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080-001 – Motorische Rehabilitation nach Schlaganfall aktueller Stand: 12/2009 Seite 1 von 139 publiziert bei: AWMF-Register Nr. 080/001 Klasse: S2e Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologische Rehabilitation Motorische Therapien für die obere Extremität zur Behandlung des Schlaganfalls Inhalt: Kapitel 1: Vorwort der Leitlinien-Kommission Kapitel 2: Methodik der Leitlinien-Entwicklung der Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation Kapitel 3: Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall Kapitel 4: Schmerzhafte Schulter nach Schlaganfall Kapitel 5: Elektrophysiologie zur Prognose nach Schlaganfall Kapitel 6: Wert der zerebralen Bildgebung noach ischämischem Hirninfarkt für die Rehabilitation Gültigkeit abgelaufen, LL wird z. Zt. überprüft

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publiziert bei:

AWMF-Register Nr. 080/001 Klasse: S2e

Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologische Rehabilitation

Motorische Therapien für die obere Extremität zur Behandlung des Schlaganfalls

Inhalt:

Kapitel 1: Vorwort der Leitlinien-Kommission Kapitel 2: Methodik der Leitlinien-Entwicklung der Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation Kapitel 3: Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall Kapitel 4: Schmerzhafte Schulter nach Schlaganfall Kapitel 5: Elektrophysiologie zur Prognose nach Schlaganfall Kapitel 6: Wert der zerebralen Bildgebung noach ischämischem Hirninfarkt für die Rehabilitation

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Kapitel 1: Vorwort der Leitlinien-Kommission C. Dettmers, Kliniken Schmieder, Konstanz; V. Hömberg, St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch; E. Koenig, Neurologische Klinik Bad Aibling und die Leitlinienkommission der DGNR

Entwicklung einer S2e-Leitlinie “The conscientious, explicit, and judicious use of current best evidence in making decisions about the care in individual patients. The practice of evidence based medicine means integrating individual clinical expertise with the best available external evidence from systematic research.” Diese Definition Evidenz-basierter Medizin von David Sackkett [1] wird häufig zitiert als Grundlage der Entstehung und Entwicklung von Leitlinien. Die Bundesärztekammer, die Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich Medizinischer Fach-gesellschaften (AWMF) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben sich später für die Entwicklung Nationaler Versorgungsleitlinien ausgesprochen. Im Dezember 2004 der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGNR) die Entscheidung getroffen, hat Leitlinien der Fachgesellschaft zu entwickeln. Im April 2005 wurde auf der gemeinsamen Jahrestagung der DGNR und Deutschen Gesellschaft für Neurotraumatologie und Klinische NeuroRehabilitation (DGNKN) in München erstmals dieses Ansinnen öffentlich vorgestellt und freiwillige Mitglieder geworben für eine Mitarbeit. Gleichzeitig wurde Frau Priv. Doz. Dr. Ina Kopp von der AWMF kontaktiert. Sie hat seitdem die Arbeit der Leitlinienkommission ganz wesentlich methodisch unterstützt. Seit dem April 2005 trafen sich die Mitglieder in etwa drei- bis viermonatigen Abständen in Frankfurt. Später wurde ein Teil der Treffen durch Telefonkonferenzen ersetzt. Die Leitlinienentwicklung wurde zunächst auf den Schlaganfall eingeengt und hier wiederum im Wesentlichen auf die motorische Rehabilitation. Am 1.11.2005 erfolgte die Anmeldung der Planung einer S3-Leitlinie bei der AWMF. Ausgangspunkt waren der Clearingbericht der Ärztlichen Zentralstelle für Qualitätssicherung [2], der versucht hatte, versorgungsrelevante Fragestellungen zur Rehabilitation von Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, zu sammeln. Weiterer Ausgangspunkt waren internationale, englischsprachige Leitlinien, insbesondere die schottischen [3], englischen [4], amerikanischen [5] und aus Neuseeland [6]. Hier wurde jedoch erkennbar, dass nur sporadische Empfehlungen zur Rehabilitation vorlagen. Ziel ist zunächst die Entwicklung einer S2e-Leitlinie, in einem weiteren Schritt möglichst die Entwicklung einer S3-Leitlinie, wie sie nach unserem Kenntnisstand derzeit weltweit bisher nicht existiert. S2e-Leitlinie bedeutet dabei, dass diese evidenzbasiert ist, die Konsensusbildung jedoch nur innerhalb einer Fachgesellschaft, nämlich der DGNR, erfolgt ist; nicht – wie die AWMF es anstrebt – ein interdisziplinärer Konsensus aller Fachgesellschaften bereits stattgefunden hat. Es wurden neun Arbeitsgruppen gebildet zu den verschiedenen Themen der motorischen Rehabilitation. Die Entwürfe für die ersten vier Themen werden im vorliegenden Heft als Konsultationsfassung vorgestellt. Eine entsprechende Konsultationsfassung für die Rehabilitation der unteren Extremität (J. Quintern, Bad Aibling), Ataxie (F. Müller, Bad Aibling), Spastik (Th.Winter, Reha-Zentrum Potsdam), dystone Störungen (J. Wissel, Kliniken Beelitz) und Nachsorge (W. Schupp, Herzogenaurach) ist für das nächste Jahr geplant. Grundlage einer S2e-Leitlinie stellt einerseits die systematische Literaturrecherche dar, andererseits die darauf aufbauende systematische Konsensusbildung innerhalb der Fachgesellschaft. Für die Konsensusbildung gibt es verschiedene Empfehlungen. Da eine direkte Diskussion des Entwurfs durch alle Mitglieder der DGNR, z. B. im Rahmen der Jahrestagung, zeitlich und organisatorisch nicht möglich war bzw. zu viel Zeit in Anspruch

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genommen hätte, haben wir eine Alternative im Rahmen des standardisierten Verfahrens genutzt und den Mitgliedern der DGNR im Dezember 2009 auf der Jahrestagung der DGNR in Wien und auf der Homepage der DGNR eine sogenannte Konsultationsfassung vorgelegt. Dabei handelte es sich um einen Entwurf, der im Wesentlichen von den Leitern der jeweiligen Arbeitsgruppe erstellt worden war. Er war an die Kommissionsmitglieder versandt und im Rahmen von Treffen und mehrstündiger Telefonkonferenzen diskutiert und von den Mitgliedern der Leitlinienkommission verabschiedet worden. Nachdem bis Ende Februar 2009 durch die Mitglieder der DGNR keine Änderungsvorschläge eingebracht wurden, wurde die jetzige Version gegenüber der Konsultationsfassung im Wesentlichen durch kleinere redaktionelle Änderungen ergänzt. Um die Bewertung der Einzelarbeiten nachvollziehen zu können, haben die Leiter der Arbeitsgruppen umfangreiche Tabellen mit den Bewertungen der Einzelarbeiten zusammengestellt. Diese finden sich auf der Homepage der DGNR (www.dgnr.de). Weiteres Ziel der Leitlinienkommission ist, einen breiteren interdisziplinären Konsens zwischen den Fachgesellschaften zu entwickeln. Die jetzt vorliegende S2e-Leitlinie ist auch über die Homepage der DGNR und der AWMF zugänglich. Die österreichische (OEGNR) und schweizerische Fachgesellschaft (SNRG) wurden in Wien auf der Jahrestagung (4.12. – 6.12.2008) herzlich eingeladen, an der Diskussion und weiteren Entwicklung teilzunehmen. Es wird versucht werden, mit den Fachgesellschaften der Physiotherapeuten und der Ergotherapeuten in eine Diskussion einzutreten und sich auszutauschen. Die weitere Entwicklung wird zeigen, inwiefern es sinnvoll ist, die Leitlinienentwicklung in der DGN (Koordinator Prof. Dr. K. Wallesch, Elzach) und DGNR parallel weiterlaufen zu lassen oder zusammenzuführen. Es wird erwartet, dass die Leitlinien der DGNR möglicherweise diversifizierter und anwendungsnäher sind als diejenigen der DGN. Möglicherweise stellt sich die Frage, ob die Kurzversion der Leitlinien der DGNR in die Sammlung der DGN aufgenommen werden könnte. Die AWMF wünscht sicherlich die interdisziplinäre Zusammenführung über die Fachgesellschaften hinaus. Für die Leitlinienentwicklung im Bereich der Neuropsychologie und Sprachtherapie besteht bereits eine enge Kooperation zwischen leitenden Mitgliedern der DGNKN (Prof. Dr. Sturm), der Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP, Prof. Dr. Sturm, Prof. Dr. H. Hildebrandt), der Gesellschaft für Aphasieforschung und -behandlung (GAB, Priv. Doz. Dr. Ziegler) einerseits und der DGN (Prof. Dr. Wallesch) andererseits. Für die neurogene Dysphagie wird die unter Federführung von Dr. Prosiegel (Bad Heilbrunn) erstellte DGN-Leitlinie einbezogen und gegebenenfalls weiter ausgearbeitet. Ziel unserer Leitlinienentwicklung ist es, einen Beitrag zur Sicherung der Struktur- und Prozessqualität in der medizinischen Rehabilitation zu schaffen, der als Basisreferenz für Qualitätssicherungsmaßnahmen aller Sozialversicherungsträger herangezogen werden kann [7]. Bei den vorliegenden Beiträgen handelt es sich um die sogenannte Langversion. Sie bezieht sich auf Tabellen auf der Homepage der DGNR, die es Ihnen ermöglichen sollen, die Bewertung der Einzelarbeiten und der übergeordneten Fragestellung nachzuvollziehen. Sie wird ergänzt werden durch die Kurzversion, die sich auf die praktischen Empfehlungen beschränken wird. Ergänzend muss – auch unter Mitwirkung von Patienten – eine Patientenversion erstellt werden. Diese soll es ermöglichen, dass sich Patienten schnell einen Überblick über evidenzbasierte Verfahren in der Rehabilitation verschaffen können. Kurz- und Patientenversion sollen in einem weiterenm Schwerpunktheft von Neurologie & Rehabilitationim Laufe dieses Jahrgangs veröffentlicht werden. Eine weitere sinnvolle und zweckmäßige Möglichkeit stellt die Entwicklung von Algorithmen dar, die spezifizieren, wie man im Einzelfall bei einer Parese vorgehen sollte, was Maßnahmen erster und zweiter Wahl sind, welche Eskalationsmöglichkeiten sich anbieten etc. Um die Hierarchien von Behandlungen aufzuzeigen, bedarf es des Vergleichs von

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Effektstärken, die jedoch nur selten vorliegen. Sie sind abhängig von Kosten, Risiken, Patienteneinschätzung, lokalen Möglichkeiten und Gegebenheiten. Solche konkreten Flow Charts zu entwickeln, um die Anwendung und Umsetzung von Leitlinien in der Praxis zu ermöglichen, bedarf jedoch einer weiteren, schwierigen Konsensusfindung. Weiteres Ziel der Leitlinienkommission ist es, im Verlaufe des nächsten Jahres die Ausführungen zu ergänzen durch eine Konsultationsfassung zur Rehabilitation der unteren Extremität, der Ataxie, der Spastik, der dystonen Bewegungsstörungen und der Nachsorge – alles bezogen auf motorische Störungen nach dem Erleiden eines Hirninfarkts. Wichtigstes Ziel der Entwicklung von Leitlinien ist deren Implementierung. Inwieweit dies gelingt und inwieweit es zu einer verbesserten Versorgung von Patienten beiträgt, bleibt abzuwarten. Für die Implementation erweist es sich als günstig, wenn die Anwender, d. h. Sie als Leser und Mitglieder der DGNR, an der Entwicklung der Leitlinien mitarbeiten. Die vorliegende Version hat eine Gültigkeit von fünf Jahren. Im März 2009 Prof. Dr. C. Dettmers (Konstanz), Prof. Dr. V. Hömberg (Meerbusch) und Prof. Dr. E. Koenig (Bad Aibling) für die Leitlinienkommission und den Vorstand der DGNR Frau Priv. Doz. Dr. I. Kopp (Marburg), AWMF Dipl.-Psych. E. Breer (Meerbusch), Dr. A. Conrad (Damp), Dr. C. Dohle (Berlin), Dr. C. Herrmann (Seesen), Prof. Dr. J. Liepert (Allensbach), Dr. F. Müller (Bad Aibling), Priv. Doz. Dr. Th. Platz (Greifswald), Dr. K. M. Stephan (Meerbusch), Dr. J. Quintern (Bad Aibling), Dr. W. Schupp (Herzogenaurach), Dr. Th. Winter (Potsdam), Prof. Dr. J. Wissel (Beelitz) für die Leitlinienkommission (in alphabetischer Reihenfolge) Danksagungen Vorrangig seien allen Leitern der Arbeitsgruppen gedankt, die insbesondere für die systematische Literaturbewertung einen enormen Aufwand an persönlicher Zeit und Energie eingebracht haben. Besonderer Dank gilt Frau Priv. Doz. Dr. I. Kopp, ohne deren methodische Expertise, kritische und konstruktive Beratung diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Ferner sei der Klinik in Meerbusch gedankt für die Unterstützung von Herrn Breer, dem BDH, Bundesverband Rehabilitation e.V., für die finanzielle Unterstützung der Leitlinienarbeit-Arbeit des An-Institutes in Greifswald (NRZ Greifswald) sowie der Klinik in Bad Aibling ebenfalls für die vorübergehende Freistellung eines Mitarbeiters. Für die Unterstützung im Bereich Nachsorge gab es eine finanzielle Förderung von der DRV-Bund, Bereich Rehabilitationswissenschaften und Sozialmedizin. Den genannten sowie den übrigen Rehabilitationskliniken (Kliniken Schmieder Allensbach und Konstanz, Asklepios Kliniken

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Schildautal, Fachklinik Herzogenaurach, Reha-Klinik Damp, Neurologische Rehabilitationsklinik Beelitz-Heilstätten, Rehazentrum Potsdam, Median Klinik Berlin) sei gedankt für die Freistellung und Unterstützung der Mitglieder der Leitlinienkommission zu den notwendigen Treffen.

Literatur 1. Sackett DL et al. Evidence based medicine: what it is and what it isn’t. BMJ 1996; 312: 71-2. 2. http://www.aezq.de/literatur/leitlinien-clearing-bericht-schlaganfall 3. Scottish Intercollegiate Guidelines Network, SIGN; www.sign.ac.uk 4. Royal College of Physicians, National Guidelines for Stroke, 2004; www.rcplondon.ac.uk 5. Department of Veterans Affair, The Management of Stroke Rehabilitation, 2003; www.oqp.med.va.gov/cpg/STR/STR_base.htm; American Heart Association; Stroke 2003; 34: 1056-1083 6. Stroke Foundation, Life after Stroke, New Zealand Guideline for Management of Stroke, 2003 7. Korsukéwitz C, Rose S, Schliehe F. Zur Bedeutung von Leitlinien für die Rehabilitation. Rehabilitation 2003; 42: 67-73.

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Kapitel 2: Methodik der Leitlinien-Entwicklung der Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR) Th. Platz, BDH-Klinik Greifswald GmbH J. Quintern, Neurologische Klinik Bad Aibling

Zusammenfassung Da es für die einzelnen Professionellen im Gesundheitssystem kaum möglich ist, für jede klinische Fragestellung die notwendige Literaturrecherche und -bewertung vorzunehmen, hat sich die DGNR entschlossen, so genannte S2e- bzw. S3-Leitlinien zu erstellen, die dieses Wissen zur Verfügung stellen und daraus Empfehlungen für die klinische Praxis ableiten. Die hier dargestellte Methodik für die LL-Entwicklung umfasst eine systematische Literaturrecherche und -bewertung, eine Evidenzklassifizierung einzelner Quellen (Oxford Centre for Evidence-based Medicine Levels) und deren Ergebniszusammenfassung, eine gemeinsame Beurteilung aller Referenzen zu einer Therapieform und die Methodik der im Konsensusverfahren etablierten Graduierung der abgeleiteten Empfehlungen (nach GRADE –Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation). Abstract The German Society for Neurorehabilitation (DGNR) develops evidence-based practice guidelines (EbPG) that are intended to facilitate evidence-based medicine (EbM) and health care (EbHC) in neurorehabilitation. The article describes the standardized methodology for EbPG development. The development is based on a systematic literature search, a critical appraisal of individual references, a critical summary of the evidence available for each type of intervention, a rating of the certainty of the estimated therapeutic effect, and consensus-based recommendations derived from the body of evidence. Among other aspects the methodology includes the use of the Oxford Centre for Evidencebased Medicine Levels of Evidence and the Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation (GRADE) system. 1. Einleitung und Hintergrund Evidenzbasierte Medizin (EbM = beweisgestützte Medizin) ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten (Sackett et al., 1996). Unter Evidenz-basierter Medizin („evidence based medicine“) oder evidenzbasierter Praxis („evidence based practice”) im engeren Sinne versteht man eine Vorgehensweise des medizinischen Handelns, individuelle Patienten auf der Basis der besten zur Verfügung stehenden Daten zu versorgen. Diese Technik umfasst die systematische Suche nach der relevanten Evidenz in der medizinischen Literatur für ein konkretes klinisches Problem, die kritische Beurteilung der Validität der Evidenz nach klinisch-epidemiologischen Gesichtspunkten; die Bewertung der Größe des beobachteten Effekts sowie die Anwendung dieser Evidenz auf den konkreten Patienten mit Hilfe der klinischen Erfahrung und der Vorstellungen der Patienten.

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Ein verwandter Begriff ist die Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung („Evidence-based Health Care – EbHC“), bei der die Prinzipien der EbM auf alle Gesundheitsberufe und alle Bereiche der Gesundheitsversorgung, einschließlich Entscheidungen zur Steuerung des Gesundheitssystems, angewandt werden (http://www.ebm-netzwerk.de). Die Praxis der EbM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung. Da es für die einzelnen Professionellen im Gesundheitssystem kaum möglich ist, für jede klinische Fragestellung die notwendige Literaturrecherche und -bewertung vorzunehmen, hat sich die DGNR entschlossen, so genannte S2e- bzw. S3-Leitlinien zu erstellen, die dieses Wissen zur Verfügung stellen und daraus Empfehlungen für die klinische Praxis ableiten. Die nachfolgend skizzierte Methodik der Leitlinien-Entwicklung der DGNR möchte die abgestimmte und für die LL-Entwicklung genutze Methodik darstellen und damit EbM und EbHC im Bereich der neurologischen Rehabilitation unterstützen. 2. Vorgehen bei der Bewertung Ziel der S2e- bzw. S3-Leitlinien-Entwicklung ist es, basierend auf einer umfassenden Bewertung der verfügbaren Evidenz Empfehlungen für die klinische Praxis zu formulieren. Damit der Prozess der Evidenzbewertung und –zusammenfassung strukturiert erfolgt und transparent wird, wurde ein standardisiertes Vorgehen gewählt, das nachfolgend skizziert wird. Damit soll dem Leser ermöglicht werden, die verschiedenen Bewertungsschritte und -klassifikationen, die den evidenzbasierten Empfehlungen zugrunde liegen, nachzuvollziehen. Dabei werden folgende Schritte unterschieden: (I) für einzelne Quellen (Originalarbeiten, systematische Reviews und Metaanalysen)

1. die methodische Bewertung (Validität) einzelner Quellen 2. die Evidenzklassifizierung einzelner Quellen 3. die Ergebniszusammenfassung, inhaltlichen Ableitungen und Empfehlungen aus den einzelnen Quellen und

(II) zusammenfassend für alle Quellen zu einer Fragestellung (z. B. Therapiemethode) (Originalarbeiten, systematische Reviews und Metaanalysen)

4. die zusammenfassende inhaltliche Bewertung (Qualität der Evidenz) der eingeschlossenen Quellen im Sinne des daraus resultierenden Vertrauens in die Einschätzung der Effektstärke (einer Therapie) 5. die Graduierung der abgeleiteten Empfehlung.

Bei der Entwicklung der Leitlinie wurden also zunächst die einzelnen ausgewählten Originalarbeiten, systematischen Reviews und Metaanalysen kritisch reflektiert und unter anderem folgende Informationen in ein Bewertungsformular eingetragen: Studientyp, untersuchte Interventionen, Zielpunkte, Charakteristika der Studienpopulation und des Studienumfeldes, verschiedene Fragen zur methodischen Validität, zusammenfassende Beurteilung der Validität, Ergebnisse und ableitbare Empfehlungen. Wesentliche inhaltliche und methodische Merkmale mehrerer für eine Fragestellung wichtiger Arbeiten und die daraus abgeleiteten Empfehlungen wurden dann in eine sogenannte Evidenztabelle eingetragen. Die Evidenztabellen sind im Anhang der Langversion der Leitlinie zu finden. Entsprechend der Fragestellung der Leitlinie wurde auf der Basis der in Bewertungsbögen und Evidenztabellen eingetragenen Daten und ihrer Bewertung durch die Experten der Kommission zunächst von der jeweiligen Arbeitsgruppe der Leitlinienkommission eine Empfehlung formuliert, die dann in einem strukturierten

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Konsensprozess geprüft und ggf. modifiziert wurde und schließlich als Konsultationsfassung den Mitgliedern der Fachgesellschaft der DGNR vorgelegt wurde. Entsprechend dem geschilderten Vorgehen bei der Bewertung erfolgte zunächst die Bewertung der Güte der Evidenz jeder einzelnen Arbeit, in einem weiteren Schritt entsprechend der Fragestellung die zusammenfassende Bewertung der Evidenz über alle Arbeiten zu einem Thema. Für die beiden Schritte wurden unterschiedliche Klassifikationen verwendet. 2.1 Kritische Beurteilung einzelner Arbeiten 2.1.1 Methodische Bewertung (Validität) einzelner Quellen (Originalarbeiten, systematische Reviews und Metaanalysen) Da die methodische Qualität einer Studie/Metaanalyse nicht nur vom Studientyp (RCT, Kohorten-Studie etc.), sondern auch von anderen Faktoren des Studiendesigns, der Studiendurchführung, der Verteilung und Größe der Studienpopulation, der Verblindung bei der Datenerhebung usw. abhängt, wurde die interne Validität der Studie nach einem Fragenkatalog geprüft und nach einem vierstufigen Schema (++, +, –, – –) bewertet. Diese Bewertung wurde in die Bewertungsbögen und Evidenztabellen eingetragen. Bei schlechter Bewertung erfolgt ggf. eine Abwertung der Studie in der Oxford-Klassifikation (siehe unten). 2.1.2 Evidenzklassifizierung einzelner Quellen In der vorliegenden Leitlinie wurde die methodische Qualität der verwendeten einzelnen Arbeiten/Studien aus der wissenschaftlichen Literatur nach der Klassifikation der Evidenz („levels of evidence“) des Oxford Centre for Evidence-Based Medicine (CEBM), Version Mai 2001 bewertet (Tab. 1). Diese formale Bewertung sagt aber nichts über die Relevanz der Ergebnisse für die jeweilige Fragestellung in der Leitlinie aus. Die Eingruppierung von Studientypen in die Evidenzklassen ist dabei abhängig von der Art der Fragestellung in den Studien (therapeutische, prognostische, diagnostische Studien, Prävalenzstudien etc.). In Ergänzung zur originalen Oxford-Klassifikation wurde ggf. folgende Eingruppierung von nicht in der Tabelle aufgeführten therapeutischen Studien bzw. Präventionsstudien vorgenommen: Damit ein RCT als „Level 1b“ klassifiziert werden konnte, musste die methodische Bewertung (Validität) der einzelnen Quellen (siehe oben) „+“ oder „++“ gewesen sein und die Anzahl der Studienpatienten pro randomisierter Gruppe mindestens 10 betragen haben; war eines der Kriterien nicht erfüllt, wurde der RCT als „Level 2b“ klassifiziert. Randomisierte Cross-over-Studien wurden bei ausreichender methodischer Qualität wie RCTs betrachtet („Level 1b“ bzw. „2b“), wobei lediglich die Daten aus der ersten Phase (vor „cross over“) berücksichtigt wurden. Studien, bei denen längere carry-over Effekte ausgeschlossen werden können (z. B. Untersuchungen zu direkten Effekten verschiedener Orthesen) bilden eine Ausnahme, hier werden beide Randomisationsphasen berücksichtigt. Nicht randomisierte Cross-over-Studien wurden wie Kohorten-Studien/Fall-Serien („Level 2b“ oder „4“) behandelt. Prospektive „multiple baseline“-Studien wurden bei ausreichender Qualität in die Klasse „Level 2b“, bei schlechter Qualität in Klasse 4 eingeordnet. Kontrollierte, aber nicht randomisierte Studien (Parallelgruppen-Design) wurden bei ausreichender Qualität in die Klasse 2b eingeordnet (prospektive Kohorte mit konsekutiver Rekrutierung), bzw. 3b (Fall-Kontroll-Studie) entsprechend den methodischen Angaben aus der jeweiligen Studie. Bei Mängeln oder fehlenden Angaben werden diese Studien in Klasse 4 eingeordnet. Der Hauptunterschied zwischen Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien ist

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die konsekutive Rekrutierung bei der Kohortenstudie (Vollständigkeit der in Frage kommenden Patienten, wenige Ausschlusskriterien), während bei der Fall-Kontroll-Studie das Design darauf ausgelegt ist, dass die beiden Gruppen in wesentlichen Merkmalen vergleichbar sind und ein retrospektives Design gewählt wird. Bei retrospektiver Anlage einer Therapiestudie (inkl. Vergleich mit einer historischen Vergleichsgruppe) erfolgt die Eingruppierung immer in Klasse 3b. In Ergänzung zur originalen Oxford-Klassifikation wurde ggf. folgende Eingruppierung von nicht in der Tabelle aufgeführten prognostischen Studien vorgenommen: Fall-Kontroll-Studien mit retrospektivem Design wurden nach 3b eingeordnet. Die methodische Qualität der einzelnen Studien wurde formal entsprechend der ursprünglichen Intention und dem Design der jeweiligen Studie nach der o. . Klassifikation bewertet, unabhängig davon, welche Aspekte für die jeweilige Fragestellung in der Leitlinie verwendet wurden: Wenn z. B. aus einem RCT Daten nicht im Sinne der primären Studienhypothese für die Leitlinie interpretatorisch genutzt wurden, der für die LL berücksichtigte Aspekt also nicht einem experimentellen Kontrast mit Randomisierung entsprach, wurde die Studie trotzdem formal als RCT klassifiziert. Die entsprechende Korrektur des Evidenzgrades erfolgt dann bei der inhaltlichen Bewertung (siehe Ad 4 unten).

Tab. 1: Oxford Centre for Evidence-based Medicine Levels of Evidence (Mai 2001); entwickelt von Bob Phillips, Chris Ball, Dave Sackett, Doug Badenoch, Sharon Straus, Brian Haynes, Martin Dawes seit November 1998, Centre for Evidence-based Medicine. Übersetzt und publiziert mit freundlicher Genehmigung von Bob Phillips durch Gabriele Schlömer, FR Gesundheit, Universität Hamburg

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2.1.3 Ergebniszusammenfassung, inhaltliche Ableitungen und Empfehlungen aus den einzelnen Quellen Die inhaltliche Bewertung der einzelnen Studien/systematischen Reviews/Metaanalysen wurde entsprechend den für die Fragestellung der Leitlinien wichtigen Zielkriterien vorgenommen. Dabei wurde die aus der Arbeit ableitbare Empfehlung bzgl. einer oder mehrerer Interventionen und ggf. verschiedener Zielkriterien nach einem vierstufigen Schema (2 empfehlen, 1 eingeschränkt empfehlen, 0 offen, −1 ablehnen) klassifiziert. Diese Bewertungen wurden in den Bewertungsbogen und die jeweilige Evidenztabelle eingetragen. NB: Bei schlechter methodischer Qualität der Arbeit kann keine starke Empfehlung für die Intervention gegeben werden. 2.2 Zusammenfassende Bewertung für alle Quellen zu einer Fragestellung (z. B. Therapiemethode) 2.2.1 Inhaltliche Bewertung (Qualität der Evidenz) der eingeschlossenen Quellen im Sinne des daraus resultierenden Vertrauens in die Einschätzung der Effektstärke (z. B. einer Therapie) Die Qualität der Evidenz für eine bestimmte Fragestellung oder einen Zielparameter der Leitlinie wurde zusammenfassend in Anlehnung an das „GRADE“-System (Guyatt et al., 2008) in 4 Kategorien eingeteilt: • Hohe Qualität – weitere Forschung wird sehr wahrscheinlich unser Vertrauen in die

Abschätzung des (Therapie-)Effektes bzw. der Prognose nicht beeinflussen.

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• Mittlere Qualität – weitere Forschung wird wahrscheinlich unser Vertrauen in die Abschätzung des (Therapie-)Effektes bzw. der Prognose beeinflussen und könnte die Abschätzung ändern.

• Niedrige Qualität – weitere Forschung wird sehr wahrscheinlich unser Vertrauen in die Abschätzung des (Therapie-)Effektes bzw. der Prognose beeinflussen und wird die Abschätzung wahrscheinlich ändern.

• Sehr niedrige Qualität – jede Abschätzung des (Therapie-) Effektes bzw. der Prognose ist sehr unsicher

Die Basis der Einstufung der Qualität nach GRADE ist die Art der Evidenz (nachfolgend für Therapiestudien aufgeführt): Randomisierte Studien (CEBM 1a,b) = hohe Qualität

– Abgewertete randomisierte Studien (CEBM 2b) oder mehrere gute 2a – 3b Studien = mittlere Qualität

– Beobachtungsstudien (außer Fall-Serien) (CEBM2a, 2b, 3a, 3b) = niedrige Qualität – Andere Evidenz (CEBM 4,5) = sehr niedrige Qualität

Analog lässt sich auch eine Zuordnung für prognostische Studien mittels der Evidenzklassifizierung darstellen (vgl. Tab. 1). Ausgehend von dieser Basis wird die Qualität nach dem GRADE-Schema anhand definierter Merkmale um ein oder zwei Stufen herauf- bzw. heruntergestuft:

−1 eine Stufe herunterstufen, −2 zwei Stufen herunterstufen, +1 eine Stufe heraufstufen, +2 zwei Stufen heraufstufen.

Qualitätsbewertung herunterstufen:

– Schwerwiegende (−1) oder sehr schwerwiegende (−2) Limitierung der Studienqualität ** – Wichtige Inkonsistenz der Ergebnisse (−1) – Ungewissheit (−1) oder ausgeprägte Ungewissheit (−2) bezüglich der Direktheit der Evidenz (hinsichtlich Patientenpopulation, Interventionen, Outcomes; Übertragbarkeit von der Studie auf die Fragestellung der Leitlinie) – Unpräzise oder spärliche Datenlage (−1) – Hohes Risiko eines Publikationsbias (−1) (z. B. Nichtpublikation von Studien mit negativem Ergebnis)

Qualitätsbewertung heraufstufen: – Vorhandensein einer starken Assoziation – ein signifikantes relatives Risiko von > 2 (< 0,5), wenn mehr als zwei Beobachtungsstudien ohne plausible Confounder (Störvariablen) und mit konsistenten Ergebnissen vorliegen (+1) – Vorhandensein einer sehr starken Assoziation – ein signifikantes relatives Risiko von > 5 (< 0,2), wenn Beobachtungsstudien mit direkter Evidenz und keine Bedenken bezüglich der Validität vorliegen (+2) – Vorhandensein einer Dosis-Wirkungs-Beziehung (+1) – Alle verbleibenden, plausiblen Confounder haben den beobachteten Effekt bereits reduziert (+1)

* CAVE: Die Abwertung erfolgt bereits im Rahmen der Klassifikation der Einzelarbeiten nach CEBM. Hier erfolgt nur noch die Zusammenschau.

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Die Herunter- und Heraufstufung ist kumulativ, z. B. findet bei Verdacht auf hohen Publikationsbias und Bedenken bezüglich der Direktheit der vorliegenden Evidenz eine doppelte Abwertung statt. 2.2.2 Die Graduierung der abgeleiteten Empfehlung. Die Empfehlung für oder gegen eine bestimmte Intervention / ein entsprechendes Zielkriterium entsprechend einer bestimmten Fragestellung in der Leitlinie wurde erst nach obengenannter Bestimmung der zusammenfassenden Evidenz für die Fragestellung festgelegt. Die Methodik sah die Vergabe von Empfehlungsgraden durch die Mitglieder der Leitliniengruppe im Rahmen eines formalen Konsensverfahrens vor. Dabei wurden explizit neben den GRADE-Kriterien zusätzliche Kriterien für die klinische Beurteilung von Anwendbarkeit und Übertragbarkeit der Evidenz vorgegeben: – die Nutzen-Risiko Abwägung – die Effektstärke der Studienergebnisse – die klinische Relevanz (Eignung der Effektivitätsmaße der Studie für die Versorgung, Angemessenheit der Kontrollgruppen und verwendeten Dosierungen) – pathophysiologische und klinische Plausibilitäten – die Umsetzbarkeit der LL in den therapeutischen Alltag (u. a. Ressourcenbedarf und -verbrauch etc., noch nicht vorhandene Strukturqualität) – ethische Verpflichtungen (Handlungsnotwendigkeit) Die Graduierung der Empfehlungen dieser LL entspricht den in Tabelle 2 dargestellten Kategorien.

Tab. 2: Empfehlungsgrade der LL

Tab. 3: Zusammenhänge zwischen methodischer Evidenzklassifizierung, inhaltlicher Bewertung (Qualität der Evidenz in Bezug auf das resultierende Vertrauen in die Einschätzung des Effektes) und des Empfehlungsgrades Diese Graduierung erfolgt in Anlehnung an das „GRADE“-System (Guyatt et al., 2006). In der Regel bestimmt die Qualität der Evidenz den Empfehlungsgrad. Eine mittlere Evidenz führt demnach zu einem mittleren Empfehlungsgrad. Auf Grund der oben genannten

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Konsensusaspekte kann es jedoch zu einem begründeten Auf- oder Abwerten des Empfehlungsgrades gegenüber dem Evidenzgrad kommen (s. Tab. 3). Eine negative Empfehlung wird durch das Wort „nicht“ in der Formulierung der Empfehlung gekennzeichnet, in Kombination mit „soll“ oder „sollte“ ⇒ „soll nicht“ bzw. „sollte nicht“. Danksagungen Für die methodische Beratung von Frau PD Dr. med. Ina Kopp von der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF), ohne die die Leitlinienentwicklung kaum auf einem methodisch so hohen Niveau hätte stattfinden können, und die wertvollen Diskussionsbeiträge der Mitglieder der LL-Kommission der DGNR sei herzlich gedankt. Die Erstellung des Methoden-Manuskriptes erfolgte auch als „Kompetenznetz Schlaganfall“-Aktivität. Literatur 1. Sackett DL, Rosenberg WMC, Gray JAM, Haynes RB, Richardson WS. Evidence based medicine: what it is and what it isn’t. BMJ 1996; 312: 71-2. 2. Guyatt GH, Oxman AD, Vist GE, Kunz R, Falck-Ytter Y, Alonso-Coello P, Schünemann HJ. GRADE: an emerging consensus on rating quality of evidence and strength of recommendations. BMJ 2008; 336:924-6. 3. Guyatt G, Vist G, Falck-Ytter Y, Kunz R, Magrini N, Schünemann H. An emerging consensus on grading recommendations? ACP J Club 2006; 144:A8-9.

Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Thomas Platz BDH-Klinik Greifswald gGmbH Neurologisches Rehabilitationszentrum An-Institut der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald Karl-Liebknecht-Ring 26a 17491 Greifswald E-Mail: [email protected]

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Kapitel 3: Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall Th. Platz, Neurologisches Rehabilitationszentrum Greifswald Unter Mitarbeit von S. Roschka (systematische Literaturbewertung und Recherche) 1. Methodische Hinweise 1.1 Methodik der systematischen Literatursuche und -bewertung Eine Literaturrecherche war notwendig, um evidenzbasiert Therapie-Strategien (Auswahl von Therapien, Ableitungen von klinischen Entscheidungen) zu ermöglichen. 1.1.1 Originalartikel Es wurden Originalpublikationen von Studien, systematische Cochrane-Reviews sowie sonstige systematische Reviews und Metaanalysen berücksichtigt (s. u.). Um einen möglichst umfassenden Überblick über die Literatur zu haben und dabei die gleichen Bewertungsmaßstäbe für die Synthese der besten Evidenz zu haben, wurde eine Suche nach Originalliteratur als Hauptstrategie für die Erstellung der Therapie-LL gewählt. Dafür wurden die Interventionsstudien gesucht, die Therapien für die Armmotorik (Schädigung, Aktivitätslimitierung) evaluieren und damit auch in diese Therapie-LL Eingang finden. Besonders relevant für die klinische Entscheidung sind dabei die Studien, die einen Therapieerfolg (Verbesserung) dokumentieren, davon wieder insbesondere diejenigen, die einen differentiellen Therapieeffekt dokumentieren. Wegen der geringsten Gefahr der systematischen Verzerrung („Bias“) der Abschätzung der Therapieeffekte wurden für die Entwicklung dieser Leitlinie nur randomisierte kontrollierte Studien verwendet (English „RCT“, Deutsch „RKS“). 1.1.2 Inhaltliche Fragestellung Textdarstellung Führt bei Patienten mit einem Schlaganfall und einer Armparese die rehabilitative Therapie (z. B. Physiotherapie, Ergotherapie, Akupunktur, Elektrostimulation, Robot-assistierte Therapie, Biofeedback-Therapie, Medikation) in unterschiedlicher „Dosierung“(z. B. „Augmented exercise therapy time“) oder bei unterschiedlichen Inhalten zu einer Reduktion der Parese, einer Verbesserung der aktiven Bewegungsfähigkeit und Kraft sowie der Armfunktion? Bei der Bewertung der Literatur wurde neben der skizzierten „Kernfrage“ auch berücksichtigt, ob die rehabilitative Therapie unerwünschte Nebenwirkungen (z. B. Schmerz) hat oder einen Einfluss auf Komplikationen der Parese wie z. B. passive Motilität hat, die im Sinne der Voraussetzungen für den Erfolg einer Therapie, die auf aktive Funktion ausgerichtet ist, relevant sind.

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1.1.3 Suchalgorithmus [Search algorithm based on (relevant highest level) Medical Subject Headings and other MeSH and keywords that had been used by previous related systematic reviews]

Textdarstellung (Cerebrovascular Accident OR Stroke OR cerebrovascular disorders) AND (Upper Extremity OR arm) AND (Rehabilitation OR Physical Therapy Modalities OR Biofeedback OR Durable Medical Equipment OR Occupational therapy OR exercise therapy OR physiotherapy OR therapy) Fields: All fields, limits: Human, Meta-Analysis Fields: All fields, limits: Human, Randomized Controlled Trial 1.1.4 Selektionskriterien Als Ausschlussgründe für die Einbeziehung von randomisierten kontrollierten Studien wurden a priori folgende Kriterien benannt: – Keine Untersuchung beim Menschen (z. B. Tierexperiment) – Keine randomisierte, kontrollierte Studie – Keine Untersuchung, die Schlaganfallpatienten einschließt (Ausschließlichkeit ist nicht gefordert) – Keine Untersuchung, die Schlaganfallpatienten mit Armparese einschließt (Ausschließlichkeit ist nicht gefordert) – Keine rehabilitative Therapie (wie Physiotherapie, Ergotherapie, Akupunktur, Elektrostimulation, Robot-assistierte Therapie, Biofeedback-Therapie, Medikation) mit dem

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Ziel einer – evtl. auch mittelbaren – Verbesserung der Armparese, der aktiven Bewegungsfähigkeit, Kraft und/oder Armfunktion oder keine gesonderte Analyse derselben – Interventionsstudie mit einer einmaligen Intervention, es sei denn ein anhaltender Effekt wäre nachgewiesen Metaanalysen wurden eingeschlossen, wenn sie Studien berücksichtigten, die die o. g. Kriterien erfüllten. Metaanalysen, die neben randomisierten auch nicht randomisierte Studien einschlossen, wurden auch berücksichtigt. 1.1.5 Interventionsstudien – Zusammenfassung des Ergebnissess der PubMed-Suche vom 17.6.2006

Von den 245 elektronisch gefundenen Referenzen wurden diejenigen selektiert, die inhaltlich zur Fragestellung relevante Aspekte untersuchten. Falls keine Entscheidung anhand der Abstracts gefällt werden konnte, wurde die Entscheidung anhand des Volltextes getroffen. 61 elektronisch gefundene Referenzen wurden für die systematische Literaturbewertung selektiert. Eine zusätzliche Handsuche nach relevanten Studien dentifizierte 48 zusätzliche Referenzen. 1.1.6 Bewertungen der Referenzen (Orignalpublikationen) Die systematische Bewertung der 109 Artikel wurde in 106 Bewertungsbögen, die komplett ausgefüllt wurden, dokumentiert (Tab. 1.1.6). Die Differenz ist folgendermaßen zu erklären: In drei Fällen wurden jeweils zwei Artikel in einem Bewertungsbogen zusammengefasst, da in jeweils zwei Publikationen (Teil-) Ergebnisse aus einer Studie berichtet wurden (1. Sunderland et al., 1992 & 1994; 2. Sonde et al., 1998 & 2000; 3. Wolf et al., 2006 & 2008).

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Tab. 1.1.6: Kriterien für die Bewertung der Validität: 1 In Spalte 6 wurde in einem Fall (Francisco et al., 1998) jeweils ein Kreuz bei „Ja“ und bei „Nein“ gesetzt. 2 In Spalte 10 wurde in 6 Fällen (Sonde et al., 1998/2000; Willis et al., 2002; Winstein et al., 2004; Basmajian et al., 1987; Kwakkel et al., 2002; Wolf et al.,2006/ 2008) jeweils ein Kreuz bei „Ja“ und bei „Nein“ gesetzt. 1.1.7 Systematische Cochrane Reviews – Zusammenfassung des Ergebnisses des Suche im Juni 2007 Um den aktuellen Stand der Evidenz im Bereich der motorischen Rehabilitation zu erfassen, wurde die Cochrane-Datenbank im Juni 2007 mit dem Stichwort „Stroke“ nach systematischen Reviews und Protokollen zu diesem Thema durchsucht. Aus den 653 Treffern bei dieser Suche wurden alle relevanten Artikel selektiert, die im Zusammenhang mit Arm-Rehabilitation standen und auch motorische Aspekte berücksichtigen. Die Artikel sind in Synopse 1.1.7 wiedergegeben. Im Juni 2007 waren die nachfolgenden nicht abgeschlossenen Review-Projekte in der Cochrane Library aufgeführt: Es soll geprüft werden, ob das sogenannte Taubsche Training – auch bekannt unter Forced use oder Constraint-induced-movement-Therapie – eine effektive Rehabilitationsstrategie bei Armlähmungen darstellt (Sirtori et al. 2006), und ob bilaterales Armtraining die Armfunktion verbessert (Coupar et al. 2007). Daneben prüft ein Cochrane-Team, in wie weit mentales Training hilft, das Ergebnis der Armrehabilitation nach einem Schlaganfall zu steigern (Stevenson et al. 2006). Ein anderes Team bewertet die rehabilitative Wirksamkeit von Sensibilitätstraining für den Arm (Doyle et al. 2006). Weitere Fragen von Cochrane Teams sind: Helfen Orthesen, Komplikationen nach Schlaganfall zu vermeiden oder Funktionen zu verbessern (Kent et al. 2002)? Ist eine Behandlung von Spastik mit Botulinumtoxin nach einem Schlaganfall nützlich (Moore 2007)? Die Ergebnisse der abgeschlossenen Reviews wurden – unter Anwendung der o. g. Selektionskriterien – bei der LL-Entwicklung berücksichtigt.

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Synopse 1.1.7: Cochrane Reviews und Protokolle zur motorischen Rehabilitation nach Schlaganfall. 1.1.8 Metaanalaysen – Zusammenfassung des Ergebnisses der PubMed-Suche vom 17.5.2008

Von diesen waren – bei Anwendung der o. g. Selektionskriterien – 5 relevant für die Therapie-LL (s. Literaturverzeichnis). Ein weiterer systematischer Review wurde bekannt und in die LL-Entwicklung einbezogen (s. Literaturverzeichnis). 1.1.9 Bewertung der Reviews Die Kriterien zur Bewertung der Validität sind in Tabelle 1.1.9 aufgeführt.

Tab. 1.1.9: Bewertung der Reviews 1.2 Methodische und inhaltliche Bewertung – Evidenzklassen und Empfehlungsstärken Die methodische Vorgehensweise bei der Bewertung der Literatur bis zu den Konsensus-basierten Empfehlungen ist im Artikel „Methodik der Leitlinien-Entwicklung der Leitlinien-

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Kommission der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR)“ von T. Platz und J. Quintern näher beschrieben, die hier nur noch einmal im Überblick erwähnt werden soll. 1.2.1 Vorgehen bei der Bewertung (I) für einzelne Quellen (Originalarbeiten, systematische Reviews und Metaanalysen)

1. die methodische Bewertung (Validität) einzelner Quellen 2. die Evidenzklassifizierung einzelner Quellen 3. die Ergebniszusammenfassung, inhaltlichen Ableitungen und Empfehlungen aus den einzelnen Quellen und

(II) zusammenfassend für alle Quellen zu einer Fragestellung (z. B. Therapiemethode) (Originalarbeiten, systematische Reviews und Metaanalysen)

4. die zusammenfassende inhaltliche Bewertung (Qualität der Evidenz) der eingeschlossenen Quellen im Sinne des daraus resultierenden Vertrauens in die Einschätzung der Effektstärke (einer Therapie) 5. die Graduierung der abgeleiteten Empfehlung.

Bei der Entwicklung der Leitlinie wurden also zunächst die einzelnen ausgewählten Originalarbeiten, systematischen Reviews und Metaanalysen kritisch reflektiert und unter anderem folgende Informationen in ein Bewertungsformular eingetragen: Studientyp, untersuchte Interventionen, Zielpunkte, Charakteristika der Studienpopulation und des Studienumfeldes, Aspekte der methodischen Validität, zusammenfassende Beurteilung der Validität, Ergebnisse und ableitbare Empfehlungen. Wesentliche inhaltliche und methodische Merkmale mehrerer für eine Fragestellung wichtiger Arbeiten und die daraus abgeleiteten Empfehlungen wurden dann in eine sogenannte Evidenztabelle eingetragen. Die Evidenztabellen sind im Anhang der Langversion der Leitlinie zu finden. Entsprechend der Fragestellung der Leitlinie wurde auf der Basis der in Bewertungsbögen und Evidenztabellen eingetragenen Daten und ihrer Bewertung durch die Experten der Kommission zunächst von der jeweiligen Arbeitsgruppe der Leitlinienkommission eine Empfehlung formuliert, die dann in einem strukturierten Konsensprozess geprüft und ggf. modifiziert wurde und schließlich als Konsultationsfassung den Mitgliedern der Fachgesellschaft der DGNR vorgelegt wurde. Entsprechend dem geschilderten Vorgehen bei der Bewertung erfolgte zunächst die Bewertung der Güte der Evidenz jeder einzelnen Arbeit, in einem weiteren Schritt entsprechend der Fragestellung die zusammenfassende Bewertung der Evidenz über alle Arbeiten zu einem Thema. Für die beiden Schritte wurden unterschiedliche Klassifikationen verwendet. Nachfolgende Vorgehensweise wurde bei den anderen S2e-Leitlinien der DGNR bislang nicht gewählt, d. h., sie wurde in dieser LL zusätzlich angewendet. Für jede Fragestellung bzw. jedes Zielkriterium wurde eine Zusammenfassung der Evidenzklassen der eingeschlossenen Studien/Arbeiten vorgenommen. Dies konnte in den folgenden drei Kategorien erfolgen: • Zusammenfassung der Evidenzklassen: hoch – Für die Fragestellung stehen (ggf. mehrere) Einzelarbeiten in den CEBM Klassen 1a und 1b zur Verfügung. • Zusammenfassung der Evidenzklassen: mittel – Für die Fragestellung stehen keine Einzelarbeiten in den CEBM Klassen 1a oder 1b, aber Einzelarbeiten in den CEBM Klassen 2a, 2b oder 2c zur Verfügung.

