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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM LEHRSTUHL FÜR GRUNDBAU, BODEN- UND FELSMECHANIK Prof. Dr.-Ing. habil. T. Schanz (Hrsg.) Meerestechnik verfasst von Prof. Dr.-Ing. Peter Wagner Ausgabe: 05/2010 © Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 Geb. IA 4/126 44801 Bochum

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RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM LEHRSTUHL FÜR GRUNDBAU, BODEN- UND FELSMECHANIK Prof. Dr.-Ing. habil. T. Schanz (Hrsg.)

Meerestechnik

verfasst von Prof. Dr.-Ing. Peter Wagner

Ausgabe: 05/2010

© Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik Ruhr-Universität Bochum Universitätsstraße 150 Geb. IA 4/126 44801 Bochum

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Vorwort Die Vorlesung Meerestechnik hat bei den Bauingenieuren der Ruhr-Universität eine lange Tradition. Angesiedelt am Lehrstuhl für Grundbau und Bodenmechanik hielt sie zunächst Herr Prof. Späing. Nach seiner Pensionierung, also von 1989 bis zum heutigen Tage lese ich jeweils eine Semesterwochenstunde im Sommersemester. Hörer sind in erster Linie die Vertiefer in Grundbau und Bodenmechanik, aber auch Interessierte aus dem konstruktiven Ingenieurbau, dem Baubetrieb, dem Wasserbau und anderen Vertiefungsrichtungen. Wie kam die Meerestechnik an die Ruhr-Universität, wo doch renommierte küstennahe Lehrstühle für den Seewasserbau schon lange existierten? In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die Suche nach Erdöl und Erdgas die europäischen Küsten erreichte, war die deutsche Bauindustrie sehr zuversichtlich, mit ihrer Fachkompetenz auch in diesem Sektor Fuß fassen zu können. Für die 1965 mit einer starken Baufakultät eröffnete Ruhr-Universität lag es nahe, dieses Geschäftsfeld auch in der Lehre anzubieten. Die deutsche Bauindustrie hatte zahlreiche Hafenanlagen, aber auch Brücken über Meerengen und Seen gebaut. Mit Unterstützung des Bundesministers für Forschung und Technologie erwarb sie das noch neue Know-how für den Bau meerestechnischer Konstruktionen. In dieser Zeit war ich Projektleiter eines Großversuches im Testfeld der Forschungsplattform „Nordsee“, anschließend Leiter eines Forschungsprogramms zur Ermittlung der Kräfte aus den Einwirkungen von Meereis auf Plattformen. Es folgten zahlreiche Untersuchungen und Studien für die Gründungen und den Bau von Plattformen, u.a. offshore Sachalin, Australien und Neufundland. 1983 verfasste ich die „operations manuals“ für die See-Installationen der ersten deutschen Ölförderplattformen im Feld „Schwedeneck-See“ in der Ostsee und nahm an den Seemanövern teil. Bis 2002 war ich Mitglied der Arbeitsgruppe ISO 19993: „Fixed Concrete Offshore Structures“. Für einen Industrieingenieur ist es eine angenehme Herausforderung, als Lehrender an eine Hochschule zurückzukehren. Ohne die Unterstützung seines Arbeitgebers ist das nicht möglich. Der Bilfinger Berger AG ist zu danken, dass sie traditionell nicht nur in vielen Forschungskooperationen mit den Hochschulen zusammenarbeitet, sondern auch die Lehrtätigkeit ihrer Ingenieure ermöglicht. Dieses Skriptum entstand 1989 und sollte alle Bauwerke umfassen, die den Einwirkungen der Meeresumwelt ausgesetzt sind. Jahr für Jahr wurde es aktualisiert. Vorbild war das „Shore Protection Manual“ des U.S. Army Corps of Engineers, weil es mit seinen vielen durchgerechneten Beispielen dem Ingenieur zu schnellem Verständnis verhilft. Aus dem Skriptum wurde 1990 das Buch „Meerestechnik“. Möge die hier vorliegende Fassung der Vorlesung mit Stand vom Sommer 2004 den Studierenden einen anschaulichen Einblick in dieses interessante Arbeitsfeld der Bauingenieure eröffnen. Weisenheim am Berg, im Juni 2004, Peter Wagner inhaltlich unveränderte Neuausgabe Mai 2010

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Prof. Dipl.-Ing. Peter Wagner: Vorlesung MEERESTECHNIK RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM, Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik I

Inhalt

1. Einführung................................................................................................................................1-1 Literatur zu 1.: ..........................................................................................................................1-5

2. Die Einwirkungen auf Bauwerke im Meer ..............................................................................2-1 2.1 Wind ...................................................................................................................................2-1 2.2 Strömung ............................................................................................................................2-2

2.2.1 Gezeitenströmung........................................................................................................2-3 2.2.2 Winderzeugte Strömung..............................................................................................2-3

2.3 Wasserstände......................................................................................................................2-4 2.4 Wellen ................................................................................................................................2-6

2.4.1 Wellen im Tiefwasser .................................................................................................2-6 2.4.2 Flachwasserwellen ......................................................................................................2-8 2.4.3 Wellentheorien ............................................................................................................2-9

2.5 Literatur zu 2.: ..................................................................................................................2-12 3. Berechnung der äußeren Kräfte auf Küsten- und Offshore-Bauwerke ....................................3-1

3.1 Strömungskräfte .................................................................................................................3-1 3.1.1 Windkräfte...................................................................................................................3-2 3.1.2 Kräfte infolge Meeresströmung ..................................................................................3-2

3.2 Wellenkräfte .......................................................................................................................3-3 3.2.1 Wellkräfte auf senkrechte Uferwände.........................................................................3-3 3.2.2 Konstruktion von Deichen ..........................................................................................3-4 3.2.3 Bemessung von geschütteten Wellenbrechen .............................................................3-4 3.2.4 Wellenkräfte auf zylindrische Bauteile .......................................................................3-7

3.3 Literatur zu 3.: ..................................................................................................................3-11 4. Entwurfsmethodik in der Meerestechnik .................................................................................4-1

4.1 Beteiligte Instanzen............................................................................................................4-1 4.2 Vorschriften Empfehlungen und Normen ..........................................................................4-3 4.2.1 Regelwerke für Küstenbauwerke ................................................................................4-3

4.2.2 Regelwerke für Offshore-Bauwerke ...........................................................................4-4 4.3 Entwurfsmethodik ..............................................................................................................4-5

4.3.1 Entwurfsmethodik im deutschen Küstenwasserbau....................................................4-5 4.2.2 Entwurfsmethodik im Offshore - Bau.........................................................................4-5

4.4 Literatur zu 4.: ..................................................................................................................4-10 5. Gründung von Meeresbauwerken ............................................................................................5-1

5.1 Allgemeines........................................................................................................................5-1 5.2 Küstenbauwerke .................................................................................................................5-1 5.3 Offshore-Bauwerke ............................................................................................................5-3 5.4 Entwurfsprizipien ...............................................................................................................5-8 5.5 Literatur zu 5.: ..................................................................................................................5-10

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6. Offshore-Bauwerke ..................................................................................................................6-1

6.1Allgemeines.........................................................................................................................6-1 6.2. Lagerstätten, Reserven, Förderung und Verbrauch...........................................................6-1 6.3 Offshore-Konstruktionen zur Erschließung von Erdöl und Erdgas ...................................6-2 6.4 Herstellverfahren................................................................................................................6-3 6.5 Arbeiten auf See .................................................................................................................6-5 6.6 Literatur zu 6.: ....................................................................................................................6-7

7. Bauwerke unter Eiseinwirkung ................................................................................................7-1

7.1 Eisbildung und Erscheinungsformen des Eises..................................................................7-2 7.2 Eigenschaften des Eises .....................................................................................................7-2 7.3 Berechnung von Eiskräften ................................................................................................7-3 7.4 Bauwerke in eisführenden Gewässern ...............................................................................7-6 7.5 Literatur zu 7.: ....................................................................................................................7-7

Anhang: • Glossarium der meerestechnischen Begriffe • Druckfehlerberichtigung zu Wagner, P.: Meerestechnik, Ernst & Sohn, Berlin,1990.

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1. Einführung Der Begriff "Meerestechnik" (marine technology, offshore engineering) ist entstanden, als die verstärkte Nachfrage nach Erdöl und Erdgas die Ölgesellschaften veranlaßte, die jahrzehntelange Förderpraxis an Land und im flachen Küstenbereich auszuweiten und sich in größere Wassertie-fen (offshore) vorzuwagen. Bis dahin war von der Ölindustrie die an Land gebräuchliche Tech-nik auch für die Küstengebiete verwendet worden. Einfache Stahlrohrkonstruktionen dienten als Unterbau für Bohr- und Fördereinrichtungen [1]. Besonders mit dem Bau von Plattformen für die Erdölförderung aus der Nordsee trat eine neue Dimension in der Wassertiefe, in den Belastungen durch Wellenkräfte und in den Abmessungen der Plattformen auf. In größerem Umfang waren nun Bauingenieure gefragt, die mit den Bau-stoffen Stahl, Stahlbeton und Spannbeton konstruieren konnten. Großen Auftrieb erhielt die Hydromechanik, die mit den Methoden der modernen numerischen Berechnung zuverlässige Belastungsansätze bereitstellen mußte. Die Meerestechnik im Sinne des Bereitstellens von Plattformen für den Bedarf der Ölindustrie ("Offshore-Technik") ist somit zum großen Teil ein Arbeitsgebiet für Bauingenieure. Der Umgang mit den Naturkräften des Meeres hat andererseits in der Bautechnik eine lange Tradition im Hafenbau und im Küstenschutz. Der Handel auf dem Seeweg wie auch kriegerische Auseinandersetzungen mit großen Flotten waren bereits im Altertum verbreitet und setzten vor-aus, dass geeignete Häfen verfügbar waren. Zunächst wurden geschützte Buchten genutzt und die Schiffe einfach an Land gezogen. Größere Schiffe erforderten dann Anlegeplätze, die mit Bauwerken vor der anlaufenden See geschützt werden mußten. Der erste künstliche Hafen entstand vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr. auf der griechischen Insel Delos. Zwischen 22 und 10 v. Chr. wurde der Hafen Cäsarea von Herodes ausgebaut und mit Molen geschützt, wobei "gewaltige Felsbrocken" in 10 m tiefes Wasser versenkt wurden. Für den römischen Hafen von Ostia wurden ausgediente Holzschiffe mit Steinen gefüllt und dort, wo ein Wellenbrecher ent-stehen sollte, abgesenkt. Offenbar war der Zusammenhang zwischen Wellenhöhe und Gewicht der zur Stabilität der Bauwerke benötigten Steine oder Bauteile durch Erfahrung bekannt gewor-den [2]. Küstenschutzmaßnahmen sind vor der Jahrtausendwende z.B. aus Nordfriesland bekannt. Durch Ansteigen des Wasserspiegels traten häufiger Überflutungen der Marschgebiete auf; in dem noch uneingedeichten Land zogen sich die Bewohner auf Erdhügel (Wurten, Warften) zurück, die ständig erhöht werden mußten. Erst als nach 1100 n.Chr. der Wasserspiegel wieder zurückging, war es auch technisch möglich, größere Gebiete einzudeichen. Große Sturmfluten unterbrachen mehrfach die mühsame Arbeit. Die Deiche hatten anfangs steile Böschungen, waren aber durch ihren Abstand von der Uferlinie, das sogenannte Vorland, geschützt. Wenn dieses Vorland ein-mal durch Erosion ausgeräumt worden war, hielten auch die Deiche nicht lange stand. Erst all-mählich wurden sie mit immer flacheren Böschungen angelegt und konnten dann sowohl der Brandung als auch der Erosion bei Überflutung besser widerstehen. Mit Buhnen wurden die Erosion und die Sandverdriftung längs der Küste begrenzt [3]. Man kann festhalten, dass die moderne Meerestechnik die Grundlagen der Hydromechanik aus den traditionellen Disziplinen des Schiffbaues und des Seewasserbaues genutzt und diese seit etwa Mitte der 60er Jahre in stürmischer Entwicklung weitergeführt hat. Sie profitierte dabei von der industriellen Nutzung der Meere. An mehreren wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland wird Meeres-technik und die mit ihr verwandten Disziplinen entsprechend der jeweiligen historischen Ent-

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wicklung entweder an den Lehrstühlen Maschinenbau / Schiffbau oder Bauingenieurwesen / Wasserbau gelehrt: • Technische Universität Berlin, Institut für Schiffs- und Meerestechnik, Lehrgebiet

Meerestechnik • Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Grundbau und Bodenmechanik, Vorlesung

Meerestechnik • Technische Universität Braunschweig, Lehrstuhl für Hydromechanik und Küstenwasserbau,

Vorlesungen Hydromechanik und Küsteningenieurwesen • Technische Universität Hamburg-Harburg, Arbeitsgebiete Meerestechnik I und II • Universität Hannover, Franzius-Institut, Vertiefungsstudium Küsteningenieurwesen • Universität Rostock, Fachbereich Maschinenbau und Schiffstechnik, Vertiefungsfach

Meerestechnik Meerestechnische Forschungs- und Versuchseinrichtungen: • Forschungszentrum Küste (FZK), Hannover, mit dem Großen Wellenkanal. Gemeinsame

Zentrale Einrichtung der Universität Hannover (Franzius-Institut) und der Technischen Universität Braunschweig (Leichtweiß-Institut).

• Hamburgische Schiffbau-Versuchanstalt (HSVA) mit dem großen Eiskanal. • Bundesanstalt für Wasserbau, Außenstelle Küste, Hamburg. • Das GKSS-Forschungszentrum Geesthacht mit dem Unterwassersimulator GUSI. • Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhafen. Die Intensität, mit der in einem Land Meerestechnik als Offshore-Technik betrieben wird, hängt weniger vom Interesse einzelner Institutionen als vielmehr davon ab, welche Chancen sich der Industrie auf diesem Markt bieten. Nach dem Bekanntwerden großer Lagerstätten in der Nordsee kam es zu einer Aufteilung dieses Schelfmeeres unter die Anliegerstaaten (United Nations Con-tinental Shelf Convention), wobei die Bundesrepublik Deutschland mit einem Zipfel in der Deutschen Bucht ohne sehr ausbeutungswürdige Felder beschieden wurde (Bild 1-1). Als wei-teres Handikap erwies sich, dass die deutsche Küste zu flach ist für Tiefwasser-Bauplätze, wie sie zum Bau großer Plattformen erforderlich sind. Dennoch haben sich Wirtschaft, Forschungseinrichtungen und Hochschulinstitute mit großem Interesse in Arbeitsgemeinschaften und Forschungskooperationen engagiert. Der Bundesminister für Forschung und Technologie förderte diese Aktivitäten und stellte 1975 die (inzwischen abge-baute) Forschungsplattform "NORDSEE" (FPN) mit einem Erprobungsfeld für meerestechnische Versuche in der Deutschen Bucht, 40 Seemeilen nordwestlich von Helgoland, zur Verfügung. Bauingenieure entwickelten Halbtaucher und Flüssiggastanker aus Beton, Plattformen zur Ölför-derung, umsetzbare Plattformen für Kraftwerke, Öl- und Gasspeicher und Plattformen für Erd-beben- und Eisbelastung von Vorentwürfen über Durchführbarkeitsstudien bis zum Prototyp. Im Erprobungsfeld der FPN wurden 1979/80 das Großmodell eines Gelenkturmes (CONAT) [4] und 1981 gelenkig gekoppelte Betonpontons (SEADECK) unter realen Seeverhältnissen getestet. Ein Markterfolg war diesen Arbeiten nicht beschieden, weil die feldbesitzenden Länder ihre eigenen Entwicklungen bevorzugten. Niedrige Ölpreise bremsen zudem die Erschließung neuer Felder. Drei deutsche Felder konnten offshore erschlossen werden: Schwedeneck-See (Kieler Bucht) mit zwei Betonplattformen (Bilfinger + Berger, Dyckerhoff & Widmann, 1983), Mittelplate (Wattenmeer) mit einer künstlichen Insel (Dyckerhoff & Widmann, 1984) und A6/B4 (deutscher Nordseesektor) mit einer Stahlplattform (2000) [5]. In jüngerer Zeit haben der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) und die Gesellschaft für Maritime Technik (GMT) Studien für Marktpotentiale, Technologiekapazität und Forschungsbedarf auch außerhalb der Erdöl- und Erdgasexploitation vorgelegt [6]. Im Januar 2002 veröffentlichte die Bundesregierung ihr Papier „Strategie der Bundesregierung zur Windenergienutzung auf See“ [7], [8]. Dazu wurde eine Forschungsplattform offshore Borkum errichtet und im August 2003 in Betrieb genommen [9]. Weitere Messplattformen sind geplant.

