Weber, Transact. of the Internat. reed. Congress. ¥II.

Sess. London 1881. Vol. III. p. 76 ft. s) Schoeler und Uhthoff: Jahresbericht tier Kliaik 1882. 7) Leber, S. u. A. die Discussion fiber den Vortrag yon Greeff

bei der 23. Yers. der Ophth. Ges. zu Heidelberg 1893.

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Beitr~tge zur Lehre veto Glaukom. 99

nt~n es begreiflieh ilnden, dass bald, nachdem das Fen'o- eyanka]ium in die hintere Kammer gelangt ist, dieses durch Diflhsion quer durch die Iris in die vordere Kammer driugt. Dies kann aber der Fall sein, ohne d~ss der Lymphstrom im Auge diesen Weg zu nehmen braucht. Bei der Diffu- sion tritt nur der F'~rbstoff oder das Salz durch die Tren- nungswand und keine Fliissigkeit.

Bei oberfl~tchlicher Betraehtung scheint der Weg dutch das grosse Loeh der Pupille der n atiMiehste, den die Augenflfissigkeit nehmen kSnnte, um ~us der hintere~t in die vordere Kammer zu gelm~gen. A1Mn die Vefll:~iltnisse sind bei n:~therer Ueberlegung doch nieht so einfitch.

Besonders Ul r i ch ~) hat d~rauf hingewiesen, dass die Linse mit der Iris ein bewegliches Septum bildet, und dass (lie erstere in die Oetlhung der letzteren genau einpasst. Solange die Linse nicht yon der Zonula zurtickgehalte~t wird-, und dies ist naeh Ulr ich beim Auge hie tier FMI, so bildet dieses Septmn eine Trennungswmld zwis&en der vorderen und der hinteren l~ammer. In einer spSteren Arbeit 2) meint Ul r ich , dass die Augenfliissigkeit nut sehr schwer zwisehen Linse und IHs hindurchtreten k5nne; je hSher der Augendruek is L u m so undurchgitugiger meint er, muss dieser Weg sein. I)er Hguptstrom sell dann (lurch die Ilgswurzel treten.

Die meisten Ophthahnologen haben sieh dieser Ansieht nicht angesehlossen; sie nehmen an, dass der Lymphstrom nur dureh die Pupille seinen Weg nimmt.

Id l habe versucht, diesen Streitlmnkt der I~Ssung etwas n~ther zu briugen. Erstens stellte ich iblgenden Versuch an. Ueber einen G-~lastrichter yon ca. 13 cm Dm'chmesser der Oeffnung w,trde eine nieht allzu leieht dehnbare Gummi-

1) R. Ulrich, Ueber die Ern~hrung des Auges, v. Gr.~efe's Arch. f. Ophthalm. XXYI. 3.

~) R. Ulrich. Arch. f. Augenheilkunde XXVI. 7*

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membran gespannt, welehe in der Mitre eine kreisf6rmige Oeffnung yon 2,5 cm Durehmesser hatte. Auf diese Oeff- nung wurde ein Oummiball yon 5 em Dm~ehmesser gelegt, tier beinahe ganz mit Wasser geffillt war, so dass er eben in Wasser untersank. Das Ganze wurde mit einem Trichter yon 15 cm Durchmesser der Oeffnung iiberdeekt; der zweite Trichter griff also etwas fiber den ersten~ und die dadurch entstehende Rinne wurde nfit Siegellaek vollgegossen. An den RShren der beiden Trichter wurden dann l~ngere Gummi- schl~uche angebraeht und jeder mit einem anderen Trichter verbunden, welche an einem Stativ befestigt waren. Das Ganze wurde mit Wasser geffillt, w~ihrend dessen der Ball yon der Oeffnung entfernt wurde. ])as ~Vasser stand dann in den beiden Reservoirs natfirlich gleich hoch. Wurde jetzt tier Ball durch Schiefhalten des Apparates wieder auf die Oeffnung gebracht, so konnte an der Seite der Mere- bran, wo der Ball sich befand, ein Ueberdruek hergestellt werden, der sich nicht mehr ausghch. Ein Beweis also, dass der Ball so genan die Oeffnung abschloss, dass keine Fliissigkeit hindm'chtreten konnte. Jetzt wurden die zwei zusammengekitteten Trichter gedreht~ bis die trennende Membran vertical stand. Der Ball, wiewohl durch keine Stiitze zuri~ckgehalten, blieb in der Oeffnung h~ngen. Die Membran war natiirlich nach der Seite des geringeren Druekes convex. Wnrde jetzt durch Hebung des einen Trichters der Druckunterschied geringer gemacht, so wnrde die Convexit~tt der Membran entsprechend geringer. Der Ball blieb aber immer in der Oeffnung h~ngen. Bei einem D~uckunterschiede yon 10 mm Wasser hing er noch ganz fest in der Oeffnung, um erst hinauszufallen, als der Druck- nnterschied zwischen beiden Seiten der Membran gleich Null wurde.

