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Block 2b-1 Lernen in und von Organisationen – Betriebliche Bildung im Wandel Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob Individuelles und kollektives Lernen (1) Ausgangsfragen: Gibt es kollektive Lernprozesse? Wenn ja, lassen sich die Erkenntnisse individueller Lerntheorien auf kollektive (organisationale) Lernprozesse übertragen? Was ist eine Organisation, dass sie lernen kann? Was ist eine Organisation? Was ist eine lernende Organisation? Wenn eine Organisation lernen kann, wie lässt sich erkennen, ob sie etwas gelernt hat?

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Block 2b-1Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen (1)

Ausgangsfragen:

Ø Gibt es kollektive Lernprozesse?

Ø Wenn ja, lassen sich die Erkenntnisse individueller

Lerntheorien auf kollektive (organisationale) Lernprozesse

übertragen?

Ø Was ist eine Organisation, dass sie lernen kann?

Ø Was ist eine Organisation?

Ø Was ist eine lernende Organisation?

Ø Wenn eine Organisation lernen kann, wie lässt sich

erkennen, ob sie etwas gelernt hat?

Block 2b-2Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Exkurs: Was ist eine Organisation ?(1)

1) Am Fahrkartenschalter 1 des Kölner Hauptbahnhof stehen 10

Personen in einer Warteschlange. Existiert eine Organisation?

2) Nach einem Verkehrunfall weist ein Passant einen anderen Passanten

an, den Rettungsdienst zu verständigen, der nächste soll die Polizei

alarmieren. Einen weiteren fordert er auf, Erste Hilfe zu leisten und

einen vierten Passenten bittet er, sich für eine Zeugenaussage zur

Verfügung zu stellen. Existiert eine Organisation?

3) Drei Studenten beschließen, eine Software-Firma zu gründen. Zwei

schreiben die Programme und der dritte kümmert sich um den

Vertrieb. Existiert eine Organisation?

Block 2b-3Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Exkurs: Was ist eine Organisation ?(2)

Organisationen sind durch drei wesentliche Merkmale gekennzeichnet:

1) Zielgerichtetheit: Organisationen sind auf spezifische Zwecke ausgerichtet. Die

Ziele der Organisation müssen nicht vollkommen identisch sein mit denen der

Organisationsmitglieder, meist decken sich die Ziele nur partiell oder die

Mitglieder betrachten die Erfüllung der Organisationsziele nur als Mittel zur

Erreichung der eigenen Ziele (utilitaristische Perspektive).

2) Geregelte Arbeitsteilung: Die Aufgabenaktivitäten der Organisationsmitglieder

werden nach einer bestimmten Ordnung aufgeteilt und koordiniert. Es existiert

eine Organisationsstruktur.

3) Dauerhaftigkeit: Die Organisation ist auf eine gewisse Dauer angelegt.

Zwischen der Organisation und ihrer Umwelt besteht somit eine auf Dauer

angelegte Grenze, die ein gewisses Maß an Stabilität aufweist.

Block 2b-4Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen (2)

Ausgangspunkt: kognitive Sichtweise, Lernen lässt sich als Prozess der

Informationsverarbeitung darstellen:

Info. - Wahrnehmung Info.- Interpretation Info. – Speicherung

Ø Es werden Vorstellungen von der Wirklichkeit entwickelt und danach

Maßstäbe für das eigene Verhalten gebildet

Ø Neue Informationen werden zu Wissen verarbeitet

Ø Wirklichkeitskonstruktionen werden überarbeitet

Block 2b-5Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen (3)

Ø Individuelles Lernen (psychischer Prozess)

Ø Kollektives Lernen (sozialer Prozess)

Ø Allgemein: Lernen in Gruppen („Teams“)

Ø Bezogen auf das Lernen innerhalb einer Organisation:

Lernen organisatorischer Subsysteme

Ø formelle Subsysteme (organisatorische Teilbereiche,

Abteilungen)

Ø informelle Subsysteme (über Abteilungsgrenzen hinweg

bestehende Netzwerke)

Ø Bezogen auf die gesamte Organisation:

organisationales Lernen als „Spezialfall“ kollektiven Lernens

Block 2b-6Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen (4)

Ø Die Organisation lernt meist nicht als Ganzheit, sondern

über ihre Subsysteme (Abteilungen, Teams).

Ø Das Lernen im Team („Team-Lernen“) bildet das zentrale

Element organisationalen Lernens:

Ø „Das Team-Lernen ist der Prozess, durch den ein Team

seine Fähigkeit, die angestrebten Ziele zu erreichen,

kontinuierlich ausrichtet und erweitert.“ (Peter M. Senge,

Die Fünfte Disziplin, S. 287).

Ø Von besonderer Bedeutung ist dabei das Ausrichten der

eigenen Interessen auf eine gemeinsame Vision.