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Der Bundestag beschloß am 27.06.2002 „weltweite Märkte für die Meerestechnik zu erschließen“. Für angehende Bauingenieure wird es also auch in der Zukunft Aufgaben in der Meerestechnik geben: • Bau und Rückbau von Offshore-Plattformen, • Bauen offshore ohne Bezug zur Ölindustrie für Pfeiler von Brücken über Meeresengen, Kühl-

wasserbauwerke von Kraftwerken an der Küste, Gründungsbauwerke für Offshore-Windkraftanlagen, Landgewinnung für Häfen, Flughäfen und Ansiedlungen,

• Künstliche Inseln, schwimmende Städte, touristische Anlagen, • Küstenschutz und Seewasserbau, • Arbeiten in den international tätigen Firmen, Ingenieurbüros und in Versuchsanstalten. Die großen deutschen Baukonzerne mit ihren internationalen Töchtern sind auch auf Märkten tätig, wo mit zunehmender Verknappung der Reserven in den klassischen Fördergebieten neue Felder entwickelt werden. Der Abbau bestehender Plattformen eröffnet ein neues, umfangreiches Geschäftsfeld. Das Bemessungsverfahren, das Sicherheitskonzept und die Planung der Bauab-läufe sind typische Bauingenieuraufgaben. Fazit: Die Meerestechnik bleibt also nicht nur ein interessantes, sondern auch ein zukunfts-trächtiges Spezialgebiet für Bauingenieure. Ziel der Vorlesung: • Vermittlung von Kenntnis und Verständnis für den eigentümlichen Charakter der Belastungen

im Meer, ihre Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Extremereignissen und ihre richtige Auswahl und Kombination für den Entwurf.

• Vermittlung von Kenntnissen über Beanspruchungen und Bemessungsverfahren, Konstruktionsformen und Bauablaufplanung unter dem Gesichtspunkt der Funktion, der Sicherheit und der Wirtschaftlichkeit.

Hinweise zum Studium und für die Praxis [10]: 1. Zusammenhänge und Wirkungsweisen verstehen lernen (Warum hält ein Wellenbrecher,

warum bricht er?). 2. Herausfinden, welche Stellen, Autoritäten, Prüfinstanzen für welche Aufgaben zuständig sind

und welche Rolle und Verantwortung man selbst innehaben wird. 3. Wissen, wie man an den aktuellen Wissensstand kommt. Stand der Technik ist, was

veröffentlicht ist, weltweit (Informationsdatenbanken)! Normen sind verbindlich, aber nicht immer auf dem Stand der Technik.

4. Betrachten Sie Veröffentlichungen kritisch. Am Literaturverzeichnis erkennt man schnell, ob der Autor den Stand der Technik recherchiert hat. Und verlassen Sie sich auf keine Aussage oder Formel in irgendeiner Veröffentlichung, deren Plausibilität und Aktualität Sie nicht überprüft haben!

5. Die Literaturangaben im Scriptum nennen zuerst die Richtlinien (Normen, Empfehlungen), dann die allgemeine, umfassende Literatur, dann die spezielle Literatur zum jeweiligen Kapitel und schließlich Internetadressen wichtiger Quellen.

6. Bestandteil des Scriptums ist ein Glossarium englischer Fachbegriffe der Meerestechnik. Das Vorlesungsskriptum habe ich zum ersten Mal 1989 geschrieben und danach laufend aktualisiert. Ein Jahr später entstand daraus mein Buch „Meerestechnik“ mit ausführlicherer Darstellung des Stoffes, vielen Abbildungen, Diagrammen und Rechenbeispielen. Für die Prüfung und für ein Grundlagenwissen muß das nun vorliegende Scriptum in Verbindung mit Vorlesung und Diavortrag ausreichen. Wenn Sie aber entwerfen oder bauen, brauchen Sie Literatur zum Stand der Technik (siehe oben).

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Literatur zu 1.: [1] Wagner, P.: Offshore-Technik im Jubiläumsjahr? Bautechnik 74, Heft 12, Ernst & Sohn,

Berlin, 1997. [2] Wölfel, W.: Wasserbau in den Alten Reichen. Verlag für Bauwesen, Berlin 1990. [3] Rohde, H.: Die Geschichte des deutschen Küstengebietes. Die Küste, Heft 32.

Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co., Heide in Holstein, 1978. [4] Wagner, P.: CONAT - Entwicklung und Erprobung einer Offshore-Pendelplattform. Die

Bautechnik 59, H. 9 und 10, Ernst & Sohn, Berlin, 1982. [5] Presse-Information Wintershall AG, Kassel, 1999, 2000, 2001. [6] Verband für Schiffbau und Meerestechnik und Gesellschaft für Maritime Technik:

Strategiepapier für die Maritime Technik in Deutschland, Hamburg, 1998. www.maritime-technik.de.

[7] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU Federführung): Strategie der Bundesregierung zur Windenergienutzung auf See, Januar2002. Loy´s Energie Digest. www.loy-energie.de.

[8] Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH), Hamburg, www.bsh.de [9] FINO-Forschungsplattformen in Nord- und Ostsee. www.fino-offshore.de.

[10] Wagner, P.: Zwischenruf: Über die Kunst, informiert zu sein. Bautechnik 79, H. 12, Ernst & Sohn, Berlin, 2002.

Im Internet: Für einfache Literaturrecherchen: http://www.irbdirekt.de: Fraunhofer Informationszentrum Raum und Bau.

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2. Die Einwirkungen auf Bauwerke im Meer Im Gegensatz zu Landbauten lassen sich die Lasten (neu: Einwirkungen) auf Meeresbauwerke nicht einfach festlegen, wie z.B. die Lastannahmen in DIN 1055. Vielmehr müssen die örtlichen Naturereignisse gemessen und ausgewertet und daraus Belastungen ermittelt werden. Vorgehensweise:

1. Messen der örtlichen Naturereignisse, sog. Umweltbedingungen (environmental conditions) oder Verwendung bekannter Größen (Erfahrungswerte)

2. Berechnen der Einwirkungen (Kräfte, Belastungen) 3. Kombination der Einwirkungen unter Berücksichtigung ihrer Eintrittswahr-

scheinlichkeit mit den üblichen Lasten aus Eigengewicht, Verkehr,... 4. Bemessung des Tragwerks

Arten der Einwirkungen/Lasten:

• ständige • veränderliche • umweltbedingte • sich wiederholende • außergewöhnliche • stationäre oder freie • statische oder dynamische

Einwirkungen der (Meeres-)Umwelt:

• Wind • Strömung • Wasserstände • Wellen

zusätzlich nur an bestimmten Standorten: • Eis (s. Kap. 7) • Erdbeben (s. Kap. 5)

Bei allen auf dem Meeresboden gegründeten Konstruktionen ist die Beschaffenheit der Bodenoberfläche und des Untergrundes ein weiterer entwurfsbestimmender Faktor.

2.1 Wind Wind offshore ist eine nicht zu unterschätzende Belastung. Gründe:

• geringere Oberflächenrauhigkeit der See • große Angriffsflächen durch die Decksaufbauten • bei großen Wassertiefen großer Hebelarm • max. Windlast bei max. Wellenlast in gleicher Wirkungsrichtung

Die Bemessungsgröße des Windes ist seine Geschwindigkeit U, die im Quadrat in den Lastansatz eingeht. Kennzeichen des Windes ist seine Turbulenz, erkennbar an der Böigkeit. Als Böen (gust) werden kurzzeitig (1s bis 3s) andauernde Windstöße bezeichnet. Bei Nautikern und z.B. für die Arbeiten auf See wird die Windintensität (Windstärke nach BEAUFORT) angegeben.

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Einflußfaktoren: 1. Zeitintervall für die Mittelbildung. Eine Beziehung zwischen den Mitteln verschiedener

Zeitintervalle t1 und t2 wird durch empirische Formeln beschrieben, z.B. [6]: Ut2 = Ut1 (1 + 0,047 ln t1/t2), mit t2 < t1 2. Höhe über See. Windgeschwindigkeit nimmt mit steigender Höhe zu, verursacht durch

Reibung an der Bodenfläche (See) und zwischen den horizontalen Luftschichten (Zähigkeit). Im internationalen Wetterdienst wurde deshalb eine einheitliche Referenzhöhe (Anemometerhöhe) von 10 m über Grund (Land, See) festgelegt. Das vertikale Geschwindigkeitsprofil U(z) über der Höhe z läßt sich mit einem Potenzgesetz beschreiben:

Uz = U10 z

10⎛⎝⎜

⎞⎠⎟β

, ß kann näherungsweise 1/7 gesetzt werden (nach ISO19901-1 Entwurf

auch 1/8,5). 3. Häufigkeit. 50- oder 100-jähriges Ereignis. Für Offshore-Bauten werden üblicherweise zwei Lastfälle untersucht: • Wind mit einer Geschwindigkeit entsprechend dem 1-min-Mittel und maximale Wellenlast • Wind mit einer Geschwindigkeit entsprechend dem 3-s-Mittel allein. Wo winderregte Schwingungen zu maßgebenden Belastungen führen können, ist eine weitergehende Untersuchung unter Verwendung des Energiespektrums des Windes erforderlich. Beispiel: Wind auf ein Plattform-Deck Gegeben: U 1h,10m = 38,7 m/s Gesucht: U 1min in 40 m Höhe Lösung: Ut2 = Ut1 (1 + 0,047 ln t1/t2) = 38,7 (1 + 0,047 ln (60/1)) = 38,7 • 1,1924 = 46,1 m/s Uz = U10 (40/10)1/7 = 46,1 • 41/7 = 56,3 m/s

2.2 Strömung (current) Strömungen im Meer haben vielerlei Ursache. Bei Offshore-Bauwerken in der Nordsee werden üblicherweise zwei Strömungsarten superponiert:

1. Gezeitenströmung (Tidestrom) 2. Winderzeugte Strömung

Für die Belastungsberechnung sind maßgebend die Strömungsgeschwindigkeiten vc (bzw UWi und UT) und ihre vertikale Verteilung vc(z), vergl. Wind.

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Bild 2-1: Geschwindigkeitsprofile der Meeresströmung [5], [6] UWi = winderzeugte Strömung UT = Gezeitenströmung

2.2.1 Gezeitenströmung (tidal current) Der Bemessung wird die größte Strömungsgeschwindigkeit vT innerhalb eines Zeitraumes (50 oder 100 Jahre) an der Meeresoberfläche zugrunde gelegt. Sie schwankt in der Nordsee zwischen 0,5 und 1,5 m/s und kann Karten oder Tabellen oder unter der Internetadresse des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie [8], [9] entnommen werden. Die vertikale Verteilung folgt dem Potenzgesetz

vT(z) = vT

α

⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ +

dzd

d = Wassertiefe, z = 0 (Stillwasserlinie), nach unten negativ.

α = 1/7 (s. a. ISO 19901-1 DIS)

2.2.2 Winderzeugte Strömung (wind generated current) Wenn keine statistischen Daten vorliegen, kann über freien Gewässern die Strömungsgeschwindigkeit an der Meeresoberfläche durch die Näherung vW = 0,02 vWind,1h,10m berechnet werden. Die winderzeugte Strömung nimmt linear mit der Tiefe ab und endet in einer festgelegten Tiefe, z. B. 50 m (DNV [4]).

vW (z) = vWd z

d+⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

Beispiel: Strömung Gegeben: Tideströmung vT = 1,0 m/s W indgeschwindigkeit vWind,1h,10m = 38 m/s Wassertiefe d = 80 m Gesucht: Strömungsgeschwindigkeit vc in 40 m Wassertiefe

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Lösung: vT(z = -40) = vT d zd+⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

1 7/

= 1,0 80 4080

1 7−⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

/

= 0,91 m/s

vW = 0,02 • vWind = 0,02 •38 = 0,76 m/s

vW (z = -40) = vW d zd+⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

= 0,76 50 4050−⎛

⎝⎜⎞⎠⎟

= 0,15 m/s

vc = vT + vW = 0,91 + 0,15 = 1,06 m/s Je nach Örtlichkeit können weitere Strömungsarten (Driftströmung, Brandungsströmung) zu berücksichtigen sein.

2.3 Wasserstände (water level variations) Die Wasserstände und ihre Schwankungen haben vielfältigen Einfluß auf Küsten- und Offshore-Bauwerke. Vor allem die Extremwerte sind entwurfsbestimmend. Höchstwasserstand Er bildet zusammen mit den höchsten Wellen und großen Windstärken einen Lastfall für die Bemessung: • größte Horizontalkraft, größtes Kippmoment aus Strömung und Wellen • größte Auftriebs- und Sohlwasserdruckkräfte (geringste Bodenpressung) • größte hydrostatische Drücke auf die Fundamentzellen • Höhe von Deichen, Wellenbrechern, Kajen gegen Überflutung • Höhe der Unterkante von Überbauten (Brücken auf Pfeilern, Decks von Plattformen) Niedrigstwasserstand Maßgebend für • Verschleppungsvorgänge im Gewässern mit begrenzter Tiefe. Mindestabstand zwischen

Seegrund und Unterkante Bauwerk (Flottwasser, underkeel-clearance) bei Berücksichtigung der Tauch-, Stampf- und Rollbewegung des geschleppten Objektes.

• Geringster Auftrieb auf ein fest gegründetes Bauwerk und somit höchstes Gewicht auf dem Untergrund.

Wasserstandsänderungen In diesem Bereich korrodieren die Baumaterialien am stärksten, weil durch den ständigen Wechsel von Wasser und Luft immer neuer Nachschub an Feuchtigkeit und Sauerstoff, den Korrosionsbeschleunigern, vorhanden ist. Der marine Bewuchs ist hier besonders stark, ebenso die Gefahr äußerer Beschädigung durch Treibgut und Eis. Wichtigste Einflüsse:

• Tide • Windstau (Sturmflut)

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Die Tide (astronomical tide) ist die Wasserspiegeländerung durch die Gezeiten, d.h. durch die astronomischen Einflüsse von Mond und Sonne ("Astronomische Tide"). Die Periode der Mondgezeit beträgt etwa 12½ Stunden, die der Sonnengezeit 28 Tage. Durch Überlagerung beider entstehen die Extremtiden bei Vollmond und Neumond (Springtide) und bei Halbmond (Nipptide). Die Wasserspiegeldifferenz, der Tidenhub, ist vor allem abhängig von der Küstenmorphologie. Sie kann aus speziellen Landkarten oder Tidekalendern [8], [9] entnommen werden. Der Windstau (storm surge) entsteht, wenn Sturmwind mit hoher Geschwindigkeit über die Meeresoberfläche streicht und nicht nur Wellen zunehmender Höhe, sondern auch einen Massentransport von Wasser hervorruft. Neben Windgeschwindigkeit, Streichlänge über See und Sturmdauer spielen die Küstenform und die Unterwassermorphologie (Wassertiefe, Neigung des Untergrundes) eine bestimmende Rolle. Bemessungswasserstand Der Bemessungswasserstand (Ruhewasserstand, still water level) ist der höchste Wasserstand (einschl. Tide und Windstau) für die maximale Beanspruchung des Bauwerks, ohne Ansatz der Wellenamplitude.

Bild 2-2: Definition der Wasserspiegel nach DNV [4]

Der Entwurf von Meeresbauwerken verlangt nun eine Festlegung von Höhenkoten wie Oberkante Bauwerk oder Unterkante Plattformdeck in Bezug auf den Bemessungswasserstand unter Berücksichtigung des Seegangs. Diese Anhebung des Wasserstandes über dem Ruhewasserspiegel wird als Funktion der Wellenhöhe H angegeben und beträgt:

0,5 H Theoretischer Ansatz bei einer Sinuswelle 0,7 HB Brechende Welle, EAU, E 135 [1]

ca. 0,7 H Offshore-Plattformen (bzw. aus Berechnung der freien Oberfläche) 1,0 H Stehende Welle vor senkrechten Wänden, EAU, E135 [1]

Die Wellenhöhe H wird hierbei als Höhe einer Bemessungswelle abhängig von einer Risikobetrachtung für das Bauwerk definiert.