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• Zusammenfassung der Evidenzklassen: niedrig – Für die Fragestellung stehen keine Einzelarbeiten in den CEBM Klassen 1a, 1b, 2a, 2b oder 2c, sondern nur Arbeiten geringerer Evidenz oder Expertenmeinungen zur Verfügung. 2. Definition, Vorkommen / Relevanz Lähmungen stellen eine häufige Folge eines Schlaganfalles dar. Die Armparese gehört zu den häufigen Folgeschädigungen nach einer Hirnschädigung wie z. B. dem Schlaganfall. Die Hemiparese gehört zu den bedeutsamen Prädiktoren der längerfristigen Behinderung. Die motorische Funktion des betroffenen Armes kann bis zu 50 % der Varianz (Mercier et al., 2001) in der funktionellen Autonomie von Schlaganfall-Patienten erklären. Das Ausmaß der Schädigung der Armfunktion wenige Wochen nach einem Schlaganfall ist mit der Stärke der Behinderung nach sechs Monaten assoziiert (Hankey et al., 2002; Meijer et al., 2003). Dies betrifft z. B. die Schwierigkeiten und den Hilfsbedarf bei Aktivitäten des täglichen Lebens sowie bei der Ausübung sozialer Rollen (Desrosiers et al., 2003). Die Armlähmung hat also einen signifikanten Einfluss darauf, ob Patienten nach einem Schlaganfall wieder in der Lage sein werden, ihren Alltag zu bewältigen. 3. Symptome Die Schwere der Armlähmung nach einem Schlaganfall ist kein normal verteiltes Phänomen. Die Armparese zeigt vielmehr eine bimodale Verteilung mit vielen Patienten mit entweder leichten oder schweren Armaktivitätslimitierungen (Nakayama et al., 1994; Wade et al., 1983). D. h., viele Patienten sind nicht in der Lage, ihren Arm funktionell einzusetzen, und eine gleich große Patientenanzahl kann bereits viele manuelle Aufgaben ausführen, ist dabei aber noch ungeschickt. Patienten mit schwerer Armparese können ihren Arm oftmals im Alltag nicht oder nur sehr eingeschränkt einsetzen. Sie haben ein substantielles Problem in der Willkürmotorik mit einer erheblichen Beeinträchtigung, einzelne Gliedmaßensegmente zu bewegen oder zu stabilisieren, diese einzeln bzw. auch mehrere Segmente zu koordinieren und dynamische Bewegungsaspekte und Halteaktivität dabei zu integrieren. Zu den Symptomen der gestörten Willkürbeweglichkeit gesellen sich oftmals Symptome aus dem Formenkreis der „Spastik“ mit einer pathologischen Reaktion der Muskeln auf eine Dehnung, erhöhtem Widerstand gegenüber passivem Bewegen, Fehlstellungen und Weichteilkontrakturen. Patienten mit leichter Armparese haben einen fast vollen aktiven Bewegungsumfang und eine weitgehend normale Kraftproduktion und können entsprechend ihren Arm für viele Alltagsaufgaben benutzen. Sie sind dabei aber oftmals noch verlangsamt und wirken klinisch ungeschickt. Die motorischen Anforderungen im täglichen Leben erfordern komplexe und unterschiedliche sensomotorische Fähigkeiten wie Geschwindigkeit, Fraktionierung von Gliedmaßensegmentsbewegungen, Griffbildung und manuelle Geschicklichkeit bei der Manipulation von Objekten, Zielorientierung von Bewegungen oder präzise visuomotorische Kontrolle, die jeweils in unterschiedlichen Kombinationen bei Aufgaben des täglichen Lebens erfordert werden. Das funktionelle Defizit der Patienten mit leichter Armparese manifestiert sich in all diesen Bereichen und damit in vielen verschiedenen Alltagsaufgaben, die ein gewisses Maß an Geschwindigkeit und Präzision erfordern. Nicht selten mit Lähmungen assoziiert sind somatosensible Defizite, die die Oberflächenqualitäten (z. B. Ästhesie, Algesie, Thermästhesie, Zwei-Punkte-Diskrimination) und/oder die Tiefensensibilität (Lagesinn, Pallästhesie) betreffen können und konsekutiv die Stereognosie. Verschiedene Formen von sensiblen Missempfindungen und neurogenen

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Schmerzsyndromen werden ebenfalls häufig beobachtet. Die Behandlung der gestörten Sensibilität ist nicht Gegenstand dieser Leitlinie, ist aber im Zusammenhang der Behandlung der gestörten Armmotorik ebenfalls zu beachten. 4. Diagnostik 4.1 Klinische Diagnostik/Assessment Aufgaben der motorischen Rehabilitation sind es, funktionelle Defizite zu erfassen, mit dem Patienten alltags- und ggf. berufsrelevant Therapieziele zu vereinbaren, geeignete therapeutische Methoden zu selektieren, im Verlauf die Therapieerfolge (oder auch deren Ausbleiben) zu erfassen und ggf. die Therapieziele zu modifizieren oder neu zu definieren und die entsprechenden therapeutischen Maßnahmen anzupassen. Den jeweiligen Stand der funktionellen Fähigkeiten kann man dabei mit Assessment-Verfahren, standardisierten klinischen Bewertungsmethoden (Skalen), erfassen. Die Klassifikationsebenen der „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung“ (ICF) der WHO (2001), mit Funktionen (und Strukturen) des menschlichen Organismus (wie z. B. die Kraft einzelner Muskelgruppen) sowie Aktivitäten (wie z. B. Greifen oder Gehen) (und Teilhabe) sind hilfreich, um Assessmentverfahren inhaltlich zu gruppieren. Aus dem großen Pool der im internationalen Schrifttum zur Verfügung stehenden Assessments werden im Folgenden in Anlehnung an eine bereits veröffentlichte Übersicht (van Kaick und Platz 2006) einige Testverfahren kurz vorgestellt. 4.1.1 Assessment aktiver motorischer Funktionen Motricity Index (MI) Testbeschreibung: Der Motricity Index (MI) (Demeurisse et al., 1980) ist ein schneller und aussagekräftiger Indikator motorischer Fähigkeiten bzw. Einschränkungen (Grad der Parese). Er besteht aus je drei repräsentativen Bewegungen der Arme (Spitzgriff, Ellbogenflexion, Schulterabduktion) und Beine (Hüftflexion, Knieextension, Dorsalextension des Fußes), ausgewählt aus Messungen der Muskelkraft von 31 Bewegungen der oberen und unteren Extremitäten bei Schlaganfallpatienten. Der Bewertungsscore ist gewichtet nach Wertigkeit der motorischen Erholung der einzelnen Körperabschnitte. Ein Maximalscore von 100 Punkten pro Extremität entspricht voller grober Kraft. Für genaue Durchführungs- und Bewertungsrichtlinien s. Wade (1992). Relevantes für die klinische Praxis: Wegen seiner schnellen Durchführbarkeit, der Erfassung aller Extremitäten und einem Messbereich von der Plegie bis zur normalen Kraft ist er als Routine-Verfahren für zentral paretische Patienten geeignet. Der MI erfordert wenig Training, als Testmaterial lediglich einen 2,5 cm großen Würfel und ist mit ca. 5 Minuten sehr schnell durchführbar. Fugl-Meyer Test (FM) Testbeschreibung: Der FM (Fugl-Meyer et al., 1975), Synonym: Brunnstöm-Fugl-Meyer Test, misst die selektive motorische Kontrolle nach Schlaganfall, kann aber auch bei anderen Erkrankungen des ZNS, die mit zentraler Parese einhergehen, eingesetzt werden. Er wurde entwickelt auf Grundlage der sich hierarchisch entwickelnden Erholungsmuster der Motorik nach einer zentralen Läsion. Zum FM gehören die Untertests „Motorik obere Extremität „ (max. 66 Punkte), „Motorik untere Extremität“ (max. 34 Punkte), „Balance“ (max. 14 Punkte), „Sensibilität“ (max. 24 Punkte) und „Bewegungsausmaß/Schmerz“ (max. 44 Punkte). Bewertet wird jeder einzelne

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Aspekt des Tests mit einer 3-Punkt-Skala (0 = nicht möglich, 1 = teilweise, 2 = vollständig/ perfekt). Relevantes für die klinische Praxis: Der FM zeigt sehr detailliert die paresebedingten Einschränkungen der aktiven Bewegungsfähigkeit auf und ist geeignet für Schlaganfallpatienten aller Schweregrade, da er im klinischen Messbereich wenig Deckeneffekt hat. Der FM ist damit auch geeignet, bei mittelbis schwerstgradigen Paresen differentielle Therapieeffekte nachzuweisen. Im internationalen Schrifttum hat sich der FM (Armscore) deswegen als ein Standard in der Therapieeffektdokumentation der Armrehabilitation durchgesetzt. „Sensibilität „ und „Bewegungsausmaß/Schmerz“ können dabei sinnvoll begleitend eingesetzt werden. Ein deutschsprachiges Manual mit einer Übersetzung der englischen Originalversion des Tests mit den Bereichen „Motorik obere Extremität“‚ „Sensibilität“ und „Bewegungsausmaß/Schmerz“ dessen Standardisierung bei der Durchführung und Bewertung durch Kommentierungen und Ergänzungen in einem Europäischen Projekt verbessert wurde, ist mit fotographischen Abbildungen der einzelnen Aufgaben erhältlich (Platz, 2006). Das benötigte Testmaterial ist einfach zu beschaffen: Tennisball, Bleistift, Papier, Fläschchen, Reflexhammer, Stoppuhr. Rivermead Motor Assessment (RMA) Testbeschreibung: Das RMA (Lincoln et al., 1979) misst die Rückgewinnung von Funktion bei Hemiparese nach Schlaganfall. Es besteht aus drei Teilen: „Arm“ (15 Aufgaben zur Bewegungskontrolle und -funktion) sowie „Bein und Rumpf“ (10 Aufgaben zur Bewegungskontrolle) prüfen Funktionseinschränkungen ab, „Gross Function“ (13 funktionelle Aufgaben) Aktivitätseinschränkungen. Die Durchführung der einzelnen Aktivitäten ist ausführlich beschrieben. Die Testaufgaben sind nach Schwierigkeitsgraden gesteigert hierarchisch aufgebaut, von einfachen eingelenkigen Bewegungen bis zu komplexen Aktivitäten. Am unteren Ende können sie auch von schwer betroffenen Patienten bewältigt werden, am oberen Ende nur von Patienten mit diskreter Symptomatik. Bewertet wird jede Aufgabe mit einer dichotomen Skala, d. h. nur ja/nein Antworten sind möglich. Pro Aufgabe sind drei Versuche erlaubt. Wenn drei Aufgaben hintereinander nicht bewältigt werden, wird der jeweiligen Teiltest abgebrochen und die bis dahin vollendeten Aktivitäten bewertet. Maximaler Gesamtscore sind 38 Punkte. Die Höhe des Scores entspricht dem Funktionsstand des Patienten. Relevantes für die klinische Praxis: Ähnlich wie dies für den Motricity Index formuliert wurde, kann man sagen, dass der RMA motorische Funktionen bei Hemiparese nach Schlaganfall von schwerer bis leichter Beeinträchtigung abbilden kann. Auch durch seine breite Erfassung von Armfunktion, Beinund Rumpffunktion sowie Mobilität ist er als Routine-Verfahren für zentral paretische Patienten geeignet. Das Testmaterial für den RMA ist leicht zu beschaffen: Tennisball, Bleistift, Papier, Messer, Gabel, Teller, Therapieknete, rutschfeste Folie, Schüssel, großer Ball, Kordel. 4.1.2 Assessment der Arm-Aktivitäten TEMPA Testbeschreibung: Der TEMPA (Test Évaluant la Performance des Membres supérieurs des Personnes Âgées) (Desrosiers et al., 1991) untersucht alltagsrelevante Arm- und Handaktivitäten. In den 9 standardisierten uni- und bilateraleren Aufgaben werden mit Objekten wie Gläsern oder Münzen alltagsrelevante Manipulationen ausgeführt. Bewertet wird für jede Aufgabe die benötigte Zeit sowie auf einer 4-Punkt-Skala die funktionelle Ausführung (von 0 = unauffällige Durchführung bis –3 = Aufgabe konnte zu nicht mehr als 25 % durchgeführt werden). Neben dieser „globalen“ funktionellen Beurteilung der

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Ausführung eine Aufgabe werden noch fünf spezifische Teilaspekte getrennt beurteilt (ebenfalls auf einer Skala von 0 bis –3): der aktive Bewegungsumfang, die Kraft, die Präzision der groben motorischen Bewegungsabläufe, das Greifen und die Präzision der feinmotorischen Bewegungen. Diese Aspekte werden immer in Bezug auf die jeweilige Aufgabe bewertet, z. B. Reicht die Kraft für diese Aufgabe aus? War die feinmotorische Präzision adäquat für diese Aufgabe? Für jeden Beurteilungsaspekt (Zeit, funktionelle Bewertung und funktionelle Einzelaspekte) werden die Werte über die Aufgaben hinweg addiert. Damit stehen dann Summenwerte als Testergebnis zur Verfügung. Zusätzlich zu der Bewertung der neun Aufgaben werden beim TEMPA die Handgriffstärke und -ausdauer gemessen. Relevantes für die klinische Praxis: Der TEMPA ist am besten geeignet für Patienten, die bereits in der Lage sind, mit kleinen Objekten zu hantieren. Gerade auch bei dieser Patientengruppe ist es mit dem TEMPA möglich, Therapieeffekte differentiell nachzuweisen. Er ist nach Kenntnis der Autoren der einzige kommerziell erhältliche und gut validierte Test, der Armfunktion im Kontext alltagsähnlicher Aktivitäten misst. Daher hat er vermutlich eine hohe ökologische Validität, d. h. die Testergebnisse spiegeln wahrscheinlich die motorischen Leistungen in realen Lebenssituationen gut wider. Der TEMPA ist nur kommerziell erhältlich. Er besteht aus einem aus Kunststoff gefertigten Kasten mit zwei Arbeitshöhen und integriertem Schränkchen, den erforderlichen Testobjekten sowie dem Testmanual und Bewertungsbögen. Dynamometer und Stoppuhr sind allerdings nicht enthalten. Die Testdurchführung dauert 15 – 30 Minuten. Wegen der komplexen Analyse der einzelnen Aufgaben ist die Bewertung anhand einer Videoaufzeichnung zu empfehlen. Ebenso sind eine Schulung und Üben mit einigen Patienten vor einer klinischen Routineanwendung des Testes angeraten. Ein deutschsprachiges Manual mit einer Übersetzung der englischen Originalversion des Manuals, Fotos der Aufgaben sowie Anmerkungen zu speziellen Bewertungsproblemen aus der Praxis ist erhältlich (Platz, 2006). Action Research Arm Test (ARAT) Testbeschreibung: Der ARAT (Lyle, 1981) testet die Fähigkeit, unilaterale Armaktivitäten auszuführen. Er besteht aus 19 Aufgaben in 4 Untertests (Greifen, Festhalten, Präzisionsgriff, grobe Bewegungen), wobei der Arm auf unterschiedliche Höhen angehoben werden muss. Fast alle Aufgaben erfordern das Greifen, Transportieren und Loslassen von Objekten. Die Aufgaben sind hierarchisch angeordnet, so dass jeder Untertest abgekürzt werden kann. Van der Lee et al (2002) fanden allerdings heraus, dass bei der abgekürzten Version über 40 % der Patienten schlechter oder besser bewertet werden, als wenn alle Aufgaben untersucht wurden. Es ist daher ggf. sinnvoll, immer alle Aufgaben durchzuführen. Bewertet wird mit einer 4-Punkt-Skala. Im besten Fall können 57 Punkte pro Arm erreicht werden. Relevantes für die klinische Praxis: Im Gegensatz zum TEMPAbenutzt der ARAT zwar streng genommen nicht alltagsähnliche Aufgaben, er bildet aber alltagsrelevante Armfunktionen ab, ist relativ schnell durchführbar und für Patienten von einer mäßig schweren bis einer leichtgradigen Parese geeignet. Der ARAT besteht aus einer Platte und einem erhöhten Regalbrett, verschieden großen Würfeln, Kugeln sowie Schalen, Becher, Röhren, Unterlegscheibe, Stein. Er ist nicht kommerziell erhältlich. Ein genaues bebildertes (englischsprachiges) Testmanual mit der Originalversion des Manuals sowie ergänzenden (er)klärenden Kommentaren für die Durchführung und Bewertung der einzelnen Aufgaben und fotographischen Abbildungen der Aufgaben ist erhältlich (Platz et al., 2005). Anhand der Testanleitung ist der ARAT schnell zu erfassen und anzuwenden. Die Durchführung dauert zwischen 8 und 15 Minuten.

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Box-and-Block Test (BBT) Testbeschreibung: Der BBT misst unilaterale grobe manuelle Geschicklichkeit. Er wurde in den fünfziger Jahren entwickelt und 1985 (a) durch Mathiowetz und Mitarbeiter standardisiert. Der Patient soll innerhalb von einer Minute so viele einzelne Würfel wie möglich von einer Seite der Box über eine Trennwand auf die andere Seite transportieren. Bewertet wird die Anzahl der jeweils transportierten Würfel. Relevantes für die klinische Praxis: Der BBT besteht aus einem rechteckigen Kasten, geteilt durch eine Trennwand, sowie 150 Würfeln (2,5 cm Kantenlänge). Er ist nicht kommerziell erhältlich. Benötigt wird zusätzlich eine Stoppuhr. Der BBT ist sehr schnell zu erlernen, die Durchführung beträgt keine fünf Minuten. Der BBT ist geeignet für Patienten aller Altersgruppen. Für Patienten mit wenig Hand-Armfunktion besteht aber ein Bodeneffekt. Nine-Hole-Peg-Test (NHPT) Testbeschreibung: Der NHPT (Mathiowetz et al., 1985b) misst unilaterale Fingergeschicklichkeit. Aus einer Schale werden 9 kurze Stifte einzeln entnommen und in eine Lochplatte gesteckt. Empfohlen wird, den Test mind. 2 x pro Seite durchzuführen, um sich zu vergewissern, dass der Patient die Aufgabenstellung gut verstanden hat und umsetzen kann. Gemessen wird die benötigte Zeit. Ggf. wird nach 50 Sekunden abgebrochen und die Anzahl der bewältigten Stifte gezählt. Diese Werte können für einen besseren Leistungsvergleich in die Anzahl der Stifte pro Sekunde umgerechnet werden: bei einem Zeitbedarf von 18 Sekunden wären das 0,5 Stifte/Sekunde. Relevantes für die klinische Praxis: Der NHPT besteht aus neun Stiften und einem flachen Brett mit integrierter Schale und Lochplatte. Er ist inklusive kurzer Testanleitung kommerziell erhältlich oder kann selbst gebaut werden. Benötigt wird zusätzlich eine Stoppuhr. Der NHPT kann sehr schnell erlernt werden, die Durchführung beträgt weniger als 5 Minuten. Der NHPT ist einsetzbar bei Erwachsenen und Kindern mit Feinmotorikstörungen. 4.1.3 Assessment von Spastizität Ashworth Scale Testbeschreibung: Die Ashworth Skala (Ashworth, 1964), bzw. die modifizierte Ashworth Skala (Bohannon and Smith), ist die bekannteste und gebräuchlichste Skala zur Beurteilung von Muskeltonus bzw. des Widerstandes gegen passive Bewegung. Ein Extremitätenabschnitt wird in eine Richtung passiv bewegt und der gefühlte Widerstand nach einer 5-Punkt-Skala bewertet (von 0 = kein erhöhter Muskeltonus bis zu 4 = Gliedmaße ist in Flexion oder Extension (rigide) fixiert). Relevantes für die klinische Praxis: Die Durchführung dauert pro Gelenkabschnitt nur etwa eine Minute und ist schnell zu erlernen, wenn man Erfahrung mit Patienten mit Muskeltonusstörungen hat. REPAS Testbeschreibung: Basierend auf der Ashworth Skala wurde vom Autor (TP) eine Summenskala entwickelt, die Resistance to PASsive movement scale (REPAS) (Platz et al., 2008). Der REPAS stellt eine Weiterentwicklung des Ashworth-basierten Assessments dar, insofern, als der REPAS (a) Standardisierungen für die Durchführung von 13 verschiedenen Gelenksbewegungen (auf jeder Körperseite) vorgibt, (b) die Beurteilungskriterien der Ashworth Skala kommentiert bzw. ergänzt und damit eine eindeutigere Zuordnung der Bewertungsstufen erlaubt und (c) eine Validierung der Bildung von Summenwerten für Arme, Beine, eine Körperseite, oder einen Summenwert für alle 4 Extremitäten erfolgt ist.

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Relevantes für die klinische Praxis: Die Durchführung des kompletten REPAS dauert 5 bis maximal 15 Minuten und ist schnell zu erlernen, wenn man Erfahrung mit Patienten mit Muskeltonusstörungen hat. Die Standards für die Durchführung und Bewertung des REPAS können dazu beitragen, dass Untersuchungsergebnisse vergleichbar erhoben werden. Das hätte auch zur Folge, dass Therapieeffekte sicherer dokumentiert werden können. 4.2 Elektrophysiologische und bildgebende Diagnostik Zur elektrophysiologischen und bildgebenden Diagnostik wird auf die entsprechenden gesondert formulierten Leitlinien der DGNR verwiesen. 5. Therapie Bei der Beurteilung der Literatur, ob und welche Therapie für die Wiederherstellung der Armmotorik nach Schlaganfall wirksam ist, sind folgende Aspekte besonders relevant: – Schwer und Chronizität der Lähmung • Wurde eine Behandlung bei einer/m Patientin/en durchgeführt, die/der an einer schweren Armlähmung erkrankt ist und den Arm im Alltag noch nicht oder kaum einsetzen kann, • die/der an einer leichten Armlähmung erkrankt ist und den Arm im Alltag einsetzen kann, dabei aber z. B. noch „ungeschickt „ ist (z. B. Störung der Fein- und/oder Zielmotorik), • bei der/dem die Armlähmung erst kurze Zeit oder schon länger besteht? – Art der Therapie • Wurde physio- oder ergotherapeutische Behandlung durchgeführt, oder • erfolgte eine gerätegestützte motorische Rehabilitation, die evtl. nicht „überall“ angeboten werden kann (Verfügbarkeit, finanzieller Aufwand)? – Effekte einer zusätzlichen Therapie oder verschiedener Therapieinhalte • Wurden Therapieeffekte (u. a. auch) dadurch erreicht, dass gegenüber der Vergleichsbehandlung mehr Therapiezeit angeboten wurde • oder hat die Therapie selbst bei gleicher Therapiezeit eine höhere Wirksamkeit erreicht und ist damit bezgl. ihrer spezifischen Inhalte überlegen gewesen? – Intensität, Dauer und Verteilung der Behandlung • Wurde die Therapie über eine längere Zeit durchgeführt (z. B. viele Wochen), • erfolgte die Therapie in einer Intensität und Verteilung, die in unserem Gesundheitssystem entweder stationär, teilstationär oder ambulant bzw. als Eigentraining umsetzbar wäre? – Unmittelbare versus anhaltende Therapieeffekte • Wurden die Therapieeffekte unmittelbar nach dem Therapiezeitraum (z. B. von einigen Wochen) beobachtet oder • wurden auch lang anhaltende Effekte längere Zeit (z. B. Monate) nach Beendigung der Therapie untersucht?

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5.1 Zeitpunkt, Dauer und Intensität der aktiven Übungstherapie 5.1.1 Zeitpunkt und Dauer der Behandlung Zu den Fragen des Zeitpunktes und der Dauer der aktiven Übungstherapie konnte nur indirekte Evidenz aus der Literatur abgeleitet werden. Wenn eine spezifische aktive Armrehabilitation wenige Tage nach einem akuten Schlaganfall begonnen wurde, dann zeigten sich für eine Behandlungsintensität von 30 Minuten werktäglich gegenüber einer Kontrollgruppe (Splinttherapie gleicher Dauer) Effekte der Beschleunigung der Erholung der Armaktivitäten (Kwakkel et al., 1999, 2002). • Empfehlung 5.1.1 Soweit der klinische Zustand des Patienten es erlaubt, sollte ein früher Beginn der Rehabilitation der Armmotorik erfolgen (Evidenz niedrig [da kein RCT mit frühem vs. spätem Beginn], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). Auch in späteren Krankheitsphasen wurden verschiedentlich Therapieeffekte abgesichert. Bei fortbestehenden funktionellen Defiziten (Kriterium 1) und der individuellen Dokumentation von funktionellen Verbesserungen unter Therapie (bzw. auch funktionellen Verschlechterungen nach deren Absetzung) (Kriterium 2) werden daher zur Erreichung individueller Therapieziele auch im chronischen Stadium Maßnahmen spezifischer Armrehabilitation empfohlen. Die Wirksamkeit einer kontinuierlichen Behandlung ist jedoch nicht untersucht und sollte nur erfolgen, wenn die Kriterien 1 und 2 erfüllt sind (Evidenz niedrig [kein RCT zur kontinuierlichen Behandlung], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). Andererseits ist zu beachten, dass in der chronischen Phase sowohl kürzere intensivere als auch längere weniger intensive (nicht kontinuierliche) Behandlungsformen wirksam sind. Zu den verschiedenen zur Anwendung kommenden Verfahren (Art, Dauer, Intensität) wird unten Näheres ausgeführt.

5.1.2 Intensität der aktiven Übungstherapie Eine zusätzliche intensivere aktive (und aktivitätsorientierte) Armtherapie (30 Minuten, 5 x pro Woche, 20 Wochen) führt bei schwerer betroffenen hemiparetischen akuten Schlaganfall-Patienten (Beginn im Mittel 7 Tage nach MCA-Insult) zu einer anhaltend stärkeren Verbesserung der Armfunktion (signifikant bis Woche 26) als eine (passive) Splintbehandlung (Kwakkel et al., 1999); nach einem Jahr bestanden jedoch keine Gruppenunterschiede mehr (Kwakkel et al., 2002). Damit wurde auch gezeigt, dass eine spezifische Armrehabilitation, die wenige Tage nach einem akuten Schlaganfall begonnen wurde, die Erholung der Armaktivitäten beschleunigte. Auch eine zusätzliche entweder aufgabenorientierte Therapie oder Krafttraining (20 Std. zusätzlich in 4 – 6 Wochen) führte im Vergleich zu einer Standardtherapie bei mittelschwer betroffenen subakuten Schlaganfallpatienten (FIM 40 – 80) zu einer schnelleren Erholung der selektiven Beweglichkeit, der Kraft (sowie der Armfunktion bei leichter betroffenen) (Winstein et al., 2004). Auch bei subakuten Schlaganfallpatienten mit leicht bis mäßiger Armparese (beginnende funktionelle Einsetzbarkeit, FAT) führte eine zeitliche Intensivierung der Behandlung (stationär ca. 2 Std. pro Woche, ambulant ca. 1 Std. pro Woche) bei auch anderen Therapieinhalten mit Betonung der Eigenaktivität zu einer schnelleren Erholung der Armfunktion (Parese, selektive Beweglichkeit, Fingergeschicklichkeit) (Sunderland et al., 1992 & 1994). Andererseits zeigte eine Nettodifferenz (Bobath-basierter) Physio- und Ergotherapie von 14 Minuten pro Werktag während stationärer Behandlung (über 6 Wochen) weder bei weniger

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schwerer (ARAT > 0) noch bei schwerer Armfunktionsstörung bei subakuten Schlaganfall-Patienten eine nachweisliche Wirkung auf die Erholung der Parese oder Armfunktion (Rodgers et al., 2003). Ähnliches gilt für eine zusätzliche Armtherapie, die entweder Bobath-orientiert durch eine qualifizierte Physiotherapeutin (2 Std./Woche) oder durch eine Physiotherapie-Assistentin (2 Std./Woche) über 5 Wochen erfolgte (Lincoln et al., 1999). • Empfehlung 5.1.2 Im stationären (oder teilstationären) Bereich (Neurorehabilitation) soll für subakute Schlaganfallpatienten mindestens 30 Minuten werktägliche zusätzliche spezifische Armrehabilitation erfolgen, wenn eine zusätzliche Funktionsverbesserung oder zumindest Beschleunigung der Wiederherstellung der Armmotorik erreicht werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad A). Entsprechende Effekte wurden in Studien mit einer Behandlungsdauer von 4 – 20 Wochen dokumentiert.

5.2 Klassische Physiotherapie-Schulen Der Vergleich der Behandlung bei postakuten geriatrischen Schlaganfallpatienten mit „konventioneller“ Behandlung, einer Behandlung nach Bobath oder PNF (5 x 30 – 45 Minuten pro Woche über 6 Wochen; umfassende motorische Therapie, nicht nur Armbehandlung) führte u. a. auch bzgl. der aktiven Handgelenksbeweglichkeit nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen (Dickstein et al., 1986). Bei subakuten Schlaganfallpatienten mit Hemiparese führten eine fazilitative Behandlung nach Bobath oder Rood im Vergleich zu „traditionellen“ Techniken nach Kendall, Clayton und Coulter (1 – 1,5 Std. pro Tag) zu keiner unterschiedlichen Verbesserung der Arm- und Handkraft und Selbstständigkeit im Alltag (Logigian et al., 1983). Auch bei einem Vergleich einer Bobath-Behandlung mit einer „traditionellen“ Behandlung mit frühem Üben funktioneller Aufgaben während der Rehabilitation postakuter („pure motor“) Schlaganfallpatienten bis zu einem Jahr nach Entlassung waren keine Unterschiede bzgl. der groben manuellen Geschicklichkeit (BBT), der Fingergeschicklichkeit (NHPT) oder der Selbstversorgungskompetenz (FIM) beobachtbar (Gelber et al., 1995). Subakute Schlaganfallpatienten mit leichter bis schwerer Armfunktionsstörung profitierten nicht nachweislich von einer zusätzlichen qualifizierten Physiotherapie mit überwiegender „Bobath-Ausrichtung“ und Schwerpunktsetzung auf die Erarbeitung eines Eigenübungsprogrammes (Parry et al., 1999). Für eine zusätzliche Armrehabilitation mit 45 Minuten pro Werktag über 4 Wochen bei Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese konnte, wenn die zusätzliche Behandlung nach Bobath erfolgte, keine nachweisliche Wirkung auf die Erholung der selektiven Armbeweglichkeit dokumentiert werden, während dies für die andere Experimentaltherapie gelang (Platz et al., 2005). Auch in anderen Studien erwies sich eine Behandlung nach Bobath für die Armrehabilitation im Vergleich zu anderen Therapieformen nicht als überlegen (Basmajian et al., 1987; van Vliet et al., 2005) oder als unterlegen (Lum et al., 2002; Langhammer et al., 2000). • Empfehlung 5.2 Eine überlegene Wirksamkeit einer der länger bekannten therapeutischen Schulen gegenüber einer anderen lässt sich für die Armrehabilitation aus der beurteilten Literatur nicht ableiten. Gegenüber anderen spezifischen Therapieformen waren sie – soweit untersucht – hinsichtlich ihrer Wirksamkeit entweder vergleichbar oder unterlegen. Eine differentielle Empfehlung für eine der Schulen (Bobath, PNF, „traditionelle Techniken „) kann nicht gegeben werden. (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0).

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5.3 Sportwissenschaftliche und psychologische Strategien zum motorischen Lernen Aus dem Bereich der experimentellen Psychologie und der Sportwissenschaften gibt es eine große Zahl von Bemühungen, die Bedingungen des motorischen Lernens zu optimieren und diese Erkenntnisse ggf. für Schlaganfallpatienten nutzbar zu machen (Winstein, 2003). Dies betrifft z. B. den Aufmerksamkeitsfokus (intern oder extern), das Üben in Zweiergruppen, selbstkontrolliertes Üben, unterschiedliche Belohnungssysteme, den Wert der Pausen und des Schlafes zur Konsolidierung von Bewegungsmustern, die Variabilität der Übungen um Generalisierbarkeit zu gewährleisten usw. Diese Konzepte haben potentiell Bedeutung für die motorische Rehabilitation, wurden jedoch bisher wenig für den Einsatz in der Schlaganfall-Rehabilitation evaluiert. Die begrenzt vorliegende Evidenz wird nachfolgend skizziert. Die Übertragung unterschiedlicher Strategien zum motorischen Lernen wie etwa (a) die Berücksichtigung einer zufälligen Abfolge verschiedener beübter Armbewegungen im Vergleich zu einer „geblockten“ Beübung pro Bewegung (Cauraugh et al., 2003) oder (b) die Art einer Rückmeldung zu Bewegungen beim Training, d. h. entweder über die qualitative Ausführung der (Gelenks-)Bewegungen („knowledge of performance“) oder über das Ergebnis einer Bewegung (z. B. Dauer und Präzision) („knowledge of result“) (Cirstea et al., 2006) haben sich in den wenigen Untersuchungen hierzu bislang nicht in dem Maße als unterschiedlich wirksam gezeigt, wie dies aufgrund von Untersuchungen bei Gesunden zu erwarten gewesen wäre. Auch in einer Studie zur Wirksamkeit des Arm-Fähigkeits-Training erbrachte eine zusätzliche intermittierende Ergebnisrückmeldung („knowledge of result“) keine nachweislich höhere Wirksamkeit (Platz et al., 2001). • Empfehlung 5.3 Eine spezifische Empfehlung kann nicht ausgesprochen werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.4 Repetitives Üben einzelner selektiver Bewegungen Bei subakuten Schlaganfallpatienten mit mittelschwerer bis schwerer Armparese (FM < 46) führte eine repetitive sensomotorische Stimulation mit proximalen Armbewegungen („rockingchair „ & Johnstone Splint) (30 Minuten Eigentraining, 5 x pro Woche für 6 Wochen) nicht unmittelbar, aber langfristig (6 Monate, 5 Jahre) insbesondere bei den schwerer betroffenen Patienten zu einer Verbesserung der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) und nach 5 Jahren der Armfunktion (ARA) (Feys et al., 1998; Feys et al., 2004). Das repetitive Üben von Zielbewegungen (5 x 60 Minuten pro Woche über 2 Wochen) führte bei Patienten mit chronischer Hemiparese mit erhaltener Reichfunktion zu Verbesserungen der Armfunktion (FM Arm, TEMPA) (Cirstea et al., 2006). Bei einer kleineren Gruppe von Schlaganfallpatienten mit initialer Plegie und anschließender Erholung der Handfunktion mit Erreichen von selektiven Fingerbewegungen bewirkte die repetitive Beübung einer Fingerbewegungssequenz (Daumen-Finger-Opposition), die entweder tatsächlich ausgeführt oder nur mental geübt wurde (5 x 30 Minuten pro Woche), jeweils im Vergleich zu einer gleich langen konventionellen Therapie (z. B. Greifen und Halten von Objekten, Fingerextension) bezüglich der Griffkraft und der Feinmotorik (JebsenHandfunktionstest) zu stärkeren Verbesserungen (Müller et al., 2007). Gegenüber einer EMG-getriggerten neuromuskulären Elektrostimulation war die alleinige repetitive Handgelenks- und Fingerextension (6 Stunden in 2 Wochen) bei chronischen Schlaganfall-Patienten mit mäßiger Parese bezüglich der Verbesserungen in der groben manuellen Geschicklichkeit (BBT) unterlegen (Cauraugh et al., 2002).

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Andere repetitive Übungstherapieformen werden weiter unten in den jeweiligen spezifischen Abschnitten thematisiert (Schädigungs-orientiertes Training, IOT®; neuromuskuläre Elektrostimulation [NMES, EMG-ES]; Arm-Robot-Therapie). • Empfehlung 5.4 Ein an das individuelle Leistungsvermögen angepasstes repetitives Üben selektierter Bewegungen (z. B. nur Schulterbewegungen, Zielbewegungen oder Fingerbewegungssequenz) ausreichender Intensität (30 Minuten werktäglich) kann durchgeführt werden, wenn Verbesserungen der Armfunktion und -aktivität angestrebt werden; eine allgemeine Empfehlung für das repetitive Üben einzelner selektiver Bewegungen kann wegen der Inkonsistenz der Ergebnisse jedoch nicht gegeben werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.5 Bilaterales Training Ein repetitives, Alltagsaufgaben-orientiertes Training mit Betonung bilateraler, insbesondere symmetrischer Bewegungen, dessen Repetition systematisch geblockt und randomisiert strukturiert war (4 x 45 Minuten pro Woche über 5 Wochen), war bei subakuten Schlaganfallpatienten weder bzgl. der Kraft, der selektiven Beweglichkeit, der groben manuellen und der Fingergeschicklichkeit noch für die Selbständigkeit im Alltag wirksamer als eine zeitlich gleich intensive sonstige Ergotherapie (ohne systematische Repetition bilateraler [aber auch unilateraler] Bewegungen) (Desrosiers et al., 2005). Ob bilaterales Training für die Armrehabilitation nach Schlaganfall effektiv ist, untersuchte ein systematischer Review mit Metaanalyse von Stewart et al., 2006. 11 Studien mit insgesamt 171 Patienten wurden berücksichtigt, davon 9 mit Randomisierung und 9 mit blinder Evaluation. Die Autoren berichten wenn eine Analyse über alle [verschiedene] Outcome-Parameter (Fugl-Meyer, Box and Block-Test, kinematische Analyse) gerechnet wird – über eine moderate Effektgröße des bilateralen Trainierens (ES = 0,732, S.D. = 0,13). Insofern chronische Patienten eingeschlossen wurden, kann auf einen Effekt aktiven Übens geschlossen werden. Der Nachweis einer spezifischen Wirksamkeit/Überlegenheit bilateralen Übens, d. h. einer von der Therapieintensität unabhängigen Überlegenheit gegenüber anderen Therapieformen, ist damit nicht belegt. • Empfehlung 5.5 Oben wurde bereits ausgeführt, dass es relevant ist, „therapeutische Prinzipien“ für das motorische Lernen auf ihre Relevanz zu prüfen. In diesem Zusammenhang kann auch die Frage des bilateralen (vs. unilateralen) Übens gestellt werden. Mit der genannten Metaanalyse wurde die Wirksamkeit aktiven bilateralen Übens (jedoch nicht dessen Überlegenheit) unterstützt. Eine auf Funktions- oder Aktivitätsverbesserung zielende Armrehabilitationsbehandlung soll aktives Trainieren beinhalten, das (auch) mit bilateralen Übungen gestaltet werden kann (Evidenz hoch, mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.6 Zirkeltraining Ein Zirkeltraining mit Arm-Ergometer, funktionellen Aufgaben zur Förderung von Reich- und Greifbewegungen, Auge-Hand-Koordinationsaktivitäten, Dehnübungen und Kräftigung (20 Stationen à 5 Minuten, 5 x 1 Std./Woche für 4 Wochen) führte bei subakuten, gehfähigen

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Schlaganfall-Patienten zu Verbesserungen der Armmotorik (MAS, obere Extremität) und der Fingergeschicklichkeit (JTHFT) (Blennerhassett und Dite, 2004). Ein weiteres Zirkeltraining mit 1. Schulterübungen (Theraband), 2. passiven oder selbstassistierten Bewegungen und Ellenbogen-Handgelenks-Übungen und 3. Handmuskel- und funktionellem Training (sowie z. T. NMES) führte bei chronischen gehfähigen Schlaganfallpatienten im Vergleich zu einem Mobilitätstraining (3 x 1 Std. ambulante Gruppentherapie für 19 Wochen) zu größeren Verbesserungen der Armfunktion (WMFT) und der selektiven Beweglichkeit des Armes (FM) (Pang et al., 2006). • Empfehlung 5.6 Für geeignete Patienten sollte, wenn eine Verbesserung der Armfunktion und -aktivität angestrebt wird, als Organisationsform der Behandlung ein mehrwöchiges Zirkeltraining ausreichender Intensität (z. B. 3 Std. pro Woche für mehrere Wochen) bedacht werden, gerade auch in späteren Krankheitsphasen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.7 Eigentraining mit intermittierender Supervision Ein komplexes therapeutisch supervidiertes häusliches Training für Kraft und Armfunktion (aber auch Ausdauer und Gleichgewicht), das 36 x für 1,5 Std. über 12 – 14 Wochen durchgeführt wurde, kann bei Schlaganfall-Patienten, die den Arm bereits gut funktionell einsetzen können, zu einer Verbesserung der Geschicklichkeit führen (Zeitbedarf für funktionelle Arm-Aufgaben; WMFT) (Duncan et al., 2003). Auch ein tägliches komplexes sensibles oder motorisches häusliches Armtraining (Üben spezifischer Aufgaben, mentales Üben, Spiegeltherapie; 15 – 90 Minuten über 2 x 4 Wochen) (in Kombination mit 7 Stunden täglich Restriktion der weniger betroffenen Hand [Handschuh]) in Verbindung mit 1,5 Stunden supervidiertem repetitiven sensorischen und motorischen Training pro Woche führte bei chronischen Schlaganfallpatienten mit leicht- bis mittelgradiger Armparese zu Verbesserungen der Arm- und Feinmotorik (Byl et al., 2003). • Empfehlung 5.7 Wenn der Arm bereits funktionell einsetzbar ist, sollte ein tägliches Eigentraining mit intermittierender Supervision (90 Minuten Therapeuten-Patienten-Kontaktzeit pro Woche) bedacht werden, wenn funktionelle Verbesserungen erreicht werden sollen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.8 Schädigungsorientiertes Training (impairment-oriented training) Das Schädigungs-orientierte Training (impairment-oriented training, IOT) bietet zwei Therapieverfahren, das Arm-Fähigkeits-Training (AFT) für Patienten mit leichter Parese und das Arm- BASIS-Training (ABT) für Patienten mit schwerer Parese. Ein zusätzliches Arm-Fähigkeits-Training (5 x pro Woche ca. 45 Minuten pro Tag über 3 Wochen), bei dem verschiedene sensomotorische Leistungen (z. B. Zielen, Handruhe, manuelle und Fingergeschicklichkeit, Visuomotorik) trainiert werden, verbesserte bei subakuten Schlaganfallpatienten und subakuten und chronischen Schädel-Hirn-Trauma-Patienten die alltagsrelevante Arm- und Handmotorik (Zeitbedarf bei den TEMPA-Aufgaben); die Effekte waren auch nach 1 Jahr z. T. noch substanzierbar (Platz et al., 2001).

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Eine einfach blinde randomisierte kontrollierte Studie untersuchte den Effekt einer zusätzlichen Therapiezeit für den schwergradig paretischen Arm bei subakuten Schlaganfallpatienten (5 x pro Woche ca. 45 Minuten pro Tag über 4 Wochen), die inhaltlich entweder als Bobath-Therapie oder als Arm-Basis-Training gestaltet wurde, gegenüber einer Rehabilitationsbehandlung ohne diese Intensivierung der Armrehabilitation. Beim Arm-BASIS-Training werden alle Freiheitsgrade des Armes (Bewegungsmöglichkeiten) einzeln im Sinne der selektiven Innervation systematisch repetitiv beübt. Die Erholung der selektiven Beweglichkeit des Armes (FM) wurde durch das zusätzliche Arm-BASIS-Training gefördert, für die Bobath-Behandlung gelang der Nachweis nicht (Platz et al., 2005). Die Inhalte der Therapie waren demnach für die Erholung bedeutsamer als die Therapiezeit. Ein Mapping des motorischen Kortex ergab Hinweise für eine systematische Reorganisation bei den mit Arm-BASIS-Training behandelten Patienten (Platz et al., 2005). • Empfehlung 5.8 Ein zur Standardtherapie zusätzliches Arm-BASIS-Training (ABT) sollte bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit schwerer Parese durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der selektiven Armbeweglichkeit erreicht werden soll (Evidenz hoch, mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Ein zur Standardtherapie zusätzliches Arm-Fähigkeits-Training (AFT) sollte bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit leichter Parese durchgeführt werden, wenn die Leistungsfähigkeit der Sensomotorik (Fein- und Zielmotorik) verbessert werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.9 Aufgaben-orientiertes Training Ein Aufgaben-spezifisches Training beübt repetitiv Aufgaben, die ähnlich auch im Alltag vorkommen können, um funktionelle Fähigkeiten zu verbessern. Eine zusätzliche entweder Aufgaben-orientierte Therapie oder Krafttraining (20 Std. zusätzlich in 4 – 6 Wochen) führte bei mittelschwer betroffenen subakuten Schlaganfallpatienten (FIM 40 – 80) gleichermaßen zu einer schnelleren Erholung der selektiven Beweglichkeit und der Kraft (sowie der Armfunktion bei leichter betroffenen Patienten) im Vergleich zu einer Standardtherapie (Winstein et al., 2004). Bei einem 9-Monate Follow-up hatte die Subgruppe der weniger schwer betroffenen Patienten, die aufgabenorientiert beübt wurden, bei 2 von 11 „Outcome“-Parametern („isometric torque“ und „palmar pinch“) eine bessere Erholung als die Gruppe, die Krafttraining erhielt. Bei einem Vergleich der Wirksamkeit einer Behandlung nach dem Motor Relearning Programm und einer Behandlung nach dem Bobath-Konzept (Median 23 Minuten pro Tag, insgesamt Median 365 Minuten) während der stationären Behandlung von akuten/subakuten Schlaganfallpatienten konnten keine unterschiedlichen Effekte abgesichert werden (RMA, MAS) (van Vliet et al., 2005). Bei akuten Schlaganfallpatienten hat eine Behandlung nach dem Motor Relearning Programm im Vergleich zu einer Behandlung nach dem Bobath-Konzept (5 x 40 Minuten pro Woche während der stationären Behandlung) initial, d. h. nach zwei Wochen Therapie, zu einer stärkeren Verbesserung der Armfunktion geführt (Langhammer et al., 2000), aber langfristig (3 Monate, 1 Jahr und 4 Jahre nach Schlaganfall) keine unterschiedlichen Effekte bewirkt (Langhammer et al., 2000, Langhammer et al., 2003). Schlaganfallpatienten (< 1 Jahr) mit leichter bis mäßiger Hemiparese, die entweder ein Aufgaben-orientiertes Training (an das Leistungsniveau angepasste funktionelle Alltagsaufgaben mit dem Ziel, die Armfunktion zu verbessern) oder ein Gangtraining erhielten (3 x 90 Minuten pro Woche für 6 Wochen und 15 Minuten tägl.

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Heimübungsprogramm), konnten keine unterschiedliche Verbesserung ihrer Armfunktion erreichen (Higgins et al., 2006). Bei einer kleineren Studie mit 12 chronischen Schlaganfallpatienten mit inkompletter Armlähmung konnte eine sichere Überlegenheit eines Aufgaben-orientierten Trainings (Reichen nach und Greifen von Objekten) gegenüber progressiven Widerstandsbewegungen (12 x 35 Minuten in 4 Wochen) nicht nachgewiesen werden; schwerer betroffene könnten von ersterem, leichter betroffene Patienten mehr von letzterem Training profitiert haben (Thielman et al., 2004). In einem systematischen Cochrane-Review unter Einschluss von 14 randomisierten oder quasi-randomisierten, kontrollierten Studien mit 659 Schlaganfallpatienten wurde geschlussfolgert, dass ein Aufgaben-spezifisches Training (repetitives Üben aktiver motorischer Sequenz mit komplexen Multigelenksbewegungen) im Vergleich zu üblicher Behandlung (einschließlich „keiner Behandlung“) oder einer Kontrollintervention mit gleicher Aufmerksamkeitszuwendung (z. B. Entspannung oder kognitives Training) keinen statistisch signifikanten Effekt auf die Arm- oder Handfunktion (jedoch auf das Gehen) hatte (French et al., 2007). • Empfehlung5.9 Ein Aufgaben-orientiertes Training führte in einer randomisierten kontrollierten Studie bei subakuten Schlaganfall-Patienten im Vergleich zur weniger intensiven Standardtherapie zu einer Verbesserung der Armfunktion. In einem Cochrane Review wurde jedoch beurteilt, dass ein Aufgaben-spezifisches Training keinen statistisch absicherbaren Effekt auf die Wiederherstellung der Arm- oder Handfunktion hat. Es ist daher eine Therapieoption. Eine differentielle Empfehlung für das Aufgaben-orientierte Training kann nicht gegeben werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.10 Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) 5.10.1 Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) –das „Original“ Bei subakuten und chronischen Schlaganfallpatienten mit zumindest leicht erhaltener Handfunktion (Handgelenks-, Daumen- und Fingerextension) und gleichzeitig fehlendem substantiellem Gebrauch des paretischen Armes im Alltag (Motor Activity Log < 2,5) (und Selbständigkeit beim Stehen und Transfer) führte eine zusätzliche CIMT über 2 Wochen (6 Std. „shaping“-Therapie, 5 x pro Woche, Restriktion der weniger betroffenen Hand mittels speziellem Handschuh während 90 % der „Wachstunden“ plus täglich 30 Minuten Heimübungsprogramm) zu schnelleren und größeren sowie anhaltenden (1 Jahr) Verbesserungen der Armmotorik (Geschwindigkeit [WMFT], selbstbeurteilte Häufigkeit [MAL AOU] und Qualität [MAL QOM] des Handgebrauchs im Alltag) als übliche (wenig intensive) Fürsorge allein (Wolf et al., 2006). Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit partiell erhaltener Handfunktion (≥ 10° Finger-Extension, ≥ 20° HG-Extension) und innerhäuslicher Gehfähigkeit (ohne Stock) verbesserten 6 Stunden Behandlung pro Tag in Kleingruppen mit Tragen einer Schlinge für die nicht-betroffenen Hand (5 x pro Woche für 2 Wochen) und Tragen einer Schiene an der nicht-betroffenen Hand zuhause die Armfunktion (ARA) (auch noch nach 1 Jahr) und die selbstbeurteilte Gebrauchsfähigkeit des Armes im Alltag (MAL AOU) stärker als eine zeitlich gleich intensive Bobath-Behandlung (ohne Schiene zu Hause); der Effekt war bei Patienten mit Sensibilitätsstörungen (ARA) und Neglect (MAL AOU) betont (van der Lee et al., 1999). Bei einem ähnlichen Vergleich (CIMT mit 6 Std. täglich, 5 x pro Woche, plus Restriktion des weniger betroffenen Armes versus 6 Std. täglich Bobath-Behandlung, 5 x pro Woche, ohne zusätzliche Restriktion; beide

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Therapieformen über 2 Wochen) war die CIMT für chronische Schlaganfallpatienten günstiger (Verbesserung der Armfunktion [ARAT]) (Suputtitada et al., 2004). In einer kleinen Studie waren Effekte der CIMT nach 2 Jahren nachweisbar (Taub et al., 1993). Die Wirksamkeit der Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) wurde in einem systematischen Review von Hakkennesund Keating (2005) evaluiert. 14 in der Fragestellung relevante randomisierte kontrolllierte Studien wurden identifiziert, davon 10 mit blindem Beurteiler. Metaanalysen wurden für Outcome-Parameter für Armfunktionen (FM), -Aktivitäten (ARAT, WMFT) und die selbstbeurteilte Nützlichkeit des Armes (MAL) durchgeführt, die moderate bis große Effektgrößen zeigten (wovon nur eine statistisch signifikant war [ARAT], was auch mit der relativ kleinen Zahl der Studien mit den einzelnen Outcome-Parametern, deren kleinen Fallzahlen und Heterogenität der Studienpopulationen in Zusammenhang stehen kann). In einem (nicht abgeschlossenen) Cochrane Review soll geprüft werden, ob die Constraint-Induced Movement Therapy eine effektive Rehabilitationsstrategie bei Armlähmungen darstellt (Sirtori et al. 2006). 5.10.2 Modifizierte Constraint-Induced Movement Therapy (mCIMT) Die selbstbeurteilte Häufigkeit [MAL AOU] und Qualität [MAL QOM] des Handgebrauchs im Alltag wurde stärker verbessert, wenn die „shaping“-Therapie 6 Std. am Tag durchgeführt wurde als bei 3 Std. am Tag (Sterr et al., 2002). Sowohl bei akuten als auch chronischen Schlaganfall-Patienten mit partiell erhaltener Handfunktion (≥ 10° aktive MCPund PIP/DIP-Extension, ≥ 20° HG-Extension) und Nicht-Gebrauch des Armes im Alltag verbesserte eine 10-wöchige Behandlung mit 5 Stunden „constraint“ der nicht betroffenen Hand pro Tag (Mo – Fr) und einer dreimal wöchentlichen alltagsbezogenen Armtherapie die selektive Beweglichkeit (FM Arm), die Armfunktion (ARA) (akute Schlaganfall-Patienten) und selbstbeurteilte Gebrauchsfähigkeit des Armes im Alltag (MAL) mehr als eine traditionelle Armbehandlung ohne zusätzliche Restriktion (z. T. als PNF-Therapie, zum geringeren Teil auch Kompensationstraining mit dem nicht betroffenen Arm) (Therapie: an Behandlungstagen 30 Minuten Ergotherapie, im chronischen Stadium zusätzlich 30 Minuten Physiotherapie mit Armbehandlung, aber auch Gangtraining) bzw. keine Therapie (subakute Schlaganfallpatienten) (Page et al., 2001; Page et al., 2002; Page et al., 2004; Page et al., 2005). Eine mCIMT mit 2 Stunden funktionellem Training pro Tag (für 2 Wochen) mit Tragen einer Restriktion der weniger betroffenen Hand für weitere mindestens 6 Stunden am Tag bewirkte bei akuten Schlaganfallpatienten (< 14 Tage) ein stärkere Verbesserung der Armfunktion (ARAT) als 2 Stunden herkömmliche Ergotherapie (Dromerick et al., 2000). Eine CIMT (Restriktion für bis zu 6 Stunden pro Tag, MW 2,7 Std.) in Kombination mit „traditioneller“ Armtherapie (1 Std. pro Tag) war bei subakuten Schlaganfallpatienten jedoch nicht sicher wirksam, wobei Männer am ehesten profitierten und ihre Armfunktion (ARAT) verbessern konnten (Ploughman and Corbett, 2004). Auch chronisch hemiparetische Kinder (≤ 8 Jahre) profitieren von einer CIMT (Hand-Unterarm-Gipsverband für 1 Monat) (Willis et al., 2002).

• Empfehlung 5.10.2 (CIMT und mCIMT) Für die Constrained-Induced Movement Therapy (CIMT) (auch als Bewegungsinduktionstherapie oder „forced use“-Therapie bezeichnet) ist die Wirksamkeit sehr gut belegt und zwar dann, wenn Patienten eine zumindest teilweise erhaltene Handfunktion und gleichzeitig einen fehlenden substantiellen spontanen Gebrauch des Armes im Alltag haben. Dies trifft für subakute und chronische

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Schlaganfall-Patienten zu. Sowohl die ursprüngliche Version (6 Stunden Therapie pro Tag plus Restriktion der weniger betroffenen Hand für 90 % der Wachstunden über 2 Wochen) als auch modifizierte, weniger intensive Formen (mCIMT) mit z. B. 2 Stunden Therapie pro Tag und einer 5 – 6-stündigen Restriktion über einen Zeitraum von bis zu 10 Wochen können die Armfunktion und den Gebrauch des Armes im Alltag fördern. Die modifizierten, weniger intensiven Formen (mCIMT) sind leichter praktisch umsetzbar als die ursprüngliche Version; denn das kann parallel zu existierenden Therapie-Angeboten unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten (Gleichgewicht) geschehen. Wenn eine CIMT oder mCIMT angeboten werden kann und der Patient die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, dann soll diese Behandlungsmethode beim skizzierten Patientenkollektiv angewendet werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad A).