Man kann den Versuch auch anders anstellen, indem man den Schlanch auf der Seite des geringeren Druckes abklemmt und nach und nach ~Vasser yon dieser Seite aus

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in den Trictder hineinpresst. Die Membran wird dann mehr und mehr znriickgedr':~ngt and zieht sich zusammen. Der Druck ist dann ebenfMls jedesmal auf der convexen Seite der Membran kleiner als auf der concaven Seite und zwar genau um die Spammng der Membran. Erst wenn die letztere keine Spammng mehr hat, d. h. nahezu finch ist und anfgngt zu schlottern, fgllt der Ball ab. Ich habe auch ein kleineres Augenschema angei%rtigt, we die Zonul~ durch vier elastisehe F~den vorgestellt wird~ welche bei starkem Ueberdruck den Ball sogar zuriiekhalten wollten, allein ich glaube, dass das erstere instructiver ist, wail der Ball abfSllt, wenn er nicht mehr (lurch den Ueberdruck in der Oeflhung festgehalten wird.

Es fragt sieh jet.zt, ob beim lebenden Auge dieselben Verh~ltnisse geflmden werden, wie bei unserem schema- tischen Auge. Start des Balls haben wir die Linse~ deren OberflSche ebenihlls glatt ist, und welche nach vorn oder nach hinten bewegt werden kann. Wir nehmen dies z. B. wahr bei Punktion der vorderen Augenkammer; die Linse tritt dann stark linch vorn and die Iris wird nach veto convex. Man darf daraus abe'r nicht schliessen, dass im normalen Auge die Zonula t'~st ohne Aufwand yon Kraft ausgedehnt werden kann, denn bei der Aufhebung des Drnckes im Auge wird der Umfang der hinteren Augenhiillen verkleinert und es w~ire mSglich, dass dadurch auch die Anheftungsstellen der Zonula mehr nach vorn verlegt wiirden. Die Bewegung der Iris und Linse nach vorn bei Punktion der vorderen Kammer ist eben der Ausdruck dieser Volums- verkleinerung des hinteren Abschnittes des Auges. Jeden- fMls aber werden nnter normMen Verh~ltnissen die Linse und die h'is ~n einander gepresst, wie aus der gr5sseren Tiefe der vorderen Kammer nach Entfernung der Linse aus dem Auge hervorgeht. Die Iris selbst ist eine elastische7 gespannte Membran, auf beiden Seiten derselben steht Fliissigkeit und es kommt jetzt also nur darauf an, ob die.

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Fl~tche der Iris, welche der Linse mdiegt, so eben und schmiegsam ist, dass zwischen beiden keine Capillarspalten iibrig bleiben. Ist dies letztere der Fall, so kann die Fltis- sigkeit aus der hinteren Kammer unmSglich durch die Pu- pitle die vordere Kammer erreichen; denn jede Druck- steigerung in der hinteren Kammer pflmlzt sich gleichm~tssig im GlaskSrpemmm fort, weil die Zonula keine geschlossene Membrsn ist, und also keine seitlicI~e Spammng annehmen kann. Die Iris dagegen wtirde einen Theil der Druck- steigerung tragen, m~d eben der Dnmkunterschied, welcher dadurdl in der voMeren und in der hinteren Kammer ent- stehen mtisste, wi~rde die Linse fortwghrend in der Pupille festhalten. Es wiirde nicht auf die HShe des Druekes im Auge ankommen, ob die Linse mit Kraft in die Oeffnung der Iris eingepresst wiirde, sondern nur auf den Untersehied der Druckh~Shen in der vorderen und der hinteren gammer. Dieser Druckunterschied h~tngt ab yen der Sclmdligkeit, womit, und der Quantitiit, in welcher die Augeniliissigkeit abgesondm~ wird; und dies hitngt begreiflicherweise wieder zusammen mit der Schnelligkeit, womit die Flttssigkeit das Auge verlassen kann. Ueberiegen wir jetzt, welehe That- sachen beim normalen Auge daftir spreehen und welche dagegen, so ist zuerst hervorzuheben, dass zwisehen dem Druek in der vorderen Kammer und im GlaskSrper kern messbarer Unterschied fbstgestellt werden konnte. Dies spricht sehr gegen einen Versehluss der Pupitle dutch die Iinse.