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2.4 Wellen Wellen stellen fast immer die Hauptbelastung für Küstenschutz- und Meeresbauwerke dar.

2.4.1 Wellen im Tiefwasser (deep water waves) Eine Welle kann als ein periodisch wiederkehrender Vorgang aufgefaßt und daher durch Wellenhöhe H und Wellenlänge L oder Wellenperiode T beschrieben werden. In der Natur treten nun aber unterschiedlich hohe und lange Wellen in Folge auf. Durch Messung der Höhe der bewegten Wasseroberfläche in kurzen Abständen, z.B. 0,1 s, und der Zeit erhält man eine Wellendarstellung als Funktion der Zeit, eine Zeitreihe H(t) (Bild 2-3).

Bild 2-3: Zeitreihe einer Wellenmessung (schematisch) und Definition von Wellenhöhe und -periode [1]

Definitionen der Wellenhöhe: Nulldurchgangsverfahren (zero crossing) (Bild. 2-3). Damit ist auch die zugehörige Wellenperiode definiert. Offenbar läßt sich eine solche Wellenfolge nicht mehr durch ein Zahlenpaar Höhe/Länge beschreiben. Statistische Auswertung: Arithmetisches Mittel, Spannweiten, Standardabweichungen, Häufigkeitsverteilung und Extrema (DIN 55 302: Statistische Auswerteverfahren). Bemessungswelle Das Mittel aller Wellenhöhen ist die mittlere Wellenhöhe Hm, sie hat für die Bemessung kaum Bedeutung. Bedeutsamer sind dagegen die Mittelwerte H1/10 der 10 % höchsten Wellen oder H1/100 der 1 % höchsten Wellen (z.B. die höchsten zehn von tausend gemessenen Wellenhöhen) einer Messreihe. Eine Besonderheit ist die Größe H1/3, das Mittel der 33 % höchsten Wellen, weil sie etwa der Wellenhöhe entspricht, die erfahrungsgemäß ein geübter Beobachter eines Seegangs schätzen würde. Sie wird auch als signifikante (kennzeichnende) Wellenhöhe Hs bezeichnet und ist Basisgröße für viele ingenieurtechnische Betrachtungen. Eine wichtige Bemessungsgröße ist schließlich der Extremwert, die maximale Wellenhöhe maxH einer Zeitreihe. Die genannten Größen stehen untereinander in gleichbleibender Beziehung, die auf ihrer Häufigkeitsverteilung (Rayleighsche Verteilungsfunktion) beruht (EAU, E136 [1]).

Hm = 0,63 H1/3 H1/10 = 1,27 H1/3 H1/100 = 1,67 H1/3 maxH = 1,87 H1/3 ≈ 2,0 H1/3 (entspricht etwa H1/1000)

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Ähnlich lassen sich die Perioden Tm, T1/10 usw. definieren; die zur Wellenhöhe H1/3 gehörende Periode ist dann aber TH 1/3, nicht T1/3! Alle bisher genannten Größen sind aus einer Messreihe abgeleitet worden, über deren Auftretenswahrscheinlichkeit noch nichts gesagt wurde. Langzeitstatistik Für die Bemessung werden Extremwerte benötigt, z. B. ein hundertjähriges Ereignis. Eine häufige benutzte Verteilungsfunktion für die Extremwertstatistik ist die Funktion von Weibull [2], [3]. Für Offshore-Plattformen in der Nordsee gibt Det Norske Veritas (DNV) hundertjährige Bemessungswellen an (Tab. 2-1). Die zugehörige Periode kann nach DNV in der Spannweite

6 5, H < T < 15H variiert werden. Tab. 2-1: 100-Jahreswellen nach DNV [4], [5] Area Latitude (°N) 100 year wave height

All seasons Summer North Sea 52 16 m 12 m 53 18 m 14 m 54 20 m 15 m 55 22 m 17 m 57 26 m 20 m 59 28 m 21 m Norwegian Sea 61 30 m 23 m Seegangsvorhersage (wave forecasting) [3] Aus folgenden Größen lassen sich Wellenhöhen überschlägig berechnen („vorhersagen“):

• Windgeschwindigkeit • Winddauer (Sturmdauer) • Streichlänge (Fetch).

Mit der Festsetzung einer Bemessungswelle für den Entwurf kann ein Bauwerk bemessen werden (design wave approach). Wellenspektrum (wave spectrum) Beliebige periodische Schwingungen lassen sich mit Hilfe von FOURIER-Reihen durch eine endliche Anzahl harmonischer Schwingungen annähern. Seegang als nichtperiodische Schwingung wird als Grenzfall einer periodischen Schwingung mit der Periode T = unendlich betrachtet, der durch Überlagerung einer unendlichen Anzahl von harmonischen Schwingungen erfaßt werden kann. Die zum Quadrat der Wellenhöhe proportionale Energie einer jeden Harmonischen wird dann über ihrer Frequenz aufgetragen. Die so entstehende Kurve S(ω) stellt das Leistungsspektrum (auch spektrale Dichte, spectral density) des Seegangs dar. Aus einem Spektrum können ebenfalls die statistischen Grundwerte gewonnen werden.

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Die Verwendung von Spektren im Entwurfsverfahren (wave spectrum approach) ist erforderlich, wenn das Bauwerk seinerseits ein schwingungsfähiges System ist und durch den Seegang zu Schwingungen angeregt wird. Das trifft besonders bei hohen, schlanken Bauwerken und z.B. bei Gelenktürmen und schwimmenden Konstruktionen zu. Durch die dabei entstehenden Massenkräfte kommt es zu einer Überhöhung der statischen Last. Bei der Berechnung der Bauwerksantwort ist dann oft nicht die höchste Welle sondern eine Welle, deren Frequenz mit der Bauwerkseigenfrequenz zusammenfällt, maßgebend für die maximale Beanspruchung. Bekannte Spektren in der Meerestechnik sind das Pierson-Moskowitz-Spektrum oder das im Rahmen des Joint North Sea Wave Projekt entwickelte JONSWAP-Spektrum.

2.4.2 Flachwasserwellen (shallow water waves) Mit abnehmender Wassertiefe d wächst der Einfluß, den der Meeresboden auf den Seegang ausübt. Eine Tiefwasserwelle ist durch das Wertepaar H, L oder H, T eindeutig gekennzeichnet. Im Übergangsbereich und im Flachwasser ist die Welle durch das Wertetripel H, L, d oder H, T, d definiert.

• Tiefwasserbereich: d/L ≥ 0,5 • Übergangsbereich: 0,5 > d/L > 0,04 • Flachwasserbereich: d/L ≤ 0,04

Umformungen der Wellenparameter treten bereits in einem Schelfmeer, wie es die Nordsee ist, auf. Für den Küstenwasserbau sind die folgenden Effekte von Bedeutung: Shoalingeffekt Durch Grundberührung wird die Wellengeschwindigkeit reduziert, die Wellenlänge nimmt ab, die Wellenhöhe (nach anfänglicher Abnahme) zu (Shoaling-Faktor Ks). Refraktion Wellen, die nicht in der Fallinie des ansteigenden Meeresboden einlaufen, haben die Tendenz, zur Küste hin solange umzuschwenken, bis ihre Wellenkämme parallel zu den Unterwasserhöhenlinien (Tiefenlinien) zu liegen kommen (analog zur Lichtbrechung nach dem Brechungsgesetz von SNELL). Die Wellenhöhe wird mit dem Refraktionskoeffizienten Kr multipliziert und größer oder kleiner als die Ausgangswelle. Diffraktion Wellen, die auf ein Hindernis (Landzunge, Wellenbrecher) treffen, schwenken um dieses herum und laufen in den Wellenschatten ein, analog dem HUYGENSschen Beugungsgesetz in der Optik. Die Wellenhöhe nimmt dabei im allgemeinen ab.

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Reflektion Versperrt ein Hindernis den Weg fortschreitender Wellen, so werden diese reflektiert. Die Erscheinung kann an senkrechten Ufereinfassungen stehende Wellen hervorrufen (s. Kap. 3). Die EAK [2] enthalten weitere Erläuterungen. Diagramme und Beispiele, mit denen sich die Tiefwasserwelle auf die Örtlichkeit an der Küste umformen läßt, befinden sich im SHORE PROTECTION MANUAL [3]. Brechen der Wellen Die Wellenhöhe H wird letztendlich von der Wassertiefe d bestimmt, d.h. die Wellen brechen bei einem bestimmten Verhältnis HB/db und laufen als gebrochene Wellen mit geringerer Wellenhöhe weiter zur Küste. Das Verhältnis HB/db, das sogenannte Brecherkriterium , ist keine Konstante, sondern abhängig von der Wellensteilheit H/L und von der Standneigung und liegt nach Beobachtungen zwischen 0,7 und 2,0. In erster Näherung kann gesetzt werden:

HB/db ≈ 1,0 Weitere Angaben enthält E 136 der EAU [1]. Im übrigen brechen die Wellen auch im Tiefwasser, wenn sie ihre Grenzsteilheit H/L erreicht haben, theoretisch bei H/L = 1/7, im natürlichen Seegang (aufkommender Sturm) eher bei H/L = 1/10.

2.4.3 Wellentheorien Mit Hilfe der Wellentheorien ist eine mathematische Beschreibung des Wellenganges und eine Berechnung der Wellenkräfte möglich Die linearen Theorien beschreiben Wellen mit kleinen Amplituden und in großen Wassertiefen zutreffend. Die nichtlinearen Theorien (Theorien höherer Ordnung) sind für steile Wellen (H/L groß), die cnoidale Wellentheorie ist für Flachwasserwellen (d/L klein) geeignet. Die Gültigkeit aller Wellentheorien endet dort, wo Wellen bestimmter Höhe und Periode nicht mehr möglich sind, weil sie entweder vorher brechen (Flachwasser, Übergangsbereich) oder ihre Grenzsteilheit überschreiten (Tiefwasser), s. Bild 2-4.

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Bild 2-4: Anwendungsbereiche verschiedener Wellentheorien [1]

Zunächst gelten bei einer periodisch wiederkehrenden Bewegung (Schwingung, Welle) folgende Bezeichnungen (Bild 2-5):

Bild 2-5: Fortschreitende Welle, Bezeichnungen [1] Für die harmonische Elemtarwelle (lineare Theorie, Sinuswelle) gilt: ω = 2π/T = Wellenkreisfrequenz k = 2π/L = Wellenzahl

Weitere Beziehungen der linearen Wellentheorie enthält Tab. 2-2, solche höherer Ordnung enthält [2].

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Tab. 2-2: Beziehungen der linearen Wellentheorie [1],[2], [3], [5] Beispiel: Bemessungswelle für eine Nordsee-Plattform und zutreffende Wellentheorie Gegeben: Geographi sche Breite der Lokation 59° Wassertiefe d= 120 m Gesucht: Bemessungswelle (H, T, L) Lösung: H = 28 m (Tab 2-1) T = 6 5, H ..... 15H = 13,5 ..... 20,5s Mit verschiedenen Perioden in dieser Spannweite ist die Lastenermittlung durchzuführen, bis der ungünstigste Wert gefunden worden ist. Im Beispiel wird mit T = 17s weitergerechnet. H/gT2 = 28/(9,81 • 172) = 0,010 d/ gT2 = 120/(9,81 • 172) = 0,042 < 0,0792 (Übergangsbereich) Die angemessene Theorie zur Berechnung der Wellenlasten ist die Stokes'sche Theorie 3. Ordnung. Wellenlänge näherungsweise nach Theorie 1. Ordnung: L = gT2/2π • tanh 2πd/L = Lo tanh 2πd/L (mit L0 = g/2π • T2 = 1,56 T2 ) = 1,56 • 172 • tanh (2π • 120/L) = 451 • 0,944 (durch Probieren mit L < Lo) = 426 m d/L = 120/426 = 0,28 (wie schon oben festgestellt: Übergangsbereich) Im Tiefwasser wäre die Wellenlänge L0 = 1,56 • 172 = 451 m.

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2.5 Literatur zu 2.: [1] Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" - EAU 1996. 9. Aufl., Verlag

Ernst & Sohn, Berlin, 1997, sowie jährliche Ergänzungen in den "Technischen Jahresberichten", abgedruckt in den Heften 12 der "Bautechnik".

[2] Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken - EAK 2002. Die Küste, Heft 65, Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co, Heide i. Holstein, 2003.

[3] Shore Protection Manual. U.S. Army Coastal Engineering Research Center, Government Printing Office, Washington, D.C., 1984.

[4] Rules for the Design and Inspection of Offshore Structures 1977, Appendix A: Enviromental Conditions. Det Norske Veritas, Høvik, 1982.

[5] Wagner, P.: Meerestechnik. Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [6] Kokkinowrachos, K.: Hydromechanik der Seebauwerke. Handbuch der Werften, Bd. XV,

Hamburg, 1980. [7] Kohlhase, S.: Ozeanographisch-seebauliche Grundlagen der Hafenplanung. Mitt. des

Franzius-Instituts für Wasserbau und Küsteningenieurwesen der Universität Hannover, Heft 57, 1983.

[8] Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH), Hamburg, www.bsh.de. [9] The North Sea Environmental Guide. Oilfield Publications Ltd., Ledbury, 1984.

[10] Bascom, W.: Waves and Beaches. Anchor Books Doubley, New York, 1980. Neuere Literatur in Vorbereitung siehe Kap. 4, insbesondere: [11] ISO 19901-1 Petroleum and natural gas industries – Specific requirements for offshore structures – Part 1: Metocean design and operating conditions.

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3. Berechnung der äußeren Kräfte auf Küsten- und

Offshore-Bauwerke Nachdem die Umweltbedingungen am Einsatzort (location) festgestellt sind, brauchen wir Formeln und Verfahren für die Berechnung der äußeren Kräfte (Lasten, Einwirkungen), um das Bauwerk bemessen zu können.

3.1 Strömungskräfte Stationär strömende Medien (v = konstant) erzeugen beim Auftreffen auf ein Hindernis einen Druck q, der nach BERNOULLI errechnet werden kann zu

q = 12

2ρv = 12

2γg

v (γ = ρg) [t/m³ · m/s² = tm/s² · 1/m²] = [kN/m²]

ρ = Dichte des Mediums (mass density) γ = Wichte des Mediums (unit weight) g = Erdbeschleunigung (acceleration due to gravity) = 9,81 m/s2

v = Strömungsgeschwindigkeit (velocity) Die auf das Hindernis mit der Fläche A wirkende Kraft F beträgt

F = C q A sinα C = Formbeiwert q = Staudruck, s.o. A = Fläche des Hindernisses [m2] α = Winkel zwischen Strömungsrichtung und Fläche[°]

Die Formbeiwerte wurden experimentell bestimmt. Sie enthalten die Komponenten Druck (in Luv) und Sog (in Lee). Sie sind abhängig von Form und Ausdehnung des Hindernisses, von der Rauhigkeit und von der REYNOLDS-Zahl. Ausführliche Tabellen mit formabhängigen Beiwerten enthält z. B. [4], Diagramme für Zylinder als Funktion von REYNOLDS-Zahl, KEULEGAN-CARPENTER-Zahl oder relativer Rauhigkeit enthält [13]. Zu beachten ist, dass bei unsymmetrischen Hindernissen eine Kraft quer zur Anströmungsrichtung auftritt. Bei in Gruppen hintereinander angeordneten Baugliedern kann ein Abschirmfaktor bei den leeliegenden Hindernissen angesetzt werden.

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3.1.1 Windkräfte (wind forces) Die Dichte bzw. Wichte für trockene Luft beträgt bei 10°C: ρ = 1,25 kg/m3 bzw. γ = 12,26 N/m3

Zur Erinnerung: γ = 1,25 • 9,81 = 12,26 [kg/m3 • m/s2]; 1 kgm/s2 = 1 N Der Formbeiwert kann für in erster Näherung gesetzt werden:

C ≈ 2,0 für einzelne langgestreckte, scharfkantig begrenzte Bauglieder (Stahlträger o.ä.) C ≈ 1,6...1,7 für komplette Stahlgitterkonstruktionen, Plattformdecks etc.

