gerecht, nachhaltig, effizient - bertelsmann-stiftung.de · 8.2 steuerfinanzierung der gkv –...
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Gerecht, nachhaltig, effizient
Studie zur Finanzierung einer integrierten Krankenversicherung
Gerecht, nachhaltig, effizient
Studie zur Finanzierung einer integrierten Krankenversicherung
Dr. Martin AlbrechtDr. Monika Sander Guido Schiffhorst Dr. Stefan Loos Jurriaan Anijs
Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup
4
Inhalt
Inhalt
1 Hintergrund 9
2 Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung 11
2.1 Grundkonzept„IntegrierteKrankenversicherung“ 11
2.2 FokusderSzenarienentwicklung 11
2.3 Referenz-SzenariounderweitertesReferenz-Szenario 13
2.4 Reform-Szenarien 15
2.4.1 GrundsätzederBeitragsbemessung 15
2.4.2 Reform-Szenario1:DynamisierungderZusatzbeiträge 16
2.4.3 Reform-Szenario2:DynamisierterSteuerzuschusszurLeistungsfinanzierung 17
2.4.4 Reform-Szenario3:BeitragspflichtaufandereEinkommensarten 19
3 Methodischer Ansatz und Datengrundlagen 21
4 Festlegung des Mittelbedarfs 23
4.1 AusgabenfürdieheutigenGKV-Versicherten 23
4.2 AusgabenfürdieheutigenPKV-Versicherten 24
4.3 ZusätzlicheAusgabendurchAnpassungenvonLeistungs-bzw.Vergütungsniveaus25
4.4 MittelbedarfderReform-SzenarieneinerintegriertenKrankenversicherung 28
5 Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien 29
5.1 Referenz-Szenario:Statusquo 29
5.2 ErweitertesReferenz-Szenario:DynamisierungderZusatzbeiträgeunter
Status-quo-Bedingungen 32
5.3 Reform-Szenario1:DynamisierungderZusatzbeiträge 35
5.4 Reform-Szenario2:DynamisierterSteuerzuschusszurLeistungsfinanzierung 37
5.5 Reform-Szenario3:BeitragspflichtaufandereEinkommensarten 38
5
Inhalt
6 Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen 41
6.1 VeränderungenderFinanzierungsstruktur 41
6.2 FinanzielleBe-undEntlastungenderVersicherten 44
7 Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung 53
7.1 MethodischesVorgehen 53
7.2 BürokratiekostenrelevanteElementederSzenarien 55
7.3 AblaufdesSozialausgleichs 56
7.4 BürokratiekostenimStatusquo 58
7.5 BürokratiekostenimReform-Szenario1 62
7.6 BürokratiekostenimReform-Szenario3 64
7.7 WeitereBürokratiekosten 65
7.8 Zusammenfassung 66
8 Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit 67
8.1 HintergrundundFragestellungenderKurzexpertise 67
8.2 SteuerfinanzierungderGKV–bislangeineAchterbahnfahrt 69
8.3 ErfahrungenmitSteuerzuschüssenanandereZweigederSozialversicherung 71
8.4 ReformoptionenfüreinennachhaltigenBundeszuschussandieGKV 77
9 Fazit 80
Literaturverzeichnis 83
6
Abkürzungsverzeichnis, Abbildungen und Tabellen
Abkürzungsverzeichnis
ALGII ArbeitslosengeldII
BA BundesagenturfürArbeit
BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz
BBG Beitragsbemessungsgrenze
BHG Bundeshaushaltsgesetz
BKS Bürokratiekostenschätzung
bpE beitragspflichtigeEinnahmen
BMG BundesministeriumfürGesundheit
BVA Bundesversicherungsamt
bzw. beziehungsweise
ca. circa
d.h. dasheißt
DEÜV Datenerfassungs-und-übermittlungsverordnung
evtl. eventuell
EZB EuropäischeZentralbank
GG Grundgesetz
gem. gemäß
ggf. gegebenenfalls
ggn. gegenüber
GKV GesetzlicheKrankenversicherung
GKV-FinG GKV-Finanzierungsgesetz
GKV-WSG GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
GMG GKV-Modernisierungsgesetz
HBeglG Haushaltsbegleitgesetz
HGrG Bundeshaushaltsgrundsätze
i.d.R. inderRegel
i.S.d. imSinnedes
i.V.m. inVerbindungmit
insg. insgesamt
IP Informationspflicht
KV Krankenversicherung
LKK LandwirtschaftlicheKrankenkasse
Mio. Million(en)
Mrd. Milliarde(n)
o.a. obenangeführt
p.a. perannum
PKV PrivateKrankenversicherung
RRG Rentenreformgesetz
RSA Risikostrukturausgleich
7
Abkürzungsverzeichnis, Abbildungen und Tabellen
s.u. sieheunten
SGB Sozialgesetzbuch
SKM Standardkostenmodell
SOEP Sozio-oekonomischesPanel
SozVersStabG Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz
SVR Sachverständigenrat
u.a. undandere
u.U. unterUmständen
vgl. vergleiche
VuV VermietungundVerpachtung
WIP WissenschaftlichesInstitutderPKV
z.B. zumBeispiel
z.T. zumTeil
Abbildungen
Abbildung1: DurchschnittlicheLeistungsausgabennachAlterundGeschlechtinder
GKV(ohneKrankengeld),2010 25
Abbildung2: FinanzierungsstrukturdesAufkommensausMitgliederbeiträgen,Steuern
undBeitragszuschüssen 41
Abbildung3: VeränderungdesNettoeinkommensvonBedarfsgemeinschafteninden
Reform-SzenariennachEinkommensklasse 45
Abbildung4: VeränderungdesNettoeinkommensvonAngestelltenundArbeitern
(Beitragszahler-Einheiten)indenReform-SzenariennachEinkommensklasse 49
Abbildung5: VeränderungdesNettoeinkommensvonRuheständlern(Beitragszahler-
Einheiten)indenReform-SzenariennachEinkommensklasse 51
Abbildung6: GesamtbelastungderBruttoeinkommenderArbeitnehmer(Beitragszahler-
Einheiten)durchSteuernundSozialabgaben 52
Abbildung7: HöhedesBundeszuschussesandieGesetzlicheKrankenversicherung
(Mrd.Euro),2004–2016 70
Abbildung8: HöhedesBundeszuschussesandieBundesagenturfürArbeit(Mrd.Euro),
1970–2012 72
Abbildung9: HöhedesBundeszuschussesandieGesetzlicheRentenversicherung
(Mrd.Euro),1957–2011 76
8
Abkürzungsverzeichnis, Abbildungen und Tabellen
Tabellen
Tabelle1: PrinzipielleMöglichkeitenderHeranziehungzusätzlicher
EinkommensartenzurFinanzierunginderKrankenversicherung 12
Tabelle2: AusgabenderGKV(ohneLKK),2010 23
Tabelle3: „Mehrumsätze“inPKVinderambulantenärztlichenVersorgung 27
Tabelle4: MittelbedarfderReform-Szenarien 28
Tabelle5: ÜberBeitragssatzzudeckendeAusgaben,2010 29
Tabelle6: ArtundHerkunftderFinanzierungdesMittelbedarfsimReferenz-
Szenario,2010 31
Tabelle7: AnteilevonMitgliedergruppenandenbeitragspflichtigenEinnahmen
imStatusquo 31
Tabelle8: AnteilevonMitgliedergruppenandenbeitragspflichtigenEinnahmen–
VergleichderSimulationsergebnissemitderKJ1-Statistik 32
Tabelle9: ArtundHerkunftderFinanzierungdesMittelbedarfsimerweiterten
Referenz-Szenario,bezogenaufBasiswerte2010 34
Tabelle10: MittelartundMittelherkunftimReform-Szenario1(Dynamisierung
derZusatzbeiträge) 36
Tabelle11: MittelartundMittelherkunftimReform-Szenario2(Dynamisierung
desSteuerzuschusses) 38
Tabelle12: VerteilungderBevölkerung(Personenüber16Jahre)nachdenzehn
häufigstenEinkommenskombinationenundVersichertenstatus 39
Tabelle13: MittelartundMittelherkunftimReform-Szenario3(Beitragspflichtauf
andereEinkommensarten,BBGinHöhevon5.500Euro) 40
Tabelle14: MittelartundMittelherkunftimReform-Szenario3(Beitragspflichtauf
andereEinkommensarten,AufhebungderBBG) 40
Tabelle15: AnteilederEinkommensartenamjeweiligenAufkommenaus
einkommensbezogenenBeiträgenindenSzenarien 43
Tabelle16: ÜbersichtüberdieBürokratiekostennachSzenarien(Mio.Euro) 66
9
Integration von GKV und PKV
Zentrale Probleme der
Krankenversicherung (KV)-
Finanzierung
Verteilungspolitische
Inkonsistenzen
Stabilisierung der KV-
Finanzierungsbasis fraglich
Belastung der Lohneinkommen
durch Sozialabgaben
Zielsetzung dieser Studie
Hintergrund
1 Hintergrund
In der gesundheitspolitischen Debatte in Deutschland wird zunehmend die Position vertreten,
dassdieSegmentierungdesKrankenversicherungsmarktesinGKVundPKVkeineZukunfthabe.
ZuderFrageallerdings,wieeineIntegrationdieserbeidenTeilsystemeerreichtwerdenundwie
ein hieraus resultierendes Krankenversicherungssystem mit einheitlichen Finanzierungs- und
Wettbewerbsbedingungen sowie gleichen Wahlmöglichkeiten konkret ausgestaltet sein könnte,
liefertdieaktuelleDiskussionbislangnurbegrenztAntworten.Insbesonderefehltesanalterna-
tivenModellberechnungen,dieeinenVergleichunterschiedlicherGestaltungsvariantenermögli-
chen.
FürdiezentralenProblemedesgegenwärtigenFinanzierungssystemsderKrankenversicherung
inDeutschlandzeichnensichauchzehnJahrenachEinsetzungdersog.Rürup-Kommissionkeine
grundlegendenLösungenab:
• DieBelastungendurchBeitragszahlungenweisennachwievorzahlreicheverteilungspoliti-
scheInkonsistenzenauf.Hierzuzählt–nebendero.a.SegmentierunginGKVundPKV–vor
allem,dassdurchdieweitgehendeBeschränkungderBeitragspflichtauflohnbezogeneEin-
kommen die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur unvollständig erfasst wird.
AuchdiebeitragsfreieMitversicherungvonAngehörigenführtzuAbweichungenvomLeis-
tungsfähigkeitsprinzip.
• DiebeitragspflichtigenEinnahmenhabeninderVergangenheitinsgesamtdeutlichschwächer
zugenommenalsdieGKV-Ausgaben.DiehierdurchentstandeneFinanzierungslückewurde
bislangdurchBeitragssatzerhöhungensowiedurchstarksteigendeSteuerzuschüssegeschlos-
sen.LängerfristigsollenüberproportionaleAusgabenzuwächsedurcheinkommensunabhän-
gige Zusatzbeiträge finanziert werden, die gegenwärtig aber noch keinen nennenswerten
Finanzierungsbeitragleisten.DerPraxistestfürdeninVerbindungmitdenZusatzbeiträgen
vorgesehenenSozialausgleichausSteuermittelnstehtnochaus.EinenachhaltigeStabilisie-
rungderFinanzierungsbasisderKrankenversicherungerscheintsomitnachwievorfraglich.
• Das gegenwärtige Finanzierungssystem trägt schließlich weiterhin zu einer relativ hohen
BelastungderLohneinkommendurchSozialabgabenbei.GesamtwirtschaftlichnegativeAus-
wirkungenhatdiesvorallemfürArbeitnehmerinunterenundmittlerenEinkommensberei-
chen.Dort istmangelsFreibeträgen (wie imSteuersystem)und infolgederBeitragsbemes-
sungsgrenzendieGrenzbelastungderLohneinkommenvergleichsweisehoch.
VordiesemHintergrundliefertdieseStudieeinesachlicheunddatengestützteGrundlagefürdie
DiskussionüberdiekünftigeGestaltungdesKrankenversicherungssystems.Ausgangspunktder
StudieisthierbeidiePositionierungderBertelsmannStiftungunddesVerbraucherzentraleBun-
desverbandesfüreineintegrierte,solidarischfinanzierteundwettbewerblichausgerichteteKran-
10
Fragestellung zu vorgestellten
Szenarien
Hintergrund
kenversicherung.DievorliegendeStudieführtaufdieserBasiskonkreteBerechnungenüberdie
AuswirkungenverschiedenerSzenarien–orientiertandeninderpolitischenDiskussionbefind-
lichenModellen–durch.
FürdieAusgestaltungderSzenarienstehtdabeidieFrageimVordergrund,wienebenderErhe-
bungvonBeiträgenaufdiesozialversicherungspflichtigenErwerbseinkommenauchandereEin-
kunftsartenindieFinanzierungderKrankenversicherungeinbezogenwerdenkönnen,sodass
• erstensdieeffektivefinanzielleBelastungderindividuellenwirtschaftlichenLeistungsfähig-
keitentspricht(verteilungspolitischeKonsistenz),
• zweitensdieFinanzierungslückegeschlossenoderzumindestverringertwerdenkann,dieaus
derimVergleichzudenAusgabenundauchzurgesamtwirtschaftlichenLeistungschwächeren
EntwicklungderbislangbeitragspflichtigenEinnahmenentsteht(finanzielleNachhaltigkeit).
11
Zugrunde liegendes
KV-Konzept
Unterschied zur gegen-
wärtigen Situation
Ein KV-System für die gesamte
Wohnbevölkerung
Integrierte KV orientiert sich
an Prinzipen der GKV
Kriterien für die
Modellentwicklung
Inhaltlicher Schwerpunkt:
Einbeziehung weiterer
Einkommensarten
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
2 Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
2.1 Grundkonzept „Integrierte Krankenversicherung“
UnterdemKonzeptder„IntegriertenKrankenversicherung“wird imRahmendieserStudieein
Krankenversicherungssystemverstanden,
• dasallenVersicherungsnehmerngleicheWahlmöglichkeiteneinräumtund
• indemfüralleVersicherungsanbieterdieselbenWettbewerbsbedingungengelten.
ImUnterschiedzurgegenwärtigenSituationagierennachdiesemKonzeptsämtlicheVersiche-
rungsanbieter–unabhängigvonihrerRechtsform–aufeinemeinzigenKrankenversicherungs-
marktunteridentischengesetzlichenundregulatorischenRahmenbedingungen.DieRegelnder
FinanzierungdesKrankenversicherungssystemsgeltenentsprechendfüralleAnbieterundNach-
fragergleichermaßen,d.h.dieBeiträgewerdenfüralleVersichertennachdenselbenMaßstäben
bemessen.
DiesesGrundkonzeptderIntegration,gemäßdemesnurnocheinKrankenversicherungssystem
gibtundderVersichertenkreisdiegesamteWohnbevölkerungumfasst,wirdsämtlichenderent-
wickeltenReform-Szenarienzugrundegelegt.
Dabeiwirddavonausgegangen,dasssichdie„IntegrierteKrankenversicherung“imHinblickauf
grundsätzlicheAusgestaltungsmerkmaleanderheutigenGKVorientiertundsomitdieVerände-
rungenfürdieheutigePKVstärkerwären.SowirdeineFestlegungaufeinUmlagesystem(anstatt
Kapitaldeckung)sowiedasVerbotderBeitragsdifferenzierungnachindividuellemGesundheitsri-
sikoinVerbindungmiteinemallgemeinenKontrahierungszwangfürVersicherungsanbieterund
einemRisikostrukturausgleichzwischendenVersicherungsanbieternunterstellt.FürdieReform-
SzenarienbildetderheutigeLeistungsumfanginderGKVdasAusgangsniveau.
2.2 Fokus der Szenarienentwicklung
AufbauendaufdiesemGrundkonzeptder„IntegriertenKrankenversicherung“,dasdenVersicher-
tenkreisaufdiegesamteWohnbevölkerungausweitet,isteineVielzahlalternativerModellspezifi-
kationenimHinblickaufdieBeitragsbemessungmöglich.FürdieseStudiewurdeeinebegrenzte
ZahlvonModellenentwickelt,dieimRahmeneinerSzenarienbetrachtungzubewertensind.Die
ModellentwicklungorientiertsichdabeiandenaktuellpolitischdiskutiertenReformkonzepten,
ohnediesejedochdetailgetreunachzubilden.
Der inhaltliche Schwerpunkt der Szenarienbetrachtung liegt auf der Frage, auf welche Weise
undinwelchemUmfangnebendenlohnbezogenenauchweitere EinkommensartenzurFinan-
zierung herangezogen werden. Grundsätzlich ist dies explizit im Rahmen der Beitragsbemes-
12
Zentraler Aspekt: Herkunft
der Mittel
Anknüpfung an politische
Reformdebatte
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
sungoder implizit inFormvonSteuerzuschüssenmöglich.Steuerzuschüssekönnenwiederum
derdirektenLeistungsfinanzierungdienenoderaberderSubventionierungvonBeitragszahlern
imRahmeneinesSozialausgleichs (Tabelle1).Folglichunterscheidensichdiezuuntersuchen-
denSzenarieninderArtbzw.demAnteilsverhältnisderBeitrags-undSteuerfinanzierunginder
Krankenversicherung.
Tabelle 1: Prinzipielle Möglichkeiten der Heranziehung zusätzlicher Einkommensarten zur Finanzierung in der Krankenversicherung
explizitim Rahmen der Beitragsbemessung
implizit in Form von Steuerzuschüssen
Ausweitung der Beitrags-pflicht auf weitere Einkommensarten bis zur/ohne Beitragsbemessungsgrenze
Leistungsfinanzierung Subventionierung von Beitragszahlern
z. B. pauschale Steuerzuschüsse an den Gesundheitsfonds
z. B. steuerfinanzierter Sozialausgleich in Verbindung mit einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen
Quelle: IGES Institut GmbH
AufBasisdieserSystematikwurdenfürdieseStudiefünfSzenarienentwickelt:einReferenz-Sze-
nario, einerweitertesReferenz-Szenario sowiedreiReform-Szenarieneiner „IntegriertenKran-
kenversicherung“.
ImZentrumderSzenarienbetrachtungstehendieUnterschiedederArtundHerkunftderMittel
beigegebenemMittelbedarf.DieMittelartbeziehtsichaufdiejeweiligenFinanzierungsanteile,die
ausunterschiedlichenBeiträgen(einkommensabhängig,einkommensunabhängig)undausunter-
schiedlichenFormenderSteuerfinanzierunggeneriertwerden.DieMittelherkunftbezeichnetdie
VerteilungderZahllastaufVersicherte,Arbeitgeberbzw.TrägerdersozialenSicherung,dieKran-
kenversicherungsbeiträgebezuschussen,unddenStaat.
Mit dem Schwerpunkt auf der Heranziehung weiterer Einkommensarten bzw. dem Verhältnis
vonBeitrags-zuSteuerfinanzierunggreifendieSzenarienzentraleReform-Elementederinder
gesundheitspolitischenDiskussionbefindlichenKonzepteauf.Umeinegrößtmöglichediesbezüg-
licheVergleichbarkeitderSzenarienzuerreichen,bleibenweitere,teilweiseebenfallsgewichtige
Reform-ElementederKonzeptederpolitischenParteienunberücksichtigt,insoweitdiesenichtin
allenKonzepteneinenvergleichbarenStellenwerthaben.1
1 HierzuzähleninsbesondereVeränderungenderbeitragsfreienFamilienversicherung,wiesiedasModellvonBündnis90/DieGrünenvorsieht,sowiediesogenannte„Summenparität“zwischenVersicherten-undArbeitgeberbeiträgeninVerbindungmiteinerlohnsummenbezogenenBemessungderArbeitgeberbeiträge(ohneBemessungsgrenze)imKonzeptderSPD.DieVer-gleichbarkeitderSzenarienwürdezudemauchdadurcheingeschränkt,dasssichdieVerteilungswirkungeneinersolchen„Summenparität“(direktaufdieUnternehmen,mittelbaraberauchaufprivateHaushalte)nursehrbegrenztimRahmeneinesaufprivateHaushaltebezogenenMikrosimulationsmodellsdarstellenlassen.
13
Aufgabe des
Referenz-Szenarios
Kennzeichen des
Referenz-Szenarios
Basis des gegenwärtigen
Finanzierungssystems
Simulation im erweiterten
Referenz-Szenario
Deckungsquote des
Gesundheitsfonds
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
2.3 Referenz-Szenario und erweitertes Referenz-Szenario
UmdieAuswirkungenvonReform-Szenarienaufzuzeigen,wirdzunächsteinReferenz-Szenario
festgelegt,gegenüberdemVeränderungengemessenwerden.DiesesReferenz-Szenariogründet
aufderaktuellenRechtslagehinsichtlichdesVersichertenkreisesundderBeitragsbemessung.Es
liefertdamitdieerforderlichenVergleichswertehinsichtlichderFinanzierungs-undVerteilungs-
wirkungen.
DasReferenz-SzenarioistentsprechenddergegenwärtigenRechtslagegekennzeichnetdurchdie
Kombinationaus
• einkommensabhängigen Beiträgen bei jeweils fixierten, für Mitglieder und Zuschussgeber
(Arbeitgeber, Rentenversicherungsträger) unterschiedlichen Beitragssätzen (d.h. ohne Bei-
tragssatzwettbewerb),
• einkommensunabhängigenZusatzbeiträgen oderPrämien (mitBeitragswettbewerb, bislang
ohnenennenswertenFinanzierungsbeitrag),
• pauschalenSteuerzuschüssenandenGesundheitsfonds,diezurLeistungsfinanzierungheran-
gezogenwerdenund
• einem steuerfinanzierten Sozialausgleich für Mitglieder, bei denen der durchschnittliche
Zusatzbeitrag2ProzentihrerbeitragspflichtigenEinnahmenübersteigt(bislangohneAnwen-
dung).
DasdurchdiegegenwärtigeRechtslagebeschriebeneFinanzierungssystembasiert,wiedurchdas
Referenz-Szenariobeschrieben,aufvierSäulenderBeitrags-undderSteuerfinanzierung.Vondie-
sen hatten bislang zwei – einkommensunabhängige Zusatzbeiträge und steuerfinanzierter So-
zialausgleich–gemessenanihremFinanzierungsbeitragfürdasGesamtsystemkaumRelevanz.
DaherwurdeineinemerweitertenReferenz-SzenariodieSituationsimuliert,dass–wieeslänger-
fristigderursprünglichenIntentionderGKV-Finanzierungsgesetzesentspricht–dieeinkommens-
unabhängigen Zusatzbeiträge einen spürbaren Anteil an der Finanzierung in der GKV haben.
DementsprechendkommtesindiesemSzenarioauchzueinemzusätzlichenFinanzierungsbei-
tragausSteuermittelnimRahmendesSozialausgleichs(gemäߧ242bSGBV).
KonkreteFestlegungen,welcherAnteildesFinanzierungsvolumenslängerfristigaufeinkommens-
unabhängigeZusatzbeiträgeentfallensoll,liegennichtvor.IndererstenFassung(gemäßGKV-
WSG)nochohnesteuerfinanziertenSozialausgleichwarvorgesehen,dassdieDeckungsquotedes
Gesundheitsfonds95Prozentnichtunterschreitensollte.Damitwarfürdiekassenindividuellen
ZusatzbeiträgeeinFinanzierungsvolumenvonmaximal5ProzentdesMittelbedarfsvorgesehen,
aktuellwärendiesrund9MilliardenEuroodermonatlichcirca14,50EurodurchschnittlichjeMit-
glied.
14
SVR-Szenarien zu
Zusatzbeiträgen
Nachteil des alternativen
SVR-Szenarios
Alternativer Ansatz
dieser Studie
Ausgestaltung des
Sozialausgleichs ...
... inklusive fiskalischer
Gegenfinanzierung
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
DerSachverständigenratzurBegutachtungdergesamtwirtschaftlichenEntwicklunghatinseinem
jüngstenJahresgutachtenSzenarieneinerWeiterentwicklungderZusatzbeiträgeuntersucht(vgl.
SVR2012:354ff.).Dabeigehterdavonaus,dasslängerfristig–betrachtetwerdendieJahre2025
und2040–derheutigeeinkommensabhängigeArbeitnehmerbeitragvollständigdurcheinkom-
mensunabhängigeZusatzbeiträgeersetztwird.IneinemalternativenSzenariohaterberechnet,
dassderFinanzierungsanteilderZusatzbeiträgebeifixiertemBeitragssatznurindemAusmaß
wächst, indemdiefürdieZukunftprojiziertenAusgabendieprojiziertenEinnahmenüberstei-
gen.UnterdiesenAnnahmenerhöhtsichderFinanzierungsanteildereinkommensunabhängigen
Beitragszahlungennurallmählichaufetwa5ProzentderGKV-EinnahmenimJahr2020undauf
knapp20ProzentderGKV-EinnahmenimJahr2060.
Das zuletzt erwähnte Szenario des Sachverständigenrates (SVR) entspricht den derzeitigen
gesetzlichenRahmenbedingungen. ImHinblickaufdiehiervorgeseheneSzenarienbetrachtung
nachteilhaftwärebeieinemsolchenAnsatz,dassdieErgebnissesehrstarkvondenProjektionen
derzukünftigenEinnahmenundAusgabenabhängen.AußerdemwäredieangestrebteVergleich-
barkeitmitdenReform-SzenarienbezogenaufeinaktuellesReferenzjahrnichtmehrmöglich,weil
dasAusmaß,indemdiefürdieZukunftprojiziertenAusgabendieprojiziertenEinnahmenüber-
steigen,starkvomgewähltenzukünftigenBetrachtungszeitpunktabhängt.
FürdieseStudiewurdedaheralsalternativerAnsatzderFinanzierungsanteildereinkommensun-
abhängigenZusatzbeiträgeamgesamtenMittelbedarfaufeinDrittelfestgelegt.Diesentsprichtdem
längerfristigangestrebtenFinanzierungsanteildersteuerfinanziertenSäule,wieerimZusammen-
hangmitdemSPD-KonzeptdiskutiertwurdeundaucheinemderhierbetrachtetenReform-Szenarien
zugrundegelegtwird(s.u.).DieVergleichbarkeitderSzenarienwirdvergrößert,wennfürsiealleder-
selbeFinanzierungsanteilderjeweilsindemSzenarioausgeweitetenFinanzierungssäuleunterstellt
wird.DieserFinanzierungsanteil(vonjeweilseinemDrittel)kanndanneinheitlichaufderBasisder
AusgangswerteimReferenzjahrbestimmtwerden,weilerankeinenspezifischenZeitpunktinder
Zukunftgebundenist,sondernjeweilseinenprinzipiellen(längerfristigen)Zielwertdarstellt.
DieAusgestaltungdesSozialausgleichs,vorallemdieRegeln,nachdenendieBelastungdurch
Zusatzbeiträgegemindertwird,entsprichtimerweitertenReferenz-Szenarioebenfallsdergegen-
wärtigenRechtslage.DabeiistjedochdieaktuellgültigeprozentualeBelastungsgrenze(2Prozent
derbeitragspflichtigenEinnahmengemäߧ242bAbs.1SGBV)aufgrundderdeutlicherhöhten
Zusatzbeiträge so anzupassen, dass die maximale prozentuale Gesamtbelastung des Referenz-
Szenarios(MitgliederanteildesBeitragssatzesplusBelastungsgrenze)konstantbleibt.
UmdenzusätzlichenSteuermittelbedarffürdenSozialausgleichindieVerteilungsanalyseneinbe-
ziehenzukönnen,isteserforderlich,trotzdesNonaffektationsprinzipseineexplizitefiskalische
„Gegenfinanzierung“zudefinieren.ImHinblickaufdieOperationalisierbarkeitdamitverknüpf-
terVerteilungswirkungenwirdfürdieseGegenfinanzierungdieFormeinerMehrbelastungdurch
direktebzw.Personensteuern(Einkommensteuer)gewählt.
15
Gestaltungsoptionen
zur Erhöhung der
Einkommensteuer
Gegenfinnazierung hier
durch „Gesundheits-Soli“
Keine Änderung im Vergleich
zum Status quo
Zentrales Merkmal der
Reform-Szenarien:
Ausweitung des
Versichertenkreises
Berechnungskriterien
für Reform-Szenarien
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
FüreineErhöhungderEinkommensteuergibteswiederummehrereGestaltungsmöglichkeiten,so
z.B.VeränderungderSteuersätzeunddesTarifverlaufsoderAnpassungenderProgressionsstufen
und/oderdesGrundfreibetrags.AlsrelativpragmatischeVariantewirdfürdieseStudiedieErhö-
hung des Solidaritätszuschlags bzw. die Erhebung eines analogen „Gesundheits-Soli“ gewählt,
denndieserbeziehtsichaufdieSteuerschuld(„festgesetzteEinkommensteuer“)desSteuerpflich-
tigen.DamitkönnenAnpassungenamTarifwerk,derengenaueAusgestaltungschwerzuermit-
telnwäre,unterbleiben.DerprogressiveBelastungscharakterbleibtgewährleistet,weilsichdie
SteuerschuldausdemprogressivenEinkommensteuertarifherleitet.EinweitererGrundfürdie
Finanzierungübereinen„Soli-Zuschlag“ isteinumsetzungstechnischer:DasSteueraufkommen
aus dem Solidaritätszuschlag fließt zu 100 Prozent an den Bund und steht somit unmittelbar
einem(bundeseinheitlichgestalteten)ZuschusssystemzurVerfügung,währenddieEinkommen-
steuerzu42,5ProzentdenLändernundzu15ProzentdenGemeinden(Vorwegabzug)zufließt.
DarüberhinausgibtesindemerweitertenReferenz-SzenariokeineÄnderungimVergleichzum
Statusquo,insbesonderebleibtesbeimheutigenVersichertenkreis,sodassdiesesSzenariokein
Reform-Szenario im Sinne der „Integrierten Krankenversicherung“ darstellt. Stattdessen liefert
dieses Szenario eine zusätzliche Referenzbasis für die Reform-Szenarien, um deren Finanzie-
rungseffektezuquantifizierenunddarzustellen.
2.4 Reform-Szenarien
ZentralesMerkmalsämtlicherdernachfolgendbetrachtetenReform-Szenarienist–gemäßdem
Konzeptder„IntegriertenKrankenversicherung“–dieAusweitungdesVersichertenkreisesauf
diegesamteWohnbevölkerung.DaheristfürdieReform-SzenarieneinentsprechenderhöhterMit-
telbedarfanzusetzen,derdiezusätzlichenKrankenversicherungsausgabenfürdieehemalsprivat
Versichertenumfasst.
2.4.1 Grundsätze der Beitragsbemessung
Für die Reform-Szenarien wurde das Regelwerk zur Berechnung der beitragspflichtigen Ein-
nahmenfürallePersonengruppenimHinblickdaraufvereinheitlicht,dassesineinerintegrier-
tenKrankenversicherungkeineUnterscheidungmehrzwischenPflichtversichertenundfreiwil-
ligVersichertengibt.2DieBeitragsbemessungdifferenziertdahernurnochnachEinnahmearten,
während sich eine Differenzierung nach sozioökonomischem Status allenfalls mittelbar ergibt,
insoweitbestimmteberuflichebzw.sozialeStellungenmitspezifischenEinnahmeartenkorrelie-
ren.AufindividuellerEbenekanndiesentsprechendzueinerverändertenAbgrenzungderbei-
tragspflichtigenEinnahmenführen.
2 IneinerfrüherenStudiekonntegezeigtwerden,wieeineBeibehaltungderUnterscheidungzwischenPflichtversichertenundfreiwilligVersichertenineinemintegriertenKrankenversicherungssystemzuWidersprüchlichkeitenundInkonsistenzenführt(vgl.Albrechtetal.2006).
16
Übernahme der Regeln
für Pflichtversicherte
Rangfolge der Einnahmearten
Wiederherstellung der
paritätischen Beitragsteilung
Reform-Element des
1. Reform-Szenarios
Maßgabe für Ausgestaltung
des Sozialausgleichs und ...
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
Grundsätzlich gilt für die Beitragsbemessung, dass die heute gültigen Regeln für Pflichtversi-
chertesoweitwiemöglichübernommenwerden.DiesistallerdingsnichtinjedemFallmöglich,
ansonstenwärenbeispielsweiseSelbstständigeneinkünftenichtbeitragspflichtig,dahauptberuf-
lichSelbstständigeheutenurfreiwilligGKV-Mitgliederseinkönnen.DaherwerdendieBeitrags-
grundlagen imVergleichzumStatusquo teilweiseausgeweitet, sodassnunbeiallenPersonen
erzielteEinnahmenausselbstständigerTätigkeitberücksichtigtwerden.MitdemVerzichtaufper-
sonengruppenbezogeneBeitragsregelnentfallensomitauchMindestbeiträge,wiesie imStatus
quovorallemfürSelbstständigegalten.
