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6 Kaum eine Krankheit löst bei Papageienhaltern mehr Entsetzen aus als die Aspergillose. In den letzten Jahren war viel zu lesen und zu hören über diese gefährliche Infektion mit Schimmelpilzen – leider geistert in den Medien sehr viel Falsches und Un- sinniges umher. Der renommierte Tierarzt Dr. Carlo Man- derscheid ist Spezialist für die Behandlung von Papageien und Sittiche und erläutert Ihnen in dieser und in der nächsten Ausgabe des WP-Magazins alles Wichtige, was man über die Aspergillose wissen sollte. Graupapageien gelten als be- sonders anfällig für die Aspergillose

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Page 1: Graupapageien die Aspergillose mehr Entsetzen aus als die ... · 6 Kaum eine Krankheit löst bei Papageienhaltern mehr Entsetzen aus als die Aspergillose. In den letzten Jahren war

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Kaum eineKrankheit löst beiPapageienhaltern

mehr Entsetzen ausals die Aspergillose.

In den letzten Jahrenwar viel zu lesen undzu hören über diese

gefährliche Infektionmit Schimmelpilzen –leider geistert in den

Medien sehr vielFalsches und Un-sinniges umher.

Der renommierteTierarzt Dr. Carlo Man-derscheid ist Spezialistfür die Behandlung von

Papageien und Sitticheund erläutert Ihnen in

dieser und in der nächstenAusgabe des WP-Magazins

alles Wichtige, was manüber die Aspergillose

wissen sollte.

Graupapageiengelten als be-

sonders anfällig fürdie Aspergillose

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Dr. CarloManderscheid

Die mikro-skopisch feinenPilzsporen der

Aspergillus-Arten belasten

die empfind-lichen Organeder Papageien.Das Bild unten

zeigt einenGraupapagei beider Inhalations-

therapie.

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Wenn es in Artikeln oder aufInternetseiten um Papagei-enkrankheiten geht, gehört

der Begriff „Aspergillose“ zu denam häufigsten zu lesenden Aus-drücken. Leider wird diese sehr spe-zifische tiermedizinische Diagnosein vielen Fällen nicht nur von Hal-tern und Züchtern, sondern auch vonTierärzten und Heilpraktikern fälsch-licherweise gestellt. Für das Ver-ständnis dieser Erkrankung ist es da-her wichtig, vorab ihre korrekte De-finition zu kennen: Bei der Aspergil-lose handelt es sich um eine Infek-tionskrankheit, die durch die Ent-wicklung eines Schimmelpilzes derGattung Aspergillus ausgelöst wird.Man unterscheidet die lokalisierteAspergillose, bei der sich in derLunge oder in den Luftsäcken desVogels ein sogenanntes Aspergillom(kolonialisierte Form der Aspergillo-se) bildet, von der diffusen Aspergil-lose, die in verschiedenen Organenauftreten kann und je nach Schwere-grad invasiv (in das Gewebe hinein-gewuchert) oder aber disseminiert(über das Gewebe verstreut) ist. DieAspergillose kann als akute oderchronische Krankheit auftreten. EineAnsteckung von Tier zu Tier istnicht bekannt.

Die am häufigsten im Vogel isolier-ten Pilze zählen zur Schimmelpilz-gattung Aspergillus, die weltweitmehr als 200 Arten umfasst. Pilzer-krankungen, die zum Beispiel von

Mucor-Pilzen oder Hefen ausgelöstwerden, werden oft fälschlicherwei-se als Aspergillose betitelt. Nichtselten werden die Pilzarten von denbehandelnden Tierärzten leider erstgar nicht bestimmt.

Epidemiologie

Mykosen sind Infektionserkrankun-gen, bedingt durch parasitisch imGewebe lebende Pilze. Zu den sehrgefährlichen Systemmykosen, beidenen Schimmelpilze in den Orga-nismus eindringen, gehören zweiverschiedene Krankheitsbilder. Fürdas eine ist obligat pathogenerSchimmel verantwortlich, der injedem Fall eine Erkrankung auslöst(z.B. Histoplasmose, Blastomyko-se), für das andere fakultativ patho-gener Schimmel, der prädisponie-rende Faktoren (z.B. ein schwachesImmunsystem) benötigt, um dieKrankheit ausbrechen zu lassen.