Beispiel: Wind auf Plattformdeck Gegeben: vWind = 53,4 m/s, Vertikale Decksfläche: 80 x 40 m Gesucht: Kraft infolge Wind auf die Plattform Lösung: FW = C ½ ρ v2 A sin 90° = 1,7 ½ 1,25 · 53,42 • 80 • 40 • 1,0 = 9,7 • 106 kgm/s2 = 9,7 MN

3.1.2 Kräfte infolge Meeresströmung (drag forces) Die Dichte bzw. Wichte von Wasser ist abhängig von Temperatur und Salzgehalt. Für die Nordsee wird üblicherweise angesetzt: ρ = 1,025 t/m3 bzw. γ = 10,055 kN/m3

Schon wegen der Stabilität gegen hydrostatischen Druck haben die Bauglieder meistens kreisrunden Querschnitt. Der Formbeiwert für Kreiszylinder wird abhängig von der REYNOLDS-Zahl und der relativen Rauhigkeit bestimmt:

CD = 0,7 für glatte Zylinder [1], [4], [13] CD = 1,0 für rauhe Zylinder (mariner Bewuchs, Korrosion)

Beispiel: Strömungskraft auf einen Kreiszylinder Gegeben: Zylinder ø 20 m, Wassertiefe d = 80 m v = 0,95 m/s (Mittelwert über gesamte Tiefe) Gesucht: Gesamtkraft infolge Strömung Lösung: FW = C ½ ρ v2 A sin 90° = 0,7 • ½ • 1,025 • 0,952 • 20 • 80 = 518,0 tm/s2 = 518,0 kN

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3.2 Wellenkräfte Eine Übersicht über die Bauwerke, die Wellenbelastungen ausgesetzt sind, gibt Tab. 3-1

Bauwerke unter Wellenbelastung Grundtypen Anwendung Wirkung Berechnung nicht brechende

Wellen brechende Wellen

Vertikale Wand

Uferwände, Molen Vertikale Wellenbrecher, kombinierte W. (“Caisson”- W.) für große Wassertiefen

Reflexion (stehende Welle) Druckschlag (brechende Welle)

ANTONELLI (1935) SAINFLOU (1928) MICHE + RUNDGREN (1944, 1958) GODA (1974, 1985)

MINIKIN (1963) erweitert GODA/ TAKAHASHI (1994) PROVERB 2001

Böschung glatt

Deich

Wellenauflauf, Druckschlag

FÜHRBÖTER (1966, 1991)

geschüttet Uferbefestigung, Wellenbrecher (d < 20 m)

Dissipation HUDSON (1953, 1961)

Zylinder Pfahlwerke, Anleger Brückenpfeiler Plattformtürme D < L/5

Umströmung (Widerstand + Trägheit)

MORISON (1950)

MORISON (nur Widerstand mit v g= d )

Plattformfundament, “Caissons”, D > L/5

Diffraktion MACCAMY + FUCHS (1954)

Tab. 3-1: Wirkung und Berechnung von Wellen auf Bauwerke

3.2.1 Wellenkräfte auf senkrechte Uferwände Belastungsfall Reflektierte Wellen Für eine überschlägige Berechnung der Kraft genügt der Ansatz von ANTONELLI, Bild 3-1. .

Bild 3-1: Druckverteilung an einer senkrechten Wand bei totaler Reflexion einer Welle nach ANTONELLI

Für genauere Berechnungen haben sich die Ansätze von SAINFLOU [1], [2], [3] oder MICHE + RUNDGREN [3] durchgesetzt, in die auch die Wellenlänge eingeht. Vergleichsrechnung siehe [5]. Neuere Veröffentlichungen empfehlen GODA [2], [6], [8] und [13].

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Belastungsfall Brechende Wellen Wenn Wellen gerade am Bauwerk brechen, treten wesentlich höhere Belastungen auf. Sturzbrecher (plunging breaker) erzeugen große Stoßkräfte (impact forces) und haben trotz kurzer Einwirkung massive Wellenbrecher zerstört. Dieser Belastungsfall sollte deshalb möglichst durch konstruktive Maßnahmen vermieden werden, z. B. durch Vorschüttungen (Bermen) mit ausreichender Ausdehnung (halbe Wellenlänge) oder vorgelagerte Unterwasser-Wellenbrecher, damit die gefährlichen Wellen genügend weit vor dem Bauwerk brechen. Nach der Empfehlung 123 der EAU [1] (Ausbildung und Bemessung von Kaimauern in Blockbauweise) kann man erst ab einer Wassertiefe d ≥ 1,5 H (H = Wellenhöhe) davon ausgehen, dass Wellen nicht mehr brechen und daher nur reflektierte Wellen anzusetzen sind. Es gibt verschiedene Ansätze zur Berechnung dieser Belastung, aber keiner konnte bisher zuverlässig die natürlichen Verhältnisse erfassen und als gesicherter Lastansatz gelten. Die EAU 1996 empfiehlt noch den Ansatz von MINIKIN [1], neuere Quellen empfehlen die erweiterte Formel von GODA [2], [8], [13]. Auf Ergebnissen des europäischen Forschungsvorhabens PROVERB (Probabilistic design tools for vertical breakwaters) [6] beruhen die Ansätze zur Bemessung von kombinierten Wellenbrechern. Mit dem Strömungsdruck q = 1/2 ρv2, der Geschwindigkeit der Wasserteilchen v = f(gd)1/2 und der Höhe der brechenden Welle Hb ≈ d folgt für die auf eine senkrechte Wand je Meter Bauwerksbreite wirkende Kraft FH = x · (ρgHb

2) [t/m³ · m/s² · m² = (tm/s²)/m = kN/m]. [6] zeigt dimensionslose Werte für max FH / ρgHb

2 in Abhängigkeit von der Art der brechenden Welle und der Zeit (Bruchteil einer Periode) ihres Einwirkens. Die errechneten Kräfte und Momente erreichen das mehrfache der nicht gebrochenen Welle! Welcher Ansatz zu wählen ist, muß mit dem Prüfer des Auftraggebers abgestimmt werden. „...use engineering judgement and experience to decide which gives the most realistic result.“ [6]. Belastungsfall Gebrochene Welle Höhere, vor dem Bauwerk schon gebrochene Wellen sind i.a. nicht maßgebend. Kritisch ist dann die weniger hohe Welle, die am Bauwerk gerade bricht.

3.2.2 Konstruktion von Deichen Deichbau ist eine mehr konstruktive Küstenschutzmaßnahme und wird in dieser Vorlesung nicht behandelt. Angaben siehe [2].

3.2.3 Bemessung von geschütteten Wellenbrechern (rubble mound breakwater) Geschüttete Wellenbrecher sind Steindämme, die im Küstenwasser errichtet werden, um landwärts liegende Anlagen wie Häfen, Kühlwasserein- bzw. ausläufe, Strandanlagen usw. vor der Wellenwirkung zu schützen. Wellenbrecher sind häufig - im Gegensatz zu Molen - nicht befahrbar.

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Wellenbrecher werden entweder aus gebrochenen Natursteinen oder Findlingen oder aus Betonformsteinen mit von der Außenschicht zum Kern abnehmender Größe aufgebaut (Bild 3-2). Durch diese dem Filtergesetz in der Bodenmechanik vergleichbare Abstufung enthalten die einzelnen Schichten etwa 35 bis 40 % (bei Naturstein) Porenvolumen. Dadurch und durch die Oberflächenrauhigkeit des Bauwerks wird die Energie der auftreffenden Welle verteilt, und es werden Druckschläge, wie sie bei glatten Wänden auftreten können, vermieden. Entscheidende Bedeutung kommt daher der Auslegung der äußeren Schicht, der Deckschicht (cover layer) zu.

Bild 3-2: Aufbau eines geschütteten Wellenbrechers [1] in Bautechnik 12/2000

Die eigentliche Bemessungsaufgabe für den Entwurf von Wellenbrechern ist die Ermittlung des erforderlichen Gewichts der Blöcke der Deckschicht (armor units). Dazu dient die durch Versuche gefundene Formel von HUDSON:

W = ρ

ρρ

α

s

Ds

w

H

K

3

3

1−⎛

⎝⎜

⎠⎟ cot

W = Gewicht (Masse) des einzelnen Blocks [t] H = Höhe der Bemessungswelle (des mit dem Teilsicherheitsbeiwert multiplizierten

charakteristischen Werts der Bemessungswelle, [1]) [m] ρs = Dichte des Blockmaterials [t/m³] ρw = Dichte des Wassers [t/m³] α = Böschungswinkel der Deckschicht KD = Formbeiwert

Die Böschungsneigung sollte nicht steiler als 1:1,5 gewählt werden. Der Formbeiwert KD wurde für Natursteine und Betonformsteine für unterschiedliche Randbedingungen in Versuchen ermittelt und in Tabellen zusammengestellt (Tab. 3-2). Brechende Wellen sind zu berücksichtigen bei d ≤ 1,3 H. Hinweis: Auch Strandbefestigungen (riprap-revetment) können mit Hilfe der HUDSON-Formel bemessen werden.

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Tab. 3-2: Empfohlene KD-Werte (Auszug) [1], [2], [3]

Der vollständige Entwurf verlangt, nachdem das Blockgewicht errechnet wurde, weitere Ermittlungen (in [3] vollständig enthalten):

• Bestimmung der Kronenhöhe (Wellenüberschlag?, s. Bautechnik 12/2000) • Dicke der einzelnen Lagen • Anzahl der Blöcke je Fläche • Abmessung der Formsteine (für die Schalung) • Betonvolumen der Formsteine

Zahlreiche Schäden an Wellenbrechern und Vorschläge zu Sicherheitsanalysen werden in [9] berichtet. Es empfiehlt sich, die anzusetzenden Größen der Bemessungswellenhöhe (H1/3 oder H1/10) und des Teilsicherheitsbeiwerts für die Einwirkung, d. h. die anzusetzende Vorschrift, mit dem Ingenieur des Auftraggebers und dem Prüfer abzustimmen! Für größere Wassertiefen sind „Vertical Breakwaters“ wirtschaftlicher. Erfahrungen und neuere Entwicklungen enthalten [6], [7] und [8]. Praktische Hinweise enthält das gemeinsam von The UK Construction Industry Research and Information Association (CIRIA) und The Netherlands Centre for Civil Engineering Research and Codes (CUR) erarbeitete Manual [10]. Beispiel: Wellenbrecher Aufgabe: Für einen Hafen ist ein Wellenbrecher zu entwerfen. Vor der Küste treten 6 m hohe Wellen auf. Es steht gebrochener Kalkstein (Dichte ρS= 2,7 t/m3) zur Verfügung. Die Böschungsneigung betrage 1:1,5, die Dichte des Wassers ρW = 1,025 t/m3. Gesucht: Gewicht der Blöcke der Deckschicht in einem Querschnitt in 3,0 m Wassertiefe. Lösung: Bemessungswelle gewählt HD = 3,0 m (wie Wassertiefe, siehe 2.4.2).

W = ρ

ρρ

α

s

Ds

w

H

K

3

31−

⎝⎜

⎠⎟ cot

= 27 3 0

2 0 271025

1 15

3

3, ,

, ,,

,

−⎛⎝⎜

⎞⎠⎟

= 5,6 t

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3.2.4 Wellenkräfte auf zylindrische Bauteile Zur Berechnung der welleninduzierten Druckkräfte auf zylinderförmige Baukörper stehen zwei Verfahren zur Verfügung: • Das Überlagerungsverfahren für schlanke Querschnitte D/L < 1/5 = 0,2 [3], [5], [11] • Das Diffraktionsverfahren. Es berücksichtigt die Diffraktion um einen großvolumigen

Baukörper, d.h. die durch den Körper verursachte Störung auf das umgebende Strömungsfeld [5], [11].

Das Überlagerungsverfahren nach MORISON Es ist das im Küstenbau und in der Offshore-Technik am häufigsten benutzte Verfahren, weil es bei Pfählen von 0,5 bis 2 m Durchmesser und Wellenlängen von 20 bis 60 m ebenso brauchbar ist wie für Säulen einer Betonplattform mit 30 m Durchmesser und Wellenlängen von 400 m.

Bild 3-3: Wellenangriff auf einen lotrechten Pfahl [1]

Die Formel von MORISON enthält zwei Komponenten, die Strömungsdruckkraft pD (drag force), eine zähigkeitsbedingte, zum Quadrat der Geschwindigkeit der Wasserteilchen proportionale Widerstandskraft und die Beschleunigungskraft pM (mass force), eine hydrodynamische, zur Beschleunigung der Wasserteilchen proportionale Trägheitskraft

p = pD + pM

p = CD 12

ρD u|u| + CM ρ A ∂∂ut

p, pD, pM = Kräfte je Längeneinheit des Zylinders [kN/m] CD = Beiwert der Strömungsdruckkraft (vergl. Formbeiwert Kap. 3.3.2) CM = Beiwert der Beschleunigungskraft u = Horizontalkomponente der Geschwindigkeit der Wasserteilchen ∂∂ut

= Horizontalkomponente der Beschleunigung der Wasserteilchen

A = Querschnitt des Zylinders, A = π D2/4 beim Kreis. Der Beiwert CD kann bei den praktisch vorkommenden hohen REYNOLDS-Zahlen (zumindest für glatte Zylinder) zu CD = 0,7 gesetzt werden (siehe Kap. 3.1.2). Auf die Abhängigkeit des Wertes CD von der Rauhigkeit wird erneut hingewiesen.

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Der Beiwert CM berücksichtigt die vom Baukörper verdrängte Wassermasse m0 und die zu beschleunigende zusätzliche Masse ma (hydrodynamische Masse, added mass):

CM = 1 + mm

a

0 = 1 + Ca

Der Wert Ca (Koeffizient der hydrodynamischen Masse) wird für Kreiszylinder theoretisch 1,0 , somit CM = 2,0. Die MORISON-Formel ist auf schlanke Körper beliebigen Querschnitts anwendbar, wenn CD und CM zutreffend bestimmt werden. Für weitergehende Studien zur Problematik der Beiwerte CD und CM siehe [11] und die dort gezeigten Untersuchungen vom T. SARPKAYA. Neuere Untersuchungen zur genaueren Bestimmung der hydrodynamischen Masse wurden im Rahmen eines BMFT-geförderten FuE-Vorhabens durchgeführt [12]. Die Geschwindigkeits- und Beschleunigungskomponenten werden mit Hilfe der Beziehungen aus der für den vorliegenden Anwendungsbereich gültigen Wellentheorie errechnet. Das phasenverschobene Auftreten der Kräfte ist in Bild 3-4 dargestellt. Die lineare Wellentheorie liefert in Bereichen, für die sie nicht mehr zutreffend ist, ungenaue Ergebnisse [11]. Bei gleichzeitig auftretender Strömung ist für die Geschwindigkeit u die Vektorsumme der Geschwindigkeiten der Wasserteilchen infolge Strömung und Welle einzusetzen. Die Berechnung von Hand ist mühsam. Man sollte besser auf vorhandene Rechenprogramme zurückgreifen. Eine einfache Lösungsmöglichkeit bieten die Diagrammen für die Gesamtkraft und das Moment über Seegrund (mud line) in [3], [5] und [13].

Bild 3-4: Wellenprofil, Kraftkomponenten und Gesamtkraft in Abhängigkeit vom Phasenwinkel nach Theorie 1. Ordnung [1]

Sonderfälle: Die Formel von MORISON wird (mangels besserer Rechenverfahren) auch benutzt, um die Kräfte auf Pfähle aus brechenden Wellen im Flachwasser zu berechnen. Dabei wird angenommen, dass ein Wasserschwall der Dicke H = d mit der Wellengeschwindigkeit v = gd (siehe Kap. 2.4.3) auf den Pfahl trifft. Der CD-Wert wird aus Sicherheitsgründen um den Faktor 2,5 erhöht [1], [2], [3]: CD = 2,5 x 0,7 = 1,75. Das Beschleunigungsglied entfällt. Weitere Sonderfälle sind die Lasten auf Pfahlgruppen und auf geneigte Pfähle , siehe hierzu [1] und [2]. Beispiele und Rechenhilfen enthält [3].

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Verfahren zur Berechnung von Wellenkräften auf großvolumige Körper Mit zunehmendem Durchmesser des Baukörpers nimmt die Wirkung zähigkeitsbedingter Effekte (Widerstandskraft) ab, diejenige trägheitsbedingter Effekte (Beschleunigungskraft) jedoch zu. Für D > L/5 treten außerdem Diffraktionseffekte (Deformation der anlaufenden Welle durch den Körper) auf. Eine sehr anschauliche Darstellung der Bereiche der verschiedenen Kräftearten in Abhängigkeit von der Wellenlänge, der Wellenhöhe und dem Bauteildurchmesser von HOBGEN ist in [11] wiedergegeben (Bild 3-5). Annahme: H/L = 1/15 bzw. L = 15 H.