InAnlehnungandieRegelungenzurgeringfügigenBeschäftigungwerdenLohneinkommenbiszu
einerGeringfügigkeitsschwellevonmonatlich400EuroauchindenReform-SzenarienfürArbeit-
nehmerbeitragsfreigestellt.
BeiderBeitragsbemessungistzuberücksichtigen,dassPersonengleichzeitigEinnahmenunter-
schiedlicherArtbeziehenkönnen.DaheristdieRangfolgederEinnahmeartenbeiderBeitrags-
veranlagung relevant, da nur bestimmte Einnahmearten (Arbeitsentgelt, gesetzliche Renten)
bezuschusstwerden(durchArbeitgeber,Rentenversicherungsträger).DieRangfolgewirdfüralle
Reform-Szenariensofestgelegt,dasszuschussfähigeEinnahmenpriorisiertwerdenunddamitdie
BeitragszuschüssestetsdiemaximaleHöheerreichen(vgl.Albrechtetal.2006:21).
SchließlichwirdfüralleReform-SzenariendieWiederherstellungderparitätischenBeitragsteilung
angenommen,d.h.MitgliedundArbeitgeber(bzw.Zuschussgeber)entrichtenaufdiezuschuss-
fähigenbeitragspflichtigenEinnahmenjeweilsdieHälftedesBeitragssatzes.DerzusätzlicheBei-
tragssatzinHöhevon0,9Prozentgemäߧ249Abs.1SGBVentfällt.
2.4.2 Reform-Szenario 1: Dynamisierung der Zusatzbeiträge
DasersteReform-SzenarioentsprichthinsichtlichderFinanzierungssäulendemerweitertenRefe-
renz-Szenario,d.h.,essetztandergegenwärtigenRechtslagean,unterstelltabereinenFinanzie-
rungsanteildereinkommensunabhängigenZusatzbeiträgeinHöheeinesDrittelsdesMittelbedarfs
(vgl.Kapitel5.2).DasReform-ElementdiesesSzenariosbestehtdarin,dassderVersichertenkreis
gemäßdemGrundkonzeptder„IntegriertenKrankenversicherung“diegesamteWohnbevölkerung
umfasst,alsoauchdieheutigenPrivatversicherten.EntsprechendsteigtderMittelbedarf.Fürdie
ehemalsprivatVersichertenwerdenhierzuzunächstdieindividuell„passenden“GKV-Ausgaben
(gemäßdenalters-undgeschlechtsdifferenziertenDurchschnittsbeträgen)ermitteltundaggregiert
(vgl.Kapitel4.2).IneinemzweitenSchrittwirdderMittelbedarfunterderMaßgabeerhöht,dass
das(zahn-)ärztlicheHonorarvolumenkonstantgehaltenwerdenkann(vgl.Kapitel4.3).
BeiderAusgestaltungdesSozialausgleichswirdgegenüberdemerweitertenReferenz-Szenario
keine Änderung vorgenommen – mit der einzigen Einschränkung, dass die Belastungsgrenze
auchhierentsprechendderMaßgabeangepasstwird,diemaximaleprozentualeGesamtbelastung
17
... fiskalische
„Gegenfinanzierung“
Höhe des allgemeinen
Steuerzuschusses und ...
... des ausgabendeckenden
Beitragssatzes
Ansatz des
2. Reform-Szenarios
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
imVergleichzumReferenz-Szenariokonstantzuhalten.EbensounverändertzurheutigenRechts-
lagesollderSozialausgleichimReform-Szenario1Bezugaufdieherkömmlichabgegrenztenbei-
tragspflichtigenEinnahmennehmen.3
EntsprechenddemVorgehenfürdaserweiterteReferenz-SzenariowirdauchimReform-Szenario1
als explizite fiskalische „Gegenfinanzierung“ die Erhebung eines „Gesundheits-Soli“ simuliert.
DasAufkommenausdiesem„Soli“istsozubemessen,dasshiermitderalserforderlichermittelte
UmfangdesSozialausgleichsgedecktwird.
VondenübrigenzweiDrittelndesMittelbedarfs,dienichtüberdasAufkommenaneinkommens-
unabhängigenZusatzbeiträgengedecktwerden,istzunächstderAnteilzubestimmen,derdurch
denallgemeinenSteuerzuschussdesBundesunddieSonstigenEinnahmenderKrankenkassen4
finanzierbarist.DiesbezüglichsolleskeinewesentlichenÄnderungenimVergleichzumStatus
quobzw.Referenz-Szenariogeben.5
Zur Finanzierung des verbleibenden Rests des Mittelbedarfs ist schließlich ein ausgabende-
ckenderBeitragssatzzubestimmen.HierbeiwerdendieGrundsätzederBeitragsbemessungfür
dieReform-Szenarienzugrundegelegt(vgl.Kapitel2.4.1). ImReform-Szenario1bleibtdieBei-
tragspflichtauferwerbsbezogeneEinkommen(Löhne,Gehälter,Renten,Arbeitslosengeld)sowie
Arbeitseinkommen(ausselbstständigerTätigkeit)biszur(aktuellen)Beitragsbemessungsgrenze
beschränkt.
AufBasisdieserVorgabenwirddieSummederbeitragspflichtigenEinnahmenfürdenerweiter-
tenVersichertenkreisbestimmt,ausdersichdanndererforderliche(ausgabendeckende)Beitrags-
satzberechnenlässt.
2.4.3 Reform-Szenario 2: Dynamisierter Steuerzuschuss zur Leistungsfinanzierung
ImFokusdeszweitenReform-Szenariossteht–nebenderAusweitungdesVersichertenkreises
–derAnsatz,durcheinedeutlichstärkereSteuerfinanzierungvonKrankenversicherungsleistun-
gendiestarkeKonzentrationderBeitragsgrundlagenaufLohneinkommenbiszurBeitragsbemes-
sungsgrenzezuverringern.KonkretwirdderSteuerzuschussandenGesundheitsfonds(„Betei-
3 DenAnspruchderfrüherenPauschalbeitragsmodelle,durchVerwendungeinesanderen,z.B.stärkeramSteuerrechtorien-tiertenEinkommensbegriffsdieindividuellewirtschaftlicheLeistungsfähigkeitumfassenderabzubildenundsodieUmvertei-lungswirkungenkonsistenterzugestalten,erfülltdasgegenwärtigeSystemeinkommensunabhängigerZusatzbeiträgenicht.AusschlaggebendhierfürwardasZiel,denAufwandunddiepolitischenWiderstände,diemiteinerneuenArtvonUmvertei-lungsbürokratie(individuelleAnspruchsprüfung)zuerwartengewesenwären,zuvermeiden.DieBeibehaltungderherkömm-lichenbeitragspflichtigenEinnahmenalsBezugsgrößefürdenSozialausgleichermöglichtdagegeneineDurchführungimRah-mendesetablierten,wennauchzuerweiterndenQuellenabzugsverfahrens.
4 ZudenSonstigenEinnahmenderKrankenkassenzähleninsbesondereEinnahmenausErsatzansprüchengegenDritte(z.B.andereKostenträgeroderprivateVersicherungen)sowieZinsenausGeldanlagen.
5 FürdieHöhedesBundeszuschusseswirddiemitdemGKV-WettbewerbsstärkungsgesetzvorgegebenelangfristigeZielhöhevon14MilliardenEuroangesetzt.UnterdenSonstigenEinnahmenderKrankenkassenwerdenhierauchdieBeitragseinnah-menausgeringfügigerBeschäftigunggefasst.
18
Einbeziehung anderer
Einkommensarten durch
einen höheren Steuerzuschuss
Definition der fiskalischen
Gegenfinanzierung:
„Gesundheits-Soli“
Finanzierung durch Beiträge
Unterschied zwischen
2. Reform-Szenario und
SPD-Konzept: „Gesundheits-
Soli“ statt Abgeltungssteuer
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
ligungdesBundesanAufwendungen“)sostarkerhöht,dassereinDritteldesMittelbedarfsim
Referenzjahrdeckt.
AndereEinkommensarten,insbesondereKapitaleinkünfte,werdendurchhöhereSteuerzuschüsse
indirektindieFinanzierungdesKrankenversicherungssystemseinbezogen,dennsieunterliegen
derSteuerpflichtundersetzen indiesemReform-SzenarioeinenTeilderBeitragsfinanzierung,
diedieseEinkommensartenweitgehendausklammert.ImUnterschiedzudenSozialabgabengel-
tenfürdieSteuerbelastungweiterhinGrund-bzw.Sparerfreibeträge,wodurchvorallemgeringere
Einkommen relativ stärker entlastet werden. Die Belastung ist außerdem progressiv und ohne
Bemessungsgrenzenausgestaltet.DarüberhinausstellteinerhöhterunddynamisierterSteuer-
zuschusszurLeistungsfinanzierungeinenAnsatzdar,weitereEinkommensartenohnezusätzli-
chenbürokratischenAufwandzurFinanzierungdesKrankenversicherungssystemsheranzuzie-
hen.DieFeststellungderindividuellenwirtschaftlichenLeistungsfähigkeitsowiedieBemessung
von(zusätzlichen)SteuerlastengeschiehtohnehinimallgemeinenSteuer-Transfersystemgemäß
dendortetabliertenRegelungen.
AnalogzumVorgehenindenzuvorbeschriebenenSzenarienistfürdieErhöhungdesFinanzie-
rungsanteilsdesSteuerzuschusseseineexplizitefiskalische„Gegenfinanzierung“zudefinieren.
ZumZweckederdirektenVergleichbarkeitmitdenvorigenSzenarienwirdhierfürebenfallsdie
Erhebungeines„Gesundheits-Soli“gewählt.DasAufkommenausdiesem„Soli“mussdanneinem
DritteldesMittelbedarfsentsprechenabzüglichdesbisherigenSteuerzuschusses.
DieübrigenzweiDritteldesMittelbedarfswerden–nachAbzugdesdurchdieSonstigenEinnah-
menfinanzierbarenAnteils–imReform-Szenario2durchBeiträgefinanziert.Hierfürist–ana-
logzumVorgehenimReform-Szenario1–dererforderliche(ausgabendeckende)Beitragssatzzu
bestimmen.
Das SPD-Konzept für eine Bürgerversicherung enthält als zentrales Reform-Element ebenfalls
einen erhöhten Finanzierungsbeitrag des Steuerzuschusses, sieht zur „Gegenfinanzierung“
jedochkeinen„Gesundheits-Soli“,sonderneineErhöhungderAbgeltungsteuervor.Hiervonwird
–nebendembereitso.a.GrundderbesserenVergleichbarkeit–auchdeshalbabgesehen,weildie
AbgeltungsteueralsFinanzierungsquelleschwermodellierbarist.DieAbgeltungsteuerwirdvon
denKreditinstitutennichtabgeführt,wennderVerbrauchereinenFreistellungsauftragfürKapi-
talerträgebis801Eurobzw.1.602Eurogestellthat.AuchbeiKapitalerträgen,diedarüberhinaus
gehen,fälltkeineAbgeltungsteueran,wennderBeziehereinesogenannteNichtveranlagungsbe-
scheinigungbeantragtundvoraussichtlichnichtzurEinkommensteuerveranlagtwird,weilzum
BeispielnurgeringeEinkünfteerzieltwurden.ZudiesemPersonenkreiszählenindenmeisten
FällenRentner,StudierendeundauchteilzeitbeschäftigteArbeitnehmer.Schließlichbestehtdie
Möglichkeit,inderSteuererklärungdieEinkünfteausKapitalvermögenanzugeben.Diesistins-
besonderedann sinnvoll,wennderpersönlicheSteuersatzunterhalbdesAbgeltungssteuersat-
zesliegt.WelchedieserdreiVariantengewähltwird,hängtunteranderemvondenVerhaltens-
19
Ansatz des
3. Reform-Szenarios
Verbreiterung der
Finanzierungsgrundlagen
durch Ausweitung der
Beitragspflicht
Berücksichtigung negativer
Einkünfte durch …
… Ansetzung mit null …
… und Verrechnung mit
sonstigen Einnahmen
Negative Einkünfte in
Szenario 3 unberücksichtigt
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
dispositionenderBeziehervonKapitalerträgenab.Eslässtsichdahernichtregelhaftvoneinem
bestimmtenEinkommenaufeinbestimmtesVerhaltenseinerBezieherschließen.Dieserschwert
eineempiriegestützteSimulation.6
2.4.4 Reform-Szenario 3: Beitragspflicht auf andere Einkommensarten
Reform-Szenario3gestaltetsichspiegelbildlichzumzweiten:DieBeitragspflichtwirdaufalleEin-
kunftsartenderVersichertenausgeweitet,währendausSteuermittelnkeinerleiFinanzierungsbei-
trägemehrvorgesehensind.InsgesamtistindiesemReform-Szenariosomitnahezudergesamte
MittelbedarfüberdenBeitragssatzzufinanzieren.AlseinzigeweitereFinanzierungssäulebleiben
dieSonstigenEinnahmenderKrankenkassen.7
NebenderAusweitungdesVersichertenkreiseswirdindiesemSzenarioeineVerbreiterungder
FinanzierungsgrundlagendesKrankenversicherungssystemsdadurcherreicht,dassaufbislang
nichtbeitragspflichtigeEinnahmen– insbesondereKapitalerträgeundEinnahmenausVermie-
tungundVerpachtung–Beiträgeerhobenwerden.DerMittelbedarfderintegriertenKrankenver-
sicherungwirdnahezuvollständigübereinkommensabhängigeBeiträgefinanziert.
InsbesonderebeidenEinnahmenausVermietungundVerpachtungsowieausKapitalerträgen
stelltsichdieFrage,inwieweitnegativeEinkünftebeiderBerechnungderbeitragspflichtigenEin-
nahmenberücksichtigtwerden.GrundsätzlichstehenhierbeizweiMöglichkeitenzurVerfügung:
1. NegativeEinkünftewerdenbeiderBestimmungderbeitragspflichtigenEinnahmenignoriert,
d.h.mitnullangesetzt.Damitwirdanerkannt,dassdieentsprechendenEinkünftediewirt-
schaftlicheLeistungsfähigkeitnichterhöhen.Nichtberücksichtigtwirddabei,dassdiesedie
wirtschaftlicheLeistungsfähigkeitsenken.
2. Negative Einkünfte werden mit den sonstigen beitragspflichtigen Einnahmen verrechnet.
DamitentsprechendiebeitragspflichtigenEinnahmendemSaldoderEinkünfteüberalleEin-
kunftsarten.IstderSaldonegativ,wirderaufnullgesetzt.
IndemReform-Szenario3bleibennegativeEinkünfteunberücksichtigt.DieshatmehrereGründe.
SowirftdieBerücksichtigungnegativerEinkünftebeiderBeitragsbemessungeineReihekomple-
xerkonzeptionellerFragenauf.8NegativeEinkünftehabenaberindenSOEP-Datennureinegeringe
6 DarüberhinauserscheintauchdieErhebungsgrundlagederAbgeltungsteuernichtlangfristiggesichert.BislanggiltnämlichbeiderAbgeltungsteuereineAusnahmeregelungfürLebensversicherungen:WirddieVersicherungsleistungnachVollendungdes60.LebensjahresdesSteuerpflichtigenundnachAblaufvonzwölfJahrennachVertragsabschlussausgezahlt,istdieHälftedesUnterschiedsbetragszwischenderVersicherungsleistungundderSummederaufsieentrichtetenBeiträgealsEinkünfteausKapitalvermögenanzusehenunddannmitdemindividuellenSteuersatzzuversteuern.EsgibtBestrebungen,dieseRege-lungmitdenselbenVorgabenauchaufInvestmentfondsanzuwenden.DieserFallkönntedasEndederAbgeltungsteuerbedeu-ten,weildannzuerwartenwäre,dasszahlreicheKapitalanlagenineinefondsähnlicheFormgebrachtwürden,umunterdieAusnahmeregelungzufallen.
7 MitdemAusbauderBeitragsfinanzierungunddemvollständigenVerzichtaufSteuerfinanzierungimdrittenSzenariowerdenzentraleElementeausdemReformkonzeptvonBündnis90/DieGrünenaufgegriffen.
8 Vgl.hierzuausführlicherAlbrechtetal.2006:30ff.
20
Verteilungswirkungen
durch …
… zusätzliche separate
Beitragsbemessungsgrenze
… Anhebung und
Aufhebung der
Beitragsbemessungsgrenze
Keine Berücksichtigung
von Freibeträgen
Modellentwicklung und Szenarienbeschreibung
empirischeRelevanz,sodassesinbisherigenSimulationsberechnungenvertretbarerschien,die
ModellierungennichtmitdiesenkomplexenkonzeptionellenFragenzubelasten.9Hinzukommt,
dassnegativeEinkünfteauchgegenwärtigbeiderBeitragsbemessungfreiwilligerMitglieder–bei
dereineBerücksichtigungprinzipiellmöglichwäre–nichtberücksichtigtwerden.10
Aufgrundder fast ausschließlichenFinanzierungüber einkommensabhängigeBeiträgehängen
dieAufkommens-undVerteilungswirkungendesReform-Szenarios3starkvonderAnzahlund
HöhederBeitragsbemessungsgrenzenab.
• Für die weiteren Einkommensarten, insbesondere für Vermögenseinkommen, könnte eine
zusätzliche separate Beitragsbemessungsgrenze vorgesehen werden („2-Säulen-Modell“).
Damitließesichvermeiden,dassVermögenseinkommenfaktischnureinengeringenFinan-
zierungsbeitragleisten,weilinvielenFällendurchdieschonbisherbeitragspflichtigenlohn-
bezogenen Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze erreicht sein dürfte. Das Gutachten
vonRothgangetal.hatineinerVarianteeinesolcheseparateBeitragsbemessungsgrenzein
gleicherHöhemodelliert(Rothgangetal.2010:90ff.).DiesführtbeiHaushalten,beidenen
dieVermögenseinkommeninetwagleichhochsindwiedieArbeitseinkommen,zueinereffek-
tivenVerdopplungderBeitragsbemessungsgrenze.DieBerechnungendesGutachtenserga-
benjedocheinennurgeringenGesamteffektaufdenBeitragssatz.Daherwirdhiervoneinem
2-Säulen-Ansatzabgesehen.
• Betrachtet werden zwei Varianten: eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf das
NiveauindergesetzlichenRentenversicherung(West)sowieeinevollständigeAufhebungder
Beitragsbemessungsgrenze.DiezweiteVarianteerscheintunterUmsetzungsgesichtspunkten
wenigerrealistisch,stelltaberwirkungsbezogeneinenErsatzfürdieSimulationeines„2-Säu-
len-Modells“dar.
Des Weiteren wurde bei der Bestimmung der beitragspflichtigen Vermögenseinkommen kein
Sparerfreibetragbzw.Sparerpauschbetrag(2010:801EurofürAlleinstehendebzw.1.602Eurofür
Ehepaarep.a.)berücksichtigt.FürdieBeitragsfinanzierung,diehierklarvonderSteuerfinanzie-
rungabgegrenztwerdensoll,wärenFreibeträgeuntypisch.
9 Vgl.Albrechtetal.2006:32f.;Rothgangetal.2010:15.
10 „BeiderFeststellungderbeitragspflichtigenEinnahmenisteineZusammenrechnungpositiverundnegativerEinkünfteun-terschiedlicherEinkunftsarten(vertikalerVerlustausgleich)nichtzulässig.Diesgiltauch,wennderVerlustausgleichnurfürEinkunftsartengeltendgemachtwird,diealleinbeifreiwilligVersicherten,nichtdagegenbeiversicherungspflichtigenMit-gliedernbeitragspflichtigsind(z.B.dieSaldierungvonKapitaleinkünftenmitnegativenEinkünftenausVermietung)“(vgl.GKV-Spitzenverband2008:26).
21
Quantitaive Schätzung
zur Ermittlung von …
… Finanzierungseffekten
und …
… Verteilungswirkungen
Verteilungswirkungen aus
Sicht der Versicherten
Differenzierung nach
Personengruppen
Methodischer Ansatz und Datengrundlagen
3 Methodischer Ansatz und Datengrundlagen
FürdiebeschriebenenReform-SzenarienwurdenFinanzierungseffekteundVerteilungswirkun-
gendurchmikrodatengestützteSimulationsrechnungenquantitativgeschätzt.
• UmdieFinanzierungseffektezuermitteln,werdenfürjedesReform-SzenariodieRahmen-
datenderFinanzierungsstrukturberechnet.Das insgesamt zurAusgabendeckungerforder-
liche Finanzvolumen ist dabei für alle Reform-Szenarien gleich (vgl. Kapitel 4). Abhängig
vondenjeweiligenszenario-spezifischenVorgabenwerdenHöhebzw.Aufkommenvonein-
kommensabhängigen Beiträgen, einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen und steuerfi-
nanziertenZuschüssen(zurdirektenLeistungsfinanzierungoderzurSubventionierungvon
Beitragszahlern)bestimmt.Damitverknüpftist–jenachSzenario–dieQuantifizierungder
beitragspflichtigenEinnahmenderVersichertensowiederHöhederBeitragssätzebzw.eines
Steuersatzes („Gesundheits-Soli“). Es werden jeweils die Veränderungen dieser Größen im
VergleichzudenReferenz-Szenarienermittelt.
• UmdieVerteilungswirkungenzuermitteln,wirdberechnet,wiesichdiefinanzielleSituation
derVersichertenindenReform-SzenarienimVergleichzudenReferenz-Szenarienverändert.
Dabeiist–jenachSzenario–diefinanzielleBelastungsowohldurchBeiträgealsauchdurch
direkteSteuernzuermitteln.DarüberhinauswirdnichtnurdieBelastungdurchdieKranken-
versicherung,sondernauchdieVeränderungderGesamtbelastungdurchSteuernundAbga-
benbetrachtet.
Die Verteilungswirkungen werden ausschließlich aus Perspektive der Versicherten dargestellt.
HierbeiwirdalszentraleBerichtseinheitdieBedarfsgemeinschaftgewählt,dieindenmeistenFäl-
lenmitderEinheitHaushaltimSozio-oekonomischenPanel(SOEP)übereinstimmt.11EineBedarfs-
gemeinschaftkanndabeieinodermehrerebeitragszahlendeMitgliederumfassensowieggf.bei-
tragsfreimitversicherteFamilienangehörige.
Die Differenzierung von Verteilungswirkungen nach bestimmten sozioökonomischen Perso-
nengruppenwirdteilweisedadurcherschwert,dass inderRealitätBedarfsgemeinschaftenhin-
sichtlichihrersozioökonomischenMerkmaleundihresVersichertenstatus„gemischt“sind.Bei-
spielsweise kann sich eine Bedarfsgemeinschaft aus einer privat versicherten Beamtin, einem
gesetzlich versicherten Angestellten, einem gesetzlich versicherten (erwachsenen) Kind, das
ebenfallsangestellttätigist,undeinembeitragsfreimitversichertenKindzusammensetzen.Hinzu
kommt,dasseinigeEinkommensangaben imSOEPnurbezogenaufeinenHaushalt insgesamt
vorliegenundihreVerteilungaufdieeinzelnenMitgliederdesHaushaltsbzw.derBedarfsgemein-
schaftgeschätztwerdenmuss.SteuerbelastungensindzudemnichtnurimSOEP,sondernauchin
derRealitäthäufignurfürBedarfsgemeinschafteninsgesamtdefinierbar;diesbetrifftinsbeson-
11 EineBedarfsgemeinschaftnachSGBIIistdadurchgekennzeichnet,dassdiePersonenineinemHaushalt„füreinandereinste-hen“bzw.sich„imRahmenihrerMöglichkeitenunterstützen“,wenneinodermehrereMitgliederderGemeinschaftineineSi-tuationderHilfsbedürftigkeitgeraten.
22
Betrachtung von
„Beitragszahler-Einheiten“
Darstellung nach
Einkommensklassen
SOEP-Welle 2011 als
Datengrundlage 1
Anpassung an amtliche
Daten 2010
Grundlage für Berechnung
von KV-Beiträgen
Methodischer Ansatz und Datengrundlagen
derediegemeinschaftlichesteuerlicheVeranlagungvonEhepartnernimZusammenhangmitdem
sogenanntenEhegattensplitting.
UmVerteilungswirkungendifferenziertfürausgewähltesozioökonomischeGruppenzuermitteln,
wirdunterhalbderBerichtsebenederBedarfsgemeinschaftendieEbeneder„Beitragszahler-Einhei-
ten“betrachtet.DabeihandeltessichumeinzelnebeitragszahlendeMitglieder,denenggf.beitrags-
frei mitversicherte Familienangehörige zugeordnet werden. Demnach kann eine Bedarfsgemein-
schaftauseinerodermehrerenBeitragszahler-Einheitenbestehen.DiehaushaltsbezogenenBeträge
anEinkommenundSteuernwerdendannanteiligdenBeitragszahler-Einheitenzugeordnet.
Die Verteilungseffekte werden grundsätzlich nach Einkommensklassen dargestellt. Ergänzend
werdendieBesetzungsstärkenderjeweiligenEinkommensklassenermittelt,umweitergehende
AussagenzurempirischenRelevanzunterschiedlicherVerteilungswirkungenzuermöglichen.
DatengrundlagederMikrosimulationbildetdasSozio-oekonomischePanel(SOEP).DasSOEPist
einerepräsentativeWiederholungsbefragung(Panel)privaterHaushalteinDeutschland,dieseit
1984jährlichdurchgeführtwird(vgl.beispielsweiseFricketal.2008).SeitdemJahr2000stehen
Informationenvonmehrals20.000IndividuenzurVerfügung.
DerzeitstehendieDatenderSOEP-WelledesJahres2011zurVerfügung.Allerdingsenthältdiese
WellenurdiemonatlichenEinnahmenbiszumBefragungszeitpunktsowieretrospektivdieEin-
nahmenderBefragtenfürdasgesamteJahr2010.DasJahr2010istdamitdaszumUntersuchungs-
zeitpunktaktuellsteJahr,fürdasEinkommensdatenvollständigimSOEPvorliegen.Daherwurde
dieses Jahr als Basisjahr für die Mikrosimulation gewählt. Die Daten des Jahres 2010 wurden
längsschnittlichmitdenEinkommensinformationenausdernachfolgendenWelle2011verknüpft.
Bestimmte Niveau- und Strukturvariablen aus den hochgerechneten Ergebnissen der Auswer-
tungendesSOEPwurdenandieamtlichenDatenfürdasJahr2010angepasst.Diesbetraf ins-
besonderedieSummeallerbeitragspflichtigenEinnahmenunddieAusgabendergesetzlichen
Krankenversicherung,diegemäßderKJ1-Statistikadjustiertwurden.DesWeiterenwurdenden
HochrechnungenderMikrodatendieWertederoffiziellenStatistikenüberdieAnzahlderMitglie-
derundderFamilienversicherteninderGKVsowiederPKVzugrundegelegt.12
Für zentrale Rahmendaten der Berechnung von Krankenversicherungsbeiträgen wurden eben-
fallsdieWertedesJahres2010verwendet:DieBeitragsbemessungsgrenzewurdeentsprechend
auf3.750Euromonatlichfestgelegt,dieBezugsgröße(fürMindestbeiträge)auf2.555Euromonat-
lich.DasRegelwerkfürdieBeitragsbemessung,dasdemReferenz-Szenariozugrundeliegt,wurde
andenaktuellenRechtsstandangepasst.BeiderSimulationsrechnungwirdvoneinersofortigen
UmsetzungderSzenarienausgegangen,zeitlichgestreckteÜbergangewurdennichtmodelliert.
12 DatengrundlagefürdieHochrechnungderGKV-VersichertenbildetedieKM6-StatistikundfürdieHochrechnungderPKV-VersichertenderZahlenberichtderPrivatenKrankenversicherung.
23
Identischer Mittelbedarf
als Vergleichsbasis
Bestandteile des
Mittelbedarfs
Nichtberücksichtigung
der LKK-Versicherten
Berücksichtigung aller
Ausgabenpositionen
Festlegung des Mittelbedarfs
4 Festlegung des Mittelbedarfs
ZumZweckderVergleichbarkeitderFinanzierungswirkungenwirdallenReform-Szenarienein
identisches zu finanzierendes Ausgabenvolumen bzw. ein identischer Mittelbedarf zugrunde
gelegt.DieAnalysederFinanzierungseffekterichtetsichaufdieFrage,wieundauswelchenQuel-
lendieses(jeweilsidentische)AusgabenvolumenindeneinzelnenSzenariendurchEinnahmen
gedecktwirdundwelcheunterschiedlichenVerteilungswirkungensichhierausfürdieVersicher-
tenergeben.
DerallenSzenarienzugrundegelegteMittelbedarfwirdbestimmtdurchdiedreiBestandteile:
• AusgabenfürdieheutigenGKV-Versicherten,
• AusgabenfürdieheutigenPKV-Versicherten,
• zusätzlicheAusgabendurchAnpassungenvonLeistungs-bzw.Vergütungsniveaus,
derenErmittlungimFolgendenkurzerläutertwird.
4.1 Ausgaben für die heutigen GKV-Versicherten
DieGKV-AusgabenbetrugenindemfürdieBerechnungengewähltenBasisjahr2010gemäßder
KJ1-Statistikinsgesamt173,5MilliardenEuro.
Tabelle 2: Ausgaben der GKV (ohne LKK), 2010
Ausgabenbereich in Tsd. Euro
Leistungsausgaben 162.743.427
(Netto-)Verwaltungskosten 9.390.338
Sonstige Ausgaben 1.410.972
insgesamt 173.544.737
Quelle: IGES Institut GmbH nach KJ 1-Statistik des BMG
FürdieAbgrenzungderAusgabengiltFolgendes:
• VersichertederlandwirtschaftlichenKrankenkassen(LKK)werdenindieBerechnungennicht
einbezogen.HierbeihandelteessichimJahr2010umrund813TausendPersonen(entspricht
ca.1,2ProzentallerGKV-Versicherten).DieBeitragsgestaltungindenLKKnunterscheidetsich
grundlegendvonderBeitragsgestaltunginderGKV.DieBeiträgefürLandwirtesindweder
strikt einkommensproportional noch pauschaliert, insbesondere beziehen sie sich deutlich
wenigeraufArbeitseinkommen.
• AnsonstenwerdenkeineAusgabenpositionenausgeschlossen.InfrüherenStudienwurdehäu-
figdieFinanzierungdesKrankengeldesseparatbetrachtet(vgl.Albrechtetal.2006:33ff.,
24
Maßgabe für Sonstige
Ausgaben
Prämisse und …
… Datengrundlage für
PKV-Versicherte
Berücksichtigung der
Leistungsinanspruchnahme
Festlegung des Mittelbedarfs
37). Ausschlaggebend hierfür waren primär die Szenarien mit einer vollständigen Umstel-
lungderFinanzierungaufeinkommensunabhängigeBeiträge.Währendbeieinkommensab-
hängigenBeiträgendasKrankengeldheutefüreinenRestanÄquivalenzprinzipsteht–inder
AnfangszeitderGKVwaresdieHauptleistung–,lassensichbeieinervollständigenUmstel-
lungaufeinkommensunabhängigePauschalbeiträgeeinkommensproportionalgestalteteLeis-
tungengarnichtmehrbegründen.13
• Sonstige Ausgaben der Krankenkassen entsprechen den KJ1-Positionen der Kontenklasse
6.HierzuzählenunteranderemAusgabenbeiVereinigung,AuflösungundSchließungvon
Krankenkassen,AufwendungendurchVerlustederAktiva,AusgabenfürfinanzielleHilfenin
besonderenNotlagennach§265aSGBV(finanzielleHilfenzurVermeidungderSchließung
oderInsolvenzeinerKrankenkasse),AufwendungenfürSchuldzinsenundPrämienzahlungen
oderZuzahlungsermäßigungenanVersichertesowieKorrekturbedarfsbeträgefürRisikostruk-
turausgleichundRisikopool.
4.2 Ausgaben für die heutigen PKV-Versicherten
FürdieheutigenPKV-VersichertenwirdindenSzenarieneinerintegriertenKrankenversicherung
(zunächst)dasselbeLeistungsniveauunterstelltwiefürdiebereitsheuteinderGKVVersicherten.
DiedamitverbundenenAusgabenfürdieheutePKV-VersichertensinddemnachaufGrundlage
derErfahrungswertederGKVzuberechnen.
