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Internationales Institut für Management Fachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie Führung: 1. Was nennt man eigentlich „Führen?“ 2. Wonach fragt die Führungsforschung und ... 3. ... welche Antworten gibt es dort? (a) Eigenschaftsorieniert (b) Verhaltensorientiert (c) Situative Ansätze (d) Prozess-Ansätze

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Page 1: Internationales Institut für Management Fachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie Führung: 1. Was nennt man eigentlich Führen? 2. Wonach fragt die

Internationales Institut für ManagementFachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie

Führung:

1. Was nennt man eigentlich „Führen?“

2. Wonach fragt die Führungsforschung und ...

3. ... welche Antworten gibt es dort?

(a) Eigenschaftsorieniert

(b) Verhaltensorientiert

(c) Situative Ansätze

(d) Prozess-Ansätze

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Definition und Überblick: zunächst eine Ein-Führung:

Will man sich auf dem Gebiet der Führung orientieren, so trifft man

auf unübersichtliches Gelände: Es gibt beeindruckende Pracht-

Straßen, die aber ins Nichts führen, kleine Schleichwege zu

faszinierenden Aussichtspunkten, Nebellöcher und sumpfige Stellen.

Auf der Landkarte der Führung finden sich auch eine ganze Reihe

Potemkinscher Dörfer*, uneinnehmbare Festungen oder wild

wuchernder Slums. Was die vorliegenden Dokumentationen

anbelangt, so kann man sich dem sarkastischen Kommentar von

SIEVERS (1988) anschließen, der vielen Schriften über Führung

mehr Heiz- als Erkenntniswert zuspricht.

Quelle: Neuberger, 1994, S. 2f

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Ideologische Begründungen: Führung gibt es, weil Menschen geführt werden

wollen. Führung gibt es, weil Menschen geführt werden

müssen. Hierarchie ist ein universelles Prinzip. Entwicklung wird von Eliten vorangetrieben – sie

sollen das Sagen haben. Führung ist funktional.

Wozu brauchen wir Führung?

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Führung hat Sach-Funktionen der Koordination, Motivation und Kontrolle.

Dies ist ein Effizienzargument: Hierbei sind andere Formen der Koordination möglich – manchmal auch genauso effizient oder

sogar effzienter. Für weitere Aufgaben der Führung (z.B. Durchsetzung von Normen, Persönlichkeitsentfaltung usw.) gilt

dies allemal.

Führung hat immer auch die soziale Funktion der Macht- und Herrschaftssicherung.

Dies ist ein häufig verschwiegenes Argument.

Ist der Dirigent ein Führer?

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„absichtliche und zielbezogene Beeinflussung“

Die Organisationspsychologie untersucht Führung als Einflussnahme durch Inhaber von Vorgesetztenpositionen auf Unterstellte.

Hierbei wird angenommen, dass:

1. Führung ein Gruppenphänomen ist,

2. ... intentionale soziale Einflußnahme beinhaltet...

3. ... und darauf gerichtet ist, durch Kommunikationsprozesse

Ziele zu erreichen.

ABER: Es gibt auch „Führung durch Strukturen“

Definition

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Untersucht wurden vor allem zwei Fragen: - Wer führt erfolgreich? Wen sollen wir einstellen oder

befördern (Selektionsfrage)?- Wie führt man erfolgreich? Auf welches Verhalten hin

sollen wir schulen, trainieren, weiterbilden (Modifikationsfrage)?

Weniger ausgiebig beschäftigen sich die Ansätze mit der Frage, was man denn unter „Führungserfolg“ versteht.

Aber:

Ausgehend von dem Verständnis von Führung als soziales Phänomen der Einflußnahme, so sind diese Fragen sowie einige

Führungstheorien begrenzt.

Fragen der Führungsforschung

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EigenschaftstheoretischeAnsätze

Verhaltensorientierte Ansätze

Beispiele fürPersönlichkeitsmerkmale

von Führungskräften:Energie,

Intelligenz,Dominanz,

Kooperationsfähigkeit,Selbstvertrauen, neu: Charisma.

(„Great-Man-Theorien“)

FührungsstilforschungUrsprung: Ansatz von Lewin, Lipitt &

White : autoritär – demokratisch – laisser-faire

FührungsverhaltensforschungUrsprung: Ohio-Studien

(Fleischmann):• Aufgabenorientierung („initiating

structure“)• Mitarbeiterorientierung

(„consideration“)

Führungstheorien: Personalistische Ansätze

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• Situationstheorie, Fiedler (1967)

• Kombination mit Verhaltensdimensionen: Reifegradansatz (Hersey & Blanchard) sowie 3-D-Theorie (Reddin)

• Vroom&Yetton-Modell

• lerntheoretische Ansätze

• Weg-Ziel-Theorie (S.344)

• Attributionstheorie der Führung

Theorien ...

Situative Ansätze (Kontingenztheorien)

Psychologisch fundierte Theorien

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„Eigenschaftstheorie der Führung“ (oder personalistischer Ansatz)

gilt als Sammelbezeichnung für alle Ansätze,

die der Persönlichkeit des Führersausschlaggebende Bedeutung beimessen

(Neuberger, 1994, S. 63).

Charismatische Führung .....?!?

Eigenschaftsorientierte Ansätze

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... und was ist dran?

Eigenschaften wie Intelligenz, Selbstvertrauen, Dominanz

und Kooperationsfähigkeit sind mit dem Innehaben von

Führungspositionen positiv korreliert, jedoch gilt:

Korrelationen fallen meist nur niedrig aus, d.h.

Eigenschaften tragen nur sehr gering zur

Varianzaufklärung des Erfolgs bei;

Korrelationen streuen erheblich (z.B. zwischen

Intelligenzmaßen und Führer-Sein = -.14 bis + .90).