5.11 Trunc Restraint Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit mittelschwerer Armlähmung, aber erhaltener Fähigkeit zum Reichen und zum Greifen verbesserte die Rumpfrestriktion beim repetitiven strukturierten Beüben von Reich- und Greifbewegungen die Erholung der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) und Armfunktion (TEMPA) (Michaelsen et al., 2006). • Empfehlung 5.11 Rumpfrestriktion beim Training von Reich- und Greifbewegungen kann bei vorliegenden kompensatorischen Rumpfbewegungen erfolgen (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.12 Spiegeltherapie Eine Spiegeltherapie (2 x tgl. 15 Minuten, 6 x pro Woche, 4 Wochen) könnte bei chronischen Schlaganfallpatienten mit milder bis schwerer Hemiparese die aktive Bewegungsfähigkeit des Armes verbessern (Altschuler et al., 1999). Bei einer kleineren Gruppe subakuter bis chronischer Schlaganfall-Patienten, die entweder teilstationär (weniger intensiv, 17 x 30 Minuten in 5 Wochen) oder stationär (37 x 30 Minuten in 5 Wochen) behandelt wurden, wurde nach der Behandlung mit einer Spiegeltherapie (je 10 Minuten Armbewegungen, funktionelle Aufgaben, Feinmotorik-Aufgaben) im Vergleich zur Kontrolltherapie bei Parametern mit stärkeren Baseline-Differenzen unterschiedliche Zuwächse nach Therapie dokumentiert (Rothgangel et al., 2007). Der ursächliche Zusammenhang mit der Spiegeltherapie konnte somit nicht eindeutig hergestellt werden. Bei subakuten bis chronischen Schlaganfall-Patienten (< 1 Jahr) mit schwerer bis moderater Hemiparese führte eine Behandlung mit Spiegeltherapie (Beübung von Handgelenks- und Fingerextension sowie -flexion) werktäglich für 30 Minuten für 4 Wochen zusätzlich zu sonstiger Rehabilitationsbehandlung nach der Therapie sowie 6 Monate danach zu einer stärkeren motorischen Erholung (Brunnstrom Stadien) und einer stärkeren Verbesserung der Selbständigkeit bei Alltagsverrichtungen (FIM) als ein gleich intensive Kontrolltherapie (gleiche Bewegungen) ohne Spiegel (Yavuzer et al., 2008). • Empfehlung 5.12 Eine zur Standardtherapie zusätzliche Spiegeltherapie, bei der Bewegungen der „gesunden“ Hand im Spiegel beobachtet und visuell wie Bewegungen der betroffenen

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Hand wahrgenommen werden, sollte bei subakuten und chronischen Schlaganfallpatienten durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der motorischen Funktion angestrebt wird (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.13 Mentales Training Bei subakuten Schlaganfallpatienten (< 6 Monate) mit Armparese führte ein 6-wöchiges tägliches mentales Training (10 Minuten) mit vorgestellter Nutzung des Armes bei Alltagsverrichtungen (begleitet von 3 x 1 Std. Ergotherapie pro Woche) zu deutlicheren Verbesserungen der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) und Armfunktion (ARA) als Ergotherapie allein (Page et al., 2001). Auch bei chronischen Schlaganfallpatienten mit Armlähmung (bei erhaltener Restfunktion der Handgelenks-und Fingerflexion) und gelerntem Nichtgebrauch fördern täglich 30 Minuten mentales Training parallel tatsächlich geübter ADL-Aktivitäten (2 x 30 Minuten pro Woche im Rahmen der Therapie) über 6 Wochen die Armfunktion (ARA) (mehr als zusätzliches Entspannungstraining) (Page et al., 2005). Bei einer kleineren Gruppe von Schlaganfallpatienten (n = 17) mit initialer Plegie und anschließender Erholung der Handfunktion mit Erreichen von selektiven Fingerbewegungen bewirkte die Beübung einer Fingerbewegungssequenz (Daumen-Finger-Opposition), die entweder tatsächlich ausgeführt wurde oder nur mental geübt wurde (5 x 30 Minuten pro Woche), jeweils im Vergleich zu einer gleich langen konventionellen Therapie bezüglich der Griffkraft und der Feinmotorik (Jebsen Handfunktionstest) stärkere Verbesserungen (Müller et al., 2007). • Empfehlung 5.13 Zusätzlich zur sonstigen motorischen Therapie sollte ein über mehrere Wochen durchgeführtes tägliches mentales Training (10 – 30 Minuten) mit vorgestelltem Gebrauch des betroffenen Armes im Alltag bei subakuten und chronischen Schlaganfall-Patienten mit vorhandener Restfunktion der Hand erwogen werden, wenn eine Verbesserung der Armfunktion angestrebt wird (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B).

5.14 Bewegungsbeobachtung („action observation“) In einer kleineren nicht verblindeten Studie mit chronischen Schlaganfallpatienten (MCA) mit moderater Hemiparese führte das Abwechseln von Bewegungsbeobachtung (Videosequenz einer Aktion über 6 Minuten) und anschließendes Beüben der Aktion (6 Minuten) (18 x 90 Minuten Therapie über 4 Wochen) zu stärkeren Verbesserungen der Armfunktion (FAT) und selbstbeurteilten motorischen Fähigkeit und deren Einflüssen auf den Alltag (SIS) als das Anschauen von Kontrollvideos (mit geometrische Symbolen und Zahlen) und anschließendes Beüben der (gleichen) Aktionen. Damit einher ging in der Experimentalgruppe auch eine (stärkere) Zunahme der Aktivierung des „Spiegelneuron-Systems“ (fMR) bei der Manipulation von Objekten mit der paretischen Hand (Ertelt et al., 2007). • Empfehlung 5.14 Bei moderater Hemiparese kann das Abwechseln von Bewegungsbeobachtung (Videosequenz einer Aktion über 6 Minuten) und das anschließende Üben der Aktion erwogen werden, wenn eine Verbesserung der motorischen Funktion angestrebt wird (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

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5.15 Neuromuskuläre, EMG-getriggerte und funktionelle Elektrostimulation (NMES , EMG-ES & FES ) Unter Funktioneller Elektrostimulation (FES) wird in der LL eine Stimulation verstanden, die in einem funktionellen Bewegungskontext verwendet wird (z. B. beim Greifen). Von der FES unterschieden wird die EMG-getriggerte Elektrostimulation (EMG-ES), die auf einer intendierten Willkürbewegung an einem Gelenk ohne direkten Aktivitätsbezug basiert. Für andere neuromuskuläre Stimulationen wird in der LL der allgemeinere (Ober-)Begriff der neuromuskulären Elektrostimulation (NMES) verwendet. In Studien benannte Kontraindikationen für eine Elektrostimulation sind: Herzschrittmacher, potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, epileptische Anfälle in der jüngeren Vergangenheit, Metall-Implantationen im behandelten Arm. Bei (sub)akuten Schlaganfall-Patienten mit schlaffer Schulterlähmung führte eine mehrstündige (1,5 – 6 Stunden) tägliche NMES der Schultermuskulatur (M. supraspinatus, M. deltoideus, pars posterior) über 6 Wochen zu einer stärkeren Verbesserung der aktiven Armbeweglichkeit (und EMG-Aktivität) (nach den 6 Wochen) sowie weniger Schulter-Subluxation und passiver Außenrotationseinschränkung (auch 6 Wochen nach Beendigung der Elektrostimulation) (Faghri et al., 1994). Andererseits wurden nach einer ähnlich intensiven (1 Stunde, 3 x täglich für 4 Wochen) täglichen NMES der Schultermuskulatur (M. supraspinatus, M. deltoideus, pars posterior) bei (sub)akuten (geriatrischen) Schlaganfallpatienten mit neu aufgetretener Armfunktionsstörung im Vergleich zu einer „Sham“(Schein)-Stimulation keine stärkeren Verbesserungen der Armfunktion (ARAT) beobachtet; nach 3 Monaten zeigte vielmehr die Kontrollgruppe in einigen Aspekten (ARAT-Subtest Greifen und grobe Bewegungen, Frenchay Arm Test sowie Motricity Index, Arm Score) größere Verbesserungen, insbesondere bei den initial schwerer Betroffenen (Church et al., 2006). Bei (sub)akuten Schlaganfall-Patienten mit zumindest mittelschwerer Armparese (FM Arm < 44) führt die zusätzliche Nutzung von NMES der Handgelenks- und Fingerextensoren (15 – 20 x 1 Std.) auch längerfristig (Chae et al., 1998) zu einer zumindest leicht besseren Erholung des aktiven Bewegungsausmaßes, der Kraft bzw. der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) (Bowman et al, 1979; Chae et al., 1998). Eine längere zusätzliche Anwendung (3 x 30 Minuten/Tag für 8 Wochen) bewirkte bei subakuten Schlaganfallpatienten auch längerfristig (24 Wochen Follow-up) eine Verbesserung der Handgelenksextensionskraft und bei Patienten mit bereits initial messbarer Handgelenksextensionskraft eine Beschleunigung der Erholung der Armfunktion (ARAT) (Powell et al., 1999). Eine alternierende Stimulation der Flexoren und Extensoren war einer NMES der Handgelenksextensoren nicht überlegen (de Kroon et al., 2004). Bei einer kleinen Studie mit subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Armlähmung (aber detektierbarem Handgelenksextensoren-EMG-Signal) führte eine EMG-getriggerte NMES (EMG-ES) der Handgelenks- und Fingerextensoren (2 x 30 Min. pro Tag, 5 x pro Woche, für die Dauer der Rehabilitationsbehandlung/ca. 4 Wochen) zu deutlich stärkeren Verbesserungen der aktiven Beweglichkeit (FM) als Üben ohne Elektrostimulation; ersteres könnte auch einen Effekt im Alltag haben (FIM) (Francisco et al., 1998). Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit inkompletter Handparese (≥ 10° Finger- und Handgelenksextension) führte eine EMGES der Handgelenks- und Fingerextensoren (insgesamt 6 Std.) (Cauraughet al., 2000), wenn auch die gesunde Hand mitübt (bilaterales Training) (Cauraugh et al., 2002), verstärkt zu einer Verbesserung der groben manuellen Geschicklichkeit (BBT); Ähnliches gilt auch, wenn Schulterabduktion, Ellenbogenextension und Handgelenksextension beübt werden; eine zufällige Abfolge der Bewegungen hat dabei gegenüber einer „geblockten“ Beübung pro Bewegung keine stärkere Wirksamkeit (Cauraugh et al., 2003).

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Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit moderater Hemiparese (mindestens 10° aktive Flexion und Extension im MCP des Zeigefingers) führte ein intensives häusliches Eigentraining (6 Stunden pro Tag an 10 Tagen innerhalb von 3 Wochen), bestehend aus einer Kombination aus EMG-getriggerter neuromuskulärer Elektrostimulation (EMG-ES) und zyklischer NMES mit dem Ziel, Finger- und Handgelenksextensionsbewegungen hervorzurufen, zu statistisch signifikanten Verbesserungen der groben manuellen Geschicklichkeit (BBT), des Zeitbedarfs bei alltagsnahen Aktivitäten (JTHFT), des selbstbeurteilten Gebrauchs der hemiparetischen Hand im Alltag (MAL) und der isometrischen Kraft (Fingerextension) (Kimberley et al., 2004). Bei Studienteilnehmern in der „sham“-Gruppe (identische Aufgabenstellung, Behandlung ohne Elektrostimulation, jedoch mit aktiver Extension der Hand) verbesserte sich lediglich die Kraft der Fingerextensoren statistisch signifikant. Bei subakuten (und chronischen) Patienten mit der Fähigkeit, das Handgelenk bereits wieder zu extendieren (ggf. nur ohne Schwerkrafteinfluss) fanden sich nach EMG-ES der Handgelenksextensoren mit der Aufforderung, sich auf vorgestellte Handgelenksextensionen zu konzentrieren, im Vergleich zu einer nicht EMG-getriggerten NEMS keine differentiellen Effekte auf die selektive Beweglichkeit (FM) und Armfunktion (ARAT) ); die Therapie wurde über 3 Monate durchgeführt (5 x pro Woche 30 Minuten) (Hemmen and Selen, 2007). Wenn bei chronischen Schlaganfallpatienten mit mindestens 10 Grad aktiver Extension und Flexion im MCP-Gelenk des hemiparetischen Zeigefingers entweder eine EMG-ES der Handgelenks- und Fingerextensoren, ein „tracking training“ (Fingerextensions- und -flexionsbewegungen nach graphischer Vorgabe und mit Feedback) oder eine Kombination beider Therapieformen angewendet wurde, ergaben sich bzgl. der groben manuellen Geschicklichkeit (BBT) oder des Zeitbedarfs für alltagsähnliche Aktivitäten (JTHFT) keine signifikanten Gruppenunterschiede bzgl. der Verbesserungen nach dem Training (10 x 1 Std.) (Bhatt et al., 2007). Bei schwerer Armparese oder -plegie führte eine Arm-Robot-Therapie mit dem Bi-Manu-Track (s. u.) zu einer stärkeren Erholung der selektiven Armbeweglichkeit (FM Arm) als eine NMES oder EMG-ES (20 Minuten pro Wochentag über 6 Wochen) (Hesse et al., 2005). Bei subakuten Schlaganfallpatienten mit beginnender Willkürmotorik der paretischen Hand führte eine funktionale NMES (FES) (Mehrkanal-Elektrostimulation für das Greifen mit Beüben alltäglicher Akvititäten) (5 x pro Woche 30 Minuten über 3 Wochen) auch langfristig (untersucht für 23 bzw. 75 Wochen nach dem Training) zu einer stärkeren Verbesserung alltagsrelevanter Armfunktion (UEFT Zeichentest, Selbstbeurteilung) als ein Aufgaben-orientiertes Training ohne FES (Popovic et al., 2004). Bis zu einem halben Jahr beobachtete Effekte nach 3 Wochen Therapie waren auch zuvor berichtet worden (Popovic et al., 2003). Die kombinierte zyklische und funktionale (funktionelle Handbewegungen) Elektrostimulation mit der FES-Orthese „NESS Handmaster™“ im Rahmen eines täglichen Heimtrainings (bis 3 x 50 Minuten/Tag über 6 Wochen) führte bei subakuten Schlaganfallpatienten mit teilweise vorhandener Willküraktivität für Handgelenks- und Fingerbewegungen zu einer Verbesserung der aktiven Beweglichkeit (Schulter und Handgelenk) und der Geschicklichkeit (BBT, JHFT) (Ring et al., 2005). Das Beüben von drei alltagsnahen Aufgaben an einer „Workstation „ mit Unterstützung durch Funktionelle Elektrostimulation für das Öffnen der Hand beim Greifen und Loslassen der Gegenstände (FES-ET) (15 – 20 x 1 Std., 5 x pro Woche) plus herkömmliche physiotherapeutische Behandlung führte bei subakuten Schlaganfallpatienten im Vergleich zu einer weniger intensiven Behandlung (4 x 15 Minuten pro Woche sensorische Elektrostimulation des dorsalen Oberarmes ohne motorische Aktivierung und einmal proWoche FES-ET plus Physiotherapie) zu einem signifikant verringerten Zeitbedarf für alltagsnahe Aufgaben und einer besseren Einsatzfähigkeit des hemiplegischen Armes (WMFT) sowie zu einem signifikant höheren kombinierten kinematischen Score (CKS)

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(Kowalczewski et al., 2007). Verbesserungen waren auch noch nach drei Monaten nachweisbar. Die selektive Beweglichkeit (FMA) und die selbstbeurteilte Qualität und Häufigkeit des Armgebrauchs (MAL) in alltäglichen Situationen unterschieden sich nicht statistisch signifikant zwischen den Gruppen. Zwei systematische Cochrane Reviews zur Elektrostimulation des Armes bei Schlaganfall-Patienten wurden berichtet: In einer Analyse von vier klinischen Studien (Randomisierung bei 2 Studien nicht bekannt, 2 Studien mit verblindeter Evaluation) (Price et al. 2000) waren Elektrostimulationen wie die neuromuskuläre Stimulation, TENS und ähnliche Interventionen zwar für die Prävention oder Behandlung von Schlaganfallbedingten Schulterschmerzen nicht nachweislich wirksam. Sie hatten jedoch einen schmerzlindernden Effekt auf die Außenrotation der betroffenen Schulter und reduzierten auch das Ausmaß der Schultersubluxation; Armfunktion und Spastikentwicklung wurden nicht nachweislich beeinflusst. Ein anderer Review schlussfolgert, dass eine funktionelle Elektrostimulation zu einer Verbesserung der Lähmung und der motorischen Funktionen beitragen könnte; die Datenlage sei hier jedoch nicht gesichert (Pomeroy et al. 2006). Aus 24 RCTs (RCT = randomisierte, kontrollierte Studie) wurden überwiegend aus einzelnen RCTs und z. T. bei Vergleichen mit einer Kontrollgruppe ohne Therapie Verbesserungen u. a. bzgl. der Muskelfunktion (Kokontraktion), selektiven Innervation (Fugl-Meyer) und manuellen Geschicklichkeit (BBT) berichtet. Für viele der analysierten Parameter wurde jedoch kein Effekt abgesichert. Andere systematische Reviews (als die Cochrane Reviews) über die therapeutischen Effekte neuromuskulärer Elektrostimulation kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen: De Kroon et al. (2002) berichten über 6 RCTs mit verschiedenen Formen therapeutischer Elektrostimulation (TENS, NMES, EMG-NMES, Positionsfeedback-Stimulation), davon 4 mit verblindetem Assessment. Die Analyse belegte einerseits einen positiven Effekt auf die motorische Kontrolle, bezüglich funktioneller Aktivitäten konnten keine Schlussfolgerungen gezogen werden. Bolton et al. (2004) beurteilten die therapeutische Wirksamkeit von EMG-getriggerter neuromuskulärer Elektrostimulation (EMG-NMES) auf die Erholung der Arm-/Handfunktion. Sie schlossen 5 Studien mit insgesamt 86 Patienten ein, davon 3 Studien mit Randomisierung, 3 mit verblindetem Assessment. Die Autoren berichten – wenn eine gemeinsame Analyse über drei verschiedene Outcome-Paarmeter gerechnet wird – über eine mäßig hohe Effektgröße der EMG-NMES (ES = 0,82, S.D. = 0,59). In einem aktuelleren systematischen Review von Meilink et al. (2008) wurde ebenfalls die therapeutische Wirksamkeit von EMG-getriggerter neuromuskulärer Elektrostimulation (EMG-NMES) der Extensoren des Unterarmes auf die Handfunktion bei Schlaganfall-Patienten basierend auf RCTs mit üblicher Behandlung oder keiner Behandlung als Kontrollgruppen evaluiert. 8 Studien mit insgesamt 157 Patienten wurden eingeschlossen. Darunter waren 3 mit verblindetem Assessment. (Getrennt) Analysiert wurden Effekte auf die selektive Beweglichkeit (FM Arm), die manuelle Geschicklichkeit (BBT), die Arm- und Handaktivitäten (ARAT), die Reaktionszeit und die anhaltende Kontraktionsfähigkeit. Eine (differentielle) Wirksamkeit der EMG-NMES konnte dabei nicht abgesichert werden. Als relevante Aspekte in der Diskussion wurden u. a. genannt, dass die Studienpopulationen klein waren, die Behandlungsintensitäten und -kontraste zu gering gewesen sein könnten und dass überwiegend chronische Schlaganfall-Patienten eingeschlossen wurden. • Empfehlung 5.15 Die neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES) wurde z. T. bei ihrer Anwendung für die Schultergürtelmuskulatur klinisch geprüft, am häufigsten jedoch für die Stimulation der Finger- und Handgelenksextensoren. Sowohl bei den einzelnen Studien als auch bei den publizierten systematischen Reviews fällt eine problematische Inkonsistenz der Ergebnisse auf. Es wird geschlussfolgert, dass eine Elektrostimulation zu einer

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Verbesserung der Lähmung und der motorischen Funktionen beitragen könnte; die Datenlage ist jedoch nicht gesichert. Die verschiedenen Verfahren (NMES der Schultergürtel- und Unterarmextensorenmuskulatur, EMG-ES der Unterarmextensorenmuskulatur) können durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der Armfunktion und -aktivitäten bei einer schweren Armparese angestrebt werden soll (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0). Eine mehrstündige tägliche NMES der Schultermuskulatur (M. supraspinatus, M. deltoideus, pars posterior) sollte bei subakuten Patienten nicht erfolgen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Andererseits kann eine mehrstündige EMG-ES und NMES der Handgelenks- und Fingerextensoren bei chronischen Schlaganfallpatienten durchgeführt werden (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Bei Anwendung der EMG-getriggerten NMES der Unterarmextensorenmuskulatur sollte ein bilaterales (Mit-)Üben (der weniger betroffenen Hand) erfolgen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Die Therapie kann in Kleingruppen durchgeführt werden, bei selektierten Patienten auch als Heimtraining (cave: nicht selektives Innervationsverhalten mit Kokontraktion) (Evidenz niedrig [kein RCT einzeln vs. Kleingruppe bzw. mit Therapeut oder zuhause], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Bei der Subgruppe der Patienten mit schwerer Handlähmung und zumindest teilweise erhaltener proximaler Motorik sollte eine funktionale mehrkanalige Stimulation zur Induktion von Greifen und Loslassen mit Beüben alltäglicher Aktivitäten bedacht werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Bei der NMES und FES sollten die in Studien benannten Kontraindikationen bedacht werden: Herz- und Hirnschrittmacher, potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, epileptische Anfälle in der jüngeren Vergangenheit, Metall-Implantationen im behandelten Arm. Spezifische Sicherheitshinweise sind den jeweiligen Gerätedokumenten zu entnehmen bzw. vom Hersteller zu erfragen.

5.16 BATRAC („bilateral arm training with rhythmic auditory cueing“) In einer kleineren Studie konnte bei Schlaganfall-Patienten mit residualer inkompletter Armparese nach BATRAC-Therapie (3 x 1 Std. für 6 Wochen) gegenüber einer Kontrollbehandlung (nach Bobath) kein größerer funktioneller Zugewinn dokumentiert werden (FM, WMAT, UMAQS) (bei allerdings stärkeren Effekten auf die Gehirnaktivierung bei Bewegungen) (Luft et al., 2004). • Empfehlung 5.16 Eine Empfehlung kann nicht ausgesprochen werden (Evidenzmittel, Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.17 Arm-Robot-Therapie Bei subakuten bzw. chronischen Schlaganfall-Patienten mit schwerer Armparese oder -plegie führte eine zusätzliche intensive Robot-Therapie mit dem MIT-Manus (25-35 x 1 Std.) bzw. MIME (24 x 1 Std. in 2 Monaten) (robotunterstütze zielorientierte Armbewegungen [Schulter und Ellenbogen]) zu einer besseren Erholung der proximalen Armkraft, des aktiven

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Bewegungsausmaßes und zu einer leichten Verbesserung der (proximalen) selektiven Armbeweglichkeit (Volpe et al., 2000; Fasoli et al., 2004; Lum et al., 2002). Eine langfristige Überlegenheit (im Vergleich zu einer Bobath-Behandlung) konnte nicht abgesichert werden (Lum et al., 2002); für die Behandlung mit MIT-Manus wurde auch bei einem 3-Jahres-Follow- up eine stärkere Zunahme der Schulter- und Ellenbogenbewegungsfähigkeit (Motor Status Score Schulter und Ellenbogen) bei einigen Patienten gezeigt (Volpe et al., 1999). Bei Patienten, die bereits in der Lage waren, planare Zielbewegungen auszuführen, könnte ein progressiv resistives Üben mit dem Robot (MIT-Manus) zusätzliche Verbesserungen für Handbewegungen induzieren (Fasoli et al., 2003), die selektive Armbeweglichkeit insgesamt wurde jedoch nicht differentiell beeinflusst (Stein et al., 2004). Bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit schwerer Armparese oder -plegie führte eine zusätzliche intensive Robot-Therapie mit dem Bi-Manu-Track (30 x 20 Minuten in 6 Wochen) (robotunterstütze Pro- und Supinationsbewegungen sowie Handgelenksbewegungen, bilateral) (auch längerfristig/3 Monate) zu einer besseren Erholung der Armkraft und der selektiven Armbeweglichkeit (Fugl-Meyer) als eine funktionelle Elektrostimulation (Hesse et al., 2005). Bei einer kleinen Gruppe subakuter Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese (Finger und Handgelenk konnten nicht willkürlich extendiert werden) führten robotergestützte passive Bewegungsübungen der hemiparetischen Hand mit dem Finger-Trainer „Reha-Digit“ bei gleichzeitiger Aufforderung, sich die Bewegung als selbstinitiiert vorzustellen und mit dem Zeigefinger unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheiten taktil zu diskriminieren (5 x 20 Minuten pro Woche für 4 Wochen) zu einer statistisch signifikant verbesserten selektiven Beweglichkeit der Hand (Fugl-Meyer-Test, distale Arm-Items) (Hesse et al., 2008). • Empfehlung 5.17 Bei schweren Armlähmungen (z. B. keine Bewegung gegen Eigenschwere möglich) kann eine Arm-Robot-Therapie eine sinnvolle Ergänzung sein. Therapeutisch supervidiert können technisch unterstützt mit hohen Repetitionsraten spezifische Bewegungen geübt werden, die noch nicht selbständig ausgeführt werden könnten. Dadurch können – je nach Gerät – entweder Schulter- und Ellenbogenbewegungen (z. B. mit dem MIT-Manus oder dem MIME), Unterarm- und Handgelenksbewegungen (z. B. Bi-Manu-Track) oder Fingerbewegungen (z. B. mit dem Reha-Digit) aktiv beübt werden und deren Restitution im Sinne der Willküraktivität gefördert werden. Im Vergleich zur zyklischen neuromuskulären (NMES) oder EMG-getriggerten Elektrostimulation (EMG-NMES) der Hand- und Fingerextensoren kann die Arm-Robot-Therapie effektiver sein, ist aber auch in der Anschaffung kostspieliger und nur z. T. kommerziell erhältlich. Wenn eine Arm-Robot-Therapie indikationsgerecht angeboten werden kann, sollte sie zum Einsatz kommen, wenn die selektive Beweglichkeit bei schwerer Armlähmung verbessert werden soll. (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Sowohl für die neuromuskuläre Elektrostimulation als auch die Arm-Robot-Therapie ist zu bedenken, dass nur wenige spezifische Bewegungen beübt werden (können). D. h. zur umfassenderen funktionellen Restitution bedarf es zusätzlicher spezifischer nicht apparativ gestützter Therapiemaßnahmen. Anders ausgedrückt, stellen die apparativ unterstützten Verfahren im Behandlungskonzept für die Armlähmung nach Schlaganfall einen wichtigen ergänzenden (aber nicht alleine hinreichenden) Baustein der Therapie dar.

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5.18 Elektromyographisches (EMG-) Biofeedback Bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit Armparese (ohne komplette Plegie) führte die zusätzliche Nutzung von (EMG-) Biofeedback während der Therapie über 4 bzw. 6 Wochen zu einer besseren Erholung der Muskelaktivierung und der aktiven Handgelenksextension (Armagan et al., 2003) bzw. der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) und Armfunktion (ARA), auch bei der Subgruppe mit schwerer Armlähmung (Crow et al., 1989). Überdauernde Effekte konnten nicht abgesichert werden. Auch bei chronischen Schlaganfallpatienten mit residualer Armlähmung konnten Kraft und aktive Bewegungsfähigkeit mehr gefördert werden, wenn EMG-Biofeedback genutzt wurde (Inglis et al., 1984). Im Vergleich zu einer Behandlung nach dem Bobath-Konzept war die Therapie mit (EMG-) Biofeedback (3 x 45 Minuten pro Wochen über 5 Wochen) bei einer gemischten Patientengruppe mit schwerer Armparese (< 4 Monate) und leichter Parese (4 Monate bis 1 Jahr nach Schlaganfall) nicht überlegen Basmajian et al., 1987). Bei einem Training schwacher Ellenbogenextensoren (bei gleichzeitiger Biceps-Hyperaktivität) bei chronischen Schlaganfallpatienten war ein Training mit EMG-Biofeedback (M. triceps brachii) einem rein funktionellen Training (10 Trainingssitzungen in 6 Wochen) nicht überlegen (Wolf et al., 1994). Gemäß einem systematischen Cochrane Review ist der Nutzen von EMG-Biofeedback für die motorische Rehabilitation nach Schlaganfall ist nicht sicher belegt (Woodford u. Price 2006). • Empfehlung 5.18 Der Nutzen von EMG-Biofeedback für die motorische Rehabilitation des Armes nach Schlaganfall ist nicht sicher belegt. Sie kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.19 Akupunktur/Elektroakupunktur Eine zusätzliche Elektroakupunktur des paretischen Armes (und Beines) (5 x 30 Minuten für 2 Wochen, Muskelkontraktionen erzeugend) führte bei subakuten Schlaganfall-Patienten zu einer besseren Erholung des Armes (Brunnström Stadien) (und des Beines sowie der Alltagskompetenz [FIM]) (Wong et al., 1999). Bei chronischen Schlaganfall-Patienten mit moderater Armparese konnte die Überlegenheit einer (Elektro-)Akupunktur gegenüber einer Schein-Akupunktur nicht sicher belegt werden (Intention-to-treat-Analyse: keine signifikanten Unterschiede). Bei Patienten, die nach Protokoll behandelt und untersucht wurden (19 von 33) verbesserte sich nach (echter) Akupunktur die aktive Schulter- und Handgelenksbeweglichkeit (Wayne et al., 2005). • Empfehlung 5.19 Der Nutzen einer (Elektro-)Akupunktur für die motorische Rehabilitation des Armes nach Schlaganfall ist nicht sicher belegt. Sie kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

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5.20 Sensible elektrische Stimulation, thermische Stimulation und sensible Stimulation durch intermittierende pneumatische Kompression Bei chronischen Schlaganfall-Patienten mit moderater Armparese (FM Arm 30 – 50) führte eine werktägliche 60-minütige TENS-Behandlung (1,7 Hz) über 3 Monate zu leichten Verbesserung der selektiven Armbeweglichkeit; Langzeit-Effekte gab es nicht (Sonde et al., 1998; Sonde et al., 2000). Bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit Sensibilitätsstörungen verbesserte eine intermittierende pneumatische Kompression (mit Johnstone Splints, 5 x 30 Minuten pro Woche für 4 Wochen) nicht nur die Sensibilität des betroffenen Armes, sondern führte auch zu einer leichten Verbesserung der selektiven Armbeweglichkeit (FM) (Cambier et al., 2003). Bei akuten und subakuten Schlaganfallpatienten (Diagnose des Schlaganfalls < 1 Monat) führte zusätzliche thermische Stimulation (5 x 20 – 30 Minuten pro Woche für 6 Wochen) (Wärmeund Kälte-Applikation über der hemiparetischen Hand und dem Handgelenk) plus Standard-Therapie zu statistisch signifikant größeren Verbesserungen der motorischen Erholung (Brunnstrom Stadien), der aktiven Handgelenksextension (und -flexion) sowie der Sensibilität als eine Standard-Behandlung plus eine Besprechung des Rehabilitationsfortschrittes mindestens 3 x/Woche für 15 – 20 min (Chen et al., 2005). Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit initial schwerer Parese und konsekutiver guter Erholung führte eine einmalige synchrone (sensible) periphere Nervenstimulation (N. ulnaris und N. medianus, Dauer: 2 Std.) gefolgt von motorischem Training (insgesamt 3 Sessions) zu signifikant größeren Verbesserungen des Zeitbedarfes bei alltagsähnlichen Aufgaben für die Armmotorik (Zeitbedarf, JTHFT) sowohl unmittelbar nach der Stimulation als auch einen Tag später (sowie zu einer spezifischen Reduktion der intrakortikalen Inhibition im motorischen Kortex der ipsiläsionalen Hemisphäre) als eine Placebo-Stimulation bzw. eine asynchrone Nervenstimulation (abwechselnd N. medianus und ulnaris) plus motorisches Training (Celnik et al., 2007). Bei subakuten und chronischen Patienten mit mäßiger Armparese führte Periphere Elektrische Nervenstimulation (schwellennahe Stimulation des M. interosseus dorsalis I und des M. abductor pollicis brevis) (3 x 1 Stunde pro Woche für 3 Wochen) jeweils direkt vor einer Aufgaben-orientierten physiotherapeutischen Behandlungseinheit zu signifikant stärkeren Verbesserungen der motorischen Kontrolle beim Greifen („grip-lift-task“) (nicht jedoch bezgl. Fingergeschwindigkeit [„Tapping“], der Griffkraft, der selektiven Beweglichkeit [FM], der Armfunktion [ARAT] und der selbstbeurteilten Gebrauchsfähigkeit [MAL]) als Physiotherapie in Kombination mit vorausgehender „sham“-Elektrostimulation (McDonnell et al., 2007). Zum Zeitpunkt des Follow-ups nach 3 Monaten glichen sich die beiden Gruppen in allen Zielkriterien an. • Empfehlung 5.20 Elektrische, pneumatisch-kompressive bzw. auch thermische sensible Stimulationen scheinen ein Potential für die (somatosensible und) motorische Rehabilitation zu haben. Sie können durchgeführt werden, die Datenlage rechtfertigt in Bezug auf die Indikation „Therapie der Armmotorik“ keine Empfehlung für die Rehabilitation der Armlähmung (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.21 Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Eine einmalige niederfrequente (1 Hz) rTMS des kontraläsionalen motorischen Kortex (+ 15 Minuten Grifftraining) führte bei chronischen Schlaganfall-Patienten (subkortikaler Insult)

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mit erhaltener Greiffunktion im Vergleich zu einer „Sham“-Stimulation zu einer vorübergehend höheren Exzitabilität des motorischen Kortex der betroffenen Hemisphäre (MEP-Amplituden dort größer, kontraläsional kleiner nach rTMS) sowie zu einer Verbesserung der Griffkraft und Geschwindigkeit von Daumenbewegungen (auch nach 7 Tagen) (Takeuchi et al., 2008). Bei 10 chronischen pädiatrischen Schlaganfallpatienten (Capsula interna, crus posterior) (im Alter von > 7 Jahre) führte eine niederfrequente (1 Hz) rTMS des kontraläsionalen motorischen Kortex an 8 Tagen (jeweils 20 Minuten) über 2 Wochen im Vergleich zu einer „sham“-Stimulation zu größeren Verbesserungen der Greifkraft und der Funktionsfähigkeit (passager) der hemiparetischen oberen Extremität (Kirton et al., 2008). • Empfehlung 5.21 Für die direkte Stimulation des Kortex mittels repetitiver Magnetstimulation (rTMS) liegen zwei kleinere Studien mit ermutigenden Ergebnissen vor. Es erfolgte jeweils eine niederfrequente Stimulation des kontraläsionalen motorischen Kortex. Eine der beiden Studien schloss pädiatrische Patienten ein. Die Stimulation des kontraläsionalen motorischen Kortex kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.22 E pidurale elektrische Stimulation des motorischen Kortex Bei chronischen Schlaganfallpatienten mit moderater Armparese (FM Arm 20 – 50) führte eine epidurale elektrische Stimulation des Handmotorkortex während der Rehabilitationstherapie (3 Std. pro Tag, 5 x pro Woche, über 3 Wochen) zu einer Verbesserung der selektiven Armbeweglichkeit (FM), die anhielt, und zu einem (selbstbewertet) besseren Einsatz der Hand im Alltag (SIS, Hand); die Studie war primär zur Klärung von Fragen zur Sicherheit durchgeführt worden (Brown et al., 2006). In der Abwägung sind auch direkte oder mittelbare operationsbzw. gerätebezogene Risiken und Kosten zu berücksichtigen. Es ist zu erwähnen, dass 2 von 8 Studienpatienten eine Infektion entwickelten. • Empfehlung 5.22 Für die epidurale elektrische Stimulation des motorischen Kortex gibt es nur eine sehr kleine Studie, die primär die Frage der Sicherheit adressierte. Eine Empfehlung für die Anwendung wird nicht ausgesprochen (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Unter Berücksichtigung möglicher Risiken sollte eine Anwendung nur innerhalb eines Studienprotokolls erfolgen.

5.23 L-Dopa Eine dreiwöchige Behandlung mit Levodopa (100 mg) 5 x pro Woche mindestens 30 Minuten vor der physiotherapeutischen Behandlung führte bei subakuten Schlaganfallpatienten, die u. a. eine schwere Armparese hatten, zu einer signifikant größeren Verbesserung der selektiven und aktivitätsorientierten motorischen Kontrolle (RMA) als eine Placebogabe plus Physiotherapie (Scheidtmann et al., 2001). Ein moderater Effekt wurde auch im Bereich der Armmotorik erzielt und war noch 3 Wochen nach Beendigung der Levodopa-Behandlung nachweisbar (Gruppenunterschied ca. 1 RMA Punkt).

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Chronische Schlaganfallpatienten mit initial schwerer, dann weitgehend zurückgebildetermparese zeigten in einer experimentellen Untersuchung bei kurzfristiger Verabreichung von Levodopa (3 x 100 mg plus 25 mg Carbidopa) ein verbessertes prozedurales Lernen (nicht bewusste Fertigkeit bei einer Fingerbewegungssequenz) (Rösser et al., 2008). Die Ergebnisse tragen dazu bei, Mechanismen motorischen Lernens zu verstehen und ihre Beeinflussbarkeit bei Schlaganfallpatienten mit geringen Restparesen. Therapieempfehlungen lassen sich daraus nicht ableiten. • Empfehlung 5.23 L-Dopa kann bei subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese eingesetzt werden, um die Armrehabilitation zu unterstützen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0). (NB: Der Einsatz für diese Indikation stellte einen „off label“-Gebrauch dar.)

5.24 d-Amphetamin Bei einer placebokontrollierten Doppelblind-Studie bei (sub)akuten Schlaganfall-Patienten mit mäßiger bis kompletter Hemiparese erbrachten 10 x 10 mg d-Amphetamine oder Placebo in 5 Wochen (kombiniert mit Physiotherapie) keine signifikanten Unterschiede in der Erholung der selektiven Beweglichkeit (FM Arm) (eine deutlichere Verbesserung in der leichter betroffenen Subgruppe war auch durch Baseline-Differenzen erklärbar) (Gladstone et al., 2006). Eine weitere placebokontrollierte Doppelblind-Studie bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit leichter Armparese erbrachte nach einer Behandlung mit 6 x 10 mg d-Amphetamine oder Placebo in 3 Wochen (kombiniert mit Arm-Fähigkeits-Training) keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Verbesserungen der sensomotorischen Fähigkeiten (TEMPA, Tapping, Aiming), und zwar weder im Sinne der Fazilitation (beübte Aufgaben) noch im Sinne der Erholung/des motorischen Lernens (Transfer, Langzeiteffekt [1 Jahr]) (Platz et al., 2005). Der Nutzen einer Medikation mit Amphetamin für die motorische Erholung ist nach einem Cochrane Review möglich, aber nicht zweifelsfrei belegt (Martinsson et al. 2006). Basierend auf 6 Studien (176 Patienten) wurden bei Schlaganfallpatienten, die mit Amphetamin behandelt wurden, stärkere relative motorische Verbesserungen (u. a. Fugl-Meyer, Rivermead Motor Assessment; jeweils Arm und/oder Beinmotorik) von der initialen Untersuchung zur Nachuntersuchung festgestellt. Wenn die motorischen Werte bei der Nachuntersuchung verglichen wurden (8 Studien mit 226 Patienten), fanden sich jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede. • Empfehlung 5.24 Für das geprüfte Medikament Amphetamin wird keine Empfehlung für die Anwendung außerhalb eines Studienprotokolls ausgesprochen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0).

5.25 Transplantation menschlicher neuraler Zellen Die Transplantation menschlicher Neurone unter und um die Schlaganfall-Region in den Basalganglien führte bei chronischen Schlaganfall-Patienten zu einer diskret verbesserten Armfunktion (ARA), jedoch nicht zu einer verbesserten selektiven Beweglichkeit (FM) (beides sekundäre Studienvariablen) (Kondziolka et al., 2005).

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• Empfehlung 5.25 Die Transplantation menschlicher Neurone sollte nicht außerhalb eines Studienprotokolls durchgeführt werden (Evidenzmittel, Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). Diese Ablehnung ist durch die potentiellen Risiken begründet.

5.26 Vermeidung von Komplikationen der Armparese – Lagerung, Taping und passives Bewegen Schwere Lähmungen gehen oftmals mit der Entwicklung von Spastik und eingeschränkter Beweglichkeit einher. Zur Behandlung der Spastik, zur Kontrakturprophylaxe und Schmerzbehandlung sei auf die gesonderten LL der DGNR verwiesen. An dieser Stelle seien einige Referenzen genannt, die bei der systematischen Literaturbewertung dieser LL Berücksichtigung fanden. Die Lagerung von Fingern und Handgelenk in Extension sowie der Schulter in Abduktion und mäßiger Außenrotation (jeweils für 30 Minuten pro Tag für bis zu 12 Wochen) konnte bei subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Hemiparese oder Hemiplegie die Entwicklung von Bewegungseinschränkungen (Schulteraußenrotation und Hanggelenksextension) nicht verhindern (das Protokoll war jedoch nur zu ca. 60 % eingehalten) (Turton and Britton, 2005). Andererseits konnte eine zweimal tägliche 30-minütige Lagerung über 5 Wochen (mit möglichst maximaler Schulterabduktion, -außenrotation, Ellenbogenextension und Supination) in einem ähnlichen Patientenkollektiv die Entwicklung der Schulterabduktionseinschränkung deutlich reduzieren (de Jong et al., 2006). Auch eine tägliche Lagerung in der maximalen komfortablen Außenrotation der Schulter (5 x pro Woche für 30 Minuten) über 4 Wochen kann bei akuten Schlaganfallpatienten mit geringer Willkürmotorik der betroffenen Extremität die Entstehung bzw. Weiterentwicklung der Kontraktur der Innenrotatoren vermindern (Ada et al., 2005). Mehrwöchiges Taping der hemiparetischen Schulter hatte bei subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese zwar keinen Einfluss auf (Schulterschmerz und) die Armfunktion (Hanger et al., 2000). Eine prophylaktische Behandlung bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit schwerer Schulterlähmung mittels „Taping“ über 4 Wochen (Erneuerung des Tapes alle 3 – 4 Tage) konnte jedoch die Anzahl schmerzfreier Tage erhöhen (Griffin et al., 2006). Bei subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese (MRC < 3) führte eine geräteunterstütze kontinuierliche passive Bewegung der Schulter in Abduktion und Außenrotation im Vergleich zu einer supervidierten Selbstmobilisation des betroffenen Armes (5 x 25 Minuten pro Woche für 4 Wochen) zwar im Trend zu einer besseren Schulterstabilität, aber nicht zu einer besseren Erholung der aktiven Beweglichkeit oder Kraft (Lynch et al., 2005). Das nächtliche Tragen einer Handgelenksnachtlagerungsschiene (12 Std pro Nacht für 4 Wochen) hat bei subakuten Schlaganfall-Patienten ohne aktive Handgelenksextension, die ansonsten tagsüber aktive motorische Therapie und eine Lagerung mit einem aufblasbaren Splint erhalten, keinen zusätzlichen Nutzen für die Finger- und Handgelenksbeweglichkeit, Schmerz oder Armfunktion (Lannin et al., 2003). Gemäß einem systematischen Cochrane Review gibt es bisher keine ausreichende Evidenz (Ada et al. 2004), dass Armschlingen bei Schlaganfall-Patienten eine Subluxation der Schulter verhindern, deren Funktion verbessern oder Schmerzen reduzieren können. Es fehlen jedoch auch sichere Hinweise darauf, dass eine solche Schlinge Kontrakturen fördert. Ein Strapping „ der Schulter, eine Unterstützung des Glenohumeralgelenkes durch einen Tape-Verband, verzögerte nachweislich den Zeitpunkt des Auftretens von Schulterschmerzen, aber

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nicht deren Stärke. Auf die Funktionserholung oder die Entwicklung von Kontrakturen hatte es keinen Einfluss. • Empfehlung 5.26 Bei schweren Lähmungen der Schultergürtelmuskulatur sollte eine regelmäßige Lagerung (1 – 2 x täglich für 30 Minuten) in maximal tolerierten Gelenkstellungen (Außenrotation bzw. Abduktion) erfolgen, wenn die Entwicklung von Kontrakturen im Schultergelenk reduziert werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Für andere Verfahren (Handgelenksnachtlagerungsschiene, geräteunterstütze kontinuierliche passive Bewegung der Schulter in Abduktion und Außenrotation) konnte keine Wirksamkeit belegt werden, sie können durchgeführt werden, werden jedoch nicht empfohlen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0).

6. Klinische Empfehlungen im Überblick Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Ergebnisse der Wirksamkeitsprüfungen im Einzelnen dargestellt. Darauf basierend sollen nun für die klinische Versorgung konkrete Entscheidungshilfen abgeleitet werden. Aus den Ergebnissen der Wirksamkeitsprüfungen wird im Überblick deutlich, dass es in der Behandlung der Armlähmung nach Schlaganfall wirksame Therapieverfahren gibt, die z. T. parallel eine Berechtigung haben, d. h. in der klinischen Versorgung alternativ oder sich auch gegenseitig ergänzend zum Einsatz kommen können. • Zeitpunkt, Dauer und Intensität der aktiven Übungstherapie Zeitpunkt und Dauer der Behandlung Soweit der klinische Zustand des Patienten es erlaubt, sollte ein früher Beginn der Rehabilitation der Armmotorik erfolgen (Evidenz niedrig [da kein RCT mit frühem vs. spätem Beginn], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). Auch in späteren Krankheitsphasen wurden verschiedentlich Therapieeffekte abgesichert. Bei fortbestehenden funktionellen Defiziten (Kriterium 1) und der individuellen Dokumentation von funktionellen Verbesserungen unter Therapie (bzw. auch funktionellen Verschlechterungen nach deren Absetzung) (Kriterium 2) werden daher zur Erreichung individueller Therapieziele auch im chronischen Stadium Maßnahmen spezifischer Armrehabilitation empfohlen. Die Wirksamkeit einer kontinuierliche Behandlung ist jedoch nicht untersucht und sollte nur erfolgen, wenn die Kriterien 1 und 2 erfüllt sind (Evidenz niedrig [kein RCT zur kontinuierlichen Behandlung], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). Andererseits ist zu beachten, dass in der chronischen Phase sowohl kürzere intensivere als auch längere weniger intensive (nicht kontinuierliche) Behandlungsformen wirksam sind. Zu den verschiedenen zur Anwendung kommenden Verfahren (Art, Dauer, Intensität) wird unten Näheres ausgeführt. Intensität der aktiven Übungstherapie Im stationären (oder teilstationären) Bereich (Neurorehabilitation) soll für subakute Schlaganfallpatienten mindestens 30 Minuten werktägliche zusätzliche spezifische Armrehabilitation erfolgen, wenn eine zusätzliche Funktionsverbesserung oder zumindest Beschleunigung der Wiederherstellung der Armmotorik erreicht werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad A). Entsprechende

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Effekte wurden in Studien mit einer Behandlungsdauer von 4 – 20 Wochen dokumentiert. • Klassische Physiotherapie-Schulen Eine überlegene Wirksamkeit einer der länger bekannten therapeutischen Schulen gegenüber einer anderen lässt sich für die Armrehabilitation aus der beurteilten Literatur nicht ableiten. Gegenüber anderen spezifischen Therapieformen waren sie – soweit untersucht – hinsichtlich ihrer Wirksamkeit entweder vergleichbar oder unterlegen. Eine differentielle Empfehlung für eine der Schulen (Bobath, PNF, „traditionelle Techniken“) kann nicht gegeben werden. (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Sportwissenschaftliche und psychologische Strategien zum motorischen Lernen Aus dem Bereich der experimentellen Psychologie und der Sportwissenschaften gibt es eine große Zahl von Bemühungen, die Bedingungen des motorischen Lernens zu optimieren und diese Erkenntnisse ggf. für Schlaganfallpatienten nutzbar zu machen. Die Übertragung unterschiedlicher Strategien zum motorischen Lernen wie etwa (a) die Berücksichtigung einer zufälligen Abfolge verschiedener beübter Armbewegungen im Vergleich zu einer „geblockten“ Beübung pro Bewegung oder (b) die Art einer Rückmeldung zu Bewegungen beim Training, d. h. entweder über die qualitative Ausführung der (Gelenks-)Bewegungen („knowledge of performance“) oder über das Ergebnis einer Bewegung (z. B. Dauer und Präzision) („knowledge of result „) haben sich in den wenigen Untersuchungen hierzu bislang nicht in dem Maße als unterschiedlich wirksam gezeigt, wie dies aufgrund von Untersuchungen bei Gesunden zu erwarten gewesen wäre. Eine spezifische Empfehlung kann daher nicht ausgesprochen werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Repetitives Üben einzelner selektiver Bewegungen Ein an das individuelle Leistungsvermögen angepasstes repetitives Üben selektierter Bewegungen (z. B. nur Schulterbewegungen, Zielbewegungen oder Fingerbewegungssequenz) ausreichender Intensität (30 Minuten werktäglich) kann durchgeführt werden, wenn Verbesserungen der Armfunktion und -aktivität angestrebt werden; eine allgemeine Empfehlung für das repetitive Üben einzelner selektiver Bewegungen kann wegen der Inkonsistenz der Ergebnisse jedoch nicht gegeben werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Bilaterales Training Eine auf Funktions- oder Aktivitätsverbesserung zielende Armrehabilitationsbehandlung soll aktives Trainieren beinhalten, das (auch) mit bilateralen Übungen gestaltet werden kann (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). • Zirkeltraining Für geeignete Patienten sollte, wenn eine Verbesserung der Armfunktion und -aktivität angestrebt wird, als Organisationsform der Behandlung ein mehrwöchiges Zirkeltraining ausreichender Intensität (z. B. 3 Stunden pro Woche für mehrere Wochen) bedacht werden, gerade auch in späteren Krankheitsphasen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). • Eigentraining mit intermittierender Supervision Wenn der Arm bereits funktionell einsetzbar ist, sollte ein tägliches Eigentraining mit

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intermittierender Supervision (90 Minuten Therapeuten-Patienten-Kontaktzeit pro Woche) bedacht werden, wenn funktionelle Verbesserungen erreicht werden sollen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad B). • Schädigungsorientiertes Training (impairment-oriented training) Das Schädigungs-orientierte Training (impairment-oriented training, IOT) bietet zwei Therapieverfahren, das Arm-Fähigkeits-Training (AFT) für Patienten mit leichter Parese und das Arm-BASIS-Training (ABT) für Patienten mit schwerer Parese. Ein zur Standardtherapie zusätzliches Arm-BASIS-Training (ABT) sollte bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit schwerer Parese durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der selektiven Armbeweglichkeit erreicht werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Ein zur Standardtherapie zusätzliches Arm-Fähigkeits-Training (AFT) sollte bei subakuten Schlaganfall-Patienten mit leichter Parese durchgeführt werden, wenn die Leistungsfähigkeit der Sensomotorik (Fein- und Zielmotorik) verbessert werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). • Aufgaben-orientiertes Training Ein Aufgaben-orientiertes Training führte in einer randomisierten kontrollierten Studie bei subakuten Schlaganfall-Patienten im Vergleich zur weniger intensiven Standardtherapie zu einer Verbesserung der Armfunktion. In einem Cochrane Review wurde jedoch beurteilt, dass ein Aufgaben-spezifisches Training keinen statistisch absicherbaren Effekt auf die Wiederherstellung der Arm- oder Handfunktion hat. Es ist daher eine Therapieoption. Eine differentielle Empfehlung für das Aufgaben-orientiertem Training kann nicht gegeben werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) Für die Constrained-Induced Movement Therapy (CIMT) (auch als Bewegungsinduktionstherapie oder „forced use“-Therapie bezeichnet) ist die Wirksamkeit sehr gut belegt und zwar dann, wenn Patienten eine zumindest teilweise erhaltene Handfunktion und gleichzeitig einen fehlenden substantiellen spontanen Gebrauch des Armes im Alltag haben. Dies trifft für subakute und chronische Schlaganfall-Patienten zu. Sowohl die ursprüngliche Version (6 Stunden Therapie pro Tag plus Restriktion der weniger betroffenen Hand für 90 % der Wachstunden über 2 Wochen), als auch modifizierte, weniger intensive Formen (mCIMT) mit z. B. 2 Stunden Therapie pro Tag und einer 5 – 6stündigen Restriktion über einen Zeitraum von bis zu 10 Wochen können die Armfunktion und den Gebrauch des Armes im Alltag fördern. Die modifizierte, weniger intensive Formen (mCIMT) sind leichter praktisch umsetzbar als die ursprüngliche Version; denn das kann parallel zu existierenden Therapie-Angeboten unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten (Gleichgewicht) geschehen. Wenn eine CIMT oder mCIMT angeboten werden kann und der Patient die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, dann soll diese Behandlungsmethode beim skizzierten Patientenkollektiv angewendet werden (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad A). • Trunc Restraint Rumpfrestriktion beim Training von Reich- und Greifbewegungen kann bei vorliegenden kompensatorischen Rumpfbewegungen erfolgen (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

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• Spiegeltherapie Eine zur Standardtherapie zusätzliche Spiegeltherapie, bei der Bewegungen der „gesunden“ Hand im Spiegel beobachtet wie Bewegungen der betroffenen Hand visuell wahrgenommen werden, sollte bei subakuten und chronischen Schlaganfall-Patienten durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der motorischen Funktion angestrebt wird (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). • Mentales Training Zusätzlich zur sonstigen motorischen Therapie sollte ein über mehrere Wochen durchgeführtes tägliches mentales Training (10 – 30 Minuten) mit vorgestelltem Gebrauch des betroffenen Armes im Alltag bei subakuten und chronischen Schlaganfall-Patienten mit vorhandener Restfunktion der Hand erwogen werden, wenn eine Verbesserung der Armfunktion angestrebt wird (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). • Bewegungsbeobachtung („action observation“) Bei moderater Hemiparese kann das Abwechseln von Bewegungsbeobachtung (Videosequenz einer Aktion über 6 Minuten) und das anschließende Üben der Aktion erwogen werden, wenn eine Verbesserung der motorischen Funktion angestrebt wird (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Neuromuskuläre, EMG-getriggerte und funktionelle Elektrostimulation (NMES, EMG-ES & FES ) Unter Funktioneller Elektrostimulation (FES) wird in der LL eine Stimulation verstanden, die in einem funktionellen Bewegungskontext verwendet wird (z. B. beim Greifen). Von der FES unterschieden wird die EMG-getriggerte Elektrostimulation (EMG-ES), die auf einer intendierten Willkürbewegung an einem Gelenk ohne direkten Aktivitätsbezug basiert. Für andere neuromuskuläre Stimulationen wird in der LL der allgemeinere (Ober-)Begriff der neuromuskulären Elektrostimulation (NMES) verwendet. Die neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES) wurde z. T. bei ihrer Anwendung für die Schultergürtelmuskulatur klinisch geprüft, am häufigsten jedoch für die Stimulation der Fingerund Handgelenksextensoren. Sowohl bei den einzelnen Studien als auch bei den publizierten systematischen Reviews fällt eine problematische Inkonsistenz der Ergebnisse auf. Es wird geschlussfolgert, dass eine Elektrostimulation zu einer Verbesserung der Lähmung und der motorischen Funktionen beitragen könnte; die Datenlage ist jedoch nicht gesichert. Die verschiedenen Verfahren (NMES der Schultergürtel- und Unterarmextensorenmuskulatur, EMG-ES der Unterarmextensorenmuskulatur) können durchgeführt werden, wenn eine Verbesserung der Armfunktion und -aktivitäten bei einer schweren Armparese angestrebt werden soll (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0). Eine mehrstündige tägliche NMES der Schultermuskulatur (M. supraspinatus, M. deltoideus, pars superior) sollte bei subakuten Patienten nicht erfolgen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Andererseits kann eine mehrstündige EMG-ES und NMES der Handgelenks- und Fingerextensoren bei chronischen Schlaganfallpatienten durchgeführt werden (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Bei Anwendung der EMG-getriggerten NMES der Unterarmextensorenmuskulatur sollte ein bilaterales (Mit-)Üben (der weniger betroffenen Hand) erfolgen (Evidenz hoch,

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Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Die Therapie kann in Kleingruppen durchgeführt werden, bei selektierten Patienten auch als Heimtraining (cave: nicht selektives Innervationsverhalten mit Kokontraktion) (Evidenz niedrig [kein RCT einzeln vs. Kleingruppe bzw. mit Therapeut oder zuhause], Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Bei der Subgruppe der Patienten mit schwerer Handlähmung und zumindest teilweise erhaltener proximaler Motorik sollte eine funktionale mehrkanalige Stimulation zur Induktion von Greifen und Loslassen mit Beüben alltäglicher Aktivitäten bedacht werden. (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Bei der NMES und FES sollten die in Studien benannten Kontraindikationen bedacht werden: Herz- und Hirnschrittmacher, potentiell lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, epileptische Anfälle in der jüngeren Vergangenheit, Metall-Implantationen im behandelten Arm. Spezifische Sicherheitshinweise sind den jeweiligen Gerätedokumenten zu entnehmen bzw. vom Hersteller zu erfragen. • BATRAC („bilateral arm training with rhythmic audit ory cueing“) Eine Empfehlung kann nicht ausgesprochen werden (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Arm-Robot-Therapie Bei schweren Armlähmungen (z. B. keine Bewegung gegen Eigenschwere möglich) kann eine Arm-Robot-Therapie eine sinnvolle Ergänzung sein. Therapeutisch supervidiert können technisch unterstützt mit hohen Repetitionsraten spezifische Bewegungen geübt werden, die noch nicht selbständig ausgeführt werden könnten. Dadurch können – je nach Gerät – entweder Schulter- und Ellenbogenbewegungen (z. B. mit dem MIT-Manus oder dem MIME), Unterarm- und Handgelenksbewegungen (z. B. Bi-Manu-Track) oder Fingerbewegungen (z. B. mit dem Reha-Digit) aktiv beübt werden und deren Restitution im Sinne der Willküraktivität gefördert werden. Im Vergleich zur zyklischen neuromuskulären (NMES) oder EMG-getriggerten Elektrostimulation (EMG-NMES) der Hand- und Fingerextensoren kann die Arm-Robot-Therapie effektiver sein, ist aber auch in der Anschaffung kostspieliger und nur z. T. kommerziell erhältlich. Wenn eine Arm-Robot- Therapie indikationsgerecht angeboten werden kann, sollte sie zum Einsatz kommen, wenn die selektive Beweglichkeit bei schwerer Armlähmung verbessert werden soll. (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Sowohl für die neuromuskulären Elektrostimulation als auch die Arm-Robot-Therapie ist zu bedenken, dass nur wenige spezifische Bewegungen beübt werden (können). D. h. zur umfassenderen funktionellen Restitution bedarf es zusätzlicher spezifischer nicht apparativ gestützter Therapiemaßnahmen. Anders ausgedrückt stellen die apparativ unterstützten Verfahren im Behandlungskonzept für die Armlähmung nach Schlaganfall einen wichtigen ergänzenden (aber nicht alleine hinreichenden) Baustein der Therapie dar. • Elektromyographisches (EMG-) Biofeedback Der Nutzen von EMG-Biofeedback für die motorische Rehabilitation des Armes nach Schlaganfall ist nicht sicher belegt. Sie kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0).