AlsDatengrundlagehierfürwerdendieGKV-AusgabenprofiledesRisikostrukturausgleichs(RSA)
herangezogen(Abbildung1).SeitdemJahr2009giltzwareinveränderter,stärkermorbiditäts-
bezogener Risikostrukturausgleich. Das Bundesversicherungsamt (BVA) berechnet dennoch
weiterhin auf Stichprobenbasis die alters- und geschlechtsabhängigen Ausgabenprofile für die
Hauptleistungsbereiche (ambulant, stationär). Daraus lassen sich auf der Grundlage der Inan-
spruchnahmehäufigkeitenderGKV-VersichertengemäßSOEP-Daten–nachSummenabstimmung
aufdasAusgabenniveaugemäßderKJ1-StatistikinHöhevon173,5MilliardenEuro–alters-und
geschlechtsspezifischeGesamtausgabenjeKrankenhaustagundjeArztbesuchberechnen.
DenDatendesSOEPlässtsichnunaufindividuellerEbenedieAnzahlderKrankenhaustagebzw.
der Arztbesuche der PKV-Versicherten entnehmen. Diese Häufigkeiten der Inanspruchnahme
stationärerbzw. ambulanterVersorgungwurdendann ineinemzweitenSchrittmitdenzuvor
ermitteltenalters-undgeschlechtsspezifischenAusgabenjeKrankenhaustagbzw.jeArztbesuch
bewertet.ÜberdieindividuellunterschiedlicheLeistungsinanspruchnahmewerdendabeiMorbi-
ditätsunterschiedederVersichertenimpliziterfasst.
13 DieLKKnlegeninihrenSatzungenBeitragsklassenundBeitragsmaßstäbefürdieZuordnungzueinerderBeitragsklassenfest.BeitragsmaßstabkannderWirtschaftswertdesUnternehmens,derArbeitsbedarfoderz.B.derFlächenwertsein.Arbeits-einkommenunterliegtnurderBeitragspflicht,wennesnebeneinergesetzlichenRenteodernebenVersorgungsbezügener-zieltwird.
25
Ausgaben für
PKV-Versicherte
Beitragssenkungspotenzial
bei PKV-Versicherten durch …
Festlegung des Mittelbedarfs
GemäßdembeschriebenenVorgehenerrechnensichfürdiePKV-VersichertenAusgabeninHöhe
vonrund22,8MilliardenEuro.UmdiesenBetragsteigtdemnachderMittelbedarf,wennderVer-
sichertenkreisumdiegegenwärtigprivatVersichertenerweitertwirdunddiese–beiunverän-
derterLeistungsinanspruchnahme–Ausgabenaufdem„Preisniveau“derGKVverursachen.Pro
KopfergebensichsomitinetwagleichhoheAusgabenp.a.fürdiegegenwärtigprivatundgesetz-
lichVersicherten(2.560EurojeVersichertengegenüber2.515Euro).DietatsächlichenPro-Kopf-
AusgabenfürVollversicherteinderPKVlagenimJahr2010dagegenbeidurchschnittlichrund
3.300Euro.14
4.3 Zusätzliche Ausgaben durch Anpassungen von Leistungs- bzw. Vergütungsniveaus
DieTheseeinerwesentlichenfinanziellenEntlastungbzw.StabilisierungdesKrankenversiche-
rungssystemsdurcheineIntegrationvonGKVundPKVfußtaufdenAnnahmen,dassdasVer-
sichertenkollektivderPKVeineSelektion„guterRisiken“darstellt, indemesdurchüberdurch-
14 EigeneSchätzungaufBasisvonNiehaus(2010:4),deraufBasisderKopfschadenstatistikAusgabenvondurchschnittlich3.047EurojeVollversichertenimJahr2008ermittelt.SchreibtmandiesenWertimAusmaßdesAnstiegsderVersicherungs-leistungenvomJahr2008biszumJahr2010gemäßdemPKV-Zahlenbericht(+8,5Prozent)fort,erhältmanPro-Kopf-Ausga-beninHöhevon3.307Euro.
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis der Daten des BVA
Abbildung 1: Durchschnittliche Leistungsausgaben nach Alter und Geschlecht in der GKV (ohne Krankengeld), 2010
0
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
7.000
8.000
1009080706050403020100
Männer Frauen
in Euro
Durchschnittliche Leistungsausgaben Alter
26
… Vergütung auf
GKV-Niveau und …
… geringere Leistungsaus-
gaben für PKV-Versicherte
Konsequenz: Absenkung der
ärztlichen Gesamtvergütung
(GKV + PKV)
Politischer Konsens:
kostenneutrale
Honorarangleichung
Diese Studie kalkuliert
den „Mehrumsatz“ durch
PKV ein
Festlegung des Mittelbedarfs
schnittlichhoheEinkommenbeinurunterdurchschnittlicherMorbiditätgekennzeichnetist.Aus
derKombinationbeiderEigenschaftenergibtsicheinBeitragssatzsenkungspotenzial.
Bei früheren (Simulations-)BerechnungenzumAusmaßeines solchenBeitragssatzsenkungspo-
tenzialswurdeüblicherweise–nebeneinereinheitlichenBeitragsbemessung–unterstellt,dass
auchdieLeistungsinanspruchnahmederbislangPKV-VersichertennacheinheitlichenMaßstäben,
d.h.aufheutigemGKV-Niveau,vergütetwird.AufderselbenAnnahmebasiertdievorigeBerech-
nungdeszusätzlichenMittelbedarfsbeiIntegrationdergegenwärtiginderPKVVersicherten(vgl.
Kapitel4.2).Angesichtsdes–insbesondereinderambulantenVersorgung–teilweisedeutlich
höherenVergütungsniveausinderPKVwürdendiebislangprivatVersichertenineinerintegrier-
tenKrankenversicherungentsprechendgeringereLeistungsausgabenverursachenalsgegenwär-
tiginderPKV.
Gesundheitspolitisch würde ein solcher Effekt zu Kontroversen führen, würde hierdurch doch
„dem System Geld entzogen“. Der PKV-Verband, aber auch Ärzteorganisationen haben in der
gesundheitspolitischenDiskussionübereineReformdesKrankenversicherungssystems immer
wiederdaraufverwiesen,dassdievondenPKV-VersichertengeleistetenhöherenVergütungen
einen unverzichtbaren finanziellen Beitrag zum Erhalt des Versorgungsniveaus im gesamten
Krankenversicherungssystemdarstellten.15AufdiesesArgumentwurdebereitsinfrüherenDis-
kussionenübereinemöglicheAngleichungderHonorierungärztlicherLeistungenzwischenGKV
undPKVeingegangen,aberauchwiederganzaktuellimZusammenhangmitForderungennach
EinführungeinerBürgerversicherung,diezwangsläufigmiteinersolchenAngleichungverbun-
denwäre.HierbeizeichnetsichalsmehrheitlicherStandpunktab,dasseineHonorarangleichung
insgesamtnichtzulastenderLeistungserbringergehensollte.16
EntsprechendwurdenbereitsineinerfrüherenStudieSzenarienbetrachtet,nachdenendasBei-
tragssatzsenkungspotenzial durch eine Integration der PKV nicht maximal ausgeschöpft wird,
sonderndiegeschätztenMehreinnahmenauchdafürverwendetwerden,dasHonorarvolumender
Leistungserbringerkonstantzuhalten(vgl.Leinert2006).
FürdieseStudiewurdeinähnlicherWeiseeingesundheitspolitischrealistischesAusgaben-Sze-
nario unterstellt. Dadurch wird ausgeschlossen, dass potenzielle positive Finanzierungseffekte
maßgeblichausgabenseitigauseinerAbsenkungdesHonorarvolumensderLeistungserbringer
resultieren.17ZudiesemZweckwurdedaszufinanzierendeAusgabenniveau,dasallenReform-
Szenarienzugrundegelegtwurde,umdenheutigen„Mehrumsatz“erhöht,dendieLeistungser-
bringerdurchdieBehandlungvonPKV-Versichertenrealisieren.AusdieserSzenarien-Gestaltung
15 Vgl.hierzudieregelmäßigenAnalysendesWissenschaftlichenInstitutsderPKVüberden„überproportionalenFinanzierungs-beitragprivatversicherterPatienten“,zuletztvonNiehaus2010.
16 SoäußertesichkürzlichdiegesundheitspolitischeSprecherinderSPDundVorsitzendedesGesundheitsausschussesimBun-destag,FrauCarolaReimann(„MitderEinführungderBürgerversicherungmusseineHonorarreformeinhergehen.Dasheißt:AlleÄrztemitdemnormalenMixvon90Prozentgesetzlichund10ProzentprivatversichertenPatientenmüssenaufdasglei-cheEinkommenwiezuvorkommen.“,in:derFreitagvom6.12.2012:4).
17 DieswaraucheinerderKritikpunkteandenBerechnungsergebnissenzumBürgerversicherungsmodellderGrünen,vgl.Pa-quet(2010)undÄrzte-Zeitungvom12.10.2010:6(„GrünesagenRösler-PrämiedenKampfan“).
27
Berechnung der
„Mehrumsätze“ der PKV
WIP-Berechnung der
„Mehrumsätze“
Höhe der zusätzlichen
PKV-Ausgaben
Festlegung des Mittelbedarfs
istjedochnichtabzuleiten,dassdaszusätzlichzufinanzierendeHonorarvolumenfürdieVergü-
tungeinesidentischenLeistungsbündelszuverwendenist,sonderndurchausnachanderenMaß-
stäbendenLeistungserbringernzugeteiltwerdenkann.
UmdieHöhedesineinerintegriertenKrankenversicherungzufinanzierendenheutigen„Mehr-
umsatzes“derPKVzubestimmen,wurdeaufdieBerechnungendesWissenschaftlichenInstituts
derPKV(WIP)zurückgegriffen.DortwerdendiePKV-AusgabenfürdieVollversicherungaufBasis
derKopfschadenstatistikermittelt,sodasshiermit(imGegensatzzurStatistikimPKV-Zahlenbe-
richt)auchdieAusgabenimRahmenderBeihilfeundeinTeilderSelbstbehalte(voneingereich-
tenRechnungen)erfasstwerden,währendAusgabenfürZusatzversicherungen(korrekterweise)
unberücksichtigt bleiben. Diese Ausgaben werden mit fiktiven GKV-Ausgaben für PKV-Versi-
cherteaufBasisderRSA-Ausgabenprofileverglichen.
DieaufdieseWeiseermittelten„Mehrumsätze“wurdenfürdieseStudieaufdieinderambulan-
tenVersorgunggezahlten(zahn-)ärztlichenHonorareeingegrenzt.DasWIPhat„Mehrumsätze“
zuletztfürdasJahr2008berechnet(vgl.Niehaus2010).AnhandderindenPKV-Zahlenberich-
ten ausgewiesenen leistungsartspezifischen Veränderungsraten für die Folgejahre wurden die
BeträgefürdasJahr2010geschätzt(Tabelle3).
Tabelle 3: „Mehrumsätze“ in PKV in der ambulanten ärztlichen Versorgung
2008in Tsd. Euro
2010 (eigene Schätzung)in Tsd. Euro
Arzthonorare 5.145.000 5.451.889
zahnmedizinischer Bereich 2.116.000 2.343.706
Anteil Zahnbehandlung an Zahnleistungen insg. 37,3 % 35,6 %
Zahnarzthonorare (eigene Schätzung) 788.697 834.851
insgesamt 5.933.697 6.286.740
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Niehaus (2010), PKV-Zahlenberichte
Anmerkung: Nur die grau unterlegten Werte stammen von Niehaus (2010). Die Werte für 2010 sind Schätzwerte und basieren auf einer Fortschreibung der Werte für 2008 anhand der leistungsartspezifischen Veränderungsraten gemäß PKV-Zahlenbericht.
GemäßdiesenBerechnungenwerdendenReform-SzenarienzusätzlicheAusgabeninHöhevon
rund6,29MilliardenEuroalszusätzlichineinerintegriertenKrankenversicherungzufinanzie-
renderBetragzugrundegelegt,umdasGesamtvolumenderHonorarederÄrzteundZahnärztein
derambulantenVersorgungkonstantzuhalten.18
18 IneineraktuellenStudievonWasemetal.(2013)wird–analogzum„Mehrumsatz“–derpotenzielle„Honorarverlust“ineinemeinheitlichenVersicherungs-undVergütungssystemberechnet.UnterderAnnahmeeinersofortigenÜberführungallerPKV-BeständelägederHonorarausfall,bezogenaufdasAusgabenniveaudesJahres2010,bei4,3MilliardenEurounddamitdeutlichniedrigeralsderaufBasisderWIP-StudieermittelteBetrag(vgl.ZusammenfassungderStudieunterhttp://www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/508068/Datei/66149/Executive%20Summary.pdf,Download2.5.2013).Diehierunter-suchtenReform-Szenariengehensomitvoneinem„großzügiger“bemessenenFinanzvolumenzurAnpassungdesVergütungs-niveausineinerintegriertenKrankenversicherungaus.
28
Ausgaben für PKV-, GKV-Ver-
sicherte und „Mehrumsatz“
Durchschnittliche
Ausgaben pro Kopf
Festlegung des Mittelbedarfs
4.4 Mittelbedarf der Reform-Szenarien einer integrierten Krankenversicherung
Insgesamtergibtsichsomitaus
• denAusgabenfürdieheutigenGKV-Versicherten,
• den Ausgaben für die heutigen PKV-Versicherten bei unveränderter Leistungsinanspruch-
nahme,aberaufBasisvon„GKV-Preisen“,
• denzusätzlichenAusgabenfürÄrztehonorareinderambulantenVersorgungunterderMaß-
gabe,dasheutigeHonorarvolumenkonstantzuhalten,
(jeweilsStand2010)einMittelbedarffürdieReform-SzenarieninHöhevoninsgesamt202,6Mil-
liardenEuro(Tabelle4).
Tabelle 4: Mittelbedarf der Reform-Szenarien
Mittelbedarf in Mrd. Euro
für die GKV-Versicherten 173,54
für die PKV-Versicherten 22,77
für den PKV-„Mehrumsatz“ in der ambulanten ärztlichen Versorgung 6,29
insgesamt 202,6
Quelle: IGES Institut GmbH
ProKopfergebensichhierausdurchschnittlicheAusgabeninHöhevon2.601EurojeVersicherten
ineinerintegriertenKrankenversicherung.DieserWertliegtum3,4Prozentüberdenheutigen
Pro-Kopf-AusgabenfürGKV-Versicherteundumrund21Prozentunterdenheutigen(geschätzten)
Pro-Kopf-AusgabenfürPKV-Vollversicherte.
29
Annahmen des
Referenz-Szenarios
Vorgehen zur Vergleich-
barkeit der Szenarien:
Basisjahr 2010
Einnahmen der
GKV-Mitglieder
Bestimmung finanzieller
Belastungen der Beitrags-
zahler
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
5 Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
5.1 Referenz-Szenario: Status quo
FürdasReferenz-SzenariowirdausschließlichdieFinanzierungdesobendefiniertenMittelbe-
darfs (173,5 Milliarden Euro) angenommen. Im Jahr 2010 erzielte das GKV-System insgesamt
Überschüsse:DerGesundheitsfondsschlossmiteinempositivenSaldoinHöhevonrund4,2Mil-
liardenEuroab,währenddieKrankenkasseninsgesamteinDefizitvoncirca0,4MilliardenEuro
verzeichneten.DerallgemeineBeitragssatzwarsomit–trotzAbsenkungauf14,9ProzentzurJah-
resmitte2009imRahmendeszweitenKonjunkturpakets19–fürdasJahr2010rückblickendhöher,
alsesfürdieFinanzierungdesMittelbedarfsceterisparibus(d.h.beiunverändertenEinnahmen
ausanderenQuellen,z.B.ausBundeszuschüssen)erforderlichgewesenwäre.
ImHinblickaufdieVergleichbarkeitderSzenarienwurde fürdasReferenz-SzenariodesStatus
quoimBezugsjahr2010einausgabendeckenderallgemeinerBeitragssatzermitteltbzw.umden
imJahr2010realisiertenÜberschussbereinigt.HierzuwurdezunächstdasüberdenBeitragssatz
zufinanzierendeAusgabenvolumendesJahres2010bestimmt,indemvomMittelbedarfderAus-
gabenteilsubtrahiertwurde,derüberEinnahmenunabhängigvomBeitragssatzgedecktwerden
konnte.ZudiesenanderenEinnahmenzählenBundeszuschüsseandenGesundheitsfonds,Bei-
trägeausgeringfügigerBeschäftigungsowieSonstigeEinnahmenderKrankenkassen20(Tabelle5).
Tabelle 5: Über Beitragssatz zu deckende Ausgaben, 2010
in Tsd. Euro
Mittelbedarf (Ausgaben der GKV ohne LKK) 173.544.737
Bundeszuschüsse an Gesundheitsfonds insgesamt 15.534.756
Beiträge aus geringfügiger Beschäftigung 2.639.260
Sonstige Einnahmen (ohne LKK und ohne Fonds-Zuweisungen) 1.974.585
über Beitragssatz zu deckende Ausgaben 153.396.136
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis der KJ 1-Statistik
DiebeitragspflichtigenEinnahmenderGKV-Mitgliederbetrugen im Jahr2010 insgesamt rund
1.050MilliardenEuro.UmhierausEinnahmeninHöhederobenermitteltenknapp153,4Milli-
ardenEurozuerzielen,wäreeinBeitragssatzinHöhevon14,61Prozentausreichendgewesen.
ZurBestimmungder individuellen finanziellenBelastungenderBeitragszahlerbzw.Haushalte
imStatusquowirddementsprechendderermittelteausgabendeckendeBeitragssatzvon14,61
19 GesetzzurSicherungvonBeschäftigungundStabilitätinDeutschland:ÄnderungderGKV-Beitragssatzverordnung(Beitrags-satzsankum0,6Prozentpunkte),gleichzeitigÄnderungvon§221Abs.1SGBV:Bundeszuschusswurdeauf7,2MilliardenEuro(2009)und11,8MilliardenEuro(2010)erhöht,umBeitragssatzsenkungzukompensieren.
20 HierbeihandeltessichumdieinderKJ1-StatistikunterKontenklasse3gefasstenEinnahmenpositionen.Dazuzähleninsbe-sondereEinnahmenausErsatzansprüchengegenDrittesowieZinsenausGeldanlagen(vgl.Fußnote5).
30
Prämissen für das
Referenz-Szenario ...
... ohne Berücksichtigung
von Zusatzbeiträgen
Finanzierung im
Referenz-Szenario
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
ProzentundnichtdertatsächlichimJahr2010erhobeneinHöhevon14,90Prozentverwendet.
Dieses Vorgehen ist für die Untersuchung der Verteilungswirkungen erforderlich, weil für die
Reform-Szenarien eine Finanzierung simuliert wird, die ebenfalls ausschließlich den Mittelbe-
darfdeckt,jedochkeineFinanzierungsüberschüsse(oder-defizite)derKrankenversicherungssys-
temserzeugt.
BisaufdieAbweichungbeiderHöhedeseinheitlichenBeitragssatzesbasiertdasReferenz-Sze-
nariodesStatusquoaufdengegebenenRahmenbedingungenimHinblickaufdieBeitragsbemes-
sungsowieandereEinnahmendesJahres2010inunveränderterForm.Diesbetrifftzumeinendie
vomallgemeinenBeitragssatzunabhängigenEinnahmen(vgl.Tabelle5),zumanderendieAuf-
teilungdesallgemeinenBeitragssatzesaufdieAnteilefürMitgliederbeiträgeundfürBeitragszu-
schüsse(vonArbeitgebernu.a.)unterBerücksichtigungdeszusätzlichenBeitragssatzesinHöhe
von0,9Prozentgemäߧ249Abs.1SGBV.HierausergibtsichaufBasisdeso.a.ausgabende-
ckendenBeitragssatzeseinTeilbeitragssatzfürMitgliederinHöhevon7,76Prozentihrerbeitrags-
pflichtigenEinnahmenundvon6,86ProzentderzuschussfähigenbeitragspflichtigenEinnahmen
fürArbeitgeberbzw.andereZuschussgeber.
ZurVereinfachungbleibtdasFinanzierungsaufkommenauseinkommensunabhängigenZusatz-
beiträgennach§242Abs.1SGBV(bzw.dieMinderungdesFinanzierungsaufkommensdurch
Prämienzahlungengemäߧ242Abs.2SGBV)imReferenz-Szenariounberücksichtigt.ImJahr
2010beliefsichdasumPrämienauszahlungengeminderteAufkommenauskassenindividuellen
Zusatzbeiträgenaufknapp650MillionenEuro.DiesentsprichteinemAnteilvonwenigerals0,4
ProzentdergesamtenKrankenkasseneinnahmen.VomBMGwurdederdurchschnittlicheZusatz-
beitragnach§242aSGBVfürdasJahr2010aufnullEurofestgelegt,sodasskeinsteuerfinanzier-
terSozialausgleichnach§242bSGBVdurchgeführtwurde.DadurchdassdasAufkommenaus
ZusatzbeiträgenimStatusquonichtberücksichtigtwird,erhöhtsichentsprechendderAusgaben-
anteil,derüberdenBeitragssatzzudeckenist.21
DamitergibtsichdiefolgendeStrukturvonArtundHerkunftderFinanzierungimReferenz-Sze-
nariodesStatusquo(Tabelle6):
21 ImHinblickaufdievorgesehenenVerteilungsanalysenwäreeineBerücksichtigungkassenindividueller,einkommensunab-hängigerZusatzbeiträgealsweitereMittelartzudemnurunterderAnnahmezielführend,dassdiesevonallenKrankenkassenerhobenwerden.AndernfallswärenzusätzlicheAnnahmenüberdieVerteilungvonMitgliedernaufKrankenkassenmitundohneZusatzbeitrag(evtl.differenziertnachsozioökonomischenMerkmalen)zutreffen,fürdiekeineadäquateSystematikvor-liegt.
31
Plausibilisierung der
Rahmendaten
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
Tabelle 6: Art und Herkunft der Finanzierung des Mittelbedarfs im Referenz-Szenario, 2010
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 14,61 %
Mitglieder 7,76 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 6,86 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Zusatzbeiträge (einkommensunabhängig) ./.
Belastungsgrenze für Zusatzbeiträge 2 % der bpE
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
15,5 Mrd. Euro
Leistungen des Bundes für den Sozialausgleich (§ 221b SGB V)
./.
Sonstige Einnahmen* 4,6 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
Anmerkung:* Die Sonstigen Einnahmen entsprechen hier der Summe aus Sonstigen Einnahmen (gemäß Kontenklasse 3 der KJ 1-Statistik) zuzüglich der Beiträge aus geringfügiger Beschäftigung. bpE = beitragspflichtige Einnahmen
FüreinePlausibilisierungderRahmendatendesReferenz-SzenarioswurdendieAnteilederMit-
gliedergruppenandenbeitragspflichtigenEinnahmenberechnet(Tabelle7)undmitdenAnteilen
derMitgliedergruppegemäßderKJ1-Statistikverglichen(Tabelle8).Demnachstammtdergrößte
AnteilderbeitragspflichtigenEinnahmenderGKV(2010)nachdenSOEP-basiertenBerechnun-
gen von der Gruppe der versicherungspflichtigen Angestellten (35,2 Prozent), gefolgt von der
GruppederRentner(24,1Prozent)undderGruppederversicherungspflichtigenArbeiter(18,4
Prozent).FreiwilligversicherteAngestellteundSelbstständigehatteneinenAnteilvoninsgesamt
11,3ProzentandenbeitragspflichtigenEinnahmenderGKV.
Tabelle 7: Anteile von Mitgliedergruppen an den beitragspflichtigen Einnahmen im Status Quo
Mitgliedergruppe Anteil bpE gemäß SOEP-Simulation
Angestellte (pflichtversichert) 35,2 %
Rentner 24,1 %
Arbeiter (pflichtversichert) 18,4 %
Angestellte (freiwillig versichert) 8,1 %
Arbeitslose 3,5 %
Selbständige (freiwillig versichert) 3,2 %
Sonstige 7,5 %
100 %
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis des SOEP
32
Abgleich mit der offiziellen
GKV-Statistik
Gegenüberstellung SOEP-
Simulation/KJ 1-Statistik
Finanzierung des erweiterten
Referenz-Szenarios
Einkommensunabhängige
Zusatzbeiträge durch ein
Drittel der Einnahmen
Bundeszuschuss und
Sonstige Einnahmen
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
FürdenAbgleichmitderoffiziellenGKV-StatistikmussaufdasBerichtsjahr2008Bezuggenommen
werden,weilseitderEinführungdesGesundheitsfondsimJahr2009diebeitragspflichtigenEinnah-
mennichtmehrinderKJ1-StatistiknachVersichertengruppendifferenziertausgewiesenwerden.
Tabelle 8: Anteile von Mitgliedergruppen an den beitragspflichtigen Einnahmen – Vergleich der Simulationsergebnisse mit der KJ 1-Statistik
Mitgliedergruppe SOEP-Simulation 2010 KJ 1-Statistik 2008
versicherungspflichtige Mitglieder 61,0 % 64,3 %
versicherungspflichtige Rentner 24,1 % 22,8 %
versicherungsberechtigte Mitglieder 15,0 % 12,8 %
100,0 % 100,0 %
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis des SOEP und KJ 1-Statistik
DieGegenüberstellungzeigt,dassdieaufBasisderSOEP-basiertenSimulationsrechnungenermit-
telten Anteilswerte der Versichertengruppen (Pflichtmitglieder, Rentner, freiwillige Mitglieder)
hinsichtlichderbeitragspflichtigenEinnahmenfürdasJahr2010unddieausderKJ1-Statistikfür
dasJahr2008entnommenenAnteilswertevergleichbareGrößenordnungenhaben.
5.2 Erweitertes Referenz-Szenario: Dynamisierung der Zusatzbeiträge unter Status-quo-Bedingungen
MitdemerweitertenReferenz-SzenariowirddieSituationsimuliert,dass–wieeslängerfristigder
ursprünglichenIntentiondesGKV-Finanzierungsgesetzesentspricht–dieeinkommensunabhän-
gigenZusatzbeiträgeeinenspürbarenAnteilanderFinanzierunginderGKVhaben.Fürdiese
StudiewurdederFinanzierungsanteildereinkommensunabhängigenZusatzbeiträgeamgesam-
tenMittelbedarfaufeinDrittelfestgelegt(vgl.dazuKapitel2.3).
BezogenaufdieBasiswertedesJahres2010beträgteinDritteldesgesamtenMittelbedarfsknapp
58MilliardenEuro,dieimerweitertenReferenz-SzenariodurcheinkommensunabhängigeZusatz-
beiträgezufinanzierensind.Rechnerischergibtsichhierauseindurchschnittlichermonatlicher
ZusatzbeitraginHöhevonrund95EurojeMitglied.DerallgemeineBeitragssatzkannsoauf9,26
Prozentabgesenktwerden,wodurchbeiunveränderterSummederbeitragspflichtigenEinnah-
meneinFinanzvolumenvonknapp97,24MilliardenEuroaufgebrachtwird.
DieverbleibendenFinanzierungsanteileentfallenaufdenBundeszuschussausSteuermittelnund
dieSonstigenEinnahmenderKrankenkassen(zuzüglichderBeiträgeausgeringfügigerBeschäfti-
gung).DieHöhedesBundeszuschusseswirdimerweitertenReferenz-Szenarioaufdenlangfristig
angestrebtenZielwertinHöhevon14,0MilliardenEuro(abzüglichdesAnteilsfürdieLandwirt-
schaftlichenKrankenkassen)festgesetzt.
33
Berechnung des Bedarfs
an Steuerfinanzierung
Gesamtbelastung
der Mitglieder
Steuermittel für den
Sozialausgleich
Steuerfinanzierung der
Zusatzbeiträge für
bestimmte Versicherte
Erforderliche Steuermittel
insgesamt
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
BeieinkommensunabhängigenZusatzbeiträgeninderfürdaserweiterteReferenz-Szenariounter-
stellten durchschnittlichen Höhe wird ein steuerfinanzierter Sozialausgleich durchgeführt. Die
HöhedeshierfürerforderlichenBedarfsanSteuerfinanzierungwurdeaufderGrundlagederder-
zeitigen gesetzlichen Regelungen berechnet. Infolge des deutlich erhöhten durchschnittlichen
ZusatzbeitragswurdedieBelastungsgrenzesoangepasst,dassdiemaximaleprozentualeGesamt-
belastung des Referenz-Szenarios (Mitgliederanteil des Beitragssatzes plus Belastungsgrenze)
konstant bleibt (vgl. Kapitel 2.3). Bei einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen in Höhe von
durchschnittlichknapp95EuromonatlichwürdediegegenwärtiggültigeBelastungsgrenzevon
2ProzentderbeitragspflichtigenEinnahmendesMitgliedsinjedemFallüberschritten(2Prozent
derBeitragsbemessungsgrenzedesJahres2010entsprächeeinemmonatlichenZusatzbeitragin
Höhevon75Euro).DiemaximaleprozentualeGesamtbelastungderMitgliederimReferenz-Sze-
nariobeläuftsichauf9,76Prozent(7,76ProzentgemäßTabelle6zuzüglich2Prozentgemäßder
gegenwärtigenBelastungsgrenzenach§242bAbs.1SGBV).ImerweitertenReferenz-Szenario
beträgtdemzufolgedieBelastungsgrenzefürdieeinkommensunabhängigenZusatzbeiträge4,68
Prozent(=9,76Prozentabzüglich5,08ProzentgemäßTabelle9).22
Zubeachtenist,dassdieSteuermittelfürdenSozialausgleichnichtzurunmittelbarenFinanzie-
rung der Krankenversicherungsausgaben herangezogen werden. Aus diesen Steuerzuschüssen
entstehtsomiteinFinanzvolumenzusätzlichzumMittelbedarfinHöheder173,5MilliardenEuro
desBezugsjahres2010.DiesesFinanzvolumenmachteinenTeilderzuvormiteinkommensab-
hängigenBeiträgenbewirktenUmverteilungsichtbar.NachdenSOEP-basiertenSimulationsbe-
rechnungenbelaufensichdiefürdenSozialausgleichimerweitertenReferenz-Szenariozusätzlich
erforderlichenSteuermittelinderSummeaufknapp21,3MilliardenEuro.Diedamitverbunde-
nenfinanziellenBelastungenwerdeninderErmittlungderVerteilungswirkungeninFormeines
„Gesundheits-Soli“berücksichtigt(vgl.Kapitel2.3).BerechnetwurdeeineHöhedieses„Gesund-
heits-Soli“vonrund9,75ProzentderSteuerschuld,damitSteuermittelimberechnetenVolumen
generiertwerdenkönnen.
Allerdings erzeugendie erhöhtenZusatzbeiträge imerweitertenReferenz-Szenario zusätzliche
Steuermehrbelastungen auch dadurch, dass für bestimmte Versichertengruppen (Bezieher von
ALGIIoderSozialhilfe)dieZahlungderZusatzbeiträgedurchDritteübernommenwirdundletzt-
lichwiederumdurchSteuermittelzufinanzierenist.23FürdieFinanzierungderZusatzbeiträge
dieserPersonengruppenwurdeeinzusätzlicherforderlichesSteueraufkommeninHöhevon4,9
MilliardenEurobzw.einzusätzlicher„Gesundheits-Soli“inHöhevon2,23Prozentberechnet.
InsgesamtbelaufensichdamitdiezusätzlicherforderlichenSteuermittelaufrund26,1Milliarden
Euro,zuderenAufbringungein„Gesundheits-Soli“voninsgesamt11,98Prozentzuerhebenist.
22 FüreinMitgliedmitbeitragspflichtigenEinnahmeninHöhederBeitragsbemessungsgrenzedesJahres2010(monatlich3.750Euro)bedeuteteineBelastungsgrenzeinHöhevon4,68Prozent,dassfüreinenAnspruchaufSozialausgleichderZusatzbei-tragmindestens175,32Euromonatlichbetragenmüsste.
23 Gemäߧ251Abs.6SGBVsinddieZusatzbeiträgedieserPersonengruppenunmittelbarausderLiquiditätsreservedesGe-sundheitsfondsaufzubringen.DadiehierbetrachtetenSzenarienkeineFinanzierungsüberschüssebzw.Finanzreservenent-halten,sinddieseMittelletztlichvollständigausSteuernzufinanzieren.
34
Von Zusatzbeitrag befreite
Mitglieder
Mitglieder mit Anspruch
auf Sozialausgleich
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
EntsprechendwurdeimerweitertenReferenz-SzenarioeinesteuerlicheMehrbelastungderHaus-
halteindieserGrößenordnungsimuliert.