Ungeklärt ist Ursache-Wirkungsverhältnis.

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Der Ansatz von Lewin et al.: Experimentelle Untersuchungen mit Jugendgruppen Gesetzt wurden verschiedene Führungsstile, im Laufe der

Untersuchungen ergänzt: autoritär demokratisch Laisser-faire

Mehrzahl der Schüler war mit demokratischen Stil zufriedener, In den autoritär geleiteten Gruppen entwickelt sich aggressives Klima, Leistung war hier am höchsten - allerdings nur unter Anwesenheit der

Leitungsperson.

Folgeuntersuchungen zeigten hier nicht ganz so eindeutige Ergebnisse hinsichtlich des Leistungskriteriums. Die Ergebnisse zu den Einstellungen lassen sich jedoch häufiger replizieren.

Verhaltensorientierte Ansätze

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Die Ohio State Leadership Studies

(Hamphill, Stogdill, Fleishman)

Auf der Basis von ca. 1800 verschiedenen Führungsverhaltensweisen

wurden mit Hilfe faktorenanalytischer Auswertung zwei

Grunddimensionen des Führungsverhaltens ermittelt:

Consideration („Mitarbeiterorientierung“):

- Allgem. Wertschätzung - Achtung - Offenheit - Zugänglichkeit- Bereitschaft, Einsatz und Sorge für Einzelne zu übernehmen

Initiating structure („Aufgabenorientierung“):

- Aufgabenstrukturierung - Definition von Zielen - Aktivierung - Leistungsmotivation - Kontrolle und Beaufsichtigung

Verhaltensorientierte Ansätze

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Beginn der Beurteilung von Führungskräften durch Mitarbeiter (360 Grad-Beurteilung)

Führungsstil bzw. -verhalten ist nicht eindimensional beschreibbar. Man muss mindestens zwei (unabhängige) Dimensionen unterscheiden. ( Hilfestellung für Führungskräfte, Bewusstsein um zwei Aufgaben der Führung, weniger theoretisch überzeugend)

Weiterentwicklungen (Verhaltensgitter als Trainingsgrundlage, vgl. Blake & Mouton)

... wo liegt der Fortschritt?

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Empirisch zeigen sich sowohl positive als auch negative Korrelationen zwischen Maßen für consideration und initiating structure einerseits und Leistungsmaßen andererseits.

Die Beziehung zwischen initiating structure und Arbeitszufriedenheit ist meist nicht signifikant.

Consideration und Arbeitszufriedenheit korrelieren meist signifikant positiv miteinander; Korrelationen zu „objektiveren“ Indikatoren wie Beschwerderate, Fluktuation oder Abwesenheitsrate sind deutlich geringer.

Initiating structure steht allein betrachtet in schwach positiver Beziehung zu Beschwerderate, Fluktuation oder Abwesenheitsrate; bei gleichzeitig hoher Ausprägung von Consideration scheint diese Beziehung nicht mehr zu gelten.

.. und empirisch?

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Ein mögliches Fazit Bezogen auf Leistungsindikatoren gilt:

Generalisierende Aussagen zur Überlegenheit der einen oder anderen Führungsform sind nicht möglich! „Einschwören“ auf z.B. kooperativen Führungsstil ist nicht sinnvoll....

und damit war/ist der Gedanke nicht weit zum

Situativen AnsatzGrundaussage:

Es hängt von der jeweiligen Situation ab, ob ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird und/oder erfolgreich ist.

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Kontingenzmodell von Fiedler (1967)

LPC-wert der Führungskraft

- der „Least Preferred Coworker“ wird auf einem werthaltigen Polartitätsprofil eingestuft.

Günstigkeit der Situation

- Beziehung Vorgesetzter/Mitarbeiter

- Aufgabenstrukturiertheit

- Positionsmacht

Führungsstil

Situation

In vielen Studien wurde Leistungserfolg korreliert mit LPC-Wert.

Situative Ansätze

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Schematische Wiedergabe des Kontingenzmodellsvon Fiedler

Füh

rung

slei

stun

g

Führer-Geführte-BeziehungAufgabenstrukturPositionsmacht

I II III+ + ++ + -+ - +günstige Situation

IV V VI- - -- + ++ + -Situationen mitmittlerer Günstigkeit

VII VIII - - - - + -ungünstigeSituation

hohe LPC-Führer

niedrige LPC-Führer

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• Situationstheorie, Fiedler (1967)

• Kombination mit Verhaltensdimensionen: Reifegradansatz, Hersey & Blanchard sowie 3-D-Theorie, Reddin

• Vroom & Yetton-Modell

.. Was gibt es noch?

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In der Regel Rückgriff auf psychologische Modelle bzw.

Theorien zur Erklärung bestimmter (Teil-)Prozesse

• lerntheoretische Ansätze

• Weg-Ziel-Theorie

• Attributionstheorie der Führung

Neuberger (1994) Führen und geführt werden

Stuttgart: Enke

Prozess-Ansätze

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Belohnungsmacht Bestrafungsmacht Expertenmacht Legitimierte Macht Identifikationsmacht Situationskontrolle

Die letzten beiden Machtformen sind verstärkt in der Diskussion (charismatische, visionäre, transformationale

Führung... ).

durch-schaubarer

Einsatz von Macht

auf akzeptierter Basisoder

Mikro-politik?

Ein paar Hinweise zum Schluss...

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Zweckrationalität von Organisation??

Akzeptanzsicherung trotz Widersprüchlichkeit und Unsicherheit

Führen und Geführt werden

Deutungen des Führungshandelns sind mindestens so wichtig wie Führungshandeln selbst

Symbolische Führung:

Symbolisierte Führung und symbolisierende Führung

Paradigmenwechsel?