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Biosignale und Benutzerschnittstellen
Elektrodermale Aktivität (EDA)
Prof. Dr. Tanja Schultz
Dipl. Math. Michael Wand
Vorlesung WS 2012/2013
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Literatur für diese Vorlesung
• John L. Andreassi: Psychophysiology: Human Behavior and Physiological Response. Psychological Press, Taylor & Francis Group, Fifth Edition, 2007.
• Foliensatz „Analyse von Hautleitwertdaten als Maß für emotionale Reaktionen“ von Christian Kaernbach, Karl-Franzens-Universität Graz
• Handout zu EDA (elektrodermale Aktivität) von Nicolas Müller am 06.11.2007 http://www.uni-graz.at/~schulter/ANS.pdf (Biologische Psychologie)
• Rainer Schandry: Lehrbuch Psychophysiologie, BeltzPVU, 1998, Kapitel 5
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Weitere Quellen
• http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/EmotionPsychophysik.shtml
• http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2436/
• http://www.sandralicher.de/Psycho/p-woelk-fragen.html
• http://www2.informatik.huberlin.de/~meffert/Seminararbeiten/Snoezelen/Hautwiderstand/hautwiderstand.ppt
• http://www.psychologie.unizh.ch/klipsypt/lehre/ws0405/biopsych/MBPBWS0405Termin3.pdf
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Definition – Elektrodermale Aktivität
• Elektrodermale Aktivität (EDA) (veraltet: galvanische Hautreaktion, engl. electrodermal activity)
• EDA beschreibt die Veränderung der Leitfähigkeit der menschlichen Haut.
• Diese Aktivität steht oft im Zusammenhang mit physiologischer oder psychologischer Aktivität des Menschen.
• EDA - Sammelbegriff für die elektrischen Phänomene der Haut (Johnson und Lubin, 1966)
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Terminologie
• Kleine Übersicht der EDA-Terminologie:
• Hautleitfähigkeit und Hautleitwert oft synonym verwendet
Schandry (1998)
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Anwendungsbeispiele
• Explicit and implicit responses to environmental sounds
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Die Haut
• Sowohl Trennschicht als auch Bindeglied zwischen Körper und Umwelt
• Schutz des Organismus vor physikalischen, chemischen und biologischen Einflüssen
• Reizaufnahme
• Regelung der Wasserabgabe an die Umgebung
• Wärmeregulation
• Abgrenzung des Körpers gegen die Umwelt
• Sinnesorgan (Tasten, Schmerz, Wärme, Kälte, …)
• Organ mit der größten Oberfläche: 1,5 – 2 m²
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Aufbau der Haut
• Epidermis (Oberhaut):
• Stratum corneum: besteht aus abgestorbenen, verhornten Zellen
• Stratum lucidum: spielt zusammen mit Stratum corneum wesentliche Rolle bei Wasserregulierung
• Stratum granulosum: bildet Vorstufen der Hornsubstanz
• Stratum spinosum & basale: Stoffwechselprozesse, Regeneration der Hautzellen, Stützfunktion für Oberhaut
• Dermis (Lederhaut): beherbergt Schweißdrüsengänge
• Subcutis (Unterhaut): besteht aus Fettgewebe und hautversorgenden Blutgefäßen und Nerven
Schandry (1998)
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Hautleitfähigkeit
• Muskeln und andere Gewebe sind relativ gute Leiter (Elektrolyte)
• Haut vergleichsweise schlechter Leiter
• Hautleitwert reziprok zu Hautwiderstand
• Hautwiderstand feuchte Haut: einige Hundert Ohm
• Hautwiderstand trockene, dicke Haut: Megaohm
• Wert ist abhängig von Feuchtezustand (Schweiß, ionische Leitung), Widerstand sinkt
• Feuchtigkeit der Haut nervös geregelt (psychogalvanische Reaktion)
• Messung der Hautleitfähigkeit durch Anlegen einer niedrigen Spannung und Messung des Stroms, der durch den Kreis fließt
• Schweißdrüsen verhalten sich im Stromkreis wie parallel geschaltete Widerstände bei Aktivierung zusätzlicher Schweißdrüsen steigt Leitfähigkeit linear an
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Die Haut - Hautleitfähigkeit
• Subcutis und Dermis gute und stabile Leiter, Epidermis fungiert als Barriere
• Schweißdrüsenaktivität verändert Hautleitwert: Schweiß = NaCl-Lösung Haut besonders leitfähig
• Die Leitfähigkeit ist dort am größten, wo die meisten Schweißdrüsen sind,
• Durchtrennung der Innervationswege oder medikamentöse Blockade (Atropin) eliminiert Hautleitwertsreaktion
Optische Kohärenztomografie der Fingerspitze (Leistenhaut) in vivo mit Schweißdrüsenausgängen, Q: Wikipedia
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Schweißdrüsen
• Eine Schweißdrüse (SD) ist eine Drüse in der Lederhaut, die unterhalb der Oberhaut (Epidermis) liegt.