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• Akupunktur/Elektroakupunktur Der Nutzen einer (Elektro-)Akupunktur für die motorische Rehabilitation des Armes nach Schlaganfall ist nicht sicher belegt. Sie kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Sensible elektrische Stimulation, thermische Stimulation und sensible Stimulation durch intermittierende pneumatische Kompression Elektrische, pneumatisch-kompressive bzw. auch thermische sensible Stimulationen scheinen ein Potential für die (somatosensible und) motorische Rehabilitation zu haben. Sie können durchgeführt werden, die Datenlage rechtfertigt in Bezug auf die Indikation „Therapie der Armmotorik“ keine Empfehlung für die Rehabilitation der Armlähmung (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Für die direkte Stimulation des Kortex mittels repetitiver Magnetstimulation (rTMS) liegen zwei kleinere Studien mit ermutigenden Ergebnissen vor. Es erfolgte jeweils eine niederfrequente Stimulation des kontraläsionalen motorischen Kortex. Eine der beiden Studien schloss pädiatrischen Patienten ein. Die Stimulation des kontraläsionalen otorischen Kortex kann durchgeführt werden, es wird jedoch keine Empfehlung ausgesprochen (Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Epidurale elektrische Stimulation des motorischen Kortex Für die epidurale elektrische Stimulation des motorischen Kortex gibt es nur eine sehr kleine Studie, die primär die Frage der Sicherheit addressierte. Eine Empfehlung für die Anwendung wird nicht ausgesprochen (Evidenz mittel, Einschätzung der Effekte: sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). Unter Berücksichtigung möglicher Risiken sollte eine Anwendung nur innerhalb eines Studienprotokolls erfolgen. • L-Dopa L-Dopa kann bei subakuten Schlaganfallpatienten mit schwerer Armparese eingesetzt werden, um die Armrehabilitation zu unterstützen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0). (NB: Der Einsatz für diese Indikation stellte einen „off label“-Gebrauch dar.) • d-Amphetamin Für das geprüfte Medikament Amphetamin wird keine Empfehlung für die Anwendung außerhalb eines Studienprotokolls ausgesprochen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Transplantation menschlicher neuraler Zellen Für die Transplantation menschlicher Neurone wird keine Empfehlung für die Anwendung außerhalb eines Studienprotokolls ausgesprochen (Evidenz mittel, sehr niedrige Qualität; Empfehlungsgrad 0). • Vermeidung von Komplikationen der Armparese – Lagerung, Taping und passives Bewegen Schwere Lähmungen gehen oftmals mit der Entwicklung von Spastik und

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eingeschränkter Beweglichkeit einher. Zur Behandlung der Spastik, zur Kontrakturprophylaxe und Schmerzbehandlung sei auf die gesonderten LL der DGNR verwiesen. Hier seien nur zwei Aspekte genannt: Bei schweren Lähmungen der Schultergürtelmuskulatur sollte eine regelmäßige Lagerung (1 – 2 x täglich für 30 Minuten) in maximal tolerierten Gelenkstellungen (Außenrotation bzw. Abduktion) erfolgen, wenn die Entwicklung von Kontrakturen im Schultergelenk reduziert werden soll (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: mittlere Qualität; Empfehlungsgrad B). Für andere Verfahren (Handgelenksnachtlagerungsschiene, geräteunterstütze kontinuierliche passive Bewegung der Schulter in Abduktion und Außenrotation) konnte keine Wirksamkeit belegt werden, sie können durchgeführt werden, werden jedoch nicht empfohlen (Evidenz hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0).

Danksagungen und Anmerkungen Die Mitwirkung von Sybille Roschka, E.T., Bc. (NL) wurde durch die Unterstützung des Bundesverband für Rehabilitation e. V. (BDH) ermöglicht. Für die Mithilfe von Herrn Dipl.-Psych. Breer (St. Mauritius-Therapieklinik Düsseldorf ) bei der Besorgung der Originalliteratur und die wertvollen Diskussionsbeiträge der Mitglieder der LL-Kommission der DGNR sei herzlich gedankt. Für die methodische Beratung von Frau PD Dr. med.Ina Kopp von der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF), ohne die die Leitlinienentwicklung kaum auf einem methodisch so hohen Niveau hätte stattfinden können, sei ebenfalls herzlich gedankt. Die Erstellung der Leitlinie erfolgte auch als „Kompetenznetz Schlaganfall“-Aktivität. Interessenvermerk Th. Platz ist Autor der Publikationen, die über die randomisieren, kontrollierten Studien zum Schädigungs-orientierten Training berichten.

Literatur a. Systematische Literaturrecherche und Handsuche (Originalarbeiten) 1. Ada L, Goddard E, McCully J, Stavrinos T, Bampton J. Thirty minutes of positioning reduces the development of shoulder external rotation contracture after stroke: a randomized controlled trial. Arch Phys Med Rehabil 2005; 86: 230-234. 2. Altschuler EL, Wisdom SB, Stone L et al. Rehabilitation of hemiparesis after stroke with a mirror. Lancet 1999; 353: 2035-2036. 3. Armagan O, Tascioglu F, Oner C. Electromyographic biofeedback in the treatment of the hemiplegic hand: a placebo-controlled study. Am J Phys Med Rehabil 2003; 82: 856-861. 4. Basmajian JV, Gowland CA, Finlayson MA et al. Stroke treatment: comparison of integrated behavioral-physical therapy vs traditional physical therapy programs. Arch Phys Med Rehabil 1987; 68: 267-272. 5. Bhatt E, Nagpal A, Greer KH, Grunewald TK, Steele JL, Wiemiller JW, Lewis SM, Carey JR. Effect of finger tracking combined with electrical stimulation on brain reorganization and hand function in subjects with stroke. Exp Brain Res 2007; 182: 435-447. 6. Blennerhassett J, Dite W. Additional task-related practice improves mobility and upper limb function early after stroke: a randomised controlled trial. Aust J Physiother 2004; 50: 219-224. 7. Bowman BR, Baker LL, Waters RL. Positional feedback and electrical stimulation: an automated treatment for the hemiplegic wrist. Arch Phys Med Rehabil 1979; 60: 497-502. 8. Brown JA, Lutsep HL, Weinand M, Cramer SC. Motor cortex stimulation for the enhancement of recovery from stroke: a prospective, multicenter safety study. Neurosurgery 2006; 58: 464-473. 9. Byl N, Roderick J, Mohamed O et al. Effectiveness of sensory and motor rehabilitation of the upper limb following the principles of neuroplasticity: patients stable poststroke. Neurorehabil Neural Repair 2003; 17: 176-191.

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Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Thomas Platz BDH-Klinik Greifswald gGmbH Neurologisches Rehabilitationszentrum An-Institut der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald Karl-Liebknecht-Ring 26a 17491 Greifswald E-Mail: [email protected]

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Kapitel 4: Schmerzhate Schulter nach Schlaganfall A. Conrad, Reha-Klinik Damp C. Herrmann, Asklepios-Klinik Schildautal, Seesen 1. Einleitung 1.1 Methodik Die vorliegende Leitlinine stellt das konsentierte Ergebnis einer Arbeitsgruppe der Leitlinienkommission der DGNR vor. Grundlage der Leitlinie ist eine systematische Literaturrecherchein PubMed mit Reference Manager®, Version 11 (Thomson, ISI Researchsoft, 2004). Berücksichtigung fand dabei deutsch- und englischsprachige Literatur. Eine letzte Aktualisierung dieser Recherche fand im Mai 2008 statt. Die vorliegende Leitlinie beschränkt sich in ihren systematisch abgeleiteten Empfehlungen bewusst auf die Therapie der schmerzhaften Schulter bzw. eines Schulter-Hand-Syndroms nach Schlaganfall. Empfehlungen zur Diagnostik bei schmerzhafter Schulter sind für eine spätere Erweiterung der Leitlinie vorgesehen. 1.1.1 PICO-Formulierung der Fragestellung P Patientencharakteristika Kann bei einem Patienten mit einer schmerzhaften Schulter oder einem Schulter-Hand-Syndrom oder einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) Typ 1 nach Schlaganfall I Intervention durch Prävention oder bestimmte Therapien wie Lagerungstherapie, Schlingen und supportive Hilfsmittel, Tape-Verbände, Physiotherapie, Ergotherapie, Physikalische Therapie, Manuelle Lymphdrainage, NMES u. FES der Schultermuskulatur, TENS, SCS, Pharmakotherapie (Analgetika, Kortikoide, Calcitonin u. a.), intra-/periartikuläre Injektion von Triamcinolon und Lokalanästhetika, motorische oder neurolytische Blockaden, Stellatumblockade, GLOA, Akupunktur, operative Therapie, Mentales Training oder Spiegeltherapie C Comparison bei schlaffer oder spastischer Armparese, mit oder ohne Schultersubluxation, mit oder ohne Einschränkung der Schultergelenkmotilität, wirksamer im subakuten oder chronischen Stadium nach Schlaganfall, O Outcome eine Reduktion von Schulterschmerzen, einer Schultersubluxation, von Symptomen eines schmerzhaften Schulter- Hand-Syndroms bzw. eine Verbesserung des Bewegungsausmaßes der Schulter oder der Armfunktion erreicht werden? 1.1.2 Suchstrategien 1. [{Cerebrovascular accident} OR {stroke} OR {Cerebrovascular disorders}] – AND (All fields) [{Hemiplegic shoulder pain} OR {poststroke shoulder pain} OR {shoulder subluxation after stroke} OR {post-stroke shoulder-hand syndrome} OR {post-stroke hand oedema} OR {complex regional pain syndrome} OR {Algodystrophy} OR {Kausalgia}] OR {SDR}] – AND (All fields) [{Rehabilitation}] = 87 Arbeiten

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2. (All fields) [{Hemiplegic shoulder pain} OR {shoulder-hand syndrome} OR {poststroke shoulder pain} OR {shoulder subluxation in hemiplegia}] – AND (All fields) [{complex regional pain syndrome} OR {poststroke hand oedema}] AND (all fields) [{Rehabilitation}] = 331 Arbeiten bis 2007 3. (All fields) {stroke} AND (All fields) {Pain} AND (All fields) {Shoulder} = 169 Arbeiten bis 2007 Aufgrund geringer Studienlage randomisierter kontrollierter Studien (RCT) wurden auch nicht-randomisierte kontrollierte Studien, d. h. alle quasi experimentellen Beobachtungstudien (Kohortenstudien, Fall-Kontrollstudien, Fallserien) in die Leitlinienerstellung einbezogen. Mittels der drei o. g. Suchalgorithmen wurden für den Zeitraum bis Ende 2007 in PubMed 587 Arbeiten gefunden. Ergänzend erfolgte eine händische Literatursuche aus Literaturverzeichnissen der Originalarbeiten sowie dem Literaturpool der Autoren und Kommissionsmitglieder. Insgesamt 59 klinische Studien, die den genannten Kriterien entsprachen, wurden in der Leitlinie berücksichtigt. 1.1.3 Berücksichtigung existierender nationaler Leitlinien – National Clinical Guidelines for Stroke. London: The Royal College of Physicians, 2004 – New Zealand guideline for management of stroke: Life after stroke. Stroke Foundation New Zealand Inc., New Zealand, 2003 – Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN): Management of Patients with Stroke. Edinburgh, 2002l – Teasell et al., Evidence-Based Review of Stroke Rehabilitation. Painful hemiplegic shoulder. Canada Stroke Network. Canada, 2007 – Department of Veterains Affairs: Management of Stroke Rehabilitation in Primary Care Summary. VA Employee Education System in cooperation withthe Offices of Quality & Performance and Patient Care Services and the Department of Defense, 2003. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Bewertungsverfahrens wird auf die ausführliche Erläuterung und Herleitung der hier verwandten Evidenz- und qualitätsbegriffe in der Einleitung zu den Leitlinienentwürfen aller Arbeitsgruppen der DGNR-Leitlinien-Kommission verwiesen. 1.2 Definition, Vorkommen, Relevanz Die schmerzhafte Schulter nach Schlaganfall ist ein Sammelbegriff für ein oft aus verschiedenen Ursachen entstehendes Syndrom und wird in der Literatur auch bezeichnet als shoulder pain, hemiplegic shoulder pain (HSP, HPSP), post-stroke shoulder pain (P(S)SP), glenohumeral subluxation (GHS), Schulter-Hand-Syndrom, Shoulder Hand Syndrome (SHS), Sudecksyndrom, Sympathische Reflexdystrophie, Reflex Sympathetic Dystrophy (RSD, SDR) oder Komplexes Regionales Schmerzsyndrom bzw. Complex Regional Pain Syndrome (CRPS Typ I). Die Schultersubluxation wird ebenfalls häufig in diesem Zusammenhang genannt, ohne dass jedoch eine feste Beziehung zum Schulterschmerz besteht. Das klinische Bild der schmerzhaften Schulter beim Schlaganfall kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und variiert vom mäßigen Schulterschmerz und einer Beeinträchtigung der Beweglichkeit, besonders der Abduktion und Außenrotation, bis zum Vollbild des Schulter-Hand-Syndroms mit unerträglichen Schmerzen und gestörter autonomer Regulation mit überwärmter, geschwollener, livide verfärbter Hand. Im Wesentlichen versucht man die in Ruhe oder bei Bewegung schmerzhafte und eingeschränkte, einerseits schlaffe subluxierte, andererseits spastische bewegungs-

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eingeschränkte Schulter zu unterscheiden, des Weiteren das bis zum Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom gehende Schulter-Arm-Handsyndrom und schließlich den zentralen neuropathischen Schmerz. Die Prävalenz bei Schlaganfall-Patienten wird in der Literatur mit 16 – 72 % (Walsh, 2001) und 5 % – 84 % (Turner-Stokes und Jackson, 2002) angegeben. In einer weiteren prospektiven Studie (Gamble et al., 2002) mit einer Inzidenz von 40 % besserte sich jedoch der Schulterschmerz unter einer Standardtherapie innerhalb von sechs Monaten oder bildete sich weitgehend zurück bei 80 %. Die Vielfalt der verwandten Begriffe und Definitionen in der Literatur erklärt die unterschiedlichen Prävalenzen. Eine schmerzhafte Schulter manifestiert sich überwiegend im ersten bis zweiten Monat nach einem hemiparetischen Schlaganfall und geht einem auftretenden Schulter-Hand-Syndrom häufig ein bis vier Wochen voraus (Braus et al., 1994; Poduri, 1993). Die schmerzhafte Schulter stellt in der Rehabilitation vieler Patienten eine erhebliche Beeinträchtigung nicht nur infolge der dadurch verzögerten motorischen Erholung der oberen Extremität dar, sondern auch infolge der Belastung durch die oft stark ausgeprägten Schmerzbeschwerden und die damit einhergehende verstärkende Wechselwirkung mit der als ein zusätzlicher Risikofaktor angesehenen Depression nach Schlaganfall. 1.3 Biomechanik Das Schultergelenk ist bereits von seinem anatomischen Grundaufbau durch die überwiegend muskuläre und damit dynamische Bewegungsführung und Stabilisierung anfälliger für traumatisierende Fehlbelastungen und chronifizierende Verschleißerscheinungen. Die unmittelbare Führung des Humeruskopfes in der Gelenkpfanne erfolgt durch die Muskeln der sog. Rotatorenmanschette (Mm. supra- u. infraspinatus, subscapularis), die den Kopf in Richtung des Zentrums der Gelenkpfanne ziehen und bei EMG-Messungen eine gleichzeitige Innervation bei allen Bewegungen des Oberarms zeigen (Brinckmann et al., 2000; Kronberg et al., 1995). Einer Luxation des Oberarmkopfes wird durch die obere Gelenkkapsel und durch das Ligamentum coracohumerale (und den M. coracobrachialis) entgegengewirkt, an dessen Straffung der M. supraspinatus beteiligt ist. Bei einer Oberarmabduktion bzw. einem gelenkmechanisch bedingten Tiefertreten des vom Schulterblatt gebildeten oberen Schultergelenkwinkels werden die obere Gelenkkapsel und das Ligamentum coracohumerale entspannt, was eine Subluxation des Oberarmes prinzipiell begünstigt (Hummelsheim, 1994). Die in bis zu 90 % nach einem Schlaganfall zunächst auftretende schlaffe Parese der Schultermuskeln begünstigt die subglenoidale Subluxation und kann zu einer irreversiblen Überdehnung und Schädigung der Rotatorenmanschette und der angrenzenden Kapsel-Band-Strukturen führen, oft auch unter Beteiligung der Armplexusfasern (Turner-Stokes und Jackson, 2002). Die sich im Anschluss daran meist entwickelnde spastische Hemiparese mit dem typischen Beugemuster der Schulter-Arm-Hand-Muskulatur hebt die muskuläre Führung im Schultergelenk unter Abschwächung der Außenrotatoren teilweise auf, der zusätzliche Ausfall des M. deltoideus begünstigt das Abgleiten des Humeruskopfes nach kaudal im Sinne der subglenoidalen Luxation oder glenohumeralen Subluxation. Die Dezentrierung wird nun jedoch zunehmend verstärkt durch den spastisch erhöhten Zug der Adduktoren und Innenrotatoren (Mm. teres major, subscapularis, latissimus dorsi, pectoralis major), was eine Subluxation oder Luxation zusätzlich auch durch den Abwärtszug dieser Muskeln begünstigt. Auf dieser Hypothese beruhen auch Behandlungskonzepte mit gezielter Schwächung dieser Muskeln durch Botulinumtoxin-Injektionen. Die Subluxation wird ebenfalls verstärkt durch die zusätzliche Parese des M. serratus anterior und gleichzeitige Spastizität der Mm. rhomboidei infolge des Tieferstands der Schulter und erschwerter Abduktion und Rotation im Schultergelenk nach oben mit Begünstigung der Kompression von subakromialen

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Bandstrukturen. Die mit dem Alter ebenfalls zunehmenden degenerativen Veränderungen im Schultergelenk können diese destabilisierenden Prozesse nach zerebrovasculären Ereignissen verstärken. 1.4 Pathophysiologische Aspekte 1.4.1 Schädigung der schultergelenksübergreifenden myofaszialen Strukturen In einer umfangreichen Übersicht (Turner-Stokes u. Jackson, 2002) verwiesen die Autoren auf die divergenten Ergebnisse in der Literatur über die Inzidenz der Schmerzhaften Schulter nach Schlaganfall und den Zusammenhang mit Spastizität, Veränderungen der myofaszialen Strukturen und der Schultersubluxation. Aus einer Übersicht von 16 Autoren anhand von 1.419 Fällen ergaben sich Inzidenzen zwischen 5 % und 84 % mit einem Mittel von 54 % für ein HSP (hemiplegic shoulder pain), in 10 Untersuchungen mit 1.005 Patienten hatten 17 – 81 % eine Subluxation, für 67 Patienten wurde keine Beziehung, für 229 ein Zusammenhang zum Schulterschmerz angegeben. Die Literaturübersicht legte auch eine Beziehung zwischen Dauer der Hemiparese und der Häufigkeit von Schulterschmerz nahe. Die Autoren unterschieden im Hinblick auf das therapeutische Vorgehen die schlaff-paretische Form mit vor allem präventiven Maßnahmen, Lagerungs- und Schlingentechniken und die spastische Parese mit mehr spastiksenkenden, mobilisierenden und medikamentösen Methoden. Als Risikofaktoren wurden der Pareseschweregrad, halbseitige Gesichtsfeld- und Aufmerksamkeitsstörungen, ausgeprägter Sensibilitätsverlust des betroffenen Arms und Depressivität angesehen. Eine neuere arthrographisch untermauerte Studie (Lo et al., 2003) an 32 Patienten mit Schulterschmerz nach Schlaganfall (davon 16 % mit Schulter-Hand-Syndrom) konnte zeigen, dass dieser bei 50 % der Patienten eine adhäsive Kapselentzündung als Ursache hatte. Bei 44 % bestand eine Subluxation, bei 22 % eine Rotatorenmanschettenruptur Die Kapselentzündung ging mit einer längeren Beschwerdedauer und eingeschränkten passiven Beweglichkeit einher, die Subluxation mit vergrößerter passiver Beweglichkeit und gemindertem Muskeltonus, die ihrerseits zusammen mit einem größeren Gelenkvolumen das Risiko einer Kapselentzündung verminderten. In einer aktuellen Studie wurde bei 89 Patienten mit einem Schulterschmerz nach Schlaganfall ein MRT der betroffenen Schulter durchgeführt (Shah et al., 2008). 35 % zeigten Einrisse der Rotatorenmanschette oder der Mm. biceps und deltoideus, 53 % eine Tendopathie im Bereich dieser Strukturen. Die Inzidenz einer Rotatorenmanschettenruptur stieg mit dem Alter, es bestand jedoch keine gesicherte Beziehung dieser Veränderungen zur Schwere des Schulterschmerzes. Bei 20 % der Patienten zeigte sich eine Atrophie von Rotatorenmanschette und M. deltoideus, die sowohl mit verminderter Muskelkraft als auch geringer ausgeprägtem Schulterschmerz einherging. 1.4.2 Peripher-nerval und autonom vermittelte Prozesse Die Läsion kapsulärer oder subakromialer Strukturen scheint zwar eine häufige Voraussetzung für den zunächst überwiegend lokalen Schulterschmerz zu sein, darf aber nicht bloß aufgrund einer häufig am plegischen Arm auftretenden Handschwellung mit einer reflexdystrophischen Ausweitung des Krankheitsbildes verwechselt werden. Die Prävalenz einer isolierten Handschwellung und eines Handödems in der Rehabilitation von Patienten nach einem Schlaganfall wird mit 73 % resp. 33 % beschrieben (Boomkamp-Koppen et al., 2005). Das Auftreten korreliert dabei mit der Schwere der Beeinträchtigung der motorischen Armfunktion. Bei einem Schulter-Hand-Syndrom treten wie auch bei komplexen regionalen Schmerzsyndromen anderer Ätiologie in Abhängigkeit von der Schwere und

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Dauer Demineralisationen der distalen Extremitätenknochen, messbar anhand von Knochendichtemessungen (BMD, Dual energy X-ray absorptiometry) auf (Kumar et al., 2001). Ein Handödem entwickelt sich beim hemiparetischen Arm als isoliertes Symptom oder als Teil eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms. Der Lymphtransport beim Handödem des hemiplegischen Arms ist in der dynamischen Lymphszintigraphie im Gegensatz zu „Lymphödemen“, bei denen sich hier eine Verlangsamung der Lymphströmung findet, in der Mehrzahl der Fälle proportional zum Ödem der gelähmten Gliedmaße beschleunigt. Diskutiert werden veränderte Filtrationsmechanismen durch vermehrten arteriellen Blutfluss und Schädigung der Kapillarpermeabilität oder eine beeinträchtigte Rückresorption i. S. einer sog. „dynamischen Insuffizienz“ des Lymphgefäßsystems bei überschrittener Transportkapazität (Werner et al., 1999), aber auch ein sympathisch vermitteltes Missverhältnis zwischen der Gefäßweitenregulation von Arteriolen und Venolen, das bei relativ zum Einstrom zu hoher Venolenkonstriktion zum Ödem und zu einer Zunahme des interstitiellen Druckes führt. Die dadurch ausgelöste Sensibilisierung der Nozizeptoren mit einem typischerweise bei Orthostase zunehmenden Schmerz und die vermutete spinalreflektorische Zunahme des Venolenkonstriktorentonus sollen das Krankheitsbild in einem Circulus vitiosus unterhalten und verstärken (Hummelsheim, 1994). Ein anfängliches Schulter-Handsyndrom entwickelt sich erst mit der charakteristischen Trias von autonomen Störungen der Hauttemperatur, der Hautfärbung und des Schwitzens, von sensorischen Störungen mit Schmerz und Hyperalgesie und motorischen Störungen mit Paresen, Tremor und Dystonie zu einem klinisch sicher diagnostizierbaren CRPS Typ I, das heute auch als Sonderform eines neuropathischen Schmerzsyndroms möglicherweise infolge einer gesteigerten neurogenen Entzündung, einer pathologischen sympathikoafferenten Kopplung und zentralnervöser neuroplastischer Veränderungen diskutiert wird (Stanton-Hicks et al. 1998, Jänig, Baron 2003, Maihöfner, Birklein 2007). Die größte diagnostische Validität scheinen derzeit die operationalisierten klinischen Kriterien der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) zu bieten, die unten nochmals detailliert aufgeführt werden. Bei 12,5 % bis nahezu 35 % der Schlaganfallpatienten entwickelt sich ein entzündlich-ödematöser und auch dystrophischer Prozess bis zum Vollbild des CRPS Typ I (auch Sudeck-Syndrom, Algodystrophie, Reflexdystrophie) mit distaler Ausprägung (Daviet 2002, Davis 1977, van Ouwenaller 1986). Daviet (2002) sah in seiner prospektiven Studie mit 71 Patienten jedoch Subluxation, Hemineglect und Depression nicht als Prädiktoren für die Schwere des CRPS I an. Turner-Stokes und Jackson (2002) verweisen auf Unschärfen in den Studiendefinitionen der CRPS-Kriterien und vermuten bei strikter Voraussetzung vasomotorischer Veränderungen und einer Druckschmerzhaftigkeit der Metakarpalphalangen geringere Inzidenzen. Petchkrua (2000) untersuchte 13 von 64 klinisch verdächtigen Probanden mit einem 3-Phasen-Szintigramm und sah nur bei einem Patienten die Kriterien des CRPS I. Die 3-Phasen-Knochenszintigraphie zeigte in mehreren Studien (Weiss et al 1993, Wang et al 1998) eine signifikante diagnostische und prädiktorische Validität für die zukünftige Auftretens-Wahrscheinlichkeit oder das Vorhandensein eines RSDS (CRPS). In einer prospektiven EMG-Studie (Cheng 1995) an 70 Patienten hatten 30 von 31 Patienten (97 %) mit späterem klinischem RSDS (CRPS) in den EMG-Voruntersuchungen Fibrillationen oder positive scharfe Wellen, verglichen mit 16 von 39 Patienten ohne CRPS (41 %). Es bestand eine Korrelation zwischen RSDS und sensiblem Defizit bzw. Schulter-Subluxation, keine Korrelation zu Alter, Geschlecht, Schwere der Spastizität oder Ursache des Schlaganfalls. Es wurde die Hypothese einer Verursachung des RSDS durch Dehnung und Teilläsion des Plexus brachialis im Rahmen der Hemiplegie aufgestellt, die die Spontanaktivität im EMG als einen guten Prädiktor für ein

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späteres RSDS begründet. Turner-Stokes und Jackson (2002) verweisen in ihrer ausführlichen Übersicht auf Arbeiten, in denen schon früh der Verdacht auf eine zusätzliche Schädigung des N. axillaris, des N. suprascapularis und des Armplexus durch den passiven Zug durch das Eigengewicht des Arms bei intialer schlaffer Parese geäußert wurde, und zugleich auf andere Arbeiten mit gegenteiligem Ergebnis oder der Hypothese einer transsynaptischen Läsion des unteren infolge der primären Schädigung des oberen Motorneurons. 1.4.3 Zentralnervös vermittelte Prozesse Hinsichtlich der pathophysiologischen Enstehungsbedingungen eines CRPS I haben sich in den letzten Jahren insbesondere in den bildgebenden Aktivierungsstudien des Kortex neue Erkenntnisse ergeben, die Zusammenhänge mit fehlgelaufenen neuroplastischen Prozessen erkennen lassen. Dementsprechend haben sich mental begründete Therapieverfahren wie Mentales Training oder Spiegeltherapie, wie sie seit längerem zur Förderung der sensomotorischen Reorganisation zur Anwendung kommen, auch als wirksam in der Behandlung des chronischen CRPS I erwiesen (Moseley, 2004). Parallel zur Rückbildung des Syndroms zeigten Aktivierungsstudien eine Reorganisation betroffener Kortexareale insbesondere in der Parietalregion (Maihöfner, Birklein, 2007). In 8 % bis über 11 % der Fälle (Bowsher 2001, van Schayck 2004) kommt es zur Ausprägung eines zentralen neuropathischen Schmerzes, der die anderen Formen von Schulter-Arm-Schmerz auch zusätzlich überlagern kann und oft therapeutisch nur unzureichend beherrschbar ist. 1.4.4 Zusammenfassung Zusammenfassend bleiben die Ursachen des schmerzhaften Schulter-Arm-Syndroms nach Schlaganfall vieldeutig und auch in ihrer Gewichtung umstritten. Zweifellos stellt die glenohumerale Subluxation bei initial schlaffer höhergradiger und langanhaltender Parese insbesondere der Außenrotatoren und des M. deltoideus eine der möglichen Ursachen dar, wenn weitere Faktoren wie traumatisierende passive Bewegungen durch mangelnde Lagerung und falsche Behandlung oder vor allem im höheren Alter vorbestehende degenerative Veränderungen der Kapsel-Band-Strukturen hinzutreten. Nicht wenige der Untersuchungen und Literaturauswertungen bestreiten einen Zusammenhang zwischen der Subluxation im Schultergelenk und Ausmaß und Häufigkeit der Beschwerden. 2 Assessments und Klinische Diagnostik 2.1 Generelle Parameter bei zentraler Armparese – Armfunktion: Medical Research Council (MRC), Motricity Index (MI), Bobath Motor Assessment Scale (MAS), Fugl-Meyer-Test (FM), Rivermead Motor Assessment (RMA) – Armaktivitäten: TEMPA, Action Research Arm Test (ARAT), Box-and-Block-Test (BBT), Nine-Hole-Peg-Test (NHPT) – Aktive Beweglichkeit im Schultergelenk (active Range of motion, aROM) – Muskeltonus (schlaff/spastisch): modifizierte Ashworth Scale(mAS), REPAS – ADL-Selbstversorgungsgrad: Barthel-Index (BI), Functional Independance Measure (FIM) Hinsichtlich der diagnostischen Instrumente wird auch auf die in dieser Leitlinienkommission erstellte DGNR-Leitlinie Armrehabilitation verwiesen (Platz, 2008).

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2.2 S pezifische Parameter bei schmerzhafter Schulter – Schmerzen in Ruhe (am Tage, in der Nacht) – Schmerzen bei Bewegung insbesondere durch Abduktion und Außenrotation – Allodynie bei zentral verursachtem, neuropathischen Schmerz – Subluxationsgrad (klinisch, Röntgen, Ultraschall) – Schmerzfreies passives Bewegungsausmaß (pROM, spROM) der Schulter, begleitendes Impingementsyndrom (painful arc): Winkelmessung-/graduierung – Schulterblattruhestellung (downward tilt, ScDT) und dynamische Schulterblatt-Lateralrotation, ScLR (Price et al. 2001) – Ödemvolumen bei einem Handödem • Klinische visuelle Ratingskalen zeigen nur eine geringe Korrelation zu • objektiven volumetrischen Messmethoden. Letztere werden daher zur Objektivierung von Messungen des Schweregrades eines Handödems für wissenschaftliche Zwecke empfohlen (Post, 2003). – Neurophysiologische Diagnostik: Elektromyographie und -neurographie können einen Beitrag leisten zur Differentialdiagnostik hinsichtlich: • einer Armplexus-Schädigung • eines zervikalen radikulären Kompressionssyndroms • eines Carpaltunnel-Syndroms (CTS) • eines N. suprascapularis-Kompressionssyndroms • einer Kausalgie (komplexes regionales Schmerzsyndrom, Typ 2, CRPS II) in Abgrenzung zum komplexen regionalen Schmerzsyndrom, Typ 1 (CRPS I). 2.2.1 Schmerz und Problematik der Schmerzmessung beim Schlaganfallpatienten Schmerz ist ein subjektives Symptom, das auch bei Patienten mit intakten senso-motorischen, kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten schwierig zu messen ist. Derzeit existieren keine gut validierten, spezifisch für Schlaganfall entwickelten Schmerz-Assessment-Instrumente (Turner-Stokes und Jackson, 2002). Standard-Assessments für Schmerz wie eine visuelle Analogskala (VAS) können für Patienten mit räumlich-konstruktiven Störungen oder visuellem Neglect ungeeignet sein, selbst zu beantwortende Fragebögen, wie der McGill Pain Score, für Patienten mit aphasischen Störungen unangemessen. Assessments basierend auf Schulterfunktion sind ungeeignet für den funktionslosen plegischen Arm. Price et al.(1999) zeigten, dass verschiedene Arten visueller Analogskalen (mechanisch, horizontal, vertikal), aber auch eine vertikale 11-Punkte numerische Ratingskala (NRS) und eine kategoriale 4-Punkte Ratingskala (kein, leicht, mäßig, schwer) hinsichtlich der Qualität Engegefühl bei niedrigen Drucken von Blutdruck-Manschetten (0, 20, 40 mmHg) am gesunden Arm von Patienten mit Schlaganfall signifikant schlechter korrekt eingesetzt werden als von gesunden Kontrollpersonen. Es fand sich eine Korrelation der Eignung der Skalen zum Schlaganfall-Subtyp (am schlechtesten bei Infarkten der vorderen Strombahn) und zu kognitiven Faktoren sowie visuellem und taktilem Hemineglect. Die Eignung einer vertikalen numerischen Ratingskala (NRS) wurde allein durch die allgemeine kognitive Leistung im Kurztest beeinflusst. Das Brief Pain Inventory ist ein 23 Items umfassender, verbreiteter Schmerz-Fragebogen, dessen Items auch einzeln Anwendung finden: Die Brief Pain Inventory Question 12 (BPI 12), eine 11-teilige numerische Ratingskala (NRS, 0 – 10 Punkte), erfasst „durchschnittliche Schmerzintensität in der letzten Woche“. Über die Brief Pain Inventory Question 23 (BPI 23) lässt sich darüber hinaus das Ausmaß der schmerzbedingten Beeinträchtigung täglicher Aktivitäten bezogen auf 7 bestimmte Bereiche (allgemeine Aktivität, Stimmung,

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Gehfähigkeit, normale Arbeit, zwischenmenschliche Beziehungen, Schlaf, Lebensfreude), jeweils bewertet auf einer 11-teiligen numerischen Ratingskala, erheben und in einem daraus abgeleiteten Gesamtscore abbilden (Chae, 2005; Cleeland et al., 1994). Bohannon (1986) führte den Richtie Articular Index als Assessment-Instrument bei hemiplegischem Schulterschmerz ein, eine 4-Punkte-Ratingskala der Schmerzempfindlichkeit während passiver Schultermobilisation in Außenrotation bis max. 90° (0 = keine Schmerzempfindung, 1 = Schmerzempfindung, 2 = Schmerzempfindung und -mimik, 3 = Schmerzempfindung, -mimik und -ausweichbewegung), die eine hohe Interrater-Reliabilität zeigte. Das Assessment-Instrument Shoulder-Q (Turner-Stokes, 2006) beinhaltet verbale und visuelle graphische (numerische) Rating-Skalen (Schmerzstärke in Ruhe, bei Bewegung, z. B. Physiotherapie, in der Nacht). Eine retrospektive Analyse einer Kohorte von 30 Patienten mit erworbener Hirnschädigung und kognitiven sowie kommunikativen Störungen zeigte eine signifikante Korrelation der Veränderungen der Skalenwerte der visuellen mit denen der verbalen Skalen. Veränderungen der Summenwerte der visuellen Skalen von ≥ 3 zeigten 77 % Sensitivität und 91,3 % Spezifität (rho 0,665, p < 0,001) Patienten zu detektieren, die mit beiden Skalenwerten signifikante Veränderungen zeigen. Summenwerte von 2 hatten eine negative prädiktive Wertigkeit von 73,3 %. Der Ability-Q (Turner-Stokes, 2003) kann quasi als „Prä-Assessment“ eingesetzt werden, um Patienten nach Schlaganfall zu ermitteln, die mit kategorialen oder numerischen Ratingskalen nicht umgehen können. Die Faces Pain Scale (Benaim, 2007), eine non-verbale vertikale Schmerz-Ratingskala mit 7 Gesichtsausdrücken erscheint bezüglich Validität, Inter- und Intra-Rater-Reliabilität nur bei linkshemisphäriell geschädigten Schlaganfallpatienten einsetzbar. Fremdratings durch Physiotherapeuten mit visuellen Analogskalen (VAS) zeigen nach einer Untersuchung von Pomeroy (2000) eine akzeptable Inter-Rater-Reliabilität für Schmerzintensität (0,79) und Schmerzfrequenz (0,75) bei allerdings signifikantem systematischem Bias. Die Inter-Rater-Reliabilität lag für die affektive Schmerzantwort (0,62) niedrig. Die Intra-Rater-Reliabilität lag bei 0,70 für Intensität, 0,77 für Frequenz und 0,69 für affektive Schmerzantwort. 2.2.2 Subluxationsgrad Generell lassen sich klinische und apparative Messmethoden diffenzieren. Als klinische Methoden zur Bestimmung des acromio-humeralen Abstands finden Anwendung: – Palpation und Vergleich mit der Gegenseite (Cailliet, 1980) – Palpation und qualitatives Grading in 3 – 6 Kategorien (Bohannon und Andrews, 1990; Hall et al., 1995) – Messung mit Messschiebern oder thermoplastischem Material (Hayes und Sullivan, 1989; Prévost et al., 1987) – Messung der Armlängendifferenz (Boyd et al., 1993). Radiologische Messmethoden lassen sich differenzieren in qualitative und quantitative. Qualitative Methoden klassifizieren den Grad der Subluxation in 3 – 4 definierte Kategorien anhand visueller Inspektion der einzelner anterior-posteriorer Röntgenaufnahmen (Shai et al., 1984; Smith et al., 1982; Snels et al., 2001; Ring et al. 1985; van Langenberghe und Hogan, 1988). Quantitative radiologische Messmethoden in einer oder mehreren Ebenen, zum Teil mit standardisierten Röntgen-Apparaturen, sind wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten (Boyd et al., 1993; Brooke et al., 1991; Carpenter und Millard, 1982; Poppen und

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Walker, 1976; Prévost et al., 1987). Die Methodik radiologischer Aufnahmen ist beschränkt auf Patienten, die eine aufrechte Sitzhaltung einhalten können. Auch sonographisch lassen sich bei Schlaganfallpatienten mit Armparesen laterale, anteriore und kaudale Subluxationen im Schultergelenk (Kausch, 1998; Park et al., 2007) und darüber hinaus funktionell Instabilitätsphänomene (Translationsbeweglichkeit) nachweisen (Jerosch, 1991). 2.2.3 Schultergelenmotilität passives Bewegungsausmaß Goniometrische Messungen für Schulter-Abduktion, -Flexion und -Außenrotation erfolgen standardisiert in Rückenlage im Liegen. Für die Messung der Außenrotation empfiehlt sich eine Ausgangsposition in 20 – 30° Abduktion. Mögliche Endpunkte der Messung für passives Bewegungsausmaß sind maximal mögliches pROM, pROM bis zum Beginn eines passiven Widerstands und schmerzfreies („painfree“) Bewegungsausmaß (spROM oder ppROM). Bei letzterer, schonenderer Methode ist eine exakte Definition für die Schmerzschwelle erforderlich (Andrews und Bohannon, 1989). Anwendung finden mit vergleichbarer Intra-Rater-Reliabilität und Inter-Rater-Reliabilität konventionelle (Standard-)Goniometer (Riddle et al., 1987) sowie Schwerkraft- bzw. Hydrogoniometer (Andrews und Bohannon, 1989; de Jong, 2007). pROM Messungen der Schulter könnnen bei wiederholter Messung durch den gleichen Untersucher hoch reliabel sein. Die Inter-Rater-Reliabilität ist niedriger und ROM-spezifisch (Riddle et al., 1987). Die Kenntnis der Messungenauigkeit der Methoden ist für klinische wie wissenschaftliche Anwendung relevant, die Differenz wiederholter goniometrischer Messungen beträgt unter Studienbedingungen (Andrews und Bohannon, 1989) bei gleichem Untersucher 1,9 – 4,0° ± 1,3 – 5,2° (Mittelwert ± Standardabweichung) und bei verschiedenen Untersuchern 6,2 – 6,7° ± 4,5 – 7,0° (Mittelwert ± Standardabweichung). 2.3 S pezifische Parameter bei Schulter-Arm-Hand-Syndrom 2.3.1 Stadien eines Schulter-Hand-Syndroms Schulter-Hand-Syndrom-Scores beschreiben das Ausmaß der vegetativen, sensorischen und motorischen Störungen. Charakteristika der Stadien eines Schulter-Hand-Syndroms nach Steinbrocker (Steinbrocker und Argyros, 1958) sind: – Phase 1: Schmerzhafte Einschränkung der Schulter dem Schmerzbeginn vorausgehend, begleitend oder folgend; diffuse Schwellung, ausgeprägte Empfindlichkeit und vasomotorische Störungen der Hand und Finger der gleichen Extremität; auftretende fleckige Demineralisation der Knochen von Hand und Schulter. Beidseitige Betroffenheit in 20 % und mehr. Dauer der Phase 3 – 6 Monate mit gelegentlich spontaner Rückbildung. Sofortige Behandlung erforderlich. – – Phase 2: Periode des Nachlassens von Schmerzen und Einschränkung der Schulter sowie der Schwellung von Hand und Fingern. Vasomotorische Störungen und Empfindlichkeit können bei einigen Patienten fortbestehen. Gewöhnlich erkennbare Atrophie der Haut und Muskulatur; manchmal treten bei fortschreitenden Fällen Verdickung der Palmar-Faszie, ähnlich einer Dupuytren’schen Kontraktur, Atrophien der Fingernägel und drohende Kontrakturen der Finger auf. – Phase 3: Periode trophischer Störungen mit Hautatrophie, muskulärer Schwäche und Atrophie sowie eingeschränkter Gelenkfunktion, fortschreitend zu irreversiblen Beuge-Fehlhaltungen der Finger und gelegentlich der Schulter. Vasomotorische Veränderungen und Empfindlichkeit fehlen im allgemeinen in dieser Phase. Gewöhnlich schlechte Prognose.

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Braus et al. (1994) entwickelten einen Schulter-Hand-Syndrom-Score (SHS-Score), in dem Schmerz und Hyperalgesie auf einer 6-teiligen Skala, ein distales Ödem, schmerzfreie passive Abduktion und Aussenrotation in der Schulter jeweils 4-stufig bewertet und zu einem Gesamtscore addiert werden. 2.3.2 Kriterien eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms Die International Association for the Study of Pain (IASP) erarbeitete in 1994 in einem Konsensus-Verfahren diagnostische Kriterien für ein „Complex regional pain syndrom“ (CRPS), Typ 1, die deskriptiv und übergreifend sein sollten, keine ätiopathologischen Implikationen beinhalten sollten und damit die klinische Kommunikation und größere Vergleichbarkeit von Studienpopulationen verbessern sollten (Stanton-Hicks et al., 1995; Harden et al., 2007).