Mini kSnnte aber behauptelb dass die Fliissigkeits- strSmung so langsgm~, und der andere Weg, auf welehem das Kammerwasser die vordere Kammer erreid~en kann, so durehggngig wiire, dass ein messbnrer Druekuntersehied tiberhaupt nieht entstehen kSnnt~. ~.

Far den totalen Vers&luss der Pupilte dm'eh die Linse sprieht der Umstand, dass aueh bei dauernder Versehiebung der Iris nach ~orn, z. B. bei der peripheren Irisverwaehsung

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des Gla.ukoms~ oder bei a usgebreiteten vorderen Syneehieen die Linse do& immer ,~n der Iris anliegen bleibt; die linch voru gesp~mltte Zonul~ miisste in dem Falle freier Com- munic~tion zwisehen der vorderen end der hinteren K~mmer die Linse doeh wieder i~1 ihre Mte Stellung zurtiekziehen; denn wiewohl es mSglieh ist, dass der gallertige GlaskSrper bei acuten Aenderungen des Druckes die I~inse lmeh vom~ dr~ingt, so w~re dies bei 15ngerem Bestehen einer Linsen- versehiebung nieht wohl als Ursaehe derselben a~zusehen.

Ieh habe versueht, diese Frage auf einem anderen Wege zu entseheiden. Wenn die Iris der Linse genau anliegt, so werden kSrnige Farbs?coffe, welehe in die hintere Kammer oder lit den OlaskSrper eingeftihrt werden, nieht, in (lie vordere K~mnner gelmlgen kSnnen. GelSste Fm'bstofl~ da.- gegen dih'fen nidlt zurtickgehMten werden. N~ch diesem Prineipe, writhes yon L e b e r bei seinen Versuehen tiber die offene Verbindung der vorderen Kammer mit BlutgeNssen mlgewan& wurde, habe ich in den GlaskSrper des eben ge- tSdteten K~minehens eine Mischung ~'on Carmin und Berlil~er Bl~m mittelst einer dicken Caniile, welehe mit einem Schbmeh and ei-aem Triehter verbunden win', unter eonstm~em Druek eingespritzt. Die DrnekhShe tiberstieg 25 his 30 mm I-lg nieht. Naeh ungefithr 5 St.unde~ war zuerst eine J~iia'bm~g des Kammerwttssers und eine leichte peficonteMe rothe FSrb,mg wahrzmlehmen. Die Farbe des Kammerwassers war violett, w':~hrend die zmn Filtrire~ benutzte Misehung iiberwiegetld blau aussah. Naeh 15 his 26 Stunden wurdel~ die Augen vorsiehtig in Salpeters~iure yon 3~5 °/o getfiingt, w~ihrend die Cantfle in dem Auge gelassen wurde. Die SSure fSllt sowohl das Carmin Ms das Berliner Blau. Naeh 7stiindiger HSrtung wurden die Augen in Wasser ausge- spiilt, in Alkohol entwSssert und nach Entfernung des hintere~l ]3ulbus~bschnittes in Celloidin eingebettet.

Die mikroskopisehe Untersuehung dieser Bulbi ergab~ dass fiber'~ll lit der vorderen Kammer feine blame KSrnehen

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gelegen wat'en; der Glask6rper und die hintere Kammer waren dunkelblau gef~h'bt, und auch so weir eine Spslte zwischen Linse und Iris bestand, war diese mit Blau aus- gefiillt. In kleinen Liicken zwiscllen Linse und Iris war meist ein wenig Blau wahrzunehmen. In der Iris befanden sich keine blaue KSrner, und im Kammerwinkel hSzte genau die blaue F~rbung auf. Bei zwei Schweinsuugen wurde ebenfalls blauer F'~rbstoff in der vorderen Kamruer nachgewiesen~ nachdem auf dieselbe ~Veise der gemischte Farbstoft in den GlaskSrper eingespritzt worden war.