Block 2b-7Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen (5)

Ø Das Teamlernen als kollektives Lernen ist ein kommunikativer

Prozess: es ist das Ergebnis von Kommunikation zwischen den

Systemmitgliedern.

Ø Nach Peter M. Senge („Die fünfte Disziplin“) sind die Beherrschung von

Dialog und Diskussion eine wesentliche Voraussetzung für das Lernen in

Teams.

Ø „Der freie Fluß von widersprüchlichen Ideen ist von entscheidender

Bedeutung für ein kreatives Denken, für die Entdeckung neuer Lösungen,

zu denen ein einzelner Mensch nie vorstoßen könnte.“ (Senge, Die Fünfte

Disziplin, S. 303)

Ø Sind die einzelnen Mitglieder eines Teams lernfähig, bedeutet

dies nicht zwangsläufig, dass das Teams als Ganzes eine hohe

Lernfähigkeit hat (Problem der Abwehrroutinen)!

Block 2b-8Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Individuelles und kollektives Lernen: Fazit

Ø Der organisatorische Lernprozess wird von Individuen

getragen und aufrecht erhalten.

Ø Referenzpunkt organisatorischer Lernprozesse ist die

Organisation: Sie gibt den Rahmen und Anlässe

individuellen Lernens vor.

Ø Den konkreten Lernkontext bilden organisatorische

Teileinheiten (formell oder informell). Das Team als

elementare Lerneinheit baut durch kommunikative Akte in

wechselseitigen Interaktionen und Diskursen Wissen auf.

Die Lernfähigkeit eines Teams wird dabei maßgeblich durch

die Überwindung lernbehindernder Abwehrstrukturen und

die Ausrichtung der Teammitglieder auf ein gemeinsames

Ziel geprägt.

Block 2b-9Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (1)

Ø Wird von der Existenz kollektiver, insbesondere

organisationaler, Lernprozesse ausgegangen,

dann werden Organisationen als eigenständige

Kognitions- und Handlungssysteme betrachtet!

Block 2b-10Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (2)

Ø Die Fähigkeit einer Organisation, Wissen zu erwerben,

aufzubauen und weiterzuentwickeln ist die Grundlage

organisatorischer Lernprozesse.

Ø Welcher Zusammenhang besteht zwischen „Wissen“

und „Handeln“?

ØDas Wissen stellt ein Handlungspotenzial

( Verhaltensdisposition!) dar.

ØWissenserwerb (Verhaltensaneignung) und Umsetzung von

Wissen in Handlungen (Verhaltensausführung) sind zwei

unterschiedliche Prozesse (vgl. Bandura!)

Block 2b-11Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (3)

Ø Wissen: kognitive Grundlage für intentionales und

bewusstes Handeln

Ø Lernen: Veränderung von Wissensstrukturen; führt zu

anderen, angemesseneren Handlungen

Handeln

Lernen Wissen

Block 2b-12Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (4)

Individuum

(psychisches

System)

Organisation

(soziales System)

handelt

lernt

weiß

!

!

!

?

?

?

Block 2b-13Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (5)

Eine Organisation als Ansammlung von Individuen

„handelt“, als kooperatives System, wenn/weil……

Ø die Systemmitglieder gemeinsame Regeln aufstellen, nach

denen Entscheidungen getroffen werden,

Ø einzelnen Systemmitgliedern die Vollmacht gegeben wird,

für die Gesamtheit zu handeln,

Ø Grenzen zwischen der Organisation und der übrigen Umwelt

festgelegt werden.

Block 2b-14Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Grundlagen organisationalen Lernens (6)

Eine Organisation „lernt“, …

Ø durch die Auseinandersetzung mit neuartigen

Aufgabenstellungen, Problemen oder Situationen,

Ø durch den Erwerb von organisationsspezifischem Wissen

und die Verankerung des Wissens in ihrer Wissensbasis

sowie der kontinuierlichen Neuorganisation des Wissens in

der Wissensbasis für künftige Problemlösungserfordernisse.

Ø Der organisationale Lernprozess wird von Individuen

getragen, doch die Organisation lernt nicht zwangsläufig,

wenn einzelne Mitglieder lernen!

Block 2b-15Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Grundlagen organisationalen Lernens (7)

Eine Organisation „weiß“, …

Ø weil das in kollektiven, kommunikativen Prozessen Erlernte

als Wissen in der Organisation gespeichert werden kann.

Das organisatorische Wissen kann in unterschiedlicher

Weise gespeichert sein:

Ø im Kopf einzelner Mitglieder

Ø in Akten oder Datenbanken

Ø in organisationsspezifischen Abläufen oder Verfahren

Block 2b-16Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Zur Bedeutung von „Handlungstheorien“ (1)

Ø Zur Umsetzung und Verknüpfung verschiedener

Wissenselemente entwickeln Organisationen sog.