• Der produzierte Schweiß wird von den Poren in der Oberhaut ausgeschieden
• Schweißdrüsen sind exokrine Drüsen (= eine Drüse, die ihre Sekrete mittels eines Ausgangs in einen Körperhohlraum abgibt – im Gegensatz zu endokrinen Drüsen, die Sekrete ins Blut abgeben)
• Innervation der SD durch autonomes NS
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Schweißdrüsen
• Verteilung der Schweißdrüsen nicht homogen:
• An Hand- und Fußinnenflächen: über 2000/cm²
• An Rumpf und Extremitäten: ca. 100-200/cm²
• Verantwortlich für Schweißproduktion
• Aufsteigen der Flüssigkeit im Schweißdrüsengang unterstützt von rhythmischen Kontraktionen der umgebenden Myoepithelzellen
• 2 Typen von Schweißdrüsen:
• Ekkrine Drüsen: dienen primär Wärmeregulation und Ausscheidung von Stoffen
• Apokrine Drüsen: Schweißabsonderung wird hormonell angeregt
• Für EDA nur ekkrine SD relevant
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Zwei Typen von Schweißdrüsen: Apokrine SD
Die apokrinen Schweißdrüsen (werden auch Duftdrüsen genannt) • geben Duftstoffe ab, die zusammen mit Talgdrüsen für den Körpergeruch
verantwortlich sind • kommen nur in Achselhöhle, Brustwarze, Genitalgegend vor • Durchmesser von 3 bis 5 mm • stehen in enger Beziehung zu den Haarfollikeln
(dort münden die Ausführungsgängen) • werden erst in der Pubertät gebildet • Sekretproduktion wird besonders durch emotionale Reize aktiviert (z. B. Angst,
Erregung, Wut).
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Zwei Typen von Schweißdrüsen: Ekkrine SD
Die ekkrinen Schweißdrüsen • sondern Schweiß ab, der von Poren in Oberhaut ausgeschieden wird • Durchmesser von 0,4 mm, umgeben von einer dicken Basalmembran • dienen der Wärmeregulation (physikalisches Prinzip: Verdunstungskälte) • Schweiß sorgt auch für Haut-Geschmeidigkeit und richtigen pH-Wert
• Der Körper des Menschen besitzt 2 bis 4 Millionen ekkrine Drüsen
• Keine Beziehungen zu den Haaren • Ungleichmäßig über Körper verteilt
• Anzahl ist je nach Körperregion unterschiedlich:
• Besonders zahlreich sind sie an Fußsohlen, Handflächen und Stirn • Mit ca. 600/cm² an den Fußsohlen am dichtesten • Mit ca. 100/cm² am Oberschenkel am spärlichsten
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Anwendungsbeispiele
• Explicit and implicit responses to environmental sounds
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Entstehung von EDA
Was ändert sich in der Haut?
• Die Schweißdrüsen sind verstärkt aktiv, dadurch wird mehr Schweiß abgesondert und der elektrische Widerstand der Haut sinkt. Wenn der Schweiß verdunstet, steigt der Widerstand wieder. Da aber auch schon kurz bevor der Feuchtigkeitswert der Haut ansteigt ein Anstieg der Leitfähigkeit gemessen werden kann, kann auch die Aktivität der Schweißdrüsen an sich für kurzzeitige Schwankungen verantwortlich gemacht werden.
Was löst die Veränderung aus?
• Die Schweißdrüsen und damit die EDA werden durch das vegetative Nervensystem gesteuert, welches nicht willentlich beeinflussbar ist. Deshalb gibt der EDA-Wert unverfälschte Antworten, die man nicht direkt beeinflussen kann.
• Allerdings gibt es viele Faktoren, die EDA beeinflussen, z.B.:
• Atmung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Muskelaktivität
• Die emotionalen Zustände, die meistens das eigentliche Ziel der Messung sind.
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Biologische Psychophysiologie
• EDA spielt große Rolle in Psychophysiologie des autonomen Systems • Einfach anzuwenden, billig, und seit 19. Jahrhundert bekannt • Schweißdrüsenaktivität wird von sympathischen Nervenfasern via Acetylcholin
und vom endokrinen System via Noradrenalin-Konzentration im Blutstrom beeinflusst.
• Deshalb gilt EDA als Maß sympathikotoner Modulation • Die beste Hautleitfähigkeit dort, wo die meisten Schweißdrüsen vorhanden
sind (am dichtesten an Hand- und Fußinnenflächen) • Die Durchfeuchtung der Oberhaut führt zu einer drastischen
Leitfähigkeitserhöhung • Durchtrennung der Innervationswege der Schweißdrüsen eliminiert die
Hautleitfähigkeitsreaktion • Hautleitwert ist als Korrelat psychophysiologischer Erregungs- bzw.