Die Pilzsporen der Gattung Asper-gillus kommen überall auf der Weltin der Natur vor. Sie zählen zu densogenannten Lagerpilzen, die aufFuttervorräten und Einstreu konzen-triert nachzuweisen sind. Alle As-pergillus-Arten sind bestens an einLeben in einem relativ trockenenMilieu angepasst und entwickelnsich unter sauerstoffreichen (aero-ben) Bedingungen auf organischemMaterial bereits bei einer Substrat-

feuchte von fünfzehn Prozent. DieUmgebungstemperatur spielt dabeinur eine untergeordnete Rolle.

Prädisposition

Alle Papageienarten können an Pilz-infektionen erkranken, doch erwei-sen sich einige Arten als besondersanfällig. An erster Stelle stehen Rot-steißpapageien (Pionus), gefolgt vonGraupapageien (Psittacus eritha-cus), Amazonen (Amazona), Kaka-dus und Aras. Am vergleichsweiseunempfindlichsten scheinen Sittichewie die Grassittiche (Neophema),Wellensittiche (Melopsittacus undu-latus) und Nymphensittiche (Nym-phicus hollandicus) zu sein.

Bei Pilzerkrankungen handelt essich im Allgemeinen um multifakto-rielle Geschehen. Das bedeutet, dasssich bei einem Papagei, der ein paarPilzsporen inhaliert hat, nicht gleicheine tödlich verlaufende Krankheitentwickelt. Weiterhin können sichPilzsporen in den Luftwegen derTiere aufhalten, ohne eine Aspergil-lose auszulösen. In der Regel isteine Schwächung des Immunsys-tems zugunsten des Pilzes verant-wortlich für den Ausbruch derKrankheit. Klar ist, dass jede Artvon Immunsuppression (Schwä-chung der körpereigenen Abwehrdes Vogels) das Wachstum des Pil-zes fördert. Allerdings müssen diePilzsporen zunächst einmal tief inden Körper gelangen, und auch dieDosis der geschluckten oder inha-lierten Sporen spielt eine weiterenicht zu unterschätzende Rolle. Esist daher auch unsinnig zu behaup-ten, dass ein gesunder Vogel mitstarkem Immunsystem grundsätzlichgegen Pilze resistent ist. Wenn Spo-ren häufig und in großer Menge auf-genommen werden, infizieren sieauch den stärksten Papagei; es istnur eine Frage der Zeit.

Pathogenese

Generell nimmt der Papagei diePilzsporen entweder durch Schlu-cken oder Inhalieren auf. Aspergil-lus-Sporen können jedoch auchdurch Hautreizungen oder offeneWunden in den Körper gelangen.Aspergillus-Arten vermehren sich Fo

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praxis vor-gestellt

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sehr gerne in Brutgeräten (Inkubato-ren), denn hier herrschen ideale Vor-aussetzungen für ihr Wachstum.Nicht selten kommt es bei kontami-nierten Geräten zu einer Infektionder Eier. Feinste Risse in der Eischa-le führen zum Absterben des Em-bryos im Ei durch eine interne My-kose. Dabei befallen die Pilze zuerstdie Membranen der Luftkammer.

In der Mehrzahl der Fälle hat dieAspergillose ihren Ursprung in den

Atemwegsorganen, also entweder inden oberen Atemwegen (Nasenhöhleoder Nebenhöhlen) oder in den unte-ren Atemwegen (Lunge oder Luft-säcke). Von hier aus kann sich derPilz kontinuierlich ausbreiten unddiverse andere Organe befallen, diein direktem Kontakt zu den infizier-ten Luftsäcken stehen. Dazu gehö-ren Hoden, Niere, Nebenniere,Bauchfell, Leber, Lunge und Eier-stock. Kommt es zu einer Hoden-oder Eierstockentzündung, ist nicht

selten die Unfruchtbarkeit des Papa-geis die Folge.

Schimmelpilze können die Luft-säcke auch mit einer speziellen Spo-renform, den sogenannten Konidien,befallen. Die Infektion erstreckt sichanschließend mitunter bis in diepneumatisierten Knochen hinein.Darüber hinaus kann sie auch dieBlutbahn oder das Gehirn erreichen.Es hat sich gezeigt, dass der Pilz beieiner ungestörten Vermehrung letzt-endlich alle Organe des Vogels be-fallen kann, unabhängig vom Infek-tionsweg.