Bild 3-5: Bereiche der relativen Signifikanz der verschiedenen Kräftearten [5], [11]

Ein erstes Verfahren zur Untersuchung des Diffraktionsproblems für einen auf dem Boden stehenden und bis über die Wasseroberfläche reichenden Zylinder konstanten Durchmessers wurde 1954 von MACCAMY und FUCHS als Lösung des linearisierten Randwertproblems angegeben. In der Offshore-Technik hat man es jedoch öfter mit Körpern, die nicht bis zur Wasseroberfläche reichen (Fundamentkörper) oder mit schwimmenden Körpern (Pontons, Halbtaucher) zu tun. Bei solchen Strukturen treten außer den Horizontalkräften auch noch Vertikalkräfte auf. Das Kippmoment muß dann aus den mit einer Phasenverschiebung auftretenden Druckverteilungen beider Komponenten zusammengesetzt werden.

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Zur Lösung des Problems für beliebig geformte, schwimmende oder auf dem Meeresboden stehende Körper kann die Potentialtheorie herangezogen werden, wenn zähigkeitsbedingte Effekte (Widerstandskräfte) vernachlässigbar sind und das Wasser als ideale, reibungsfreie Flüssigkeit behandelt wird. Bei der Standsicherheitsbetrachtung ist also zu beachten, dass die Vertikalkraft FZo als dynamische, mit der Phase veränderliche Kraft ihr Vorzeichen ändert, also auch nach oben gerichtet sein kann. Beim Nachweis der Gleitsicherheit ist deshalb die wirksame Vertikalspannung aus Eigengewicht abzüglich Auftrieb und abzüglich der dynamischen vertikalen Wellenkraft zu errechnen. Diagramme zur überschlägigen Berechnung von Kräften und Momenten enthält [5]. Anstelle des Shore Protection Manuals (SPM) [3]wird zukünftig das Coastal Engineering Manual (CEM) [13] treten. Für Entwurf und Bau von Offshore-Bauwerken für die Erdöl- und Erdgasindustrie wird ISO 1990x [14] maßgebendes Regelwerk werden (siehe Kap. 4).

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3.3 Literatur zu 3.: [1] Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" - EAU 1996. 9. Aufl., Verlag Ernst

& Sohn, Berlin, 1997, sowie jährliche Ergänzungen in den "Technischen Jahresberichten", abgedruckt in den Heften 12 der "Bautechnik".

[2] Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken - EAK 2002. Die Küste, Heft 65, Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co, Heide i. Holstein, 2003.

[3] Shore Protection Manual. US-Army, Corps of Engineers, Vol. II. Coastal Engineering Research Center. Vicksburg/Miss., 1984.

[4] Rules for the Design an Inspection of Offshore Structures 1977, Appendix B: Loads. Det Norske Veritas, Høvik 1982.

[5] Wagner, P.: Meerestechnik. Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [6] Oumeraci, H. et al.: Probabilistic design tools for vertical breakwaters. Balkema Publishers,

Rotterdam, 2001. [7] Vertical Breakwaters. Spezial Issue Coastal Engineering Vol. 22, Elsevier, Amsterdam 1994. [8] Takahashi, S.: Design of vertical breakwaters. Port and Harbour Research Institute, Ministry

of Transport, Japan, 1996. [9] Analysis of Rubble Mound Breakwaters. Report of Working Group no. 12 of the Permanent

Technical Committee II. Permanent International Association of Navigation Congresses (PIANC), Supplement to Bulletin N° 78/79, Brussels, 1992.

[10] CIRIA/CUR: Manual on the use of rock in coastal and shoreline engineering. Beel & Bain, Glasgow, 1991.

[11] Kokkinowrachos, K.: Hydromechanik der Seebauwerke. Handbuch der Werften, Bd. XV, Hamburg, 1980.

[12] Hedeler, D., Klingmüller, O. und Wagner, P.: Offshore-Plattformen aus Beton unter Erdbebenbelastung. Bautechnik 71 (1994), Heft 12.

Neuere Literatur in Vorbereitung:

[13] Coastal Engineering Manual (CEM), http://chl.wes.army.mil. [14] ISO 1990x Petroleum and natural gas industries – Offshore Structures. http://sc7.tc67.net/

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4. Entwurfsmethodik in der Meerestechnik Die Arbeit des Ingenieurs ist abhängig von äußeren Einflüssen:

• Beteiligte an Planung und Bau (Instanzen) • Vorschriften und Gesetze • Stand der Technik für Planung und Herstellung

Bauen von Küstenschutzwerken oder Häfen und Bauen im offenen Meer (insbesondere für die Ölindustrie) unterscheiden sich hierin.

4.1 Beteiligte Instanzen Im Normalfall werden die folgenden Instanzen tätig: Küste, Häfen Offshore (Öl und Gas) Auftraggeber Wasserwirtschaftsämter

Hafenbauämter Private Betreiber

Konzessionsinhaber (Licensee) Betreiber (Operator)

Planer Behörde Ingenieurbüros Bauunternehmen

Consulting Engineers Bauunternehmen, Werften

Prüfung Behörde, Prüfingenieur Klassifikationsgesellschaft, Third party verification Licensee´s internal control

Genehmigung Bauverwaltung nationale Behörde, in D für Bodenschätze Oberbergamt, für Windparks BSH

Ausführung Bauunternehmen Bauunternehmen, Werften

Versicherung i.d.R. nur Bauwesen, Maschinenschaden all risk

Zwei dieser Instanzen üben einen starken Einfluß auf den Entwurf und die Herstellung offshore-technischer Bauwerke aus. Sie werden deshalb nachfolgend näher beschrieben [9]. Klassifikationsgesellschaften Die Gesellschaften entstanden im letzten Jahrhundert, als der weltweite Schiffsverkehr stark zunahm und mit ihm die den Gefahren auf See ausgesetzten hohen Werte an Menschen, Schiffen und Ladungen. Die Versicherungsgesellschaften hatten großes Interesse an der zutreffenden Einschätzung des Sicherheitszustandes der Schiffe. Diese wurden deshalb nach Klassen eingeteilt und in Registern geführt. Die schifffahrttreibenden Nationen haben für diese Aufgabe ihre eigenen Klassifikationsgesellschaften geschaffen. Mit dem Entstehen von Offshore-Bauwerken zur Förderung von Erdöl und Erdgas wurden die Klassifikationsgesellschaften auch für diese Bauwerke zuständig oder beratend tätig. Einige bekannte Klassifikationsgesellschaften sind:

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• Büro Veritas, gegründet 1828, Sitz Paris • Lloyds Register of British and Foreign Shipping, gegründet 1834, Sitz London • American Bureau of Shipping, gegründet 1862, Sitz New York • Det Norske Veritas, gegründet 1864, Sitz Oslo • Germanischer Lloyd, gegründet 1867, Sitz Hamburg

Die Klassifikationsgesellschaften arbeiten in der International Association of Classification Societies (IACS) zusammen und übernehmen im wesentlichen folgende Aufgaben:

• Erarbeiten von Vorschriften, • Prüfen von Klassifikationsunterlagen (Konstruktionspläne, statische Berechnungen,

hydromechanische Berechnungen, Ablaufpläne für Verschleppungs- und Installationsvorgänge),

• Abnahmen von Materialien, Erzeugnissen, • Bauaufsicht bei der Herstellung, • Begleitung bei Verschleppung und Installation, • Revisionsbesichtigungen im Betrieb, • Erteilung von Zertifikaten, Aufnahme in das Klassifikationsregister, • Gutachten und Beratung.

Zum Nachweis, dass ein Offshore-Bauwerk nach den Regeln der Klassifikationsgesellschaft oder anderen, von ihr anerkannten Vorschriften (z.B. nationale Normen) geplant, gebaut, verschleppt und installiert wurde, stellt die Klassifikationsgesellschaft ein Zertifikat (Certificate of Approval) aus. Das Zertifikat enthält Angaben über Verwendungszweck des Bauwerks, geographische Bestimmung und Umweltbedingungen und wird befristet (z.B. auf maximal 5 Jahre) erteilt. Versicherungen Bauwerke der Meerestechnik sind durch die Naturgewalten wie kein Bauwerk an Land bedroht. Hinzu kommen besondere Gefahren in den verschiedenen Lebensphasen einer Offshore-Anlage wie Herstellung, Transport, Betrieb. Spektakuläre Schadensfälle der Vergangenheit haben offenbart, welche enormen Kosten bei Unfällen auf See anfallen können. Versicherungen als Institution und als Leistung sind daher unerläßlich [13]. Besondere Risiken ergeben sich aus dem Betrieb von Produktionsplattformen. Die Risiken Feuer und Explosion stehen im Vordergrund, aber auch die Gefahr eines unkontrollierten Ausbruchs von Öl oder Gas aus der Bohrung (blow out). Die Plattformen beherbergen außerdem zeitweise einige hundert Arbeitskräfte auf engstem Raum und unterhalten den Flugbetrieb mit Hubschraubern. Hohe, nahezu unkalkulierbare Kosten entstehen durch Umweltverschmutzung im Gefolge von Brand oder "blow out". Reparaturen müssen vor Ort unter den herrschenden Naturbedingungen, unter erschwerten Transportverhältnissen, teilweise in großer Wassertiefe ausgeführt werden. Die Wiederherstellkosten sind erheblich höher als ein Bau an Land. Da ein Ereignis eine größere Fläche treffen kann, treten sog. Kumulschäden ein. Der Sturm „Andrew“ (1992) hat in seinem Wirkungsgebiet 200 Anlagen beschädigt und 20% Produktionsausfall verursacht.

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Zu den indirekt Beteiligten in der Meerestechnik gehören aber auch Behörden und Ingenieurgesellschaften, deren Ausschüsse mit der Erarbeitung von Vorschriften, Normen und Empfehlungen befaßt sind (Auswahl): Küstenwasserbau Deutsche Gremien: Hafenbautechnische Gesellschaft (HTG) e.V., Hamburg Deutsche Gesellschaft für Geotechnik (DGGT) e.V., Essen Andere nationale und internationale:

US Army Corps of Engineers, Coastal Engineering Research Center (CERC) im Coastal and Hydraulics Laboratory (CHL), Vicksburg, Mississippi, USA

Permanent International Association of Navigation Congresses (PIANC), Brüssel Offshore Bau American Petroleum Institute (API), Washington DC, USA American Concrete Institute (ACI), Farmington Hills, Michigan, USA Norwegian Petroleum Directorate (NPD), Oslo International Organization for Standardization (ISO), London

4.2 Vorschriften Empfehlungen und Normen

4.2.1 Regelwerke für Küstenbauwerke a) Regelwerke in der Bundesrepublik Deutschland: 1. Empfehlungen des Arbeitsauschusses "Ufereinfassungen" - EAU [1] Dieser „Ausschuß zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Berechnung und Gestaltung von Ufereinfassungen", Kurzbezeichnung „Arbeitsausschuß Ufereinfassungen", ist ein Arbeitsgremium der Hafenbautechnischen Gesellschaft (HTG). und der Deutschen Gesellschaft für Geotechnik (DGGT), hier als „Arbeitskreis 7" geführt. Die erste Auflage seiner Empfehlungen erschien im Jahre 1955. Die bisher letzte, neunte Auflage 1996 hat das europäische Normenkonzept eingearbeitet und ist bei der EG-Kommission notifiziert (Gleichwertigkeits-klausel). Im Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr ist sie verbindlich. Neuauflage geplant 2004 (?). 2. Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken - EAK [2] Der „Ausschuß für Küstenschutzwerke“ wurde 1972 als gemeinsame Einrichtung der Deutschen Gesellschaft für Erd- und Grundbau (jetzt DGGT) und der Hafenbautechnischen Gesellschaft berufen (Arbeitskreis 15). Seine Aufgabe ist es, Empfehlungen für Planung und Bauausführung für Bauwerke des Küstenschutzes an der Nord- und Ostsee (Inseln und Festland) nach dem neuesten Stand der Technik zu erarbeiten. Die EAK 2002 enthalten Empfehlungen zu den Themen:

Äußere Belastungen als Grundlage für Planung und Bemessung, Geotechnische Untersuchungen, Baustoffe

für See- und Tidestromdeiche, Küstenschutzwerke und Buhnen, nun auch für den Schutz an Marschen- und Flachküsten.

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b) Internationale Empfehlungen für Küstenbauwerke Hier war das SHORE PROTECTION MANUAL (SPM) [3] über lange Zeit das in der westlich orientierten Welt als Standardwerk am weitesten verbreitete und anerkannte Werk. Durch die breitere Darstellung des Küsteningenieurwesens (coastal engineering), vor allem aber durch die vielen Rechenhilfen in Form von Diagrammen und durch die vielen Rechenbeispiele war dieses Handbuch ein unentbehrlicher Helfer für die Planung im Seewasserbau. Die deutschen Empfehlungen EAU und EAK haben Berechnungsansätze, Beiwerte und viele Abbildungen aus dem SHORE PROTECTION MANUAL übernommen. Es wurde vom US Army Corps of Engineers herausgegeben (USACE), jedoch seit 1984 nicht mehr neu aufgelegt. Die Nachfolge wird das COASTAL ENGINEERING MANUAL (CEM) antreten, das z. Zt. aber nur teilweise im Internet abrufbar ist [4]. Es wird ebenfalls vom USACE, Coastal and Hydraulics Laboratory (CHL), erarbeitet.

4.2.2 Regelwerke für Offshore-Bauwerke Die Konstruktionsvorschriften für meerestechnische Bauwerke haben ihre Quellen einerseits in den Regelwerken des Schiffbaus, andererseits in den an Land gebräuchlichen Vorschriften für den Stahl- und den Stahlbetonbau. Als erste Institution gab 1969 das American Petroleum Institute (API) eine Empfehlung für Entwurf und Konstruktion fester Plattformen (Stahlplattformen) heraus. Es folgten andere Institutionen, auch jene, die den Beton als Baustoff vertraten (ACI, FIP). In ihrer Eigenschaft als Prüfungsautorität für staatliche Behörden und Versicherer haben die Klassifikationsgesellschaften der Länder mit Offshore-Ölproduktion ebenfalls einschlägige Vorschriften herausgegeben. Einige dieser Gesellschaften verfügen über umfangreiche Forschungsstätten. Besondere Bedeutung kommt dem Umweltschutz zu. Dieser Aufgabe widmet sich die OSPAR Commission for the Protection of the Marine Environment of the North Atlantik [14]. In Bearbeitung: ISO 1990x (vormals ISO 13819): Petroleum and natural gas industries -Offshore structures. Die Norm wird bearbeitet im Technical Committee 67 (Oil Industry), Sub-Committee 7 (Offshore structures) mit 7 Arbeitsgruppen (Working Groups) [11], [12]. Die Norm wird gem. heutiger Übereinkunft aus folgenden Teilen bestehen:

1. ISO 19900 General requirements 2. ISO 19901 Specific requirements (Metocean, Seismic, Top sides, Foundations,

Weight control, Marine operations) 3. ISO 19902 Fixed steel structures 4. ISO 19903 Fixed concrete structures 5. ISO 19904 Floating structures 6. ISO 19905 Mobil offshore drilling units 7. ISO 19906 (?) Arctic structures

Etwa 300 Ingenieure aus aller Welt arbeiten in den verschiedenen Committees, Arbeitsgruppen und Panels an dieser Norm. Teil 1: „Allgemeine Anforderungen“ wurde 1997 vom DIN als

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europäische Norm (DIN EN ISO 13819-1) übernommen und hat den Status einer deutschen Norm. Aktueller Stand siehe [5]. 4.3 Entwurfsmethodik

4.3.1 Entwurfsmethodik im deutschen Küstenwasserbau Die Bemessung mit globalen Sicherheitsbeiwerten und sog. Rechenwerten (z. B. cal ϕ) ist noch bis zum Ende der Erprobungsphase der ENV - EC7 unter Verwendung der EAU 1990 zulässig. Mit der EAU 1996 wird auch in Deutschland für Ufereinfassungen das Bemessungsverfahren nach Grenzzuständen mit gesplitteten Sicherheitsbeiwerten eingeführt (die EAK 2002 „verzichtet zu diesem Zeitpunkt“, auf die Betrachtung von Teilsicherheitsbeiwerten einzugehen). Grenzzustand 1: Tragfähigkeit Grenzzustand 2: Gebrauchstauglichkeit Es werden folgende 3 Lastfälle definiert: Lastfall 1:

Erddruck, Wasserüberdruck, Eigengewicht, normale Nutzlasten Lastf all 2:

Begrenzte Kolkbildung, Wellen, Trossenzug, Schiffsstoß Lastfall 3:

Außerplanmäßige Auflasten, Ausfall der Entwässerung, Überflutung, Eisversatz,.. Entsprechend dem geotechnischen Risiko werden drei unterschiedliche Kategorien definiert (1 = gering, 2 = normal, 3 = hoch). Das für deutsche Verhältnisse neue Bemessungsverfahren befindet sich noch in der Erprobung. Es bestehen noch Unterschiede zwischen den Vornormen in der Behandlung der Grenzzustände und der zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerte. Deshalb wird das Prinzip dieses Bemessungsverfahrens im Kap. 4.3.2 dargestellt.