Aktivierungszustände anerkannt
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Nervensystem – Begriffe
Wir erinnern uns an unser Wissen zum menschliche Nervensystem:
• Nervensystem = Gesamtheit des Nervengewebes als morphologische und funktionelle Einheit mit der Befähigung zur: • Reizaufnahme in den Endapparaten (Rezeptoren), • der spezifischen Erregungsbildung in den Rezeptoren, • der Weiterleitung der Erregung, • der Verarbeitung im Zentralnervensystem, • der Reizbeantwortung zu den peripheren Empfängern (Effektoren)
• Einteilung des Nervensystems (NS)
• Topographisch: Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) peripheres Nervensystem (Hirnnerven, Rückenmarknerven) periphere Ganglien
• Funktionell: Animales (somatisches) NS Vegetatives (autonomes) NS
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Animales vs Vegetatives NS
• Animales (= somatisches) NS (engl. Voluntary/somatic nervous system)
• Anteil des NS, der die willkürlichen Funktionen des Organismus regelt
• Dient vor allem der Wahrnehmung und Integration von Reizen und zur Steuerung der Motorik
• Vegetatives (= autonomes oder unwillkürliches NS) (engl. Autonomous NS)
• Gesamtheit der dem Einfluss des Willens und dem Bewusstsein primär NICHT untergeordneten Nerven und Ganglienzellen, die der Regelung der Vitalfunktionen (Atmung, Verdauung, Stoffwechsel, Sekretion, Wasserhaushalt, u.a.) dienen
• Gewährleistet das Zusammenwirken der einzelnen Teile des Körpers
• Bildet mit dem System der endokrinen Drüsen und den Körperflüssigkeiten eine funktionelle Einheit
• Enge Wechselbeziehung zwischen vegetativen und seelischen Vorgängen
• Drei Systeme Sympathikus Parasympathikus Intramurales System (Nervenfasern in Herz, Magen, Darm, Blase, …)
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Vegetatives NS
• Das vegetative NS reguliert und koordiniert die Funktionen der inneren Organe und passt deren Aktivität an die jeweiligen Bedürfnisse des Gesamtorganismus zweckmäßig an (Herz-, Kreislauf-, Atmungsfunktion, Verdauung, Stoffwechsel, Ausscheidung, Wärme- und Energiehaushalt, Fortpflanzung)
• Nicht oder nur in geringem Maße willkürlich beeinflussbar
• Besteht aus zentralem und peripherem Teil
• Das periphere Nervensystem hat 3 Teile
• das Darmnervensystem • Sympathikus (sympathisches NS): vorwiegend in Richtung
Energieentladung und abbauende Stoffwechselprozesse • Parasympathikus (parasympathisches oder vagales NS):
Energiespeicherung, Erholung und Aufbau
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Vegetatives NS
• Das antagonistische Verhalten von Sympathikus und Parasympathikus ergibt synergistische Wirkung
• Erfolgsorgane des Sympathikus sind die glatte Muskulatur der Eingeweide, der Gefäße und der Augen, Herz und Drüsen (Schweißdrüsen, Speichel- und Verdauungsdrüsen)
• Sympathikus innerviert alle Gefäße – Parasympathikus nicht (insbesondere nicht die Schweißdrüsen): darin liegt der entscheidende Unterschied
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Anwendungsbeispiele
• Explicit and implicit responses to environmental sounds
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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EDA – Was wird gemessen?
Welche Aktivitäten kann man messen?
• Phasische EDA: Kurzzeitige Anstiege der elektrischen Leitfähigkeit der Haut
• Werden durch einen Reiz hervorgerufen
• Die erhöhte Leitfähigkeit der Haut tritt 0,5 bis 4 Sekunden nach dem Reiz auf und verschwindet schnell wieder
• Je intensiver der Reiz ist, desto kürzer die Reaktionszeit
• Tonische EDA: Messen der Leitfähigkeit der Haut über einen längeren Zeitraum
• Dieser „Pegel“ der Hautleitfähigkeit ändert sich mit emotionalen Zuständen über einen längeren Zeitraum
• Z.B. ruft Angst eine erhöhte tonische EDA hervor
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EDA – Wie wird gemessen?
Endosomatische Messung:
• Misst die elektrische Spannung der Haut (ohne Strom anzulegen). Dazu werden winzige Elektroden in die Haut eingestochen und die Aktivität der Nerven in der Haut gemessen. Diese Methode nennt sich auch Hautpotentialmessung (skin potential) und ist heutzutage eher unüblich.