Die meisten Aspergillus-Artenproduzieren Giftstoffe (Toxi-ne), die dem Körper ernste

Schäden zufügen können. Der häu-figste Schimmelpilz ist A. fumiga-tus, gefolgt von A. flavus. Die Listeder Stoffwechselprodukte (Metabo-liten), die von den jeweiligen Pilzengebildet werden, ist lang und würde

den Rahmen dieses Artikels spren-gen. Viele dieser Substanzen könnendas Immunsystem des Vogels nochweiter schwächen und die Funktionvon Organen wie Leber und Nierebeeinträchtigen. Bei der Mehrzahlder infizierten Tiere lässt sich einedegenerierte Niere (Tubulonephro-se) sowie eine Leberentzündung (He-patitis) diagnostizieren. Die unbe-

Die wichtigsten Faktoren, die für die Auslösungeiner Aspergillose verantwortlich sind

Stress, hervorgerufen durch Ag-gressivität unter Artgenossen,ungeeignetes Gehege, falschenStandort des Käfigs oder der Vo-liere, Überbesetzung, schlechteHygienezustände, andere Haus-tiere wie Hunde oder Katzen.

Präsenz anderer Krankheiten,die das Immunsystem belas-ten, wie zum Beispiel virale Er-krankungen (PBFD, APV, Herpes-Infektion, Paramyxovirus-Infekti-on), bakterielle Erkrankungenoder Schwermetallvergiftungen.

Unkontrollierter oder zu langerEinsatz von Antibiotika: Vorallem Tetrazykline wirken sichhemmend auf die Immunabwehraus (z.B. die Doxyzyklingabe beider Psittakosebehandlung) undzerstören die vitaminbildendenBakterien. Auch wird den Pilzendurch das Zerstören natürlicherbakterieller Gegenspieler (Anta-gonisten) eine uneingeschränkteAusbreitungsmöglichkeit (Prolife-ration) gegeben.

Verantwortungsloser Einsatzvon Kortison, das ein sehr po-tenter Hemmer des Immunsys-tems ist.

Hohe Sporenbelastung derAtemluft, zum Beispiel beischlechter Lüftung oder in feuch-ten Wohnungen.

Schlechte Hygiene: zum Bei-spiel Präsenz von Gefiederstaub,Kothaufen und Futterresten.

Verpilzte Holzspäne oder Mais-granulat als Einstreu des Käfigsoder Nestes.

Vitaminmangel und allgemei-ne Mangelernährung: Vitamin-A-Mangel führt zu Veränderun-gen der Schleimhäute, zur soge-nannten Metaplasie. In dem ver-änderten Epithel können sichPilze, aber auch Bakterien einnis-ten. Betroffen sind insbesonderedas Deckgewebe (Epithel) derHaut, der Schleimhäute (wie bei-spielsweise die der Atemwegsor-gane), der Mundhöhle, der Bür-zeldrüse, der Nieren oder derSpeicheldrüsen.

Kontaminiertes Futter (Körner,Obst, Gemüse): Die Krankheits-häufigkeit (Prävalenz) der an As-pergillose erkrankten Vögel inunserer Praxis ist bei den Papa-geien am höchsten, die fast aus-schließlich mit Körnern und Nüs-sen gefüttert werden. Bei den mitExtrudaten ernährten Papageientritt dieses Problem erheblich sel-tener auf.

Kontaminierte Brutmaschinen(Inkubatoren): Der Pilz kanndurch die Eischale hindurch dasKüken infizieren.

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Verdorbe-nes Futter

Futter misera-bler Qualitätoder Futter, daszu lange undnicht vernünftiggelagert wurde,gehört nicht inden Futternapf,sondern in denMüll.

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handelte Hepatitis führt zur Zirrho-se, das heißt, die Leberzellen wer-den durch ein nichtfunktionelles Ge-webe ersetzt, das vor allem aus demBindegewebseiweiß Kollagen be-steht. Das gefährliche Pilzgift Afla-toxin, das von A. flavus ausgeschie-den wird, ist hierfür als Verursachersehr bekannt, außerdem hat es krebs-fördernde (karzinogene) Eigenschaf-ten.