Aus diesen Versuchen scheint mir hervorzugehen~ dass j e d e n f a l l s ein The i l der Augenf l i i s s igke i t seinen Weg durch die P u p i l l e nimmt. D~ss der rothe Farb- stoff die vordere Kammer in so viel grSsserer Quantit~t er- reicht hgt~ ist kein Beweis dafii5 dass ein Strom dnrch die Ilis gegangen ist; wie oben gezeigt wurde, ksnn der Farb- stoff durch die Iris diftundirt sein, ohne dass dabei Ft~issig- keit iibergetreten ist.

Gemeinsehaftlich mit Dr. Ben t zen habe ieh such beim lebenden Kaninchen einige hierher gehSrige Versuehe ge- macht. Wir splitzten mittelst einer Prsvsz'schen Spritze 20 cbmm concent~irte BerlinerblaulSsung hinter d~s Corpus ciliare und die Iris~ indem die Spritze am Aequator des Auges eingestochen und so welt ~orgefiihI¢ wurde~ bis die Irisperipherie erreicht war. Wi~hrend des Spritzens wm-de die Caniile ein wenig zuriickgezogen und dann a us dem Auge entfernt. Hierdurch wurde erreicht, dass fiir den Farbstoft ein oftener Weg bestand bis in die hintere Kammer~ ohne dass w~hrend des Spritzens der Farbstoft durch die Pupille in die vordere Kammer gelangte. Spritzt man mehr sis 20 cbmm ein, so tritt der Farbstoft pl5tzlich durch die Pupille in die vordere K~mruer~ und zwar meist unten, auch wenn oben die Caniile eingeftihrt wird. Ist aber der Farbstoft richtig hinter dem Corpus ciliare einge- fiihrt~ so tritt er ~uch nach 24 Stunden nicht in die vordere

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Beitr~ige zur Lehre vora Glaukom. ] 05

Kammer fiber. Nach Verlanf dieser Zeit treten so deut- liche Entzfindungserscheinungen auf~ dass weitere Be- obachhmg fiir unseren Zweek keinen Werth mehr ha.tte. Bei einem Albino kann man sehr genau beobachten, wenn der Farbstoff hinter der Iris liegt. ~rir h~ben uns dureh Punktiou der vorderen K~mmer und stossweises Zurfick- dr:,~ngen der Linse mit einer Sonde iiberzeugt, dass wenig- stens in der ersten Zeit der Farbstoff durch die Pupille in die vordere Kammer fibertreten kann.

Diese Versuehe seheinen theflweise gegen eine fl'eie Communication zwisehen der vorderen und der hinteren K~mmer zu sprechen, ieh mSehte aber den beim todten Auge angestellten Versuchen grSsseren Werth beilegen, weil es sehr w'ahrscheinlieh ist~ d~ss der Farbstoff in Exsud~t eingehiillt ist, ehe der langsame Lymphstrom ihn bis in die vordere Kammer weitergef'tihrt haben kann. Sehr ]eicht 15sliche Substanzen, wie SSurefuchsin~ t:~ten sehr sehnell durch die Pupille, aueh wenn sie hinter die :Ginse einge- spritzt werden. Wir haben welter beim lebenden Thier in der Gegend des Corpus ciliare eine Caniile in den Glas- kSrper eingeffihrt und mit eonstantem Druck~ w~hrend zwei Stunclen, eine Misehung yon Berlinerblau und S~m~fuchsin eingespritzt, lViewohl dabei c~. 150 ebmm Fliissigkeit ins Auge eingedmmgen waren, so war doeh weder rothe nodl blaue F~rbung in der vorderen Kammer zu entdeeken. Aueh l:~tngere Zeit naehher trat kein Farbst~)ff zu Tage; nur Ent- zfindungserscheinungen wurden wahrgenommen. Es scheint mir nieht thunlieh, aus diesen Versuchen einen Sehluss auf den Weg der LymphstrSmung im Auge zu ziehen.