Exosomatische Messung:
• Es wird ein schwacher Strom (ca. 0.5V) an die Haut angelegt und entweder der Strom oder die Spannung konstant gehalten (heute gebräuchliche Methode).
• Spannung konstant = Messung der Leitfähigkeit (häufigste Methode), Damit kann man am besten zwischen 2 Testpersonen vergleichen
• Leitfähigkeit wird in Siemens (1 S = 1/Ω) gemessen. (typisch: 2 – 20μS, phasische Veränderung nur 0.02-1μS).
• Die Elektroden sind aus Silber oder Silberchlorid und werden auf der Handinnenfläche der nicht dominanten Hand angebracht.
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EDA – Terminologie
Messung kurz/lang mit/ohne Strom (Wie) (Was) (passiv/aktiv)
Bezeichnung (Englisch)
Kürzel
Endosomatisch Tonisch Kein Strom (aktives Phänomen)
Hautpotentialniveau Skin Potential Level
SPL
Endosomatisch Phasisch Kein Strom (aktives Phänomen)
Hautpotentialreaktion Skin Potential Response
SPR
Exosomatisch Tonisch Gleiche Spannung (passives Phänomen)
Hautleitfähigkeitsniveau Hautleitwertsniveau Skin Conductance Level
SCL
Exosomatisch Phasisch Gleiche Spannung (passives Phänomen)
Hautleitfähigkeitsreaktion Hautleitswertsreaktion Skin Conductance Response
SCR
Exosomatisch Tonisch Gleiche Stromstärke (passives Phänomen)
Hautwiderstandsniveau Skin Resistance Level
SRL
Exosomatisch Phasisch Gleiche Stromstärke (passives Phänomen)
Hautwiderstandsreaktion Skin Resistance Response
SRR
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Von den Rohdaten zur Elektrodermalen Reaktion
Das Experiment läuft ähnlich ab wie bei anderen Biosignalen:
• Sensoren anlegen
• Reizgebung
• Aufzeichnen der Daten
Zur Analyse betrachtet man:
• den lokalen Mittelwert
• abgeleitete Maße: Latenz, Amplitude, Anstiegszeit, Halbwertszeit, Abklingzeit
• Parameter der EDR
• Häufigkeitsindex
• Amplituden- und Magnitudenindex
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Hautleitfähigkeit - Messung
• Einheit: 1 Siemens = 1 mho = 1 Ohm-1
• Messung üblicherweise an der Hand
• Bipolare Ableitung (unipolar schwierig, da es schwer ist, inaktive Position an Körperoberfläche zu finden)
Schandry (1998)
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Messgeräte
• Handschuh mit Hautleitwertsensor und Bluetooth-Schnittstelle
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Messartefakte und Spontanfluktuationen
• Gemessen wird in der Regel an der Handinnenfläche, weil dort die dichteste Verteilung von Schweißdrüsen (neben Fußinnenfläche) liegt
• Messartefakte: • Respiratorische Einflüsse
(atembedingte, tiefe Atemzüge, Anhalten des Atems) • Thermoregulatorische Einflüsse
(Messung am besten nur im klimatisierten Labor) • Äußere Hautreizungen • Bewegungsartefakte
• Spontanfluktuationen (SpF) • Individuelle Differenzen in Anzahl und Amplitude • Wert wird üblicherweise in Anzahl pro Minute angegeben • Individuelle Spontanfluktuationsrate wird auch als elektrodermale Labilität
bezeichnen
• SpF nicht zu verwechseln mit Artefakten, die von Einatmen, visuellen Reizen im Labor etc. zustande kommen können
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Hautleitfähigkeitsniveau (SCL) – Beispiel
• Akustischer Sinusreize zu 4 Zeitpunkten (vertikale Linien)
• Drei hypothetische Probanden
• Bei den meisten Menschen befindet sich SCL zwischen 1S und 10 S Quelle: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2436/pdf/BurkChristian-2005-10-19.pdf
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Mittelwertsbildung
• Mittelwert bilden über die Daten der Ruhephase
• Problem: übliche Spontanfluktuationen können den Wert überschätzen
• Zur Vermeidung oder wenn keine Ruhephasewerte vorhanden
• Mittelung über Werte, die innerhalb der Serie von Reizdarbietung liegen, aber außerhalb des Bereiches der reizbezogenen Reaktion
• Wähle Bereich zum Zeitpunktes des Reizes selbst oder innerhalb der ersten 0,5 Sekunden nach Stimulus-Onset
• Latenz der elektrodermalen Reaktion ist per Definition minimal 0,5sec
• Zwei Mittelwert- ergebnisse
1. Ruhephase (30sec)
2. Mittelung über Werte zum Zeitpunkt der Reizdarbietung
Von http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/ 2005/2436/pdf/BurkChristian-2005-10-19.pdf
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Elektrodermale Verlaufskurve
• Betrachte reizbezogene oder spezifische Elektrodermalen Reaktion (EDR) (engl. event related/oriented response)
• Idealtypische Darstellung einer EDR, die wichtigsten Parameter sind:
