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GRAND ELECTRICS 64 grand gtrs Epiphone Elitist Casino und Dwight Trash Test

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GRAND ELECTRICS

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Epiphone Elitist Casino und Dwight TrashTest

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Zu Ersteren zählt die hier getestete Casino, indie zweite Kategorie fällt das Signature-ModellDwight Trash, dessen Grundkonstruktion derCasino entspricht, das äußerlich aber für sei-nen Namensgeber Dwight Yoakam umfang-reich aufgemotzt wurde und so auch beilukrativen Engagements in Las Vegas zur an-gemessenen Garderobe passt.

Casino – die populärere ES-330In den 1960ern, als die Epiphone-Gitarrenvon Gibson-Mitarbeitern im Gibson-Werk inKalamazoo gebaut wurden, war es bei derMutterfirma Usus, unter dem Epiphone-LabelGitarren zu produzieren, die in mehr oderweniger großen Details veränderte Variatio-nen von Gibson-Gitarren waren – dies verein-fachte die Produktionsabläufe. So waren dieOlympics letztlich Melody Makers mit verän-derter Korpusform, ähnlich verhielt sich dieCoronet zur Les Paul Junior. Die 1961 erst-mals vorgestellte Casino war Epiphones Pen-dant zur drei Jahre zuvor erschienenenES-330 und unterschied sich von dieser imWesentlichen durch Kopfplattenform, Schlag-brett und (ab 1963) Griffbretteinlagen – inder grundlegenden Konstruktion wie auchder elektrischen Ausstattung indes war siemit der Gibson-Schwester identisch. Wäh-rend andere Epiphones im Schatten ihrerGibson-Äquivalente blieben, machte die Ca-sino gegenüber der ES-330 auf der Berühmt-heitsskala das Rennen. Nachdem JohnLennon, George Harrison und Keith Richardsmit Casinos gesichtet worden waren, wurdendiese Thinlines immens populär – für die ES-330 interessierte sich kaum noch jemand.Der flache Archtop-Korpus mit den F-Löchernlässt die Casino auf den ersten Blick sehr ähn-lich zur Gibson ES-335 erscheinen, doch dieerst auf den zweiten Blick sichtbaren Unter-

schiede in der Konstruktion lassen die Casino(wie die 330) zu einem völlig anderen Instrumentwerden. Prägendster Faktor ist das Fehlen einesmassiven Sustainblocks im Klang körper, dessenDecke, Boden und Zargen wie bereits vor fünfzigJahren aus (Ahorn-)Sperrholz bestehen. DieserUmstand lässt die Casino klanglich näher an Jazz-Archtops rücken, während eine 335 mehr Solid -body-Charakter besitzt. Zudem ging bei derCasino der Hals stets auf Höhe des 16. Bun-des in den Korpus über, was im Vergleichzur 335 oder zu 330s aus den späten1960ern schwierigeren Zugriff auf diehohen Lagen bedeutete, aber zu ihrem ei-genständigen Klangbild beitrug.Bislang erhältliche günstige Casino-Re -issues hatten einen Hals-/Korpusübergangam 17. Bund und einen flacheren Nei-gungswinkel der Kopfplatte als die altenOriginale. Bei der Elitist Casino entspre-chen diese Details (wie auch beim zeitwei-lig erhältlichen „John Lennon“-Modell)wieder den alten Vorgaben.Weitere Klang prägende Konstruk-tionsmerkmale sind die Saitenauf-hängung via Trapez-Tailpieceund die in der, unterhalb derBrücke verstärkten, Deckeverankerte Tune-O-Matic-Bridge (in der per Dau-menrad zu verstel-len den US-Ausfüh-rung). Den direkt insHolz greifenden Brü-cken-Gewinden hatman bei beiden Test-gitarren je ein zweitesDaumenrad spendiert,die das Gewinde auf derDecke abstützen – eineunter Besitzern von Vintage-