Folgende Ueberlegung ffihrte zu einigen anderen Ver- suchen. Wenn die Augenfliissigkeit aus der hinteren nach der vorderen Kammer nur die Pupille passiren kann~ so muss vSlliger Versehluss dieses Weges eingreifende Ver- :Anderungen des norma]en Auges zur Folge haben, wie dies auch gewShnlich angenommen wird. Die Iris mit der Linse

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miissten nach vorn riicken und die vordere Kammer sich g~nzlich entleeren; denn wiewohl durch d:~s Anlegen der Irisperipherie ~n dis Corne~ tier Abfluss des Wassers aus der vorderen IKammer nnr langsam stattfinden wlirde, so w~tre nieht zu erwarten, dass die Filtration aus derselben sehon vSllig gehemmt sein k~jnnte, ehe die Kmnmer sieh entleert h~itte. Der Druck im A~ge miisste bedeutend steigen und der Bulbus selber Mle Erseheinungen der Druek- steigerung darbieten.

I)ie Versuehe wurden folgenderweise ausgefiihrt Zuerst win'de versud~t, den ganzen Pul;illarrand der Iris in eine een- trale Sehnittwnnde der ttornhaut hinein zu ziehen uml zur Ver- waehsung zu bringen. Dtlreh hngsames Anziehen der Iris mittelst sehr feiner H~tkehen gelang (lies insoweit~ (lass die Iris in der Wunde tbstgehalten win'de. Allein es zeigte sich, dass an& in einem F'flle, der anfangs vollkonnnen gelungen sehien, in der Peripherie dne kleine Iris(]ialyse aufgetreten war, wodurd~ der Ertblg Mso vereitelt wurde. Bei einem anderen Auge wurde ver- suds: den Pupilhm'and der Iris mi tde r Linse zur Verwaehsung zu bringml. Um dies zu en'eidten~ wurde dutch eine eentrale Sehnittwnnde tier Cornea yon 3 mm LN~g'e eine ibine anato- misehe Pineette in die vordere Kammer eingefiihrt und tier tlm~d der Ilqs dur& Fassen und Drtieken mi tder Pineette in seinem ganzen Umthnge verletzt. In den ersten Tag-en naeh de:" Ope- ration trot eine plastisehe Ififis auf~ wShrend die Pupille mit Exsudat versehlossen war, welches au& mit der Corneawunde zusmmnenhing. Dis h'itis heilte in einigen Tagen~ dos Exsudat in tier Pupille resorl)il~e sieh und die vorderen Syneehieen 15sten sieh. Der Fundns war zu sehen und der Druek des Auges vollkommen nortoN. Die Pupille war etwas unregdm'~ssig und reagirge gar nieht auf Lieht; es bestanden offenbar iiberall hintere Syne&ieen. Naeh 20 Tagen wurde bet dem sons: normalen Aug'e wieder I~eaetion der Pupille wahrgenommen; tin Beweis also, dass aueh die hinteren Synedlieen gelSst waren. Aueh auf diesem Wege g'elangte ieh also nieht zum Zide. Indem id~ nun gewissermassen wieder zu der ersten Methode zuriiekkehrte, .~e- long es mir zuletzt~ (tnrd~ Einziehnng tier Iris in versd~iedene 1)eriphere Sdmittwunden der Cornea in drei Sitzungen den g'auzen Pupillarrand der Iris mit der Hornhaut zur Verwaehsung zu

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Beitrage zur Lehre vom Glaukom. 107

bNngen. Dadureh war es ebenihlls m5glieh, den Fundus zu becdmehten; nad~ e:n:~er Zeit trtibte sieh aber das eentrale SNek der Cornea, welches innerlmlb der ringf~rmigen Narbe gele~en win'. Der Durehmesser dieses Ringes yon vorderen Syneehieen betrug ungef~hr 5 ram. t)er klinisd:e Verlauf dieses Versuehes war tblgender. In den ersten Woehen wNn'end der tteiiung der Prolapse blieb das Auge welch; das eentrale CorneasN& win" an~.sthet~seh: die Fonn der Corllea als Folge des operativen Ein- griffes etwas eoniseh. Die vordere Kammer war Nst gaaz sng gehoben. Naehdem die Corneanarbe abgebl~sst war, fiihlte sieh alas Auge unget~ihr normal gespannt an~ yon Staphylom win" nirgendw,~ etwas zu sehen. Leider trat jetzt ein starker Con- jtmetivalkatarrh anf~ durdl welehen die Narbe wieder in Ent- zandnng geriefl~, und tier Nner lm:gwierigen BehandIung niel~t weiehen wollte. WN~rend dieser Periode trtlt Statfl~ylom des eentralen Corneasttiekes ant; am st~trksten mn unteren Rande der Nsrbe. Mit dem Finger fiihlte sieh das Auge gut gespannt an; die Bestimnmng mit Fiek's Tonometer konnfe begreiflieher Weise nieht gemaeht werden.