4.3.2 Entwurfsmethodik im Offshore - Bau Das Offshore-Bauwerk wird durch vielartige, zu verschiedener Zeit mit unterschiedlicher Intensität wirkende Belastungen beansprucht. Um den Grad der Beanspruchung und damit die Sicherheit des Bauwerks richtig einschätzen zu können, war eine Definition der "Lebensabschnitte" einer Struktur und eine Einteilung der Lasten zweckmäßig. Das führte zur Festlegung folgender, allgemein gebräuchlicher Begriffe:

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5 Entwurfsphasen (siehe Kap 6) :

1. Bau (Dock, Tiefwasser) 2. Transport (Verschleppen) 3. Installation (Positionieren, Absenken, Gründen) 4. Betrieb 5. Abbau (Demontage, Rückgewinnung)

5 Lastkategorien, Einwirkungen (loads, actions) nach ISO 19900:

1. Ständige (P oder G) 2. Veränderliche (Q) 3. Umwelt (EA) 4. Dynamische, sich wiederholende (RA) 5. Außergewöhnliche, Unfall (A)

4 Grenzzustände, (limit states): 1. Tragfähigkeit (ULS): Bruch, Stabilität, Gleichgewicht 2. Gebrauchstauglichkeit (SLS): Deformation, Risse, Bewegung 3. Ermüdungsfestigkeit (FLS): Kumulative Schäden durch dynam. Beanspruchung 4. Unfallschaden (ALS oder PLS): Kollision, fallende Objekte, Explosion, Feuer

Die Definitionen finden Sie im Glossarium meerestechnischer Begriffe (s. Anhang) Das Semi-probabilistische Bemessungverfahren Neuere Ansätze zur Bemessung von Bauwerken berücksichtigen den stochastischen Charakter von Belastung und Materialfestigkeit bzw. Tragfähigkeit. Diese voneinander unabhängigen, zufälligen Größen lassen sich durch ihre Häufigkeitsverteilungen, wie sie bei Vorliegen von genügend Meßreihen durch statistische Auswertung gewonnen werden können, darstellen. Gerade die Umweltlasten im Meer sind auf diese Art und Weise bestimmt worden (s. Kap. 2). Das klassische Bemessungsverfahren mit einem globalen Sicherheitsfaktor und Bruchlasten oder zulässigen Spannungen (working stress design) kann die unterschiedlichen Ungewißheiten von Lasten und Widerständen (Eintrittswahrscheinlichkeit und Streuung) nicht berücksichtigen. Wünschenswert ist jedoch eine möglichst gleiche Sicherheit gegen Versagen in allen Bauteilen unter den verschiedenen Einwirkungen. Ein wahrscheinlichkeitstheoretisches Bemessungskonzept wäre für die Ingenieurpraxis zu aufwendig. Es ist ja auch keineswegs von allen Belastungsarten die statistische Verteilung bekannt. Deshalb hat sich eine vereinfachte, praktikable Variante in Form eines halb-probabilistischen Verfahrens (semi-probabilistic approach) herausgebildet (auch in anderen nationalen Vorschriften und im zukünftigen EURO-Code). Dabei wird der Sicherheitsabstand durch Einführung spezifischer Teilsicherheitsbeiwerte auf statistisch gewonnene Größen (charakteristische Werte) der Bauteilwiderstände (Tragfähigkeit, Materialfestigkeit) und repräsentative Werte der Einwirkungen bestimmt.

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Die Sicherheit des Bauwerks kann nun als die Wahrscheinlichkeit, dass das Bauwerk nicht versagt, d.h. dass eine seltene, extrem hohe Belastung nicht mit einer seltenen, niedrigen Bauwerksfestigkeit zusammentrifft, definiert werden. Die Unsicherheit ist demgemäß das Überschreiten dieses Grenzereignisses, das Risiko die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Unsicherheit [10], (Bild 4-1).

Bild 4-1: Dichtefunktionen von Beanspruchung und Beanspruchbarkeit Definition der Sicherheitszonen Z = R - S Sk, Rk = charakteristische Werte, s = Standardabweichung

Es gelten folgende Beziehungen:

Fd = γf • Fr Bemessungswert der Einwirkungen

fd = fk/γm Bemessungswert der Materialfestigkeiten

Rd = Rk/γR Bemessungswert der Bauteilwiderstände

Sd = Σ(Fri • γfi) Bemessungswert der Schnittgrößen (Spannung, Kraft) aus der Wirkung der Kombination der Entwurfslasten

γf, γm, γR = Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen, Material, Bauteilwiderstände

Fr = repräsentativer Wert der Einwirkung, siehe Tab.4.1.

fk = charakteristischer Wert der Materialeigenschaften (hat eine festgelegte Wahrscheinlichkeit, in einer Serie von Prüfungen nicht erreicht zu werden, entspricht einem Quantil in der Verteilung der Materialeigenschaft (z.B. 5 %-Fraktile der Druckfestigkeit bei Beton oder die Mindeststreckgrenze bei Stahl).

Rk = charakteristischer Wert der Bauteilwiderstände Die Entwurfsbedingung lautet nun Sd ≤ Rd Der Nachweis der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit des Bauwerkes ist für die Grenzzustände (limit states) zu erbringen.

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Grenzzustände Tragfähigkeit

(ULS) Ermüdung

(FLS) Außergewöhnliche Lasten

(ALS)

Gebrauchs-tauglichkeit

(SLS) Lasten intaktes

Bauwerk geschädigtes Bauwerk

Ständige Lasten

Mittelwerte

Mittelwerte

Mittelwerte

Mittelwerte

Mittelwerte

Nutzlasten

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

Zwang

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

min. / max.

Werte

Umwelt

jährliche Überschreitung

10-2

Erwartete Belastungs-geschichte

jährliche Überschreitung

10-4

jährliche Überschreitung

10-1

min. / max. Werte

Außerplanmäßige Lasten

-------

-------

jährliche Überschreitung

10-4

-------

-------

Tab 4-1: Repräsentative Werte Fr der Einwirkungen [6] Die Teilsicherheitsbeiwerte berücksichtigen folgende Unsicherheiten: Teilsicherheitsbeiwert für Einwirkungen γf:

Ungünstige Abweichungen vom charakteristischen Wert Zusammentreffen ungünstiger Lasten Ungewißheit in der Einschätzung oder Bestimmung der Lasten und ihrer Wirkung auf das Bauwerk.

Teilsicherheitsbeiwert für Material γm :

Ungünstige Abweichungen vom charakteristischen Wert Mindere Festigkeit im Bauwerk gegenüber den Probekörpern Ungewißheit in der Einschätzung der Widerstandsfähigkeit des Bauwerkes unter Belastung.

Beispiele für Lastkoeffizienten: für die Zustände FLS, PLS und SLS γf:= 1 für ULS γf = 1,1 bis 1,3 (ständige Lasten) γf = 1,3 bis 1,5 (Umweltlasten, Verkehrslasten) Beispiele für Materialkoeffizienten: für Beton γm = 1,25 bis 1,5 für Betonstahl γm = 1,15. Die Werte müssen im aktuellen Fall den anzuwendenden Vorschriften entnommen werden. Achtung: Beton wird entspechend seiner charakteristischen Würfel- bzw. Zylinderdruckfestigkeit in Festigkeitsklassen eingeteilt. Dieser Wert wird in einigen Vorschriften noch mit einem

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Reduktionsfaktor k <1,0 multipliziert, um Festigkeitsminderungen zwischen Labortests und Bauwerksfestigkeit sowie Einbußen unter hohen Dauerlasten (aging) zu berücksichtigen: fcn = k • fck Der Materialteilsicherheitsbeiwert wird entweder auf die charakteristische Festigkeit (= Zylinerdruckfestigkeit) oder auf diesen reduzierten Rechenwert fcn (nominal structural compressive strength) bezogen [6], [9]. fd = fcn/γm Ermüdungsfestigkeit Der Ermüdungsfestigkeit kommt wegen der dynamischen Belastung aus Wind und Wellen und der erschwerten Inspektionsmöglichkeit unter Wasser eine wichtige Bedeutung zu. Der Grenzfall des Ermüdungsversagens tritt ein bei einem neuerlichen Beanspruchungszyklus am Ende einer Reihe von vorangegangenen Belastungen (Schadensakkumulation). Für den Nachweis werden die erwarteten Lastwechsel nach ihrer Beanspruchungswirkung gruppiert und addiert. Die Anzahl der ertragbaren Lastwechsel wird für die Materialien den sog. S-N-Kurven (stress- cycles number, Wöhler-Kurven) entnommen. Nach der Regel von PALMGREN-MINER gilt

nN

iii

s

=∑

1

= η

s = Anzahl der Belastungsblöcke ni = Zahl der Lastwechsel im Belastungsblock i Ni = Zahl der ertragbaren Lastwechsel im Belastungsblock i (bei konstanten Spannungsverhältnissen im Block) η = Schadenszahl (damage ratio)

Nach der Hypothese von PALMGREN-MINER tritt der Bruch bei η = 1 ein. Die Regel stellt eine starke Vereinfachung dar und läßt z.B. die Reihenfolge der auftretenden Lastzyklen unberücksichtigt. Deshalb werden Sicherheitsfaktoren eingeführt, z.B. generell γ = 3, somit η = 0,33. DNV gibt Grenzwerte in Abhängigkeit von der Wichtigkeit des Baugliedes und der Zugänglichkeit für Überwachung an: η = 0,1 ... 0,3 (Wartung und Reparatur nicht möglich), und η = 0,3 ... 1,0 (Wartung und Reparatur möglich). Die Verwendung von Beton für den Bau von Plattformen hat eine intensive Forschung auch zur Frage der Ermüdungsfestigkeit von Beton ausgelöst. Es wurde festgestellt, dass vor allem bei hohen Wasserdrücken die Betonfestigkeit mit zunehmender Anzahl von Lastwechseln stark abnimmt. Durch Versuche wurde eine Wöhlerkurve für Beton gefunden. Nach bisherigen Erfahrungen zeigen Betonplattformen jedoch (im Gegensatz zu Stahlplattformen) keine Ermüdungsschäden.

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Trotz genauer Kenntnis der Entwurfsmethoden und trotz aller Erfahrungen passieren immer wieder unvorhergesehene Ereignisse und Unfälle durch menschliches Versagen bei der Planung und in der Ausführung. Dem soll eine entsprechende Organisation der Abläufe, Human Factors Engineering (HFE), vorzubeugen [15]

4.4 Literatur zu 4.: [1] Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" - EAU 1996. 9. Aufl., Verlag

Ernst & Sohn, Berlin, 1997, sowie jährliche Ergänzungen in den "Technischen Jahresberichten", abgedruckt in den Heften 12 der "Bautechnik".

[2] Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken - EAK 2002. Die Küste, Heft 65, Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co, Heide i. Holstein, 2003.

[3] Shore Protection Manual. U.S. Army Coastal Engineering Research Center, U.S. Government Printing Office, Washington, D.C., 1984.

[4] Coastal Engineering Manual (CEM), http://chl.wes.army.mil. [5] ISO/TC67/SC7 – Offshore Structures. http://sc7.tc67.net/. [6] Rules for Classification of Fixed Offshore Installations , Det Norske Veritas, Høvik, 1990. [7] RP2A-LRFD, Planning, Designing and Constructing Fixed Offshore Platforms - Load and

Resistance Factor Design, First Edition1993 (Supplement 1997). API RP 2A, American Petroleum Institute, 1997.

[8] Guide for the Design and Construction of Fixed Offshore Concrete Structures. ACI-Report 357 R 84. American Concrete Institute, Detroit, 1985.

[9] Wagner, P.: Meerestechnik. Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [10] Schneider, J.: Sicherheit und Zuverlässigkeit im Bauwesen. B. G. Teubner, Stuttgart, 1993. [11] Snell, R.: ISO Offshore Structures Standard. Offshore Technology Conference OTC 8421,

Houston, 1997. [12] Leivestad, S.: ISO Standard for Fixed Concrete Structures. Offshore Technology Conference

OTC 8422, Houston, 1997. [13] Wirtschaftsraum Ozean. Münchener Rückversicherung, München, 1988. [14] Wasserthal. R.:Regelungen über die Entsorgung ausgedienter Offshore-Anlagen im

Geltungsbereich des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR-Abkommen) – Ein Überblick. Deutsche Hydrographische Zeitschrift, Supplement 8, 1998.

[15] Miller, G.E.: Human Factors Engineering (HFE): What it is and how it can be used to reduce human errors in the offshore industry. Offshore Technology Conference OTC 10876, Houston, 1999.

Weitere Internetadressen: http://www.aci-int.org: American Concrete Institute. http://api-ec.api.org: American Petroleum Institute. http://www.glo-offshore.com: Germanischer Lloyd Offshore and Industrial Services, Hamburg. http://www.htg-online.de: Hafenbautechnische Gesellschaft (HTG), Hamburg. http://www.spe.org/otc2003: Society of Petroleum Engineers. Offshore Technology Conference

Information. http://www.ospar.org: OSPAR Convention.

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5. Gründung von Meeresbauwerken

5.1 Allgemeines Die Gründung von meerestechnischen Konstruktionen erfordert besondere Sorgfalt. Dynamische und stoßartige Belastungen aus Wellen und Eiskräften, Strömungs- und Auftriebskräfte stellen besondere Anforderungen an die Standsicherheit (das Gesamtgleichgewicht) des Bauwerks. Größere Setzungen beeinträchtigen die Gebrauchstauglichkeit. Typische Böden wie locker gelagerte Sande und die Gefahr der Bodenverflüssigung sind zu berücksichtigen [5]. Der Boden wirkt auf das Bauwerk als

Untergrund > Tragfähigkeit Hinterfüllung > Belastung Korngerüst > Strömungskräfte, Kolke, Verflüssigung Elastischer Stoff > Setzungen Plastischer Stoff > Konsolidierung, Anfangsfestigkeit, Langzeitsetzungen Baustoff > Rammen, Bohren, Spülen, Auffüllen

Für den Ingenieur werden die Eigenschaften der Bodenarten durch Bodenkennwerte wie Lagerungsdichte, Wichte, Reibungswinkel, Kohäsion, Durchlässigkeit und Steifemodul beschrieben. Diese Werte werden aus Baugrunduntersuchungen gewonnen. Baugrunduntersuchungen können grundsätzlich unterteilt werden in

• Geologische Untersuchungen (Geologische Geschichte) • Geophysikalische Aufschlüsse (Meeresbodentopographie, Schichtenverlauf) • Geotechnische Aufschlüsse (Bodenproben, Laboruntersuchungen)

5.2 Küstenbauwerke Die Bodenkennwerte können für Vorentwürfe als Erfahrungswerte aus der Literatur, z. B. E 9 [1] oder aus Aufschlüssen benachbarter Baustellen entnommen werden. Für die Ausführungs-planung sind Bodenaufschlüsse und Baugrunduntersuchungen erforderlich. Typische Küstenbauwerke sind:

• Geschüttete Wellenbrecher, • Uferböschungen, • Kaimauern in Spundwandbauweise, • Ufermauern und Molen in Senkkasten-, Schwimmkasten- oder Blockbauweise, • Anleger in Pfahlrostbauweise, • Dalben.

Diese Bauwerke, ihre Planung und Ausführung sowie die Lastansätze sind ausführlich in [1] beschrieben. Zusätzliche Informationen über den Boden im Bereich der deutschen Küsten enthält [2]. Bild 5-1 zeigt Beispiele.