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Die Elitist-Serie ist Epiphones Top-of-The-Range-Reihe, Made in Japanund höher im Preis angesiedelt als die früher in Korea, heute in Chinagefertigten Standard-Reihen. War die 1958 von Gibson aufgekaufteamerikanische Traditionsfirma in den 1990ern vom Mutterkonzernüberwiegend dazu verdonnert, billige Kopien bekannter Gibson-Solid -bodys zu liefern, um so den fernöstlichen Kopisten der Konkurrenz einSchnippchen zu schlagen, besinnt man sich mittlerweile wieder vermehrtauf die eigenen Qualitäten, bietet Reissues von Epiphone-Originaldesignsund sogar komplett neu entworfene Modelle an.Von David Rebel

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DETAILSHersteller: Epiphone Modell: Casino / Dwight Trash

Herkunftsland: Japan Gitarrentyp: Thinline Hollowbody

Korpus:Ahorn, fünflagig gesperrt Finish: Hochglanz Sun-

burst / Roulette Red Hals:Mahagoni Halsprofil: D

Halsbefestigung: eingeleimt Griffbrett: Palisander

Griffbretteinlagen: Rauten in Perlmutt-Optik / + Spielwür-

fel-Inlay (12. Bund) Bünde: 22 Medium Jumbo Mensur:

629 mm Halsbreite 1./12. Bund: 42 mm/51,5 mm

Regler: 2 x Volume, 2 x Tone Pickup-Schalter: Dreiweg-

Toggle Pickups: Gibson USA P90R & P90T Brücke:

Tune-O-Matic Saitenhalter: Trapez Mechaniken: Gro-

ver / Mini Grover Gewicht: 2.969 g / 2.871 g Preis:

1.499 Euro / 1.899 Euro Zubehör: Koffer, Einstellwerkzeug

Getestet mit:Mesa Boogie Mk I Combo (1991), Marshall

Artist Combo, Okko Diablo Overdrive

www.gibson.com www.musicstore.de

Gibsons/Epiphones beliebte Modifikation, diehier ab Werk vorhanden ist. Wichtigster Faktorfür den Casino-Sound sind natürlich die P-90Single Coils, die mittels Les-Paul-typischemRegler-/Schalterlayout verwaltet werden undtraditionsgemäß verchromte Metallkappenhaben. Eine dezente Modernisierung stellen diehier verbauten Grover-Mechaniken dar – man-cher Traditionalist hätte an dieser Stelle vermut-lich leichtere Kluson-Reissues bevorzugt.Erfreuliche Details sind der Knochensattel wieauch die historisch korrekten Gurthalte- undPotiknöpfe, das prägnante, klassische Schlag-brett und die originale Epiphone-Kopfplatten-silhouette. Das Schlagbrett trägt wie früher dasEpiphone-Logo in Form eines aufgeklebten E’s.Und genau wie früher löst es sich auch hier be-reits ab – dies kann man als Manko, mit Humoraber auch als perfekt authentisch betrachten. Verarbeitungsseitig gibt es exakt gar nichtszu meckern, und die perfekte hochglän-zende, aber dünne Lackierung – hier in ge-lungenem Sunburst – hat glücklicherweisenichts mit den bierwurstdicken Acrylpanzerngemein, die man oft an asiatischen, insbeson-dere koreanischen Gitarren findet.

Dwight TrashInsbesondere das weiße Schlagbrett war es,was Dwight Yoakam an der Casino-Reissue ge-fiel, die er 2005 günstig erstand und dann so-wohl live wie auch im Studio immer häufigeranstelle seiner Akustischen verwendete. Derursprünglich tatsächlich in der Punk-Szenegroß gewordene Sänger und grandioseSongwriter zählt heute zu den erfolgreichstenKünstlern der amerikanischen Country-Welt,was der Hauptgrund sein dürfte, weshalb Gib-son/Epiphone ihm einen Endorsement-Vertragnebst Signature-Modell antrugen. Ein großar-