Aktions- oder „Handlungstheorien“

Handeln

Lernen Wissen

Handlungstheorien

Block 2b-17Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Zur Bedeutung von „Handlungstheorien“(2)

Bestandteile von Handlungstheorien:

Ø Handlungsstrategien

Ø Werte, die die Auswahl der Strategien bestimmen

Ø Annahmen, auf denen die Handlungsstrategien beruhen

„Will man das Ergebnis E in der Situation S erreichen, muss man die

Handlungsstrategie H durchführen.“

(Ausgangs)Situation S Handlungsstrategie H Ergebnis E

Annahmen

(Bezügl. des Zusammenhangs von S, H und E)

Werte

(Was macht E zu

einem erstrebens-

werten Ziel?)

Block 2b-18Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Zur Bedeutung von „Handlungstheorien“(3)

Argyris und Schön unterscheiden zwei Typen von

Handlungstheorien:*

1. „Espoused theories“ , d.h vertretene Theorien, die die

Organisationsmitglieder zur Begründung oder Rechtfertigung

ihrer Handlungen benennen, z.B. formale Unterlagen einer

Organisation (Organisationspläne, Zielformulierungen,

Arbeitsplatzbeschreibungen, Managementsysteme)

2. „Theories in use“, d.h faktische bzw. handlungsleitende

Theorien, die dem Handeln der Organisationsmitglieder

tatsächlich zu Grunde liegen und i.d.R. nicht reflektiert werden

und häufig nicht mit den vertretenen Theorien übereinstimmen

(-> Organisationskultur!).

*Argyris/Schön, Die Lernende Organisation, 2. A., 2002, S. 28f.

Block 2b-19Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (1)

Ø Nach Argyris und Schön üben vor allem die faktischen

Handlungstheorien entscheidenden Einfluss auf

organisatorische Lernprozesse aus.

Ø Mit Bezug auf die Handlungstheorien lassen sich drei

Ebenen des organisationalen Lernens unterscheiden:

1. Single-loop-Learning (Einkreislernen)

2. Double-loop-learning (Zweikreislernen)

3. Deutero-learning

Block 2b-20Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (2)

Single-loop-Learning (Einkreislernen)

Ø „…instrumentales Lernen, das Handlungsstrategien oder

Annahmen, die Strategien zugrunde liegen, so verändert, dass die

Wertvorstellungen einer Handlungstheorie unverändert bleiben.“*

Ø Eine einzige Rückmeldeschleife verbindet ein Handlungsergebnis,

das nicht den Erwartungen entspricht (z.B. fehlerhafte Produkte,

Umsatzrückgang) mit den Handlungsstrategien der Organisation

und den ihnen zu Grunde liegenden Annahmen.

Ø Damit die Leistung der Organisation im Rahmen ihrer bestehen-

den Normen und Wertvorstellungen bleibt (z.B. Produktqualität

oder Umsatzniveau), werden diese Strategien oder Annahmen

ihrerseits abgeändert. Die Wertvorstellungen und Normen selbst

bleiben unverändert.

*Argyris/Schön, S. 35 f.

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (3)

Single-loop-Learning (Einkreislernen):

Handlungsstrategie H1 Ergebnis E1Situation St1

Annahmen A1

Werte W1

Handlungsstrategie H2 Ergebnis E2Situation St2

Annahmen A2

Werte W1

Rückmeldeschleife 1

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (4)

Double-loop-Learning (Zweikreislernen)

Ø „…Lernen, das zu einem Wertewechsel sowohl der

handlungsleitenden Theorien als auch der Strategien und

Annahmen führt.“*

Ø Es werden zwei Rückmeldeschleifen betrachtet: einerseits die

Rückmeldeschleife zwischen dem festgestellten Handlungs-

ergebnis und den Strategien und Annahmen, andererseits die

Rückmeldeschleife zwischen dem festgestellten Handlungs-

ergebnis und den Wertvorstellungen.

Ø Strategien und Annahmen können sich gleichzeitig mit einem

Wertewechsel oder als Folge davon ändern.

*Argyris/Schön, S. 36.

Block 2b-23Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (5)

Double-loop-Learning (Zweikreislernen):

Handlungsstrategie H1 Ergebnis E1Situation St1

Annahmen A1

Werte W1

Handlungsstrategie H2 Ergebnis E2Situation St2

Annahmen A2

Werte W2

Rückmeldeschleife 1

Rückmelde

-schleife 2

Block 2b-24Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

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Handlungstheorien

und Ebenen organisationalen Lernens (6)

Deutero-Learning

Ø Als zusätzliche oder Meta-Lernebene bezeichnet Deutero-

Learning gleichermaßen das „Lernen des Lernens“.