Studien zur Validität dieser konsentierten Diagnose-Kriterien (Bruehl et al., 1999; Galer et al., 1996) zeigten eine ausreichende Sensivitität (96 – 100 %), aber eine nur geringe Spezifität (35 – 55 %). Quisel et al. (2005) verwiesen in ihrer Übersicht über diagnostische Kriterien eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms auf die verbesserten IASP-Kriterien nach Bruehl (1999) und die Kriterien nach Veldman (1993), wobei die Interrater-Reliabilität bei Letzteren am besten war und Bruehl’s Kriterien hinsichtlich der Spezifität (94 %) und positiven wie negativen prädiktiven Wertigkeit, auch aufgrund detaillierter neurologischer Symptome, am besten abschnitten. Aktuell wird versucht neue, empirisch validierte diagnostische Kriterien zu kodifizieren und zu empfehlen (Harden und Bruel,2006; Harden et al., 2007). 2.4 Bildgebende Diagnostik - Eine Röntgen-Nativdiagnostik der Schulter in zwei Ebenen kann vorbestehende Schädigungen im Bereich des Schultergelenkes belegen (z. B. Verkalkungen bei Periarthritis humeroscapularis; abgelaufene Humeruskopffraktur). - Mit einer Ultraschall-Untersuchung der Schulter lassen sich komplette und inkomplette Risse der Rotatorenmanschette mit mindestens vergleichbarer Effektivität wie mit einer MR-Tomographie diagnostizieren (Dinnes et al., 2003). - Mittels MR-Tomographie der Schulter mit T1- und T2-gewichteten Sequenzen lassen sich bei 35 % der Patienten mit schmerzhafter hemiparetischer Schulter nach Schlaganfall im subakuten Stadium ≥ 3 Monate Einrisse in der Rotatorenmanschette, Biceps oder Deltoideus

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nachweisen (Shah et al., 2008). In 53 % finden sich Tendopathien im Bereich der Rotatorenmanschette, Biceps oder Deltoideus. Die Prävalenz der Läsionen war alterskorreliert, die Studienpopulation wurde aber nicht mit einer Kontrollgruppe vergleichbarer Armlähmung ohne Schulterschmerzen verglichen. Trotz der hohen Prävalenz war damit der Zusammenhang mit Schulterschmerzen unklar. - Eine Technetium-3-Phasen-Knochenszintigraphie (Three-Phase Technetium Bone Scan, TPBS) kann die Differentialdiagnostik von Schulterschmerzen hinsichtlich eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS), insbesondere in dessen Frühphase, gegenüber heterotopen Ossifikationen (HO) oder anderen Ätiologien unterstützen. Dabei wird das Auftreten einer diffusen Anreicherung mit periartikulärer Betonung in der betroffenen Gliedmaße im „späten“ Knochen-Bild als charakteristisches Zeichen einer sympathischen Reflexdystrophie gewertet. Dieser Befund im TPBS fand sich in einer Stichprobe hospitalisierter Schlaganfall-Patienten in 25 % innerhalb 48 – 72 h nach Aufnahme (Greyson und Tepperman, 1984). Die 3-Phasen-Knochenszintigraphie zeigte in mehreren Studien (Weiss et al., 1993) eine signifikante diagnostische und prädiktorische Validität für die zukünftige Auftretens-Wahrscheinlichkeit oder das Vorhandensein eines sympathischen Reflexdystrophie-Syndroms (RSDS, CRPS) mit einer (Wang et al., 1998) Sensivität von 92 %, Spezifität von nur 56 %, mit 58 % positivem und 91 % negativem Vorhersagewert und einem Kappa von 0,43 (70 %, n = 30). Dabei zeigten andere Faktoren (Geschlecht, Alter, Seite, Ursache, motorischer Status) keinen Einfluss. - Bei schmerzhafter Schulter nach Schlaganfall lassen sich anhand einer Arthrographie mit einem wasserlöslichen positiven Kontrastmittel ein reduziertes Schultergelenkvolumen (< 5 ml) und irreguläre Kapselränder als Ausdruck einer adhäsiven Capsulitis erfassen (Lo et al., 2003; Rizk et al., 1984). Des Weiteren kann die Methode Hinweise auf eine Schultersubluxation und Verletzungen der Gelenkkapsel oder der Rotatorenmanschetten geben Inwieweit die bildgebende Diagnostik einen Beitrag zur Differentialtherapie der schmerzhaften Schulter nach Schlaganfall leisten kann, wurde bislang nicht systematisch untersucht. 3. Behandlung der schmerzhaften hemiparetischen Schulter 3.1 Präventionsprogramme Braus el al. (1994, Evidenzklasse 3b) untersuchten in einer neurologischen Rehabilitationsklinik bei Patienten mit hemiplegischer Schulter nach Schlaganfall (ohne Angaben zur zeitlichen Latenz) die Wirksamkeit eines Präventionsprogramms mit detaillierten Instruktionen aller Mitglieder des therapeutischen und diagnostischen Teams, der Patienten und der Angehörigen zur Vermeidung von Schädigungen vom Beginn der Klinikaufnahme an. Im Vergleich zu einer Patientengruppe vor Einführung der Intervention sank die Inzidenz für ein Schulter-Hand-Syndrom nach eigenem Score signifikant von 27 % auf 8 %. Kondo et al. (2001, Evidenzklasse 3b) untersuchten die Wirksamkeit eines Bewegungsprogramms, das passive Bewegungen des Patienten mit seinem plegischen Arm einschränkt, in einer entsprechenden Population mit allerdings unterschiedlichen Paresegraden im ersten Jahr nach Schlaganfall über einen Follow-up-Zeitraum von > 7 Monaten. Das präventive Bewegungsprogramm umfasste: – Förderung aktiver Bewegungen aller Gelenke

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– Schulter-Außen/-Innenrotation aktiv oder passiv (Therapeut) bei adduziertem Oberarm – Vermeidung passiver, möglicherweise traumatisierender Bewegungen von Schulter-, Metacarpophalangeal- und Interphalangealgelenken durch den Patienten in der therapiefreien Zeit – Therapeut: Fingerflexion mit Unterstützung des Handgelenks in Neutralstellung – Therapeut: Fingerextension mit Unterstützung des flektierten Handgelenks. Im Vergleich mit einer historischen Vergleichsgruppe sank die Inzidenz für ein Schulter-Hand-Syndrom nach eigenem Score von 32,4 % auf 18,5 %.

• Bewertung 3.1 Es besteht mittlere Qualität der Evidenz, dass der Einsatz eines spezifischen Präventionsprogramms für Therapeuten, Patienten und Angehörige mit Restriktion passiver Bewegungen und schmerzauslösender Therapiemanöver (auch von selbstverletzenden Handlungen) präventiv wirksam ist bezüglich des Auftretens eines Schulter-Hand-Syndroms (Braus et al., 1994; Kondo et al., 2001).

In der Zusammenfassung der Studienergebnisse handelt es sich im Wesentlichen um ein Trauma-vermeidendes Handling. Den beschriebenen Präventionsprogrammen gemeinsam ist: – Schmerzauslösende Manöver in Therapiesituationen vermeiden – Keine aktive/passive Abduktion oder Flexion im Schultergelenk über 90° Inwieweit die positiven Ergebnisse auf die spezifischen Elemente der präventiven Behandlungsprogramme zurückzuführen sind oder allein durch vermehrte Aufmerksamkeit wirksam werden, ist bei fehlenden Vergleichsstudien wissenschaftlich offen

• Empfehlung 3.1 Präventionsprogramme im Umgang mit der hemiparetischen Schulter für Therapeuten, Patienten und Angehörige sollen aufgrund hoher klinischer Relevanz Bestandteil der Standard-Therapie Neurologischer Rehabilitation nach Schlaganfall sein (mittlere Qualität der Evidenz, Empfehlungsgrad A).

Synopse 3.1: Präventionsprogramme 3.2 Dehnungslagerung der Schulter Bindegewebe zeigt unter Bedingungen der Immobilität bereits innerhalb einer Woche die Eigenschaft zunehmender Verkürzung bzw. Kontraktur. Hierfür werden plastische Veränderungen des Kollagen-Netzwerks verantwortlich gemacht, wobei aufgrund fehlender Dehnungen eine Neuvernetzung der Kollagenfasern (sog. cross-links) in höherer Dichte eintritt (Kottke und Ptak, 1966).

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Auch im Bereich der Schulter treten bei höhergradigen zentralen Armlähmungen nach einem Schlaganfall Kontrakturen von Muskeln, Sehnen und Gelenken auf, die die passive Motilität des Schultergelenks in Abduktion, Flexion und Außenrotation einschränken. Drei Monate nach Schlaganfall haben 56 % der Patienten weniger als 70° Außenrotation (Andrews und Bohannon, 1989) und 42 % weniger als 90° Elevation (Peszczynskiund Rardin, 1965). Schmerzfreie Dehnungslagerungen der Schulter sollen Kontrakturen verhindern oder minimieren, Schmerzen reduzieren und wenn möglich motorische Erholung unterstützen. Zur Wirksamkeit von Splinting und Casting der oberen Extremität wird auf die geplante DGNR-Leitlinie „Spastik“ verwiesen. Tierexperimentell genügen 15 – 30 min tägliche Dehnung bei gesunden aktiven Tier-Muskeln, um eine Kontraktur zu verhindern (Williams, 1988; Williams, 1990). Patienten im Pflegeheim mit einer Kniekontraktur zeigten eine Besserung der Knieextension unter 2 h täglich anhaltender Low-load-Dehnung (Light et al. 1984). Eine Untersuchung von Tardieu et al. an Kindern mit Infantiler Cerebralparalyse zeigte, dass durch eine Dehnung der spastischen Plantarflexoren über eine minimale Schwellenlänge ab einer Dauer von 6 h täglich (dieselbe Zeit wie bei nicht behinderten Kindern) eine muskuläre Kontraktur verhindert werden kann (Tardieu et al., 1988). Andererseits fand sich eine progessive Kontraktur, wenn die Dehnungszeit maximal zwei Stunden betrug. Lagerungstechniken gehören zur Basistherapie der Neurologischen Rehabilitation. In den Monographien zur Rehabilitation und Physiotherapie zentraler Paresen nach Schlaganfall werden folgende Ziele und Empfehlungen beschrieben: – Primärziel der Schlaganfall-Frühbehandlung ist zu verhindern, dass Hypertonus (Johnstone, 1978) und ineffiziente Muster auftreten (Bobath, 1990). – Vorsichtige und korrekte Lagerung der Schulter kann das Auftreten von Schulterschmerzen verhindern (Davies, 2000). – Die empfohlene Lagerung für das Schultergelenk ist Abduktion, Außenrotation und Flexion der Schulter (Bender und McKenna, 2001). – Kein Konsensus besteht bezüglich der exakten Positionierung (Winkel) der Lagerung (Carr und Kenney, 1992). Systematisch wurden Dehnungslagerungen der Schulter bei Schlaganfall-Patienten zum Zeitpunkt der Rehabilitation im subakuten Stadium untersucht: Dean et al. (2000, Evidenzklasse 2b) untersuchten in einem Pilot-RCT (23 Pat.) bei Patienten mit hochgradiger Armlähmung (5. Woche, Motor Assessment Scale Mean 0 – 1) ein 6-wöchiges Lagerungsprogramm mit 3 Dehnungs-Lagerungen der Schulter an 5 Tagen der Woche für je 20 min (90°-Flexion des gestreckten Arms im Sitzen, 2 Lagerungen in Rückenlage mit max. tolerabler Außenrotation in 90° Abduktion respektive in maximaler Abduktion) über einen Zeitraum von 6 Wochen. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zu einer Kontrollgruppe bezüglich Ruheschmerz, Schmerz beim Anziehen, aktivem und passivem ROM für Schulter-Außenrotation bei niedriger statistischer Power mit einem Trend zu besserer Gelenkmotilität in der Interventionsgruppe: Die Abnahme für Schulter-Außenrotation betrug 11° für die Experimental- und 14° für die Kontrollgruppe; die Schulterflexion nahm in der Experimental- um 18°, in der Kontrollgruppe um 7° zu. Ada et al. (2005, Evidenzklasse 2b) untersuchten anhand eines RCT mit verblindeter Auswertung an 36 Pat. mit hochgradiger Armlähmung (2. Woche) die Wirksamkeit eines 4-wöchigen Lagerungsprogramms mit 2 Lagerungen an 5 Tagen der Woche für je 30 min (max. schmerzfreie Schulter-Außenrotation bei 45° Armabduktion in Rückenlage; Schulter- und Ellbogenflexion 90° im Sitzen am Tisch) in Kombination mit Verwendung von Schlingen in beiden Gruppen. Es fand sich in der Interventionsgruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe signifikant weniger Verlust des pROM für Außenrotation (− 6° vs. − 18°;

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entspricht Prävention von 12°; 95 % CI 0° – 24°, p = 0.05), nicht jedoch des pROM Schulterflexion mit einem Trend zu ungunsten der Interventionsgruppe (− 12° vs. − 9°). Effekte der Intervention bezüglich Schmerz oder funktioneller Erholung wurden nicht gesehen. Turton und Britton (2005, Evidenzklasse 2b) untersuchten (im 1. Monat, funktionsloser Arm) ebenfalls den Effekt von Dehnungslagerungen von 30 min für bis zu 12 Wochen je 2 x für die Hand-Fingergelenke und für das Schultergelenk (90° Abduktion in Außenrotation bei extendiertem Ellbogen, Unterarm in Supination). In der Interventions- und Kontrollgruppe hatte der pROM für Schulter-Außenrotation signifikant nach 8 Wochen um ca. 30° abgenommen ohne signifikante Gruppendifferenzen bei allerdings schlechter Compliance für die Intervention (Schulter: 56 %, 31,2 von 56 verordneten Lagerungen). Gustafsson und McKenna (2006, Evidenzklasse 2b) untersuchten ebenfalls bei Patienten mit plegischem Arm (2. – 3. Woche, Motor Assessment Scale, Median = 0) statische Dehnungslagerungen von 2 x 20 min werktäglich für die betroffene Schulter über 7 Wochen mit je 90° Schulterabduktion in Rückenlage (max. Außentrotation) und im Sitzen (Unterarm Neutralposition), begleitet von Lagerungen in Armmulde im Sitzen, im Vergleich zu gewöhnlichen Lagerungen mit Kissenmaterial. Es fand sich bei Verlust von pROM für Außenrotation in der Interventions- (− 8,5°) wie Kontrollgruppe (− 11°) keine signifikante Gruppendifferenz. Abduktion und Flexion wurden nicht untersucht. Der untersuchte Einfluss auf Veränderung von Bewegungsschmerzen (Abnahme − 7,7 Kontrollgruppe, Zunahme +13,8 Interventionsgruppe) war nicht signifikant Gruppendifferent. Des Weiteren fanden sich keine Gruppendifferenzen für die Änderung von Ruheschmerzen sowie die Verbesserungen motorischer und Selbsthilfe-Fähigkeiten. De Jong et al. (2006, Evidenzklasse 2b) untersuchten in einem einfach-blinden Pilot-RCT 2 x 30 min schmerzfreie Positionierungen in Rückenlage in maximaler Schulter-Abduktion und Außenrotation (bei extendiertem Ellbogen, Unterarm in Supination) an 5 Tagen/Woche über insgesamt 5 Wochen (gesamt: 25 h) bei Patienten mit schlechter Armfunktion (17 Patienten, Latenz < 12 Wochen; Brunnstrom-Stadien < 4). Bezüglich der untersuchten primären Zielparameter passives Bewegungsausmaß für Schulter-Außenrotation, -Flexion, Abduktion konnte nur für die Abduktion ein signifikanter Effekt im Sinne geringerer Kontrakturzunahme (− 5,3° vs − 23°) gefunden werden. Keine signifikanten pROM-Änderungen bei einem Trend zugunsten der Interventionsgruppe fanden sich für die Außenrotation (INT + 0,6° vs. CON − 4°) und für die Flexion (INT − 23° vs. CON − 29°). Die motorischen Leistungen (Fugl- Meyer Arm, FMA) waren in der Interventionsgruppe nach vier Wochen signifikant besser; kein Vorteil wurde hinsichtlich Schmerz zu Bewegungsende und spastischer Tonuserhöhung gefunden. Eine Empfehlung zur beschriebenen Intervention kann bei kleinem Stichprobenumfang und damit erheblich eingeschränkter Aussagefähigkeit der Studie bei Baseline-Gruppendifferenzen bezüglich der motorischen Leistungen (FMA 16 vs. 8,5 Pkt.) nicht gegeben werden.

• Bewertung 3.2 Regelmäßig tritt bei Patienen mit schwerer, proximaler Armlähmung im Verlauf eine Abnahme der passiven Mobilität der Schulter in Abduktion, Außenrotation und Flexion auf. Lagerungen, die Traumata und Lymphödem vermeiden, gehören zur Basistherapie der Neurorehabilitation. Aus diesem Grund sind methodisch nur Studien zu spezifischen Lagerungsprogrammen vs. Standardtherapie möglich. Zwei randomisierte kontrollierte Studien (Evidenzklasse 2b) zu spezifischen Lagerungsprogrammen haben einen Vorteil hinsichtlich geringeren Verlustes der passiven Schultergelenk-Motilität für Außenrotation (Ada et al., 2005) oder Abduktion zeigen können (de Jong et al., 2006), nicht aber für jeweils andere

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Bewegungsrichtungen wie Flexion (Ada et al., 2005; de Jong et al., 2006) oder Außenrotation (de Jong et al., 2006). Weitere RCTs niedriger Validität (Evidenzklasse 2b) mit geringeren Dehnungszeiten und Compliance-Raten zeigten keinen Vorteil für spezifische Lagerungsprogramme und Bewegungsrichtungen (Dean et al., 2000; Gustafsson und McKenna, 2006; Turton und Britton, 2005). Vorteile bezüglich des Auftretens von Schulterschmerzen konnten, soweit in den Studien berücksichtigt, nicht gefunden werden (Ada et al., 2005; Dean et al., 2000; de Jong et al., 2006; Gustafsson und McKenna, 2006). Evidenz für funktionelle Verbesserung fand sich in einer Studie (de Jong et al., 2006; allerdings mit einem Baseline Bias), keine Evidenz in zwei (Ada et al., 2005; Gustafsson und McKenna, 2006) der diesen Parameter untersuchenden Studien. Dehnungszeiten von mind. 30 Minuten sind erforderlich, um Kontrakturentwicklung zumindest zu verzögern (Ada et al., 2005; de Jong et al. 2006). Die Compliance der Patienten gegenüber Wochen anhaltenden Dehnungslagerungen ist in einigen Untersuchungen selbst unter Studienbedingungen deutlich gemindert (de Jong et al., 2006; Turton und Britton, 2005). Dies schränkt deren Anwendbarkeit ein. Zusammenfassend besteht damit nur wenig Evidenz für den Einsatz spezifischer Dehnungslagerungen zusätzlich zur Standardtherapie.

• Empfehlung 3.2

Lagerungen der Extremitäten gehören zur Basistherapie der Neurorehabilitation und sollten daher durchgeführt werden (geringe Qualität, Empfehlungsgrad B). Schmerzfreie Dehnungslagerungen der Schulter werktäglich von je mind. 30 min in 45° Abduktion und maximal tolerabler Außenrotation am Ende des pROM mit flektiertem supiniertem Arm (nach Ada et al., 2005) sollten zur Verlangsamung einer Kontrakturentwicklung der Außenrotation bei Patienten im subakuten Stadium nach hemiparetischem Hirninfarkt und hochgradiger proximaler Armparese durchgeführt werden (mittlere Qualität, Empfehlungsgrad B). Andere Dehnungslagerungen, wie z. B. in maximaler Abduktion und Außenrotation (nach de Jong et al., 2006) können nicht empfohlen werden (geringe Qualität, Empfehlungsgrad 0).

Synopse 3.2: Dehnungslagerung der Schulter. AR = Außenrotation, ABD = Abduktion, FLX = Flexion, UA = Unterarm

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3.3 Schlingen und supportive Hilfsmittel Unterstützende Maßnahmen: Ausgehend von der Ätiologie des Schulter-Schmerzes durch Dehnung von Gelenkkapsel und Rotatorenmanschette soll der Einsatz „unterstützender Maßnahmen“ eine Gewichtsabnahme zum Schutz der gelähmten oberen Extremität bewirken. Hierzu kommen verschiedene Hilfsmittel zum Einsatz: – Lagerung auf dem Rollstuhltisch – Armmulde – verschiedene Schulterorthesen – Tape-Verbände (s. Kap. 2.4) Als Therapieziele lassen sich Prävention und Minderung von Schmerzen, des Auftretens von Kontrakturen, einer Schultersubluxation sowie von Traumata der Rotatoren-Manschette oder des Armplexus definieren, wobei die ersten beiden eine hohe klinische Relevanz bezüglich eines möglichen erworbenen Nicht-Gebrauchs besitzen. Schulter-Schlingen und andere supportive Hilfsmittel werden in der Frühphase nach einem Schlaganfall eingesetzt, um einen schwer paretischen Arm gegen eine Subluxation zu unterstützen. Ihr Nutzen ist jedoch umstritten, da Nachteile wie Förderung von Flexor-Synergien, Einschränkung des Armpendel und der Gelenk-Motilität (Fixierung in Innenrotation und Adduktion), das Auftreten eines Impingement bzw. eine Kontrakturförderung („frozen shoulder“) sowie Störungen des Körperschemas mit Nicht-Gebrauch des betroffenen Arms befürchtet werden. Hurd et al. (1974) untersuchten bei Patienten mit einer Armplegie die Frage der Prävention einer Schulterluxation, von Schulterschmerzen oder einer Einschränkung des pROM der Schulter über einen Zeitraum von 14 Tagen im Follow-up von 3 – 7 Monaten. Es fand sich keine erkennbare Gruppendifferenz mit und ohne Schulterschlinge hinsichtlich der Zielparameter und auch keine erhöhte Inzidenz von peripheren Nervenschädigungen bei Patienten ohne Schulterschlinge. Ein Cochrane-Review (Ada et al., 2005) widmete sich der Frage der Wirksamkeit unterstützender Hilfsmittel (einschließlich Tapeverbänden, s. Kap. 3.4). Die oben genannte Studie von Hurd et al. (1974) wurde als einzige kontrollierte klinische Studie (CCT) mit Parallelgruppendesign und alternierender Gruppenzuordnung zu dieser Fragestellung gefunden, woraus sich keine Evidenz ableiten ließ. Aus diesem Grund wurden zusätzlich radiologische Beobachtungsstudien (Brooke et al., 1991; Bucholz-Moodie et al., 1986; Williams et al., 1988; Zorowitz et al., 1995) in die Analyse einbezogen. In 2 Studien (Williams et al., 1988; Zorowitz et al., 1995) waren die Radiologen gegenüber der Intervention verblindet, während in den beiden anderen (Brooke et al., 1991; Bucholz-Moodie et al., 1986) die Radiologen mit den Hilfsmitteln nicht vertraut waren. In diesen Studien zeigten der Rollstuhltisch, die Armmulde, die triangulare Schlinge und die Harris-Schlinge den stärksten, radiologisch nachweisbaren Subluxationsausgleich. Die genannten Studien werden auch in einer Übersicht von Turner-Stokes und Jackson (2002) zitiert.

• Bewertung 3.3 Es besteht keine Evidenz der Wirksamkeit von Schulter- Schlingen und anderen supportiven Hilfsmitteln hinsichtlich des Ausgleichs einer Schultersubluxation, die auf randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gestützt werden könnte, daher ist der Kliniker auf andere Formen der Evidenz angewiesen Es existiert geringe Qualität der Evidenz anhand von radiologischen Beobachtungsstudien, dass der Rollstuhltisch, die Armmulde, die triangulare Schlinge und die Harris-Schlinge einen vertikalen Subluxationsausgleich während ihrer Anwendung erzielen (Ada et al., 2005).

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Ob stützende Hilfsmittel wie Hemi-Schlingen bei Armparese in der Prävention einer Schulter-Subluxation, von Schulterschmerzen oder von Plexus-/Nervenschädigungen wirksam sind, ist offen. Die Studie von Hurd et al. (1974, Evidenzklasse 2b) ist methodisch zu schwach, um hierzu eine Aussage zu treffen. Umgekehrt besteht keine klinische Evidenz gegen den generellen Einsatz von Hemi-Schlingen bei Armplegie nach Schlaganfall.

• Empfehlung 3.3

Aufgrund fehlender randomisierter Studien besteht keine hochrangige Evidenz für oder gegen den generellen Einsatz von Schulterschlingen zur Unterstützung des (schlaffen) paretischen Arms in der Frühphase nach Schlaganfall (geringe Qualität der Evidenz). Bei schwacher Qualität der Evidenz für Aufhebung einer Schulter-Subluxation, aber hoher klinischer Relevanz (Vermeidung einer Traumatisierung bei geringem Nebenwirkungsrisiko und Kosten) sollte der Einsatz von supportiven Hilfsmitteln vom klinischen Fall abhängig gemacht werden: – Bei Patienten, mit höhergradiger Armlähmung, die in den Rollstuhl immobilisiert sind, sollten Unterstützungen mit (Hemi-)Rollstuhltisch oder Armmulde zur Vermeidung einer Traumatisierung des gelähmten Arms beim Sitzen eingesetzt werden (Empfehlungsgrad B). – Bei der Gang-Mobilisation ist der Einsatz einer triangularen Schlinge oder Harris-Schlinge zur Unterstützung des plegischen Arms (Subluxationsausgleich) zu empfehlen (Empfehlungsgrad B). Dabei sollte zur Vermeidung oder Verzögerung einer Kontrakturentwicklung im Schultergelenk die Zeit, die der Arm in Innenrotation immobilisiert wird, begrenzt werden (Expertenmeinung, geringe Qualität der Evidenz, Empfehlungsgrad B). Zum Einsatz von Tape-Verbände s. Kap. 3.4. Der Einsatz supportiver Hilfsmittel ist bei wiederkehrender motorischer Funktion sowie Nachlassen der Schulter-Gelenk-Motilität bzw. -Subluxation im Zeitverlauf wiederholt kritisch zu prüfen (Empfehlungsgrad B).

Synopse 3.3: Schlingen und supportive Hilfsmittel. AR = Außenrotation, IR = Innenrotation, ABD = Abduktion, FLX = Flexion

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3.4 Tape-Verbände Tape-Verbände im Bereich des Schultergelenks bei Patienten mit Armparese nach Schlaganfall werden eingesetzt, um in der frühen Phase der Behandlung das Auftreten von Schulterschmerzen zu verhindern oder bestehende Schulterschmerzen zu reduzieren. Als Wirkungsmechanismus werden ein verbessertes gleno-humerales Alignement bzw. eine Reduktion einer bestehenden Schultersubluxation sowie eine sensorische Stimulation postuliert. Tape-Methodik: Methodisch sind die eingesetzten funktionellen Tape-Verbandstechniken nicht einheitlich; es können Methoden mit Zügen durch die Axilla (Ancliffe, 1992; Griffin und Bernhardt, 2006) und solche ohne Züge durch die Axilla (Hanger et al., 2000; Herrmann et al., 2000) unterschieden werden. Sie werden nach Anlage ununterbrochen für bis zu 7 Tage, meist 4 – 5 Tage, getragen und können nach einer Pause von 1 – 2 Tagen erneut angelegt werden. Subluxation: Tapeverbände in einer Methodik ohne axillären Support schneiden im Vergleich zur Anwendung einer Hemischlinge über einen Zeitraum von 5 Tagen bei Patienten mit Hemiplegie in Bezug auf die Korrektur einer klinisch manifesten, standardisiert radiologisch gemessenen Subluxation (11,7 mm) nicht signifikant schlechter ab (Morin und Bravo, 1997; Evidenzklasse 3b). Beide Interventionen allein erzielten nach 5 Tagen eine nicht signifikant differente Reduktion der vorbestehenden Subluxation um 36 % (Tape, 7,5 mm Subluxation) bzw. 42 % (Hemischlinge, 6,9 mm Subluxation). Durch Kombination von Tape-Verband mit Hemischlinge kann eine Subluxation vollständig ausgeglichen werden, der Ausgleich lässt innerhalb von 5 Tagen signifikant, jedoch nicht klinisch relevant, nach (2 mm Subluxation, Reduktion der vorbestehenden Subluxation um 83 %). Bei Hirninfarkt-Patienten mit einer Armplegie innerhalb von 48 h nach Ereignis erreicht die Anwendung einer Tape-Verbandstechnik mit axillärer Unterstützung und einem Wechselintervall alle 3 – 4 Tage eine signifikante Erhöhung der Anzahl schmerzfreier Tage im Vergleich zu einer Kontroll-Gruppe ohne Unterstützung (Ancliffe, 1992; Evidenzklasse 3b, Intervention 21 Tage vs. Kontrolle 5,5 Tage). Trotzdem entwickeln auch „getapte“ Patienten im Verlauf nach spätestens 25 Tagen Schulterschmerzen. Studienbedingt kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil des Effekts der Tape-Verbände neben der biomechanischen Entlastung des Schultergelenkes von vermehrter Aufmerksamkeit des therapeutischen Teams im Umgang mit der paretischen Schulter resultiert. 2 randomisierte kontrollierte Studien untersuchten den Einsatz von Tape-Verbänden hinsichtlich der Prävalenz von Schulterschmerzen in Ergänzung zu einer Schulterprotektion bei Mobilisation mittels einer Schulter-Arm-Schlinge (Collar and Cuff-Type): Hanger et al. (2000, Evidenzklasse 1b) untersuchte einen den Oberarm adduzierenden Tape-Verband mit Zügen über das Schulterdach bei Patienten mit hoch-mäßiggradiger Armparese (Armabduktion 90° für weniger als 2 sec möglich) innerhalb der ersten 4 Wochen nach Schlaganfall. Nach Abschluss der Intervention über einen Zeitraum von 6 Wochen bei einem Wechselintervall von 2 – 3 Tagen lag die Schmerzstärke nicht signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (VAS 0 vs. 1,6 Pkt.), ebenso im Follow-up nach 14 Wochen (VAS 0 vs. 2 Pkt). Auch bestanden keine signifikanten Gruppenunterschiede (Ada et al., 2005) hinsichtlich des schmerzfreien passiven Bewegungsausmaßes für Schulteraußenrotation (Abnahme 15 – 20° pROM; WMD –1,40; 95 % CI: – 10,90, 8,10) und motorische Funktion (MAS 4,59 vs. 3,76 Pkt, WMD 0,81; 95 % CI: – 1,46, 3,12). Der fehlende Gruppenunterschied ist möglicherweise durch die Verwendung der Schulter-Arm-Schlinge in beiden Gruppen bedingt. Griffin und Bernhardt (2006, Evidenzklasse 1b) untersuchten eine Tape-Methodik vergleichbar der von Ancliffe (Ancliffe 1992) mit einem Wechselintervall von 3 – 4 Tagen an Patienten mit höhergradiger Armparese (MAS obere Extremität < 3 Pkt.) nach Schlaganfall

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innerhalb der ersten 3 Wochen bezüglich des Auftretens von Schmerzen. Verglichen wurden 3 Studienarme bestehend aus einer Interventions-Gruppe, einer Placebo-Gruppe mit einem Sham-Tape sowie einer untherapierten Kontrollgruppe. Nach Abschluss der Intervention über einen Zeitraum von 4 Wochen bestanden siginifikante Gruppenunterschiede: Nur 1/10 der Patienten der Tape-Gruppe gegenüber 5/10 der Placebo-Gruppe und 5/12 der Kontrollgruppe entwickelten Schulterschmerzen (Ritchie Articular Index); die Anzahl schmerzfreier Tage betrug 26 vs. 19 und 16 Tage. In einem Cochrane Review (Ada et al., 2005) wurden die 3 oben genannten Studien (davon 2 RCT, 1 kontrollierte nicht randomisierte Studie, CCT) eingeschlossen. Dabei fand sich – ein signifikanter Vorteil für Tapeverbände (Ancliffe 1992, Griffin und Berhardt, 2006; Evidenzklasse 1b) hinsichtlich der Anzahl schmerzfreier Tage (WMA 13,76 [95 % CI: 9,86, 17,83]), – kein Unterschied (Hanger et al., 2000; Evidenzklasse 1b) hinsichtlich Reduktion der Schmerzintensität (WMA – 0,66 (95 % CI: – 2,02, 0,79). Herrmann et al. (2000, Evidenzklasse 2b) untersuchten den Einsatz von Tape-Verbänden bei bereits bestehendem Schulterschmerz bei gehfähigen Patienten bis 12 Monate nach Schlaganfall mit einer Armparese (KG ≤ 4 MRC für Armelevation) und bestehender Subluxation im Schultergelenk. Die Tape-Methodik wurde mit Zügen über das Schulterdach unter Aussparung der Axilla ausgeführt. Unter Intervention fand sich eine signifikante Schmerzreduktion am Tage bereits nach 24 Stunden, die über den Interventionszeitraum von 4 Tagen anhielt. Eine Schmerzreduktion auch in der Nacht und eine Verbesserung des schmerzfreien passiven Bewegungsausmaßes für die Schulteraußenrotation wurden beschrieben. Nach Tape-Abnahme kam es bei der Mehrzahl der Patienten wieder zu einer Schmerzzunahme. Leichtgradige Nebenwirkungen von Tape-Verbänden sind häufig mit 20 % Juckreiz und 6 – 50 % reversiblen Hautrötungen beschrieben (Ancliffe, 1992; Hanger et al., 2000; Herrmann et al., 2000).

• Bewertung 3.4 Der Vorteil „funktioneller“ Tape-Verbände gegenüber Schlingen liegt in der unmittelbaren Anwendbarkeit und des erhaltenen funktionellen Bewegungsausmaßes der Schulter. Nebenwirkungen von Tape-Verbänden mit lokalen Hautreaktionen auf das Klebemittel sind häufig, aber leichtgradig. Unterschiedliche Tape-Methoden erschweren eine Vergleichbarkeit der durchgeführten Studien. Tape-Verbände vom proximalen Unterarm über den streckseitigen Ellbogen und den Deltoideus zur Schulterhöhe (Morin und Bravo, 1997; Evidenzklasse 3b, Qualität niedrig) können objektivierbar zu einer Reduktion einer Schultersubluxation, vergleichbar der einer Versorgung mit einer Hemi-Schlinge führen; in Kombination mit einer Hemi-Schlinge lässt sich der Ausgleich vervollständigen. Diese Evidenz ist für andere Tape-Methoden nicht belegt. Spezifische Tape-Verbände mit axillärer Unterstützung der Schulter können beim hochgradig hemiparetischen Arm das Auftreten von Schulterschmerzen verzögern (Ada et al., 2005; Ancliffe, 1992; Griffin und Bernhardt, 2006; mittlere Qualität), aber Tape-Verbände einer differenten Methodik mit Adduktion und Elevation des Humerus besitzen keinen Einfluss auf die Schmerzstärke (Ada et al., 2005; Hanger et al., 2000; hohe Qualität). Die Ergebnisse der beiden größeren randomisierten Untersuchungen (Hanger et al. 2000; Griffin und Bernhardt, 2006) werden allerdings durch den generellen Einsatz von Schulter-Arm-Schlingen konfundiert.

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Eine kleinere, nicht randomisierte Studie zeigte eine momentane Wirksamkeit von Tapeverbänden über das Schulterdach bei bereits bestehenden Schulterschmerzen (Herrmann et al., 2000; Evidenzklasse 2b; geringe Qualität). Es fehlt Evidenz, dass Tape-Verbände gegenüber bestimmten Schulter-Schlingen einen Vorteil bezüglich der Einschränkung des schmerzfreien passiven Bewegungsausmaßes der Schulter besitzen. Es besteht dagegen Evidenz, dass ihr Einsatz ergänzend zu Schulterschlingen zu keiner zusätzlichen Verschlechterung der Schultermotilität führt (Ada et al., 2005; Hanger et al.,2000; mittlere Qualität, Abwertung: nicht primärer Studienzielparameter). Es besteht keine Evidenz für eine funktionelle Verbesserung durch den Einsatz von Tape-Verbänden (Ada et al., 2005; Hangeret al., 2000, mittlere Qualität, Abwertung: nicht primärer Studienzielparameter).

• Empfehlung 3.4

Tapeverbände der Schulter sollten eingesetzt werden, um bei Patienten mit einer hochgradigen zentralen Armparese (MRC < 3 Flexion, Abduktion) im subakuten Stadium nach Schlaganfall das Auftreten von Schulterschmerzen zu verzögern bzw. bei bestehenden Schulterschmerzen zu reduzieren (Empfehlungstärke B). Eine spezifische Empfehlung lässt sich aus der Studienlage nicht ableiten.

Synopse 3.4: Tape-Verbände 3.5 Mobilisierende Therapie Passive Gelenkmobilisationen sind essentieller Bestandteil der Standard-Therapie rehabilitativer Maßnahmen bei hochgradig paretischen Gliedmaßen mit dem Ziel, das vorhandene respektive volle passive Bewegungsausmaß zu erhalten. Der Erhalt eines freien funktionellen Bewegungsausmaßes der Schulter bei Hemiparese mit 100° Flexion, 90° Abduktion, 30° Außenrotation und 70° Innenrotation wird als realistisches Ziel angestrebt (Turner-Stokes und Jackson, 2002). In einem Review über den Einfluss physikalischer Therapie auf das funktionelle Ergebnis nach Schlaganfall konnten Van Peppen et al. (2004) anhand von 2 RCTs (Inaba und Pirokowski, 1972; Partridge CJ et al., 1990) und 2 kontrollierten klinischen Studien CCTs (Kumar et al., 1990; Poduri, 1993) keinen Einfluss mobilisierender Übungen,

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Ultraschalltherapie und Kälteanwendungen auf den Schulterschmerz und das aktive Bewegungsausmaß feststellen. Kumar et al. (1990, Evidenzklasse 2b) untersuchten in einer quasi-randomisierten klinischen Studie an 28 stationären Patienten ein Rehabilitationsprogamm über fünf Wochen mit 1 x täglich Therapeuten-geführten Range-of-motion-Übungen (ROMT, 140 – 150° Abduktion in Außenrotation, 140° Flexion, volle Außen-/Innenrotation) vs. „skate board“-Übungen (90° Abduktion, 90° Flexion, 45° Adduktion) vs. Anwendung von Überkopf-Pulleys mit Seilzügen mit Abduktion von 45° zu 130 – 150°. Es fanden sich signifikante Gruppen-Unterschiede hinsichtlich der Inzidenz von Schulterschmerzen mit 63 % in der Pulley-Gruppe vs. 8 % in der ROMT-Gruppe. Der passive Schulter-ROM fand sich bei Patienten, die Schulterschmerzen entwickelten, signifikant gegenüber Patienten ohne Schulterschmerzen reduziert. Eine Subluxation der Schulter fand sich bei 46 % aller Patienten ohne Gruppendifferenz. Lynch et al. (2005, Evidenzklasse 2b) untersuchten die Wirksamkeit von kontinuierlicher passiver Bewegung (CPM, Elevation und Außenrotation) unter Verwendung eines kommerziellen Systems (OrthoLogic Danniflex 600) im Vergleich zu ergotherapeutisch supervidierten Schulter-ROM Eigenübungen nach der „gefaltete Hand-Technik“ in der Gruppe unter ergotherapeutischer Supervision über jeweils 25 min an 5 Tagen/Woche für 20 Tage an Patienten mit deutlicher motorischer Beeinträchtigung der oberen Extremität. Beide Gruppen erhielten als Standard jeweils 3,5 h Therapie täglich. Es fand sich ein Trend zu mehr Schulterstabilität (Score der Translationsbewegungen) in der Interventionsgruppe, der Gruppenunterschied war jedoch nicht signifikant, auch nicht der weiterer Zielparameter (Motorik Schulter/Ellbogen, Muskeltonus, Schmerz, ADL-Fähigkeiten). Die Wirkung mobilisierender Therapie auf ein Handödem wird in Kap. 4.4 behandelt.

• Bewertung 3.5 Aus ethischen Gründen können zur Frage der Wirksamkeit passiv mobilisierender Therapien keine Placebo-kontrollierten Studien durchgeführt werden, sondern nur Studien, die die Effizienz differenter Methoden vergleichen. Es besteht einige Evidenz, dass eine passive gerätegestützte Mobilisations-Therapie keine Überlegenheit gegenüber Therapeuten-gestützter Mobilisierung bietet (Lynch et al., 2005, Evidenzklasse 2b, mittlere Qualität). Des Weiteren besteht einige Evidenz, dass die Anwendung von Überkopf-Pulleys mit einer Seilzugeinrichtung zur Schulter-Mobilisation zu einer deutlich höheren Inzidenz von Schulterschmerzen führt (Kumar et al., 1990; Evidenzklasse 2b, mittlere Qualität). Zur Effektivität differenter Physiotherapieverfahren (z. B. Arm-Basis-Training, u. a.) auf das motorische Outcome der oberen Extremität sei an dieser Stelle auf die entsprechende DGNR-Leitlinie zur motorischen Rehabilitation (Platz, 2008) verwiesen

• Empfehlung 3.5

Überkopf-Pulleys mit Seilzügen sollen nicht zur Schultermobilisation eingesetzt werden (Empfehlungsgrad A; hohe klinische Relevanz). Bei fehlendem signifikanten Unterschied zwischen supervidierter Durchführung von Eigenübungen (in der Gruppe) und passiver geräte-gestützter Mobilisationstherapie (CPM) kann deren Einsatz von den Ressourcen der Einrichtung abhängig gemacht werden (Empfehlungsgrad 0).

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Synopse 3.5: Mobilisierende Therapie 3.6 Physikalische Therapien 3.6.1 Ultraschall-Therapie Ultraschall-Therapie wird bei arthritischen oder degenerativen Erkrankungen des Schultergelenks in Bezug auf schmerzhafte Einschränkungen des passiven Bewegungsausmaßes eingesetzt. Als physiologische Effekte werden Anregung des Blutflusses, erhöhte Kapillarpermeabilität und Gewebestoffwechsel, Verstärkung der Gewebe-Dehnbarkeit, Anhebung der Schmerzschwelle und muskelrelaxierende Effekte durch Alteration der neuromuskulären Aktivität genannt (Downing und Weinstein, 1986). In einem Cochrane-Review (Green et al., 2003) zur Physiotherapie von Schulterschmerz bei gemischten Diagnosen fand sich keine Evidenz für einen Effekt bezogen auf Schmerz, adhäsive Capsulitis oder Rotatoren-Manschetten-Tendinitis. Im Vergleich zur Übungsbehandlung hatte Ultraschall-Behandlung keinen zusätzlichen Effekt darüber hinaus und keinen stärkeren Effekt als Übungsbehandlung alleine. Inaba und Piorkowski (1972, Evidenzklasse 2b) fanden in einem RCT bei 32 Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall (3 – 7 Monate) mit Schulterschmerz in den ersten 90° Abduktion oder Flexion keine Unterschiede bezogen auf das passive Bewegungsausmaß der Schulter zwischen drei Gruppen, die über vier Wochen neben einem Moblilisierungprogramm bestehend aus „range-of-motion“-Übungen und einem Lagerungsprotokoll über 24 Stunden zusätzlich entweder keine Ultraschall-Behandlung, eine Verum-Ultraschall-Behandlung oder eine Schein-Ultraschall-Behandlung erhielten. Bei breiten Konfidenzintervallen sind die Gruppengrößen zu klein gewählt und „over-head-pulleys“ in der Standard-Therapie sind ein möglicher starker negativer Confounder der Studienergebnisse aller Gruppen. Der Zielparameter Schmerzstärke wurde nicht untersucht. 3.6.2 Kälteanwendungen Partridge et al. (1990, Evidenzklasse 2b) verglichen in einem RCT täglich lokale Kryotherapie bis 10 min mit Bobath-Behandlung über 4 Wochen an 5 Tagen/Wochen bei 65 Patienten mit hemiplegischem Schulterschmerz im chronischen Stadium nach Schlaganfall. Beide Gruppen erhielten eine Disabilityorientierte Physiotherapie und die gleiche Information zum Umgang/Lagerung der Schulter. Die Zahl der erhaltenen Therapieeinheiten/-minuten wurde nicht systematisch verglichen. Nach Therapieende berichtete eine signifikant größere Anzahl der Bobath-behandelten Patienten keinen oder nur gelegentlichen Schmerz; keine signifikanten Gruppenunterschiede fanden sich für Ruheschmerz, Bewegungsschmerz und „berichtete affektive Schmerzbeteiligung“. Änderungen über den Therapiezeitraum waren für die Gesamtgruppe für alle Parameter signifikant.

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3.6.3 Lymphdrainage Die Behandlung eines Handödems bei paretischem Arm wird im Zusammenhang des Schulter-Hand-Syndroms aufgeführt (Kap. 4).

• Bewertung 3.6 Es besteht Placebo-kontrolliert mäßige Qualität der Evidenz, dass Ultraschall-Behandlung keinen Vorteil bezüglich Verbesserung des passiven Bewegungsausmaßes der Schulter erzielt (Inaba und Piorkowski, 1972; Evidenzklasse 2b). Es besteht keine Evidenz für den Einsatz von Ultraschall-Behandlung in Bezug auf Schmerzreduktion, die sich auf randomisierte Studien gründen lässt. Es besteht mittlere Qualität der Evidenz, dass Kryotherapie aktiver mobilisierender Therapie, z. B. Bobath-Behandlung hinsichtlich der Häufigkeit von Schulterschmerzen unterlegen ist (Partridge et al., Evidenzklasse 2b).

• Empfehlung 3.6

Eine Empfehlung für oder gegen Einsatz von Ultraschall bei schmerzhafter Schulter im subakuten Stadium nach Schlaganfall kann nicht gegeben werden (Empfehlungsgrad 0). Kryotherapie als Physikalische Therapie kann nicht als Ersatz für mobilisierende Therapien in der Behandlung der schmerzhaften Schulter im chronischen Stadium nach Schlaganfall empfohlen werden (Empfehlungsgrad B).

3.7 Elektrotherapie (NMES, FES trans- und perkutan, TENS) 3.7.1 Studienergebnisse Unter Funktioneller Elektrostimulation (FES) wird in dieser Leitlinie eine Stimulation verstanden, die in einem funktionellen Bewegungskontext verwendet wird (z. B. beim Greifen). Von der FES unterschieden wird die EMG-getriggerte Elektrostimulation (EMG-ES), die auf einer intendierten Willkürbewegung an einem Gelenk ohne direkten Aktivitätsbezug basiert. Für andere Stimulationsmodi wird in der Leitlinie der allgemeinere (Ober-)Begriff der neuromuskulären Elektrostimulation (NMES) verwendet. Als gebräuchlicher Sonderbegriff hat sich in der klinischen Praxis darüber hinaus bei Stimulation unter der motorischen Schwelle der Begriff der Transkutanen Elektro-Neuro-Stimulation (TENS) seit Jahren eingebürgert. Zusätzlich bestehen unterschiedliche technische Möglichkeiten der Stromeinleitung in das Gewebe: meist werden Oberflächenelektroden benutzt (transkutane NMES), neuere Arbeiten (Yu 2001 und 2004, Chae 2005 und 2007 [Follow-up von Yu 2004], Renzenbrink und Ijzerman 2004) untersuchten die Anwendbarkeit der perkutanen (P-)NMES, bei der bis auf eine blanke Metallspitze isolierte Drahtelektroden nach vorausgehender Testreizung direkt intramuskulär fixiert werden. Die Vorteile der P-NMES werden in der geringeren sensorischen Belästigung und den auch bei Anwendung durch Laien konstanten Reizbedingungen gesehen. Aus pathophysiologischen Überlegungen werden die Studien unterteilt nach ihrer Latenz zum Schlaganfallereignis in „frühe „ Studien im subakuten Stadium (< 6 Monate) und „späte“ Studien im chronischen Stadium (≥ 6 Monate). Baker und Parker (1986; Evidenzklasse 1b) untersuchten die Wirksamkeit von tetanisierender NMES 12 – 25 Hz über dem M. deltoideus und supraspinatus ansteigend von 0,5 – 7 Std. pro Sitzung an 5 Tage/Wo für 6 Wochen in einem RCT an 32 Patienten vs. 33 Kontrollen mit konventioneller Hemischlinge und Rollstuhlarmstütze für beide Gruppen und fanden eine signifikante Verminderung der Subluxation.

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Faghri und Rodgers (Evidenzklasse 1b) führten 1994 ein RCT mit 13 Interventionspatienten gegen 13 Kontrollen durch mit Oberflächen-NMES mit zwei Elektroden über dem M. deltoideus post. und supraspinatus mit tetanisierenden 35 Hz mit anfangs 10/12 sec für 1,5 Std./täglich on/off-Zyklus bis 30/2 sec on/off für 6 Std./täglich über insgesamt 6 Wochen. Sowohl Interventions- als auch Kontroll-Gruppe erhielten konventionelle physikalische Therapie. Das Studienergebnis belegte eine frühe NMES der schlaff hemiparetischen Schulter zur Verbesserung von aktiver und passiver Armfunktion, Subluxation und schmerzfreier Beweglichkeit. Kobayashi et. al. (Evidenzklasse 2b) verglichen 1999 in einem Quasi-RCT NMES entweder über dem supraspinatus oder deltoideus mit 20 Hz für 2 x 15 min. täglich an 5 Tagen/Woche für 6 Wochen an zwei Interventionsgruppen mit jeweils 6 Patienten gegen eine Kontrolle mit 5 Patienten hinsichtlich Subluxation, Schmerz auf der VAS, EMG und maximaler isometrischer Abduktion. Beide Gruppen erhielten Neuromuskuläre Fazilitation, Gelenkmobilisation und Stretching. Es zeigten sich deutlicher für die Supraspinatus- als die Deltoideus-Gruppe Verbesserungen der Subluxation, der Maximalkraft und des EMG-Muster 6 Wochen nach Beendigung der Therapie. Linn et. al. (1999, Evidenzklasse 1b) konnten in einem RCT mit Transkutaner NMES innerhalb von 48 Stunden nach Schlaganfall über dem M.supraspinatus und deltoideus, pars posterior, mit 30 Hz (ansteigend von 4 x 30 min täglich in der 1. Woche auf 4 x 45 min täglich in Woche 2 und 3 bis 4 x 60 min täglich in der 4. Woche) für insgesamt 4 Wochen Behandlungsdauer in der Interventionsgruppe mit konventioneller Physiotherapie und Ergotherapie auch nach Abschluss der NMES für weitere Wochen für beide Gruppen signifikante Unterschiede nach 4 Wochen im Grad der Subluxation feststellen (im Mittel 0,8 bzw. 0,63 cm bei den Kontrollen zu 0,3 bzw. 0,22 cm bei der Interventionsgruppe). Diese Unterschiede waren nach 3 Monaten nicht mehr signifikant. Bei allen 40 Studienteilnehmern bestand eine Korrelation zwischen dem Ausmaß der Subluxation und der motorischen Funktionsverbesserung. Zwischen den Gruppen fanden sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Schmerz, schmerzfreiem pROM oder proximaler motorischer Funktionserholung.Es bestand keine Korrelation zwischen Subluxation und Schmerz. Wang et al. (2000 und 2002, Evidenzklasse 2b) behandelten 32 Patienten in 2 einfach verblindeten RCTs (2 mal 16 Probanden jeweils 8+8) mit FES (NMES) der schlaffhemiparetischen Schulter im einem A-B-A-Design mit 6 Wochen Periodendauer (insgesamt 18 Wochen) mit Oberflächen-NMES mit zwei Elektroden auf M. deltoideus, pars posterior und supraspinatus tetanisierend zwischen 10 und 24 Hz und einem Zyklus ansteigend von 1 : 3 on/off und 3 mal 1/2 Std. auf 24/2 sec on/off für 6 Std. täglich an 5 Wochentagen in zwei 6-Wochen-Perioden und konventioneller Therapie bzw. ADL in der B-Phase gegen Kontrollgruppen mit konventioneller Therapie/ADL. Das Design erfolgte in 2 Gruppen mit Schlaganfallereignis vor weniger als 3 Wochen und mehr als 1 Jahr. Es zeigte sich, dass frühe NMES der schmerzhaften hemiparetischen Schulter wirksam ist auf die Verringerung der Subluxation bei rasch nachlassendem Effekt bei Unterbrechung und keinen Effekt auf die chronische, hemiparetische, subluxierte Schulter hat, da die eingetretene Überdehnung der oberen Gelenkkapsel nicht mehr durch die wiederkehrende muskuläre Aktivität kompensiert werden kann. Die Post-hoc-Analyse 2002 konnte auch eine Verbesserung der Armfunktion und eine Verringerung der Subluxation vor allem in der ersten sechswöchigen Behandlungsphase nachweisen, die chronische, hemiparetische, subluxierte Schulter nach mehr als einem Jahr zeigt lediglich eine leichte Verbesserung der Armfunktion auf NMES, eine Verbesserung der schmerzfreien Außenrotation und damit des Schulterschmerzes wurde weder bei früher noch später Intervention erreicht. Ada und Foongchomcheay (2002) bewerteten die Ergebnisse der vorgenannten 5 (unterteilt 7) Studien in einer gepoolten Metaanalyse mit folgenden Ergebnissen:

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– Frühe (< 2 Monate) motorisch wirksame NMES über 30 Hz von M. deltoideus, pars posterior und supraspinatus für anfangs 1 Stunde und später bis zu 6 Stunden täglich zusätzlich zur herkömmlichen Physiotherapie ist wirksam bei Prävention der Subluxation (Evidenzklasse 1a), – späte NMES kann jedoch eine bereits eingetretene Subluxation nicht reduzieren (Evidenzklasse 1b). – Eine Verbesserung der Schulterfunktion ist nur wirksam bei früher Intervention, eine signifikante Schmerzreduktion wird durch zusätzliche NMES nicht erreicht (Evidenzklasse 1b), – jedoch eine 10 %ige Verbesserung der schmerzfreien Außenrotation bei später NMES (Evidenzklasse 1b).