tiger Gitarrist ist der stets fette Drähte mit um-wickelter G-Saite spielende Americana-Heldnämlich laut eigener Aussage keineswegs (undmanches YouTube-Video bestätigt diese Selbst-einschätzung durchaus). Umso mehr weiß derenthusiastische Hüftenschwinger um dieWichtigkeit des optischen Auftritts, und so be-stellte er als Signature-Modell eine Casino mitprägnanten äußerlichen Modifikationen, derenauffälligste die Kopfplatte im Firebird-Stil seindürfte. Weiterhin orderte Yoakam Perlmutt-In-lays in Würfelform für Schlagbrett und Griff-brett (am 12. Bund) sowie ein mehrlagigesHals-Binding. Diese etwas aufwendigeren De-tails sowie das dreidimensionale Kopfplatten-relief gaben Epiphone neben der Berühmtheitdes Namensgebers Anlass für einen nicht un-saftigen Preisaufschlag. Apropos Name: In demWortspiel aus Yoakams Vornamen und demBegriff White Trash – eine wenig schmeichel-hafte Bezeichnung für in Wohnwagenparks le-bende US-Bürger niedriger Einkommens- undBildungsschichten – blitzt noch ein kleinerFunke der rebellischen Punk-Vergangenheitdes US-Stars auf.

Jingle Jangle TwangBeide Testgitarren sind durch die Hohlbauweisesehr leicht, die Hälse haben ein sattes, aber ge-fälliges D-Profil, Halseinstellung und Saitenlagegeben keinen Grund zur Klage, die Gitarrensind bequem zu spielen. Die Mediumbünde sindbestens abgerichtet und verrundet. Trotz ihrerangenehmen Leichtigkeit und der massiven Me-chaniken ist bei beiden Instrumenten keinenennenswerte Kopflastigkeit zu vermelden.Akustisch gespielt sind unsere Hohlkörperi-gen recht laut und deutlich voluminöser alsbeispielsweise eine ES-335. Zugleich klingensie voller, wärmer und weniger präsent. In der

Ansprache sind sie konstruktionsbedingt zu-rückhaltender als massivere Gitarren, zeigenaber zugleich sehr gute Dynamikeigenschaf-ten mit einer großen, über die Anschlagstärkeerzielbaren Bandbreite an Lautstärkevariatio-nen. Die vorliegende Dwight Trash klingt imTimbre etwas dunkler und in der Ansprachenoch etwas indirekter als die Casino, was mög-licherweise auf den durch die Kopfplatte ver-änderten Saitenverlauf und damit geringerenDruck auf den Sattel zurückzuführen ist.Bei beiden Testgitarren ist das Sustain eherdurchschnittlich ausgeprägt, zudem gibt esoberhalb des zwölften Bundes einige Dead Spotszu vermelden, also Noten, die kürzer ausklingenals andere. Dies ist ein bauartbedingtes, für dieCasino und Artverwandte typisches Phänomen,vor dem auch die Vintage-Originale nicht gefeitsind, wie Internetforen weithin dokumentierenund auch meine eigene 1969er ES-330 zeigt.

Wer die Casino und ihre Artverwandten auf-grund ihrer berühmtesten User auf Beat- undJingle-Jangle-Klänge reduziert, unterschätztdiese Instrumente sehr. Klar, die akustisch ge-prägte Komponente in Verbindung mit denlauten, aber in den Mitten aufgeklarten, oben-herum bissigen Einspulern setzt knackiges Ak-kordspiel im Stile der Sixties, am besten übereinen AC-30 gespielt, sehr adäquat in Szene,aber die Casino und ihre aufgebrezelte Schwes-ter können mehr. Sie eignen sich für alleSounds, in denen nicht zwingend mittigeTightness, Biss, Attack und auch Klangtiefe undfettes Volumen umso mehr gefragt sind – siesind somit von Beat über Blues, Jazz, Soul,Funk und auch in der Verzerrung gemäßigteRocksounds universell einsetzbar. Dabei kön-nen sich ihre vermeintlichen Nachteile auch alsVorteile entpuppen. Denn die bei hohen Laut-