InsgesamtergibtsichdamitdiefolgendeveränderteStrukturvonArtundHerkunftderFinanzie-
rungimerweitertenReferenz-SzenariomitDynamisierungderZusatzbeiträge(Tabelle9):
Tabelle 9: Art und Herkunft der Finanzierung des Mittelbedarfs im erweiterten Referenz-Szenario, bezogen auf Basiswerte 2010
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 9,26 %
Mitglieder 5,08 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 4,18 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Zusatzbeiträge (einkommensunabhängig) 57,8 Mrd. Euro (Aufkommen) 94,89 Euro monatlich
Belastungsgrenze 4,68 % der bpE
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
13,85 Mrd. Euro
Leistungen des Bundes für den Sozialausgleich (§ 221b SGB V)/Steuern für Übernahme von Beiträgen
26,1 Mrd. Euro (21,3 Mrd. Euro + 4,9 Mrd. Euro)
Sonstige Einnahmen 4,6 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
ZudenVersichertengruppen,dievonderZahlungeinesZusatzbeitragsbefreitsindundderen
ZusatzbeitragdurchDritte (bzw.ausSteuermitteln)aufgebrachtwerden(ALGII-undSozialhil-
feempfänger),zählenaufBasisderSOEP-basiertenSimulationsrechnungenknapp4,3Millionen
Mitgliederbzw.rund8,4ProzentallerMitglieder.
AufderGrundlagedererhöhtenBelastungsgrenzehabenimerweitertenReferenz-Szenariorund
33,2MillionenMitgliederAnspruchaufSozialausgleichzurVerringerungihrerfinanziellenBelas-
tungdurchdenerhöhtendurchschnittlichenZusatzbeitrag.DiesentsprichteinemAnteilvonrund
71,4Prozentallerprinzipiell sozialausgleichsberechtigtenMitglieder (d.h.Mitglieder,dienicht
befreitsind)bzw.65,4ProzentderMitgliederinsgesamt.
DamitsindimerweitertenReferenz-Szenario73,8ProzentderMitgliederentwedervonderZah-
lungeinesZusatzbeitragsvollständigbefreitodersiehabenAnspruchaufSozialausgleich.
35
Finanzierung im
1. Reform-Szenario
Einkommensunabhängige
Zusatzbeiträge
Bundeszuschuss und
Sonstige Kosten
Allgemeiner Beitragssatz
Belastungsgrenze
für die Mitglieder
Steuermittel für den
Sozialausgleich
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
5.3 Reform-Szenario 1: Dynamisierung der Zusatzbeiträge
ImerstenReform-SzenariowirdderFinanzierungsanteildereinkommensunabhängigenZusatz-
beiträgeebenfallsaufeinDritteldesMittelbedarfserhöhtundzusätzlichderVersichertenkreis
gemäßdemGrundkonzeptder„IntegriertenKrankenversicherung“aufdiegesamteWohnbevöl-
kerung,alsoauchaufdieheutigenPrivatversicherten,ausgeweitet(vgl.Kapitel2.4.2).Zugrunde
gelegtwirdderzuvorberechneteeinheitlicheMittelbedarfindenReform-SzenarieninHöhevon
202,6MilliardenEuro(vgl.Kapitel4.4).
AusderunterstelltenDrittelfinanzierungergibtsicheinZielaufkommenausdeneinkommensun-
abhängigenZusatzbeiträgeninHöhevonrund67,5MilliardenEuro.Derdurchschnittlicheein-
kommensunabhängigeZusatzbeitragbeträgtdanncirca98,10EurojeMitgliedfürdasgesamte
(Basis-)Jahr.DiezweigegenläufigenEffekte–ErhöhungdesMittelbedarfseinerseitsundZunahme
derAnzahlderMitgliederandererseits–bewirkenimReform-Szenario1insgesamteineleichte
ErhöhungdesdurchschnittlichenZusatzbeitragsimVergleichzumerweitertenReferenz-Szenario
um3,21EuroimJahrbzw.3,4Prozent.
ZurFinanzierungderübrigenzweiDritteldesMittelbedarfswerdenzunächstderBundeszuschuss
ausSteuermittelninseinerlangfristigenZielhöhe(13,85MilliardenEuroohneAnteilfürLKK)sowie
dieSonstigenEinnahmenderKrankenkassen (4,7MilliardenEuro)24herangezogen.Derverblei-
bendeRestistüberdenallgemeinenBeitragssatzzufinanzieren.AufBasisderSOEP-basiertenSimu-
lationsrechnungenliegtdessenausgabendeckendeHöhefürdasReform-Szenario1bei9,34Prozent
unddamitetwashöheralsimerweitertenReferenz-Szenario.Dasheißt,dieErhöhungderSumme
derbeitragspflichtigenEinnahmendurchdieIntegrationderprivatVersichertenistrelativschwä-
cheralsdermitdieserIntegrationverbundeneAnstiegdesMittelbedarfs(inklusivederBeibehal-
tungdesärztlichenHonorarvolumensgemäßKapitel4.4).InfolgederfürdasReform-Szenarioange-
nommenenWiederherstellungderParitätsinktjedochdervondenMitgliedernzutragendeTeildes
BeitragssatzesgegenüberdemerweitertenReferenz-Szenario(von5,08Prozentauf4,68Prozent).
Infolge des abgesenkten Beitragssatzes für die Mitglieder ergibt sich eine höhere Belastungs-
grenze von 5,09 Prozent (gegenüber 4,68 Prozent im erweiterten Referenz-Szenario), mit der
diemaximaleprozentualeGesamtbelastungderMitgliederimVergleichzumReferenz-Szenario
unverändert9,76Prozentbeträgt.
AufderGrundlagedesverändertendurchschnittlichenZusatzbeitragsundderangepasstenBelas-
tungsgrenzeimReform-Szenario1errechnensicherforderlicheSteuermittel fürdenSozialaus-
gleichinHöhevonknapp23,0MilliardenEurounddamitvonzusätzlichrund1,7MilliardenEuro
gegenüberdemerweitertenReferenz-Szenario.FürderenAufbringungwurdeein„Gesundheits-
Soli“inHöhevon10,54Prozentermittelt.
24 DieSonstigenEinnahmensteigenimReform-Szenario1gegenüberdenReferenz-SzenarienleichtimAusmaßderzusätzlichenBeiträgeausgeringfügigerBeschäftigungvonbislangprivatVersicherten.
36
Steuerfinanzierung der
Zusatzbeiträge für
bestimmte Versicherte
Erforderliche Steuermittel
in Reform-Szenario 1
insgesamt
Von Zusatzbeitrag
befreite …
… Zusatzbeitrag selbst
tragende und …
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
HinzukommtderBedarfanSteuermittelnzurFinanzierungderZusatzbeiträgevonALGII-und
Sozialhilfeempfängern,diedurchDritteübernommenwerden.HierfürergabendieSimulations-
rechnungenfürdasReform-Szenario1SteuermittelinHöhevon5,2MilliardenEuro(bzw.einen
Zuschlagaufden„Gesundheits-Soli“vonrund2,4Prozentpunkten).
InsgesamtbeträgtsomitdasimZugederErhöhungderZusatzbeiträgeerforderlicheSteuerauf-
kommenimReform-Szenario1circa28,2MilliardenEuro,zudessenAufbringungein„Gesund-
heits-Soli“inHöhevon12,93ProzentaufdieSteuerschulderhobenwird.DurchdieAusweitung
desVersichertenkreisesaufdieheuteprivatVersichertensteigtsomitderBedarfanSteuermitteln
durchZusatzbeiträgegegenüberdemerweitertenReferenz-Szenariouminsgesamtknapp2,1Mil-
liardenEuro.
FürdasReform-Szenario1ergibtsichsomitfolgendeStrukturvonArtundHerkunftderFinan-
zierung(Tabelle10):
Tabelle 10: Mittelart und Mittelherkunft im Reform-Szenario 1 (Dynamisierung der Zusatzbeiträge)
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 9,34 %
Mitglieder 4,67 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 4,67 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Zusatzbeiträge (einkommensunabhängig) 67,5 Mrd. Euro (Aufkommen); 98,10 Euro (monatlich je Mitglied)
Belastungsgrenze (in % der bpE) 5,09 %
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
13,85 Mrd. Euro
Leistungen des Bundes für den Sozialausgleich (§ 221b SGB V)/Steuern für die Übernahme von Beiträgen
28,2 Mrd. Euro (23,0 Mrd. Euro + 5,2 Mrd. Euro)
Sonstige Einnahmen 4,7 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
DieAnzahldervonderZahlungeinesZusatzbeitragsbefreitenMitglieder(ALGII-undSozialhil-
feempfänger)steigtimReform-Szenario1geringfügigumrund150.000aufknapp4,4Millionen,
ihrAnteilandenMitgliederninsgesamtsinktdaheraufrund7,7Prozent.
AuchdieAnzahlderMitglieder,dieihrenZusatzbeitragselbsttragen,aberAnspruchaufSozial-
ausgleichhaben,steigtdurchdieIntegrationderprivatVersichertennurunterproportionalstark
umknapp1,1Millionenauf34,3Millionen.EntsprechendverringernsichdieAnteilswerte im
Reform-Szenario1aufrund64,8ProzentallerprinzipiellsozialausgleichsberechtigtenMitglieder
(d.h.Mitglieder,dienichtbefreitsind)bzw.59,8ProzentderMitgliederinsgesamt.
37
… insgesamt betroffene
Mitglieder
Finanzierung im
2. Reform-Szenario
Ermittlung des Beitragssatzes
Von Mitgliedern zu tragender
Beitragssatz
Erforderliche Steuermittel
in Reform-Szenario 2
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
Damitsind67,5ProzentderMitgliederimReform-Szenario1entwedervollständigvonderZah-
lungeinesZusatzbeitragsbefreitodersiehabenAnspruchaufSozialausgleich. Imerweiterten
Referenz-SzenariomitgleichemAnteilderZusatzbeiträgeanderFinanzierung,aberohneIntegra-
tionderheutigenPKV-Versicherten,lagdieserAnteilhöherbei73,8Prozent.
5.4 Reform-Szenario 2: Dynamisierter Steuerzuschuss zur Leistungsfinanzierung
ImReform-Szenario2wirdderbisherige steuerfinanzierteBundeszuschussaufeinDritteldes
Mittelbedarfs,d.h.auf67,5MilliardenEuroerhöht.EswerdenkeineZusatzbeiträgeerhoben.Von
denübrigenzweiDrittelndesMittelbedarfskönnen–wieindenanderenReform-Szenarienauch
–4,7MilliardenEurodurchdieSonstigenEinnahmenderKrankenkassen(inklusivederBeiträge
ausgeringfügigerBeschäftigung)finanziertwerden.DerverbleibendeRestdesMittelbedarfsist
durchdenallgemeinenBeitragssatzaufzubringen.
FürdenBeitragssatzimReform-Szenario2wurdeaufBasisderSOEP-Simulationsrechnungeneine
Höhevon10,45Prozentermittelt.DieserWertliegtzwarauchdeutlichunterdemBeitragssatzim
Referenz-SzenariodesStatusquo(14,61Prozent),jedochhöheralsimerweitertenReferenz-Sze-
narioundimReform-Szenario1mitZusatzbeiträgen(9,26Prozentbzw.9,34Prozent).Diesist
daraufzurückzuführen,dassdieSzenarienmitZusatzbeiträgenweiterhineinenBundeszuschuss
ausSteuermittelninHöhevon13,85MilliardenEuroalszusätzlicheFinanzierungsquelleenthal-
ten,derimReform-Szenario2imzentralenReform-Element„erhöhterBundeszuschuss“aufgeht.
DieAbgrenzungderbeitragspflichtigenEinnahmenistdagegenindenReform-Szenarien1und
2identisch.
InfolgederWiederherstellungderParitätauchimReform-Szenario2sinktdortdervondenMit-
gliedernzutragendeTeildesBeitragssatzesauf5,22ProzentderbeitragspflichtigenEinnahmen.
AnalogzumVorgehen indenzuvorbeschriebenenSzenarienwird fürdieAufbringungder im
Reform-Szenario2erforderlichenSteuermittelein„Gesundheits-Soli“erhoben.DasAufkommen
aus diesem „Soli“ muss einem Drittel des Mittelbedarfs entsprechen abzüglich des bisherigen
SteuerzuschussesinHöhevon13,85MilliardenEuro,d.h.durcheinen„Gesundheits-Soli“müssen
rund53,7MilliardenEurozusätzlichaufgebrachtwerden.HierfürwurdealserforderlicheHöhe
des„Gesundheits-Soli“einSatzvon24,63ProzentaufdieSteuerschuldberechnet.
FürdasReform-Szenario2ergibtsichsomitfolgendeStrukturvonArtundHerkunftderFinan-
zierung(Tabelle11):
38
Finanzierung im
3. Reform-Szenario
Einkommensstrukturen
der Mitglieder
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
Tabelle 11: Mittelart und Mittelherkunft im Reform-Szenario 2 (Dynamisierung des Steuerzuschusses)
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 10,45 %
Mitglieder 5,22 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 5,22 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
67,5 Mrd. Euro
Sonstige Einnahmen 4,7 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
5.5 Reform-Szenario 3: Beitragspflicht auf andere Einkommensarten
ImReform-Szenario3wirddieBeitragspflichtaufalleEinkunftsartenderVersichertenausgewei-
tet,währendausSteuermittelnkeinerleiFinanzierungsbeiträgemehrgeleistetwerden.Zuden
bislangnurinAusnahmefällenbeitragspflichtigenEinnahmen,dieimReform-Szenario3gene-
rellbeitragspflichtigwerden,zähleninsbesondereKapitalerträgeundEinnahmenausVermietung
undVerpachtung.SomitistindiesemReform-SzenarionahezudergesamteMittelbedarf,nämlich
rund197,9MilliardenEuroderrund202,6MilliardenEuro,überdenallgemeinenBeitragssatz
bzw.einkommensabhängigeBeiträgezufinanzieren.AlseinzigeweitereFinanzierungssäuleblei-
bendieSonstigenEinnahmenderKrankenkasseninHöhevon4,7MilliardenEuro.
AufgrundderEinbeziehungweitererEinkommensarten,insbesonderederVermögenseinkünfte,
istfürdasReform-Szenario3vonhoherRelevanz,inwelchemAusmaßdieMitgliedereinerinte-
grierten Krankenversicherung neben den bereits bisher beitragspflichtigen Einnahmen diese
weiterenEinkommensartenbeziehen.AusdiesemGrundwurdevorabeineAuswertungderEin-
kommensstrukturen der Mitglieder auf Basis der SOEP-Daten vorgenommen (Tabelle 12). Die
Ergebnissezeigen,dassdergrößteAnteilderBevölkerung(über16Jahre)eineKombinationaus
Lohn/GehaltundVermögenseinkünftenhatte(rund22Prozent),gefolgtvonderKombinationaus
Versorgungsbezügen25undVermögenseinkünften(rund17Prozent).Etwa28ProzentderBevöl-
kerungverfügtenurübereineEinkommensart.ErwartungsgemäßistderAnteilderBeziehervon
Selbstständigen-undVermögenseinkünftenunterderheuteprivatversichertenBevölkerungdeut-
lichhöheralsunterdenGKV-Versicherten.UmgekehrtverhältessichbeidenPersonen,dieaus-
schließlichLöhnebzw.Gehälterbeziehen.
25 DieseumfassengesetzlicheRenten,Beamtenpensionen,ZusatzversorgungenimöffentlichenDienst,betrieblicheRentenundKriegsopferversorgung.
39
Kriterien für die
Beitragsbemessung
Beitragspflichtige Einnahmen
und Beitragssatz in Reform-
Szenario 3
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
Tabelle 12: Verteilung der Bevölkerung (Personen über 16 Jahre) nach den zehn häufigsten Einkommenskombinationen und Versichertenstatus
Häufigste Einkommenskombinationen GKV PKV insgesamt
Lohn- und Gehalt und Vermögenseinkünfte 21,8 % 23,5 % 22,0 %
Versorgungsbezüge und Vermögenseinkünfte 17,4 % 14,5 % 17,0 %
nur Lohn- und Gehalt 15,1 % 11,7 % 14,7 %
kein Einkommen 7,5 % 8,0 % 7,5 %
nur Versorgungsbezüge 6,6 % 3,9 % 6,3 %
nur Vermögenseinkünfte 3,9 % 6,1 % 4,2 %
Arbeitslosengeld II und Vermögenseinkünfte 1,9 % 0,1 % 1,7 %
Selbstständigeneinkünfte und Vermögenseinkünfte 1,5 % 8,3 % 2,4 %
Lohn- und Gehalt, Nebenerwerb und Vermögenseinkünfte 1,5 % 1,4 % 1,5 %
Lohn- und Gehalt, Versorgungsbezüge und Vermögenseinkünfte 1,2 % 1,6 % 1,3 %
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
• DieBeitragsteilungzwischendemvomMitgliedzutragendenTeilunddenBeitragszuschüs-
sen(vonArbeitgebernu.a.)ist,wieindenanderenReform-Szenarienauch,paritätisch,d.h.
derzusätzlicheBeitragssatzinHöhevon0,9Prozent,dergegenwärtigausschließlichvonden
Mitgliedernzuleistenist,entfällt.
• DieBeitragsbemessungsgrenzesteigtaufdenindergesetzlichenRentenversicherunggülti-
genWert(West),bezogenaufdasBasisjahr2010alsoauf5.500Euromonatlich.Ineinerwei-
terenVariantedesReform-Szenarios3wirddieBeitragsbemessungsgrenzeaufgehoben,d.h.
aufsämtlichebeitragspflichtigenEinnahmeartenwerdenunbegrenztBeiträgeerhoben.
• Beziehen Mitglieder mehrere beitragspflichtige Einkommensarten innerhalb eines Jahres,
werden aus denjenigen Einkommensarten zuerst Beiträge gezahlt, die zuschussfähig sind,
sodassdieSummemöglicherBeitragszuschüssemaximiertwird.DieseRangfolgederVerbei-
tragungistnurfürdieVariantemitBeitragsbemessungsgrenzerelevant.
DurchdieAusweitungderBeitragspflichtaufweitereEinkommensartensteigtimReform-Szena-
rio3dieSummederbeitragspflichtigenEinnahmengegenüberdenbeidenanderenReform-Sze-
narienjeweilsum205,1MilliardenEurobzw.um16,4Prozent.DieFinanzierungdesselbenMit-
telbedarfserfordertaufBasisdiesererhöhtenSummederbeitragspflichtigenEinnahmeneinen
allgemeinenBeitragssatzinHöhevon13,62Prozent.DiesistnurrundeinProzentpunktweniger
alsimReferenz-SzenariodesStatusquo(14,61Prozent),wobeizuberücksichtigengilt,dassim
Reform-Szenario3keinsteuerfinanzierterBundeszuschussmehrgeleistetwird.Bliebeeinsolcher
inderHöhevon13,85MilliardenEurowieinReform-Szenario1erhalten,würdederBeitragssatz
inReform-Szenario3umknappzweiProzentpunktegegenüberdemStatus-quo-Szenariogesenkt
werdenkönnen.
40
Beiträge mit erhöhter
und ohne BBG in den
Reform-Szenarien
Rahmendaten und Ergebnisse der Szenarien
FürdasReform-Szenario3mit erhöhterBeitragsbemessungsgrenzeergibt sich somit folgende
StrukturvonArtundHerkunftderFinanzierung(Tabelle13):
Tabelle 13: Mittelart und Mittelherkunft im Reform-Szenario 3 (Beitragspflicht auf andere Einkommensarten, BBG in Höhe von 5.500 Euro)
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 13,62 %
Mitglieder 6,81 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 6,81 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
./.
Sonstige Einnahmen 4,7 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
FürdieVariantedesReform-Szenarios3ohneBeitragsbemessungsgrenzewurdeberechnet,dass
dieSummederbeitragspflichtigenEinnahmenumcirca475MilliardenEuro(bzw.um38Prozent)
gegenüberdenReform-Szenarien1und2steigt.DadurchsinktderzurFinanzierungdesMittelbe-
darfserforderlicheBeitragssatzgegenüberderVariantemiterhöhterBeitragsbemessungsgrenze
deutlichumüberzweiProzentpunkteauf11,49Prozent(Tabelle14).
Tabelle 14: Mittelart und Mittelherkunft im Reform-Szenario 3 (Beitragspflicht auf andere Einkommensarten, Aufhebung der BBG)
Mittelart/-herkunft Höhe/Bemessung
Beiträge (einkommensabhängig) 11,49 %
Mitglieder 5,75 % der bpE
Arbeitgeber bzw. andere Zuschussgeber (z. B. GRV) 5,75 % der zuschussfähigen bpE (Arbeitsentgelt, gesetzl. Rente)
Steuern
Beteiligung des Bundes an Aufwendungen (§ 221, § 221a SGB V)
./.
Sonstige Einnahmen 4,7 Mrd. Euro
Quelle: IGES Institut GmbH
41
Finanzierungsstrukturen der
Szenarien nach Herkunft der
Mittel
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
6 Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
FürdenVergleichderSzenarienwerdenzunächstdieVeränderungeninderFinanzierungsstruktur
unterBerücksichtigungvonBeitragszuschüssenbzw.BeitragsübernahmendurchDrittebetrach-
tet.AnschließendwerdendiefinanziellenBe-undEntlastungenderVersichertenanalysiert.
6.1 Veränderungen der Finanzierungsstruktur
UmdieVeränderungeninderFinanzierungsstrukturzwischendenSzenarienzuverdeutlichen,
wird zunächst betrachtet, welche Anteile des Mittelbedarfs jeweils durch Mitgliederbeiträge,
durch Beitragszuschüsse (von Arbeitgebern, Öffentlichem Dienst, Rentenversicherungsträgern)
unddurchdieÜbernahmevonBeiträgendurchDritte (Arbeitsagentur,Sozialhilfeträger)aufge-
brachtwerden(Abbildung2).DaSteuermittelalsFinanzierungssäuleineinemTeilderSzenarien
einenrelativhohenStellenwerthaben,wirdauchihrjeweiligerAnteilaufgeführt,umeinvollstän-
digesBildderFinanzierungsstrukturzuerhalten.
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Abbildung 2: Finanzierungsstruktur des Aufkommens aus Mitgliederbeiträgen, Steuern und Beitragszuschüssen
0 20 40 60 80 100
Reform-Szenario 3 – Beitragspflicht auf andere Einkommen – ohne BBG
Reform-Szenario 3 – Beitragspflicht auf andere Einkommen – BBG: 5.500 €
Reform-Szenario 2 – Drittelfinanzierung durch Steuern
Reform-Szenario 1 – Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge
erweitertes Referenz-Szenario – Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge
Referenz-Szenario 47,0
56,0
49,4
49,5
33,2
52,5
21,6
19,1
13,2
13,9
15,5
21,8
9,5
8,6
6,0
5,7
6,3
9,5
6,3
10,2
3,8
6,0
6,7
9,7
6,5
6,1
4,1
3,7
4,2
6,4
9,1
23,4
21,2
34,1
Mitglieder Steuer Arbeitgeber
Arbeitsagentur/SozialhilfeträgerÖffentlicher Dienst Rentenversicherung
Anmerkung: BBG = Beitragsbemessungsgrenze
in Prozent
42
Beitragszuschüsse des
Öffentlichen Dienstes
Verteilungsstrukturen im …
… Referenz-Szenario des
Statuts quo
… erweiterten Referenz-
Szenario und Reform-
Szenario 1
… Reform-Szenario 2
… beiden Varianten des
Reform-Szenarios 3
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
DieBeitragszuschüssedesÖffentlichenDienstesbeziehensich indenReferenz-Szenarienaus-
schließlichaufArbeiterundAngestelltevonöffentlichenArbeitgebern,nichtjedochaufBeamte
bzw. Beihilfeberechtigte, die unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen i.d.R. privat ver-
sichert sind. Für die Reform-Szenarien einer integrierten Krankenversicherung wird hingegen
unterstellt,dassauchfürBeamtedieselbenBeitragsregelngeltenwiefüralleanderenBeschäftig-
ten.IndenReform-SzenariengibteskeinenBeihilfeanspruchmehr,sondernBeamtensoldwird
regulärbeitragspflichtig,gleichzeitigaberauchzuschussfähig.DamitzahltderÖffentlicheDienst
indenReform-SzenarienseinenBeamtenBeitragszuschüsse,diedemhälftigenBeitragssatzbezo-
genaufdenBeamtensoldentsprechen,undspartimGegenzugdiebisherigenBeihilfezahlungen.
DerVergleichderFinanzierungsstrukturengibteinigebedeutendeInformationen,umdieUnter-
schiededernachfolgendbetrachtetenVerteilungswirkungenzwischendenSzenarienzuerklären.
• ImReferenz-SzenariodesStatusquowirddasGrosdesMittelbedarfsdurchBeiträgefinan-
ziert,dieentwedervondenMitgliederngezahltunddurchprivateundöffentlicheArbeitge-
ber,RentenversicherungsträgeroderdieArbeitsagenturenbezuschusstwerdenoderdiedurch
SozialhilfeträgeroderArbeitsagenturenvollständigübernommenwerden.Nurrund9Prozent
desMittelbedarfswerdendurchSteuermittelgedeckt.
• ImerweitertenReferenz-Szenariound imReform-Szenario1, indenen jeweilsdasAufkom-
menauseinkommensunabhängigenZusatzbeiträgeneinDrittelzurFinanzierungdesMittel-
bedarfsbeisteuert,steigtdervondenMitgliedernzutragendeFinanzierungsanteiljeweilsauf
knapp50Prozent,derAnteilderSteuermittel(Bundeszuschuss,Sozialausgleich)erhöhtsich
aufjeweilsdeutlichüber20ProzentunddamitmehralsdasDoppelteimVergleichzumSta-
tusquo.EntsprechendstarksinkendieAnteilederArbeitgeberundTrägerdersozialenSiche-
rung,dieBeitragszuschüssezahlenbzw.Beitragszahlungenvollständigübernehmen.
• ImReform-Szenario2entfallenzwareinkommensunabhängigeZusatzbeiträgeunddamitder
steuerfinanzierteSozialausgleich,dererhöhteBundeszuschussführtaberdazu,dassderSteuer-
anteilinsgesamtdeutlichaufrundeinDrittelsteigt.26InfolgedesWegfallsdereinkommensun-
abhängigenZusatzbeiträgesinktderFinanzierungsanteilderMitgliederundbeträgtebenfalls
rundeinDrittel.DieeinkommensabhängigenBeiträgeerhaltengegenüberdenSzenarienmit
ZusatzbeiträgenrelativmehrGewicht,sodasssichauchdieAnteilederArbeitgeberundTräger
derSozialenSicherung,dieBeitragszuschüssezahlenbzw.Beitragszahlungenvollständigüber-
nehmen,etwaserhöhen.ImVergleichzumStatusquobleibenletztereaberdeutlichabgesenkt.
• IndenbeidenVariantendesReform-Szenarios3habenSteuermittelgarkeinenFinanzierungs-
anteilmehr.DieBeitragszahlungendurchMitgliedertragenjeweilsmehralsdieHälftezur
FinanzierungdesMittelbedarfsbei.DeutlicherhöhtistjeweilsderAnteil,deraufBeitragszu-
26 DerausgewieseneSteueranteilbeträgtnichtexakteinDritteldesAufkommens,dadieSonstigenEinnahmenindieserDarstel-lungnichtberücksichtigtwerden.
43
Finanzielle Effekte
auf die Versicherten
Anteile der
Einkommensarten auf
Beitragszahlungen
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
schüssedurchöffentlicheArbeitgeberentfällt.DarinäußertsichdieIntegrationderBeamten
indaseinheitlicheKrankenversicherungssystem.FürdiesezahlendieöffentlichenArbeitge-
bernunBeitragszuschüsseundsparenimGegenzugBeihilfeaufwendungen.Daessichbeim
Reform-Szenario3umeinenahezuvollständigeBeitragsfinanzierunghandelt,istderEffekt
dieserUmstellunghieramgrößten.
FürdienachfolgendeBetrachtungderVerteilungswirkungenwurdendiefinanziellenEffektedie-
serVerschiebungenderFinanzierungsstrukturaufdieVersichertenmittelsSOEP-basierterSimu-
lationenberechnet.Dabei lässt sichdervorigenBetrachtungbereits entnehmen,dass sichdie
UnterschiedederBe-bzw.EntlastungswirkungenzwischendenSzenarienbereitsimGesamtni-
veauunterscheiden,weil indenSzenarienentstehendeEntlastungswirkungenanunterschied-
licherStelleundinunterschiedlichemAusmaß„exogenisiert“werden,d.h.entstehendeEntlas-
tungenkommennichtdenVersicherten zugute, sondernmüssen– imGegenteil – vondiesen
kompensiertwerden.IndenSzenarienmitAusweitungderSteuerfinanzierungbetrifftdiesEnt-
lastungenbeidenBeitragszuschüssen(fürz.B.Arbeitgeber),imReform-Szenario3dieEntlastung
beidenSteuern(fürdenFiskus).
EinweitererbedeutenderAspektderVeränderungenderFinanzierungsstruktursinddieAnteile
unterschiedlicherEinkommensartenamAufkommendereinkommensbezogenenBeitragszahlun-
gen(Tabelle15).
Tabelle 15: Anteile der Einkommensarten am jeweiligen Aufkommen aus einkommensbezogenen Beiträgen in den Szenarien
Einkommensart Referenz-Szenarien Reform-Szenarien
Status Quo erweitert 1 2 3 3
mit BBG ohne BBG
Arbeitsentgelt * 63,8 % 63,3 % 64,2 % 64,2 % 59,0 % 51,3 %
gesetzliche Rente 21,2 % 21,1 % 19,2 % 19,2 % 19,1 % 17,1 %
Arbeitslosengeld 5,8 % 5,8 % 5,1 % 5,1 % 5,1 % 5,0 %
Selbstständigeneinkommen 3,4 % 3,4 % 5,7 % 5,7 % 6,3 % 9,4 %
Sozialhilfe 1,3 % 1,3 % 1,2 % 1,2 % 1,3 % 1,1 %
Pension 1,1 % 1,1 % 3,2 % 3,2 % 4,1 % 7,4 %
Betriebsrente 1,0 % 1,0 % 0,9 % 0,9 % 0,9 % 2,0 %
Bafög 0,6 % 0,6 % 0,5 % 0,5 % 0,8 % 0,7 %
Kapitaleinkommen 0,2 % 0,2 % 0,0 % 0,0 % 1,8 % 1,9 %
Einkommen aus Vermietung und Verpachtung
0,2 % 0,2 % 0,0 % 0,0 % 1,5 % 3,0 %
private Rente 0,1 % 0,1 % 0,0 % 0,0 % 0,3 % 1,1 %
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Anmerkung: * umfasst hier neben Bruttolöhnen und -gehältern auch Dienstbezüge von Beamten sowie Einkünfte aus Nebenerwerb.
44
Anteile der Einkommensarten
relevant in Reform-Szenario 3
Finanzierungsbeiträge in
Reform-Szenario 3
Be- und Entlastungen in
den Szenarien durch …
… Integration der bislang
privat Versicherten
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
Die Veränderung der Anteile der unterschiedlichen Einkommensarten ist insbesondere für
Reform-Szenario3vonRelevanz,indemderMittelbedarffastausschließlichübereinkommensab-
hängigeBeiträgefinanziertwird.ImVordergrundstehthierbeidieFrage,inwelchemAusmaßes
imReform-Szenario3gelingt,überdieAusweitungdergenerellenBeitragspflichtaufweitereEin-
kommensartendieEinnahmebasisstrukturellzuverbreitern.DemgegenüberwirdindenReform-
Szenarien1und2daraufverzichtet,weiterebislangnichtbeitragspflichtigeEinnahmenexplizit
einzubeziehen;stattdessengeschiehtdiesimplizitdurcheineAusweitungderSteuerfinanzierung,
dadiezuversteuerndenEinkommenumfassenderdefiniertsindundauchdiebislangnichtbei-
tragspflichtigenEinnahmenüberwiegendsteuerpflichtigsind.
FürdasReform-Szenario3zeigensichdiegrößtenRückgängebeidenAnteilenderEinkommens-
artenamBeitragsaufkommenfürdasArbeitsentgelt,dessenAnteilamBeitragsaufkommenunter
60Prozentsinkt,unddengesetzlichenRenten.DieserrelativeRückgangwirdkompensiertdurch
steigende Finanzierungsanteile aus Beamtenpensionen, Selbstständigeneinkommen sowie, in
geringerem Ausmaß, aus Kapitaleinkommen sowie Einkommen aus Vermietung und Verpach-
tung. Insgesamt bleiben aber die Finanzierungsteile der bislang nicht beitragspflichtigen Ein-
nahmenimReform-SzenariomiterhöhterBeitragsbemessungsgrenzeüberschaubar.Ihrmaxima-
lerzusätzlicherFinanzierungsbeitragzeigtsichinderVarianteohneBeitragsbemessungsgrenze.
Hier zeigt sich, dass relativ höhere Finanzierungsbeiträge vor allem bei erwerbseinkommens-
bezogenen Einkommensarten entstehen (Selbstständigeneinkommen und Pensionen), während
derAnteilvonKapitaleinkommenundEinkommenausVermietungundVerpachtungselbstohne
BemessungsgrenzedieSchwellevon5Prozentnichtüberschreitet.