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Bild 5-1: Typische Küstenbauwerke [1] a)Kaimauer und Vorbau als Pfahlwerk

b) Ufermauer aus Schwimmkästen

c) Ufermauer in Blockbauweise

Mit neuen Ansätzen zur Gründung von m assiven Wellenbrechern befasste sich auch das FuE-Vorhaben PROVERB, Kap. Geotechnical aspects [6].

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5.3 Offshore-Bauwerke Dem Entwurf der Gründung geht die Bestimmung des Standorts voraus. Die wünschenswerte Lage ergibt sich z. B. bei einer Brücke über einer Meeresenge aus der Trasse und der Position der Pfeiler. Bei Förderplattformen ist das Zentrum und die Ausdehnung der Lagerstätte ein Kriterium für die grobe Standortwahl. Es werden also zunächst Explorations-bohrungen ausgeführt. Die geeignete Lage des Standorts richtet sich nach den Baugrundverhältnissen, den Umweltbedingungen (Wassertiefe, Strömung, Eisgang) und der Topographie des Meeresbodens (Unebenheit, Neigung, Gefahr der Böschungsrutschung). Nach Abschluss dieser Untersuchungen kann der Standort (final location) festgelegt werden. Erschwernisse bei Bodenaufschlüssen und Gründungen offshore:

• Bohren vom Schiff (Hubinsel im Flachwasser) • Wetter • Verluste beim Hochholen / an Bord nehmen • Ortung (Wiederauffinden der untersuchten Stelle: Transponder, GPS) • Absenkgenauigkeit des Bauwerkes (Wetter), erfordert Erkundung in größerem

Umkreis Die Tiefe, bis in die die Bodenerkundung zu führen ist, hängt von der Art der Gründung ab. Bei Pfahlgründungen reicht die Erkundungstiefe bis zur geplanten Pfahlspitze zuzüglich der Breite der Pfahlgruppe. Bei Flachgründungen kann man annehmen, daß in einer Tiefe, die dem Fundamentdurchmesser entspricht, die Vertikalspannungen auf 1/4 ihres Ausgangswertes abgeklungen sind. Vor der Absenkung des Bauwerks ist die Gründungsebene vorzubereiten:

• Grobe Steine entfernen • Markieren

Typische Offshore-Gründungen: Pfahlgründungen Die ersten Offshore-Plattformen waren Stahlplattformen. Dieser Typ ist auch heute noch am häufigsten anzutreffen. Sie sind als räumliches, aus Rohren zusammengeschweißtes Fachwerk (jacket) konstruiert. Die maßgebenden Horizontalkräfte aus Wellen, Strömung und Wind rufen ein Kippmoment hervor, das über Pfähle (Druck und Zug) in den Untergrund eingeleitet wird. Die Pfähle sind Stahlrohre von 0,6 - 2,7 m Durchmesser und Längen bis 200 m. Sie werden nach dem Aufsetzen der Plattform durch an den Plattformbeinen angebrachte Manschettenrohre gerammt, Bild 5-2. Der Ringspalt in der Manschette wird mit Zementmörtel verpresst. Die Tragfähigkeit kann durch Teleskopieren, Injektionen unter der Pfahlspitze oder Anschneiden eines Pfahlfußes gesteigert werden [3], [4], [7]. Die Vertikalkräfte und Momente werden über Spitzendruck und Mantelreibung, die Horizontalkräfte über die Biegesteifigkeit der Pfähle und die elastische Bettung abgetragen.

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Bild 5-2: Techniken der Unterwasserrammung [7]

Flachgründungen Diese Gründung ist typisch für Betonplattformen oder auch für Brückenpfeilerfundamente. Die Vertikalkräfte und Momente werden über die Bodenpressung unter der Fundamentsohle, die Horizontalkräfte über die Reibung in der Sohlfuge abgetragen. Das setzt eine genügend große Aufstandsfläche und ein ausreichendes Eigengewicht voraus. Diese Gründungsart wird daher auch als Schwergewichtsgründung (gravity foundation) bezeichnet. Da der Meeresboden i. a. nicht eben und nicht horizontal ist, werden unter der Fundamentsohle umlaufende, nach unten auskragende Scheiben, eine sog. Schürze (Spund- oder Betonwände) angeordnet (Bild 5-3), die beim Absenken in den Meeresboden eindringt (erstmals 1931 bei Gründung der Brücke über den Kleinen Belt und inzwischen bei fast allen Betonplattformen angewandt). Der Raum zwischen Meeresboden und Fundamentsohle wird verpresst (grouting). Weitere Vorteile: Tieferlegung der Gleitebene zur besseren Lastabtragung und Kolkschutz [4], [5], [8], [9]. Bei wenigen kleineren Plattformen (Ravenspurn, NAM F3, Malampaya) und sehr ebenem Untergrund wurden anstelle der Schürze nur kurze Betonrippen angeordnet (rip type slap), die Gründungsfläche präpariert und der Kolkschutz durch Matten hergestellt [10].

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Bild 5-3: Querschnitt durch die Plattform “Schwedeneck-See A” [8]

Windenergieanlagen (WEA) Grundsätzliche Überlegungen zur Gründung von Windenergieanlagen offshore führten zu vier Gründungstypen: Schwerkraftgründungen, Tripod-Konstruktionen und Jackets mit Fixierung durch Pfähle sowie Einzelpfahlgründungen (Monopiles) [20] [21]. Die massiven Gründungskörper der Schwerkraftgründungen sind sehr steif, ziehen jedoch hohe Wellenkräfte auf sich. Nachteilig ist dann die geringe Vertikallast der Windanlage (siehe Kap. 5.4). Mehrfach kamen Einzelpfahlgründungen zum Einsatz, z. B. 2003 im Feld North Hoyl, Irische See. Dort wurden Pfähle von 4 m Durchmesser und Längen bis 53 m bohrunterstützt gerammt (drive-drill-drive operation). Der Boden muss für diese Art der Gründung eine ausreichende horizontale Bettung aufweisen, Kolke sind zu berücksichtigen. Ein EU-gefördertes Forschungsvorhaben zielt auf die Optimierung dieses Gründungstyps [22]. Künstliche Inseln Diese Bauwerke sind nur für flaches Wasser geeignet. Sie werden hergestellt durch Spundwandrammung und Hinterfüllung oder Absetzen von eingeschwommenen Baukörpern auf eine vorbereitete Berme. Häufig werden diese Bauweisen kombiniert. Besonderes Augenmerk ist auf den Kolkschutz und überlaufende Wellen zu legen. Im Wattenmeer der Deutschen Bucht wurde 1985 bis 1987 die Ölförderinsel “Mittelplate” erbaut [11], [12] nachdem der ursprüngliche Entwurf, eine Stahlplattform, im Modellversuch tiefe Kolke hervorgerufen hatte und deshalb verworfen wurde (Bild 5-4).

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Bild 5-4: Bauzustand künstliche Insel “Mittelplate” in der Deutschen Bucht [11]

Verankerungen von schwimmenden Bauwerken Während mit den klassischen Ankern der Seefahrt Schiffe in geschützten Gewässern oder offshore arbeitende Bohrschiffe, Halbtaucher o.ä. für begrenzte Zeit am Ort gehalten werden können, sind die hier angesprochenen Ankersysteme Konstruktionselemente mit großen, kalkulierbaren Haltekräften zur dauerhaften Festhaltung von schwimmenden Konstruktionen. Ihr Einsatzgebiet liegt vorzugsweise in Tiefen über 200 m, wo auf dem Meeresboden gegründete Bauwerke ihre wirtschaftliche Grenze haben. ISO 19904, Floating structures (systems), wird bei Erscheinen einige Angaben zu „Mooring systems“ enthalten. Bis dahin siehe [13]. Zwei Arten von Bauwerken sind zu unterscheiden (s. auch Kap. 6): Verankerte Konstruktionen (anchored structures) Eine schwimmende Konstruktion wird schräg gegen Ankerpunkte verspannt und kann sich innerhalb der Nachgiebigkeit des Systems mit allen Freiheitsgraden bewegen. Bei abgespannten biegeweichen Türmen sind keine Vertikal-bewegungen möglich. Vorgespannte Konstruktionen (tethered structures). Eine schwimmende Konstruktion wird mit vertikalen Spanngliedern gegen ihren Auftrieb und gegen den Meeresboden vorgespannt. Sie kann dann noch horizontale, aber keine vertikalen Schwingungen und keine Roll- und Stampfbewegungen ausführen. Für die Bestimmung der Verankerungskräfte unter den Umweltbelastungen ist in einer dynamischen Berechung das Gesamtsystem Plattform - Ankertrosse - Meeresbodenverankerung zu untersuchen. Durch die relative Beweglichkeit des schwimmenden Bauwerks sind die in den Meeresboden übertragenen Kräfte im Vergleich zu festgegründeten Bauwerken kleiner.

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Es gibt folgende Ankertypen: Flunkenanker (fluke anchors) Das sind klassische Anker, die ihre Schaufel in den Meeresboden graben und über den Erdwiderstand tragen. Die Haltekraft reicht bis 1 MN, sie kann erhöht werden durch auf dem Seeboden ruhende Kettengewichte (catenary mooring). Rammpfahlanker (pile anchors) Dieses System funktioniert analog den o. a. Pfahlgründungen. Tragkräfte von bis zu 10 MN vertikal (Zug) und 8 MN horizontal sind erreichbar. Unterdruckanker (suction piles) Entwickelt für große Wassertiefen (2000 m) und weichen Seeton für die Verankerung kleinerer Unterwasseranlagen. Mit einer ferngesteuerten Pumpe wird in einem Stahlrohr ein Unterdruck erzeugt [14]. Gewichtsanker (deadweight anchors) Sie bestehen aus massiven Fundamentkörpern (Stahl oder Beton), eventuell mit Schürzen, und tragen über Eigengewicht, Reibung und Erdwiderstand wie eine Flachgründung (Bild 5-5). Durch Erzeugen eines Unterdrucks in den Schürzenkammern kann die Eindringtiefe der Schürzen erheblich gesteigert werden (suction anchor). Gewichtsanker halten z.B. die Tension leg-Plattform „Heidrun” [15].

Abb. 5-5: Gewichtsanker mit Schürzen. Der Stahlkasten wird mit Eisenerz gefüllt .

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5.4.Entwurfsprizipien Der Nachweis der Standsicherheit wird für die Grenzzustände geführt (s. Kap. 4). Für Pfahlgründungen werden Mantelreibung und Spitzendruck aus Erfahrungen in ähnlichen Böden angesetzt. Während der Ausführung geben Proberammungen und der Rammverlauf Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit. Für Flachgründungen sind hauptsächlich Grundbruch und Gleiten nachzuweisen Grundbruch (bearing failure) Nachweis durch Analyse von Gleitflächen mit FEM, vereinfacht mittels Grundbruchformel:

Qd = A (cdNc + qNq + γ´b´Nb) ≥ Fvγf A = Fläche (Ersatzfläche bei außermittiger Belastung) cD = Entwurfsfestigkeit der Kohäsion q = Auflast oberhalb der Gründungssohle γ´ = Wichte des Bodens unterhalb der Gründungssohle b' = Breite der rechnerischen Aufstandsfläche

Nc, Nq, Nb = Tragfähigkeitsbeiwerte für Kohäsion, seitliche Auflast und Gründungsbreite Die Beiwerte für Tragfähigkeit und weitere Faktoren für Fundamentform, Last-, Gelände- und Sohlneigung sowie die zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerte sind den jeweils vorgeschriebenen Regelwerken zu entnehmen. Gleiten (sliding)

τγ

σ ϕγd

mc mf

c=

′+ ′

′tan

τd = Bemessungswert der Scherspannung (Widerstand) c',ϕ' = charakteristische Werte der Kohäsion, Reibung γmc γmf = Teilsicherheitsbeiwerte für Kohäsion und Reibung (friction) σ´ = wirksame Normalspannung

Für einen Sandboden lautet dann der Nachweis der Gleitsicherheit: τ γ τ ϕ

γm obH f

dV

m f

FA

FA

= ≤ = ⋅′tan

τmob = mittlere "mobilisierte" Scherspannung (Beanspruchung) FH = Summe der Horizontallasten für den Extremlastfall (z.B. 100-Jahressturm) FV = Summe der Vertikallasten (Minimalwert) unter Berücksichtigung des Auftriebs

und nach oben gerichteter Wellenkräfte Daraus läßt sich das erforderliche Mindestgewicht eines Schwerkraftgründungskörpers errechnen: F FV H f

m f≥ ⋅′

γ γϕtan

, (also wird ungefähr erforderlich FV ≥ 3 FH )

Aufgrund der großen Wasserverdrängung und des daraus resultierenden Auftriebs ist ein Ballastieren (Fluten, Festballast) unerläßlich.

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Weitere Nachweise: Eindringen der Schürze (skirt penetration) Untersucht wird die wahrscheinliche und die minimale Eindringtiefe (mögl. Ballast). Unterstützung des Einpressens durch Unterdruck, z. B. Troll [9]. Setzungen (settlements) Kurzzeitige (elastische) und zeitabhängige (Konsolidierung gesättigter Tone) Setzungen. Bodenverflüssigung (liquefaction) Unter zyklischer Belastung reagieren locker gelagerter Feinsande mit einem Ansteigen des Porenwasserdruckes, die Scherfestigkeit fällt ab. Maßgebend: zulässiges Scherspannungs-verhältnis σH/σV (abhängig von Lagerungsdichte, Entwässerungsgeschwindigkeit, Belastungsgeschichte). Einzelheiten siehe [16], [17]. Erdbeben (earthquake) Der Lastfall Erdbeben ist zu berücksichtigen in Abhängigkeit vom Schadenspotential des Bauwerks (structural safety level) und der seismischen Aktivität am Ort (earthquake hazard zone) [19]. Für große Plattformen gilt insbesondere [5]: • Große Massen der Bauwerke in großer Höhe ergeben große Kräfte schon bei geringer

Beschleunigung, • Erdbeben- und Eigenfrequenz des Bauwerks können nahe zusammenliegen, so daß Resonanz

entsteht, • Die Erdbeben-Vertikalbeschleunigung beschleunigt die gesamte Bauwerksmasse, während

das Gewicht um den Auftrieb vermindert ist, • Das die Plattform umgebende Wasser wirkt als hydrodynamische Masse (added mass)

kräfteverstärkend. Üblicherweise werden zwei Bemessungsfälle nachgewiesen (vergl. Kap.4), das Bemessungs-erdbeben (design earthquake) im ULS-Grenzzustand und das Sicherheitserdbeben (maximum credible earthquake) im ALS-Grenzzustand (wieder in Diskussion in ISO 19901). Die für die Durchführung der Erdbebenberechnung erforderlichen Angaben in Form von Antwortspektren, Beschleunigungswerten und einer Zoneneinteilung z.B. des norwegischen Schelfgebietes liegen seit einigen Jahren vor. Zur Berechnung von Plattformen unter Erdbebeneinwirkung siehe [18], [19]. Kolkschutz (scour protection) Kolke gefährden Pfahlgründungen, weil die horizontale Bettung reduziert wird, und Flachgründungen, weil sich die Grundbruchgefahr erhöht. Der Transport von körnigem Material mit dem Durchmesser d ist eine Funktion der Schleppspannung resp. Strömungsgeschwindigkeit dgrenz = f (v2). Zwar ist die Strömungsgeschwindigkeit am Meeresboden gering (Kap. 2.3), andererseits erhöht sie sich beim Umströmen von Hindernissen. Unter dem Einfluß der Wellen wirken auf die Bodenkörner auch nach oben gerichtete Kräfte, welche die Erosion schon bei kleineren Strömungsgeschwindigkeiten beschleunigen. Bei Einzelpfählen ist nach Richtlinien des Germanischen Lloyds mit Kolktiefen von 2,5 mal Pfahldurchmesser zu rechnen. Als Maßnahme gegen Kolkbildung eignen sich Steinschüttungen, Stein- oder Betonmatten oder Kunstgrasteppiche, die die Strömungsgeschwindigkeit reduzieren. Bei Betonplattformen verhindern die Schürzen, daß Kolke das Fundament unterhöhlen.