Synopse 3.7.1: Frühe NMES und TENS auf Schmerz, Subluxation, Funktion (+/− = pos. Effekt ja/nein, k. A. = keine Angabe) 3.7.2 Weitere Einzel-RCTs Frühe Intervention (innerhalb von 6–8 Wochen) nach Schlaganfall Leandri et al., 1990 (Evidenzklasse 2b): High-Intensity-TENS 100 Hz (Gruppe A) vs. Low-Intensity-TENS 100 Hz (Gruppe B) vs. Placebo (Gruppe C) in 12 Sitzungen für 4 Wochen an 60 Patienten (je 20 Patienten Gruppen A, B, C). Es fanden sich Besserungen des pROM unter High-Intensity-TENS bei schmerzhafter Hemiplegischer Schulter nach Schlaganfall über den Beobachtungszeitraum bei Studienende und nach einem Monat Follow-up. Chantraine et al. 1999 (Evidenzklasse 1b) wiesen an 57 Interventionen vs. 58 Kontrollen innerhalb von 4 Wochen nach akutem Ereignis eines Kollektivs von Patienten mit schmerzhafter hemiplegischer Schulter nicht nur ausschließlich bestehend aus Schlaganfallpatienten eine signifikante Besserung von Subluxation, Schmerz und Armfunktion der durch NMES behandelten Probanden nach. Church et al. (2006, Evidenzklasse 2b) führten an 176 Patienten im Median 4 – 5 Tage nach Schlaganfall eine placebokontrollierte RCT durch in Form von Oberflächen-Elektrostimulation (Frequenz 30 Hz, on-off jeweils 15 sec, Rampe up-down 3 sec.) vs. Placebo mit Elektroden über M. supraspinatus und posteriorem M. deltoideus 3 x täglich 1 Stunde über 4 Wochen. Die Kontrollgruppe erhielt einen baugleichen Stimulator ohne Stromausgang. Im Ergebnis hatte Oberflächen-Elektrostimulation im Schulterbereich keinen Vorteil bezüglich motorischer Armleistungen nach 3 Monaten und bewirkte keine Unterschiede in der Prävalenz eines schmerzhaften Arms nach 4 Wochen und nach 3 Monaten mit Zunahme des Anteils von Patienten mit Schulter-Arm-Schmerz. Die Subgruppen-Analyse zeigte, dass insbesondere bei schwerer betroffenen Teilnehmern in der Kontrollgruppe bessere motorischeTeilleistungen auftraten. Oberflächen-Stimulation

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interferiert möglicherweise ungünstig mit Plastizität und behindert die motorische Reorganisation durch abnormale, proximal fokussierte, afferente Stimulation, frühe Überforderung des betroffenen Arms mit Ermüdung und Subluxation durch Überstimulation sowie gelernte Nicht-Benutzung durch lange Stimulationszeiträume, wobei Nebenwirkungen gerade von schwerer Betroffenen nicht bemerkt werden. Damit untersuchte diese Studie erstmals deutlicher die Auswirkungen der NMES auf die Armfunktion unter Einschluss der Hand- und distalen Armfunktion, wobei das Ergebnis eine negative Wirkung der transkutanen NMES der Schultermuskulatur auf die distale Armfunktion zeigt. Es ergeben sich jedoch kritische Einwände gegen die Qualität der Studie: Die Auswahl der Studienteilnehmer erfolgte nicht primär unter der Zielsetzung einer Verbesserung der Schulterfunktion. Leider fehlen Angaben hinsichtlich begleitender Therapien und der Behandlungsumgebung. Die Messung der Armfunktion mit dem ARAT erfolgte ohne explizite Würdigung der distalen und proximalen Komponente, in der späteren Auftrennung der Bewertung der Untertests würden die signifikanten Differenzen bei der an sich notwendigen Bonferroni-Adjustierung wieder verschwinden. Es wird von den Autoren nicht ausgeschlossen, dass die Interventionsgruppe bei unzureichender Verblindung weniger konventionelle Physiotherapie erhalten und auch dadurch eine schlechtere Armfunktion entwickelt hat. Page und Chae (Stroke, 2007) kritisierten in ihrem Kommentar die mangelnde Patientenselektion und die mangelnde Kontrolle von Confoundern. Die Autorengruppe um Church räumte in der Diskussion ein, dass NMES bei der schmerzhaften hemiplegischen Schulter unter strenger Auswahl der Patienten und Kontrolle der distalen Armfunktion im klinischen Alltag durchaus weiter durchgeführt werden könne, jedoch nur unter Beobachtung der möglichen Nebenwirkungen. Späte Intervention Perkutane (intramuskuläre) NMES: Yu et al. (2001, Evidenzklasse 4; 2004, Evidenzklasse 1b), Chae et al. (2005 und 2007, Evidenzklasse 1b, follow-up von Yu 2004) und Renzenbrink und Ijzerman (2004, Evidenzklasse 4) untersuchten die Wirksamkeit der perkutanen, intramuskulären NMES anfangs in Pilotstudien und im Vergleich zur transkutanen NMES, in denen eine deutlich geringere Schmerzhaftigkeit der P-NMES bei stabiler Lage der fixierten Elektroden mit guter Anwendbarkeit auch für Wochen konstatiert wurde. Yu et al. (2004; Evidenzklasse 1b) stellten anhand eines einfach verblindeten RCT an 61 Patienten fest, dass perkutane NMES der Schultermuskulatur (M. deltoideus, pars posterior und medialis, M. supraspinatus und M. trapezius) bei Schlaganfallpatienten bestehenden Schulterschmerz (BPI 12) und Schmerzinterferenz mit ADL-Leistungen (BPI 23) reduziert. Die Effekte zeigten sich auch nach Beendigung der 6-wöchigen Behandlungsphase im Follow-up nach 6 und 12 Monaten, wobei eine Post-hoc-Analyse der Daten nach 3 Jahren zeigte, dass der Effekt auf die Schmerzreduktion auf der BPI 12 anhaltend war vor allem bei der Gruppe der Patienten, die innerhalb von 77 (14 – 52) Wochen nach Schlaganfall behandelt wurden gegenüber den Patienten, die später als 77 (durchschnittlich etwa 211 bis 227) Wochen rekrutiert wurden (Chae, 2005 und 2007; Evidenzklasse 1b). Nur Renzenbrink und Ijzerman (2004, Evidenzklasse 4) berichteten über die sonst in allen P-NMES-Interventionen erreichte Verbesserung des Schulterschmerzes hinaus über eine leichte Verbesserung der Schulterfunktion im Fugl-Meyer Test und der palpatorischen Schultersubluxation in einer Pilotstudie mit 15 Patienten. Elektrostimulation nicht primär im Schulterbereich: Sonde et al. (1998; Evidenzklasse 2b) untersuchten in einer prospektiven, randomisierten Studie 44 Patienten (26 Intervention; 18 Kontrolle) 6 bis 12 Monate nach Schlaganfall mit niedrigintensem und niedrigfreqentem 1,4-Hz-Low-TENS 60 min täglich an 5 Tagen/Woche für 12 Wochen im Bereich der Handgelenkextensoren und in 80 % der Ellbogenextensoren oder der Schulterabduktoren. Zusätzlich erhielten beide Gruppen zweimal wöchentlich Physiotherapie. Die Reizelektroden

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waren jedoch im Gegensatz zu den anderen hier aufgeführten Studien im Bereich der Ellbogen-und Handgelenksextensoren platziert. Es wurde eine Besserung der Armfunktion, insbesondere der Subgruppe der weniger betroffenen Patienten (Fugl-Meyer),jedoch keine Besserung von Schulterschmerz und Armspastizität berichtet. Differenzen der Gruppen hinsichtlich des Barthel-Index zur Base-line und zur Gesamt-Behandlungs-Intensität (fehlende Kontroll-Intervention) schränken die Qualität der Studie ein. Metaanalysen Price und Pandyan (Evidenzklasse 1a) konnten bereits 2000 in einem Cochrane Review von 4 RCTs (Faghri 1994, Leandri 1990, Linn 1999, Sonde 1998) mit Oberflächen-Elektrostimulation (FES, ES, TENS mit Sham und Placebo FES vs Placebo 6 Wo, Sham vs. TENS mit hoher und niedriger Intensität für 4 Wo, no-Sham vs. ES [weder FES noch TENS] für 4 Wo., no-Sham vs niederfrequentem TENS für 3 Mon. [5 Tg. Zu 60 min]) und Elektrodenanlage über Supraspinatus und posteriorem Deltoideus (FES, ES) keine signifikanten Änderungen bezgl.Inzidenz von Schmerzen und Schmerzintensität (Hauptschmerzpunkte Schultergürtel (TENS), Handgelenkextensoren und 80 % Schulter (low frequency-TENS) bei insgesamt 170 Patienten feststellen. Es zeigten sich ebenso keine signifikanten Änderungen bezüglich motorischer Erholung und Spastizität (Ashworth-Score), aber eine signifikante Verbesserung von schmerzfreiem passivem ROM für Oberarm-Außenrotation und glenohumerale Subluxation mit einer daraus abgeleiteten Therapieempfehlung. In einem Überblick von Teasell et al. (2007, Canadian StrokeNetwork) wurden neben dem o. g. Cochrane-Review von Price und Pandyan (2000) ein weiterer Review von Ada und Foongchomcheay (2002) mit 6 RCTs einbezogen, der eine positive Wirkung früher FES hinsichtlich der Subluxation und Funktionsstörung dokumentierte, aber eine Reduktion des hemiplegischen Schulterschmerzes nur bei später eingesetzter FES. Bei der Auswertung weiterer 11 Studien mit insgesamt 413 Patienten, darunter 10 RCTs mit einem Pedro-Score zwischen 4 und 7, zeigte sich eine Schmerzreduktion in 6 Studien mit 249 Patienten und einem Anteil von Interventionen in der Größenordnung von 120 Patienten. Der Beitrag bewertet die Einzel-RCT, Reviews und Metaanalysen z. T. unkritisch.

Synopse 3.7.2a: Späte NMES und TENS auf Schmerz, Subluxation, Funktion (+/− = pos. Effekt ja/nein, k. A. = keine Angabe bzw. nicht primäre Zielgröße, Int. = Intervention, Kon. = Kontrolle)

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Synopse 3.7.2b: Metaanalysen und Reviews

• Bewertung 3.7 1. Ein Effekt früher NMES (M. deltoideus und supraspinatus) bei hemiplegischer Schulter auf Schulterschmerz ist bei unterschiedlichen Studieneergebnissen mehrerer RCTs nicht gesichert (niedrige Qualität der Evidenz). 2. Frühe NMES kann zur Prävention und Verbesserung einer gleno-humeralen Subluxation eingesetzt werden (mittlere Qualität der Evidenz; Ada und Foongchomcheay, 2002). Die medizinische Relevanz dieses Behandlungsziels ist fraglich, da kein gesicherter und konsistenter Zusammenhang mit dem Auftreten und der Verminderung des Schulterschmerzes nachgewiesen wurde. 3. Die Datenlage für die Funktionsverbesserung der Schulter ist hinsichtlich aller Zielgrößen nicht konsistent. Es ergibt sich der Verdacht, dass frühe hochdosierte NMES ausschließlich der Schulterregion bei schwer betroffenen Patienten zu einer geringeren Funktionserholung der Arm- und Handfunktion führen kann (niedrige Qualität der Evidenz; Church, 2006; Evidenzklasse 2b). 4. Perkutane NMES ist weniger schmerzhaft und kann Schulterschmerzen im chronischen Stadium nach Schlaganfall bessern (Yu et al., 2001 und 2004; Chae et al., 2005; Renzenbrink und Ijzermann, 2004), wobei die Behandlung nicht später als eineinhalb Jahre nach dem Schlaganfall beginnen sollte (mittlere Qualität der Evidenz). 5. Für die transkutane NMES im chronischen Stadium nach Schlaganfall ist die Datenlage zur Verbesserung von Schulterschmerzen und schmerzfreiem pROM widersprüchlich (niedrige Qualität der Evidenz; Price und Pandyan 2000; Ada und Foongchomcheay, 2002). 6. Ob das in den Studien überwiegend durchgeführte Therapiesetting mit Stimulationszeiten zwischen 3 und 7 Stunden täglich über 4 – 6 Wochen unter neurophysiologischen Gesichtspunkten und den klinisch-praktischen Gegebenheiten überhaupt sinnvoll ist, bleibt fraglich (Expertenmeinung). Nach Wissen der Autoren (Auskunft von Ijzerman) werden gegenwärtig weder in Deutschland noch weltweit für den klinischen Routinebetrieb zugelassene P-NMES Geräte angeboten.

• Empfehlung 3.7

Es gibt keine klare Evidenz für die Wirksamkeit früher oder später NMES ausschließlich der Schulterregion bei hemiplegischem Schulterschmerz. Gegenwärtig kann keine Empfehlung für die NMES bei dieser Indikation ausgesprochen werden (Empfehlungsgrad 0). Dennoch kann die NMES der Schulter bei ausgewählten Patienten mit zeitlichem Zusammenhang zwischen einer unter schlaffer Hemiparese aufgetretenen Subluxation und Schulterschmerz angewandt werden (Empfehlungsgrad 0). In diesem Fall sollte eine ausreichende Therapie der distalen Armfunktion

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durchgeführt werden. Die Indikationen zur NMES und FES bei gestörter Armfunktion finden sich in der DGNR-Leitlinie „Armrehabilitation“ (Platz, 2008). Zur Wirkung neuromuskulärer Elektrostimulation auf ein Handödem siehe Kap. 4.3.

3.8 Orale Pharmakotherapie 3.8.1 Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR) Randomisierte kontrollierte Studien zur Frage der Wirksamkeit von NSAR bei schmerzhafter Schulter nach Schlaganfall liegen nicht vor. Poduri (1993, Evidenzklasse 4) beschrieb anhand einer kleinen retrospektiven Kohortenstudie (n = 43) im ambulanten Sektor einen signifikanten Effekt von NSAR bei Schlaganfall-Patienten mit Schulterschmerz im subakuten bis chronischen Stadium hinsichtlich der Schmerzbefreiung und dem Ausmaß funktionellen Zugewinns für Schulter-Abduktion und –flexion im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Eine Gruppe erhielt NSAR (3 x 400 – 800 mg Ibuprofen und 2 x 150 mg Sulindac) 30–60 min vor einer Ergotherapie, die zweite Gruppe erhielt lediglich Ergotherapie. Die Gruppenaufteilung erfolgte auf der Grundlage Teilnahme/Nicht-Teilnahme an einer empfohlenen ärztlichen Untersuchung. Die Qualität der Studie deutlich einschränkend bestanden relevante Gruppenunterschiede bezüglich des zeitlichen Latenz nach Schlaganfall (Intervention 135 Tage, Kontrolle 259 Tage). 3.8.2 Orale Corticoide Es liegen im Gegensatz zum Schulter-Hand-Syndrom keine randomisierten kontrollierten Studien zum hemiparetischen Schulterschmerz mit oralen Corticoiden vor (s. Kap. 4.3 Schulter-Hand-Syndrom/orale Pharmakotherapie).

• Bewertung 3.8 Es besteht nur sehr geringe Qualität der Evidenz (Poduri, 1993, Evidenzklasse 4), dass der Einsatz oraler nicht-steroidaler Antirheumatika, NSAR (in Kombination mit mobilisierenden Therapien) bei Patienten mit Schlaganfall im subakuten oder chronischen Stadium hemiparetischen Schulterschmerz, das passive Bewegungsausmaß für Schulterflexion und -abduktion sowie die funktionelle Erholung verbessert. Aufgrund pathophysiologischer Plausibilität einer antiphlogistischen Wirksamkeit von NSAR bei traumatischen Schädigungen von Muskeln, Sehnen und Gelenken, hoher Effektstärke der Ergebnisse der vorliegenden Studie und klinischer Relevanz kann trotzdem eine Empfehlung für eine begrenzte Anwendung ausgesprochen werden. Für orale Corticosteroide besteht keine Evidenz für eine Wirksamkeit bei schmerzhafter Schulter, die auf direkte Studienergebnisse gegründet werden könnte. Außerhalb der Population der Schlaganfallpatienten besteht mittlere Qualität der Evidenz für eine Wirksamkeit oraler Steroide bei adhäsiver Capsulitis aus einem Cochrane-Review (Buchbinder 2006, Evidenzklasse 2a) mit signifikanten kurzzeitigen Effekten in Bezug auf Schmerzreduktion, Schultergelenkmotilität und -funktion, die aber möglicherweise nicht über 6 Wochen anhalten. Unter pathophysiologischen Gesichtspunkten lässt sich aufgrund dieser Studienlage und belegter Wirkung beim Schulter-Hand-Syndrom (s. Kap. 4.3) auch auf eine Wirkung bei schmerzhafter Schulter schließen (Expertenmeinung, sehr geringe Qualität).

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• Empfehlung 3.8 Orale nicht-steroidale Antiphlogistika sollten unter Berücksichtigung von Kontraindikationen und Nebenwirkungen bei schmerzhafter Schulter nach Schlaganfall ergänzend zu mobilisierenden Therapien zeitlich limitiert eingesetzt werden (Empfehlungsgrad B). Orale Corticoide können bei Therapieresistenz oder Vorliegen von Kontraindikationen gegen NSAR angewendet werden (Empfehlungsgrad 0).

3.9 Motorische (neurolytische) Blockaden 3.9.1 Phenol Zu Phenol existieren keine randomisierten kontrollierten Studien bei schmerzhafter Schulter. Hecht (1992, Evidenzklasse 4) untersuchte in einer kleinen Beobachtungsstudie (n = 13) bei Patienten nach akuter ZNSSchädigung im subakuten bis chronischen Stadium (11 Patienten Schlaganfall, 2 Patienten Schädel-Hirn-Trauma, Latenz: 2 – 13 Monate) die Wirksamkeit eines Nervenblocks des N. subscapularis in der Behandlung einer therapieresistenten schmerzhaften Schulter mit Spastizität und Einschränkung der passiven Außenrotation auf < 50 % des ROM. Es fand sich unmittelbar nach der Intervention eine signifikante Verbesserung des passiven ROM für Flexion (+ 40°), Abduktion (+ 21°) und Außenrotation (+ 38°), die Schmerzstärke wurde nicht systematisch untersucht. Relevante Nebenwirkungen traten nicht auf; der Effekt hielt zwischen 3 – 9 Monate an. 3.9.2 Botulinumtoxin A Botulinumtoxin A ist in Deutschland bei erwachsenen Schlaganfallpatienten zugelassen zur Behandlung einer fokalen Spastizität des Handgelenkes und der Hand (Botox®) respektive zur symptomatischen Behandlung einer Armspastik (Dysport®). Es findet Einsatz in der Neurologischen Rehabilitation in der Behandlung der schmerzhaften Schulter bei dynamischer Einschränkung des passiven Bewegungsausmaßes des Schultergelenks infolge spastisch-dystoner Fehlstellung in Innenrotations-Adduktions-Muster. Zielmuskeln der Behandlung im Schulterbereich sind: M. pectoralis-Komplex, M. subscapularis und der M. teres major (Innenrotatoren, Adduktoren). Studien, die primär die Schulter adressieren Kong et al. (2007, Evidenzklasse 2b) untersuchten in einem kleinen, doppelblinden, placebokontrollierten RCT (17 Pat) die Wirkung von 500 MU Dysport, je 250 MU in M. pectoralis major und biceps brachii bei Patienten mit Schulterschmerz und leichter Muskeltonuserhöhung (Ashworth 2/5 für Schulter- Adduktoren und Ellbogen-Flexoren) etwa 9 Monate nach Schlaganfall. Es fand sich in einem monatlichen Follow-up bis 3 Monate kein signifikanter Gruppen-Unterschied bezüglich Schmerzreduktion trotz signifikanter Tonusminderung nach 4 Wochen. Das negative Studienergebnis könnte durch fehlende Wirksamkeit, falsche Zielgruppe mit niedrigem Muskeltonus, unterpowerte Studienpopulation oder die falsche Auswahl der Zielmuskeln bedingt sein. Yelnik et al. (2003 und 2007, dort mit Evidenzklasse 1b) untersuchten in einem kleinen placebokontrollierten, randomisierten RCT die Wirksamkeit von Botulinumtoxin A mit 500 MU Dysport Injektionen in den M. subscapularis vs. Placebo bei Patienten im chronischen Stadium nach Schlaganfall mit moderaten Schulterschmerzen ab leichtgradiger Spastizität und eingeschränkter Schulter-Außenrotation. Es zeigte sich ein signifikanter Gruppenunterschied der Schmerzstärke anhand einer verbalen Ratingskala (VRS) zugunsten der Verum-Gruppe nach 4 Wochen, ebenso der pROM für Schulter-Außenrotation nach 2 und

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4 Wochen, nicht jedoch für pROM Schulter-Abduktion und Spastizität im Schulterbereich. 2 von 10 Patienten hatten schwere Nebenwirkungen (1 Patient schwerer Injektionsschmerz, 1 Patient Somnolenz). Marco et al. (2007, Evidenzklasse 1b) untersuchten in einem aktuellen, doppelblinden, placebokontrollierten RCT Injektionen von Botulinumtoxin A mit 500 MU Dysport in den M. pectoralis vs. Placebo-Injektionen bei Patienten mit deutlich spastischer, moderat-schwergradig schmerzhafter Schulter (mAS ≥ 3 Pkt., VAS 73/100) im chronischen Stadium nach Schlaganfall. Es fanden sich statistisch signifikante Gruppendifferenzen zugunsten der Verum-Gruppe (p = 0,035) hinsichtlich der Schmerzstärke ab der ersten Woche bis 6 Monate. Signifikante Gruppendifferenzen für passive Schultergelenkmotilität fand sich für pROM Abduktion nach 1 Woche und 3 Monaten, für pROM Außenrotation nach 6 Monaten. Relevante Nebenwirkungen traten nicht auf. Lim et al. (2008, Evidenzklasse 2b, s. a. Kap. 3.10) untersuchten in einer Placebo-kontrollierten, randomisierten doppelt-blinden Vergleichstudie Triamcinolon 40 mg intraartikulär gegen Botulinumtoxin A 100 MU Botox® in die Mm. infraspinatus, pectoralis und subscapularis bei Patienten im chronischen Stadium nach Schlaganfall. Evidenzklasse 2b: Es fand sich nach 12 Wochen ein starker, jedoch nicht signifikanter Trend zugunsten der Botulinumtoxin-Gruppe in Bezug auf Schmerzreduktion (− 2,5 Pkt. TA vs. − 4,2 Punkte BTX; 11 Pkt.-NRS) und Verbesserung des Gesamt-pROM der Schulter (+ 52° TA vs. + 83° BTX). Ebenfalls fanden sich keine Gruppendifferenzen bezüglich Spastizität und Fugl-Meyer-Arm-Score. Relevante Nebenwirkungen traten in keiner Gruppe auf. Im Vergleich zur Baseline fanden sich signifikante Zeiteffekte für beide Gruppen (geringere Validität) zusammen für Schmerz, pROM der Schulter in Flexion, Abduktion, Außen- und Innenrotation sowie für den Fugl-Meyer-Score. Studien, die nicht primär die Schulter adressieren Bakheit (2000, Evidenzklasse 1b): Doppelblindes, placebokontrolliertes RCT (n = 82 Patienten), Pat. > 3 Mon. Nach Schlaganfall, MAS ≥ 2 (modif. Ashworth). Ergebnis: kein signifikanter Gruppenunterschied bezüglich Muskelschmerz von Schulter, Handgelenk und Fingern für Placebo-Gruppe, 500, 1.000 und 1.500 MU Dysport® bei Behandlung von Mm. biceps brachii, flexor digitorum profundus und superficialis sowie flexor carpi radialis und ulnaris. Bhakta et al. (2000, Evidenzklasse 1b): Doppelblindes, placebokontrolliertes RCT im chronischen Stadium nach Schlaganfall zur Wirksamkeit von Botulinumtoxin A (1.000 MU Dysport ®) in die Mm. biceps brachii, brachioradialis, flexor digitorum superficialis und profundus sowie flexor carpi ulnaris. Armschmerz war sekundärer, deskriptiver Zielparameter, es fand sich kein Gruppenunterschied nach 6 Wochen in Bezug auf Armschmerzen. Simpson et al. (1996, Evidenzklasse 1b): Doppelblindes, placebokontrolliertes RCT zur Behandlung von Spastik der oberen Extremität mit Botulinumtoxin (Botox® 75, 150 oder 300 MU) der Mm. biceps brachii sowie flexor carpi radialis und ulnaris. Es fand sich kein Effekt auf Armschmerz als sekundärer Outcome-Parameter. Bhakta et al. (1996, Evidenzklasse 4): Prospektive Beobachtungsstudie im chronischen Stadium nach Schlaganfall (1,5 Jahre) mit schwerer Spastik (Ashworth 4) und funktionslosem Arm mit Injektionen von Botulinumtoxin A (Dysport® bis 1.000 MU, Botox® bis 200 MU) in die Mm. biceps brachii, flexor digitorum profundus und superficialis sowie flexor carpi ulnaris. Von 9 Patienten mit Schulterschmerz (53 %) verbesserten sich 6, auch wurde eine Verbesserung des pROM für Schulterab-/adduktion von 65° um 17° und der Schulterflexion/-extension von 87° um ebenfalls 17° beobachtet.

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Synopse 3.9.2a: Studien mit Botulinumtoxin A, die primär die Schulter adressieren. AR = Außenrotation, ABD = Abduktion

Synopse 3.9.2b: Studien mit Botulinumtoxin A, die nicht primär die Schulter adressieren

• Bewertung 3.9 Die Beurteilung von Botulinumtoxinen erfolgt an dieser Stelle nur im Kontext der Leitlinienfragestellung „schmerzhafte Schulter nach Schlaganfall“. Die Behandlung der Spastik der oberen Extremität an sich ist Gegenstand einer geplanten DGNR-Leitlinie „Spastik“. Für die Wirksamkeit von Botulinumtoxin A bei spastischer, moderat bis schwergradig schmerzhafter Schulter bei Patienten im chronischen Stadium nach Schlaganfall hinsichtlich der Schmerzreduktion besteht bei ausreichender Dosen (z. B. je 500 MU Dysport®) eine gute Qualität der Evidenz bei Injektion in den M. subscapularis und/oder in den M. pectoralis. Für Injektion niedrigerer Dosen oder in Muskeln des Ober-/Unterarms besteht diesbezüglich keine Evidenz. Für die klinisch übliche Anwendung bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall mit Injektion in die Mm. subscapularis, pectoralis und teres major liegen keine Evidenz-basierten Studien vor. Aus klinischer Erfahrung besteht auch bei dieser Patientengruppe eine

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entsprechende Wirksamkeit. Bezüglich der Kombination von Botulinumtoxin A mit physikalischer Therapie fehlen ebenfalls klinische (Dosis-Wirkungs-)Studien.

• Empfehlung 3.9

Botulinumtoxin A Injektionen in die Mm. subscapularis und/ oder pectoralis major sollten zur Behandlung bei moderat bis schwergradig schmerzhaften Schulter nach Schlaganfall mit spastischer Einschränkung des passiven Bewegungsausmaßes (dynamische Kontraktur) bei Versagen konservativer Therapie-Modalitäten eingesetzt werden (Empfehlungsgrad B). Die Zulassungssituation der verschiedenen Präparate ist unter Kostenerstattungsgesichtspunkten vor Durchführung der Behandlung zu berücksichtigen.

3.10 Intra-/periartikuläre Injektionen 3.10.1 Lidocain, subakromial Joynt (1992, Evidenzklasse 4) publizierte eine retrospektive Studie an 67 Patienten mit Schulterschmerz bei hemiparetischem Arm, überwiegend im chronischen Stadium nach Schlaganfall. 28 Patienten erhielten subakromiale Injektionen von 1 % Lidocain. Etwa 50 % der behandelten Patienten zeigten mäßige bis deutliche Schmerzreduktion und verbesserten pROM, was auf eine relevante Rolle der Region als Schmerz-generierende Struktur weise. 3.10.2 Triamcinolon, subakromial Chae et al. (2007, Evidenzklasse 4) untersuchten in einem retrospektiven Chart-Review die Wirksamkeit subakromialer Injektionen von Triamcinolon 40 – 60 mg mit Lidocain 1 % bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall mit klinischen Hinweisen auf ein Supraspinatus-Impingement oder eine subakromiale Bursitis (moderater Schulterschmerz) und fanden eine signifikante absolute Schmerzreduktion um 2,6 Punkte (11 Pkt-NRS). Snels et al. (2000, Evidenzklasse 2b) führten eine placebokontrollierte, randomisierte Studie einer inhomogenen Stichprobe an 37 Patienten im subakuten bis chronischen Stadium nach Hirninfarkt mit mittelgradigem Schulterschmerz, höhergradiger Armparese und eingeschränkter Schulteraußenrotation durch mit einer Serie von 3 intraartikulären Injektionen von 40 mg Triamcinolon-Acetonoid im Abstand von 1 (2. Injektion) bis 2 Wochen (3. Injektion). Im Follow-up nach 3 Wochen fand sich eine nicht signifikante Tendenz zur Besserung der Schmerzintensität (− 2,3 INT vs. – 0,2 Pkt. PLB auf einer 11-Punkte VAS), fehlende Unterschiede bestanden auch hinsichtlich des pROM Schulteraußenrotation, des Fugl-Meyer-Scores, des ARAT und des Barthel-Index. Die Studie war gemessen an den Effektstärken unterpowert. 24/37 Patienten gaben eine zumindest vorübergehende Schmerzverstärkung an, davon 10 mehr als 2 Tage. Lim et al. (2008, Evidenzklasse 2b, s. a. Kap. 3.9) untersuchten in einer placebokontrollierten, randomisierten doppelblinden Vergleichstudie Triamcinolon 40 mg intraartikulär gegen Botulinumtoxin A 100 MU (Botox®) in die Mm. infraspinatus, pectoralis und subscapularis bei Patienten im chronischen Stadium nach Schlaganfall. Evidenzklasse 2b: Es fand sich nach 12 Wochen ein starker, jedoch nicht signifikanter Trend zugunsten der Botulinumtoxin-Gruppe in Bezug auf Schmerzreduktion (− 2,5 Pkt. Triamcinolon vs. − 4,2 Punkte BTX auf 11 Pkt. NRS) und Verbesserung des Gesamt-pROM der Schulter (+ 52° TA vs. + 83° BTX). Ebenfalls fanden sich keine Gruppendifferenzen bezüglich Spastizität und Fugl-Meyer-Arm-Score. Relevante Nebenwirkungen traten in

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keiner Gruppe auf. Im Vergleich zur Baseline fanden sich signifikante Zeiteffekte für beide Gruppen (geringere Validität) zusammen für Schmerz, pROM der Schulter in Flexion, Abduktion, Außen- und Innenrotation sowie für den Fugl-Meyer-Score. Dekker et al. (1997, Evidenzklasse 4) zeigten in einer weiteren, weniger validen Studie ohne Placebo-Kontrolle mit einem Multiple-Baseline-Protokoll an 9 Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall mit Schulterschmerz und eingeschränkter Außenrotation eine signifikante Schmerz-Reduktion bei 5 von 7 auswertbaren Patienten und eine ingesamt nicht signifikante Verbesserung des pROM für Außenrotation bei 4/7 Patienten.

• Bewertung 3.10 Damit liegen für subakromiale und intraartikuläre Injektionen von Corticosteroiden keine sicheren bzw. widersprüchliche Studienergebnisse vor, die weder eine günstige noch eine schädigende Wirkung belegen (niedrige Qualität der Evidenz). Es besteht eine mittlere Qualität der Evidenz für fehlende Überlegenheit gegenüber Botulinumtoxin A (Lim 2008, Evidenzklasse 2b). In einem Cochrane-Review wird außerhalb der Population der Schlaganfallpatienten für Erkrankungen der Rotatoren-Manschette eine Evidenz für die Überlegenheit von Corticoid-Injektionen gesehen (Green et al., 2003). Als relevante Nebenwirkung wurde ein erhöhtes Risiko für Gesichts-Flush gesehen.

• Empfehlung 3.10

Subakromiale oder intraartikuläre Injektionen von Corticoiden können bei mindestens mittelschwerem hemiparetischen Schulterschmerz bei Therapieversagen konservativer Therapien einschließlich NSAR und oraler Corticoidtherapie versucht werden (Empfehlungsgrad 0). Eine Empfehlung im Vergleich zu Botulinumtoxin A kann bei fehlender Überlegenheit nicht gegeben werden.

Synopse 3.10: Intraartikuläre Triamcinolon-Injektionen. AR = Außenrotation

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3.11 Operative Therapie Unterschiedliche operative Methoden sind bei chronischer schmerzhafter Schulter bei Versagen anderer Therapien einschließlich orthetischer Versorgung beschrieben. Operative Ansätze bestehen hinsichtlich – einer Korrektur einer bestehenden Schulter-Subluxation oder – eines Release einer schmerzhaften Schulterkontraktur. Caldwell et al. (1969, Evidenzklasse 4) beschreiben die operative Methode eines Subscapularis-Release mit Pectoralis-Sehnen-Tenotomie am Humerus anhand einer Fallserie an Patienten, die aufgrund einer schwergradig schmerzhaften Schulter mit verminderter Motilität und spastischer Tonuserhöhung an einem Rehabilitationsprogramm vermindert teilhaben konnten. Direkt postoperativ fand sich nur eine geringe Verbesserung der Gelenkmotilität. Zwei Monate nach dem Eingriff erlangten 10/13 operierten Patienten nach einem Übungs- und Lagerungsprogramm eine schmerzfreie Oberarm-Abduktion von 90° und eine Außenrotation von 20°. Schmerzminderung und verbesserte Gelenkmotilität hielten in einem Follow-up nach 1 Jahr an. Von 3 der operierten 13 Patienten, die keine Besserung zeigten, hatten 2 Patienten einen diffusen Halbseitenschmerz und 1 Patient zeigte nur geringe Compliance zur Nachbehandlung. Ernste postoperative Komplikationen oder Schulter-Dislokationen wurden in keinem Fall gesehen. Braun et al. (1971, Evidenzklasse 4) beschreiben in einer Fallserie die Exzision der Subscapularis-Sehne und Tenotomie der Pectoralis-major-Sehne am Humerus in Kombination mit einem postoperativen Übungsprogramm bei Patienten mit einer schmerzhaften Schultersteife nach Schlaganfall. Bei der Patientengruppe waren eine Rehabilitationsbehandlung vorausgegangen und konservativ behandelbare, häufige orthopädische Ursachen, wie eine Arthritis im Acromio-Clavicular-Gelenk oder Gleno-Humeral-Gelenk, eine Tendinitis der Biceps-Sehne oder eine Bursitis der Bursa subdeltoidea ausgeschlossen worden und die Patienten sprachen nicht auf Ruhe, Schienenimmobilisation, eine Steroidinjektion sowie eine milde nicht-narkotische Analgetikatherapie an. 10/13 operierten Patienten einer Pilotstudie an 25 Patienten zeigten zwei Monate postoperativ eine 90°-Abduktion und 20°-Außenrotation, Schmerzfreiheit und eine Besserung des Einsatzes der oberen Extremität. Die Zielparameter wurden nicht operationalisiert. Eine nicht operierte Kontroll-Gruppe zeigte unveränderte Beschwerden. Die Nachuntersuchung einer erweiterten Fallserie von 42 Patienten ergab im Follow-up bis 20 (6 – 42) Monate bei 34/42 Patienten eine deutliche Schmerzreduktion im gesamten Bewegungsausmaß und bei 3/42 Patienten im halben Bewegungsausmaß. In der beschriebenen Fallserie fanden sich keine Wundinfektionen und keine perioperative Mortalität. Pinzur und Hopkins (1986, Evidenzklasse 4) untersuchten die Methode einer operativen Tenodese der langen Bicepssehne (Schleife mit Fixierung am Processus coracoideus), gefolgt von einer orthetischen Schulterversorgung bei Patienten mit schmerzhafter, inferiorer Subluxation im chronischen Stadium einer schlaffen zentralen Armparese infolge erworbener Hirnschädigung (4/6 Schlaganfall). Bei der Patientenselektion mussten andere (entzündliche) Schmerzursachen ausgeschlossen und verschiedene orthetische Versorgungen der Schulter erfolglos gewesen sein. Bei der Follow-up-Untersuchung bis 27 (10 – 39) Monate bestand bei keinem Patient radiologisch ermittelt eine Humeruskopf-Subluxation von > 5 % (präoperativ 22 – 37 %), und 5/6 Patienten zeigten komplette Schmerzfreiheit.

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• Bewertung 3.11 Vor Indikationsstellung zu einer operativen Behandlung einer schmerzhaften spastischen Schulterkontraktur mit Einschränkung der Außenrotation und Abduktion gehört der Ausschluss konservativ behandelbarer, häufiger orthopädischer, z. B. entzündlicher Ursachen. Es besteht nur geringe Qualität der Evidenz für den Einsatz operativer Interventionen bei schmerzhafter (schlaffer oder spastischer) Schulter im chronischen Stadium nach Schlaganfall. Die beschriebenen Studien wurden in der Zeit vor Einführung der Botulinumtoxin-Therapie publiziert. Es liegen keine Studien vor, ob eine regionale Therapie mit Botulinumtoxin operative Interventionen einer schmerzhaften spastischen Schultersteife obsolet macht. Außerhalb der Population der Schlaganfallpatienten besteht mittlere Qualität der Evidenz aus einem Cochrane Review (Buchbinder 2008, Evidenzklasse 2a) zur Wirksamkeit arthrographischer Distension mit Steroiden und Kochsalzlösung bei adhäsiver Capsulitis („frozen shoulder“) mit Kurzzeiteffekten in Bezug auf Schmerz, Gelenkmotilität und Funktion. Untersuchungen zur vergleichenden Wirksamkeit mit anderen Interventionen fehlen.

• Empfehlung 3.11

Ein operativer Release einer schmerzhaften Schulterkontraktur, die mit den Aktivitäten des täglichen Lebens interferiert (z. B. Anziehen) oder zur Vernachlässigung des Arms bzw. therapeutischer Non-Compliance führt, kann bei Versagen konservativer Therapien und neurolytischer Therapie (z. B. mit Botulinumtoxin A) erwogen werden (Empfehlungsgrad 0). Korrigierende Operationen einer schweren inferioren Schultersubluxation können bei konservativ therapieresistenten Schulterschmerzen erwogen werden (Empfehlungsgrad 0).

Synopse 3.11: Operative Therapie 3.12 Zusamenfassung schmerzhafte Schulter nach Schlaganfall Die folgende Tabelle fasst die zur Prävention und Therapie einer schmerzhaften Schulter gegebenen Leitlinien-Empfehlungen zusammen. Die Aufführung von Interventionen in einer Kategorie der Empfehlungsstärke impliziert keine zeitlich gleiche Anwendungsabfolge oder vergleichbare Indikationen. Prinzipiell besteht Vorrang für präventive vor therapeutischen Maßnahmen und für konservative vor invasiven Maßnahmen. Bezüglich der einzelnen Therapiemodalitäten und deren Indikation wird auf die vorausgehenden Kapitel verwiesen.

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Tabelle 3.12: Leitlinien-Empfehlungen für Prävention und Therapie der schmerzhaften Schulter nach Schlaganfall 4 Behandlung des Schulter-Hand-Syndroms (SHS) 4.1 Basistherapie Die Behandlung eines Schulter-Hand-Syndroms beim hemiparetischen Arm nach Schlaganfall beginnt mit der Prävention (s. Kap. 3.1) und Therapie (Kap. 3 ff.) einer schmerzhaften Schulter. Die Therapie eines manifesten Schulter-Hand-Syndroms folgt den allgemeinen Empfehlungen zu einer stufenweisen, stadien-orientierten, Schmerz-reduzierenden bzw. Schmerz-vermeidenden Lagerung und mobilisierenden Therapie bei einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS I). Im Stadium 1 mit Ödem, Überwärmung und Handschmerzen werden Ödemreduktion (s. Kap. 4.3), Hochlagerung des Arms, Lagerung des Handgelenks in Funktionsstellung auf volarer Schiene und vorsichtiges passives, ggf. aktives Bewegen der Extremität im schmerzfreien ROM empfohlen. Randomisierte Studien oder höhergradige Kohortenstudien zur Basistherapie eines Schulter-Hand-Syndroms nach Schlaganfall liegen nicht vor. Zur generellen Therapie eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS I) wurden bislang keine AWMF-Leitlinien (www.awmf.org/leitlinien.html) und keine Cochrane-Meta-Analyse publiziert.

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4.2 Pharmakologische Behandlung 4.2.1 Corticosteroide Corticosteroide inhibieren als antiinflammatorische Substanzen die Synthese von Arachidonsäure-Metaboliten wie Prostaglandinen und Leukotrienen. Hierdurch soll die Sensitivierung von Nozizeptoren reduziert werden: Braus et al. (1994, Evidenklasse 2b) untersuchten prospektiv und Placebo-kontrolliert die Wirksamkeit von Methyl-Prednisolon über 4 Wochen (2 Wochen 32 mg/die, 2 Wochen ausschleichend) bei Patienten mit CT-gesichertem Hirninfarkt mit beginnendem oder manifesten SHS ohne Angabe der Latenz. Nach intialer Randomisierung wechselten alle Patienten der Placebo-Gruppe in die Verum-Gruppe. 31/34 behandelten Patienten wurden symptomfrei, definiert bezogen auf einen selbst entwickelten SHS-Score < 4, bestehend aus Schmerz/Hyperalgesie, Handödem, schmerzfreier pROM Schulteraußenrotation und Humerus-Abduktion. Der Therapieerfolg hielt 6 Monate an. Kalita et al. (2006, Evidenzklasse 1b) verglichen in einer randomisierten Studie bei Patienten mit einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom der oberen Extremität (CRPS I, CRPS-14-Pkt.Score > 8) im subakuten Stadium nach Hirninfarkt die Wirksamkeit von oralem Prednisolon 40 mg/die für 2 Wochen mit einem Tapering 10 mg/Woche gegen Piroxicam 20 mg/die für 4 Wochen. Im Gruppenvergleich war die Behandlung mit Prednisolon der mit Piroxicam signifikant überlegen in Bezug auf die Anzahl der Patienten mit einer Verbesserung des CRPS-Scores ≥ 2 Punkte mit 83,3 % vs. 16,7 % sowie der absoluten CRPS-Score-Reduktion mit 6,47 vs. 0,47 Punkten. Keine signifikanten Gruppenunterschiede wurden bezüglich des Barthel-Index gefunden. 4/30 Patienten der Cortisongruppe entwickelten eine Gastritis, die Häufigkeit der Nebenwirkungen im Gruppenvergleich war nicht signifikant different. Davis et al. (1977, Evidenzklasse 4) untersuchte in einer deskriptiven, retrospektiven Fall-Studie ohne Kontroll-Intervention die Wirkung von Triamcinolon 16 (4 x 4) mg/die für 2 – 3 Wochen mit Ausschleichen über 8 Tage, was zur Schmerzfreiheit bei allen Patienten mit einem Schulter-Hand-Syndrom im Stadium I nach Steinbrocker (vgl. Kap. 2.3.1) führte. 4.2.2 Calcitonin Für Calcitonin-Präparate besteht in Deutschland eine Zulassung zur Behandlung des „Sudeck-Syndroms“. Hamamci et al. (1996, Evidenzklasse 2b) zeigten in einer Kohorten-Studie mit placebokontrolliertem Parallelgruppen-Design für eine Therapie mit Calcitonin (vom Lachs) 100 IU/Tag i. m. für 4 Wochen bei Patienten mit einem Schulter-Hand-Syndrom, entsprechend den Kriterien von Steinbrocker, Stadium I–II im chronischen Stadium nach Schlaganfall (> 1 Jahr) eine signifikante Wirkung in Bezug auf Schmerzreduktion sowie auf schmerzfreien pROM Schulter-Abduktion und –Außenrotation und MCP-Extension. Es fand sich kein signifikanter Effekt auf motorisches Outcome, auf einen Ödem-Score sowie bei Gruppenunterschieden zur Baseline auf schmerzfreien pROM für Schulterflexion und Handgelenks-Extension. Calcitonin zeigte in einer Meta-Analyse von Perez et al. (2001) von fünf randomisierten klinischen Studien zur Behandlung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS Typ 1) ohne ätiologische Zuordnung einen analgetischen Effekt (p = 0.002). Die Datenlage für intranasales Calcitonin ist widersprüchlich (Kingery, 1997).

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4.2.3 Capsaicin Capsaicin zeigte in einer Metaanalyse kontrollierter klinischer Studien von Kingery (1997) bei einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS Typ 1) ohne ätiologische Zuordnung einen signifikanten Effekt (Odds Ratio 2,35; 95 % CI 1,48, 3,22). Eine kontrollierte Studie zu Capsaicin bei einem Schulter-Hand Syndrom nach Schlaganfall wurde bislang nicht durchgeführt.

• Bewertung 4.2 Es liegt mittlere Qualität der Evidenz vor, dass orale Corticosteroide in der Behandlung der Symptome eines beginnenden oder manifesten Schulter-Hand-Syndroms bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall deutlich wirksam sind. Die Wirksamkeit wird durch die klinische Erfahrung gestützt. Es besteht eine hohe Qualität der Evidenz, dass eine Behandlung mit oralen Corticoiden der Behandlung mit Piroxicam in Bezug auf die Symptome eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall überlegen ist. Für die Wirksamkeit von Calcitonin besteht bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall nur geringe Qualität der Evidenz bei einem beginnendem Schulter-Hand-Syndrom für Schulterschmerz. Für die Wirksamkeit von Capsaicin besteht nur indirekte Evidenz durch Wirksamkeit bei einem CRPS Typ 1 ohne ätiologische Eingrenzung (geringe Qualität der Evidenz).

• Empfehlung 4.2

Orale Corticosteroide sind zur pharmakologischen Behandlung eines beginnenden Schulter-Hand-Syndroms indiziert (Empfehlungsgrad A). Die Dauer der Corticoidtherapie kann auf 4 Wochen begrenzt werden. Bei schwerwiegenden Kontraindikation für orale Kortikoide oder deren Therapieversagen sollte bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall zur Behandlung eines Schulter-Hand-Syndroms Stadium I – II auch Calcitonin für 4 Wochen oder Capsaicin eingesetzt werden (Empfehlungsgrad B).

Synopse 4.2: Pharmakologische Behandlung. ABD = Abduktion, AR = Außenrotation, FLX = Flexion, MCP = Metocarpalgelenk, PIP = proximales Interphalangealgelenk, DIP = distales Interphalangealgelenk

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4.3 Handödem Ein Handödem tritt beim hemiparetischen Arm als isoliertes Symptom oder als Teil eines Schulter-Hand-Syndroms auf. Bei einigen Patienten tritt eine spontane Rückbildung auf; Behandlungsnotwendigkeit besteht bei Einschränkungen der Hand-Finger-Gelenk-Motilität sowie als Symptom des „Schulter-Hand-Syndroms“. Zur Ätiologie des Handödems siehe Kap. 1.4 „Pathophysiologische Konzepte“. Ein systematisches Review von Geurts et al. (2000) konnte keine Evidenz für den Einsatz einer spezifischen Behandlungsmethode finden. Randomisierte kontrollierte Studien liegen nur vor zu: 4.3.1 Intermittierende pneumatische Kompression Roper et al. (1999, Evidenzklasse 1b): Eine intermittierende pneumatische Kompression (50 mm Hg, 2 x täglich, gesamt 2 h/die, für 1 Monat) konnte in einem kleinen, einfach verblindeten RCT (n = 37 Pat.) als Add-on-Zusatztherapie zu Standard-Physiotherapie (ohne Kälteanwendungen) bei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall (1 – 20 Wochen) keinen Vorteil auf das Handödem, volumetrisch bestimmt, gegenüber einer Kontrollgruppe erbringen. Auch fanden sich keine Gruppendifferenzen bezüglich des motorischen Outcomes (Motricity-Index). Pneumatische Kompression kann Handvolumina innerhalb von 2 – 4 Stunden reduzieren, die Effekte sind jedoch aufgrund einer Reakkumulation der Ödemflüssigkeit kurzanhaltend. 4.3.2 Weitere Verfahren Keine randomisierten kontrollierten Studien liegen vor zu: – Hochlagerung der Extremität: 30 min Hochlagerung zeigt in Fallstudien von Faghri (1997, n = 8) und Giudice (1990, n = 11, Evidenzklasse 4) einen eindeutigen signifikanten kurzfristigen Behandlungseffekt. – Anwendung von dynamischen Lagerungssplints (Gracies, 2000, Evidenzklasse 4): Positiver Kurzzeiteffekt mit 4 % Reduktion des Gliedmaßenumfangs nach 3-stündiger Lagerung in kleiner prospektiver Fallstudie (n = 16). – Kompression: Cain und Liebgold (1967, Evidenzklasse 4) beschreiben in einer Fallserie eine zentripetale Band-Auswickel-Technik der Finger und Hand, Dauer 20 – 30 min/Hand, bei der 40 – 50 % von 130 behandelten Patienten mit einem Handödem bei Armparese oder bei Reflexdystrophie bzw. vaso-motorischen Störungen eine anhaltende Besserung in Abhängigkeit vom Paresegrad erfahren. Die Behandlung wird als leicht bis mäßig unangenehm empfunden. Eine dauerhafte Kompression mit einem konfektionierten Schlauchverband oder nach Maß angefertigten Kompressionsstrumpf wurde bislang nicht systematisch untersucht, wird aber in Rehabilitationskliniken weit verbreitet eingesetzt. Sie bietet eine bessere Compliance als Wickelungen, keine relevante Einschränkung der Armmotilität und eine Steigerung der Aufmerksamkeit auf die Extremität (Expertenmeinung, Evidenzklasse 5, sehr niedrige Qualität der Evidenz). – Kälteanwendungen: Immersionen mit Kaltwasser, ca. 10° C, intermittierend bis 30 min, zeigten in einer Fallserie (n = 9) signifikante Reduktionen der Handvolumina von Schlaganfall-Patienten als Kurzzeiteffekt (Moon und Gragnani, 1989; Evidenzklasse 4). – Manuelle Lymphdrainage: Manuelle Lymphdrainage wird als angenehm empfunden, kann ein Ödem bei zentraler Armparese aber nicht dauerhaft beseitigen (Expertenmeinung, Evidenzklasse 5).

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– Kontinuierliche passive Bewegungstherapie (CPM): Dirette und Hinojosa (1994, Evidenzklasse 4) beschrieben einen antiödematösen Effekt in einer Fallstudie an zwei Patienten im subakuten Stadium nach Schlaganfall in einem A-B-A Design. Giudice (1990, Evidenzklasse 3b) zeigte in einer Kohortenstudie (n = 16, 11 Patienten Schlaganfall) bei Patienten mit einem Handödem im subakuten Stadium nach Operation, einer sonstigen Schädigung oder einer Armlähmung einen besseren Effekt einer 30 min Finger-CPM mit Gliedmaßenhochlagerung (liegend 30° Schulter-Abduktion, 30° Schulter-Flexion, 70° Ellbogen-Flexion) im Vergleich zu einer Gliedmaßhochlagerung alleine für 30 min in Bezug auf das Ödemvolumen; ein gleicher Trend zeigte sich auch bei der Schlaganfall-Subgruppe. – Neuromuskuläre Elektrostimulation: In einer Fallstudie von Faghri (1997, n = 8) wird eine Überlegenheit einer 30-minütigen neuromuskulären Elektrostimulation von Finger- und Handgelenk-Flexoren und -Extensoren gegenüber 30-minütiger Hochlagerung der Extremität alleine berichtet.

• Bewertung 4.3 Es besteht höhergradige Qualität der Evidenz, dass eine intermittierende pneumatische Kompression als Kombination zur Standard-Physiotherapie keinen anhaltenden Effekt auf Hand-Volumina erzielt (Roper et al., 1999; Evidenzklasse 1b). Höhergradige Qualität der Evidenz für eine spezifische Behandlung in der Behandlung des Handödems besteht nach derzeitiger Studienlage nicht. Daher sind die Empfehlungen auf andere Grundlagen angewiesen. Es besteht niedrige Qualität der Evidenz für einen Vorteil intermittierender passiver Bewegungstherapie (CPM) in Kombination mit Hochlagerung der paretischen Extremität gegenüber Hochlagerung alleine (Giudice, 1990; Evidenzklasse 3b). Es besteht sehr niedrige Qualität der Evidenz für eine Wirksamkeit von konfektionierten Schlauchverbänden bzw. angepassten Kompressionsverbänden nach Maß (Expertenkonsens, Evidenzklasse 5).

• Empfehlung 4.3

Dauerhafte Kompression mit einem konfektionierten Schlauchverband oder nach Maß angefertigten Kompressionsstrumpf kann bei einem Handödem eingesetzt werden werden (Empfehlungsgrad 0). Manuelle Lymphdrainage und intermittierende pneumatische Kompression soll als singuläre Maßnahme (ohne andauernde Kompression) für Patienten mit einem Handödem im subakuten Stadium nach Schlaganfall nicht durchgeführt werden (Empfehlungsgrad B). Beide Methoden können in Kombination mit andauernder Kompression durchgeführt werden (Empfehlungsgrad 0).