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stärken ausgeprägte Rückkopplungsneigungaufgrund des hohlen Korpus hilft beim Erzie-len gesteuerter Feedbacks bei geringeren Laut-stärken oder cleaneren Sounds, und diebeschränkte Erreichbarkeit der hohen Lageninspiriert dazu, beim Solospiel ausgetretenePfade zu verlassen und den mittleren Griffbrett-bereich neu zu entdecken. Tolle Dienste leistendabei die US-Tonabnehmer aus dem Hause Gib-son: Beide zeigen ein ausgewogenes Klangver-halten mit kräftigen, aber nicht mulmendenBässen, brillante und prägnante, aber nichtnervende Höhen sowie den für P90er typischenHochmitten-Peak. Das schmatzt am Hals, beißtauf Wunsch am Steg, lässt sich mit den sauberarbeitenden Volumen- und Tonreglern toll bän-digen, sorgt für knackigen Durchsatz in derBeatband und zarten Schmelz für Jazz undBlues. Klasse! Interessanterweise kommt auchim verstärkten Betrieb die optisch nassforscherauftretende Dwight Trash etwas weniger sprit-zig und zahmer daher, wie es sich schon reinakustisch gespielt ankündigte.

Im Vergleich zu einer 1969 Gibson SG mitOriginalhumbuckern zeigt sich, dass die P90sunserer Testgitarren ebenso laut, aber breit-bandiger übertragen, insbesondere in den Tie-fen ist da mehr Pfund. Im direkten Vergleichmit meiner neunzehnhundertpaarundsechzi-ger ES-330 (mit den originalen P90ern) klin-gen die neuen Instrumente weicher, wenigerdrahtig, haben weniger Biss, aber nicht zwin-gend weniger Charme – für viele werden sieaufgrund ihres runderen, gefälligeren Tonsmit den alten gut mithalten können.Auch bei leicht angezerrten Sounds überzeu-gen die Hohlbäuchigen mit hochgradig dyna-mischem Klangverhalten: Weiche Anschlägebleiben clean, harte Anschläge kommen mitrauchigem Biss. Stärkere Verzerrungen wir-ken auch bei tendenziell rund klingendenAmp- oder Pedalsounds gern etwas fuzzigoder punkig, was in der Kombination P90 undHohlkorpus begründet liegt und durchausreizvolle Sounds abseits des Mainstreams lie-fert, wüste Feedbackorgien auf Wunsch inbe-griffen. Wer nicht klingen möchte wie JoeSatriani, liegt hier auf der sicheren Seite! An-zumerken ist, dass der Steg-Pickup bei beidenProbanden leiser wirkt als sein Kollege amHals – dies ist konstruktions- und positions-bedingt und auch ein wenig abhängig von derVerstärkereinstellung und war im Test durchein Verstellen der Polschrauben zwar weitge-hend, aber nicht vollständig auszugleichen.

Zwei mit CharakterIch gestehe: Bis zu meiner späten Erweckunghatte ich als überwiegend Solidbodys Spielen-der Casino und Konsorten links liegen lassen.Mittlerweile bin ich geläutert, denn kompletthohle Thinlines mit P90-Pickups haben ihreganz eigene, starke Note: Clean können sie sou-verän jazzig auftreten, aber auf Wunsch auchordentlich knallen, angezerrt liefern sie Bluesmit Biss, verzerrt sind sie widerborstige Inde-pendent-Charakterköpfe. Alles Gesagte trifftauch auf die klassische Casino und die optischrattenscharfe Dwight Trash aus der Elitist-Reihe zu. Diese sind zudem bestens verarbeitetund zu bespielen, die US-Pickups von Gibson

übertragen das Gebotene auf hohem Niveau.Dead Spots in den hohen Lagen treten bei Gi-tarren dieser Bauart fast immer auf und sinddeswegen in Kauf zu nehmen, ein Vergleich ver-schiedener Exemplare desselben Modells könntesich aber – falls möglich – lohnen. Die Preise,insbesondere derjenige der Dwight Trash, sindkeine Schnäppchenpreise, aber im noch ange-messenen Rahmen und beinhalten immerhinhochwertige Koffer mit lila Plüschfutter, wie esbei Gibson in den späten 1960ern Standard war.Gitarristen mit Lust auf Gitarren mit Charaktersollten sich unser dynamisches Duo ruhig ein-mal näher ansehen – es könnte der Beginn einerlangen, innigen Freundschaft sein! �

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