• Latenz: der Zeitraum vom Beginn des Reizes bis Einsetzen der Reaktion (Minimum: 0,5-1sec; Maximum 3-5sec)
• Anstiegszeit: von Reaktionsbeginn bis Maximum (0,5 – 5sec, Durchschnitt ca. 2sec)
• Amplitudenkriterium: es müssen 0,02S überschritten werden, um als EDR zu gelten
• Erholungszeit (der Hautleitwert geht meist nicht auf Ausgangs- wert zurück, daher verwendet man eher die Halbwertszeit)
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Stimulus
EDA
Latenz
Amplitude A
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iegs
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Halbwertszeit
37% 50%
Abklingzeit
Die ideale Gestalt einer EDR
• Wir betrachten eine einzelne EDR (elektrodermale Reaktion)
• Unten im Diagramm ist der Stimulus abgebildet
• Parameter, die von einer idealen einzelnen EDR (Typ 1 nach Boucsein) abgeleitet werden können • Latenz, Amplitude • Anstiegszeit, Halbwerts-/Abklingzeit
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Parameter einer EDR
• Häufigkeitsindex: Anzahl der erfolgten Reaktionen 0,02S; hier 15
• Magnitudenindex: arithmetisches Mittel aller Reaktionsamplituden
• Amplitudenindex: wie oben aber Nullreaktionen werden vernachlässigt
• Bereichsnormierungen werden heftig diskutiert (min, max, z-wert, …)
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Analyse von EDA-Daten
• mitteln (EEG-Tradition)
• Minima/Maxima (Boucsein)
• template matching
• Wolfram Boucsein (1992), Electrodermal Activity, New York: Plenum Press, p. 132.
• The evaluation of phasic changes mainly focuses on irregularly appearing single events rather than on patterns that may be characterized by changes in frequency and/or amplitude. Hence, common procedures like power spectrum or Fourier analyses cannot be used in obtaining parameters from electrodermal recordings.
• ... most phasic changes of EDA show a rather characteristic course or Gestalt, which enables the experimenter to separate them from artifacts with sufficient reliability. Unfortunately, algorithms for the detection of an EDR Gestalt are not yet available for computer analysis, and therefore it has to be obtained with the visual aid of an experimenter.
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Überlappende EDRs
• Typ 2 nach Boucsein: die erste EDR ist separierbar • Minimum zu Maximum • Abziehen der extrapolierten EDR
• Typ 3 nach Boucsein: kein Maximum der ersten EDR • Extrapolation nicht mehr möglich • Wendepunkt versus Summe
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Das Herz
• Faustgroßer Hohlmuskel
• Lage: links unter dem Brustbein zw. 4. und 8. Rippe
• 250 – 500g (abhängig von Trainingszustand)
• Aufbau:
• 2 Vorhöfe (Atrium), 2 Kammern (Ventrikel)
• Pumpleistung durch Herzmuskulatur (links doppelt so dick wie rechts)
• Ringmuskulatur: Hauptteil der Kammerwand
• Herzschlag: bestimmt durch Sinus-Knoten (an Mündung der oberen Hohlvene) elektrische Reize zu den Vorhöfen und Kammern, Kontraktion folgt
• Peripherer Puls: Folgen aus Kontraktion der linken Herzkammer
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Einflüsse auf Herzfrequenz
• Psychische Belastung
• Körperliche Aktivität
• Änderung der Körpertemperatur (z.B. Fieber, Sauna)
• Tauchen
• Aufenthalt in großen Höhen
• Trainingszustand bzgl. der Ausdauer
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Phasen der Herzkontraktion
1. Systole: Kontraktion beider Herzkammern (Austreibungsphase)
• Anspannungsphase: Drucksteigerung in Herzkammern, Segelklappen schlagen zu
• Austreibungsphase: Druck steigt bis diastolischer Aortendruck überschritten, Taschenklappen werden aufgesprengt
• Ende: Ventilebene der Segelklappen sinkt Blut wird in Vorhöfe gesogen steiler Druckabfall zum Ausgangswert, Vorhöfe mit Blut gefüllt Taschenklappen schließen sich
2. Diastole: Füllung beider Herzkammern
• Beginn Erschlaffungsphase: keine Herzaktion
• Füllungsphase: Segelklappen öffnen sich, Blut fließt in Kammern, zusätzlich kontrahieren beide Vorhöfe
• Unterstützung der Füllung des linken Ventrikels ohne großen Druckanstieg
• Ende: Segelklappen schließen sich, Windkesselfunktion der Arterien drückt Blut in Taschenklappen
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Elektrokardiogramm (EKG)
• Aufzeichnung summierter Aktionspotenziale der Muskelzellen des Herzens
• EKG besteht aus 5 Zacken / Wellen, Bezeichnung geht zurück auf Willem Einthoven