4.4 Sympathikus-Blockaden Therapieansätze bei einem Schulter-Hand-Syndrom, die auf eine Beeinflussung des sympathischen Nervensystems zielen sind: serielle Ganglion stellatum Blockaden (Blumberg et al., 1991; Bonica, 1979; Schwartzman und McLellan, 1987; Stanton-Hicks et al. 1989), intravenöse regionale Blockaden (IVRB; Blumberg et al., 1991; Hannington-Kiff, 1989), gepulste Ultraschalltherapie des Ganglion stellatum (Goodman, 1971) und die operative Sympathektomie (Steinbrocker et al., 1948). Diese Methoden wurden jedoch ganz überwiegend nicht für die Population der Patienten nach Schlaganfall untersucht. Nach einem systematischen Review (Kingery, 1999) kontrollierter klinischer Studien zur Therapie eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms ohne ätiologische Eingrenzung

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besteht für intravenöse regionale Blockaden eine begrenzte Evidenz eines schmerzreduzierenden Effektes von Bretylium und Ketanserin und eine übereinstimmende Evidenz für einen fehlenden Effekt von Guanethidin und Reserpin. Diese Bewertung deckt sich mit einem systematischen Review und einem RCT von Jadad et al. (1995). Ganglion stellatum-Blockaden und chirurgische Sympathektomie wurden bislang nicht placebokontrolliert untersucht. Eine Literatur-Synthese von 21 RCT’s sieht zusammengefasst keinen signifikanten Effekt für Sympathikus-supprimierende Pharmaka (Perez, 2001). Randomisierte kontrollierte Studien oder nicht-randomisierte Kohorten-Studien beim Schulter-Hand-Syndrom nach Schlaganfall liegen nicht vor. Gute, zum Teil über Monate anhaltende Effekte von seriellen Ganglion-stellatum-Blockaden mit Procain bei Patienten mit Schulter-Hand-Syndrom nach Schlaganfall in Bezug auf Schulterschmerz, passive Schulter- und Finger-Motilität, Handödem und vasomotorische Störungen wurden in einer kleinen Fallserie publiziert (Swan, 1954; Evidenzklasse 4).

• Bewertung 4.4 Evidenz für den Einsatz von Sympathikus-Blockaden bei einem Schulter-Hand Syndrom bei Patienten nach einem Schlaganfall besteht allein aufgrund von Fallpublikationen (sehr niedrige Qualität der Evidenz). Auch generell besteht bei einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS Typ I) ohne ätiologische Zuordnung nur begrenzte Evidenz für intravenöse regionale Blockaden mit Bretylium und Ketanserin (Kingery, 1999).

• Empfehlung 4.4

Sypmpathikus-Blockaden können bei einem ausgeprägten Schulter-Hand-Syndrom nach Schlaganfall nur bei Versagen aller anderen Therapiemethoden eingesetzt werden (Expertenmeinung, Empfehlungsgrad 0).

4.5 Motor Imagery Studien zur Wirksamkeit von Motor Imagery bei Patienten mit einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS I) nach Schlaganfall liegen nicht vor. Moseley et al. (2004, Evidenzklasse 2b) untersuchten 2 Gruppen von 13 Patienten mit einem CRPS Typ I nach Handgelenksfraktur in einem Cross-over-Design mit einem Motor Imagery Programm (MIP) mit Aufgaben zur Erkennung der Handlateralität, vorgestellten Handbewegungen und Spiegeltherapie gegen eine Pharmakotherapie für jeweils 2 Wochen. Es zeigte sich eine signifikante, für weitere 6 Wochen anhaltende Verbesserung in den Skalenwerten für den neuropathischen Schmerz in der Interventionsgruppe mit einer NNT für eine 50 %ige Schmerzreduktion von 2. Nur die Hälfte der Patienten erfüllte noch die Kriterien eines CRPS Typ I. 2005 führte Moseley ein erneutes RCT mit 20 Patienten durch, die ein chronisches CRPS I nach Handgelenksfraktur entwickelt hatten. Es wurden drei Gruppen mit in verschiedener Reihenfolge ablaufenden Therapiekomponenten gebildet: 1. Handlateralitätserkennung (Rec) – vorgestellte Bewegung (Im) – Spiegelbewegung (Mir) 2. vorgestellte Bewegung (Im) – Handlateralitätserkennung (Rec) – vorgestellte Bewegung (Im) 3. Handlateralitätserkennung (Rec) – Spiegelbewegung (Mir)–Handlateralitätserkennung (Rec).

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In der ersten Gruppe war die Reduktion von Schmerz und Behinderung am ausgeprägtesten. Die weitere Analyse zeigte, dass die einzelnen Komponenten ihre grösste Wirksamkeit in der in der ersten Gruppe gewählten Reihenfolge zeigen, was nach Ansicht der Autoren auf die Erfordernis einer bestimmten sequenziellen Reihenfolge zur Aktivierung der motorischen Netzwerke hinweist und gegen einen reinen Effekt der Aufmerksamkeitsrichtung auf die betroffene Extremität spricht.

• Bewertung 4.5 Motorische Rehabilitation durch Bewegungsvorstellungen ist offenbar auch wirksam in der Behandlung eines begleitenden CRPS Typ I nach Handgelenksfraktur, wahrscheinlich durch kortikale sensomotorische Reorganisation (Moseley, 2004 und 2005; Evidenzklasse 2b). Aus Studien ist andererseits die Wirksamkeit des mentalen Trainings (Page et al., 2005; Müller et al., 2007) und der Spiegeltherapie (Altschuler et al., 1999; Yavuzer et al., 2008; Dohle et al., in press) auf die sensomotorische Reorganisation bei Schlaganfallpatienten gut belegt (Evidenzklasse 1b). Daher liegt, bei noch fehlenden Studien an Schlaganfallpatienten mit CRPS I, eine Übertragbarkeit der Ergebnisse von Moseley auch auf diese Population nahe. Eine Bestätigung der Wirksamkeit dieser Strategien für die Indikation Schulter-Hand-Syndrom steht aber aus.

• Empfehlung 4.5

Mentale Trainingstrategien können im subakuten und chronischen Stadium nach Schlaganfall angewandt werden (Qualität sehr niedrig, Empfehlungsgrad 0).

Synopse 4.5: Motor Imagery. Pharmakologische Rec = Recognition, Im = Imagery, Mir = Mirror movements 4.6 Zusammenfassung Empfehlungen beim Schulter-Hand-Syndrom/Handödem Die folgende Tabelle fasst die zur Therapie eines Schulter-Hand-Syndroms bzw. eines Handödems gegebenen Leitlinien-Empfehlungen zusammen. Bezüglich der einzelnen Therapiemodalitäten und deren Indikation wird auf die vorausgehenden Kapitel verwiesen.

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Tabelle 4.6: Zusammenfassende Leitlinien bei Schultetr-Hand-Syndromen bzw. Handödem Danksagung Die Autoren danken Frau PD Dr. I. Kopp, stellv. Vorsitzende der Ständigen Kommission „Leitlinien“ der AWMF und allen Mitgliedern der Leitliniengruppe der DGNR für den wissenschaftlichen Diskurs bei der Erstellung dieser Leitlinie. Interessenvermerk Vortragstätigkeit: keine, klinische Studien: keine. (A. Conrad) Vortragstätigkeit: Fa. Allergan, Merz, klinische Studien: Fa. Allergan, Otto Bock. (Ch. Herrmann) Literatur 1. Ada L, Foongchomcheay A. Efficacy of electrical stimulation in preventing or reducing subluxation of the shoulder after stroke: A metaanalysis. Australian Journal of Physiotherapy 2002, 48: 257-267. 2. Ada L, Goddard E, McCully J et al. Thirty minutes of postioning reduces the development of shoulder external rotation contracture after stroke: a randomized controlled trial. Arch Phys Med Rehabil 2005; 86: 230-234. 3. Ada L, Foongchomcheay A, Canning C. Supportive devices for preventing and treating subluxation of the shoulder after stroke (Review) Cochrane Database of Systematic Reviews: 2005; CD003863. 4. Altschuler EL, Wisdom SB, Stone L et al. Rehabilitation of hemiparesis after stroke with a mirror. Lancet 1999; 353: 2035-2036. 5. Ancliffe J. Strapping the shoulder in patients following a cerebrovascular accident (CVA): A pilot study. Austr Physioth 1992; 38: 37-41. 6. Andrews AW, Bohannon R. Decreased range of motion on paretic side after stroke. PhysTher 1989; 69: 768-772. 7. Bahkta BB. Use of botulinum toxin in stroke patients with severe upper limb spasticity. J Neurol Neurosurg Psychiatr 1996; 61: 30-35. 8. Bahkta BB, Cozens JA, Chamberlain MA, Bamford JM. Impact of botulinum toxin type A on disability and carer burden due to arm spasticity after stroke: a randomised double blind placebo controlled trial. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2000; 69: 217-221.

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Korrespondenzadressen: Dr. med. Andreas Conrad Abt. Neurologie, Reha-Klinik Damp Seute-Deern-Ring 30 24351 Ostseebad Damp E-Mail: [email protected] Dr. med. Christoph Herrmann Kliniken für Neurologische Früh-/Rehabilitation Asklepios Kliniken Schildautal Karl-Herold-Str. 1 38723 Seesen E-Mail: [email protected]

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Kapitel 6: Elektorphysiologie zur Prognose nach Schlaganfall J. Liepert, Kliniken Schmieder, Allensbach

1. Einleitung Zwei elektrophysiologische Verfahren, die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) und peripher-elektrische Stimulationen des N. medianus zur Auslösung somatosensibel evozierter Potentiale (Medianus-SSEP), wurden in einer Reihe von Studien eingesetzt, um zu überprüfen, ob diesen Verfahren eine prognostische Bedeutung für die Erholung nach einem Schlaganfall zukommt. Die Suchstrategie umfasste eine PubMed-Suche mit den Begriffen „prognosis“ or „prognostic value“ and „stroke“ or „cerebrovascular accident“ and „TMS“ or „transcranial magnetic stimulation“. Analog dazu wurde Literatur für die prognostische Bedeutung der Medianus SSEPs gesucht: „prognosis“ or „prognostic value“ and „stroke“ or „cerebrovascular accident“ and „SEP“ or „median nerve somatosensory evoked potentials“ Zudem wurden die Literaturverzeichnisse von geeigneten Publikationen auf weitere Quellen durchsucht. Im Folgenden werden die Evidenzlage nach dem Grade System (hohe, mittlere, niedrige, sehr niedrige Qualität der Evidenz) und die daraus ableitbaren Empfehlungen nach dem A,B,0-Schema dargestellt. Für eine detaillierte Darstellung wird auf den Methodenteil (Leitlinie obere Extremität) verwiesen. 2. Transkranielle Magnetstimulation Insgesamt wurden 163 Artikel identifiziert. Von diesen wurden 20 Publikationen in der nachfolgenden Analyse berücksichtigt. Der Ausschluss der 143 anderen Studien hatte unterschiedliche Gründe. U. a. wurden Einzelfall-Studien und Untersuchungen an chronischen Schlaganfall-Patienten nicht berücksichtigt. Ebenso wurden Untersuchungen der unteren Extremität sowie Verfahren, die repetitive Transkranielle Magnetstimulation einsetzten, ausgeschlossen. Bei den berücksichtigten Studien handelt sich um Kohortenstudien, in denen die elektrophysiologischen Messungen innerhalb der ersten Tage bis Wochen nach dem Schlaganfall durchgeführt wurden und die ein prospektives Design hatten. Für die Interpretierbarkeit der Ergebnisse ist der Nachweis einer intakten peripheren Leitungsbahn erforderlich. Gemeinsam ist allen für die Beurteilung herangezogenen Studien, dass als Zielmuskel ein Handmuskel gewählt wurde und dass, wenn nötig, die maximale Leistung des Magnetstimulators genutzt wurde, um ein motorisch evoziertes Potential (MEP) zu generieren. Im Übrigen bestehen jedoch z. T. erhebliche Unterschiede im Studiendesign, so dass eine Meta-Analyse mit gepoolten Daten nur eingeschränkt möglich ist. Insgesamt wurden für die jetzige Übersicht die Daten von 714 Patienten aus 20 Studien berücksichtigt. Die Unterschiede betrafen vor allem die folgenden Aspekte: a) Auswahl der Patienten: In der Mehrzahl der Studien wurden nur ischämische Infarkte

eingeschlossen, in mehreren Studien allerdings sowohl Ischämien als auch Hirnblutungen. In einigen Studien war eine Plegie der Hand ein Einschlusskriterium, in anderen Studien wurde ein breites Spektrum motorischer Defizite (von der Plegie bis zur Feinmotorikstörung) eingeschlossen.

b) Der Zeitpunkt der elektrophysiologischen Untersuchung reichte von „innerhalb der ersten 6 Stunden post-stroke“ (Wöhrle et al., 2004) bis zu „2 – 5 Wochen post-stroke“ (Feys et al., 2000). Bei 19 der 20 in der Analyse berücksichtigten Studien fand die TMS-Untersuchung allerdings innerhalb der ersten 7 Tage und somit in einem relativ homogenen Zeitraum statt.

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c) Die Durchführung der TMS-Untersuchung: Bei einem Teil der Studien wurden fazilitierende Manöver eingesetzt (Willkürinnervation des Zielmuskels oder, falls dieser plegisch war, Willkürinnervation des homologen Muskels der nichtbetroffenen Hand), in anderen Studien wurde auf fazilitierende Manöver verzichtet, da man nicht in allen Fällen von einer entsprechenden Kooperationsfähigkeit des Patienten ausging. In einer Studie wurden transkraniell-magnetische Doppelreize eingesetzt (Dachy et al., 2003).

d) Die Beurteilung der klinischen Erholung: Ein Teil der Studien stellte die motorische Funktion des Armes, gemessen mit Kraftgraden oder funktionellen Skalen wie der Fugl-Meyer-Skala, in den Mittelpunkt, andere Studien zielten auf das globale funktionelle Outcome, gemessen mit dem Barthel-Index oder der Rankin-Skala.

e) Der Follow-up-Zeitraum war sehr unterschiedlich und lag zwischen 14 Tagen und maximal 3 Jahren. 16 Studien hatten eine Nachbeobachtungszeit von mindestens 3 Monaten.

f) Die Einteilung der Patienten für die Datenanalyse: In den meisten Studien wurden die Patienten in Bezug auf ihre TMS-Ergebnisse gruppiert: Eine Gruppe mit evozierbaren MEPs, die andere Gruppe mit fehlenden MEPs. In einigen Studien erfolgte die Einteilung nach klinischer Verbesserung (z. B. Catano et al., 1996) oder anhand der Ergebnisse auf der Rankin-Skala (z. B. D’Olhaberriague et al., 1997).

g) Die Art der Analyse: In den meisten Studien wurde nach eine Korrelation zwischen klinischer Entwicklung/funktionellem Outcome und Ergebnis der TMS-Untersuchung gesucht. In 5 Studien (Timmerhuis et al., 1996; D’Olhaberriague et al., 1997; Escudero et al., 1998; Feys et al., 2000; Palliyath, 2000) wurden schrittweise Regressionsanalysen durchgeführt, um die Beteiligung einzelner Parameter an der Prognose besser zu erfassen.

Trotz der Heterogenität lassen sich mehrere Schlussfolgerungen und Empfehlungen ableiten: 1. Durchführung der TMS-Untersuchung Die Stimulation soll während einer Willkürinnervation des Zielmuskels oder des homologen Muskels der Gegenseite erfolgen, da durch dieses Manöver signifikant häufiger MEPs zu erhalten sind und dieses Ergebnis besser mit dem späteren Outcome korreliert (Heald et al., 1993; Catano et al., 1995; Dachy et al., 2003) (hohe Qualität der Evidenz; Empfehlungsgrad A). Für Patienten, die nicht willkürlich innervieren können, kommt alternativ die Untersuchung mit (ebenfalls fazilitierenden) transkraniell-magnetischen Doppelreizen in Betracht. Als effektivstes Intervall zwischen den beiden Stimuli wurden 44 ± 20 msec angegeben (Dachy et al., 2003). Das Fehlen von MEPs bei Ableitungen ohne Vor-Innervation weist nicht notwendigerweise auf eine (irreversible) Unterbrechung des Tractus corticospinalis hin, sondern kann auch lediglich eine Erhöhung der motorischen Schwelle, welche prinzipiell reversibel ist, darstellen. 2. Der Nachweis von MEPs innerhalb der ersten Tage nach dem Schlaganfall ist ein prognostisch günstiges Zeichen und korreliert sowohl mit einer guten Rückbildung des motorischen Defizits als auch mit einem guten funktionellen Outcome, erfasst durch den Barthel-Index (z. B. Kandler et al., 1991; Heald et al., 1993; Pereon et al., 1995; Rapisarda et al., 1996; Timmerhuis et al., 1996; Hendricks et al., 1997; Escudero et al., 1998; Cruz-Martinez et al., 1999; Feys et al., 2000; Trompetto et al., 2000; Delvaux et al., 2003; Wöhrle et al., 2004) (hohe Qualität der Evidenz). 3. Das Fehlen von MEPs innerhalb der ersten Tage nach dem Schlaganfall ist signifikant häufiger mit einer schlechten Erholung der motorischen Funktionen verbunden. Da aber in mehreren Studien (z. B. Kandler et al., 1991; Trompetto et al., 2000; Hendricks et al., 2002; Delvaux et al., 2003) Subgruppen von Patienten beschrieben wurden, die trotz initial fehlender MEPs noch eine deutliche Verbesserung ihrer motorischen Funktionen aufwiesen,

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ist der negative prädiktive Wert dieses Verfahrens begrenzt (Escudero et al., 1998) (hohe Qualität der Evidenz). Prognostische Aussagen lassen sich daher zwar für Gruppen, nicht aber für einzelne Individuen treffen. Wahrscheinlich kann die Aussagekraft des Verfahrens durch eine Wiederholung in einem größeren Zeitabstand nach dem Schlaganfall (2 Wochen bis 2 Monate) verbessert werden. Allerdings besteht in diesem Fall auch eine längere klinische Beobachtungsphase, die auch schon für sich allein prognostische Aussagen gestattet (Escudero et al., 1998; Vang et al., 1999; Feys et al., 2000) (mittlere Qualität der Evidenz). In Bezug auf das funktionelle Outcome (Barthel-Index) besteht eine große Variabilität und somit eine relativ geringe prognostische Bedeutung. So ergab die Berechnung der Sensitivität (= wie oft sagt ein fehlendes MEP in der Frühphase eine schlechte oder fehlende Funktionserholung voraus) einen Wert von 0.58, die Berechnung der Spezifität (= wie oft sagt ein initial nachweisbares MEP eine mindestens partielle Funktionserholung voraus) einen Wert von 0.796 (siehe Punkt 2). Diese Daten stammen aus der größten Einzelstudie mit 76 nach einem Jahr nachuntersuchten Patienten (Heald et al., 1993). Drei der zur Verfügung stehenden Publikationen (Cruz-Martinez et al., 1999; Hendricks et al., 1997; Pennisi et al., 1995) waren aufgrund vergleichbarer Einschlusskriterien, homogener Bewertung und individueller Darstellung der Ergebnisse geeignet, um Daten zu poolen. Korreliert wurde das Ergebnis der TMS innerhalb der ersten 7 Tage (MEP auslösbar oder nicht auslösbar) mit dem Outcome nach mindestens 3 Monaten hinsichtlich der Erholung der Handfunktion. Aus Daten von insgesamt 64 Patienten, von denen 54 initial plegisch waren, ergaben sich die folgenden Verteilungen: – Sensitivität (wie oft sagt ein fehlendes MEP in der Frühphase eine schlechte oder fehlende Funktionserholung voraus): 0.87 – Spezifität (wie oft sagt ein initial nachweisbares MEP eine mindestens partielle Funktionserholung voraus): 1.0 Der Vergleich der Sensitivitäts- und Spezifitätsergebnisse der Heald-Studie einerseits und der gepoolten Daten andererseits weist darauf hin, dass eine engere Korrelation der MEP-Ergebnisse mit der Handfunktion als mit dem globalen funktionellen Outcome besteht. 4. In schrittweisen Regressionsanalysen konnte zwar bestätigt werden, dass das TMS-Ergebnis ein eigenständiger Prädiktor des Outcomes war, allerdings waren die klinische Untersuchung (Kraftgrade oder Fugl-Meyer-Skala) (Escudero et al., 1998; Feys et al., 2000) bzw. das Ergebnis des initialen Barthel-Index (Timmerhuis et al., 1996) von jeweils größerer Bedeutung als die TMS-Untersuchung. Daher sollte das Ergebnis der TMS-Untersuchung im Kontext klinischer Befunde gewertet werden (mittlere Qualität der Evidenz; Empfehlungsgrad B). 5. Die Auswertung von Latenz und MEP-Amplitude hat, verglichen mit dem Vorhandensein oder Fehlen der MEPs, eine geringere prognostische Bedeutung (Catano et al., 1995; Wöhrle et al., 2004). Latenzverzögerungen und/oder Amplitudenminderungen persistieren oft trotz guter motorischer Erholung (Hömberg et al., 1991; Heald et al., 1993; Catano et al., 1995) (mittlere Qualität der Evidenz). Patienten mit normalen Latenzen hatten allerdings in zwei Studien eine bessere Prognose als Patienten mit verzögerten Latenzen (Escudero et al., 1998; Vang et al., 1999). In mehreren Studien (Rapisarda et al., 1996; D’Olhaberriague et al., 1997; Palliyath, 2000) wurden die MEP-Amplituden als prognostisch bedeutsamer als die Latenzen gefunden (mittlere Qualität der Evidenz). Während MEPs mit normalen Latenzen und Amplituden eine gute prognostische Aussagekraft bezüglich des Outcomes haben (hohe Qualität der Evidenz), sind Latenzverzögerungen und/oder Amplitudenminderungen bezüglich eines schlechten Outcomes nur begrenzt verwertbar (hohe Qualität der Evidenz).

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In einer Studie, in der nur Patienten mit einer Thalamusblutung eingeschlossen wurden, konnte bei Durchführung der TMS-Untersuchung innerhalb der ersten sechs Tage nach der Blutung keine prognostische Relevanz festgestellt werden (Shah et al., 2005). Dieses Ergebnis weist möglicherweise auf eine prinzipiell unterschiedliche Aussagekraft zwischen Patienten mit Ischämien und solchen mit Hirnblutungen, die pathophysiologisch begründbar ist, hin: Bei Blutungen sind sekundäre Phänomene wie verstärkte Kompression des Gewebes durch das ausgetretene Blut und die Entstehung von Ödemen von größerer Bedeutung als bei Ischämien. Diese Phänomene beinträchtigen neuronale Funktionen zwar initial, sind aber prinzipiell reversibel. Das kann ggf. erklären, warum die Ergebnisse der TMS-Untersuchung in der Frühphase nur begrenzte Aussagekraft haben.

• Schlussfolgerung und Empfehlung 2 Die Durchführung einer TMS-Untersuchung zur Prognose wird nicht generell für alle Schlaganfall-Patienten empfohlen. Wenn, dann soll die TMS-Untersuchung unter Einschluss von Fazilitationsmanövern durchgeführt werden (Empfehlungsgrad A). Eine TMS-Untersuchung sollte im Verlauf der Rehabilitation dann erfolgen, wenn sich in Abhängigkeit vom Ergebnis dieser Untersuchung ein (anderes) rehabilitativ-therapeutisches Vorgehen ergeben könnte, z. B. Fortführung eines Trainings für die betroffene obere Extremität trotz weiter bestehender Plegie der Hand (Empfehlungsgrad B). In jedem Fall sollte das Ergebnis der TMS-Untersuchung im Kontext des klinischen Befundes interpretiert werden (Empfehlungsgrad B). Latenzen und Amplituden haben eine geringere prognostische Bedeutung als die grundsätzliche Auslösbarkeit bzw. das Fehlen eines MEPs (Empfehlungsgrad B). Das Fehlen eines MEPs in der Frühphase nach Schlaganfall soll nicht dazu führen, die Rehabilitation der betroffenen oberen Extremität zu verwehren (Empfehlungsgrad A).

3 Somatosensibel evozierte Potentiale durch Stimulation des N. Medianus Initial wurden 199 Studien identifiziert. Von diesen wurden 10 berücksichtigt. Die anderen Arbeiten wurden aus sehr unterschiedlichen Gründen heraus nicht berücksichtigt, u. a. wenn es sich um chronische Patienten handelte, wenn Magnetenzephalographie die Methode war, da dieses Verfahren nur an wenigen Orten zur Verfügung steht, wenn es um perioperatives Monitoring ging. In dieser Analyse wurden die Daten von 466 Patienten, die zwischen 1982 und 2005 publiziert worden sind, berücksichtigt. Der Zeitpunkt der SSEP-Untersuchung war heterogen und lag zwischen dem ersten Tag und ca. 8 Wochen nach Schlaganfall. Auch die Nachbeobachtungszeit schwankte erheblich und lag zwischen ca. 8 Wochen und 6 Monaten. Zum Teil wurden Korrelationsanalysen, z. T. auch schrittweise Regressionsanalysen durchgeführt. Die Einteilung der Patienten erfolgte entweder dichotomisiert (SSEPs auslösbar oder nicht) oder in 3 Gruppen (SSEP normal, SSEP ableitbar, aber anormal, SSEP fehlend). Es wurden auch Hirnblutungen untersucht, aber getrennt von den Ischämien ausgewertet (Tzvetanov et al., 2005). Als klinische Kriterien wurden z. T. motorische Funktionen, überwiegend jedoch das funktionelle Outcome gemäß dem Barthel-Index herangezogen. In einigen Studien (Macdonell et al., 1989; Pereon et al., 1995; Timmerhuis et al., 1996; Feys et al., 2000) wurden Vergleiche zwischen der prognostischen Relevanz von SSEPs und MEPS durchgeführt. Die Daten von einigen Studien (La Joie et al., 1982; Chester et al., 1989; MacDonell et al., 1989; Péréon et al., 1995; Hendricks et al., 1997) konnten gepoolt werden, da Ergebnisse individuell dargestellt wurden. Als SEP-Einteilungskriterien gab es „normal“, „abnorm“ (Latenz oder Amplitude pathologisch) und „fehlend“. In klinischer Hinsicht gab es gute Erholung“, „mäßige Erholung“ und „schlechte Erholung „.

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Initial fehlende kortikale SSEPs waren in 71 Fällen mit einer schlechten Erholung, in 6 Fällen mit einer mäßigen und in 9 Fällen mit einer guten Erholung assoziiert. Bei abnormen SSEPs kam es in 10 Fällen zu einer schlechten, in 6 Fällen zu einer mäßigen und in 5 Fällen zu einer guten Erholung. Bei normalen SSEPs kam es in 30 Fällen zu einer guten, in 8 Fällen zu einer mäßigen und 9 Fällen zu einer schlechten Erholung. Zur Berechnung von Sensitivität und Spezifität wurden nur normale versus fehlende SSEPs und gute versus schlechte Erholung berücksichtigt. – Sensitivität (wie oft sagt ein fehlendes SSEP in der Frühphase eine schlechte oder fehlende Funktionserholung voraus): 0.89 – Spezifität (wie oft sagt ein initial nachweisbares SSEP eine mindestens partielle Funktionserholung voraus): 0.74 Als wesentliche Aussagen ergeben sich: 1. Das Fehlen der kortikalen Antworten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer schlechten Prognose hinsichtlich einer Erholung motorischer Funktionen verbunden (La Joie et al., 1982), schließt eine Funktionserholung allerdings nicht aus (MacDonell et al., 1989; Péréon et al., 1995; Hendricks et al., 1997) (hohe Qualität der Evidenz). 2. Bei Nachweis von kortikalen SSEPs ist der weitere Verlauf nicht sicher vorhersagbar. Es kann sowohl zu einer guten Erholung, aber auch weitgehender Persistenz des motorischen Defizits kommen (mittlere Qualität der Evidenz) (La Joie et al., 1982; Chester et al., 1989; Gott et al., 1990; Keren et al., 1993). 3. Im Vergleich der prognostischen Aussagekraft waren die SSEPs den MEPs unterlegen (Macdonell et al., 1989; Pereonet al., 1995; Timmerhuis et al., 1996). Insbesondere bei schrittweisen Regressionsanalysen blieben die MEPs als prädiktiver Faktor erhalten, die SSEPs hingegen nicht (Pereon et al., 1995; Timmerhuis et al., 1996). In der Studie von Feys et al. (2000) war die prognostische Relevanz vom Zeitpunkt der Untersuchung abhängig: In der Frühphase waren die SSEPs prognostisch wichtiger, bei Untersuchung 2 Monate nach dem Schlaganfall waren die MEPs relevanter (mittlere Qualität der Evidenz). In der Studie mit der größten Patientenzahl (n = 130) ergab sich eine mäßige Korrelation (r = 0.34) zw. Barthel-Index und N20 Amplitude bei Ischämien sowie zwischen Rankin-Skala und N20 (r = -0.34) bei Blutungen. Bei großen Blutungen ergab sich eine schlechtere Korrelation (Tzvetanov et al., 2005).

• Schlussfolgerung und Empfehlung 2 Die Durchführung einer Medianus-SSEP-Untersuchung zur Prognose wird nicht generell für alle Schlaganfall-Patienten empfohlen. Wenn möglich, sollte zur Frage einer motorischen Funktionserholung eine TMS-Untersuchung durchgeführt werden, da diese prognostisch aussagekräftiger ist (Empfehlungsgrad B). SSEP-Ergebnisse sind bei Fehlen einer kortikalen Antwort prognostisch aussagefähiger als bei erhaltener kortikaler Antwort (Empfehlungsgrad B).

Interessenvermerk keine Angaben Literatur 1. Catano A, Houa M, Caroyer JM, Ducarne H, Noel P. Magnetic transcranial stimulation in non-haemorrhagic sylvian strokes: interest of facilitation for early functional prognosis. Electroencephalogr. Clin. Neurophysiol. 1995; 97: 349-354.

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MRI for assessment of prognosis in acute stroke within 6 hours. Cerebrovasc Dis 2004; 18: 130-134. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Joachim Liepert Kliniken Schmieder Zum Tafelholz 8 D-78476 Allensbach E-Mail: [email protected]

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Kapitel 7: Wert der zerebralen Bildgebung nach ischämischem Hirninfarkt für die Rehabilitation K.M. Stephan, E. Breer, St. Mauritius Therapieklinik, Meerbusch

1. Einleitung und Hintergrund 1.1 Definition Als zerebrale Bildgebung gelten Verfahren, die mit oder ohne Kontrastmittel eine nicht-invasive Darstellung des Hirngewebes einschließlich seiner Gefäße ermöglichen. Die gebräuchlichsten Methoden sind zur Zeit die Computertomographie und die Kernspintomographie. Letztere ermöglicht nicht nur eine strukturelle Darstellung des Hirngewebes, sondern auch der hirnversorgenden extra- und intrakraniellen Gefäße und kann mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie Hinweise auf die Hirnfunktion geben. Untersuchungen mit nuklearmedizinischen Tracern werden im Folgenden nicht behandelt. 1.2 Relevante Patientenpopulation Die folgenden Ausführungen beziehen sich zunächst nur auf ischämische Durchblutungsstörungen. 1.3 Abgrenzung der Aufgabenschwerpunkte zwischen Akutklinik und Rehabilitationseinrichtung Da nach einem Schlaganfall die gleichen Patienten zunächst in der Akutklinik und danach häufig in einer Rehabilitationseinrichtung behandelt werden, sollten die jeweiligen Behandlungen im Sinne einer Behandlungskette aufeinander aufbauen. Der Schwerpunkt der Behandlung im Akutkrankenhaus liegt auf der initialen Diagnosestellung, der Akutbehandlung und der Einleitung der Sekundärprophylaxe, der Schwerpunkt der rehabilitativen Einrichtung auf der Therapieplanung und deren Implementation unter Berücksichtigung von Diagnose, Klinik und Prognose sowie die weitere Implementation der vom Akutkrankenhaus vorgeschlagenen Sekundärprophylaxe sowie ggf. deren Adaptation, sofern sich im Behandlungsverlauf neue Aspekte ergeben. Diese unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkte im Akutkrankenhaus und in der Rehabilitationseinrichtung leiten zu den unterschiedlichen Fragen über, die im akutmedizinischen und rehabilitativen Kontext an die zerebrale Bildgebung gestellt werden: Fragen nach Diagnose, Differentialdiagnose, initialer Prognose und Risikofaktorenabklärung einschließlich Subtypen-Einteilung des ischämischen Schlaganfalls in der Akutklinik, Fragen nach Lokalisation und Größe der aktuellen Schädigung, Ausmaß der Vorschädigung sowie ggf. morphologischer und funktioneller Veränderungen im Zeitverlauf in der Rehabilitationsklinik. Dabei sollte der in der Rehabilitation tätige Arzt davon ausgehen können, dass vor Einleitung der Sekundärprophylaxe in der Akutklinik leitliniengemäß (z. B. DGN [Deutsche Gesellschaft für Neurologie], ESO [European Stroke Organization]) eine zerebrale Bildgebung durchgeführt worden ist, die geeignet ist, andere Hirnerkrankungen, z. B. Blutungen, zerebral entzündliche Prozesse, Hirntumoren auszuschließen und die zerebrale Ischämie möglichst zu verifizieren (siehe Empfehlung 3.1).

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1.4 Rehabilitationsrelevante Fragestellungen (i) Der mögliche Beitrag der Ergebnisse der zerebralen Bildgebung zur Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils zu Beginn der Therapie, (ii) der prognostische Wert der zerebralen Bildgebung für die subakute und chronische Phase nach Schlaganfall, sowie (iii) ihre Rolle als mögliche Entscheidungshilfe für die Anwendung spezieller Therapieverfahren sind zentrale Fragestellungen der neurologischen Rehabilitation. In den letzten Jahren wird der Schlaganfall zunehmend nicht als isoliertes Geschehen, sondern als Teil einer zerebrovaskulären Erkrankung verstanden, in deren Rahmen das Rezidivrisiko innerhalb der ersten Wochen und Monate nach einem ischämischen Schlaganfall besonders hoch ist. Da dieses auch die Zeit ist, in der sich der Patient meist in rehabilitativer Behandlung befindet, ist das Interesse an Aussagen, die die zerebrale Bildgebung über das Rezidivrisiko geben kann, besonders groß. Dieser Teil ist wird im epidemiologischen Eingangsteil der Leitlinie behandelt werden. Schließlich ermöglicht die zerebrale Bildgebung immer weitergehende Einblicke in die Physiologie und Pathophysiologie nach Schlaganfall einschließlich der Plastizitätsvorgänge, die Grundlage jeder Rehabilitationsbehandlung sind. Das Streben, neues Wissen mit dem Bewährtem zu verbinden, das Kennzeichen evidenzbasierter Medizin, ist eine besondere Herausforderung für die Zukunft. Ein Ausblick, inwieweit diese neuen Erkenntnisse und Möglichkeiten die neurologische Rehabilitation und damit sinnvollerweise auch die Leitlinienarbeit beeinflussen werden, steht am Ende dieses Leitlinienteils. Damit geht dieser Leitlinienteil am Ende bewusst über die klassische Funktion einer Leitlinie hinaus und öffnet auch den Blick auf zukünftige Entwicklungen. 1.5 Aufbau der Leitlinie Aus den genannten Fragestellungen ergibt sich der Aufbau dieses Leitlinienteils: 1. Einleitung und Hintergrund 2. Methodische Überlegungen 3. Beitrag der zerebralen Bildgebung zur Sicherheit der Diagnose 4. Der Beitrag der zerebralen Bildgebung zur Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils 5. Läsionsort und -größe sowie Ausmaß der zerebralen Vorschädigung als prognostische Faktoren und als Basis für Therapieentscheidungen 6. Funktionelle Veränderungen als prognostische Faktoren und als Basis für Therapieentscheidungen 7. Ausblick: Die Rolle der zerebralen Bildgebung für eine hypothesengesteuerte und evidenzbasierte Neurorehabilitation

2. Methodik und Überblick über die Suchstrategien 2.1 Methodik Für generelle Methodikfragen wird auf den einführenden Methodikteil verwiesen. Spezielle Aspekte für diesen Leitlinienteil werden in den kommenden Abschnitten behandelt. Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, dass für epidemiologische und prognostische Studien die Kohortenstudien – und nicht randomisierte kontrollierte Studien – den höchsten Evidenzgrad besitzen (siehe Oxford Klassifikation für einzelne Studien im Methodikteil).

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2.2 Allgemeine Ausführungen zu den Suchstrategien Sowohl für den Vergleich zwischen zerebraler Bildgebung und Klinik als auch für prognostische Fragestellungen dienen als Zielvariablen Scores, die – entsprechend der ICF-Klassifikation – die Funktion, das Aktivitätsniveau oder das Ausmaß der Partizipation beschreiben. Die meisten neurologischen Skalen, die nach einem Schlaganfall erhoben werden, z. B. NIHSS (National Institute of Health Stroke Scale) und SSS (Scandinavian Stroke Scale), werden dabei den Funktions-Scores zugeordnet. Barthel-Index (BI) und Functional Indepence Measurement (FIM) sind die häufigsten Skalen, die das Aktivitätsniveau beschreiben. Die Armfunktion wird dabei besser durch die NIHSS oder SSS erfasst, die Mobilität durch BI oder FIM. Das Ausmaß der Partizipation wird am häufigsten mit der modified Rankin Scale (mRS) oder der Glasgow Outcome Scale (GOS) erfasst. Werden andere Skalen genutzt, so ist dies in den Evidenztabellen vermerkt, ebenso die Zuordnung dieser Skalen zu einer der drei Kategorien Funktion, Aktivität und Partizipation. Da fast alle gebräuchlichen Skalen Elemente (Items) aus mehreren dieser drei Kategorien untersuchen, ist die Einteilung fast nie eineindeutig, sondern muss sich am Schwerpunkt der Skalen orientieren. Wurden spezielle Skalen für die Arm- oder Beinfunktion untersucht, so wurde dies nicht nur in der Evidenztabelle, sondern auch in den Synopsen getrennt vermerkt. Zerebrale Bildgebungsvariablen sind Läsionsgröße (4.1; 5.1), Läsionslokalisation (4.1 + 2; 5.2) und Ausmaß der Vorschädigung (4.2 + 5.3) jeweils im CT oder MRT. Als Zeitpunkt der Untersuchung kommen sowohl das Akutstadium (1. Woche), das Subakutstadium (2. Woche bis 6 Monate) als auch das chronische Stadium (> 6 Monate) in Frage (Definitionen siehe Einleitung). Im Akutstadium können sich die Ergebnisse von CT- und MRT-Untersuchungen deutlich unterscheiden: Da im konventionellen CCT, das initial zum Blutungsausschluss angefertigt wird, ischämische Läsionen initial häufig nicht erkennbar sind, können aus Standard CT-Untersuchungen, die innerhalb der ersten 12 – 24 Stunden nach Symptombeginn angefertigt wurden, oftmals keine zuverlässigen Aussagen über Läsionslokalisation und -größe gewonnen werden. Diese Angaben können zuverlässiger ab dem 2. oder 3. Tag nach Infarktbeginn bewertet werden. MRT-Untersuchungen hingegen ermöglichen insbesondere mit Hilfe von Diffusionswichtungen (DWI) und ggf. Perfusionswichtungen (PWI) bereits wenige Stunden nach dem Ereignis in der Regel eine zuverlässige Vorhersage über die voraussichtliche Läsionsgröße. Somit können beim MRT schon die initialen Daten nach Schlaganfall zur prognostischen Vorhersage genutzt werden. Für den prognostischen Wert spielt aber auch hier der Zeitraum zwischen Symptombeginn und der Durchführung des MRT-Scans eine wesentliche Rolle (siehe 5.1). Im Subakutstadium und im chronischen Stadium können beide, CT und MRT, zur Bestimmung der Läsionsgröße, der Läsionslokalisation und des Ausmaßes der Vorschädigung herangezogen werden. Allerdings muss beim CT die Phase der ödematösen Veränderungen 2 bis 4 Wochen nach Symptombeginn besonders bei älteren Studien beachtet werden, zudem sind kleinere Läsionen sowie infratentorielle Läsionen vor allem im Bereich des Hirnstamms im CT häufig schlechter zu erkennen als im MRT.

3. Der Beitrag der zerebralen Bildgebung zur Diagnosesicherheit 3.1 Sicherheit der Diagnose Grundlage für eine konsequente sekundärprophylaktische Behandlung und entscheidend für eine Abschätzung des weiteren klinischen Verlaufs während einer Rehabilitationsbehandlung ist die Sicherheit der Diagnose. Dabei ist zunächst die Unterscheidung von intrazerebraler Blutung und ischämischem Infarkt von großer Bedeutung. Im Akutstadium eines

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Schlaganfalls ist diese Unterscheidung insbesondere vor einer möglichen Lysebehandlung in jedem einzelnen Individuum mit großer Sicherheit zu treffen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass die klinische Symptomatik alleine eine zuverlässige Unterscheidung nicht bei allen Patienten zulässt, z. B. Schaafsma, 1968; Mohr et al., 1978, Bogouslavsky et al., 1988, Allen et al., 1983, Poungvarin et al., 1991, Besson et al., 1995. Als Beispiele seien zwei Kohortenstudien guter Qualität genannt, die diese Aussage übereinstimmend bestätigen (siehe Synopse 3.1). Da es sich hier primär um eine akutmedizinische Fragestellung und deren Relevanz für die Rehabilitation handelt, wurde für diese Fragestellung (Sicherheit der Diagnose) keine systematische Literatursuche vorgenommen. Es wird auf entsprechende akutmedizinische Leitlinien der DGN (Deutsche Gesellschaft für Neurologie) und der ESO (European Stroke Organization) verwiesen. Beide empfehlen, während des Akutstadiums eines Schlaganfalls eine zerebrale Bildgebung durchzuführen. Diese erste zerebrale Bildgebung erlaubt im Frühstadium eines zerebralen Schlaganfalls jedoch nicht immer einen direkten Nachweis einer ischämischen Läsion, insbesondere nicht im CT (von Kummer et al., Radiology 2001). In Übereinstimmung mit den Leitlinien der Europäischen Schlaganfallorganisation (ESO) stellen wir somit fest:

• Evidenz 3.1 Klinische Kriterien alleine erlauben keine sichere Zuordnung zu einem ischämischen oder hämorrhagischen Subtyp des Schlaganfalls. Ein Blutungsausschluss ist jedoch mit CT-Scans und mit etwas größerer Unsicherheit auch mit MRT-Scans innerhalb der ersten Stunden nach Beginn der Symptomatik möglich. CT-Scans in diesem Frühstadium erlauben jedoch häufig noch keinen positiven Nachweis einer ischämischen Durchblutungsstörung, in seltenen Fällen trifft dieses auch für MRT-Scans zu.

Synopse 3.1.: Korrelation zwischen klinischem Befund und Schlaganfall-Subtyp (Ischämie/Blutung) 3.2 Bedeutung der Diagnosesicherheit für den rehabilitativen Alltag Während einer Rehabilitationsbehandlung wird manchmal die Sekundärprophylaxe modifiziert, z. B. nach Besserung der Gangsicherheit eine orale antikoagulative Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten, z. B. mit Marcumar, begonnen. Daher sollte eine zerebrale Bildgebung neben der Verifizierung der Diagnose auch dem Ausschluss größerer sekundärer Einblutungen in ischämische Areale dienen und ggf. auch im Verlauf durchgeführt werden. Klinische Relevanz und die Übereinstimmung der Ergebnisse mit anderen Leitlinien (z. B. ESO, 2008) führt zu einer Empfehlung der Empfehlungsstärke B.

• Empfehlung 3.2 Es sollte vor der Einleitung einer Sekundärprophylaxe und somit in der Regel vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme eine zerebrale Bildgebung vorliegen, die von Umfang und Qualität her geeignet ist, andere Hirnerkrankungen (z. B. Blutungen, zerebral

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entzündliche Prozesse, Hirntumoren) möglichst sicher auszuschließen (Empfehlungsgrad B). Sinnvoll ist zudem, die zerebrale Ischämie auch positiv zu verifizieren. Bezüglich des frühestmöglichen Beginns einer oralen Antikoagulation liegen bisher keine Daten mit hohem Evidenzgrad vor.

4. Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils Die Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils zu Beginn der Rehabilitation stützt sich vor allem auf eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung. Prinzipiell kann die zerebrale Bildgebung zusätzlich Aussagen über Größe und Lokalisation einer akuten ischämischen Durchblutungsstörung geben und Informationen über das Ausmaß einer eventuell bestehenden zerebralen Vorschädigung beisteuern. Die Frage ist, ob die zerebrale Bildgebung einen Beitrag zur Erstellung eines solchen initialen Funktions- und Fähigkeitsprofils leisten kann, der die folgende Rehabilitationsbehandlung beeinflusst. Um diese Frage näher zu untersuchen, wurde folgende Suchstrategie in „Medline“ (Pubmed) angewendet: ({Cerebrovascular accident} OR {stroke} OR {cerebrovascular disorders}) – AND ({magnetic resonance imaging} OR {diffusion weighted imaging} OR {perfusion weighted imaging} OR {infarct volume} OR {lesion volume} OR {lesion size} OR {lesion site} OR {lesion pattern}) – AND ({activities} OR {activities of daily living} OR {quality of life} OR {sensorimotor} OR {independence} OR {motor} OR {sensory} OR {dexterity} OR {hand movements} OR {arm movements} OR {leg movements} OR {gait} OR {neurological signs}) – AND {randomized controlled trial} – AND {human} Die systematische Literatursuche erbrachte 102 Treffer. Dabei fand sich keine Studie höherer Evidenz (Evidenzniveau I oder II nach der Oxford-Klassifikation für individuelle Studien), die direkt der Frage nachging, ob die Ergebnisse der zerebralen Bildgebung ein Funktions- und Fähigkeitsprofil zu Beginn einer Rehabilitationsbehandlung so ergänzen, dass der Rehabilitationsverlauf direkt beeinflusst wird. Von daher wurde in dem folgenden Teil klinische Erfahrung zusammengefasst und exemplarisch mit Literaturstellen erläutert. Eine systematische Gegenüberstellung zwischen Funktion und Struktur wurde nicht vorgenommen. Sie ginge von Umfang und inhaltlicher Zielsetzung her über den Rahmen dieser Leitlinie hinaus. 4.1 Lokalisation und Größe isolierter Infarkte Nach klinischer Erfahrung korrelieren die Lokalisation und die Größe eines neuen Infarktes mit Ausmaß und Art einer Funktionsstörung. Dies gilt vor allem dann, wenn zum Zeitpunkt der ischämischen Durchblutungsstörung noch keine wesentlichen Vorschädigungen des ZNS vorliegen. Alltägliche neurologische Arbeit lehrt aber auch, dass diese Korrelation im Einzelfall häufig nicht sehr hoch ist, insbesondere wenn die Läsion nicht die primären sensorischen oder motorischen Areale oder Bahnen betrifft. Exemplarisch seien zwei Arbeiten für den kortikospinalen Trakt genannt, für den eine besonders enge funktionell-anatomische Korrelation angenommen wird (siehe Synopse 4.1). Diese Korrelation dient gleichzeitig als Basis für prognostische Aussagen (5.2.1).

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Die Ergebnisse der beiden Arbeiten zeigen entsprechend dem physiologischen Wissen eine Korrelation zwischen Lokalisation und Ausmaß der Waller’schen Degeneration des kortikospinalen Trakts und dem klinischen Defizit. Wie zu erwarten, weist dabei auch die funktionelle Anatomie des kortikospinalen Traktes eine physiologische Variabilität auf. Die Lokalisation einer Hirnschädigung kann somit nach den Kenntnissen der funktionellen Neuroanatomie Hinweise auf eine mögliche Funktionsstörung bei einem Patienten nach Schlaganfall geben. Besonders bei Patienten, bei denen die Anamnesefähigkeit (reduziertes Bewusstsein, Aphasie) oder Untersuchungsfähigkeit (Ausmaß sensorischer oder neuropsychologische Defizite bei Patienten mit reduziertem Bewusstsein) eingeschränkt ist, können diese Hinweise auch klinisch wertvoll sein. Diese Feststellung ist allerdings nicht durch systematische Studien belegt, sondern baut auf klinischer Erfahrung auf. Sie hat daher nur einen niedrigen Evidenzgrad (Expertenmeinung).

Synopse 4.1: Korrelation zwischen Lokalisation und Ausmaß der Schädigung und der Funktion für den kortikospinalen Trakt (CST) 4.2 Ausmaß subkortikaler und periventrikulärer (Mar klager-)veränderungen Besondere Aufmerksamkeit kommt in den letzten Jahren den unspezifischen (Marklager-) veränderungen zu, die vor allem periventrikulär und subkortikal auftreten. Ihre Ätiologie ist letztendlich nicht sicher geklärt, vermutlich spielen mikrovaskuläre Störungen eine Rolle. Mehrere Studien haben gezeigt, dass das Vorhandensein von Marklagerläsionen mit dem Alter zunimmt (siehe Synopse 4.2). Dabei treten Gangstörungen sowie leichte kognitive Einschränkungen meist sehr langsam auf, so dass sie häufig weder von den Patienten noch von den Angehörigen oder Freunden und Arbeitskollegen als Zeichen einer Erkrankung angesehen werden. Die betroffenen älteren Menschen gelten somit sowohl im Alltag als auch für die meisten Studien als gesund. Das klinische Bild dieser generalisierten Marklagerveränderungen unterscheidet sich von dem neuer isolierter Infarkte. Dies wurde in einer rezenten Studie bei einer größeren Patientenpopulation mit möglicher vaskulärer dementieller Entwicklung (n = 706) gezeigt: zerebrale Infarkte, die größer sind als Lakunen (>2 cm) korrelierten besonders häufig mit dem Auftreten von Hemiparesen, hemisensorischen Defiziten, hemiparetischen Gangstörungen und Reflex-Asymmetrien sowie Aphasie und Hemianopsien, während Schädigungen der weißen Substanz (white matter hyerintensities) vor allem mit dem Auftreten von Dysarthrie, Dysphagie, einer parkinsonoiden Gangstörung sowie Rigidität assoziiert waren (Staekenborg et al., 2008). Indirekt lässt sich aus den bisherigen Ausführungen folgern, dass bei einem neuen Schlaganfall, der auch in der zerebralen Bildgebung sichtbar ist, zusätzlich nachweisbare Hyperintensitäten des Marklagers im zerebralen CT oder MRT nahelegen, dass nicht alle klinisch festgestellten Defizite auf den neuen Schlaganfall zurückzuführen sind, sondern teilweise schon vorher (subklinisch) bestanden haben können. Aufgrund der indirekten Ableitung hat diese Aussage aus methodischen Gründen nur einen niedrigen Evidenzgrad. Studien, die diese Fragestellung auf höherem Evidenzniveau direkt untersucht haben, sind nicht vorhanden.

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• Evidenz 7.4.1 + 7.4.2 Die Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils zu Beginn der Rehabilitation stützt sich vor allem auf eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung. Die zerebrale Bildgebung kann nur in begrenztem Umfang einen Beitrag zur Erstellung dieses Profils leisten, insbesondere dann, wenn Anamnese und Untersuchung aufgrund des klinischen Zustands des Patienten eingeschränkt sind (Expertenmeinung, niedriges Evidenzniveau). Zusätzliche zerebrale Vorschädigungen können allerdings darauf hinweisen, dass einige der festgestellten klinischen Defizite nicht allein auf das letzte klinische Ereignis zurückzuführen sind (abgeleitete Aussage, daher niedriges Evidenzniveau). Das Ausmaß der Vorschädigung kann somit nicht nur das gegenwärtige Funktions- und Fähigkeitsprofil beeinflussen, sondern auch das Erholungspotential nach Schlaganfall einschränken (siehe 5.3).

Synopse 4.2: Korrelation zwischen klinischen Daten und dem Ausmaß der Schädigung des Marklagers 4.3 Empfehlungen für den rehabilitativen Alltag Alleine zur Erstellung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils ist eine zerebrale Bildgebung bei wachen, orientierten und nicht sprachgestörten Patienten in der Regel nicht notwendig. Für Patienten, bei denen sich Diskrepanzen zwischen der klinischen Symptomatik und der mitgeteilten Diagnose bzw. zwischen aktuellem klinischen Status und dem Ergebnis der initialen zerebralen Bildgebung ergeben, kann die Notwendigkeit für eine erneute Bildgebung bestehen. Zusammenfassend erfolgt bei niedrigem Evidenzniveau aufgrund der möglichen klinischen Relevanz eine Empfehlung der Stärke B.