Das Gliotoxin von Aspergillusfumigatus löst eine starkeSchwächung der Immunab-

wehr aus (Immunsuppression). DasGift stört die Funktion der Granulo-zyten im Blut nachhaltig. Hierbeihandelt es sich um spezielle weißeBlutkörperchen, die als „Fresszel-len“ Krankheitserreger wie Pilzspo-ren und Bakterien im Blut aufneh-men (Phagozytose) und zerstören.Ihre Reduzierung fördert natürlichdie Streuung und Vermehrung derPilzsporen. Weiterhin ist bekannt,dass das Gliotoxin zumindest beiSäugetieren ab einer bestimmtenDosis das Absterben von Nierenzel-len (Apoptose) auslöst.

Das Aflatoxin verschlechtert beimGeflügel die Bildung des Knochen-gewebes (Ossifikation), vermindertden Gallensäurespiegel und denGehalt der Lipase, eines wichtigenEnzyms bei der Aufspaltung vonFetten. Weiterhin führt es zu Hirnö-demen (krankhaften Ansammlungenvon Flüssigkeit im Gehirn) und zur

Hirndegeneration (Rückbildung vonHirngewebe), zu verminderter Sper-maqualität und Reduzierung derLegeleistung (beim Huhn) sowie zueiner reduzierten Antikörperbildung.

Klinische Symptomeder Aspergillose

Die klinischen Symptome der As-pergillose sind von mehreren Fakto-ren abhängig:

Wo befindet sich der Pilz(Lokalisation) und wie tief

ist er ins Gewebe ein-gedrungen (Invasion)?

Aspergillus kann einzelne Organevollständig zerstören und durchWeitersprießen andere erreichen undinfizieren. Die Zeit, die er hierfürbraucht, hängt vom Immunstatus desTieres ab. Sicher ist: Wird der Pilz-herd nicht eliminiert, wächst er kon-tinuierlich weiter und wird aufDauer den ganzen Körper, jedesOrgan erreichen. Besonders heim-tückisch sind hierbei kleine ver-

steckte Pilzherde in der Lunge, inden Luftsäcken oder in der Nase, diemonatelang symptomlos präsent sindund erst durch die zunehmende Grö-ße und Invasion eine Symptomatikauslösen. Ein offensichtlich gesun-der Vogel kann eine Pilzinfektion insich tragen, die monatelang verbor-gen bleibt. Papageien zeigen leiderhäufig erst im Spätstadium einerKrankheit einen klinischen Befund.

Beispiel: Ein lokales Aspergil-lus-Granulom (entzündungs-bedingter, knotenartiger Ge-

webeklumpen) in der Nase zerfrisstzuerst die Nasenmuscheln, dann dieNasenhöhlen und anschließend dieNasenscheidewand bis auf den Kno-chen. Wird zu diesem Zeitpunktimmer noch keine Therapie eingelei-tet, kann der Pilz das Hirn und dieAugen erreichen und dementspre-chend neben massiven Sehstörungenauch zentralnervöse Symptome her-vorrufen.

Oft gehören schleichende Abmage-rung und Schwäche zu den Begleit-symptomen.

Aspergillus präsent in: Symptome

Nase Schnaufen, Niesen,Nasenausfluss

Mundhöhle Futterverweigerung, Abszessin der Mundhöhle

Luftröhre Atemnot, Erstickungsanfälle

Syrinx (Stimmkopf) Heiserkeit, Erstickungsanfälle,Atemnot (Dyspnoe), Husten

Bronchien, Lunge Dyspnoe, Erstickungsanfälle,Flugintoleranz, Husten

Luftsäcke Dyspnoe, Schwanzwippen,Flugintoleranz

Herz Herzstillstand

Gehirn, Rückenmark Je nach Schweregrad,z.B. Kopfschiefhaltung,Lähmungen usw.

Auge Bindehautentzündung(Konjunktivitis), Hornhaut-entzündung (Keratitis)

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Juckreiz

Im fortgeschrit-tenen Stadiumlöst die Asper-gillose häufig

starken Juckreizim Bereich der

betroffenenOrgane aus.

Viele Federrup-fer leiden nicht

unter psychi-schen Proble-men, sondern

sind organischkrank.

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Um welche Pilzarthandelt es sich?

Vor allem A. fumigatus und A. flavusscheinen besonders häufig aufzutre-ten; A. fumigatus liebt hohe Tempe-raturen für seine Entwicklung (42 °Cunter Laborbedingungen). Da Papa-geien eine Körpertemperatur von39-40 °C haben, finden die Pilzspo-ren bei ihnen ideale Bedingungenfür eine Besiedlung vor.