• P-Zacke: Erregung der Vorhöfe
• PQ-Strecke:Dauer der Erregungsleitung vom Sinusknoten zu Purkinje-Fasern
• QRS-Komplex: Erregungsausbrei- tung in Kammermuskulatur
Schandry (2003)
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EKG – Ableitung
• Elektroden: üblicherweise Napf- oder Silberplattenelektroden
• Ableitorte für die Standardableitungen und die entsprechenden EKG-Aufzeichnungen nach Einthoven
• Einthoven II am häufigsten verwendete Methode
Schandry (1998)
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EKG – Ableitung
• Beispiel für tragbares EKG-System: CorBELT
• Über zwei Hartelektroden aus Edelstahlt wird kontinuierlich 1-Kanal EKG erfasst und analysiert
• Live-Datenübertragung mittels Bluetooth möglich
• Automatische Notruffunktion im Fall von kritischen Zuständen
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Photoplethysmographie
• Belastungsfreies und unblutiges Verfahren zur optischen Erfassung der Blutmengenänderung im Gewebe
• Hieraus können Herzrate (anhand der Frequenz) und Blutdruck (anhand Amplitude) abgeleitet werden
• Prinzip:
• Unterschiedliche Durchlässigkeit von durchblutetem und undurchblutetem Gewebe für rotes Licht
• Bei geringem Gefäßdruck ist der Gefäß- durchmesser kleiner und durch das geringere Blutvolumen das Messgebiet heller mehr Licht wird reflektiert.
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Photoplethysmographie
• Sensor besteht aus Lichtquelle und photoelektrischem Wandler
• Lichtquelle: meist rot strahlende Leuchtdioden
• Reflektiertes Licht wird über Photowiderstand, Phototransistor oder Photozelle in elektrisches Signal umgewandelt
• Wichtig: während Messung darf kein direktes Licht in photoempfindliches Bauteil fallen
• Zwei Typen von Plethysmographie-Aufnahmegeräten:
A: Messung des durchtretenden Lichts
B: Reflexionslichtmessung
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Photoplethysmographie
Schandry (1998)
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Anwendungsbeispiele
• Explicit and implicit responses to environmental sounds
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Atmung
• Innere Atmung / Zellatmung: Stoffwechselprozesse der Zellen
• Äußere Atmung: Ein- und Ausatmung durch die Atmungsorgane
• Inspiration: Einatmung von Sauerstoff
• Exspiration: Ausatmung von Kohlendioxid und anderen ‚Abfallstoffen‘
• Ein- und Ausatmung wird über Zwerchfell und Zwischenrippenmuskulatur gesteuert
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Atmung
• Steuerung der Atmung:
• Brustatmung: Thoraxbewegung
• Brauchatmung: Zwerchfellbewegung
Steuerung erfolgt über die vom somatischen Nervensystem versorgte quergestreifte Muskulatur und unterliegt damit auch der willentlichen Kontrolle
• Zusammensetzung der Aus- und Einatmungsluft:
Gas Einatmung Ausatmung
Stickstoff 78% 78%
Sauerstoff 21% 17%
Kohlendioxid 0,02% 4%
Edelgase 1% 1%
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Atmung - Ablauf
• Luft gelangt durch Nasenhöhle in Körper
• In Nasenhöhle wird Luft angewärmt und angefeuchtet
• Beförderung über Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien bis zum Lungengewebe
• Gasaustausch zwischen Luft & Blut findet in Lungenbläschen durch passive Diffusion statt
• Bei passiver Diffusion wird Konzen- tration auf beiden Seiten der alveolokapillären Membran angeglichen
• Beim Ausatmen wird sauerstoff- arme und kohlendioxidreiche Luft nach außen abgegeben
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Messung der Atmung
• Messung der Atmung mit Gurt, in dem Dehnungsmessstreifen eingelassen ist
• Gurt wird im unteren Thoraxbereich angelegt es werden sowohl Brust- als auch Bauchatmung erfasst
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Überblick
• EDA (ElektroDermale Aktivität)
• Einführung
• Anatomie und Physiologie der Haut
• Entstehung von EDA
• Messung und Analyse von EDA-Daten
• Anwendungsbeispiele
• Explicit and implicit responses to environmental sounds
• Weitere Biosignale
• Pulsfrequenz / Herzschlag
• Atmung
• Anwendungsbeispiele
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Multimodale biosignalbasierte Workloaderkennung in einem Fahrzeug
Studienarbeit am Cognitive Systems Lab
von
Jan-Philip Jarvis
Betreuer:
Prof. Dr.-Ing. Tanja Schultz
Dipl.-Inform. Felix Putze
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Einführung (1/2)
• Was ist Workload?