• Empfehlung 4.3 Kann die klinische Symptomatik nicht allein durch den aktuellen Schlaganfall erklärt werden, so sollte – ggf. nach Ausschluss nicht-neurologischer oder spinaler oder peripherer neurologischer Ursachen – eine zerebrale Bildgebung hinzugezogen werden (Empfehlungsgrad B).

Im klinischen Alltag kann somit eine zerebrale Bildgebung im Rehabilitationsverlauf insbesondere bei Patienten mit kognitiven Einschränkungen oder mit Veränderungen des Bewusstseins zur Ergänzung eines Funktions- und Fähigkeitsprofils hilfreich sein.

5. Läsionsort und –grösse sowie Ausmass der zerebralen Vorschädigung als prognostische Faktoren und als Basis für Therapieentscheidungen Prognostischer Wert von CCT- und MRT-Parametern für das Ausmaß der funktionellen Erholung – Einleitung

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Der prognostische Wert klinischer und demographischer Variablen für die funktionelle Erholung nach Schlaganfall ist bekannt. Insbesondere der initiale neurologische Status, das Alter, die funktionelle Fähigkeiten vor dem Schlaganfall sowie das Vorliegen vaskulärer Risikofaktoren, z. B. Bluthochdruck und Diabetes mellitus, haben einen prognostischen Wert für das Ausmaß der Funktionserholung. Aber auch CCT- und MRTParameter haben eine prognostische Aussagekraft hinsichtlich des funktionellen Status nach einem Schlaganfall. Die Evidenz für diese Aussage wird im Folgenden untersucht. Als Zielvariablen dienen dabei Scores, die – entsprechend der ICF Klassifikation – die Funktion, das Aktivitätsniveau oder das Ausmaß der Partizipation beschreiben (siehe 2.2). In der vorliegenden Auswertung wurden nur Arbeiten berücksichtigt, deren Hauptendpunkt drei Monate oder länger nach dem initialen Schlaganfallereignis lag. Zeitlich früher gelegene Endzeitpunkte geben keine ausreichende Auskunft über die weitere funktionelle Entwicklung des Patienten. Selbst zu diesem Zeitpunkt können sich Funktionen und Aktivitäten noch weiter verbessern und kann das Ausmaß der Partizipation häufig noch nicht zuverlässig beurteilt werden. Dabei wurde die folgende Suchstrategie genutzt: ({Cerebrovascular accident} OR {stroke} OR {cerebrovascular disorders}) – AND ({magnetic resonance imaging} OR {diffusion weighted imaging} OR {perfusion weighted imaging} OR {infarct volume} OR {lesion volume} OR {lesion size} OR {lesion site} OR {lesion pattern}) – AND ({prognos*} OR {predict*} OR {incidence} OR {mortality} OR {course} OR {follow-up}) – AND ({activities} OR {activities of daily living} OR {quality of life} OR {sensorimotor} OR {independence} OR {motor} OR {sensory} OR {dexterity} OR {hand movements} OR {arm movements} OR {leg movements} OR {gait} OR {neurological signs}) – AND {cohort-study} – AND {human} Da es sich um eine prognostische Fragestellung handelt, sind Kohortenstudien und nicht-randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) die Studien mit dem höchsten Evidenzgrad (siehe 2.1 und gemeinsame methodische Einleitung). Insgesamt fanden sich 725 Studien. Aufgrund des Suchschemas handelte es sich dabei ca. zur Hälfte um Studien nach Herzinfarkt und zur Hälfte nach Schlaganfall. Der Versuch, kardiale Fragestellungen von vorneherein auszuschließen, führte parallel zu einer deutlichen Reduktion der Treffer auch im Schlaganfallbereich, so dass letztendlich die kardialen Studien per Hand aussortiert wurden. Das Ergebnis umfasste sowohl Studien, die den prognostischen Wert für die Läsionsgröße als auch den für die Lokalisation untersuchten. Hinsichtlich der Lokalisation untersuchten die Studien vor allem den prognostischen Wert von Schädigungen des kortikospinalen Trakts, des Thalamus und der Insula sowie von konfluierenden Läsionen des Marklagers. Dementsprechend stehen auch Studien für den prognostischen Wert der Läsionsgröße insgesamt (5.1), sowie für den von Schädigungen der genannten neuroanatomischen Strukturen (5.2) und des weißen Marklagers (5.3) im Vordergrund der folgenden Ausführungen. Während sich die Läsionsgröße (5.1) und Läsionslokalisation (5.2) vor allem auf aktuelle Schädigungen bezieht, handelt es sich bei Schädigung des weißen Marklagers fast immer um chronische Läsionen. Selbst bei eindeutiger klinischer Verschlechterung ist eine frische Läsion bei vorbestehenden Marklagerschädigungen bildmorphologisch häufig nicht identifizierbar. Von den insgesamt 725 Studien waren 67 für das Thema relevant. 19 Studien guter Qualität adressierten direkt die oben genannten Fragestellungen. Die Ergebnisse wurden durch eine

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Handsuche ergänzt, so dass insgesamt 35 Studien in die weitere Auswertung eingeschlossen wurden. 5.1 Läsionsgröße Mehrere Studien haben den Zusammenhang zwischen (initialer) Läsionsgröße und funktionellen Scores mindestens drei Monate nach dem Schlaganfallereignis untersucht. Dabei wurde sowohl der prognostische Wert der Läsionsgröße allein (5.1.1) als auch der prognostische Wert im Vergleich mit anderen klinischen und demographischen Daten (5.1.2) ermittelt. 5.1.1 Hat die Läsionsgröße einen prognostischen Wert für die funktionelle Erholung? Für diese Fragestellung fanden sich sechs Studien, die sie direkt adressierten. Die folgende Synopse gibt eine Übersicht über die Einzelarbeiten. Die ersten fünf Studien untersuchen Patienten mit supratentoriellen Läsionen, die sechste mit infratentoriellen Läsionen. Weitere Einzelheiten sind der Evidenztabelle 5.1.1 im Anhang zu entnehmen. Bewertung der Einzelstudien: Bei den sechs Studien handelt es sich um vier prospektive Kohortenstudien, eine retrospektive Kohortenstudie und eine Fallserie. Prospektive Kohortenstudien haben nach der Oxford-Klassifikation für prognostische Fragestellungen die höchste Evidenzstufe (Ib), eine Abwertung auf Grund der Todesfälle zwischen Studienbeginn und dem Nachuntersuchungstermin wurde nicht durchgeführt (siehe Einleitung). Studien mit einer Beobachtungsdauer von mehr als 3–6 Monaten nach akutem Schlaganfall müssten ansonsten fast „automatisch „ heruntergestuft werden, da auf Grund der Todesfälle die meisten dann eine Nachbeobachtungsrate von unter 80 % hätten. Die Kohortenstudie von Engelter et al. 2004 wurde wegen geringer Fallzahl von Ib auf IIb heruntergestuft. Die Fallserie erreicht definitionsgemäß die Evidenzstufe IV. Weitere Einzelheiten finden sich in den Bewertungsbögen und in den Evidenztabellen. Methodische und inhaltliche Qualität der Evidenz für die Fragestellung Alle sechs Studien haben die funktionelle Qualität der Patienten mindestens drei Monate nach dem Schlaganfall als Studienendpunkt. Somit handelt es sich jeweils um eine direkte Evidenz. Inhaltlich zeigen die fünf oben genannten Studien, dass die Größe einer supratentoriellen ischämischen Läsion einen prognostischen Wert für die funktionelle Verbesserung im subakuten und chronischen Stadium nach Schlaganfall hat. Dieser prognostische Wert gilt sowohl für MRT-Läsionsvolumina innerhalb der ersten Stunden und Tage nach dem Akutereignis, als auch für Läsionsvolumina, die innerhalb der zweiten Woche erhoben wurden. Dabei ist der prognostische Wert für die Funktionsskalen, für ADL-Scores und für das Ausmaß der Selbstständigkeit (modifizierte Rankin Skala) durch jeweils mindestens zwei Ib-Studien belegt, allerdings umfasst jeweils mindestens eine von beiden nur Patienten nach MCA-Infarkten. Für infratentorielle Strukturen ist dieser Zusammenhang nicht nachgewiesen (Engelter et al., 2004). Allerdings kann auf der relativ geringen Zahl der untersuchten Patienten der Zusammenhang auch nicht sicher abgelehnt werden. Die Aussagen der Studien sind für supratentorielle Läsionen somit inhaltlich kongruent und es findet sich eine hohe methodische und inhaltliche Gesamtevidenz für die folgende Aussage:

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• Evidenz 5.1.1 Die Läsionsgröße innerhalb der ersten zwei Wochen nach supratentoriellem Schlaganfall hat für die betroffenen Patienten einen prognostischen Wert hinsichtlich der Verbesserung ihrer Funktionen, ihrer Aktivitäten und des Ausmaßes ihrer Selbstständigkeit drei bis zwölf Monate später (hoher Evidenzgrad). Besonders gut ist dies für Patienten nach einem Infarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebri media belegt.

Die klinische Empfehlung, die aus dieser Zusammenschau folgt, wird am Ende des nächsten Abschnittes 5.1.2 gemeinsam für beide Abschnitte gegeben.

Synopse 5.1.1.: Prognostischer Wert der Läsionsgröße für die funktionelle Erholung. Die Charakteristika geben Studiendesign, Studienpopulation und Stichworte zur Art der bildgebenden Untersuchung (Untersuchungszeitraum in Klammern) sowie ggf. zur statistischen Auswertung an. Das Studienergebnis gibt in Stichworten die positive oder negative Korrelation von Bildgebungsdaten mit Funktionen (Fkt.), Aktivitäten (Akt.) oder Partizipation (Part.) zum Nachuntersuchungszeitpunkt (Zeitraum in Klammern) an. Der Evidenzgrad der Einzelstudien wurde nach der Oxford-Klassifikation für prognostische Studien bestimmt. 5.1.2 Hat die Läsionsgröße einen prognostischen Wert für die funktionelle Erholung, der über den einfacher demographischer Daten und einer klinischen Untersuchung hinausgeht? Von besonderem klinischen Interesse ist, ob dieser positive prädiktive Wert größer ist als der einer guten klinischen Untersuchung, ggf. kombiniert mit Angaben über das Alter, den funktionellen Status vor dem Schlaganfall und zerebrovaskuläre Risikofaktoren. Aus methodischen Gründen wird in den Studien das Ergebnis der klinisch-neurologischen Untersuchung meist durch das Ergebnis einer Schlaganfall-Skala (z. B. NIHSS oder SSS) ersetzt, die zumindest einige der Ergebnisse systematisch erfasst. Bewertung der Einzelstudien Die Studien sind überwiegend Kohortenstudien, diese haben für die prognostische Fragestellung einen hohen bis mittleren Evidenzgrad (siehe Synopse 5.1.2). In den Studien von Johnston et al. wurden teilweise retrospektiv Datensätze von Patienten untersucht, die in Medikamentenstudien aufgenommen worden waren. Auch wenn das Ergebnis dieser Studien negativ war, so kann ein Einfluss dieser Medikamente auf die Prognose doch nicht sicher ausgeschlossen werden. Auf Grund der retrospektiven Patientenauswahl wurden die Studien mit Oxford-Level IIb bewertet, die Studie von Johnston et al. (2000) wurde aufgrund zusätzlicher methodischer Mängel auf Evidenzgrad IV abgewertet, unter anderem wurden hier klinische Daten zum Aufnahmezeitpunkt mit Bildgebungsdaten 7–10 Tage nach Schlaganfall verglichen. Die Studien von Johnston et al., 2000 und 2002 beschreiben prinzipiell dieselben Patienten. Allerdings wurden in der zweiten Studie strengere Selektionskriterien angelegt und

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klinische Daten zum Zeitpunkt der CCT-Untersuchung (7–10d nach Schlaganfall) genutzt. Die Studie von Johnston et al. (2007) (neues Patientenkollektiv) enthält zusätzlich eine Validationsstudie für das entwickelte Prognose-Modell. Weitere Einzelheiten zur Bewertung der Einzelstudien finden sich in den Bewertungsbögen und in der Evidenztabelle 5.2.1. Methodische und inhaltliche Qualität der Evidenz für die Fragestellung Acht Kohortenstudien weisen mittlere und hohe methodische direkte Evidenz auf. Die abgewertete Studie von Johnston et al. (2000) wird in die folgende inhaltliche Bewertung zunächst nicht mit aufgenommen, zumal sie – wenn auch klinisch zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt – auf dasselbe Patientenkollektiv wie Johnston et al. (2002) zurückgreift. Inhaltlich haben 6 der 8 Arbeiten zunächst d en unabhängigen prognostischen Wert der Bildgebungsdaten für funktionelle Scores untersucht. Bis auf Wardlaw et al. (2002) und Hand et al. (2006) haben alle diese Arbeiten einen positiven prognostischen Wert der Läsionsgröße bestätigt (siehe 5.1.1). In den letzteren beiden Arbeiten fand sich zwar ein positiver Trend für die prognostische Wertigkeit der DWI-Läsionsgröße, er wurde aber nicht signifikant. Bei beiden Arbeiten wurden Patienten mit supra- und infratentoriellen Läsionen eingeschlossen. In der Zusammenschau wird so trotzdem die Aussage von 5.1.1, die ja nur für Patienten mit supratentoriellen Läsionen gilt, mit hoher methodischer und inhaltlicher Evidenz bestätigt. Ein zusätzlicher prognostischer Wert der Läsionsgröße über die klinische Untersuchung hinaus wurde von zwei von den acht Kohortenstudien mittlerer und hoher Evidenz gefunden (Baird et al., 2001; Johnston et al., 2007), in den anderen sechs Studien aber nicht bestätigt. In der Literatur werden sowohl die Möglichkeit einer unterschiedlichen Patientenauswahl (schwer oder leicht betroffene Patienten; supra- oder supra- und infratentoriell gelegene Läsionen) als auch einer unterschiedlichen Zielgröße (Funktion vs. Aktivitäten) diskutiert. Der Tendenz nach scheint die Läsionsgröße bei schwerer betroffenen Patienten eher einen zusätzlichen prognostischen Wert in Bezug auf die Verbesserung von Funktions- und Aktivitätsparametern zu haben als bei leicht betroffenen (siehe Hand et al., 2006) und bei Patienten mit supratentoriell gelegenen Läsionen eher als bei Patienten mit infratentoriellen Läsionen. Letzteres ist konsistent mit dem Ergebnis der einzigen Arbeit, in der gezielt Patienten mit infratentoriellen Läsionen untersucht wurden (Engelter et al., 2004, 5.1.1). Dort hatte schon die Läsionsgröße allein keinen prognostischen Wert für Funktionen und Aktivitäten. Da beide Vermutungen aus dem vorhandene Datenmaterial aber nicht sicher belegt werden können, kommt es formal zu folgender Aussage:

• Evidenz 5.1.2 Wird die Läsionsgröße innerhalb der ersten zwei Wochen nach supra- oder infratentoriellem Schlaganfall untersucht, so hat sie für die betroffenen Patienten keinen sicheren prognostischen Wert zusätzlich zu klinischen und demographischen Variablen hinsichtlich der Verbesserung ihrer Funktionen, ihrer Aktivitäten und des Ausmaßes ihrer Selbstständigkeit drei bis zwölf Monate später (hoher Evidenzgrad). Ein möglicher zusätzlicher prognostischer Wert ist vermutlich für schwerer betroffene Patienten größer als für leicht betroffene und für Patienten mit supratentoriellen Läsionen größer als für Patienten mit infratentoriellen Läsionen (sehr niedriger Evidenzgrad).

In der klinischen Praxis wird die Läsionsgröße häufig als zusätzlicher prognostischer Faktor genutzt, um Entscheidungen über die weitere Versorgung des Patienten (zustandserhaltende Pflege vs. weiterer Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik) zu treffen. Die oben genannte Evidenz unterstützt eine solche Praxis nicht. Allerdings erhält die zerebrale Bildgebung nicht nur Informationen über die Läsionsgröße, sondern auch über

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Lokalisation und Ausmaß der Vorschädigung. Pathophysiologische Überlegungen legen nahe, dass insbesondere die Kombination aus Läsionslokalisation und -größe eher ein zusätzlicher prognostischer Faktor für die zukünftigen Fähigkeiten sein könnten (siehe 5.2 und 5.3). Die folgende Empfehlung gilt daher zunächst nur für die Läsionsgröße ohne Beachtung von Lokalisation und Ausmaß der Vorschädigung.

Synopse 5.1.2.: Prognostischer Wert der Läsionsgröße für die funktionelle Erholung verglichen mit weiteren demographischen und klinischen Daten. Die Charakteristika geben Studiendesign, Studienpopulation und Stichworte zur Art der bildgebenden Untersuchung (Untersuchungszeitraum in Klammern) sowie ggf. zur statistischen Auswertung an. Das Studienergebnis gibt in Stichworten das Ergebnis einer Regressionsanalyse bzw. entsprechender nicht-parametrischer Tests von demographischen Daten, klinischen Daten und Bildgebungsdaten hinsichtlich der Funktionen (Fkt.), Aktivitäten (Akt.) oder Partizipation (Part.) zum Nachuntersuchungszeitpunkt (Zeitraum in Klammern) an. Der Evidenzgrad der Einzelst udien wurde nach der Oxford-Klassifikation für prognostische Studien bestimmt.

• Empfehlung 5.1 Die Läsionsgröße allein sollte bei Patienten mit supratentoriellen Läsionen nicht als zusätzlicher prognostischer Faktor zu individuellen demographischen und klinischen Daten für die Vorhersage der Funktionen, der Aktivitäten oder des Ausmaßes der Selbstständigkeit drei bis zwölf Monate nach dem Ereignis genutzt werden (Empfehlungsgrad B).

Ob die Kombination von Läsionsgröße und -lokalisation einen prognostischen Wert für die zukünftigen Fähigkeiten haben, wird im folgenden Abschnitt untersucht. Eine zusammenfassende Empfehlung erfolgt im Abschnitt 5.4.

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5.2 Läsionslokalisation Die Funktionen korrelieren teilweise eng mit der Lokalisation. Daher wird nicht nur der Größe der Läsion sondern vor allem auch der Läsionslokalisation ein prognostischer Wert für die Funktionserholung zugeschrieben. In Weiterführung der Erkenntnisse aus dem vorherigen Kapitel (5.1) sind vor allem drei Fragen von Interesse: (1) Hat die Läsionslokalisation für sich einen prognostischen Wert? (2) Lässt sich dieser prognostische Wert durch die Kombination von Lokalisation und Läsionsgröße steigern? (3) Ist dieser prognostische Wert größer als der klinischer Daten? Als Ausgangsgrößen dienen somit klinische Daten sowie CCT oder MRT-Daten über Lokalisation und Größe. Zielvariablen sind sinnvollerweise Skalen, die die der Läsion zugeordneten Funktionen abbilden. Im Folgenden wird der Zusammenhang anhand zwei der drei am häufigsten in diesem Zusammenhang untersuchten anatomischen Strukturen exemplarisch dargestellt: (1) dem kortikospinalen Trakt (CST) als einer gemeinsamen Endstrecke motorischer Efferenzen, sowie (2) der Insel als wichtiger Regulationsstelle für autonome Funktionen, ohne die gerade im Bereich der neurologischen Frührehabilitation ein sinnvolles sensomotorisches Training nicht möglich ist (siehe 4.1.2). Verbesserte prognostische Aussagen für Läsionen in diesem Bereich können die Erstellung von mittelfristigen Therapiekonzepten für einzelne Patienten wesentlich unterstützen. 5.2.1 Kortikospinaler Trakt Viele Studien untersuchen die Korrelation zwischen dem Ausmaß der Läsion des CST und dem klinischen Defizit (siehe 4.1.2). Einige nutzen die Daten auch zur Abschätzung der Prognose vor allem bei Patienten mit Störungen der Handfunktion und Feinmotorik. Sowohl die Kohortenstudien als auch die Fallserien zeigen, dass das Ausmaß der Schädigung des CST mit dem Ausmaß des klinischen Defizits positiv und mit dem Ausmaß der Erholung somit negativ korreliert. Dies gilt vor allem für feinmotorische bzw. isolierte Bewegungen im subakuten und chronischen Stadium. Die Studie von Miyai kann trotz einem prinzipiell guten Design aufgrund erheblicher methodischer Schwächen in der Bilddatenauswertung und -bewertung nicht mit einem hohen Evidenzgrad eingeschlossen werden (siehe auch Kommentar von Seitz und Binkofski, 1998). Somit ergibt sich methodisch und inhaltlich eine hohe Evidenz. Der Wert zusätzlich zur klinischen Untersuchung wurde bisher nicht untersucht. Eine weitere Gruppe von Studien widmet sich vor allem der Entwicklung neuer Methoden (z. B. Erstellung einer CST-“Maske“ Pineiro et al., 2000; bzw. statistischer CST-Fasebündel, Newton et al., 2006) und der Anwendung der DTI-Methode bei Schlaganfallpatienten (Kunimatsu et al., 2003; Thomalla et al., 2004, Lie et al., 2004; Moller et al., 2007; Liang et al., 2008). Die Untersuchungen sind bisher an Fallserien von Patienten durchgeführt worden Die Entwicklung von „Masken“ für den CST (Pineiro et al., 2000) oder „Modellfaserbündeln“ (Newton et al., 2006) erlaubt statistische Aussagen über die Wahrscheinlichkeit, dass eine Läsion innerhalb des CST liegt. DTI erlaubt zunehmend auch bei Patienten die Intaktheit des CST zu erfassen (Kunimatsu et al., 2003; Thomalla et al.; 2004, Lie et al., 2004). Allerdings zeigt sich auch, dass DTI in frühen Phasen vermutlich auch die Dynamik der Entwicklung darzustellen vermag (Moller et al., 2007; Liang et al., 2008), so dass die prognostische Bedeutung einer einzelnen DTI Untersuchung bei Schlaganfallpatienten im frühen subakuten

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Stadium (z. B. in den ersten beiden Wochen) vermutlich gering sein dürfte. Aufgrund der meist relativ kleinen Zahl untersuchter Patienten (N = 3–18) haben diese Studien methodisch bisher nur ein geringes Evidenzniveau. Ihre Hauptzielsetzung ist bisher auch das allgemeine Wirkprinzip darzustellen und nicht die Anwendbarkeit bei größeren Patientengruppen zu beweisen. Teilweise werden die Erkenntnisse jedoch schon genutzt, um klinische Hypothesen zu erstellen (Stinear et al., 2007).

• Evidenz 5.2.1 Die zerebrale Bildgebung erlaubt zunehmend die Visualisierung der Intaktheit des kortikospinalen Trakts (CST). Sichere prognostische Aussagen können bisher erst gewonnen werden, wenn sichere Degenerationszeichen vorliegen. Bei Patienten, bei denen die Schädigung des CST im Vordergrund steht, korreliert dann das Ausmaß der Schädigung negativ mit dem Ausmaß der klinischen Erholung feinmotorischer Fähigkeiten (mittlere Evidenz). Die Wertigkeit prognostischer Aussagen von Untersuchungen mit Hilfe der DTI-Methode ist bisher noch nicht hinreichend belegt, insbesondere im frühen Stadium nach Schlaganfall ist sie zur Zeit noch umstritten. Mit den Motorisch Evozierten Potentialen (MEP) liegt zudem eine elektrophysiologische Technik vor, die in der Lage ist, die Intaktheit der direkten kortikospinalen Fasern gut zu erfassen, und prognostische Wertigkeit erwiesen ist (siehe Leitlinienteil von Prof. Liepert). Bei Fragen nach der Integrität der direkten kortikospinalen Fasern sollte daher diese Technik zunächst angewendet werden, auch wenn eine genauere intrazerebrale Lokalisation mit den MEP nicht möglich ist. Die Kombination beider Techniken ist zur Zeit Gegenstand der Forschung.

Synopse 5.2.1: Prognostischer Wert einer CST-Läsion für die funktionelle Erholung 5.2.2 Insula Läsionen der Insula könnten nach physiologischem Wissen zu einer Störung autonomer Funktionen führen. Vier größere Studien haben sich mit dem Auftreten dieser autonomen Störungen im akuten und subakuten/chronischen Stadium nach Schlaganfall mit Beteiligung der Insula beschäftigt. Alle vier Arbeiten weisen eine mittlere bis hohe methodische Evidenz auf. Dabei bezieht sich die Arbeit von Fink et al. (2005) auf die Zeit im Akutkrankenhaus, während die anderen drei Arbeiten prognostische Aussagen über die weitere Entwicklung in den nächsten drei bzw. zwölf Monaten erlauben. Zusammenfassend treten im Akutstadium und im Subakutstadium eines Schlaganfalls nach Schädigung der (rechten) Insula vermehrte autonome Dysregulationen auf, die sich vor allem durch Blutdruckregulationsstörungen und vermehrte kardiale Arrhythmien auszeichnen. Zudem weisen Patienten mit Insula-Schädigungen

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innerhalb des ersten Jahres eine schlechtere Erholungstendenz (gemessen mit dem Barthel-Index) und eine erhöhte Mortalität auf. Allerdings ist bisher nicht sicher, ob letztere in einem direkten Zusammenhang zu den kardiovaskulären Dysregulationen steht.

• Evidenz 5.2.2 Patienten mit Infarkten vor allem im Bereich der rechten Insula haben vermehrte kardiovaskuläre Dysregulationen (mittlere Evidenz). Zudem haben Patienten mit Schädigungen der rechten oder linken Insula eine schlechtere Einjahres-Prognose als Patienten nach Schlaganfall ohne insuläre Beteiligung (hohe Evidenz).

Synopse 5.2.2: Studien bei Schlaganfallpatienten mit Schädigung der Insula 5.3 Ausmaß der Vorschädigung Das Ausmaß der Vorschädigung sollte hypothesengemäß auch die funktionelle Erholung nach Schlaganfall beeinträchtigen. 5.3.1 Ausmaß der Vorschädigung und funktionelle Erholung Methodisch liegen drei Kohortenstudien insgesamt guter Qualität vor. Inhaltlich führt erwartungsgemäß eine vermehrte Vorschädigung im Sinne von mehr (klinisch inapparenten) lakunären Infarkten bei Patienten mit neuen lakunären Infarkten und/oder vorbestehenden Marklagerschädigungen zu einer schlechteren klinischen Erholung. Das gleiche gilt für die Prognose nach zerebellären Läsionen hinsichtlich des Ausmaßes von subkortikalen Marklagerveränderungen im frühen subakuten Stadium. Diese Aussagen haben eine hohe methodische und inhaltliche Evidenz.

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Auch wenn streng genommen die Hypothese nur für die beiden Patientengruppen bewiesen wurde, so ist doch sehr wahrscheinlich, dass das Prinzip auch für andere Patientengruppen nach Schlaganfall gilt, zumal selbst bei anscheinend gesunden Probanden „stille Infarkte“ und „stille Marklagerveränderungen „ bei einer genauen Testung mit einer Funktionseinbuße assoziiert sind (siehe 4.2). Da es sich um eine Verallgemeinerung der Studienergebnisse handelt, hat die folgende Aussage nur einen mittleren Evidenzgrad.

Synopse 5.3.1: Prognose bei Patienten mit Vorschädigungen

• Evidenz 5.3 Sowohl vorbestehende isolierte Infarkte als auch vorbestehende ausgeprägte subkortikale Marklagerveränderungen beeinträchtigen das Ausmaß der Erholung nach einem ischämischen Schlaganfall (mittlere Evidenz).

5.4 Empfehlung für den rehabilitativen Alltag Größe der Läsion, Lokalisation und Ausmaß der Vorschädigung erlauben jede für sich eine prognostische Aussage hinsichtlich der funktionellen Erholung des betroffenen Patienten. Im Kontext mit anamnestischen Angaben, demographischen Daten und dem klinischen Untersuchungsbefund wird die prognostische Aussage der Läsionsgröße allein häufig wenig zusätzliche Information bieten. Die Lokalisation der Läsion kann das Augenmerk auf spezifische klinische Defizite richten (sensomotorische Funktionen, visuomotorische Integration, Planungsverhalten), deren Relevanz erst im Rehabilitationsverlauf deutlich wird. Eine zuverlässige Aussage über den prognostischen Wert der Läsionslokalisation in Ergänzung zu klinischen Daten ist generell bisher nicht möglich. Nur für die Untersuchungen zu Läsionen der Insula, nicht jedoch für die des kortikospinalen Traktes wurden Regressionsanalysen gerechnet, so dass auch nur für diese Läsionen ein „ranking“ zwischen klinischen und bildgebenden Daten möglich ist. Das Ausmaß der Vorschädigung hat vermutlich auch über die klinische Untersuchung hinaus eine prognostische Bedeutung zumal viele Läsionen vor dem aktuellen ischämischen Infarkt klinisch stumm waren. Dies ist bisher in klinischen Studien aber (noch) nicht nachgewiesen worden.

• Empfehlung 5.4 Lokalisation und -größe aktueller und früherer Schädigungen im Gehirn können sowohl Hinweise auf spezifische klinische Defizite geben als auch prognostischen Aussagen hinsichtlich der Wiederherstellung von Funktionen unterstützen. Die Evidenz reicht bisher nicht, um die Anfertigung einer zusätzlichen Bildgebung zu fordern. Liegen solche Aufnahmen jedoch vor, so sollten die Ergebnisse der zerebralen Bildgebung für spezielle rehabilitative Fragestellungen zur Präzisierung prognostischer Aussagen herangezogen werden (Empfehlungsgrad B).

5.5 Basis für Therapieentscheidungen

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Auf der Basis der bisherigen Befunde stellt sich die Frage, ob die genannten Parameter über den allgemeinen prognostischen Wert hinaus auch einen Wert für konkrete Entscheidungen für oder gegen eine bestimmte Therapie haben. Diese Fragestellung wurde mit der folgenden Suchstrategie untersucht: ({Cerebrovascular accident} OR {stroke} OR {cerebrovascular disorders}) – AND ({magnetic resonance imaging} OR {diffusion weighted imaging} OR {perfusion weighted imaging} OR {infarct volume} OR {lesion volume} OR {lesion size} OR {lesion site} OR {lesion pattern}) – AND ({rehabilitation} OR {physical therapy modalities} OR {biofeedback} OR {durable medical equipment} OR {occupational therapy} OR {physiotherapy} OR {exercise therapy} OR {therapy}) – AND ({activities} OR {activities of daily living} OR {quality of life} OR {sensorimotor} OR {independence} OR {motor} OR {sensory} OR {death}) – AND {randomized controlled trial} Insgesamt fanden sich bei der Suche 177 Studien, von diesen haben 26 näher mit der Fragestellung zu tun. Nach der Durchsicht dieser Studien und einer anschließenden Handsuche fanden sich jedoch keine Studien mittlerer oder hoher Evidenz, die bei Schlaganfallpatienten die Wirksamkeit einer spezifischen Therapie in Abhängigkeit von der Läsionsgröße, der Läsionslokalisation oder dem Ausmaß der Vorschädigung nachwiesen. Von daher ergibt sich mit der Empfehlungsstärke B folgende Empfehlung:

• Empfehlung 5.5 Die Ergebnisse der zerebralen Bildgebung sollten bei Schlaganfallpatienten außerhalb klinischer Studien noch nicht als Grundlage für Entscheidungen für oder gegen ein bestimmtes sensomotorisches Trainingsprogramm herangezogen werden (Empfehlungsgrad B).

6. Funktionelle Aktivierungsmuster als prognostische Faktoren und als Basis für Therapieentscheidungen Zwei elektrophysiologische Verfahren, die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) und peripher-elektrische Stimulationen des N. medianus zur Auslösung somatosensibel evozierter 6.1 Darstellung von Veränderungen von zerebralen Stoffwechselprozessen nach Schlaganfall mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie Die funktionelle Bildgebung erlaubt die Darstellung von Änderungen von Stoffwechselprozessen, während Probanden oder Patienten bestimmte Funktionen ausüben. Während dies mit nuklearmedizinischen Methoden, z. B. mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie, schon einige Jahrzehnte prinzipiell möglich ist, hat erst die Einführung der funktionellen Kernspintomographie die Untersuchung von zerebralen Funktionsänderungen ohne Strahlenbelastung bei Probanden und Patienten ermöglicht. Während im ersten Jahrzehnt nach der Einführung dieser Methode vor allem gesunde Probanden untersucht wurden, um (neuro-)physiologische Prozesse besser zu verstehen, werden in den letzten Jahren zunehmend auch Patienten untersucht, um Einblicke in pathophysiologische Veränderungen im Zeitverlauf, z. B. nach einem Schlaganfall, zu gewinnen. In den letzten Jahren ist zudem von einigen Neurowissenschaftlern das Ziel formuliert worden, diese

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Methode auch als Grundlage für Therapieentscheidungen zu nutzen (z. B. von der Gruppe um Cramer). Die folgende Übersicht dient nicht der Darstellung von Konzepten, die aufgrund von Aktivierungstudien entwickelt worden sind, sondern soll einen Überblick über die Daten geben, die diesen Konzepten unterliegen. Zur Zeit stehen die folgenden Fragestellungen im Vordergrund, denen der in der Rehabilitation tätige Arzt in den nächsten Jahren auch in seiner alltäglichen Praxis begegnen könnte: 1. Welche Aktivierungsmuster werden während der ersten Wochen nach einem ischämischen Schlaganfall beobachtet und haben diese Aktivierungsmuster einen prognostischen Wert (Querschnittstudien)? (6.1) 2. Welche Veränderungen von fMRT-Mustern treten bei Schlaganfallpatienten im Zeitverlauf während des subakuten und chronischen Stadiums auf und korrelieren sie mit klinischen Veränderungen in diesem Zeitraum (Längsschnittstudien)? (6.2) 3. Sind Interventionen zur Funktionsverbesserung von Veränderungen der Aktivierungsmuster begleitet? Geben Aktivierungsmuster somit einen Hinweis, ob bestimmte Interventionen vor allem im chronischen Stadium erfolgsversprechend sind (Interventionsstudien)? (6.3) In den letzten Jahren ist zunehmend deutlich geworden, dass die Aktivierungsmuster und ihre Veränderungen im Zusammenhang mit der Läsionslokalisation interpretiert werden müssen (siehe z. B. Feydy et al., 2002; Luft et al., 2004, Hamzei et al., 2006). So wird im Folgenden insbesondere zwischen kortikalen Läsionen (M1/S1 betroffen oder nicht betroffen), subkortikalen Läsionen (Capsula interna, Corona radiata, striatokapsuläre Läsionen, thalamokapsuläre Läsionen) und Läsionen des Hirnstamms unterschieden. Die meisten Arbeiten beinhalten allerdings Patienten mit Läsionen aus mehreren dieser Gebiete. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Bewegungen. Insbesondere bei schwer geschädigten Patienten sind erstere mit sehr viel mehr Mühe und Anstrengung verbunden, selbst wenn die Bewegung letztendlich nicht oder nicht in der gewünschten Form zustande kommt. Diese zusätzlichen Prozesse werden sich im zerebralen Aktivierungsmuster widerspiegeln. Schließlich ist auch die Patientenauswahl für das Ergebnis jeder Studie von entscheidender Bedeutung. Zum einen wurden keine Einzelfallstudien eingeschlossen, die Anzahl der jeweils untersuchten Patienten musste mindestens 4 betragen. Zudem müssen die Patienten, die zusammen untersucht werden, in einem vergleichbaren klinischen Stadium sein (z. B. akut, früh subakut, spät subakut oder chronisch). Dies ist vor allem für prognostische Untersuchungen wichtig. Bei Verlaufsstudien sollte die letzte Untersuchung im späteren subakuten oder chronischen Stadium liegen (mindestens 3 Monate nach Schlaganfall), um so einen Mindestzeitraum für eine klinische Besserung einzuschließen. Die Ergebnisse aller drei bisher verwandter Suchstrategien (Kapitel 4; Kapitel 5) wurden auf das Vorhandensein funktioneller Bildgebungsstudien durchgesehen. Zusätzlich erfolgte die Durchsicht nochmals ohne die Einschränkung auf qualitativ hochwertige Studien (d. h. ohne die Suchkriterien „cohortstudies „ bzw. „randomized controlled trial“). Dennoch wurde nur eine Minderheit der letztendlich 29 eingeschlossenen Studien direkt über diese Suchstrategien gefunden. Dies liegt vor allem daran, dass es sich hier vor allem um Forschungsarbeiten handelt, bei denen nicht immer die Frage nach der Prognose bzw. der Basis für Therapieentscheidungen bei den gewählten Stichworten im Vordergrund steht. Da bisher noch keine allgemein verbindlichen Qualitätskriterien für experimentelle Arbeiten im Sinne der evidenzbasierten Medizin bestehen, ist die Auswahl der Studien nicht so eindeutig operationalisierbar, wie dies anhand des Oxford-Schemas für Arbeiten, bei denen

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die klinische Fragestellung nach Diagnose, Prognose oder Therapie im Vordergrund steht, möglich ist (siehe allgemeiner Methodenteil). 6.1.1 Veränderungen der zerebralen Aktivierungsmuster in der frühen subakuten Phase nach Schlaganfall (1.–3. Woche) gegenüber gesunden Probanden Während der frühen Phase nach Schlaganfall sind viele Patienten nicht in der Lage, aktive Bewegungen durchzuführen. Daher wurden viele Studien mit passiven statt mit aktiven Bewegungen durchgeführt. Bei den meisten der zitierten Studien handelt es sich um die erste fMRT- oder PET-Untersuchung einer Verlaufsstudie mit weiteren funktionellen Aktivierungsstudien im späten subakuten oder chronischen Stadium. Methodisch handelt es sich bei allen Studien um Fallserien mit einem niedrigen Evidenzgrad. Ziel der Studien war zumeinst die Darstellung eines physiologischen Konzepts, die Ergebnisse wurden dann in der Diskussion allerdings häufig generalisiert. Inhaltlich zeigt sich bei den ersten drei Studien mit passiver Bewegung übereinstimmend eine reduzierte Aktivierung der primären und sekundären sensomotorischen Areale innerhalb der ersten bis dritten Woche nach Schlaganfall verglichen mit den Aktivierungsmustern bei gesunden Probanden. Bei aktiven Bewegungen findet sich bei subkortikalen Läsionen ebenfalls eine Reduktion der Aktivität innerhalb des primär sensomotorischen Kortex. Bei kortikalen Läsionen beobachteten Jaillard et al. (2005) differenzierte Aktivierungsmuster je nach genauer Aufgabenstellung und Binkofski und Seitz (2004) zwischenzeitlich „fehlende“ Aktivierungen von M1 während der zweiten und dritten Woche nach Schlaganfall trotz kontinuierlicher klinischer Verbesserung. Dieses Ergebnis deutet daraufhin, dass zumindest bei kortikalen Infarkten die Aktivierungsmuster im frühen subakuten Stadium nicht nur die Funktion, sondern auch die Pathophysiologie des Infarktgeschehens widerspiegeln. Diese Erkenntnis ist von fundamentaler Bedeutung für die Interpretation prognostischer Studien in diesem frühen Stadium nach Schlaganfall. 6.1.2 Prädiktiver Wert früher zerebraler Aktivierungsmuster Beide Studien zeigen einen Trend für eine schlechtere Erholung bei initial ausgeprägter bilateraler Aktivierung für einfache aktive (Ward et al., 2003) und passive (Loubinoux et al., 2003) unilaterale Bewegungen. Für „fehlende“ Aktivierungen im ipsiläsionellen Bereich zeigt sich in Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Binkofski und Seitz (2004) für kortikale Läsionen keine negative Prognose. Auf insgesamt niedrigem methodischem Evidenzniveau ergibt sich so die folgende zusammenfassende Aussage für die letzten beiden Abschnitte:

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Synopse 6.1.2: Prädiktiver Wert früher zerebraler Aktivierungsmuster

• Evidenz 6.1.1 + 6.1.2 In den ersten Wochen nach Schlaganfall findet sich in der funktionellen Bildgebung für passive und aktive Bewegungen ein niedriges Aktivierungsniveau in ipsiläsionellen sensomotorischen Arealen. Verstärkte ipsiläsionelle Aktivierungen in den angrenzenden sensomotorischen Arealen können eine positive Prognose andeuten, starke kontraläsionelle Aktivierungen in sensomotorischen Arealen bei einfachen Aufgaben eher eine schlechtere Prognose (niedriges Evidenzniveau).

6.2 Veränderungen der zerebralen Aktivierungsmuster im Zeitverlauf Mehrere Studien haben die weitere Veränderung der Aktivierungsmuster im Zeitverlauf untersucht. In die folgende Zusammenstellung wurden dabei nur Studien aufgenommen, deren letzte Untersuchung mindestens drei Monate nach dem Schlaganfall erfolgte. Fast alle Studien haben parallel zu den Bildgebungsdaten auch klinische Daten erhoben. Von daher ist es möglich, die klinische Entwicklung mit der Entwicklung der Aktivierungsmuster zu vergleichen und so Muster zu identifizieren, die vorwiegend mit einer guten oder mit einer schlechten klinischen Entwicklung korrelierten. Insgesamt haben auch diese Studien nach der Oxford-Klassifikation eine niedrige methodische Evidenz. Inhaltlich findet sich bei den meisten Studien mit Patienten mit subkortikalen Läsionen eine Korrelation zwischen dem Ausmaß einer Aktivierung der ipsiläsionellen primären sensomotorischen Areale und einer klinischen Verbesserung. Ausgeprägte bihemisphärische Aktivierungsmuster bei einfachen Bewegungen deuten auf eine schlechtere Erholung hin. Die Daten lassen keine eindeutige Schlussfolgerung zu, ob diese Aktivierungsmuster bereits während der mittleren subakuten Phase (2–3 Monate nach dem Schlaganfall) einen prognostischen Wert haben oder nicht. Insbesondere ist umstritten,

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ob eine kontraläsionelle Aktivierung während dieser Zeit eher einen fördernden oder hemmenden Einfluss auf die weitere Entwicklung hat. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, dass selbst Bewegungen der „gesunden“ Hand mit bilateralen Aktivierungsmustern verbunden sein können, ohne dass ihre Funktion deswegen eingeschränkt ist (Hanlon et al., 2005). Patienten, die bereits zu diesem Zeitpunkt ein „normales“ Aktivierungsmuster mit einer vorwiegend kontralateralen und ipsiläsionellen Aktivierung haben, haben hingegen sicher eine eher positive Prognose. Zusammenfassend ergibt sich so auf insgesamt niedrigem methodischen Evidenzniveau die folgende Aussage:

Synopse 6.2: Veränderungen zerebraler Aktivierungsmuster im Zeitverlauf

• Evidenz 6.2 Auf die initiale Phase mit niedrigem Aktivierungsniveau folgt häufig auch für sensomotorische Aufgaben ein bilaterales Aktivierungsmuster. Es ist umstritten, inwieweit aus Teilen dieses Musters bereits positive oder negative Prognosen herausgelesen werden können. In der chronischen Phase nach Schlaganfall ist eine gute Erholung durch vorwiegend ipsiläsionelle Aktivierungsmuster für einfache motorische Aufgaben gekennzeichnet, während eine schlechte Erholung durch Aktivierungen vieler bihemisphärischer sensomotorischer Areale für diese Aufgaben gekennzeichnet ist (insgesamt niedriges Evidenzniveau).

Diese Aussagen gelten primär nur für Patienten nach einem ersten ischämischen Schlaganfall, die ihre Hand oder ihre Finger bereits 1– 2 Monate nach dem Schlaganfall bewegen können.

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Eine Verallgemeinerung auf alle Schlaganfallpatienten ist nicht ohne weiteres möglich. Auch von daher ist der prognostische Wert von Aktivierungsstudien eingeschränkt. Diese Einschränkungen gelten natürlich auch, wenn therapeutische Entscheidungen für eine bestimmte Therapie (z. B. kortikale Stimulation) aus den Aktivierungsmustern abgeleitet werden sollen (siehe Cramer et al.: Use of functional MRI to guide decisions in a clinical stroke trial, Stroke, 2005). 6.3 Prä- und postinterventionelle zerebrale Aktivierungsmuster Vorwiegend im chronischen Stadium nach Schlaganfall sind Studien durchgeführt worden, bei denen vor und nach einer Intervention ein fMRT stattgefunden hat, um mögliche Veränderungen der funktionellen Anatomie durch die Intervention nachzuweisen. In der folgenden Aufstellung sind nur Arbeiten enthalten, die physiotherapeutische Interventionen untersuchen. Studien über die Wirkung von speziellen TMS-Techniken etc. wurden nicht aufgenommen. Dabei existiert eine Metaanalyse, die TMS- und fMRT-Datensätze gemeinsam untersucht, sowie eine randomisierte kontrollierte Studie und mehrere Fallserien. Sowohl die Metaanalyse als auch die einzelnen fMRT-Studien zeigen, dass ein erfolgreiches Training im chronischen Stadium nach Schlaganfall vor allem für Patienten mit subkortikalem Infarkt mit einer Zunahme ipsiläsioneller Aktivierungen und damit auch mit einer leichteren Erregbarkeit des primär motorischen Kortex einhergeht. Die Arbeiten von Luft (2004) und von Schaechter et al. (2002) enthalten jeweils ca. zur Hälfte Patienten mit kortikalen Läsionen und sollten daher nicht miteinbezogen werden (siehe Hamzei et al., 2006) Dieses Ergebnis passt gut zum Ergebnis der Verlaufsstudien (6.2), die ebenfalls zeigten, dass eine gute Erholung mit einer „Normalisierung „ des kortikalen Aktivierungsmusters einhergeht. Insgesamt besteht deshalb trotz des Vorliegens einer Metaanalyse, eines RCT und mehrerer Fallserien nur ein mittleres Evidenzniveau für die folgende Aussage:

Synopse 6.3b: Metaanalyse

• Evidenz 6.3

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Eine Verbesserung einfacher sensomotorischer Funktionen geht bei subkortikalen Läsionen meist sowohl bei aktiven als auch passiven fMRT-Paradigmen mit einer Fokussierung des Aktivierungsmusters auf die jeweilige kontralateralen, ipsiläsionellen primär senso-motorischen Kortizes einher (mittleres Evidenzniveau). Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass die integrative Funktion des primär sensomotorischen Kortex nur in sehr begrenztem Maße von anderen Hirnarealen erfolgreich wahrgenommen werden kann. Dies spricht dafür, dass die Verbesserung von Funktionen auch nach einem Schlaganfall vorwiegend innerhalb des bestehenden sensomotorischen Systems erreicht wird.

6.4 Empfehlung für den rehabilitativen Alltag Die Ergebnisse der funktionellen MRT-Untersuchungen zeigen auf niedrigem Evidenzniveau eine Korrelation zwischen den Aktivierungsmustern und der klinischen Funktion im Zeitverlauf. Eine sichere Prognose hinsichtlich des weiteren Verlaufs ist insbesondere im frühen Stadium nach Schlaganfall nicht möglich. Im chronischen Stadium wird durch eine erfolgreiche Intervention eine „Normalisierung“ der Aktivierungsmuster erreicht. Eine zuverlässige Vorhersage, bei welchen Patienten eine solche Intervention erfolgreich sein wird, ist bisher allerdings auch noch nicht möglich. Als zusammenfassende Empfehlung für den rehabilitativen Alltag folgt daher:

• Empfehlung 6.4 Die funktionelle Kernspintomographie zeigt bei ausgewählten Patienten reproduzierbare Korrelationen zwischen Aktivierungsmustern und Funktionsentwicklung im Zeitverlauf und gibt erste Hinweise auf mögliche prognostische Faktoren für die klinische Entwicklung. Ihre Ergebnisse sollten während der Rehabilitationsbehandlung außerhalb klinischer Studien bisher noch nicht als Grundlage für therapeutische Entscheidungen herangezogen werden (Empfehlungsstärke B).

7. Ausblick: Die Roll e der zerebralen Bildgebung für eine hypothesengesteuerte un d evidenzbasierte Neurorehabilitation Die zerebrale Bildgebung hat in den vergangenen Jahren unser Verständnis der physiologischen und pathophysiologischen Mechanismen bei gesunden Probanden und Patienten nach Schlaganfall deutlich erweitert. Während die Ergebnisse von Diffusions- und Perfusionswichtung vor allem zum Verständnis der frühen Abläufe nach einem akuten Schlaganfall beigetragen haben, hat die funktionelle Kernspintomographie vor allem unser Wissen über Veränderungen in der subakuten und chronischen Phase nach Schlaganfall vermehrt. Der Einsatz von Diffusionswichtungen und Perfusionswichtungen hat zur Etablierung und Validierung von Konzepten geführt, die den therapeutischen Einsatz von Medikamenten im Frühstadium eines akuten Schlaganfalls erlaubt (Lysetherapie). Zur Zeit wird im akutneurologischen Bereich versucht, von einem vorwiegend zeitbezogenen Therapieschema (3-Stunden-Fenster für die Behandlung) zu einem pathophysiologisch begründeten Vorgehen auch beim Einzelpatienten zu gelangen (z. B. Ausmaß des „DWI/PWI mismatch“ innerhalb eines größeren Zeitfensters). Im neurorehabilitativen Bereich steht zur Zeit die Konzeptbildung für eine differentielle therapeutische Behandlung von Patienten mit ähnlichem klinischen Defizit, aber unterschiedlicher Pathophysiologie (z. B. bei unterschiedlichem Läsionsort) im Vordergrund.

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Die Ergebnisse, vor allem der funktionellen zerebralen Bildgebung, aber auch elektrophysiologischer Verfahren, werden zur Zeit vor allem zum Hypothesenbildung genutzt. Eine Validierung dieser Konzepte bei größeren Patientenzahlen steht zur Zeit noch aus. Sollte sie erfolgreich sein, so ist davon auszugehen, dass zukünftige Leitlinien nicht nur zwischen Patienten mit Schlaganfall im akuten, subakuten und chronischen Stadium sowie mit leichter oder schwerer klinischer Beeinträchtigung und mit jungem oder fortgeschrittenem Alter unterscheiden, sondern auch zwischen Patienten mit unterschiedlichen Läsionsorten (z. B. kortikal oder subkortikal) oder mit unterschiedlichem Ausmaß an zerebraler Vorschädigung. Eine solche Unterscheidung innerhalb von Leitlinien setzt allerdings voraus, dass auch die zugrundeliegenden Therapiestudien zuverlässige Informationen über diese Daten enthalten. Zudem zeichnet sich ab, dass, ähnlich wie beim Akutstadium nach Schlaganfall, auch im rehabilitativen Bereich eine fixe zeitliche Einteilung in ein Akutstadium, ein Subakutstadium und ein chronisches Stadium nicht allen Patienten gerecht wird. Vermutlich wird längerfristig auch im Rehabilitationsbereich die starre zeitliche Definition der Phasen von einer pathophysiologisch begründeten Definition abgelöst werden, die für unterschiedlich betroffene Patientengruppen eine zeitlich flexible Zuordnungen erlauben wird. Die Zuordnung zu einheitlich definierten Patientengruppen, für die evidenzbasierte therapeutische Interventionen beschrieben sind, wird dadurch allerdings nicht leichter werden! Eine pathophysiologisch orientierte konzeptionelle Weiterentwicklung des Verständnisses des natürlichen klinischen Verlaufs nach einem Schlaganfall wird mittel- und langfristig daher auch zu einer konzeptuellen Weiterentwicklung der evidenzbasierten Neurorehabilitation führen müssen. Danksagung und Anmerkungen Herr Dipl. Psych. E. Breer hatte seinen Arbeitsschwerpunkt insbesondere bei der methodischen Arbeit und der Literaturbeschaffung. Den Mitgliedern der LL-Kommission der DGNR sei herzlich für die wertvollen Diskussionbeiträge gedankt; ebenso denjenigen, die Anmerkungen und Anregungen zur Diskussionfassung der Leitlinie gaben, hier insbesondere Herrn Prof. R. J. Seitz, Düsseldorf. Frau PD Dr. med. I. Kopp von der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) sei herzlich für ihre methodische Beratung gedankt. Interessenvermerk keine Angaben

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Erstellungsdatum: Dezember 2009 Nächste Überprüfung geplant: Dezember 2014

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