6.2 Finanzielle Be- und Entlastungen der Versicherten
DerVergleichderBe-undEntlastungenbezogenaufdasNettoeinkommenvonBedarfsgemein-
schaftenindenunterschiedlichenSzenarien–jeweilsgegenüberdemReferenz-SzenariodesSta-
tusquo(0-Prozent-Linie)–zeigtzunächst:DieIntegrationderheutigenprivatVersichertenführt
indenuntersuchtenReform-SzenarienganzüberwiegendnichtzuEntlastungen(Abbildung3).
StattdessenkommtesindenReform-Szenarien1und3ausschließlichzuBelastungenaufEbene
der Bedarfsgemeinschaften, in Reform-Szenario 2 werden lediglich Bedarfsgemeinschaften mit
Jahresnettoeinkommenvonunter24.000Euroentlastet.
EinewesentlicheErklärunghierfürliefertdieVeränderungdesMittelbedarfsinfolgederIntegra-
tionderbislangprivatVersicherten,wiesiefürdiehieruntersuchtenReform-Szenarienermittelt
wurde.DemnachergebensichausdenSOEP-DatenrelativähnlicheHäufigkeitenderInanspruch-
nahmevonambulantenundstationärenBehandlungsleistungenderprivatVersicherten.Bewertet
mit„GKV-Preisen“liegendiePro-Kopf-AusgabenfürPKV-Versichertesogarleichtüberdenender
gesetzlichVersicherten(vgl.Kapitel4.2).EinsolchesErgebniswidersprichtnichtderThese,dass
privatVersichertedurcheinegeringeredurchschnittlicheMorbiditätgekennzeichnetsind,denn
45
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
ausschlaggebendisthierausschließlichdieInanspruchnahmehäufigkeit,diebeigleicherMorbidi-
tätdurchausvariierenkann.DabeiwurdeindenSimulationsrechnungenunterstellt,dassdiebis-
langprivatVersichertenimUmstellungsjahrmitderselbenHäufigkeitambulanteundstationäre
LeistungeninAnspruchnehmen.
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Abbildung 3: Veränderung des Nettoeinkommens von Bedarfsgemeinschaften in den Reform-Szenarien nach Einkommensklasse
–10%
–8%
–6%
–4%
–2%
0%
2%
4%Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - ohne BBG
Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - BBG: 5.500 €
Reformszenario 2 - „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reformszenario 1 - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenzszenario - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
≥78.000 €72.000– <78.000 €
66.000– <72.000 €
60.000– <66.000 €
54.000– <60.000 €
48.000– <54.000 €
42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
0%
5%
10%
15%
20%Anteil an den Bedarfsgemeinschaften
≥78.000 €72.000– <78.000 €
66.000– <72.000 €
60.000– <66.000 €
54.000– <60.000 €
48.000– <54.000 €
42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – ohne BBG
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – BBG: 5.500 €
Reform-Szenario 2 – „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reform-Szenario 1 – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenz-Szenario – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
Anteil der Einkommensklassen in Prozent
Veränderung ggn. bisherigem Nettoeinkommen
Anmerkung: BBG = Beitragsbemessungsgrenze
46
… Erhöhung des
Mittelbedarfs
… von privat Versicherten
zu zahlende PKV-Prämien
Unterschiedliche
Belastungsniveaus durch …
… „exogenisierte“
Entlastungen
… Erhöhung der
Steueranteile
Paritätische Finanzierung
ersetzt durch …
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
Hinzukommt,dassderMittelbedarffüralleReform-Szenarienumrund6,3MilliardenEuroerhöht
wurde,umdasHonorarvolumenfürambulanteärztlicheLeistungenkonstantzuhalten(vgl.Kapi-
tel4.3).IndenSzenarieneinerintegriertenKrankenversicherungsinkenzwardiePro-Kopf-Aus-
gabenfürdieehemalsprivatVersichertendeutlich,fürdiewesentlichgrößereGruppederbislang
gesetzlich Versicherten erhöht sich durch die Kompensation möglicher Honorarverluste in der
ambulantenärztlichenVersorgungdasAusgabenniveaujedochum3,2Prozent.
EinenweiterenbedeutendenEinflussaufdasGesamtniveauderBe-oderEntlastungswirkungen
indenReform-SzenarienhatschließlichdieHöhederimReferenz-SzenariovondenprivatVer-
sichertenzuzahlendenPKV-Prämien.JehöherdiesePrämiensind,destowahrscheinlichersind
ceterisparibusdieEntlastungswirkungenindenReform-Szenarien.Mangelseinerrepräsentati-
venStatistikzurHöhevonPKV-BestandsprämiendifferenziertnachAlterundGeschlechtistes,
imGegensatzzudemGrosderanderen,fürdievorliegendeStudieausdemSOEPgenutztenDaten
nur sehr beschränkt möglich, die Eigenangaben der SOEP-Haushalte zur Höhe der von ihnen
gezahltenPKV-Prämienzuplausibilisieren.AndieserStelleenthaltendieBerechnungsergebnisse
zudenVerteilungswirkungeneineentsprechendgrößereUnsicherheit.
Die Annahmen zum Mittelbedarf und das unterstellte Ausgangsniveau der PKV-Prämien wir-
ken gleichgerichtet auf die Belastungsniveaus in den Reform-Szenarien. Die Unterschiede der
Belastungsniveaus zwischen den Szenarien sind somit auf anderweitige Erklärungsfaktoren
zurückzuführen. Ursächlich sind hierbei vor allem die o.a. unterschiedlichen „exogenisierten“
Entlastungen. ImReform-Szenario3müssendieMitgliederdenWegfalldessteuerfinanzierten
Bundeszuschusses in Höhe von 15,5 Milliarden Euro im Status quo durch Beitragszahlungen
kompensieren.GleichzeitigfallendurchdieDominanzdereinkommensabhängigenBeiträgeals
FinanzierungsäuledieBeitragszuschüssedurchDrittewesentlichhöherausalsindenanderen
Reform-Szenarien(vgl.Abbildung2).IndenSzenarienmitZusatzbeiträgenundstarkerhöhten
SteueranteilensinkendagegendieFinanzierungsbeiträgedurchDritte inFormvonBeitragszu-
schüssenrelativstark.GleichzeitigführtdieErhöhungderSteueranteilehierunmittelbarzueiner
MehrbelastungderVersichertendurcheinen„Gesundheits-Soli“.Somit lässtsichinderobigen
Darstellung (Abbildung2)derSteueranteilhinsichtlichseinerBelastungswirkungdemMitglie-
deranteilhinzurechnen.27
Es ist dann offensichtlich, warum die Belastungswirkungen für die Bedarfsgemeinschaften im
Reform-Szenario3merklichgeringerausfallenalsindenanderenReform-Szenarien(Abbildung3).
Während imReform-Szenario3mitderKonzentrationauf einkommensabhängigeBeiträgedie
paritätische Teilung der Finanzierungszahllasten ausgeweitet wird, nimmt die Bedeutung der
paritätischenFinanzierung indenanderenReform-Szenariendeutlich ab.Diesewirddort teil-
weiseersetztdurcheineSteuerfinanzierung(Reform-Szenario2)bzw.durchvondenMitgliedern
27 Hierbeiistzuberücksichtigen,dassdieMehrbelastungenderHaushaltebzw.BedarfsgemeinschaftennurdurchdenSteueran-teilentsteht,dergegenüberdemReferenz-SzenariodesStatusquozusätzlichdurchden„Gesundheits-Soli“aufgebrachtwird.DiedargestelltenSteueranteiledeserweitertenReferenz-SzenariosundderReform-Szenarien1und2enthaltenauchdenbe-reitsimStatusquogezahltenSteuerzuschussinHöhevon15,5MilliardenEuro.
47
… Steuerfinanzierung
bzw. Zusatzbeiträge
Belastungsniveaus
abhängig von
Szenarienentwicklung
Höhere Belastung bei
steigender Steuerfinanzierung
Effekt der Integration
bislang privat Versicherter
Vergleich der
Belastungsquoten
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
zutragendeZusatzbeiträge(Reform-Szenario1).ZwarbestehtfürdieZusatzbeiträgeimRahmen
desSozialausgleichsebenfallsAnspruchaufBeitragszuschüsse,diehierfürerforderlichenSteuer-
mittelmüssenaber–ebensowiedieerhöhteSteuerfinanzierungimReform-Szenario2–vonden
Versichertenvia„Gesundheits-Soli“selbstaufgebrachtwerden.
FüreineBewertungdieserUnterschiedeistjedochzubeachten,dassdashöhereBelastungsniveau
indenReform-Szenarien1und2keineunabänderlicheEigenheitderfürdieseSzenarienzentra-
lenReform-Elemente(ZusatzbeiträgemitSozialausgleich,erhöhterSteuerzuschuss)ist,sondern
hiervorallemFolgedergewähltenSzenarienentwicklung.DieSimulationeines „Gesundheits-
Soli“zurAufbringungzusätzlicherSteuermittelwurdegewählt,umMehrbelastungenimRahmen
deraufHaushaltsdatendesSOEPgestütztenBerechnungensichtbarundvergleichbarzumachen.
Vorstellbaristaberebenso,dassdiefüreinenSozialausgleichoderdeutlicherhöhtenBundeszu-
schusserforderlichenSteuermittelnicht ausschließlichdurcheine zusätzlichedirekteBesteue-
rungvonPersonenbzw.Haushaltenaufgebrachtwerden.AlseinÄquivalentzuBeitragszuschüs-
senvonArbeitgebernkönntebeispielsweiseaucheinzusätzlichesAufkommenanKapital-oder
Unternehmensteuernerwogenwerden.28 In früherenStudienüber eineverstärkteSteuerfinan-
zierunginderSozialversicherungwurdeetwa–insbesonderemitBlickaufmöglicheBeschäfti-
gungseffekte–eineTeilfinanzierungausdemMehrwertsteueraufkommenbetrachtet(vgl.Mein-
hardtundZwiener2005).
Ein zweites zentrales Ergebnis des Vergleichs der Verteilungswirkungen ist, dass der Grad der
Progressivität der Belastungswirkungen mit steigendem Anteil der Steuerfinanzierung deutlich
zunimmt.FürdaserweiterteReferenz-SzenariounddasReform-Szenario1mitBundeszuschuss
undSteuerfinanzierungdesSozialausgleichs,vorallemaberfürdasReform-Szenario2mitdeutlich
erhöhtemBundeszuschussergebensichnahezustriktprogressivverlaufendeBelastungsverläufe.
DerVergleichmitdemerweitertenReferenz-SzenariozeigtfürdasReform-Szenario1denEffekt
derIntegrationderbislangprivatVersicherten:DiesewerdenimDurchschnittumsostärkerbelas-
tet,jehöherihrJahresnettoeinkommenist.IhreIntegrationimReform-Szenario1führtdazu,dass
die Belastungswirkungen für die Bedarfsgemeinschaften insgesamt über nahezu alle Einkom-
mensklassenzunehmendgrößersindalsvorderIntegrationimerweitertenReferenz-Szenario.
ImUnterschiedzudenanderenReform-SzenarienbleibendieBelastungswirkungenimReform-
Szenario 3 ohne Steuerfinanzierung bis zu Jahresnettoeinkommen unterhalb von 42.000 Euro
etwa ingleicherHöhe; selbstbei sehrhohen JahresnettoeinkommenundohneBeitragsbemes-
sungsgrenzesteigendieBelastungendann inderSpitzeaufmaximal4Prozent.29 ImReform-
Szenario1miteinkommensunabhängigenZusatzbeiträgen,abereinkommensabhängigemsteu-
erfinanziertemSozialausgleicherreichendieBelastungendagegenmaximal6,3Prozentundim
Reform-Szenario2mitDrittel-Steuerfinanzierungknapp10Prozent.
28 SosiehtdasSPD-KonzeptfüreineBürgerversicherungzur„Gegenfinanzierung“eineswachsendenSteuerzuschusseseineEr-höhungderAbgeltungsteuervor.
29 DieProzentwertebezeichnenjeweilsdieDurchschnittsbelastungeninnerhalbeinerEinkommenskategorie.
48
Verteilung der nicht
beitragspflichtigen
Einnahmen
Reform-Szenario 3:
Einkommensgruppen
oberhalb der BBG
Anteil der Beiträge auf
andere Einkommensarten
Differenzierung nach
Beitragszahler-Einheiten
Belastungen bei Angestellten
und Arbeitern …
… in Reform-Szenario 1
… in Reform-Szenario 2
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
EineErklärungdafür,warumselbst imReform-Szenario3ohneBeitragsbemessungsgrenzedie
BelastungauchderhöherenEinkommensgruppenimDurchschnittunterdenenindenanderen
Reform-Szenarienbleibt,liegtinderVerteilungderbislangnichtbeitragspflichtigenEinnahmen.
InderVariantemiterhöhterBeitragsbemessungsgrenzeerreichteinTeilderBeitragszahlermit
ihrenbislangschonbeitragspflichtigenEinnahmendieseGrenze,sodasskeineBeiträgeausbis-
langnichtbeitragspflichtigenEinkommensartenzuzahlensind.ZahlreicheVersicherte,diemit
ihren bislang schon beitragspflichtigen Einnahmen die Beitragsbemessungsgrenze nicht errei-
chen,verfügenüberkeineweiterenEinkommensarten.
DiesbezüglicheAuswertungenderSOEP-Datenergeben,dasszwarimMittelüberalleBedarfsge-
meinschaftenschätzungsweisenur6ProzentderPersonenbereitsmitihremArbeitsentgeltdie
erhöhteBeitragsbemessungsgrenzeimReform-Szenario3erreichen;indenoberenEinkommens-
gruppenistderAnteildieserPersonenaberdeutlichhöher,nämlich10,3ProzentbeiJahresnetto-
einkommenvon54.000Eurobisunter72.000Euround22,6ProzentbeiJahresnettoeinkommen
über72.000Euro.DarüberhinausverfügtknappdieHälfte(48,7Prozent)allerPersoneninden
BedarfsgemeinschaftenüberkeineEinkommensarten,die imReform-Szenario3zusätzlichbei-
tragspflichtigwerden(d.h.keineKapitaleinkommen,EinkommenausVermietungundVerpach-
tungoderprivateRenten).ImErgebniszahlensomitimReform-Szenario3rund45Prozent(bei
erhöhter Beitragsbemessungsgrenze) bzw. rund 51 Prozent (ohne Beitragsbemessungsgrenze)
derPersonenBeiträgeauszusätzlichbeitragspflichtigenEinkommensarten.
EindifferenziertesBildderBe-undEntlastungenergibtsichbeiBetrachtungunterschiedlicher
sozioökonomischerGruppen.ZudiesemZweckmussdiedenBedarfsgemeinschaftenuntergeord-
neteBetrachtungsebenederBeitragszahler-Einheitengewähltwerden,weilBedarfsgemeinschaf-
tenbzw.HaushaltemitmehrerenEinkommensbeziehern inderRealitäthäufignichteindeutig
einersozioökonomischenGruppezugeordnetwerdenkönnen.30
FürdieGruppederAngestellten und ArbeiterunterdenbeitragszahlendenMitgliedernzeigt
sichFolgendes(Abbildung4):
• DieBelastungswirkungenfallenindenSzenarienmiteinkommensunabhängigenZusatzbei-
trägenundSozialausgleichdeutlichwenigerprogressivaus.WährendaufEbenederBedarfs-
gemeinschaften das Belastungsspektrum im Reform-Szenario 1 von nahe 0 Prozent in der
unterstenEinkommenskategoriebisüber6Prozentinderhöchstenreicht,verringertsichdas
SpektrumbeiAngestelltenundArbeiternvon3Prozent,diebereitsinderunterstenEinkom-
menskategorieerreichtwerden,biscirca5ProzentinderhöchstenEinkommenskategorie.
• DemgegenüberbleibtderprogressiveBelastungsverlaufimReform-Szenario2grundsätzlich
erhalten,wennauchetwasgestaucht.Auffälligist,dasses–andersalsbeidenBedarfsgemein-
30 Vgl.zudemdiemethodischenErläuterungenzurAnalysederVerteilungswirkungendifferenziertnachsozioökonomischenMerkmaleninKapitel3.AufgrundteilweisegeringerBesetzungsstärkeninhöherenEinkommensbereichenausgewählterso-zioökonomischerGruppenwurdennachfolgendEinkommensgruppenamoberenEndezusammengefasst.
49
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
schaften–hinsichtlichderAngestelltenundArbeiterimReform-Szenario2auchindenunte-
renEinkommenskategorienzukeinerdurchschnittlichenEntlastungkommt.IndiesemSze-
nariostehtderEntlastungdurcheinengeringerenBeitragssatzeinezusätzlichesteuerliche
Belastunginfolgedes„Gesundheits-Soli“gegenüber.InsoweitAngestellteundArbeitnehmer
nursehrgeringeEinkommenhaben,zahlensieüblicherweiseauchnurgeringeodergarkeine
Steuern(Grundfreibetrag).AllerdingsbefindensichunterdenAngestelltenundArbeiternmit
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Abbildung 4: Veränderung des Nettoeinkommens von Angestellten und Arbei-tern (Beitragszahler-Einheiten) in den Reform-Szenarien nach Einkommensklasse
–8%
–7%
–6%
–5%
–4%
–3%
–2%
–1%
0%
1%
2%Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - ohne BBG
Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - BBG: 5.500 €
Reformszenario 2 - „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reformszenario 1 - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenzszenario - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
≥72.000 €66.000– <72.000 €
60.000– <66.000 €
54.000– <60.000 €
48.000– <54.000 €
42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
0%
5%
10%
15%
20%Anteil an den Bedarfsgemeinschaften
≥72.000 €66.000– <72.000 €
60.000– <66.000 €
54.000– <60.000 €
48.000– <54.000 €
42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – ohne BBG
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – BBG: 5.500 €
Reform-Szenario 2 – „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reform-Szenario 1 – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenz-Szenario – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
Anteil der Einkommensklassen in Prozent
Veränderung ggn. bisherigem Nettoeinkommen
Anmerkung: BBG = Beitragsbemessungsgrenze
50
… in Reform-Szenario 3
Belastungswirkungen
auf Ruheständler
Be- und Entlastungs-
wirkungen auf die
Versicherten
Belastungen für
Arbeitnehmer im
Referenz-Szenario …
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
sehrgeringenVerdienstenauchzahlreiche,diesteuerlichzusammenmitihren(ofthöhereEin-
kommenerzielenden)Ehepartnernzusammenveranlagtwerden. Ihnenwirddaher rechne-
rischaucheinTeildergemeinsamenSteuerbelastungzugeordnet.
• AndersalsaufEbenederBedarfsgemeinschaftenzeigtsichimReform-Szenario3fürAnge-
stellteundArbeitereinstärkerprogressiverBelastungsverlaufmitdurchschnittlichgeringen
Entlastungenum1Prozent indenEinkommensgruppenunter30.000Euro Jahresnettoein-
kommenundähnlicherBelastungindenoberenEinkommensbereichen.
FürdieGruppederRuheständler(Rentner,Pensionäre)zeigtsichhingegendierelativstärkste
BelastungimReform-Szenario3inderVarianteohneBeitragsbemessungsgrenze,insbesondere
indenstarkbesetztenunterenEinkommensgruppen(Abbildung5).Etwavergleichbareundnur
leichtprogressivverlaufendeBelastungenergebensichimReform-Szenario1mitZusatzbeiträgen
undReform-Szenario3miterhöhterBeitragsbemessungsgrenze.ImUnterschiedzudiesenSze-
narienkommtesimReform-Szenario2mitstarkerhöhterSteuerfinanzierungzuteilweisedeutli-
chenEntlastungenderRuheständlerüberdenGroßteilderindieserGrupperelevantenEinkom-
mensbereichebis30.000EuroNettojahreseinkommen.Diesdürfteunteranderemaufdiegenerell
geringereSteuerbelastungvonRentenzahlungenzurückzuführensein.31
DieBe-undEntlastungswirkungenaufdieVersichertenindenverschiedenenSzenarienlassen
sichschließlichauchanhandderVeränderungderGesamtbelastungderEinkommendurchSteu-
ernundSozialabgabenvergleichen.BetrachtetwirdhierfürlediglichdieGruppederArbeitneh-
mer(Beitragszahler-Einheiten),weilsoinsbesonderebeiderSteuerveranlagungvoneinergröße-
renHomogenitätausgegangenwerdenkannalsfürdieBedarfsgemeinschafteninsgesamt,diez.B.
auchdieRuheständlerumfassen.
ImReferenz-SzenariodesStatusquoergebensichaufBasisderSOEP-BerechnungenBelastungen
durchSteuernundSozialabgabenfürArbeitnehmermitNettojahreseinkommenunter12.000Euro
vondurchschnittlich22,5ProzentihrerBruttoeinkommen32(Abbildung6).DieseBelastungsquote
steigtimEinkommensbereichbis24.000Euronettojährlichstarkanundüberschreitetdie30-Pro-
zent-Schwelle.DerAnstiegderBelastungsquoteschwächtsichindendarüberliegendenEinkom-
mensbereichenab.DieSchwellevondurchschnittlich35ProzentwirderstabJahresnettoeinkom-
menab60.000Euroüberschritten.33
31 ImZugedesÜbergangszurnachgelagertenBesteuerungwerdenEinkünfteausRentenzwarinvollerHöhederEinkommen-steuer(abzüglichFreibeträge)unterworfen,diesabererstabdemJahr2040.BisdahingilteineÜbergangsregelungmitjähr-lichsteigendemBesteuerungsanteil.Gemäߧ22EinkommensteuergesetzbetrugdieserBesteuerungsanteil60ProzentbeiRentenbeginnimReferenzjahr2010.FürdieMassederRentenbeziehermitRentenbeginnvordemJahr2010lagderBesteue-rungsanteiljedochz.T.deutlichniedriger.
32 DieBruttoeinkommenentsprechenderimSOEPausgewiesenenVariable„HaushaltseinkommenvorSteuernundSozialabga-ben“zuzüglichstaatlicherTransferzahlungen(„publictransfers“)undgesetzlicherRenten(„socialsecuritypensions“).
33 DenhierermitteltenBelastungsquotenliegenempirischeDatenzugrunde;siesindnichtzuverwechselnmitdenErgebnis-senreinerLohnsteuerberechnungenoderVerläufendesEinkommensteuertarifs(Grenz-bzw.Durchschnittsbelastung),dieüblicherweisedeutlichhöhereBelastungsquotenergeben.FürdietatsächlichzuzahlendeEinkommensteueristeineReiheweiterer,belastungsmindernderFaktorenrelevant(z.B.Werbungskosten,Sonderausgaben,Vorsorgeaufwendungen,Kinder-freibeträge).
51
… im Reform-Szenario 3
… in Reform-Szenarien
1 und 2
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
EntsprechenddenobendargestelltenVerteilungswirkungen(Abbildung4)sinktdieGesamtbelas-
tungfürArbeitnehmerlediglichimReform-Szenario3geringfügigimEinkommensbereichunter
30.000EuroJahresnettoeinkommen.InallenanderenFällenkommtesimVergleichzumStatus
quozueiner teilweisedeutlichenErhöhungderBelastungsquote,undzwarnahezukontinuier-
lichmitsteigendemNettoeinkommen.DabeiistderAnstiegindenReform-Szenarien1und2mit
einerstärkeren(direktenoderindirekten)SteuerfinanzierunggrößeralsimReform-Szenario3.
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Abbildung 5: Veränderung des Nettoeinkommens von Ruheständlern (Beitrags-zahler-Einheiten) in den Reform-Szenarien nach Einkommensklasse
–4%
–3%
–2%
–1%
0%
1%
2%
3%
4%Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - ohne BBG
Reformszenario 3 - „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ - BBG: 5.500 €
Reformszenario 2 - „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reformszenario 1 - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenzszenario - „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
≥48.000 €42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000–<18.000 €
6.000– <12.000 €
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%Anteil an den Bedarfsgemeinschaften
≥48.000 €42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – ohne BBG
Reform-Szenario 3 – „Beitragspflicht auf andere Einkommen“ – BBG: 5.500 €
Reform-Szenario 2 – „Drittelfinanzierung durch Steuern“
Reform-Szenario 1 – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
erweitertes Referenz-Szenario – „Drittelfinanzierung durch Zusatzbeiträge“
Anteil der Einkommensklassen in Prozent
Veränderung ggn. bisherigem Nettoeinkommen
Anmerkung: BBG = Beitragsbemessungsgrenze
52
Vergleich der Gesamt-
belastung in den Szenarien
Vergleich der Szenarien anhand der Verteilungswirkungen
WährenddortinderVarianteohneBeitragsbemessungsgrenzedieBelastungsquotebeiJahresnet-
toeinkommenvonüber72.000EuroihrenHöchstwertmitdurchschnittlich38ProzentderBrut-
toeinkommenerreicht,überschreitetdieBelastungsquoteimReform-Szenario2bereitsabJahres-
nettoeinkommenab66.000Eurodie40-Prozent-Schwelle.
FüreineBewertungderVeränderungenderGesamtbelastunggiltwiederumzubeachten,dass
die Unterschiede wesentlich auf die Art der Szenariengestaltung zurückzuführen ist. So fallen
imReform-Szenario1,vorallemaberimReform-Szenario2diemitderausgeweitetenFinanzie-
rungssäule(Steuern)verbundenenMehrbelastungeninFormdes„Gesundheits-Soli“vollständig
beidenVersichertenan.DemgegenüberteilensichdieBeitragszahlerimReform-Szenario3die
MehrbelastungenderausgeweitetenBeitragsfinanzierungzumTeilmitArbeitgebernundKosten-
trägern,dieBeitragszuschüsseleisten.EskönntenaberzurAufbringungderzusätzlicherforderli-
chenSteuermittelindenReform-Szenarien1und2prinzipiellauchanderealspersonenbezogene
Steuerartenherangezogenwerden.Zudemsind–zumindestlängerfristig–höhereFinanzierungs-
anteilevonArbeitgebernundanderenKostenträgernfürdieVersichertennicht„kostenlos“.
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis von Daten des SOEP
Abbildung 6: Gesamtbelastung der Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer (Beitragszahler-Einheiten) durch Steuern und Sozialabgaben
20%
25%
30%
35%
40%
45%Reformszenario 3 - BBG: Aufhebung der BBG
Reformszenario 3 - BBG: 5.500 €
Reformszenario 2
Reformszenario 1
Erweitertes Referenzszenario
Referenzszenario
≥72.000 €66.000– <72.000 €
60.000– <66.000 €
54.000– <60.000 €
48.000– <54.000 €
42.000– <48.000 €
36.000– <42.000 €
30.000– <36.000 €
24.000– <30.000 €
18.000– <24.000 €
12.000– <18.000 €
6.000– <12.000 €
Reform-Szenario 3 – BBG: Aufhebung der BBGReform-Szenario 3 – BBG: 5.500 €Reform-Szenario 2
Reform-Szenario 1Erweitertes Referenz-SzenarioReferenz-Szenario
53
Erklärung der
Bürokratiekosten
Hohe Bürokratiekosten beim
Sozialausgleich durch …
… komplizierte Berechnungs-
verfahren etc.
Schätzung der Bürokratie-
kosten für Szenarien
Quellen der
Bürokratiekostenschätzung
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
7 Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
BürokratiekostensindKosten,diedenBürgernundderWirtschaftdadurchentstehen,dasssie
durchdenStaat zurDurchführungadministrativerTätigkeiten (z.B. demErstellen einer Lohn-
steuererklärungoderderArchivierungvonUnterlagen)verpflichtetwerden.AlsGrundlage für
Maßnahmen,dieseBelastungenfürBürgerundUnternehmenzureduzieren,werdenbeiGeset-
zesvorhaben des Bundestages Bürokratiekostenschätzungen durchgeführt. Auch bei Normset-
zungsverfahrenimGesundheitswesendurchdenGemeinsamenBundesausschusssindentspre-
chendeSchätzungenvorzunehmen.
DerimRahmendesGKV-Finanzierungsgesetzeszum1.Januar2011eingeführteSozialausgleich
warbereitsimVorfeldGegenstandintensiverKritik.InsbesonderedaskomplexeVerfahrenzwi-
schen den beitragsabführenden Stellen und den Krankenkassen sowie die vermeintlich hohen
Bürokratiekosten,diemitderDurchführungdesSozialausgleichsassoziiertwurden,riefenKritik
vonvielenSeitenhervor.Sobeklagtez.B.derBundDeutscherArbeitgeberimJahr2011imAnhö-
rungsverfahren zumGesetzesentwurf, dass dasVerfahren zumSozialausgleich zu erheblichen
BürokratiekosteninsbesondereaufgrundvonhochkompliziertenBerechnungsverfahren,mehre-
renMelde-undNachweispflichten,häufigenRückrechnungenundeinerVielzahlvonRückfragen
derBeschäftigtenundBetriebsrentnerführenwerde.AuchdieDateveGalsDienstleisterfürdie
Lohnabrechnungen,dieBundesagenturfürArbeitundderNormenkontrollratäußertenimRah-
menderAnhörungzumGesetzentwurfdieBefürchtungerheblicherBürokratiekosten.EinSach-
verständigerschätztedieBürokratiekostenaufrund250MillionenEurojährlich.DieBundesregie-
runghingegenginginihremGesetzesentwurf(BT-Drs.17/3360)vonlediglich3MillionenEuro
MehrkostenaufgrundderregelmäßigenDatenmeldungenandieKrankenkassenaus.
ImFolgendenwerdenaufBasisdermethodischenVorgabendesStatistischenBundesamteszur
ErmittlungvonBürokratielasten,denaktuellenVerfahrensvorgabenzurDurchführungdesSozi-
alausgleichsunddenindiesemGutachtenformuliertenSzenarienBürokratiekostenfürzentrale
Reform-Elementegeschätzt.
7.1 Methodisches Vorgehen
DieBürokratiekostenschätzung(BKS)stütztsichdabeiimWesentlichenauffolgendeQuellen:
• StatistischesBundesamt(2012):LeitfadenzurErmittlungundDarstellungdesErfüllungsauf-
wandsinRegelungsvorhabenderBundesregierung
• GKV-Spitzenverband,DeutscheRentenversicherungBund,BundesagenturfürArbeit(2011):
Beitrags-undmelderechtlicheAuswirkungendesSozialausgleichsnach§242bSGBV
54
Keine empirischen
Erfahrungswerte
Berücksichtigungsfähige
Kosten
Standardisierung der
Lohnkosten für
Administration
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
• GKV-Spitzenverband,DeutscheRentenversicherungBund,BundesagenturfürArbeit(2011):
GemeinsameGrundsätzezumAufbauderDatensätzefürdieÜbermittlungvonBeitragsnach-
weisendurchDatenübertragungnach§28bAbs.2SGBIVindervom1.1.2012angeltenden
Fassung
• GKV-Spitzenverband,SozialversicherungfürLandwirtschaft,ForstenundGartenbau,Deutsche
RentenversicherungKnappschaft-Bahn-See,DeutscheRentenversicherungBund,Bundesagen-
tur fürArbeit (2011):GemeinsamesRundschreiben„GemeinsamesMeldeverfahrenzurKran-
ken-,Pflege-,Renten-undArbeitslosenversicherung“vom15.7.1998inderFassungvom6.3.2013
• GKV-Spitzenverband (2011): Fragen- und Antwortenkatalog zum qualifizierten Meldedialog
aufGrundlagederGKV-MonatsmeldungunddesDatensatzesKrankenkassenmeldung
DieBürokratiekostenschätzungwurdeals„frühe“Ex-ante-Analysedurchgeführt.Angesichtsder
Tatsache,dassderSozialausgleichinseineraktuellgültigenFormbishernochnichtumfassend
durchgeführtwurde,liegennochkeineempirischenErfahrungswertevor,diealsEckpunktefür
dieBürokratiekostenschätzungdienenkönnen.
DieausdenVerfahrensbeschreibungendesSozialausgleichsresultierendenInformationspflichten
wurdenoperationalisiertundmithilfedervomStatistischenBundesamtdefiniertenStandardakti-
vitätenbeschrieben.
DieAbgrenzungderberücksichtigungsfähigen KostenfolgtdenVorgabendesStatistischenBun-
desamtes.ZudenberücksichtigungsfähigenKostenzählenimWesentlichenunmittelbarmitder
Informationspflicht imZusammenhangstehendePersonal-undSachkosten.NichtzudenBüro-
kratiekostenzählenSteuern,SozialversicherungsbeiträgeundAufwendungengemäßArtikel104a
Abs.3und4GG.IndirekteEffekte,wiez.B.kalkulatorischeKostenundsonstigeAbgaben,wer-
denebenfallsnichtberücksichtigt.Gleichesgiltfürsogenannte„Sowieso-Kosten“,d.h.Kosten,die
denNormadressatenauchohnediezusätzlicheInformationspflichtentstünden.Gemäßdenoffi-
ziellenVorgabenzumStandardkostenmodell(SKM)34sindGemeinkosten(d.h.KostenfürImmo-
bilien,Büroeinrichtung,Heizung,Kommunikationetc.)beiderKalkulationvonBürokratiekosten
inDeutschlandnichtzuberücksichtigen,obwohldiesinanderenEU-Länderndurchausüblichist.