• Hart & Staveland:
Eindimensionales Ressourcenmodell
Workload: Verhältnis zwischen benötigter und zur Verfügung stehender Kapazität
• Wickens:
Trennung zwischen kognitiven visuellen Ressourcen
Gesamtworkload einer Belastung ist abhängig vom Grad der Interferenz der benötigten Ressourcen
Grafik: Wikipedia, Workload
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Einführung 2/2
• Warum Workload bei Autofahrern erkennen?
• Autofahren alleine benötigt schon Ressourcen (hauptsächlich visuell)
• Erhöhter Workload beeinflusst Fahrverhalten
• Künstliche Fahrerdialogsysteme bald schon Realität?
Diese sollten auf Zustand des Fahrers reagieren können!
• Wieso multimodal?
• Workload beeinflusst verschiedene Biosignale
Robustere Erkennung durch Nutzung mehrerer Informationsquellen
• Die in dieser Vorlesung vorgestellten Biosignale (Herzschlag, Hautleitwert, Atmung) sind verhältnismäßig einfach zu messen und könnten mittelfristig problemlos in Serienfahrzeuge / in die Kleidung etc. integriert werden
Einfach zu nutzende Informationsquelle
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Sensoren
Datenhandschuh
Integrierte Sensoren: • Hautleitwert (HLW) • Photoplethysmograph (PPG)
Atemgurt (RESP)
EEG-Stirnband
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Versuchsdesign
• Hauptaufgabe: Auto fahren!
• Lane-Change-Task (siehe nächste Folie)
• Dazu Nebenaufgaben
• kognitiver Task
• visueller Task
• Nebenaufgaben können unterschiedliche Schwierigkeitsgrade haben
• 13 Versuchspersonen
• 180 Sekunden Daten pro Versuchsperson und Aufgabe
• Messung der subjektiven Workloadbelastung mittels Fragebögen
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Lane-Change-Task (LCT)
• Hauptaufgabe des Fahrers: In virtueller Umgebung (Fahrsimulator) auf der richtigen Spur fahren
• Richtige Spur wird durch Schilder markiert (hier: nur mittlere Spur erlaubt)
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Visuelle Nebenaufgabe
• Aufgabe: Finde Symbolgruppe, die größeren Repräsentanten hat
einfach mittel schwierig
Ziel: Gruppe mit dem größeren Repräsentanten bestimmen
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Kognitive Nebenaufgaben
• Sequenzielle Kopfrechenaufgabe
• Zufällige Zahlenreihen aus bestimmtem Wertebereich werden vorgelesen
• Überprüfung auf Teilbarkeit durch Konstante c
• Drei Schwierigkeitsgrade:
• Einfach: c=3, Wertebereich [30, 90]
• Mittel: c=6, Wertebereich [60, 180]
• Schwierig: c=7, Wertebereich [70, 210]
• Aufgabe ist so gestellt, dass umfangreiches Sprechen während der Fahrt nicht nötig war (könnte EEG stören)
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Ablauf
• Sieben Aufgaben: Baseline-Messung (nur Autofahren), dann drei visuelle und drei kognitive Nebenaufgaben
• 180 Sekunden Daten pro Versuchsperson und Aufgabe
• Merkmalsextraktion auf 60-Sekunden Zeitfenstern
• Messung der subjektiven Workloadbelastung mittels Fragebögen
• Labeling der Daten mit Index der Aufgabenschwierigkeit
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Merkmalsextraktion für EEG
Erste Methode: bandbasiert
• Energien in bestimmtem Frequenzbändern (Theta, Alpha, Beta, Gamma) des Signalspektrums liefern Merkmalsvektor
• Zusätzlich: Positionen der Peaks (Maxima) in den Frequenzbändern
Zweite Methode: Welch-Spektrogramm
• Geglättetes Welch-Spektrogramm berechnen
• Über nebeneinanderliegende Frequenzen mitteln
• Signalanteile unter 5 Hz und über 45 Hz entfernen
• Vektor Logarithmieren
• → Als Merkmalsvektor verwenden
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Merkmalsextraktion für PPG
• Vorgehen:
• Maximum im Welch-Spektrogramm liefert mittlere Pulsfrequenz
• Bandpassfilterung des Signals mit 0.1 Hz über und unter mittlerer Pulsfrequenz
• Maximalwertsuche in gefiltertem Signal
• Merkmale:
• Mittelwert der Pulsfrequenz
• Varianz der Peak-Abstände
• Verhältnis der Energien in den Bändern 0-0.08 Hz und 0.15-0.5 Hz
65 Bio
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Merkmalsextraktion – Hautleitwert
Merkmale:
• Anzahl Startles
• SOD
• SOM
• Geschätze Fläche aller Startles
• Mittelwert des Signals
• Varianz des Signals
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Merkmalsextraktion - Atemgurt
Merkmale:
• Mittelwert und Varianz der Atemfrequenz
• Mittlere Einatemtiefe
• Signalenergien in den Frequenzbändern 0-0.1 Hz, 0.1-0.2 Hz, 0.2-0.3 Hz und 0.3-0.4 Hz
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Klassifikator
• Support-Vector-Machine (SVM)
• Implementierung libsvm für Matlab
• Kernel: Radial-Basis-Function
• Parameterbestimmung mittels Gridsearch