Dieser einzige Versueh, wobei es gelungen w~tr, (lie Iris mit der Cornea zur Verwaehsung zu bringen, so ,btss vordere und hintere K ammer keine direete Commm~ieation mehr mit einm~der haben konnten, beweist fiir die Ent- seheidung der Frage, ob die Iris thr Fltissigkeit durehgSngig ist. nieht viel. Deml wiewohl Stat)hylom der Corne~ mff- getreten ist, was man als Ausdruek der Dru&steigerung a uffassen kiinl~te, so k~nn man immer den Einwa.nd maehen, dass die Narbe dural: die Entzi~ndung weniger wide:~tands- fi~hig geworden sei und dem normMen Augendruck nach- gegeben h~he. Weitere Versuche sind hier also nothwendig,

o

wozu mir aber augenblicklich die G-elegenLeit fehlt. Wenn tier Lymphstrom yon de.:" hinteren naeh tier

vorderen Kammer die Iris quer durehsetzte, miisste Nso das Irisgewebe sehr teieht Nr Augenfltissigkeit durehg:ingig sein, denn wie gesagt, besteht zwischen dem I ) r u & i:~ der voNeren Kammer m:d im Glaskorper kein messbarer Unter- sehied. Der einzige Weg, mn dies zu entseheiden, sehien

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mir, mit Irisst.iicken~ welche den Augen grSsserer Thiere entnommen waren~ Filtrationsversuche anzustellen. Die Oehsenaugen sind dazu sehr geeignet. Bindet man auf eins der offenen Enden eines R5hrehens yon 3 mm Dureh- messer ein Stiick Iris eines ganz fHsehen Ochsenauges ~ttlf~ so kann man in das Rohr so viel KoehsalzlSsung yon 0,75 °/o eingiessen, his eiu Druck yon 20 mm Hg erreieht ist. Ist der Versuch gut gelungen, so hSlt das Irisgewebe diesen Druck eine Viertelstunde sehr leicht aus~ ohne dass auch nur eine Spur Fliissigkeit filtrirt; naeh Verlauf dieser Zeit fi~ngt das Wasser in dem Rohr meist an zu sinken, erst langsam, dann allm~hlich schneller, um naeh einer halbert Stunde sehr sehnell zu fallen, bis das Rohr fast ganz leer ist. Giesst man dann eine Mischung yon Tusehe und KoehsalzlSsung auf, so liiuft diese aueh wieder sehr sehnell dureh das Irisstiiek, und zwar ohne dass die Tusehe zuriiekgehalten wird; dies beweist also, dass in der Iris kleine Risse entstanden sind.

Man kann denselbenVersueh nfit einem Stiiek Chorioidea wiederholen und bekommt dasselbe Resultat. Einen kleineren Druek z. B. yon 5 bis 10 mm Hg h~lt sowohl die Iris wie die Chorioidea Stunden lang aus, ohne zu zerreissen. Um das Austroeknen der Gewebe zu verhiiten, werden die unteren Enden der R5hrchen in ein UhrschSlchen nfit Koch- salzlSsung eingetaucht.

Fifllt man derartige RShrchen mit einer 2 °/o-LSsung yon ]?erroeyankalium his ein Druck yon 10 bis 15 mm Hg erreieht ist, und stellt dann die Iris oder die Chorioidea in ein Scb~lehen nfit destillirtem Wasser, so bemerkt man, dass die Fliissigkeit in den RShrchen sofort anf~ngt, zu steigen und zwar in einer Minute 2 bis 3 ram. In weiteren 5 Minuten steigt sie dann noch einige Millimeter und bleibt dann bald auf derselben HShe stehen. In dem Uhrsch~l- chen kann sehon nach einer Minute Fen-ocyankalium nach- gewiesen werden. Bei dem Versuche mit der Chorioidea kann

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Beitrage zur Lehre yore Glaukom. 109

maa auch ein weiteres Rohr benutzen, weft yon diesem Gewebe natiirlich grSssere Stticke zur Yerf~igung stehen. Diese letzteren Vcrsuche zeigea ~lso, dass das Gewebe der Iris und der Chorioidea einen sehr guten Dialysator bildet, class sehr leicht Satzmoleciile yon der einen Seite nach der anderen hiniibertreten~ wofih" dana Wassermoledile ausge- tauscht werden.