Wie sind der Immunstatus desWirtstieres und sein

allgemeiner Gesundheits- undErnährungszustand?

Je schwächer der Papagei ist, destoschneller breitet sich der Pilz aus.Vitaminmangel, massives Überge-wicht, die Präsenz anderer Krank-heiten, Stress durch Menschen oderArtgenossen belasten das infizierteTier schwer und führen zu einerschnellen Ausbreitung des Schim-melpilzes und somit zu einer schnel-len Symptomatik.

Wie alt ist der betroffenePapagei? Leidet oder litt er

unter anderen schweren Infek-tionskrankheiten wie PBFD

oder Chlamydiose?

Schimmelpilze kommen in unsererUmwelt überall vor. Sie sind ständigauf der Suche nach dem idealenNährboden für ihre schnelle Aus-breitung. Papageienjunge haben einnoch schwaches Immunsystem, undwenn es dem Pilz gelingt, sich miteiner großen Anzahl von Sporen imKörper festzusetzen, kann es zueiner akuten und häufig tödlich ver-laufenden Aspergillose kommen. ImAllgemeinen dauert dieser Prozessnur wenige Tage, und der Pilz ist indiesen Fällen im gesamten At-mungstrakt nachzuweisen.

Circoviren sind dafür bekannt,dass sie die Vorstufenzellender roten und weißen Blut-

körperchen im Knochenmark zer-stören. Somit kommt es zu einerBlutarmut oder Anämie (Mangel anroten Blutkörperchen) sowie zueiner Leukopenie (Mangel an wei-ßen Blutkörperchen). Das Immun-system ist nahezu komplett zerstört,und der Pilz kann sich ungehindertausbreiten. Diese Tiere sterben se-

kundär an einer Pilzerkrankung, dieprimäre Ursache bleibt dabei oftunerkannt. Besitzer mit Aspergillo-sepatienten müssen daher bei ihremTierarzt auf einem PBFD-Test beste-hen.

Wie lange ist derPapagei schon infiziert?

Die meisten Papageien beherbergenden Schimmelpilz ziemlich lange(Monate bis Jahre), bevor er sichbemerkbar macht. Es handelt sichhierbei um die chronische Form derAspergillose. Stress-Situationen wie

zum Beispiel das Umsetzen oder derVerkauf können dann durch dieImmunsuppression das Geschehenbeschleunigen. Die chronische Formmacht sich anfänglich durch kleineunspezifische Details bemerkbar:Der Vogel wird beispielsweise ruhi-ger, frisst weniger oder wird auffal-lend teilnahmslos. Die Symptomeder Luftsackentzündung treten erstim späten Krankheitsverlauf auf.Chronische Infektionen führen defi-nitiv zu einer Gewebe- oder Organ-zerstörung (z.B. in der Nase, in denLuftsäcken oder im Rückenmark).Zu einer Regeneration kommt es indiesen Fällen nicht mehr.

Die Aspergillose aufder Röntgenaufnahme

Wenn die Folgen der Aspergilloseauf der Röntgenaufnahme zu se-hen sind, ist die Krankheit schon ineinem weit fortgeschrittenen Sta-dium angekommen. Das Bild obenzeigt eine Blaustirnamazone mitschwerer Atemnot, deren Luft-säcke hochgradig entzündet sind.Die Pilze haben die ansonsten kla-ren Luftsäcke trüb gefärbt. DasBild unten zeigt die Aufnahmeeines Graupapageis mit einemAspergillosegranulom am Herzen(gelber Kreis), das operativ ent-fernt werden konnte.

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Erdnuss-junkies

Leider gibt esimmer nochBücher undArtikel, in denendie Fütterungvon Erdnüssenin der Hülse ver-harmlost wird.Doch hier lauertder Schimmel-pilz besondershäufig.

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Welche Organschäden hat diePilzinfektion verursacht?