• Evaluation der Klassifikatoren mittels Kreuzvalidierung
2exp jiji xxγ=x,xK
551
155
...,22
...,22
,
,C
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Merkmalsauswahl
• Der Merkmalsraum für das gesamte System (also für alle Modalitäten) entsteht durch Kombination der Merkmalsräume aller Teilsysteme
• Damit ist der Merkmalsraum vermutlich zu groß und enthält schlechte Merkmale
Führe Dimensionsreduktion durch
• Forward-Feature-Selection (FFS):
• Iterativ Merkmale in die Zielmenge mit aufnehmen, solange die Klassifikationsleistung zunimmt
• Messung der Klassifikationsleistung der Merkmalsmengen mittels Kreuzvalidierung
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Fusion der Modalitäten
• Feature-Fusion (FF):
• Merkmalsvektor der einzelnen Modalitäten werden konkateniert
• Training eines einzigen Klassifikators auf dem resultierenden Merkmalsvektor
• Decision-Fusion (DF):
• Für jede Modalität wird ein eigener Klassifikator trainiert
• Gewichtete Mehrheitsentscheidung unter allen Klassifikatoren
• Gewichte z.B. durch Leistung auf den Trainingsdaten
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Klassifikationsprobleme
Sieben Klassifikationsprobleme wurden betrachtet:
• Trennung zwischen kognitivem und visuellem Workload (2-Klassen-Problem)
• Trennung zwischen visuellen Workloadleveln
• 2-Klassen-Problem: „niedrig“ vs „hoch“
• 3-Klassen-Problem: „niedrig“ vs „mittel“ vs „hoch“
• Trennung zwischen kognitiven Workloadleveln
• 2-Klassen-Problem: „niedrig“ vs „hoch“
• 3-Klassen-Problem: „niedrig“ vs „mittel“ vs „hoch“
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Klassifikation Workload-Art
Ergebnisse bei der Klassifikation der Art der kognitiven Belastung:
EEG (Elektroenzephalographie) ist die beste Modalität
PPG HLW RESP EEG SB FF DF
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82 82 81
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Klassifikation visuellen Workloads
Ergebnisse der Klassifikation von visuellem Workload (links niedrig vs hoch, rechts drei Stufen). Die Atmung lieferte hier die besten Ergebnisse.
Visuell zwei Klassen Visuell drei Klassen0
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40
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58
79
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81
65
95
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EEG BB
EEG SB
PPG
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RESP
FF
DF
EEG-SB
PPG
RESP
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EEG-SB
EEG-BB
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PPG
RESP
FF
DF
EEG-SB E
EG-BB
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Klassifikation kognitiven Workloads
Ergebnisse der Klassifikation von kognitivem Workload (links niedrig vs hoch, rechts drei Stufen). Die Atmung lieferte hier die besten Ergebnisse.
Beobachtung: viele Probanden fanden die hier gestellten Aufgaben recht schwer
50
33
66
41
70
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38
55
38
62
38
73
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Kognitiv zwei Klassen Kognitiv drei Klassen
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20
30
40
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EEG BB
EEG SB
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FF
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G
RESP
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EEG-B
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PP
G R
ESP
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DF
EEG-SB
EEG-B
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Klassifikation – Kognitiv (2/3)
Neues Experiment: Ergebnisse der Klassifikation Baseline vs niedriger Workload (ALT), verglichen mit dem ursprünglichen Experiment (STD) niedriger Workload vs hoher Workload
EEG BB EEG SB PPG HLW RESP FF DF0
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6670
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Klassifikation – Kognitiv (3/3)
ALT: Baseline vs niedriger Workload vs hoher Workload
STD: Niedriger Workload vs mittlerer Workload vs hoher Workload
EEG BB EEG SB PPG HLW RESP FF DF0
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100
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6763
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38 38 38
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Weiterführende Arbeiten
• Zur Zeit: Auswertung auf 60 Sekunden Fenstern
• → Zu lange für Online-Erkenner
• Merkmale für kürzere Zeitfenster finden
• Komplexeres Workloadmodell für Online-Erkennung