Ø Wissen über vergangene Lernprozesse (Single- und Double-Loop)

wird gesammelt und kommuniziert, Lernkontexte, Lernverhalten

sowie Lernerfolge und –misserfolge werden reflektiert.

Ø Durch Deutero-Lernen soll sichergestellt werden, dass sich

Organisationen kontinuierlich lernbereit halten und organisa-

tionales Lernen nicht als Abfolge einzelner Episoden im alltäg-

lichen Handeln begriffen wird.

Block 2b-25Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Handlungstheorien und Ebenen

organisationalen Lernens: Fazit

Die Reichweite organisationaler Lernprozesse und deren Ergebnisse sind

abhängig von der angesprochenen Lernebene.

Ø Beim Single-loop-Learning wird von inkrementalen (geringfügigen) oder

operativen Anpassungen/Änderungen gesprochen. Das Lernen vollzieht sich

innerhalb eines etablierten, generell akzeptierten Bezugrahmens. Die Hand-

lungstheorie als solche wird als gegeben betrachtet und selbst nicht hinter-

fragt.

Ø Beim Double-Loop-Learning wird von fundamentalen Anpassungen

gesprochen. Die Prämissen und Wertvorstellungen der Handlungstheorie

werden hinterfragt und ggf. modifiziert. Häufig vollzieht sich das Lernen

dabei als Konfliktbewältigungsprozess in oder zwischen Gruppen, wenn

Grundwerte und –überzeugungen zur Debatte stehen.

Ø Beim Deutero-Learning wird die Technik des Wissenserwerbs selbst weiter

entwickelt. Ziel ist es, die Lernfähigkeit der Organisation zu steigern.

Block 2b-26Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Formen organisationalen Lernens

Organisatorisches Lernen kann sich - wie individuelles Lernen – in

verschiedenen Formen vollziehen, z.B.

Ø Lernen aus Erfahrung: „Learning by doing“

Ø Lernen durch Beobachtung der Erfahrungen anderer

Organisationen (Publikationen, Vorträge, Konferenzen aber auch

illegale „Werksspionage“)

Ø Lernen durch Instruktion, z.B. durch Unternehmensberater

Ø Lernen durch Akquisition neuer Wissensträger, z.B. durch

Einstellung von Experten oder Akquisition ganzer (mit

spezifischem Wissen) ausgestatteter Organisationen

Ø Lernen durch Generierung neuen Wissens, Lernen durch

Einsicht/Forschung, Schaffung von Innovationen

Block 2b-27Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Empfehlungen zur Gestaltung

organisationalen Lernens (1)

Ø Maßnahmen zur Gestaltung kollektiver Lernprozesse

müssen auf der Ebene der Kommunikation ansetzen,

da es sich beim organisationalen Lernen um ein

soziales Phänomen handelt. Maßnahmen, die nur auf

der individuellen Ebene ansetzen (z.B. Erhöhung des

Budgets für betriebliche Bildungsmaßnahmen) reichen

nicht aus.

Ø Wichtig ist die Schaffung eines lernförderlichen

Umfelds, das den aktiven Wissenserwerb betont (im

Gegensatz zur passiven Wissensvermittlung).

Block 2b-28Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Empfehlungen zur Gestaltung

organisationalen Lernens (2)

Ø Nach der Idee des „Management of Diversity“ sind

entsprechend den Erkenntnissen zum Team-Lernen

systeminterne Diskurse zu fördern und nicht zu

unterbinden.

Ø Die Implementierung von Lernnetzwerken kann

einerseits durch Projektteams (als problemorientierte

Lernnetzwerke) oder als „Think Tanks“ (als

innovationsorientierte Lernnetzwerke) erfolgen.

Block 2b-29Lernen in und von Organisationen –

Betriebliche Bildung im Wandel

Dipl. Kff. Oda Schliebusch-Jacob

Empfehlungen zur Gestaltung

organisationalen Lernens (3)

Ø Für die Verteilung und nachhaltige Verankerung des

erworbenen Wissens müssen die teambezogenen

(bzw. auf einzelne organisatorische Teilbereiche

bezogenen) Lernfortschritte sinnvoll auf die gesamte

Organisation übertragen werden bzw. für die gesamte

Organisation nutzbar gemacht werden.

Als ein mögliches Strukturmodell hierfür kann die sog.

„Hypertextorganisation“ nach Nonaka/Takeuchi* genannt

werden: Hierbei erfolgt eine Integration der Struktur zur

Wissensproduktion (z.B. bestehend aus Projektteams) und der

Struktur zur Bewältigung der Routinetätigkeiten.

*Nonaka/Takeuchi, Die Organisation des Wissens, 1997, S. 181 ff.