Wean schon an todten Augen keine Filtration durch das Irisgewebe und zwar bei einem Druck yon 5 bis 20 mm Hg nachgewiesen werden kann, so scheint es mir sehr ua- wahrscheinlich, dass eine solche im lebenden Auge bei sehr geringem Ueberdruck vorkommen kann. Fiir reich sind diese Versuche dafiir beweisend, dass der Lymphst.rom die Iris nicht quer durchsetzt, und dass der bei den friiher erwShnten Experimenten gefundene sogenannte Filtrations- streifen ein Ausdruck ist yon der Dialyse~ welche zwischen dem schon Salze enthaltenden Wasser der hinteren Kammer und dem noch salzfreien Wasser der vorderen Kammer stattfindet. Dass der Streifen in der Iris ziemlich um- schrieben ist, stimmt damit iibereia, dass die sMzhaltige Lymphe an einer Ste]le in grSsster Menge und zuerst die Iris beriihrt.

Iadem ich das Resultat dieser Untersuchungen zu- sammenfasse, meine ich also bewiesen zu haben, dass die Fliissigkeit anf dem Wege aus der hinteren aach der vor- derea Kammer die Oeffnung der Pupille passirt; dass sie aber nur diesen Weg nehmen ]<ann, muss durch weitere Versuche bestStigt werden.

Demnach w~re, um zum vSlligen Verst~ndniss des Glaukoms, besonders der vel~chiedenen Fonnen desselben, zu gelangen, in Zukunft der Beschaffenheit des Irisgewebes, besonders aber dem gegeaseitigen Verhalten der hiateren Irisfliiche und der Linse mehr Beachtung zu schenken, wie dies schon theilweise yon Ul r i ch geschehen ist.

Auf einen zweiten Punkt, der bei der Glaukomt~age

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noch wenig beachtet wordea ist, mSchte ich hier hinweisen, n:,imlich auf die Form des Bulbus. Wie ich in einer anderen Arbeit ~) glaube nachgewiesen zu haben, ist die Form des Auges yon grossem Einflusse smf das Volmnen der Fliissig- keit, welches ill dasse]be aufgenommen werden kann, ehe eine bestimmte DruckerhShung eingetreten ist. J e mehr die Form der Augenhtillen der Kugelgestalt ~hntich ist, mn so mehr nmss der Augendruek steigen, wenn ein gewisses Quantum ]~ltissigkeit in demselben abgesondert oder zuriick- gehMten wird, denn bei einer Kugel ktmn Zun,'thme des Inlmltes nur erfblgen dureh Ausdehnung der Wandung. Besonders wichtig seheint mir diese Thatsache darum, weft bekanntlieh die Form des Auges beim Hypermetropen sehr verschieden ist yon der beim Myopen, and weft ~mch ~lie Disposition zu Glaukom bei diesen beiden Kategorieen yon Ametropie so ausserordentlieh versehieden ist. Mit grosser W~:~hrsgeinliehkeit wird yon vielen Autoren angenomme~J, dass beim gl'mkomatSsen I:h'ocess ein Circulus vitiosus auf- tritt, dass die Drueksteigerung neue Drucksteigerung erzeugt, oder den Ausgleich derselben verhindert; man hat zum Vergleich wohl den Vorgrmg einer Hemi,~ ineareerata her- angezogen. Wenn also die letzte Ursache des Olaukoms in einem Auge eine Vermehrung des Inhaltes hervorruft, so wird diese in dem kugelfornfigen, hypermetropischen Auge vial leiehter zmn Status glaucomatosus ftihren als in dem l~ngliehen Bulbus des Myopen.

Noeh ein anderer Abschnitt des Auges scheint mir bei der Beurtheilung der Xrankheitserseheinungen yon grosser Bedeutung, ngmlieh die ganze Oegend in der Umgebung der Hornhtmt. Acute sowohl wie schleiehende Krankheits~ proeesse in der Conjunetiva und in tier Sklera, sowie Aenderungen der Gefgsswandungen des Circulus venosus

~) Vgl. die folgende Arbeit in diesem Hefte des Archives. Einige Versuche tiber die Ausdehnung der Sklera und die ¥olumzunahme des Bulbus eta.

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kSnnen anf die l~esorption der Flitssigkeit aus der ~'~rderen Kalmner Yon grossem Einflusse sein.