Da Pilzgifte die Organe schä-digen, aber auch der Pilz sel-ber das Organ überwuchert,

kommt es zu der entsprechendenSymptomatik (siehe Tabelle Seite10). Die induzierte Leberschädigungäußert sich meist durch gelb bis grüngefärbten Harn (Biliverdinurie), Ab-magerung, eine verminderte Kon-zentration von Gesamteiweiß imBlut (Hypoproteinämie) sowie durchBlutungen. Bei der Nierenschädi-gung fallen vor allem vermehrtesTrinken (Polydipsie) und vermehrtesUrinieren (Polyurie) auf. Pilze oderihre Gifte, die das Hirn erreichen,führen zu Koordinationsstörungen,Abstürzen, Kopfschiefhaltung usw.In einem Fall kam es zur Bildungeines Abszesses, der von der Lungebis in das Rückenmark reichte, undder Vogel zeigte zuerst nur Läh-mungserscheinungen an einem Fuß.In einigen Fällen konnten Pilzgranu-lome an folgenden, zum Teil zerstör-ten Organen festgestellt werden:Nebenniere, Hoden, Eierstock, Nie-re, Pankreas, Leber und Darm.

Bemerkenswert ist, dass bei sehrvielen rupfenden Papageien einePilzinfektion nachzuweisen ist. Dasliegt einerseits daran, dass dieseTiere an inneren Schmerzen leidenund die darüberliegenden Hautparti-en benagen, andererseits daran, dassihnen die Folgeerscheinungen derPilzvergiftung (z.B. Aflatoxikose)zu schaffen machen.

Liegt eine Mykotoxikose vor?

Bei der Mykotoxikose handelt essich um die Vergiftung des Körpers

im Anschluss an die Aufnahme vonFutter, das mit Pilzgiften (Mykotoxi-nen) belastet ist. Die in den Körpergelangten Toxine müssen sich nichtunbedingt vermehren, um die Krank-heit auszulösen. Die pathogene Be-deutung der Pilzgifte hängt zumeinen von der Pilzart ab, zum ande-ren aber auch von der Anbauregionder Nahrungspflanzen und den dorteingesetzten agrotechnischen Ver-fahren. Aspergillus-Arten besiedelndie noch unreifen oder reifendenGetreidepflanzen gerne am Halm.Zur Mykotoxinbildung kommt esaber erst, wenn Temperatur, Feuch-te, Sauerstoffgehalt und pH-Wert derUmgebung die optimalen Werteerreicht haben. Jedes Toxin hat seineeigenen Eigenschaften und bei Vö-geln scheinen sich die Schädigungenhauptsächlich auf die Enzymakti-vitäten der Leber und auf die Blut-bildung auszuwirken. Bei einer gro-ßen Menge aufgenommener Pilzgif-te kommt es zu einem akuten Ver-lauf der Krankheit und zu einemschnellen Tod. Geringe MengenGift, die über einen längeren Zeit-raum aufgenommen werden, führenin der Regel zur chronischen Form.Hier gibt es nur unspezifische Sym-ptome wie beispielsweise Abmage-rung oder Lustlosigkeit. Das kör-pereigene Immunsystem bildet keineAntikörper gegen die Toxine, dadiese ein niedriges Molekularge-wicht haben und ohne Eiweiß nichtals Antigen fungieren.

Die Diagnose erfolgt durch denNachweis toxinbildender Pilze imFutter. Ist das Futter wärmebehan-delt, können zwar keine Pilze mehrisoliert werden, doch da die Giftehitzebeständig sind, bleiben dieseerhalten. Deshalb weist man dieGifte heutzutage mit chromatogra-phischen Verfahren direkt nach.

Lesen Sie in der nächsten Ausga-be des WP-Magazins die Fortset-zung mit Diagnose und Behand-lung der Aspergillose.

Der Blick durch das Endo-skop zeigt den Pilzrasen

Durch den Blick in die Bauchhöhledes erkrankten Papageis lassensich Granulome (Bild oben, Pilzra-sen auf der Leber eines Grau-papageis) leicht erkennen und not-falls umgehend operativ entfernen.Das Bild unten zeigt eine Papagei-enlunge, wie sie nicht ausssehensollte: Das Gewebe ist durch diezahlreichen Aspergillus-Pilzherdegelblich grau getrübt.

Kontaktdaten zum Autor:

Dr. Carlo Manderscheid, 5, ave-nue François Clément, 5612Mondorf-les-Bains, Luxemburg,Tel: 00352-23-661718, Internet:www.dr-manderscheid.com Fo

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Graupapagei littunter heftigen

Atemproblemenund war völlig

apathisch. Dieskann die Folgeeiner Aspergil-

lose sein, musses jedoch nicht.Die allgemeine

Symptomatikbei kranken

Papageien istso schwierig zu

interpretieren,dass nur eine

gezielte Dia-gnostik eines

FachmannsKlarheit über

die Ursache desÜbels ver-

schafft.