ZurmonetärenBewertungdesArbeitsaufwandsimRahmenderInformationspflichtenwerdendie
indenAnhängendesLeitfadenszurErmittlungundDarstellungdesErfüllungsaufwandsinRege-
lungsvorhaben der Bundesregierung ausgewiesenen Lohnkosten herangezogen. Für die Schät-
zungwirddavonausgegangen,dassdieanfallendenTätigkeitenvonPersonenmiteinemmittleren
Qualifikationsniveauerledigtwerdenkönnen.DementsprichtinderWirtschaftimDurchschnitt
einStundenlohnvon30,90Euro.
34 DasStandardkostenmodell(SKM)isteinepragmatischeSchätzmethode,dieerstmaligindenNiederlandenangewandtwurdeundmitderdiedurchstaatlicheInformationspflichtenverursachtenBürokratielastengeschätztwerden.
55
Zusätzliche Bürokratiekosten
durch …
… Sozialausgleich
in Szenario 1
… Ausweitung der Beitrags-
pflicht in Szenario 3
Keine zusätzlichen Büro-
kratiekosten in Szenario 2
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
FürdiedenBürgernentstehendenErfüllungsaufwändesiehtdasKonzeptderBKSkeinemonetäre
Bewertungvor.HierwirddeshalbnurderzeitlicheAufwandausgewiesen.
7.2 Bürokratiekostenrelevante Elemente der Szenarien
DiefolgendeBürokratiekostenschätzungbeziehtsichaufdasReform-Szenario1unddasReform-
Szenario3undvergleichtdiesemitdemReferenz-SzenariodesStatusquo.
• ImReform-Szenario1entstehenzusätzlicheBürokratiekostendurchdenSozialausgleich.Im
Status quo wurden zwar bereits einige zusätzliche Meldepflichten für den Sozialausgleich
umgesetzt, der Ausgleich selbst wurde jedoch bisher nicht durchgeführt, weil der durch-
schnittlicheZusatzbeitragaufnullfestgelegtwurde.ImReform-Szenario1wirdhingegenvon
einemdeutlicherhöhtenFinanzierungsanteildereinkommensunabhängigerhobenenZusatz-
beiträgesowievonderErweiterungdesVersichertenkreisesumdiebislangprivatVersicher-
tenausgegangen.DieBerechnungenfürdasReform-Szenario1ergabeneinfinanziellesVolu-
mendesSozialausgleichsvon23MilliardenEuroundeinenAnteilvonfast60Prozentder
Mitglieder,dieeinenAnspruchaufSozialausgleichhaben(vgl.Kapitel5.3).
• Im Reform-Szenario 3 entstehen zusätzliche Bürokratiekosten bei der Beitragsbemessung
infolge der Ausweitung der generellen Beitragspflicht auf weitere Einkommensarten. Kon-
kretistmiteinemerhöhtenAufwandfürdieEinkommensprüfungimRahmenderBeitrags-
festsetzungzurechnen.ZudemfälltdiesererhöhteAufwandbeieinerhöherenAnzahlvon
Mitgliedernan,weilderVersichertenkreisumdiebislangprivatVersichertenerweitertwird.
Schließlichistdavonauszugehen,dassdieprivatVersichertenüberproportionalhäufigsolche
Einnahmenbeziehen,dieimReform-Szenario3zusätzlichbeitragspflichtigwerden.Einkom-
mensunabhängigeZusatzbeiträgewerdendagegenimReform-Szenario3nichterhoben,ein
ergänzenderSozialausgleichwirdentsprechendnichtdurchgeführt.
Für das Reform-Szenario 2 ist im Unterschied zu den beiden anderen Reform-Szenarien nicht
mitzusätzlichenBürokratiekostenineinerspürbarenGrößenordnungzurechnen.Daszentrale
Reform-ElementhieristdiedeutlicheErhöhungdesbereitsimStatusquoetabliertensteuerfinan-
zierten Bundeszuschusses. In diesem Szenario ist weder ein Sozialausgleich erforderlich, weil
keineeinkommensunabhängigenZusatzbeiträgeerhobenwerden,nocheinerhöhterAufwandbei
derEinkommensprüfung,weildieAbgrenzungderbeitragspflichtigenEinnahmenimVergleich
zumStatusquonichtgrundsätzlichausgeweitetwird.
56
Durchführung des
Sozialausgleichs
Informationspflichtige
Stellen
Zwei Hauptprozesse im
Fokus der Betrachtung
Kein Sozialausgleich in 2011
bis 2013
Eingeschränkter Melde-
dialog in 2011 und 2012
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
7.3 Ablauf des Sozialausgleichs
Maßgeblich für die Durchführung des Sozialausgleichs sind zum einen der durchschnittliche
Zusatzbeitragnach§242aSGBVundzumanderendie individuelleBelastungsgrenzegemäß
§242bAbs.1Satz1SGBVinHöhevonzweiProzentderbeitragspflichtigenEinnahmeneines
GKV-Mitglieds.EinAnspruchaufAusgleichderDifferenzausSteuermittelnentsteht,wennder
durchschnittliche Zusatzbeitrag nach § 242a SGB V zwei Prozent der beitragspflichtigen Ein-
nahmeneinesMitgliedsübersteigt,unabhängigdavon,obdieKrankenkassedesMitgliedsselbst
einenkassenindividuellenZusatzbeitragnach§242SGBVerhebtundinwelcherHöhe.Beierst-
maligerErhebungoderErhöhungeinesZusatzbeitragsistfürjedesbetroffeneKrankenkassenmit-
gliedeinSonderkündigungsrechtgemäߧ175Abs.4Satz5SGBVvorgesehen.
Für das anspruchsberechtigte Mitglied selbst läuft das Sozialausgleichsverfahren automatisch,
d.h.esmüssenkeineAnträgeaufSozialausgleichdurchdieBerechtigtengestelltwerden.35
Neue Informationspflichten entstehen hingegen für die am Verfahren beteiligten Institutionen,
insbesonderediegesetzlichenKrankenkassenunddiebeitragsabführendenStellen(Arbeitgeber,
Rentenversicherungsträger,BundesagenturfürArbeitundZahlstellenfürVersorgungsbezüge).
UmdasinseineneinzelnenRegelungsbestandteilenkomplexeVerfahrenfürdenZweckeinerBüro-
kratiekostenschätzunggreifbarerzumachen,werdenimFolgendenzweiHauptprozessebetrachtet,
anhandderersichdiewesentlichenInformations-undMeldepflichten,diemitderDurchführung
desSozialausgleichsverbundensind,zusammenfassendabbildenlassen.Dererstezubetrachtende
Hauptprozessistdereinfache,vollautomatisierteSozialausgleichbeiBeschäftigtenmiteinembei-
tragspflichtigen Einkommen. Als zweiter Hauptprozess wird die Durchführung des Sozialaus-
gleichsbeiBeschäftigtenmitmehralseinembeitragspflichtigenEinkommenuntersucht.
DieBindungdesAnspruchs auf Sozialausgleich andendurchschnittlichenZusatzbeitragnach
§242aSGBVhatzurFolge,dassfürdieJahre2011bis2013keinSozialausgleichdurchgeführt
wird.DaherlassensichvieleProbleme,diemitderUmsetzungderProzessezurDurchführung
desSozialausgleichsbereits imVorfeld erwartetwurden, bislangnicht anderPraxisüberprü-
fen.ZudensowohlvonArbeitgeberseitealsauchvonderBundesagenturfürArbeitgeäußerten
BefürchtungenzähltinsbesonderederdurchmöglicheRückfragenverursachtehoheAufwand.36
Dieserlässtsichallerdingserstermessen,wenndieProzessezumSozialausgleichdurchgeführt
werden.
FürdieJahre2011und2012wurdenaufgrunddesaufnullfestgelegtendurchschnittlichenZusatz-
beitragsMoratorienfürdieMeldeverfahrenzwischendenKrankenkassenunddenbeitragsabfüh-
rendenStellenverhängt.Zwarsinddie teilsaufwendigen technischenDetails,diedemqualifi-
35 AusgenommenvomSozialausgleichsindMitglieder,vondenengrundsätzlichkeinZusatzbeitragerhobenwird(gemäߧ242Abs.5SGBV).
36 DieBAbeziffertediesenimRahmenderAnhörungzumGKV-FinGaufetwa2.000Personentagejährlich.
57
Beschreibung des
Meldedialogs
Arbeitnehmer mit
beitragspflichtiger
Beschäftigung
Klärung des Anspruchs
auf Sozialausgleich
Durchführung des
Sozialausgleichs
Unvollständige
Durchführung des
Sozialausgleichs
Beschäftigte mit
mehreren Einkommen
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
ziertenMeldedialogzugrundeliegen,mittlerweileweitgehendimplementiert.Allerdingsläuftder
qualifizierteMeldedialognachwievornureingeschränkt.
SeitensderArbeitgeberwarenimJahr2012nurstarkreduzierteGKV-Monatsmeldungenfürdie
FällevonversicherungspflichtigerMehrfachbeschäftigungabzugeben.DieKrankenkassenmel-
detenzwarebenfallsversicherungspflichtigeMehrfachbeschäftigung,musstenallerdingskeine
InformationenzumSozialausgleichandieArbeitgebermelden.AbdemJahr2013gebendieKran-
kenkassenzusätzlichinFällenmitÜberschreitungderBeitragsbemessungsgrenzeeinemonat-
licheMeldungab,diezuvorjährlicheinmaligerfolgte.DieArbeitgebermeldenimRahmender
GKV-MonatsmeldungabdemJahr2013zusätzlichdasJahresarbeitsentgeltfürArbeitnehmerin
derGleitzonesowieergänzendeInformationenindenGKV-MeldungenfürMehrfachbeschäftigte.
Nachberechnungenkönnenerforderlichwerden,wenneszuZeitverzögerungenkommt,dadie
Krankenkassenerstrückmelden,wennalleArbeitgeberdieGKV-MonatsmeldungfüreinenMehr-
fachbeschäftigtenübermittelthaben.
Hauptprozess I
SofernArbeitnehmerüberkeineweiterenbeitragspflichtigenEinnahmennebenihremArbeitsent-
geltverfügen,sindihreArbeitgebersowohlfürdiePrüfungdesAnspruchsaufSozialausgleichals
auchfürdieDurchführungdesSozialausgleichszuständig.
ZurKlärungdesAnspruchsaufSozialausgleichprüftderArbeitgeber,obderdurchschnittliche
Zusatzbeitrag2ProzentderbeitragspflichtigenEinnahmendesArbeitnehmersübersteigt.Liegt
dieindividuelleBelastungsgrenzeunterhalbdesdurchschnittlichenZusatzbeitrags,istAnspruch
aufSozialausgleichgegeben.DerentsprechendeÜberforderungsbetragergibtsichausderDiffe-
renzdesdurchschnittlichenZusatzbeitragsundderindividuellenBelastungsgrenze.
ZurDurchführungdesSozialausgleichsbeiEinfachbeschäftigtenohneweiterebeitragspflichtige
EinnahmenwirdnachdemBerechnungsverfahrenIdereinkommensabhängigeBeitragsanteildes
Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber verringert, indem der Überforderungsbetrag abgezogen
wird.DiesergekürzteArbeitnehmerbeitragwirdvomArbeitgeberzusammenmitdemungekürz-
tenArbeitgeberanteilandieKrankenkasseüberwiesen.
FürdenFall,dassderArbeitgeberdenSozialausgleichnichtvollständigdurchVerringerungdes
Arbeitnehmeranteilsdurchführenkann,hatderArbeitnehmerdieMöglichkeit,sichaufAntrag
diezuvielgeleistetenKrankenkassenbeiträgedurchdieKrankenkassezurückerstattenzulassen.
Hauptprozess II
ImFallevonmehrerenbeitragspflichtigenEinnahmenistderArbeitnehmerverpflichtet,seinem
ArbeitgeberdieMehrfachbeschäftigungzumelden,damitdieserdieMehrfachbeschäftigungim
58
Prüfung des Anspruchs
auf Sozialausgleich
Durchführung des
Sozialausgleichs
Beitragsrückerstattungsrecht
des Arbeitgebers
Meldeverfahren und
Informationspflicht
Untersucht sind nicht
Kosten der Umstellung, …
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
RahmenderGKV-MonatsmeldungandieKrankenkassemeldenkann.ArtundHöhederweiteren
beitragspflichtigenEinnahmensindgegenüberdemArbeitgebernichtzutätigen.DerArbeitgeber
istsolangezurmonatlichenMeldungimFallevonweiterenbeitragspflichtigenEinnahmenver-
pflichtet,solangediesebestehen,auchwennkeineVeränderungeneintreten.Ebensomeldetder
ArbeitgeberderKrankenkassedasbeitragspflichtigeEinkommenausdemBeschäftigungsverhält-
nis.InsoferndieKrankenkasseKenntnisvonweiterenbeitragspflichtigenEinnahmenhat,muss
siediesedenArbeitgebernihrerseitsmelden.
Die Prüfung eines Anspruchs auf Sozialausgleich erfolgt durch die zuständige Krankenkasse.
Diese meldet nach Prüfung an alle betroffenen beitragsabführenden Stellen, ob ein Sozialaus-
gleichdurchzuführenistundnachwelchemVerfahrenderBeitragdesanspruchsberechtigtenMit-
gliedszuberechnenistbzw.wiehochdieanteiligabzuführendenBeiträgedesMitgliedssind.Von
derRückmeldungderKrankenkassehängtesab,obderArbeitgeberdenSozialausgleichnach
demBerechnungsverfahrenIoderIIdurchführt.
InderRegel führtderArbeitgeber,vondemdiehöchstenbeitragspflichtigenEinnahmenstam-
men,denSozialausgleichnachdemobenbeschriebenenBerechnungsverfahrenIdurch,während
alle übrigen Arbeitgeber das Berechnungsverfahren II anwenden und einen um zwei Prozent-
punkteerhöhtenArbeitnehmeranteilandiezuständigeKrankenkasseabführen.EineAusnahme
besteht für den Fall, dass bei mehreren beitragspflichtigen Einnahmen eine Monatsrente von
mehrals260Eurobezogenwird.IndiesemFallführtderRentenversicherungsträgerdenSozial-
ausgleichdurch.
AuchinnerhalbdeszweitenHauptprozesseshatderArbeitnehmereinBeitragsrückerstattungs-
recht,wennderArbeitgeber,derdenSozialausgleichnachdemBerechnungsverfahrenIdurch-
führt,diesennichtvollständigdurchBeitragssenkungdurchführenkann.
7.4 Bürokratiekosten im Status quo
ObgleichbiseinschließlichdemJahr2013derdurchschnittlicheZusatzbeitragaufnullEurofest-
gelegtwurdeunddaherkeinSozialausgleichdurchgeführtwird,wurdenbereitszentraleMelde-
verfahrenzwischendenKrankenkassenunddenbeitragsabführendenStellenerweitertundInfor-
mationsprozesseimplementiert.
DieUmstellungderMeldeverfahrenhatsowohlbeidenEinzugsstellenalsauchbeidenbeitrags-
abführendenStellenzueinemhohenAufwandhinsichtlichderÄnderungder technischenVer-
fahrengeführt.DaessichhierbeiallerdingsumabgeschlosseneundeinmaligeKostenhandelt,
überderenHöhedieVermutungenstarkdivergieren,werdendieseimFolgendennichtgesondert
untersucht.
59
… sondern laufende
Kosten der folgenden
Prozesse
Geschätzter Zeitaufwand
für Einarbeitung
Zusätzliche Info-Pflicht
der Beschäftigten
Meldepflichtige Einnahmen
Meldepflicht gegenüber
allen Arbeitgebern
Geschätzter Zeitaufwand für
zusätzliche Info-Pflicht
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
IneinemerstenAbschnittwerdendielaufendenKostenderbereitsimplementiertenProzessezur
MeldungvonbeitragspflichtigenEinnahmeninFormeinererweitertenMeldungzurBeitragsbe-
messunggeschätzt.BetroffenhiervonsindinsbesondereGKV-Mitglieder,dieunselbstständigver-
sichertsindundübermehrerebeitragspflichtigeEinkommenverfügen.
IP 0: Einarbeitung in die Informationspflicht
DieStandardaktivitätIfürdie„EinarbeitungindieInformationspflicht“siehtjenachKomplexi-
täteinenZeitaufwandvon3,15bzw.120Minutenvor.MitBlickaufdieRegelungenzurDurch-
führungdesSozialausgleichswirdhiervoneinemmittlerenAufwand(15Minuten)ausgegangen.
DieHäufigkeitdieserInformationspflicht(IP)istabhängigvonderHäufigkeitderÄnderungender
SpezifikationenzumSozialausgleich.Hierwirdvon jährlicheiner relevantenÄnderungausge-
gangensowiedavon,dasssichbeicirca3,6betroffenenInstitutionenjeInstitutiondurchschnitt-
lichvierBeschäftigtefüreinenZeitraumvon15MinutenjährlichindiegeändertenInformations-
pflichteneinarbeiten.
IP 1: Meldung weiterer beitragspflichtiger Einnahmen
GrundsätzlichistjederBeschäftigtegemäߧ280Abs.1SGBIVverpflichtet,diefürdieDurch-
führungderMeldeverfahrenzwischendenbeitragsabführendenStellenunddenEinzugsstellen
erforderlichenInformationenanseine(n)Arbeitgeberzumelden.Hierzuzählenseitdem1.Januar
2012auchweiterebeitragspflichtigeEinnahmen,wobeiwederArtnochHöhederweiterenbei-
tragspflichtigenEinnahmengegenüberdenArbeitgeberngenanntwerdenmuss.FolgendeEin-
nahmenmüssengemeldetwerden:
• ArbeitsentgeltauseinerversicherungspflichtigenBeschäftigung
• RentendergesetzlichenRentenversicherung
• Versorgungsbezüge
• ArbeitseinkommenauseinernichthauptberuflichselbstständigenTätigkeit,soweitesneben
einergesetzlichenRenteoderVersorgungsbezügenerzieltwird.
• ArbeitslosengeldnachdemSGBIII
• ArbeitslosengeldIInachdemSGBII
Die genannte Meldepflicht eines unselbstständig Beschäftigten mit mehreren beitragspflichti-
genEinnahmengiltgegenüberallenbetroffenenArbeitgebern.GegenüberderzuständigenKran-
kenkasseistderbetroffeneBeschäftigteverpflichtet,aufVerlangenauchAuskunftüberArtund
DauerseinerBeschäftigungensowieüberseineArbeitgeberunddieEntgelthöhezugeben(§280
Abs.2SGBIV).
FürdievorliegendeSchätzungzumErfüllungsaufwanddurchdiebetroffenenArbeitnehmerwird
davonausgegangen,dassvonderzusätzlichenInformationspflichtallepflichtversichertenGKV-
MitgliedermitmehrerenbeitragspflichtigenEinnahmenbetroffensind.Zudemwirdangenommen,
60
Meldung aller
Beschäftigungsverhältnisse
Geschätzter Zeitaufwand für
GKV-Monatsmeldung
Prüfungspflicht der
Krankenkassen
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
dasssichkalenderjährlichimDurchschnittzweimelderelevanteÄnderungenjebetroffenesMit-
gliedergeben.DieInformationspflichtimEinzelnenumfasstdasZusammenstellendererforderli-
chenInformationensowiederenAufbereitung,dasVerfasseneinesentsprechendenAnschreibens
undschließlichdieÜbermittlungderInformationen,sodasssichunterderAnnahmeeinesmitt-
lerenSchwierigkeitsgradesnachdemStandardkostenmodelldiefolgendenZeitwertezurUmset-
zungderMeldepflichtergeben:Beirund12MillionenpflichtversichertenMitgliedernmitmehre-
renbeitragspflichtigenEinnahmenerfolgenjährlichzweiMeldungen,dieeinenZeitaufwandvon
insgesamt15MinutenjeMitgliedverursachen.InderSummeentstehtsoeinGesamtaufwandvon
etwa757TausendTagen.
IP 2: GKV-Monatsmeldung
Insofern ein Beschäftigter über mehrere beitragspflichtige Einnahmen verfügt, meldet jeder
Arbeitgeberdiesgemäߧ28aAbs.1SGBIVi.V.m.§11bDatenerfassungs-und-übermittlungs-
verordnung (DEÜV)zusammenmitdemArbeitsentgeltausderBeschäftigung imRahmender
GKV-MonatsmeldungandiezuständigeKrankenkasse.DieMeldungerfolgtinFormeinergesi-
cherten und verschlüsselten Datenübertragung grundsätzlich elektronisch. Gemäß § 28a Abs.
4a SGB IV sind im Rahmen der Meldung die Versicherungsnummer, Name und Vorname des
Beschäftigten,dieBetriebsnummerunddasbeitragspflichtigeArbeitsentgeltbiszurBeitragsbe-
messungsgrenzedergesetzlichenRentenversicherungzuübermitteln.
ImRahmendervorliegendenSchätzungwirddavonausgegangen,dassdieerforderlicheÜber-
mittlungderGKV-MonatsmeldungennachEinrichtungderMeldeprozessevollautomatischver-
läuftundsomitkeinezusätzlichenlaufendenKostenjenseitsdereinmaligenUmstellungs-und
ImplementierungskostenfürdieelektronischeDatenverarbeitungerfordert.FürdieimRahmen
derÜberprüfungderDatensowiederenEingabeentstehendenKostenwirddavonausgegangen,
dassbeieinemmittlerenSchwierigkeitsgradnachdemStandardkostenmodellproVorgangfünf
Arbeitsminuten erforderlich sind. Unter der Annahme, dass bei allen unselbstständig beschäf-
tigtenGKV-MitgliedernmitmehrerenbeitragspflichtigenEinnahmen(rund14Millionen)durch-
schnittlichzweiÄnderungenproKalenderjahranfallen,ergebensichfürdieIP2beieinemjähr-
lichenGesamtaufwandvonetwa289TausendTagengeschätzteKosten inHöhevon rund71,6
MillionenEuro.
IP 3: Prüfung und Meldung bei mehreren beitragspflichtigen Einnahmen (Krankenkassen)
DieKrankenkassenprüfenihrerseitsgemäߧ11bDEÜVdieihnenvorliegendenMeldungenzu
Mitgliedern mit mehreren beitragspflichtigen Einnahmen und melden die ihnen vorliegenden
InformationenandiebetroffenenbeitragsabführendenStellen,insoferndiesenichtbereitsinner-
halbvonsechsWochendasVorliegenderweiterenbeitragspflichtigenEinnahmenandiezustän-
digeKrankenkassegemeldethaben.Auchhierkanndavonausgegangenwerden,dassdieÜber-
61
Geschätzter Zeitaufwand für
Prüfung der Krankenkassen
Datenerhebung zur
Beitragsermittlung
Gegenstand der
Beitragsbemessung
Bürokratiekosten für
Einkommensprüfung und …
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
prüfungder InformationenbeidenKrankenkassenautomatischverläuft.GesonderterAufwand
entstehthingegendurcherforderlicheKorrekturenundRückfragensowiedieÜbermittlungkorri-
gierterDatenandiebetroffenenbeitragsabführendenStellen.
ZumZweckderSchätzungwirddavonausgegangen,dassin5ProzentallerFällederinsgesamt
rund14MillionenMitgliedermitmehrerenbeitragspflichtigenEinnahmeneineinfacherKorrek-
turbedarfimSinnedervordefiniertenStandardaktivitätenerforderlichist.Für1ProzentderFälle
wirdangenommen,dassdieKrankenkassenbeimMitgliedweitereInformationenzurKorrektur
dervorliegendenInformationenzurdenbeitragspflichtigenEinnahmeneinholenmüssen.Auch
fürdiesefallenKostenfürdieKorrekturundÜbermittlungderDatenan.Insgesamtergibtsich
hiereinjährlicherGesamtaufwandvoncirca125TausendTagen,wasGesamtkosteninHöhevon
rund31MillionenEuroentspricht.
IP 4: Einkommensprüfung zur Beitragsbemessung
ZuZweckenderBeitragsermittlungoderderÜberprüfungderZuzahlungsbefreiungsinddieKran-
kenkassenaufdieErhebungbestimmterDatenangewiesen.FürdiegesetzlichPflichtversicher-
tenwerdendieerforderlichenDatenzurBerechnungderBeitragshöheüberdieEinzugsstellefür
die Sozialversicherung vom Arbeitgeber mit den Meldungen zur Sozialversicherung nach den
§§28aff.SGBIVandieKrankenkasseübermittelt.FreiwilligversicherteMitgliedersindhingegen
verpflichtet, ihrerKrankenkasseihreEinkünftenachzuweisen,z.B.durchVorlagevonEinkom-
mensteuerbescheiden.37Beiihnenhatgemäߧ240SGBVdieBeitragsbemessungdiegesamte
wirtschaftlicheLeistungsfähigkeitzuberücksichtigen.Gemäßden„Beitragsverfahrensgrundsät-
zenSelbstzahler“,dievomGKV-Spitzenverbandeinheitlichfestgelegtwerden,sindhierbeiauch
„alleEinnahmenundGeldmittel,diefürdenLebensunterhaltverbrauchtwerdenoderverbraucht
werdenkönnen,ohneRücksichtaufihresteuerlicheBehandlung“einzubeziehen:„Einnahmenaus
VermietungundVerpachtungundEinnahmenausKapitalvermögensinddenbeitragspflichtigen
Einnahmen(bpE)nachAbzugvonWerbungskostenzuzurechnen“(GKV-Spitzenverband2011:4).
FürdieBürokratiekostenschätzungwirddavonausgegangen,dasseineumfangreicheMitteilung
derEinkünftesowieeinePrüfungderbeitragspflichtigenEinnahmenlediglichbeifreiwilligVer-
sicherten erfolgt, die hauptberuflich selbstständig tätig sind. Dies waren im Jahr 2010 gemäß
KM1-Statistikinsgesamtrund1,2MillionenGKV-Mitglieder.DerZeitaufwandfürdieMeldung
weitererEinkünftedurchdieMitgliederandieKrankenkassenentsprichtimWesentlichendenen
ausIP1.Eswirddavonausgegangen,dassdieMitgliederihreKrankenkassemonatlichüberihre
beitragspflichtigenEinnahmen informierenunddasszweimal jährlich (entwederaufgrundvon
unterjährigenÄnderungenodervonNachfragenderKrankenkassen)dieentsprechendenUnterla-
gen(i.d.R.derSteuerbescheid)dafüraufbereitetundversandtwerdenmüssen.Beieinemunter-
stelltenAufwandvon15MinutenproMitteilungandieKrankenkasseergibtsichsomiteinjährli-
37 Vgl.DerBundesbeauftragtefürdenDatenschutzunddieInformationsfreiheit:EinkommensnachweisefürdieKrankenkasse,www.bfdi.bund.de/DE/Themen/GesundheitUndSoziales/KrankenPflegeversicherung/Artikel/EinkommensnachweiseFuerKrankenkasse.html?nn=409690.
62
… Beitragsbemessung
Einflussfaktoren auf
die Bürokratiekosten
Prüfung überwiegend
automatisch
Prozedere bei mehreren
beitragspflichtigen
Einnahmen
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
cherMeldeaufwandvonrund62TausendTagen.FürdieBearbeitungvonRückfragenderKassen
(beigeschätzten5ProzentallerFälle)werdenzusätzlich15MinutenproFallveranschlagt,sodass
sicheinjährlicherzeitlicherGesamtaufwandvonknapp64TausendTagenergibt.
FürdieseMeldungenwerdendieDatenbeidenKassenzunächstaufbereitet,wobeidavonausge-
gangenwird,dassdiesgrundsätzlichmaschinellerfolgt.AnschließendwerdendieDatendurch
SachbearbeitergeprüftunddieBeitragsberechnungdurchgeführt.FürdieBürokratiekostenschät-
zungwirddavonausgegangen,dassin5ProzentallerFällezusätzlichDatenvondenMitgliedern
angefordertunddannindieBerechnungeneingearbeitetwerden.Insgesamtentstehtdadurchein
jährlicherzeitlicherAufwandvonrund60TausendTagen,wodurchBürokratiekosteninHöhevon
14,8MillionenEuroentstehen.
7.5 Bürokratiekosten im Reform-Szenario 1
ImReform-Szenario1wirdeindurchschnittlicherZusatzbeitragvon98,10Euroerhoben.Zugleich
erhöhtsichdurchdieIntegrationderPrivatversichertenderKreisderGKV-Mitgliedervon50,8
Millionenauf57,4Millionen.InderFolgeändernsichdieKostendesErfüllungsaufwands,dasich
einerseitsdieFallzahlerhöht,andererseitsdieimRahmenderMeldungenzurBeitragsbemessung
laufendenProzesseumweitereInformationspflichtenimRahmenderDurchführungdesSozial-
ausgleichsergänztwerden.
IP 5: Prüfung des Anspruchs auf Sozialausgleich
SoferneinunselbstständigBeschäftigterlediglichüberbeitragspflichtigeEinnahmenauseinem
einzigenArbeitsverhältnisverfügt,prüftderArbeitgeberdenAnspruchaufSozialausgleich.Es
wirdangenommen,dassdieserProzessderPrüfungdurchdenArbeitgeberüberwiegendauto-
matischimRahmenderBeitragsberechnungerfolgt,sodasshierfürjenseitsderUmstellungund
PflegederautomatisiertenDatenverarbeitungkeinweitererAufwanderforderlichist.
ImFallmehrererbeitragspflichtigerEinnahmeneinesMitgliedsprüftdiezuständigeKranken-
kasseanhandderihrvollständigvorliegendenInformationenzudenbeitragspflichtigenEinnah-
men,obeinSozialausgleichdurchzuführenist.IstdiesnichtderFall,musssiedieArbeitgeber
entsprechend informieren.BestehteinAnspruchaufSozialausgleich, informiertdiezuständige
KrankenkasseallebetroffenenArbeitgeberdarüberund teilt ihnenmit,welchesBerechnungs-
verfahrenjeweilszurDurchführungdesSozialausgleichsanzuwendenist(§28hAbs.2aSGBIV).
Gemäߧ242Abs.6Satz6SGBVmeldetdiezuständigeKrankenkassezudemfüralleprinzipiell
anspruchsberechtigtenMitgliederdenbeitragsabführendenStellenzudem,wennderAnspruch
auf Sozialausgleich aufgrund säumiger Zahlungen eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags
unterbrochenist.
63
Meldungen überwiegend
automatisch
Bei Kleinunternehmen auch
manuelle Durchführung
Zeitliche Verschiebungen und
Abrechnungskorrekturen
Mitteilungspflicht gemäß
§§ 28f und 242b SGB V
Vorgehen bei unvoll-
ständigem Sozialausgleich
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
AuchdieseMeldungenverlaufen imRahmendesangepasstenelektronischenDatenaustauschs
zwischendenKrankenkassenunddenbeitragsabführendenStellenautomatischundverursachen
nachvollständigerImplementierungkeinelaufendenKostenaußerdenerforderlichenPrüf-und
Wartungsroutinen.
Esistjedochdavonauszugehen,dassvorallemkleineUnternehmen(dierund88Prozentaller
UnternehmeninDeutschlandausmachen)nichtimmerübersolcheautomatisiertenSystemezur
Entgeltberechnungverfügen.FürdieBürokratiekostenschätzungwirdangenommen,dass10Pro-
zentderKleinunternehmendieBerechnungenzumSozialausgleichzumindestteilweisemanuell
durchführenmüssen.DerdabeientstehendeAufwandwirdaufjährlichrund159TausendTage
bzw.39,3MillionenEurogeschätzt.
DadiezuständigeKrankenkasseihrePrüfungerstnachVorliegendervollständigenInformatio-
nenzudemeinzelnenanspruchsberechtigtenMitgliedabschließenkann,istzuerwarten,dasses
hierbeiregelmäßigzuzeitlichenVerschiebungensowieAbrechnungskorrekturenbeiderzustän-
digenKrankenkassesowiebeidenbeitragsabführendenStellenkommenkann.Dieselassensich
allerdingsimRahmendervorliegendenSchätzungnichtmithinreichenderGenauigkeitquantifi-
zierenundbleibendaherunberücksichtigt.