Bei Kgninchen ruff circulRre Durchschneidung der Con- junctiva mn die Corne~ und Dnrchtrennung aller vorderen Bfnskelans:,itze, somit aller vorderen Citiargefgsse, nach des Heilung der Wunden eine sehr betsgchtliche Drucksteigerung hervor, welche mit dem Fick'schen Ophthahnotonometer c~mstatirt werden kann nnd sich dnrdl Verengerung der R(4inagef'gsse kund giebt. Mehrere Wochen bleibt ein Druck yon 50--60 mm Hg Pick bestehen, w~hrend (lie Arterien der Netzhaut einige Zeit hindureh fadenf6rmig sind. Bei fiinf Augen, we ich diesen Process beinahe drei Monate lang vet- iblgte, keMCe das Auge nach und nach zur Norm zur~ick, d. h. die Ffillung der Blutgef:dsse des Netzhaut wurde wieder besser, ~dewohl noch etwas SpannungserhShung bestehen blieb. Wahrscheinlicb haben sich in diesen Fallen neue BlutgefSsse ausgebildet, welche die Filtration wieder yes- mittelten. Die vordere Kammer dieser Augen war normM ode~r ein wenig flacher; 5nsserlich wt,ren keine weiteren Abweichungeu zu verzei~;hnen. Dass Krankheitsursachen aus der circumeorneMen Gegend unschwer den Kammer- winkel erreichen und eine Yerwachsung des Irisperipherie hervorrutb~ kSnnen, scheint nfir auch sehr wohl an- nehmbar.

lVenn ich durch diese Arbeit die LSsung des Ghmkom- fl'age einen kleinen Schsitt welter gebracht habe, so ver- dauke ich dies in erster Reihe dem D o n d e r s - F o n d , ~velcher mir die Mitre] verschaffte, um l~tngere Zeit unge- stS~t in ausl~tndischen Laboratorien zu arbeiten. Den Herren Curatoren, insbesondere Herrn Professor Snel len, bin ich dafiir zu grossem Dank verpflichtet. Ich verdanke es welter meinem Aufenthalt in Heidelberg, we das freundtiche Ent- gegenkommen und die ibrtw~thrende Anregung des HelTn Professor L e b e r es mir ermSglichten, reich in ~,ielen Rich-

Page 83: Beiträge zur Lehre vom Glaukom

112 W. Koster. Beitr~ige zur Lehre vom Glaukom.

tungen auf dem Gebie te der OphthMmologie weiter auszu-

bilden.

E s i s t mi r Herzensbedi i r fmss , dem l iebenswiirdigen

Meis te r h ier 5ffentlich meinen tiefgefiihlten Dm~k auszu-

sprechen.

F ig . 1.

Fig, 2.

Fig. 3,

Fig. 4.

Fig. 5.

Fig. 6.

Fig. 7. F ig . 8.

E r k l ~ r u n g d e r A b b i l d u n g e n ~uf Tafel I - - I I .

Taf. I. Meridionalschnitt eines Auges, welches 4 Stunden nach der Unterbindung aller Vortexvenen enucleirt wurde. Taf. I . . Meridionalschnitt eines Auges, welches 3 Monate nach der Unterbindung aller Venen enucleirt wurde. Taft I. Meridionalsctmitt vertical durch die Linse eines Auges, 3 Monate nach der Unterbindung aller Venen. Taf. I. Sugittalschnitt derselben Linse wie Fig. 3. Beide bei 10facher lin. VergrSsserung. Taft II. Dieselbe Linse (Fig. 3 u. 4) yon hinten gesehen. RingfSrmige Trtibung tier hinteren Corticalis, mit hinterer Polarkatarakt. Vergr. 5faeh lin. Tar. II. Verticaler Meridionalsehnitt dureh die Linse eines Auges, 4 Monate nach der Unterbindung aller Venen. Ver- grSsserung 10fach lin. Taf. II. Sagittalschnitt derselben Linse. Vergr. 10fach lin. Taft II. Horizontalschnitt meridional durch dieselbe Linse. Vergr. 10fach lin.

Z u ¥ t 3 r b e s s e r i1 :

auf Seite 56, Zeile 1 yon u n t e n : Fig, 5 in Fig. 6 und Fig, 7 in Fig. 8, auf Seite 57, Zeile 5 yon oben : Fig. 7 in Fig. 8.

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