DadieMitteldesSozialausgleichsvollständigausBundeszuschüssenzumGesundheitsfondszu
finanzierensind,istdenzuständigenKrankenkassenvondenbeitragsabführendenStellengemäß
§28fAbs.3bzw.§242bAbs.7SGBVimRahmenderMeldungüberdieDurchführungdesSozi-
alausgleichssowohldieHöhederBeiträgenachDurchführungalsauchdieHöhederBeiträge,die
ohneSozialausgleichfälliggewesenwären,mitzuteilen.
KannderSozialausgleichnurunvollständigerfolgen,weilderzuzahlendeZusatzbeitragnicht
vollständig durch Verringerung des monatlichen Mitgliedsbeitrags ausgeglichen werden kann,
someldetderArbeitgeberdiesimRahmenderGKV-MonatsmeldungandiezuständigeKranken-
kasse.GegenüberdemArbeitnehmerhatderArbeitgeberdieunvollständigeDurchführungdes
SozialausgleichseinmaligingeeigneterWeiseschriftlichaufdessenAntragsrechtgegenüberder
zuständigenKrankenkassehinzuweisen.DerArbeitnehmerkanndieErstattungdesausstehen-
denSozialausgleichsfüreinenZeitraumvonmindestensdreibismaximalzwölfMonatenbeisei-
nerKrankenkassebeantragen.
Prüfungen und Rückfragen in Einzelfällen können nicht Gegenstand dieser Bürokratiekosten-
schätzungsein,dabislangkeinerleiErfahrungswerteausderPraxisvorliegenunddieVermutun-
genderunterschiedlichenSeitenzuvagebzw.zuunterschiedlichsind.
64
Prozedere beim Antrag
auf Erstattung
Geschätzter Zeitaufwand
für Mitglieder und …
… Krankenkassen
Einflussfaktoren für
die Bürokratiekosten
Meldeaufwand für
Mitglieder und Kassen
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
IP 6: Antrag auf Erstattung
WeitererAufwand im laufendenProzessderDurchführungdesSozialausgleichsentsteht aller-
dingsfürdiejenigenanspruchsberechtigtenMitglieder,dievoneinerunvollständigenDurchfüh-
rungdesSozialausgleichsbetroffensind.WährendderSozialausgleichselbstohneAntragsver-
fahrenautomatischdurchgeführtwird,erfolgteineBeitragsrückerstattungdurchdiezuständigen
KrankenkassennuraufAntrag.HierzumüssendiebetroffenenMitgliederdieentsprechenden
Informationen zusammentragen, aufbereiten und in schriftlicher Form an ihre Krankenkasse
übermitteln.InsgesamtwirdhierfüreinZeitaufwandvon15MinutenjeEinzelfallgeschätzt.Die
AnzahlderBetroffenenwirdbeieinemdurchschnittlichenZusatzbeitragvon98,10Euromitrund
3,7 MillionenGKV-Mitgliedernmit unvollständigem Sozialausgleich angesetzt, sodass sich ein
jährlicherGesamtaufwandvonknapp116TausendTagenergibt.
IP 7: Beitragsrückerstattung
Auch für die Krankenkassen entstehen im Fall eines unvollständig durchgeführten Sozialaus-
gleichsweitereKosten.NebendemAbgleichundderAufbereitungderAntragsdatenmitdenen
derMeldungenderArbeitgebermüsseninjedemEinzelfallZahlungsanweisungenvorgenommen
werden.InsgesamtwirdderfallbezogeneAufwandaufzehnMinutengeschätzt,sodasssichbei
rund3,7MillionenbetroffenenMitgliederneinjährlicherGesamtaufwandvoncirca77Tausend
Tagenbzw.KosteninHöhevonrund19MillionenEuroergeben.
7.6 Bürokratiekosten im Reform-Szenario 3
ImReform-Szenario3(mitBeitragsbemessungsgrenze)erhöhtsichdieZahlderer,beideneneine
solchePrüfungerfolgt,deutlich:ZumeinensindnunauchdievormalsinderPKVVersichertenzu
berücksichtigen,zumanderenwerdennungrundsätzlichbeiallenVersichertenweitereEinkom-
mensartenzurBeitragsbemessungherangezogen.HierausentstehtfürdieMitgliedereinerhöh-
terMeldeaufwand,fürdieKasseneinerhöhterPrüfaufwand.
HinsichtlichdesMeldeaufwandswirdgeschätzt,dassalleMitgliederdenKrankenkassenihrebei-
tragspflichtigenEinkünftenachweisenmüssen. ImGegensatzzumStatusquowirdhierdavon
ausgegangen, dass die Häufigkeit unterjähriger Änderungen aufgrund des großen Anteils von
abhängigBeschäftigtengeringeristundbei1,5MeldungenproJahrundMitgliedliegt.Dadurch
entstehtbeieinergeschätztenDauervon15MinutenproFallundnunrund57,4MillionenMitglie-
derneinMeldeaufwandinHöhevonrund2,7MillionenTagen(áachtStunden).FürdieBearbei-
tungvonRückfragenderKassen(beiwiederumgeschätzten5ProzentallerFälle)werdenzusätz-
lich15MinutenproFallveranschlagt,sodasssicheinjährlicherzeitlicherGesamtaufwandvon
2,8MillionenTagenergibt.
65
Kriterien für die Prüfung
der Meldungen
Bürokratieaufwand für
Bürger und Kassen
Aufwand für Betriebs-
prüfung bei Arbeitgebern …
… Durchführung des
Sozialausgleichs und …
… Einmalzahlungen
i.S.d. § 23a Abs. 4 SGB IV
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
Bei der Prüfung dieser Meldungen wird davon ausgegangen, dass die Kassen nicht alle Fälle
detailliertprüfenmüssen.SoverfügtetwasmehralsdieHälfteallerMitgliedernebenLohn-und
Gehaltszahlungen über keine weiteren Einkommensarten oder liegt schon mit den Lohn- und
Gehaltszahlungen über der Beitragsbemessungsgrenze. Für die übrigen Mitglieder (knapp 50
Prozent)wirdaberdavonausgegangen,dassdiePrüfungenähnlichumfangreichausfallenwie
fürdiehauptberuflichSelbstständigenimReferenz-Szenario.38Dadurchergebensichinsgesamt
geschätztejährlicheBürokratiekosteninHöhevon176,9MillionenEuro.
ImVergleichwürdesichderBürokratieaufwandfürdieBeitragsbemessungaufseitenderBürger
vonknapp64TausendTagenaufrund2,8MillionenTageerhöhen.DerAufwandfürdieKassen
würdesichvonknapp60TausendTagenbzw.14,8MillionenEuroaufetwa716TausendTagebzw.
176,9MillionenEuroerhöhen.
7.7 Weitere Bürokratiekosten
Gemäߧ28pAbs.1SGBIVobliegtdieBetriebsprüfungbeidenArbeitgeberndenTrägernder
gesetzlichenRentenversicherung.DiePrüfungderBeitragszahlungenundder entsprechenden
MeldungenerfolgtmindestenseinmalinvierJahren.ImAnschlussandiePrüfungdurchdieTrä-
gerderRentenversicherungprüfendiezuständigenKrankenkassenabschließenddieordnungs-
gemäßeDurchführungdesSozialausgleichs.
Weiterer Aufwand entsteht den Krankenkassen im Rahmen ihrer Jahresabschlussrechnung, in
derenRahmendieKasseninsbesonderedieDurchführungdesSozialausgleichsbeiMehrfachbe-
schäftigtenundunstetigBeschäftigtenerneutprüfenundggf.berichtigenmüssen.
ZunachträglichenKorrektureneinesbereitsdurchgeführtenSozialausgleichskannesunterande-
rem kommen, wenn ein mehrfach beschäftigter Arbeitnehmer Einmalzahlungen im Sinne des
§23aSGBIVerhält.IndiesemFallistfürjedegewährteEinmalzahlungeineanteiligeBeitrags-
belastungsgrenzezubilden.EinmalzahlungenkönnensoinderFolge,insoferndiesenach§23a
Abs.4SGBIVdemletztenEntgeltabrechnungszeitraumzuzuordnensind,dazuführen,dassder
ArbeitgeberdenfürdasVorjahrdurchgeführtenSozialausgleichprüfenundkorrigierenmuss.
38 DiesisteinezentraleAnnahmederBürokratiekostenschätzungfürReform-Szenario3.Eineu.U.kostengünstigereAlternativekönnteeinautomatisierterDatenabgleichzwischenKrankenkassenundFinanzämternsein.AusdatenschutzrechtlichenundvordemHintergrundderbisherigenpolitischenDiskussionenerscheinteinsolcherAnsatzfürDeutschlandderzeitunrealis-tisch.
66
Bürokratiekosten im
Referenz-Szenario
Bürokratiekosten im
Reform-Szenario 1
Bürokratiekosten im
Reform-Szenario 3
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Bürokratiekostenschätzung
7.8 Zusammenfassung
InsgesamtentstehennachderhiervorgenommenenSchätzungschonimReferenz-Szenariodurch
diebestehendenMelde-undPrüfpflichtenalsGrundlagefüreinenSozialausgleichBürokratiekos-
teninHöhevonjährlichrund173MillionenEuro(Tabelle16).Davonentfallenrund127Millio-
nenEurobzw.73,6ProzentaufdieArbeitgeberundrund46MillionenEuroaufdieKrankenkas-
sen.FürdieMitgliederentstehteinmonetärnichtbewerteterMeldeaufwandinHöhevonjährlich
rund821TausendTagen.
Tabelle 16: Übersicht über die Bürokratiekosten nach Szenarien (Mio. Euro)
Mitglieder (in 1.000 Tagen)
Arbeitgeber Krankenkassen Summe Arbeitgeber/Kassen
Referenz-Szenario 821 127,2 45,7 172,9
Reform-Szenario 1 116 39,3 19,0 58,4
Reform-Szenario 3 2.779 0 176,9 176,9
Quelle: IGES Institut GmbH
ImReform-Szenario1entstehenfürdieDurchführungdesSozialausgleichsbeierweitertemVersi-
chertenkreisundrund34MillionenAnspruchsberechtigtenzusätzlicheBürokratiekosteninHöhe
vonrund58,4MillionenEuro.VondiesenwerdenknappzweiDrittelvondenArbeitgeberngetra-
gen.Hinzukommenrund116TausendTagefürdieBeantragungvonBeitragsrückerstattungen;
davonsindrund3,7MillionenMitgliederbetroffen.
ImReform-Szenario3entfallenzunächstdieBürokratiekosten,diedurchdiebestehendenMelde-
undInformationspflichtenimRahmendesSozialausgleichsbereitsheuteverursachtwerden,weil
indiesemSzenariokeineZusatzbeiträgemehrerhobenwerden(rund173MillionenEuro).Diese
EntlastungkommtvorallemdenArbeitgebernzugute.GleichzeitigentstehendenKrankenkassen
imReform-Szenario3zusätzlicheKostenfürdieBeitragsbemessung–infolgederAusweitungder
generellenBeitragspflichtaufweitereEinkommensartenundderAusweitungdesVersicherten-
kreises–ingeschätzterHöhevonrund177MillionenEuro.DenArbeitgebernentstehenhingegen
keinezusätzlichenBürokratiekosten.DamitergebensichfürdasReform-Szenario3umfangreiche
VerlagerungenderBürokratiekostenzwischenArbeitgebernundKrankenkassen,insgesamtgibt
esabereinennursehrgeringfügigenAnstiegderBürokratiekostengegenüberdemStatusquo.
DerzusätzlicheAufwandfürdieMitgliederwärejedochdeutlichhöheralsinallenanderenSze-
narien.
67
Option: Ausweitung der
Kofinanzierung aus Steuern
im KV-System
Argumente für steuer-
finanzierten Bundeszuschuss
Gegen Erosion des lohn-
zentrierten KV-Systems
Gegen Schwankungen
im Beitragsaufkommen
Einbindung von
Haushaltsmitteln
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
8 Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
DieBewertungderfiskalischenNachhaltigkeitbeziehtsichaufdieReformoption,denAnteilder
–direkten oder indirekten–Steuerfinanzierung imKrankenversicherungssystemauszuweiten
unddamitaufzentraleReform-Elemente,welchedieReform-Szenarien1und2vomReform-Sze-
nario3unterscheiden.
FürdieseBewertungwurdeimRahmendervorliegendenStudiediefolgendeKurzexpertisevon
Prof.Dr.Dr.h.c.BertRüruperstellt.
8.1 Hintergrund und Fragestellungen der Kurzexpertise
InderDiskussionumdieFinanzierungdergesetzlichenKrankenversicherung(GKV)istdiestär-
kereBezuschussungdesSystemsausSteuermittelneineseitgeraumerZeitimmerwiedervorge-
brachteReformoptionzurnachhaltigenStabilisierungderEinnahmeseite.FüreinesolcheKofi-
nanzierungdiesesSozialversicherungszweigeswerdendiefolgendenArgumenteangeführt(vgl.
insbesondereBlanketal.2011sowieRürup2007):
• Verbreiterung der Einnahmebasis:InderVerbreiterungderEinnahmebasisdurchSteuern
wirdeineAntwortgesehen,umderbeobachtbarenErosionenderFinanzierungsgrundlagen
deslohnzentriertenSozialversicherungssystems,d.h.derschwächerenEntwicklungderbei-
tragspflichtigenBruttolohn-undGehaltsummeimVergleichzumVolkseinkommen(oderauch
denzufinanzierendenAusgaben),entgegenzuwirken.Gleichzeitigimplizierteinesteuerliche
KofinanzierungeinetendenzielleEntkoppelungderGesundheitskostenvondenArbeitskos-
ten,wasvordemHintergrundderBevölkerungsalterungeinzunehmendwichtigesArgument
ist.
• Kurzfristige Einnahmestabilisierung:DurcheinesolcheMischfinanzierungwirkenSchwan-
kungenimBeitragsaufkommenalsFolgevonkonjunkturellbedingtenVeränderungenaufden
ArbeitsmarktwenigerstarkaufdiefinanzwirtschaftlicheSituationdieserSozialversicherung
durch.EinBundeszuschussermöglichtes,denBeitragssatzübereinenKonjunkturzyklushin-
wegstabilzuhalten.DarüberhinauskönnenzusätzlicheSteuernalsAnpassungspufferdie-
nen,umdieEinnahmenzustabilisieren.
• Sachgerechte Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben:DieEinbindungvonall-
gemeinen Haushaltsmitteln als dauerhafte Finanzierungsquelle ist ordnungspolitisch zu
begrüßen,wenneinerSozialversicherunggesamtgesellschaftlicheAufgabenunddamitversi-
cherungsfremdeLeistungenübertragenwurdenundsichderSteuerzuschussamAusgabenvo-
lumendiesergesellschaftlichenAufgabenorientiert.
68
Risiko der Instrumentali-
sierung der Kofinanzierung
angesichts …
… Bürgschaften für
Banken- und Staats-
schuldenkrise
… Inkrafttreten der
„Schuldenbremse“ in 2016
Stabilitätsprogramm
der Bundesregierung
als Gegenpol
Gefahr des Spielballs
politischer
Ad-hoc-Beschlüsse
Diskussion möglicher
Reform-Szenarien
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
DiesenArgumentenzugunsteneinessteuerfinanziertenBundeszuschussessteht–wiediebishe-
rigenErfahrungenzeigen–dasRisikogegenüber,dassmiteinemsteigendenVolumenderSteu-
ermitteldieEinnahmeseitederGKVzumInstrumenteiner„übergeordnetenInteressenverpflich-
tetenKonsolidierungspolitik“werdenkann.DiesesArgumentkönntemittel-undlangfristigaus
zweiGründenanGewichtgewinnen:
1. DieMaßnahmenzurBekämpfungdereuropäischenBanken-undStaatsschuldenkrisehaben
DeutschlandbislangnochkeinenEuroanSteuermittelngekostet,dennallebisherigenHilfen
warenKreditbürgschaften.MitgroßerWahrscheinlichkeitwerdenallerdingsindermittleren
FristeinigedieserBürgschaftengreifenmüssen.ZudemdürftendieGewinnabführungender
EZBundderBundesbankandiedeutscheStaatskassegeringerwerdenunddenBundeshaus-
haltwenigerentlastenalsdiesmittel-undlangfristiggeplantwarbzw.ist.
2. Ab dem Jahr 2016 wird für den Bund die am 1. August 2009 im Grundgesetz verankerte
„Schuldenbremse“scharfgestellt(Art.115GG).DieseVorschriftbesagt,dass–vonNaturkata-
strophenundschwerenRezessionenabgesehen–diestrukturelleNettoneuverschuldung,d.h.
dieumkonjunkturelleMindereinnahmenundMehrausgabenbereinigtejährlicheKreditauf-
nahme,0,35ProzentdesBruttoinlandsproduktsnichtüberschreitendarf.DadamitdieKredit-
aufnahmeals„politicalmollifier“imKampfderRessortsumSteuergelderweitgehendausfällt,
dürftendiesteuerfinanziertenBundeszuschüsseandieSozialversicherungendeutlichmehr
alsinderVergangenheitzumObjektderpolitischenBegehrlichkeitwerden.
DiesenRisikenstehtfreilichdasvomBundeskabinettbeschlosseneundandieEU-Kommission
inBrüsselweitergeleitetejüngsteStabilitätsprogrammderBundesregierungentgegen.NachMaß-
gabediesesDokumentssollderBundeshaushaltabdemJahr2014ausgeglichenseinundinden
Jahren2016und2017solleinzumAbbauderStaatsverschuldungzurVerfügungstehenderÜber-
schussinHöhevon0,5ProzentdesBruttoinlandsproduktserwirtschaftetwerden.DieSchulden-
standquotesollbiszumJahr2017vonderzeit80,5ProzentinRelationzumBruttoinlandsprodukt
auf69Prozentzurückgegangensein.39
Ungeachtetdessenistdavonauszugehen,dassauchdieArtundWeise,wiediesteuerlicheKofi-
nanzierungderSozialversicherungausgestaltetundbemessenwird,mitdarüberentscheiden,ob
undinwelchemMaßedieSteuerzuschüsse–zulastenderBeitragsentwicklung–derGefahraus-
gesetztsind,einSpielballpolitischerAd-hoc-Beschlüssezuseinbzw.zuwerden.Dahersoll im
RahmendieserKurzexpertiseeingeschätztwerden,obdievomGesetzgebervorgeseheneBemes-
sung (und Fortschreibung) der Steuerfinanzierung der GKV, aber auch eine mögliche darüber
hinausgehendeAusweitungderSteuerfinanzierung imRahmeneinergrundlegendenFinanzie-
rungsreform,imInteresseeinernachhaltigenFinanzierungeinenausreichendenBeitragfürdie
KontinuitätundVerlässlichkeitderFinanzierungdiesesSystems leistenkann.Ausgehendvom
gegenwärtigenRechtsrahmenwirddiskutiert,obmöglicheReform-Szenarienaufeinemadäqua-
39 SiehehierzuauchDIW-Wochenbericht(16/2013):ÖffentlicheFinanzen:ÜberschüsseundRisiken.
69
Frühere Finanzierung
der GKV-Ausgaben
Erstmaliger Bundeszuschuss
in 2004
Entwicklung des
Bundeszuschusses seit 2007
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
teninstitutionellenRegimefüreinenachhaltigeSteuerfinanzierungaufsetzenkönnen.Sofernein
etwaigerReformbedarfdesgegenwärtigenRegimesidentifiziertwird,werdenMöglichkeitendis-
kutiertundaufgezeigt,wiedieStabilitätundVerlässlichkeiteinersteuerlichenKofinanzierung
namentlichdesSystemsderGKVerhöhtwerdenkann.
8.2 Steuerfinanzierung der GKV – bislang eine Achterbahnfahrt
DieAusgabenderGKVwurdenimVergleichzurgesetzlichenRenten-undArbeitslosenversiche-
rungbisvorgutzehnJahrenausschließlichausBeiträgenderMitgliederfinanziert.DieBemes-
sungdesBundeszuschussesunddie(durchwegdiskretionären)FestlegungenseitensdesGesetz-
gebersgleicheninderVergangenheitjedocheinerAchterbahnfahrt(vgl.zuFolgendemu.a.Steffen
2012).
ImJahr2004erhieltendieKrankenkassenzurpauschalenAbgeltunggesellschaftlicherLeistun-
generstmalseinenBundeszuschussinHöhevon1MilliardeEuro,dergemäßdenBestimmungen
des„GesetzeszurModernisierungdergesetzlichenKrankenversicherung“(GMG)biszumJahr
2006auf4,2MilliardenEuroanwuchs(Abbildung7).DieserBundeszuschusswurdejedochvom
Gesetzgeber–andersalsvielfachfälschlicherweiseinderPressekolportiert40–wedermiteiner
klardefiniertenZweckbindungderMittelodereinerentsprechendensachgerechtenBemessung
andiesenAusgaben,dieausdenvonderPolitikalsversicherungsfremdeLeistungenerachteten
Aufgabenerwachsen,nochmiteinerkonkreten,anbestimmtenKriterienorientiertenFortschrei-
bungsmodalitätverknüpft.DieshattezurFolge,dassindenFolgejahrendasVolumendiesersteu-
erlichenKofinanzierungimmerwiederdiskretionärverändertwerdenkonnteundauchsituativ
geändertwurde.
Mitdem„GesetzzurStärkungdesWettbewerbsindergesetzlichenKrankenversicherung“(GKV-
WSG)wurdealsAnschlussregelungderBundeszuschussbetragsmäßigauf2,5MilliardenEuro
fürdieJahre2007und2008vomGesetzgeberfestgeschrieben.Gleichzeitigwurdeeinestufen-
weiseAnhebungdieserGelderfürdieJahre2009bis2016vorgesehen.BeginnendmitdemJahr
2009solltendieseMitteljährlichum1,5MilliardenEuroanwachsen,umimJahr2016denMaxi-
malbetraginHöhevon14MilliardenEurozuerreichen.ImGefolgederAuswirkungendergloba-
lenFinanzkrisedesJahres2008/09wurdedieserStufenprozessjedochunterbrochen.ZurStüt-
zungderKonjunkturwurdealsKompensationfürdie–konjunkturpolitischmotivierte–Senkung
desallgemeinenBeitragssatzesimRahmendesKonjunkturpaketsIImitWirkungzum1.7.2009
derBundeszuschussum3,2MilliardenEuround im Jahr2010um6,3MilliardenEuro aufge-
stockt.DarüberhinaussahderGesetzgebermitdem„Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetz“
(SozVersStabG)sowiedem„Haushaltsbegleitgesetz“(HBeglG)2011mit§221aSGBVzweiaußer-
planmäßige einmaligeAufstockungen dieserGelderum3,9MilliardenEuro im Jahr2010und
2MilliardenEuroimJahr2011alsKompensationkrisenbedingterMindereinnahmenvor.
40 Soz.B.SüddeutscheZeitungvom8.2.2013,Handelsblattvom8.2.2013oderkrankenkassen-direktvom12.2.2013.
70
Beschlüsse der
Bundesregierung zum
Bundeszuschuss
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
AufgrundderAbweichungenvomursprünglichenAufwuchsprozesswurdedieMaximalhöhevon
14MilliardenEurobereitsimJahr2012erreicht.DerzusätzlicheBundeszuschussinHöhevon2
MilliardenEurodesJahres2011,deralsLiquiditätsreservefüreineninderdamaligenSituation
anfallenden Sozialausgleich aufgrund von Zusatzbeiträgen vorgesehen war, wurde angesichts
der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt und den damit einhergehenden Überschüssen sowohl
im Gesundheitsfonds als auch bei den Krankenkassen nicht benötigt. Daher wurde im Zuge
derBemühungenumeineHaushaltskonsolidierungmitdemHaushaltsbegleitgesetz2013vom
20.12.2012beschlossen,dassdieserBundeszuschussjeweilsgegenüberdemlangfristigenZiel-
wertvon14,0MilliardenEuroimJahr2013um2,5MilliardenEuroauf11,5MilliardenEuround
imJahr2014um2,0MilliardenEuroauf12,0MilliardenEurogekürztwird.GemäßdemEckwer-
tebeschlussderBundesregierungzumRegierungsentwurfdesBundeshaushalts2014undzum
Finanzplan2013bis2017vomMärz2013sollderBundeszuschussimJahr2014umzusätzli-
che1,5MilliardenEuroaufdann10,5MilliardenEurogesenktwerden.AbdemJahr2015soller
schließlichwiederseinelangfristigeZielhöhevon14,0MilliardenEuroerreichen.AbdiesemJahr
sollderSozialausgleich,derbiseinschließlich2014ausdemBundeszuschussgemäߧ§221und
221aSGBVfinanziertwird,auszusätzlichenMittelndesBundesfinanziertwerden.DieHöhe
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis der Daten des BVA
Abbildung 7: Höhe des Bundeszuschusses an die Gesetzliche Krankenversicherung (Mrd. Euro), 2004–2016
0
5
10
15
20
2016201520142013201220112010200920082007200620052004
in Mrd. Euro
GMG GKV-WSG § 221 SGB V (nach Konjunkturpaket II) Konjunkturpaket II SozVersStabG
HBeglG 2011 HBeglG 2013 & Eckwertebeschluss
–5
–2,5–3,5
4,0
10,0 11,5 13,0 14,0
14,014,010,511,514,0
15,315,7
7,2
2,52,5
2,52,52,5
2,5
8,57,05,54,04,21,01,0
4,2
2,51,0
5,56,3
6,3
3,92,0
3,2
71
Bisherige Erfahrungen
mit der Kofinanzierung
Notwendigkeit eines
verlässlichen Bundes-
zuschusses an GKV
Regelbildung für steuerliche
Kofinanzerung
Präferenz zugunsten von
Konsolidierungszielen …
… am Beispiel gesetzliche
Arbeitslosenversicherung …
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
dieser zusätzlichenSteuermittel soll gemäßdemGKV-Finanzierungsgesetz im Jahr2014vom
Gesetzgeberfestgelegtwerden.
Fazit:DiebisherigenErfahrungenbeidersteuerlichenKofinanzierungderGKVzeigen,dassdiese
SteuerzuschüsseindenJahren2010und2011zumeinenalskonjunkturpolitischerPufferdien-
tenundzumanderenalsfiskalischerLückenfüllerinstrumentalisiertwurden–sowohlzugunsten
desGKV-SystemsalsauchinderjüngerenVergangenheitindenJahren2013und2014zuguns-
tendesBundeshaushalts.AlsweitereAufgabewurdedemBundeszuschusszusätzlichdieFinan-
zierungdesSozialausgleichsnach§242bSGBVzugewiesen,derbislangjedochnochnichtzum
Tragenkam.
MitBlickaufdieVerlässlichkeitundStetigkeitdieserFinanzierungsquellebesteht insofernein
dringenderHandlungsbedarf,dadieNotwendigkeiteinesverlässlichenBundeszuschussesandie
GKV Parteigrenzen überschreitend unstrittig ist. Hinsichtlich einer auch zukünftig relevanten
oderauchwachsendenFinanzierungsfunktionvonSteuerzuschüsseninderKrankenversicherung
bestehenkeinegrundsätzlichenordnungspolitischenBedenkenimSinneeinesVerstoßesgegen
dasÄquivalenzprinzip,denn–mitAusnahmedesKrankengelds–korrespondierendievonden
GKV-MitgliederngeleistetenBeiträge(andersalsinderGRV)nichtmitdemUmfangderLeistun-
genderKassenfüreinenVersicherten.
SowohldieFolgender–durchdieengagiertePolitikderEZBzwarüberdeckten,abernochlange
nichtgelösten–europäischenStaatsschulden-undBankenkrisealsauchderinderBevölkerungs-
alterungangelegteAusgabendruck inderGKV legeneineneue,dieVerlässlichkeitundStetig-
keitdersteuerlichenKofinanzierungderGKVbessergewährleistendeRegelbindungnahe.Diese
neueRegelmusseinestärkereBindungswirkungentfalten,alsesbislangdieindermittelfristi-
genFinanzplanungdesBundeseingestelltenPositioneneinesBundeszuschussesgetanhaben.
8.3 Erfahrungen mit Steuerzuschüssen an andere Zweige der Sozialversicherung
DerBefund,dassderGesetzgeberdazuneigt,KonsolidierungszielendesBundeshaushaltsoder
konjunkturpolitischenErfordernissenofteinehöherePrioritätbeizumessenalseinerordnungs-
politisch begründeten steuerlichen Kofinanzierung von als versicherungsfremd angesehenen
Leistungen,wirdeindrucksvolldurchdengescheitertenVersuchinderArbeitslosenversicherung
untermauert,einenregelgebundenenBundeszuschuss–ähnlichwieindergesetzlichenRenten-
versicherung–zuetablieren.
Die Zuweisung von Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt hat in der im Jahr 1927 etablierten
gesetzlichen Arbeitslosenversicherung eine im Vergleich zur steuerlichen Bezuschussung der
GKVlängereTradition(vgl.Abbildung8).DennseitdemJahr1988gibteseinenregelmäßigen
72
… bis hin zum
„Blüm-Zuschuss“
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
BundeszuschussandiesenSozialversicherungszweig.BiseinschließlichdesJahres2006hatteder
Gesetzgeberdafürals– interpretationsoffene–Bemessungsregeldieses jährlichenZuschusses
dasetwaigeDefizitderBundesagenturfürArbeitalsFolgekonjunkturbedingterAusgabenüber-
hängeoderdieEinführungoderAusweitungnichtdurchBeitragseinnahmenzudeckenderversi-
cherungsfremderLeistungenvorgesehen.
ZutrennenvondieserRegelistdiefinanzielleNachschusspflichtdesBundesalsGarantderjeder-
zeitigenZahlungsfähigkeitderArbeitslosenversicherung,wiesiebereitsinderWeimarerRepub-
liketabliertwurde(vgl.Adamy2010:5).
Im Zuge der markanten Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags im Jahr 2007 wurde
–umdiedamitverbundenenMindereinnahmenbeidenBeitragseinnahmenauszugleichen–eine
BeteiligungderBundesagenturfürArbeitandenMehreinnahmenausderErhöhungdesallgemei-
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis Geschäftsberichte der Bundesagentur für Arbeit, diverse Jahre; 2010 Defizitausgleich wegen Kurzarbeitergeld
Abbildung 8: Höhe des Bundeszuschusses an die Bundesagentur für Arbeit (Mio. Euro), 1970–2012
Bundeszuschuss als jährlicher Defizitausgleich regelmäßiger Bundeszuschuss
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
regelmäßiger Bundeszuschuss
Bundeszuschuss als jährlicher Defizitausgleich
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
1983
1982
1981
1980
1979
1978
1977
1976
1975
1974
1973
1972
1971
1970
in Mio Euro
73
Außerkraftsetzung
beschlossener
Regelungen …
… auch bei der GRV
Lange Tradition der
Kofinanzierung in der GRV
Große Rentenreform
von 1957
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
nenMehrwertsteuersatzesvon16Prozentauf19Prozentbeschlossen.GemäßdenVorgabendes
§363SGBIIIwurdealsRegelbindungdieserMittelvorgesehen,dasseinDrittelderdurchdie
AnhebungdesUmsatzsteuersatzesresultierendenMehreinnahmenindenHaushaltderBundes-
agenturfürArbeitzufließenhat.FürdieJahre2007bis2009wurdendieseBundeszuschüsse
betragsmäßigfestgelegt.FürdieZeitdanachwurdealsFortschreibungsmodalitätvorgesehen,dass
dieseMittelmitderEntwicklungdesUmsatzsteueraufkommensjährlichanzupassensind.Damit
lehntesichdieseFortschreibungsmodalitätanderRegelungzurFortschreibungdes„zusätzlichen
Bundeszuschusses“andiegesetzlicheRentenversicherung(„Blüm-Zuschuss“)–wieweiterunten
beschrieben–an.
DieseRegelungwurde jedochschonnachsehrkurzerZeitaußerKraftgesetzt.Angesichtsder
guten Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der sich damit aufbauenden Rückla-
genderBundesagentur fürArbeitwurden im InteresseeinerEntlastungdesBundeshaushalts
dieseGelderzunächstum1MilliardeEuroproJahrgekürzt.UndmitdemHaushaltsbegleitge-
setzfürdenEtat2013vom20.12.2012wurdedanndieAbschaffungdiesesZuschussesbeschlos-
sen.FortansolldieBundesagenturfürArbeitnurnochBundesmittelzurDeckungvonDefiziten
erhalten,allerdingsalsunverzinslicheDarlehen,dieinJahrenmitÜberschüssenzurückgezahlt
werdenmüssen.DamitwirdimplizitvomGesetzgeberunterstellt,dassvonderBundesagenturfür
ArbeitkeineversicherungsfremdenLeistungenmehrfinanziertwerden(vgl.Clemens2012:421).
IndergesetzlichenRentenversicherung(GRV)hatderGesetzgeber–ähnlichwieinderGKVund
Arbeitslosenversicherung–nacheinerlangenPeriodederkontinuierlichenAusweitungdersteu-
erlichenKofinanzierung–imInteresseeinerKonsolidierungdesBundeshaushalts–voreiniger
Zeitbegonnen,diskretionärindiebislangnachfestenRegelnbemessenenBundeszuschüsseein-
zugreifen.
DieGewährungvonZuschüssenderstaatlichenZentralinstanzhatinderRentenversicherungeine
sehrlangeTradition,diemitderGründungdiesesSozialversicherungszweigesbeginnt(vgl.Hüf-
ken2011:783).BereitsmitEinführungdergesetzlichenRentenversicherungzum1.Januar1891
wurdeeinestaatliche,ausallgemeinenHaushaltsmittelngespeisteKofinanzierungdieserimJahr
1889beschlossenenInvaliditäts-undAltersversorgungetabliert.Hierbeihandelteessichnicht
umeinensichanbestimmtenAufgabenbzw.Ausgabenorientierenden „Reichszuschuss“, son-
dernumeinen„Reichsbeitrag“.DennderdamaligeBeitragssatzvon1,8Prozentsolltezujeeinem
DrittelvondenArbeitern,denArbeitnehmernunddemReichaufgebrachtwerden.AbdemJahr
1938wurdenauchandieimJahr1911etablierteAngestelltenversicherungstaatlicheZuschüsse
inFormvonErstattungenzudenSteigerungsbeiträgenfürZeitendesWehr-undReichsarbeits-
dienstesgeleistet.
DurchdiegroßeRentenreformdesJahres1957wurdemitdemUmstiegzurFinanzierungnach
dem Umlageverfahren die Bemessung des staatlichen Zuschusses, des Bundeszuschusses, auf
eineneueGrundlagegestellt,dieallerdingsimmerwiederÄnderungenunterzogenwurde(vgl.
74
Entwicklung der GRV seit
1978
Änderung der Fortschreibungs-
modalitäten in 1992
Weitere Minderung des
Bundeszuschusses seit 2007
Von der „Blüm-Reform“
1997 …
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
Hüfgen2011:784ff.sowieBMAS2010:436ff.).DieserSteuerzuschusswurdezunächstsofest-
gesetzt,dassbeieinemBeitragssatzvon14ProzentfürdenerstenbiszumJahr1966reichenden
zehnjährigenDeckungsabschnittdiegesetzlichvorgeschriebeneRücklageinHöheeinerJahres-
ausgabeerreichtwurde.
BiseinschließlichdesJahres1978wurdedieHöhedieserZuschüssedanndiskretionärfestgesetzt.
AbdemJahr1979tratandieStellediesersituativenFestsetzungeineregelgebundeneFortschrei-
bung.NachdieserFortschreibungsregelverändertesichdieHöhedersteuerlichenKofinanzierung
indenFolgejahrenjeweilsumdenProzentsatz,umdensichdieSummederdurchschnittlichen
BruttoarbeitsentgelteindemjeweilsvorausgegangenenDreijahreszeitraumveränderte.DieFort-
schreibungdesBundeszuschusseswurdesomitandieEntgeltentwicklunggekoppeltundnicht
andenFinanzbedarfdesSystems.Angesichtsder imZeitverlaufsteigendenAnzahlanRenten
unddamitderRentenausgabenführtedieseFortschreibungsmodalitätdazu,dass–gemessenan
denRentenausgaben–dieBedeutungdesSteuerzuschussesalsFinanzierungsquellekontinuier-
lichzurückging.
MitdemInkrafttretendesSGBVIzum1. Januar1992wurdendieFortschreibungsmodalitäten
erneutgeändert,umdenBund–stellvertretendfürdieGesellschaftbzw.alleSteuerzahler–wie-
derstärker indieFinanzierungderRenteneinzubinden.MitBeginndes Jahres1992wirdder
Steuerzuschuss–seitdemJahr1998als„allgemeinerBundeszuschuss“bezeichnet–dergestalt
fortgeschrieben,dassdasVolumendesVorjahresumdieSteigerungsratederEntgeltedesVor-
vorjahresangehobenwird.DamitdieserZuschussnichtnurderEntgeltentwicklung folgt, son-
dernauchdemjeweiligenFinanzbedarfRechnungträgt,verändertsichdessenHöhezusätzlich
beiVeränderungendesBeitragssatzesfürdasbetreffendeKalenderjahrindemVerhältnis,indem
derneueBeitragssatzzumBeitragssatzdesVorjahressteht–sprichanzuhebenoderzusenken
ist.EineErhöhung(Senkung)desBeitragssatzesführtseitdemzueinerErhöhung(Senkung)des
Steuerzuschusses.
Dieser„allgemeineBundeszuschuss“wurdegemäߧ213Absatz2aSGBVIfürdasJahr2006um
170MillionenEuroundabdemJahr2007umjeweils340MillionenEuropauschalvermindert.
Mitdem„Haushaltsbegleitgesetz2012“vom20.12.2012wurdehiervonabweichend–wiederum
imInteressederKonsolidierungsbemühungendesBundes–vorgesehen,dassimJahr2013die-
serpauschalierteMinderungsbetrag1,34MilliardenEurobeträgtundsichindenJahren2014bis
2016aufjeweils1,59MilliardenEurobelaufensoll.
Mitdemam22.Dezember1997imBundesgesetzblattverkündeten„Rentenreformgesetzes“1999
(RRG99),der„Blüm-Reform“,dieallerdingsnachdemSiegvonRot-GrüninderBundestagswahl
imHerbst1998inrelevantenTeilen(„DemographischerFaktor“)zurückgenommenwurde,wurde
zurpauschalenAbgeltungder„imgesellschaftlichenInteresse“derGRVübertragenenLeistun-
geneinzusätzlicherBundeszuschussinHöhedesAufkommensauseinemMehrwertsteuerpunkt
eingeführt.AllerdingswerdenhierbeidieebenfallsEndedesJahres1997eingeführtenjährlichen
75
… bis zum
„Blüm-Zuschuss“
„Zusätzlicher Bundes-
zuschuss“ von 1999
Korrektur des „allgemeinen
Bundeszuschusses“
Seit 2000: „zusätzlicher
Bundeszuschuss“
Weitere Modifizierungen
der GRV-Bezuschussung
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
ErstattungendesBundesfürnichtbeitragsgedeckteLeistungenaufgrunddesFremdrentenrechts
angerechnet.DieBegründungdieses„Blüm-Zuschusses“istimÜbrigendieeinzigerentenrechtli-
cheBestimmung,inderimSGBVIvoneinerWidmungderBundesmittelfürderGRVübertragene
gesellschaftlicheAufgabendieRedeist.Wasunter„gesellschaftlichenAufgaben“zuverstehenist,
wurdevomGesetzgeberfreilichniespezifiziert.
FürdieFinanzierungundBemessungdieseszweitenBundeszuschusseswarvorgesehen,dass
sichdessenHöhegemäߧ213SGBVInachMaßgabedesAufkommensauseinemProzentpunkt
derUmsatzsteuer,diezeitgleichvon15Prozentauf16Prozenterhöhtwurde,entwickelnsollte.
FürdasJahr1999wurdejedochabweichendvondieserRegelder„zusätzlicheBundeszuschuss“
auf4,908MilliardenEuroundfürdasJahr2000auf7,976MilliardenEurofestgesetzt(vgl.Abbil-
dung9).AbdemJahr2000wirdder„zusätzlicheBundeszuschuss“gemäßderVeränderungsrate
des Umsatzsteueraufkommens fortgeschrieben. Damit sollte gewährleistet werden, dass dieser
ZuschussdauerhaftdemAufkommenauseinemProzentpunktdieserSteuerentspricht.Dersich
nachdieserVorschriftergebendeBetragdieseszusätzlichenBundeszuschusseswurdeallerdings
gemäߧ213Absatz3Satz4SGBVIfürdieJahre2000und2001umjeweilsrund0,56Milliar-
denEuro,fürdasJahr2002umrund0,66MilliardenEuroundfürdasJahr2003umgut0,1Mil-
liardenEurodiskretionärgekürzt.
DieEinführungdieses„zusätzlichenBundeszuschusses“machteeineKorrekturderFortschrei-
bungsmodalitätendes„allgemeinenBundeszuschusses“notwendig.Umzuverhindern,dassdie
beitragssatzsenkendeWirkungdeszusätzlichenBundeszuschusseseineSenkungdesallgemei-
nenBundeszuschusses–unddamiteine tendenzielleBeitragssatzerhöhung–nachsichzieht,
wurdevorgesehen,dassfortanderjenigefiktiveBeitragssatzzugrundezulegenist,dersichohne
BerücksichtigungdeszusätzlichenBundeszuschussesergebenwürde.
SeitdemJahr2000wirdgemäߧ213Absatz4SGBVIder„zusätzlicheBundeszuschuss“um
EinnahmendesBundesausderökologischenSteuerreform–imWesentlichenausderErhöhung
derMineralölsteuer–ergänzt.Dieser„dritte“Bundeszuschussistnichtzuverwechselnmitden
MittelnausderÖkosteuer,diederbeitragsäquivalentenFinanzierungderKindererziehungszei-
tendienen.DieseSteuermittelgeltenalsvomBundentrichteteBeiträgeundbegründenwiedie
ausdenlohnabhängigenBeiträgenerwachsendenEntgeltpunkteeigentumsrechtlichgeschützte
Ansprüche.FürdieJahre2000bis2003istdieserErhöhungsbetragzumzusätzlichenBundeszu-
schussbetragsmäßigsofestgesetztworden,dassdastatsächlicheAufkommenausdenvierweite-
renStufenderökologischenSteuerreformderRentenversicherungzufließt.
DiesezunächstengeBindungdesErhöhungsbetragsandieEinnahmenausderökologischenSteu-
erreformwurdejedochmitdem„GesetzzurReformderRentenwegenverminderterErwerbsfä-
higkeit“wiederaufgehoben(vgl.BMAS2010:439f.).DieVerminderungderEinnahmenausder
MineralölsteuerdurchSteuerentlastungsregelungenzugunstenderLandwirtschaftwurdeberück-
sichtigtundder jährlicheErhöhungsbetragohneRevisionsklauselundohneAbhängigkeitvom
76
Senkung der Bemessung des
Erhöhungsbeitrags ab 2003
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
jeweils tatsächlichen Aufkommen der ökologischen Steuerreform wurde betragsmäßig für die
Jahre2000bis2003festgesetzt(vgl.Abbildung9).DarüberhinauswurdedieFortschreibungssys-
tematikdahingehendmodifiziert,dassabdemJahr2004dieErhöhungsbeträgeindemVerhältnis
anzupassensind,indemdieBruttolohn-undGehaltssummeimjeweilsvergangenenJahrzurent-
sprechendenBruttolohn-undGehaltssummeimvorvergangenenJahrsteht.
AbdemJahr2003wurdemit§213Absatz5SGBVIalsweitereKorrekturbeiderBemessungdes
Erhöhungsbetragsvorgesehen,dassderjährlicheErhöhungsbetragum409MillionenEuroabge-
senktwird,umdenFinanzierungsanteildesBundesandenMaßnahmendersozialenGrundsiche-
rungimAltersowiefürdieausmedizinischenGründendauerhaftvollerwerbsgemindertenPer-
sonenzurefinanzieren(vgl.BMAS2010:439).
Quelle: IGES Institut GmbH auf Basis Deutsche Rentenversicherung Bund 2012a und 2012b
Abbildung 9: Höhe des Bundeszuschusses an die Gesetzliche Rentenversicherung (Mio. Euro), 1957–2011
Allgemeiner Bundeszuschuss Zusätzlicher Bundeszuschuss
0
10.000
20.000
30.000
40.000
50.000
60.000
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
1983
1982
1981
1980
1979
1978
1977
1976
1975
1974
1973
1972
1971
1970
1969
1968
1967
1966
1965
1964
1963
1962
1961
1960
1959
1958
1957
Zusätzlicher Bundeszuschuss
in Mio Euro
77
„Tabubrüche“ bestätigen
situationsspezifische Eingriffe
Kürzungen bei Steuerzu-
schüssen trotz Regelbindung
Bessere Verlässlichkeit
steuerlicher Kofinanzierung
„Zweckbindung“
versicherungsfremder
Leistungen
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
Wie indenanderenSozialversicherungszweigenwarenauch inderGRVbeider tatsächlichen
Bemessung der steuerlichen Kofinanzierung die fiskalischen Interessen des Finanzministeri-
ums durchaus wirkmächtig. Wie bei der Arbeitslosenversicherung wird auch bei der Renten-
versicherungdeutlich,dasseineRegelbindung–selbstwenndiesewiebeimallgemeinenBun-
deszuschussschonseitvielenJahrzehntenexistiert–letztlichnichtgegensituationsspezifische
Eingriffeschützenkann.AllerdingswarendievorgesehenenKürzungsbeträgebeimallgemeinen
BundeszuschussgemessenamGesamtvolumendersteuerlichenKofinanzierungbislang(noch)
sehrgering.BeieinerweiterhingutenSituationbeidenBeitragseinnahmenkannaberangesichts
dieser„Tabubrüche“nichtausgeschlossenwerden,dass–wieeingangserwähnt–trotzderder-
zeitgutenMittelfristprognosendesSteueraufkommensabdemJahr2016vordemHintergrundder
sichdannsignifikantänderndenfiskalischenRahmenbedingungenundderdamiteinhergehen-
denKonsolidierungserfordernisseneue,dannggf.höhereKürzungsbeiträgezurDiskussionste-
henwerden.
8.4 Reformoptionen für einen nachhaltigen Bundeszuschuss an die GKV
In den vorangegangenen Ausführungen wurde deutlich, dass selbst Regelbindungen im Sinne
einerFortschreibungvonBundeszuschüssennachMaßgabederEntwicklungmakroökonomischer
GrößenoderderEntwicklungdesAufkommensbestimmterSteuernkeineGewährdafürbieten,
dassvomGesetzgeberaufgrundsichwandelnderpolitischerPrioritätendiskretionärKürzungen
beidenSteuerzuschüssenvorgenommenwerden.
ImInteresseeinernachhaltigenFinanzierungdesGKV-SystemswirdsichdieVerlässlichkeitder
steuerlichenKofinanzierungallenfallsdannerhöhenlassen,wennentwedereineklardefinierte
ZweckbindungbeidenSteuerzuschüssenvorgesehenist(vgl.Rürup2010:201ff.),diediskretio-
näreKürzungenerschwert,oderdieBundeszuschüsseineinenBundesbeitragumgewandeltwer-
den(vgl.Rürup2004:586–591),dessenAufkommeninAnlehnunganden„Reichszuschuss“zur
1891eingeführten„Invaliden-undAltersversicherung“ineinerfestenRelationzumAufkommen
ausdenlohnzentriertenBeiträgensteht.
BeiderOption„Zweckbindung“bietensichalsErstesdie–freilichniewillkürfreizubestimmen-
den–versicherungsfremdenLeistungenan.AlsversicherungsfremdgeltengemeinhindieLeis-
tungen,dienichtmitdemeigentlichenVersicherungszweckzubegründensind,aberausgesell-
schaftspolitischenGründenalsnotwendigerachtetwerdenunddeshalbeinerSozialversicherung
imgesamtgesellschaftlichenInteresseübertragenwurden.EsherrschtweitgehendeEinigkeitdar-
über,dassdieseLeistungen–ausordnungspolitischenGründen–nichtausBeitragsmitteln,son-
dernausallgemeinenSteuermittelnfinanziertwerdensollten,umzugewährleisten,dassdieeiner
Sozialversicherung imgesellschaftlichen InteresseübertragenenVerpflichtungenauchvonder
Allgemeinheitfinanziertwerden.
78
Explizite Listung versiche-
rungsfremder Leistungen
Beispiele für versicherungs-
fremde Leistungen
Steuerzuschuss nach dem
Äquivalenzprinzip …
… folgt einem anderen
Orientierungsrahmen
Geringe gesellschaftliche
Akzeptanz dieses Ansatzes
Keine zeitkonsistente und
willkürfreie Bestimmung
Option: diskretionäre
Setzung von Ausgabe-
positionen …
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
FolgtmandieserOption,dannwärenindenRegelungendesSGBVdiealsversicherungsfremd
erachtetenLeistungenexplizitaufzuführen.AufGrundlagediesesKatalogsderdanngesetzlich
anerkanntenversicherungsfremdenLeistungenwäredieHöhedesBundeszuschusseszuermit-
telnundzudynamisieren.
AlsversicherungsfremdeLeistungenaufderAusgabenseitederGKV,d.h.Ausgaben,dienicht
derAbsicherungvonökonomischenFolgendesMorbiditätsrisikosdienen,werdenregelmäßigdie
LeistungenbeiSchwangerschaftundMutterschaft,fürSchwangerschaftsabbrücheundEmpfäng-
nisverhütung,dieLeistungen fürPräventionundGesundheitsförderungundggf. kinderabhän-
gigeLeistungenangesehen.DasAusgabenvolumenfürdieseLeistungenliegtderzeitbei4Milli-
ardenEuro.
LegtmandasÄquivalenzprinzip,d.h. dieEntsprechungvonBeitragsleistungundUmfangdes
Risikoschutzes,alsKriteriumzugrunde,kannman–wiediesderSachverständigenratzurBegut-
achtungdergesamtwirtschaftlicheEntwicklung tut–mitAusnahmedeseinkommensabhängi-
genKrankengeldesdiegesamte lohnbezogeneBeitragsbemessungunddiedamitverbundenen
Umverteilungsströmealsversicherungsfremdansehen.BezogenaufdasJahr2003ermitteltehier-
fürderSachverständigenrateinVolumenvon45MilliardenEuro(SVR2005:514ff.).
DieFortschreibungeinessobestimmtenSteuerzuschusseshättesichdanndaranzuorientieren,
wiesichdieAusgabenfürdiesedannvomGesetzgeberexplizitanzuerkennendenversicherungs-
fremdenAusgabenund–dadieEinkommensumverteilungalsgesamtgesellschaftlicheAufgabe
anzusehenist–versicherungsfremdenUmverteilungsströmeineinembestimmtenZeitraum(z.B.
jährlich)verändern.
Gegendieses–vomAnsatzherordnungspolitischkorrekte–Vorgehenspricht,dasssichdiese
Leistungennichtzeitkonsistentundnichtwillkürfreibestimmenlassenund–wiedieDiskussion
umdieallokativwiedistributivüberlegenenPauschalprämienkonzepteinKombinationmiteinem
steuerfinanziertenSozialausgleichzeigte–nuraufeinegeringegesellschaftlicheAkzeptanzsto-
ßendürften.
DievonderDeutschenRentenversicherunginunregelmäßigenAbständenerstelltenundsichim
Zeitverlauf ändernden Kataloge der diesem Versicherungszweig übertragenen „versicherungs-
fremden Leistungen“ belegen, dass sich versicherungsfremde Leistungen weder zeitkonsistent
noch ohne Willkür bestimmen geschweige denn quantifizieren lassen – wie ein Vergleich des
KatalogsdieserLeistungendesJahres2012mitdenenindenAufstellungenzuBeginndesvergan-
genenJahrzehntszeigt(vgl.z.B.Reineke2012:1ff.).
EineandereOption,dieHöheundEntwicklungderSteuerzuschüsse„sicherer“zumachen,wäre
eineeinmaligediskretionäreSetzungvon(versicherungsfremden)Ausgabenpositionen,dieaus
Steuermittelnzu finanzierensind.Denkbarwäre–wiediesdesÖfterenempfohlenwird–die
79
… zur „Subvention“
der GKV
Alternative: Kofinanzierung
durch „Bundesbeitrag“
Berücksichtigung des
Nonaffektationsprinzips
Bewertung der Umsetzungsmöglichkeiten: Fiskalische Nachhaltigkeit
StaatszuschüsseandenfamilienpolitischmotiviertenLeistungenzuorientieren–z.B.andenKos-
tenderbeitragsfreienMitversicherungvonKindernund Jugendlichen (ca.16MilliardenEuro)
und/oder von Ehepartnern (ca. 12 Milliarden Euro). Wenn man allerdings den Versicherungs-
schutzvonKindernund/odernichtberufstätigenEhepartnernalseinederGKVübertragenefami-
lienpolitischeMaßnahmeausBundesmitteln finanziert,stelltsichdieFrage,warumdieKosten
fürprivatversicherteKinderundnichterwerbstätigeEhegattennichtebenfallsvomStaatüber-
nommenwerden.AuchSelbstständigehaben–nichtohneGrund–einenAnspruchaufz.B.das
ElterngeldoderKindergeld.Zudemwirdargumentiert,dassdiebeitragsfreieMitversicherungvon
Kindern keine mit dem Argument der Versicherungsfremdheit begründbare familienpolitische
VergünstigungvonFamilienmitKindernsei,sondernlediglicheineUmverteilungderBeiträge
über den Lebenszyklus von Versicherten. Ein diese Kosten kompensierender Bundeszuschuss
würdedahereine„Subvention“derGKVdarstellen(Eekhoff2012).
Fazit:EinedritteAlternative,diesteuerlicheKofinanzierungnichtzugriffsfest,aberimVergleich
zumStatusquozugriffsfesterzumachen,bestehtdarin,sichvonderPhilosophiederversiche-
rungsfremdenLeistungenzu lösenunddenderzeitigenBundeszuschuss in einen „Bundesbei-
trag“umzuwandeln.DieHöhediesesBundesbeitragswärefestmitdemAufkommenzuverkop-
peln,dasausdenvondenArbeitnehmernundArbeitgeberngezahltenBeitragsanteilenresultiert.
InErmangelung„objektiver“KriterienfüreineordnungspolitischkorrekteBemessungdersteu-
erlichenKofinanzierungerscheinteinBundesbeitragzwaralskeinesichere,aberimVergleichzu
denbisherigen„Bindungsregeln“alseineüberlegeneLösung,umzuverhindern,dassdieKofi-
nanzierungdesBundesnachKassenlageerfolgtundrelevanteTeilederEinnahmeseitederKran-
kenversicherungzurkonsolidierungspolitischenManövriermassewerden.
Einen gegenüber Eingriffen des Gesetzgebers immunen Bundeszuschuss an die GKV kann es
allerdings in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen nicht geben. In einer Demokratie
kanndasGemeinwohlnieetwasanderesseinalsdieDiagonaleineinemsichänderndenParal-
lelogrammdergesellschaftlichenKräfte.Daherwirdmandasin§7Haushaltsgrundsätzegesetz
(HGrG)und§8Bundeshaushaltsgesetz(BHG)verankerteNonaffektationsprinzip,demzufolgealle
EinnahmeneinesöffentlichenHaushaltsgrundsätzlichallenAusgabengegenüberstehen,Zweck-
bindungeneineAusnahmedarstellensollenunddasdieVoraussetzungeinerflexiblenHaushalts-
politikdarstellt,gegenüberRegelbindungenalsdominantesPrinziperkennenmüssen.Angesichts
desZielseinernachhaltigenFinanzierungderGKVmagmandasbedauern,imInteresseeiner
Budgetpolitik,diesichänderndenpolitischenPrioritätenRechnungzutragenhat,wirdmandies
akzeptieren(müssen).
80
Herausforderungen der
zukünftigen KV-Finanzierung
Ausweitung des Versicherten-
kreises auf Gesamtbevölkerung
Finanzierung über generelle
Beitragspflicht
Finanzierung über stärkere
Steuerfinanzierung
Fazit
9 Fazit
DerAusgangspunktderSzenarien-BetrachtungsinddreigrundlegendeHerausforderungender
zukünftigenFinanzierungdesKrankenversicherungssystemsinDeutschland:
• Einnahmeschwäche:UnabhängigvondenaktuellhohenFinanzierungsüberschüsseninder
GKVentwickelnsichdiebeitragspflichtigenEinnahmensystematischschwächeralsdieAus-
gaben.DieEinbeziehungbislangnichtgesetzlichversicherterPersonengruppenbzw.weiterer
EinkommensartenindiegenerelleBeitragspflichtsindOptionen,dieFinanzierungsbasissta-
bilerzumachen.
• Gerechtigkeit:DiepersonelleVerteilungderFinanzierungslastendesKrankenversicherungs-
systemswirdvielfachalsnichtkonsistentbzw.gerechtangesehen.
• Belastung:DiefunktionaleVerteilungderFinanzierungsanteilebelastetvorallemLohnein-
kommeninFormvonBeiträgen.AufgrundderBeitragsbemessungsgrenzeundmangelsFrei-
beträgenwerdenuntereundmittlereEinkommenrelativstarkbelastet.
DiedreiuntersuchtenReform-SzenariengebenaufdiesedreiProblembereicheunterschiedliche
Antworten.
Hinsichtlich der Stabilisierung der Finanzierungsbasis ist allen Reform-Szenarien zunächst
gemeinsam,dassderVersichertenkreisaufdiegesamteWohnbevölkerungausgeweitetwirdund
aufdieseWeiseprinzipiellauchausüberdurchschnittlichhohenEinkommenbislangprivatVersi-
cherterFinanzierungsbeiträgegeleistetwerden.UnterschiedeergebensichausderArtundWeise,
wiedieFinanzierungsgrundlagenaufzusätzlicheEinkommenbzw.Einkommensartenausgewei-
tetwerden:
• Geschieht dies über eine explizite generelle Beitragspflicht weiterer Einkommensarten, so
könnenausnichterwerbseinkommensbezogenenEinkommen–insbesondereKapitaleinkom-
menundEinkommenausVermietungundVerpachtung–zwarzusätzlicheFinanzierungsbei-
trägeerreichtwerden.DieBerechnungsergebnissezeigenaber,dassihrAnteilaminsgesamt
erforderlichenFinanzaufkommenrelativgeringbleibt,selbstwennaufeineBeitragsbemes-
sungsgrenzevollständigverzichtetwürde.
• GeschiehteinesolcheAusweitungimplizitdurcheinestärkere(direkteoderindirekte)Steu-
erfinanzierungdesKrankenversicherungssystems,zeigendieBerechnungenzudenVertei-
lungswirkungen,dass insbesondereinhöherenEinkommensbereichenrelativmehrzusätz-
liche Finanzierungsbeiträge generiert werden als im Fall der expliziten Beitragspflicht.
VermögenswerteunddamitnichterwerbsbezogeneEinkommensindaufdieseEinkommens-
bereichez.T.starkkonzentriert.
81
Stärkere Heranziehung
steigender Einkommen
durch Steuerprogression
Entlastung unterer
Einkommensbereiche
in allen Szenarien
Erhöhte Gesamtbelastung
mittlerer Einkommen durch
Abgaben und Steuern
Be- und Entlastungen
Dritter je nach Szenario
Zugriffsfestere steuerliche
Kofinanzierung durch
„Bundesbeitrag“
Fazit
MitBlickaufdenAspektderGerechtigkeitbzw.der(In-)KonsistenzvonpersonellenVerteilungs-
wirkungenimKrankenversicherungssystemzeigtderSzenarien-Vergleich,dassdurcheinever-
stärkteSteuerfinanzierungeindeutlichprogressiververlaufendesBelastungsprofilerreichtwer-
denkannalsdurcheineAusweitungderexplizitenBeitragspflicht.DamitwürdenMitgliedermit
steigendemEinkommennochrelativstärkerzurFinanzierungdesKrankenversicherungssystems
herangezogen.DiesgiltauchimVergleichzueinemSzenariomitAusweitungderBeitragspflicht
undvollständigerAufhebungderBeitragsbemessungsgrenze.SowohlbeieinerstärkerenSteuerfi-
nanzierungalsauchbeieinerAusweitungderBeitragspflichtergebensichSpielräumefürfinan-
zielleEntlastungeninunterenEinkommensbereichen.ImFallderSteuerfinanzierungprofitieren
hiervonRuheständlerrelativstärkeralsabhängigBeschäftigte,imFallderAusweitungderBei-
tragspflichtverhältessichtendenziellumgekehrt.NichtsämtlicheGerechtigkeitsaspektekonn-
tenimRahmenderSzenarien-Berechnungenbetrachtetwerden.UnteranderemwurdendieWir-
kungenderbeitragsfreienFamilienversicherungnichtnäheruntersucht.
ImHinblickaufdiegegenwärtigrelativstarke Belastungvonunterenundmittleren(Lohn-)Ein-
kommen zeigt sich die Kehrseite des stärker progressiven Charakters der Steuerfinanzierung.
AusdenSzenarien-BerechnungenergibtsichgeradefürArbeitnehmerbereitsinmittlerenEin-
kommensbereichen eine spürbare Erhöhung der Gesamtbelastung ihrer Einkommen mit Steu-
ern und Sozialabgaben, wenn der Anteil der (direkten oder indirekten) Steuerfinanzierung im
Krankenversicherungssystemausgeweitetwird.FürhoheEinkommenwürdediedurchschnittli-
cheBelastungsquoteunterdengemachtenAnnahmenumvierbisfünfProzentpunktesteigenund
die40-Prozent-Schwelle(SteuernundSozialabgabenimVerhältniszumBruttoeinkommen)über-
schreiten.
GeringerbleibtdieBelastungderMitgliedereinkommenmitSteuernundAbgaben,wenn–wie
beiAusweitungderexplizitenBeitragspflichtundparitätischerBeitragsfinanzierung–eingrö-
ßererFinanzierungsanteilaufDritteentfällt(Arbeitgeber,Rentenversicherungsträgeru.a.).Auch
einestärkereSteuerfinanzierungkönntemitgeringerenunmittelbarenMehrbelastungenderMit-
gliedereinkommenverbundensein, insoweitdiehierfürerforderlichenSteuermittelnichtdurch
höhereEinkommensteuerzahlungenaufgebrachtwerden,sondernz.B.aus(zusätzlichen)Mehr-
wertsteuereinnahmen.EinvergleichbarprogressiverBelastungsverlaufstelltsichindiesenFällen
jedochnichtein.Zudemistdavonauszugehen,dassMehrbelastungenDritterzumindestteilweise
inmittelbarerFormaufdieVersichertenzurückfallen.
MitBlickaufdieUmsetzungsperspektivenderReformoptionenstelltsichfüreineverstärkteSteu-
erfinanzierungvorallemdieFragederfiskalischenNachhaltigkeit.VordemHintergrundderbis-
herigen,inanderenSozialversicherungszweigenschonwesentlichlängerenErfahrungenmitsteu-
erfinanziertenBundeszuschüssenlautetdieAntworthieraufzunächst,dasseseinengegenüber
Eingriffen des Gesetzgebers immunen Bundeszuschuss in der Krankenversicherung in einem
demokratischverfasstenGemeinwesennichtgebenkann.Allerdings lässtsicheinesteuerliche
KofinanzierungimVergleichzumStatusquozugriffsfestermachen.Hierzusolltemansichvonder
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Bürokratriekosten beim
Sozialausgleich
Bürokratiekosten bei
Ausweitung der
Beitragspflicht
Fazit
PhilosophiederversicherungsfremdenLeistungenlösenunddenderzeitigenBundeszuschussin
einen„Bundesbeitrag“umwandeln.DieHöhediesesBundesbeitragswärefestmitdemAufkom-
menausderlohnzentriertenBeitragsfinanzierungzuverkoppeln.
EinzweiterrelevanterAspektsinddieKostenderUmsetzungderbetrachtetenReformoptionen.
DervorliegendeSzenarien-VergleichkonzentriertsichhierbeiaufdieBürokratiekosten,diemit
veränderten Einkommensprüfungen und Beitragsfestsetzungen verbunden wären. Hinsichtlich
derKostenderDurchführungdesSozialausgleichsbeieinkommensabhängigenZusatzbeiträgen
zeigendieKostenschätzungen,dassdergrößereTeil(173MillionenEuro)derUmsetzungskosten
bereits imStatusquoanfällt,obwohlderSozialausgleichinderPraxisnochgarnichtdurchge-
führtwird.WürdederSozialausgleich–entsprechenddenSzenario-Berechnungen–für34Milli-
onenAnspruchsberechtigtedurchgeführt,entstündenhierdurchzusätzlicheBürokratiekostenin
Höhevonschätzungsweisenochrund58MillionenEuro.FastzweiDrittelderBürokratiekosten
desSozialausgleichsentstehenbeidenArbeitgebern.
DieadministrativenZusatzkosteneinerAusweitungderBeitragspflichtaufweitereEinkommens-
artenwurdendemgegenüberaufrund177MillionenEurogeschätzt. Ihnenstünde jedocheine
KostenentlastunginfastgleicherHöhedurchdenWegfalldesSozialausgleichsgegenüber.Dabei
istunterstellt,dasssichdieKostenbelastungvollständigvondenArbeitgebernaufdieKranken-
kassenverlagernwürde.DerAufwandfürdieMitgliederwärejedochdeutlichhöheralsinallen
anderenSzenarien.
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