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5.5 Literatur zu 5.:

[1] Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" - EAU 1996. 9. Aufl., Verlag Ernst & Sohn, Berlin, 1997, sowie jährliche Ergänzungen in den "Technischen Jahresberichten", abgedruckt in den Heften 12 der "Bautechnik".

[2] Empfehlungen für die Ausführung von Küstenschutzwerken - EAK 2002. Die Küste, Heft 65, Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co, Heide i. Holstein, 2003.

[3] RP2A-LRFD, Planning, Designing and Constructing Fixed Offshore Platforms - Load and Resistance Factor Design, First Edition1993 (Supplement 1997). API RP 2A, American Petroleum Institute, 1997.

[4] Classification Notes Nr. 30.4 Foundations. Det Norske Veritas, Høvik, 1992. [5] Wagner, P.: Meerestechnik. Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [6] Oumeraci, H. et al.: Probabilistic design tools for vertical breakwaters. Balkema Publishers,

Rotterdam, 2001. [7] Kühn, H.: Anwendung von Offshore-Unterwasser-Rammhammeranlagen. Baumaschine +

Technik, 8/1988. [8] Quast, P.; Salewski, J. und Wagner, P.: Offshore-Gründungen der Plattformen

"Schwedeneck-See". Deutsche Gesellschaft für Erd- und Grundbau e. V., Nürnberg, Baugrundtagung 1986.

[9] Andenaes, A. e.a.: Installation of the Troll Phase I Gravity Base Platform. OTC 8122, Houston 1996.

[10] McNulty, A. J. W. et al.: New developments in the Design of Concrete Gravity Substructures. OTC 14189, Houston 2002.

[11] Ralf, H.-J.: Pilotprojekt Mittelplate. Offshore-Plattform im Wattenmeer. beton 3/86. [12] Quast, P.: Gründungen der künstlichen Insel Mittelplate. Deutsche Gesellschaft für Erd- und

Grundbau e. V., Baugrundtagung Hamburg, 1988. [13] Recommended Practice for Design and Analysis of Stationkeeping Systems for Floating

Structures: API 2nd Edition 1996/1997 [14] Sparrevik, P.: Suction Pile Technology and Installation in Deep Waters. OTC 14241,

Houston 2002. [15] Miller, D. M. et al.: The Heidrun Field – Marine Operations. OTC 8101, Houston 1996. [16] Schuppener, B.: Ein Verfahren zur Ermittlung des Porenwasserüberdrucks unter zyklisch

beanspruchten Offshore-Flachgründungen auf Sand. Geotechnik, H. 3, 1981. [17] Taiebat, H. A. and Carter, J. P.:A semi-empirical method for the liquefaction analysis of

offshore foundations. Int. J. Numer. Anal. Geomech., 2000; 24: S. 991-1011. [18] Hedeler, D., Klingmüller, O. und Wagner, P.: Offshore-Plattformen aus Beton unter

Erdbebenbelastung. Bautechnik 71, H. 12, 1994. [19] Bea, R. G.: Reliability Based Seismic Design Guidlines for Offshore Platforms. 16th Int.

Conf. on Offshore Mechanics and Acrtic Engg. OMAE ´97, Yokohama, Japan, 1997. [20] Mitzlaff, A. und Uecker, J.: Gründungsstrukturen für Offshore-Windenergieanlagen.

HANSA 11/2002, Schiffahrts-Verlag Hansa C. Schroedter & Co, Hamburg, 2003. [21] Pfahlsymposium 2003. Institut für Grundbau und Bodenmechanik, TU Braunschweig, 2003. [22] Dahlhoff, Steck, Taferner: Chansen und Grenzen von Monopiles – Erste Erkenntnisse aus

dem Forschungsprojekt Opti-Pile. 2. Tagung Offshore WindEnergie, Hamburg 2003. [23] Werksunterlagen der Fa. MENCK GmbH, Ellerau. http://www.menck.de

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6. Offshore-Bauwerke

6.1 Allgemeines

Zur Geschichte der Offshore-Bauwerke siehe Kap. 1, [1] bis [3]. Einige neuere Rekorde: • Größte Wassertiefe feststehender Plattformen: „Bullwinkle" im Golf von Mexiko, 410 m,

Stahlplattform, 1988 . • Größte Betonplattform: „Gullfaks C" mit einer Masse von 800.000 t (247.000m³ Beton) in der

Nordsee in 216 m Wassertiefe, 1989. • Größte Wassertiefe bei Betonplattformen „Troll”, d = 303 m, 1995. • Erste schwimmende Tension Leg Plattform aus hochfestem Leichtbeton: „Heidrun”, 1995. • Erste Plattform bemessen für Eisbergstoß: „Hibernia” offshore Neufundland, 1997.

6.2 Lagerstätten, Reserven, Förderung und Verbrauch

Folgende Begriffe kennzeichnen die weltweite Gewinnung von Erdöl und Erdgas (onshore und offshore), Zahlen für 2002 aus [12]:

• Reserven Sicher bestätigte (Welt) 165 Mrd. t Öl (+ 156.000 Mrd. m³ Gas) davon ca. 20 % (?) offshore

• Förderung Welt rd. 3,55 Mrd. t Öl/a (+ 2534 Mrd. m3 Gas) davon Nordsee 8 % ≅ 38 % des europäischen Bedarfs Deutschland 3,7 Mio. t Öl/a

• Verbrauch ≈ Förderung (Preis regelt Nachfrage) Nordam erika 28 % (3,1 t/Einwohner•a) Süd-/Ostasien 28 %

Europa 21 % Südam erika 9 % GUS 5 % Deutschland 3,6 % (1,6 t/Einwohner •a)

• Reichweite: ca. 46 Jahre (?). Nicht berücksichtigt: Erdgas in der Arktis und in GUS,

Vorkommen in größeren Wassertiefen, neue preiswertere Technik der Ausbeutung der Vorkommen. Kanadas Ölsande sind seit der Veröffentlichung 2004 in den Reserven enthalten.

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Prof. Dipl.-Ing. Peter Wagner: Vorlesung MEERESTECHNIK RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM, Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik 6 - 2

Die größten Erdölbesitzer [Mrd. t.]: Saudi-Arabien (35), Kanada (24), Irak (15). Die größten Erdölförderer [Mio. t]: Saudi-Arabien (407), Russ. Föderation (378), USA (350). Die größten Erdölverbraucher [Mio. t]: USA (888), Japan (249), China/Hongkong (248).

6.3 Offshore-Konstruktionen zur Erschließung von Erdöl und Erdgas Abhängigkeiten durch Kartelle der erdölbesitzenden Länder und Erschöpfung von Lagerstätten an Land haben zur Erschließung von Offshore-Lagerstätten geführt. Dabei haben sich verschiedene Konstruktionstypen herausgebildet (Tab. 6-1). Zur Zeit existieren mehr als 8000 Einheiten weltweit, davon etwa 50 % im Golf von Mexiko und mehr als 400 in der Nordsee. Etwa 40 Plattformen sind Betonplattformen. Die Wahl eines geeigneten Konstruktionstyps ist abhängig von

• der Wassertiefe, • den Umweltbedingungen, • der Lagerstättengröße.

Je größer die Lagerstätte, um so größer das mobilisierbare Kapital, um so größer die notwendige Förderkapazität, um so größer die Aufbauten und die Plattform.

Starre fixed

Nachgiebige compliant

Schwimmende floating mobil

Auf dem Meeresboden ruhende subsea

Stahlplattformen (0)

Gelenktürme (2)

Halbtaucher (6)

Satellitenstationen (0)

Betonplattformen (0)

Schrägverspannte Türme

(2)

Schiffe (6)

Unterwasserinstallationen Subsea Completion Subsea Produktion

(0) Künstliche Inseln

(0) Tension leg platforms

(3)

Tab. 6-1: Konstruktionstypen von Offshore-Anlagen. in ( ) Freiheitsgrade der Konstruktionen (x, y, z, Stampfen, Rollen, Gieren)

Eine typische Offshore-Plattform besteht aus folgenden Bestandteilen (Bilder 6-1 und 6-2):

• Deck (top sides) mit Bohr- und Fördereinrichtungen, Prozeßanlagen, Verladeeinrichtung, Wohnquartiere mit Heli-Deck, Seenotrettungs- und nautischen Einrichtungen,

• Unterbau: Stahlfachwerk (Jacket) oder Betonkonstruktion mit Fundament (Caisson) und Türmen oder Halbtaucher mit Abspannung zur Verankerung,

• Gründungselemente (Pfähle, Schürze, Verankerungen).

Ein Sonderfall sind Forschungsplattformen (Messplattformen), wie sie z. B. zur Erkundung geplanter Windparks errichtet werden[8].

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StahlplattformDeck Bohren Wohnquartiere

Fördern Heli-DeckProduktion Rettungs- und

nautische Einrichtungen

JacketRäumliches Fachwerkaus Rundhohlprofilen

PfahlgründungRammpfähle

MTFolStplattform1.ppt/Wg/hub/13.06.2000

Betonplattform

Deck Bohren WohnquartiereFördern Heli-DeckProduktion Rettungs- und

nautische EinrichtungenTürme

Anzahl entspr. Deck(drilling, utility, water)

FundamentkörperFlachgründungWasserverdrängungSpeicher

SchürzeAufstandsfläche (grouting)GleitebeneKolke

MTFolBplattform.ppt/Wg/hub/8.06.2000

Bild 6-1: Schematische Darstellung einer Stahlplattform

Bild 6-2: Schematische Darstellung einer Betonplattform

6.4 Herstellverfahren Offshore-Bauwerke werden an Land hergestellt, dann zu ihrem Standort (location)verschleppt und dort installiert (positioniert, abgesenkt, gegründet, in Betrieb genommen). Stahlplattformen werden aus der Werft, wo sie gebaut wurden, auf eine Barge gezogen, zur Absenkstelle verschleppt und dort abgekippt. Dazu sind sie mit Schwimmkörpern versehen. Anschließend werden sie aufgerichtet (upending) und mit Schwimmkränen geführt abgesenkt (Bild 6-3). Betonplattformen (ihr unterer Teil) werden im Trockendock gebaut. Das Dock wird geflutet, der Unterbau schwimmt auf, wird ausgeschwommen und zu einem Tiefwasserbauplatz verholt. Dort wird der Bau bis zur vollen Höhe (Anschlußstelle für das Deck) fortgesetzt, wobei durch zunehmendes Gewicht auch der Tiefgang zunimmt. Vorzugsweise wird am Tiefwasserbauplatz auch das Deck aufgesetzt (deck mating), damit die Offshore-Arbeiten an der Lokation möglichst gering gehalten werden können. An der Absenkstelle wird die Plattform positioniert, orientiert, durch Fluten ballastiert und möglichst zielgenau abgesetzt (Installation) (Bild 6-4).

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Bild 6-3: Installation einer Stahlplattform [2]

2 Bauen am Tiefwasserbauplatz1 Bauen im Trockendock

-Aufbau der Schürzen-Betonieren des Unterteils des Fundamentkörpers-Fluten des Docks, Aufschwimmen des Bauwerks, Ausschleppen

-Absenken der Betonkonstruktion-Antransport und Aufsetzen des Decks-Aufschwimmen der Plattform

5 Demontage

-Entfernung des Bauwerkes nach Erfordernis von Schiffahrt und Fischfang ( Demontage, Rückgewinnung)

3 Transport

-Verschleppen der Plattformzur Absenkstelle

4 Installation und Betrieb

-Absenken an der Location-Ballastieren, Verpressen-Herstellen der Förderbohrungen-Betrieb, Produktion, Ölexport

deck mating

-Verschleppen zum Tiefwasserbauplatz-Fertigstellen des Fundamentkörpers-Herstellen der Türme

MTFolBauphasen1.ppt/Wg/hub/13.06.2000

Bild 6-4: Bauphasen einer Betonplattform

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Schon bei der Planung und beim Bau sind die späteren Lebensphasen Transport, Betrieb (mit Inspektion und Wartung) und Rückbau zu beachten. Die erforderlichen Einrichtungen sind einzubauen, Maßnahmen zu treffen: • Gewichtskontrolle (entscheidend für Tiefgang und Schwimmstabilität), • Ausrüstung für Installation und Rückbau: Rohrsysteme für Ballastieren, Lenzen, Entlüften der

Flutkammern, Unterpressen, • Rohrsysteme für Ölbohrung und -förderung: Steigleitungen (riser), Exportleitungen

(J-tubes),... • Sicherheitseinrichtungen, Feuerbekämpfung, Fluchtwege,... • Schleppvorrichtung, Befeuerung, nautische Einrichtungen,... • Korrosionsschutz, • Markierung, Instrumentierung zur Überwachung der Konstruktion,... Zahlreiche Stahlplattformen wurden inzwischen zurückgebaut und teilweise wiederverwendet, die Schwergewichtsplattformen Maureen und Schwedeneck-See wurden aufgeschwommen und zur Entsorgung transportiert [10], [11].

6.5 Arbeiten auf See Zur Planung der Bauphasen Transport und Installation ( marine operations) einer Offshore-Plattform gehören Entwurf, Berechnungen und Methoden für die Ausführung dieser Arbeiten [1], [5], [6]. Das sind insbesondere:

• Ausrüstung einschl. Ersatz (redundancy), • Kenntnis der Wetterstatistik, Festlegung der zulässigen Seegangsbedingungen, • Projektorganisation, risk management, Personaleinsatz, Kommandokette, • Dokumentation, operations manuals, Planung der Notprogramme (point of no return).

Das Verhalten des Bauwerks als schwimmender Körper muß vorausberechnet und ggf. durch Versuche im Wellentank verifiziert werden. Dazu gehören:

• Tiefgang (Abstand zum Meeresboden, zu Untiefen), • Schwimmstabilität (Krängung durch statische Lasten wie Wind, Trossenzug,

Leckschlagen einer Zelle), • dynamisches Verhalten im Seegang (Beispiel in [6]).

Der Tiefgang t einer schwimmenden Betonkonstruktion (Quader, Zylinder) kann überschlägig abgeschätzt werden:

G = B β·A·h·ρB·g = A·t·ρW ·g

t = β·h·ρB /ρW

G = Gewicht B = Buoyancy (Auftrieb) β = 0,16...0,20 m³ Beton (hochfester Beton) je m³ umbauter Raum A = Querschnittsfläche des eintauchenden Körpers (Caisson) h = Höhe des Körpers t = Eintauchtiefe des Körpers ρB = Dichte Beton = 2,55...2,70 t/m³ (je nach Stahlgehalt) ρW = Dichte Wasser = 1,025 t/m³ (Nordsee)

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Die Schwimmstabilität (Bild 6-5) kann als eine Krängung ϕ infolge Einwirkung eines äußeren Krängungsmoments M ST berechnet werden [1]:

ϕsin; ⋅=⋅= GMhhFM GSt K

)tan211( 2 ϕ++−=

VIzzGM GB

für kleine Winkel ϕ gilt näherungsweise (211+ ϕ2tan ) ≈ 1 und für den Anfangsast der

Krängungsmomentenkurve:

ϕϕ

cos⋅⋅= GMFddM

G

°⋅⋅=180πGMFdM G

MSt = äußeres Krängungsmoment [kNm] GM = metazentrische Höhe FG = Gewicht unter Auftrieb = verdrängte Wassermasse • g [tm/s² = kN] I = Flächenträgheitsmoment in der Wasserlinie [m4] V = Verdrängungsvolumen [m³] zB, zG = Ordinaten des Auftriebs- und des Körperschwerpunktes [m]

Bild 6-5: Schwimmstabilität eines Körpers [1]

Beispiel: Schwimmstabilität (Anfangsstabilität) einer Plattform Gegeben: Quadratische Grundfläche mit 32 m x 32 m, Masse m = 12.000 t Ordinate des Gewichtsschwerpunktes zG = 7,0 m Dichte des Wassers ρW = 1.025 t/m3 Gesucht: Anfangsstabilität (Wieviel MNm Moment sind erforderlich, um die Plattform um 1° zu krängen?)

Lösung: Tiefgang 025,1²32

12000⋅

=⋅⋅

⋅=

gAgmt

Wρ = 11,43 m

zB =1/2 t = 11,43/2 = 5,72 m

GM = )²tan211( ϕ++−

VIzz GB = 5,72 - 7,0 + 32

12 32² 11 43

4

⋅ ⋅ , = 6,19 m

]/[7,12]/²/[12718180

19,681,912000180

°≈°⋅=°

⋅⋅=°

⋅≈ MNmmstmMGFdM Gππ

d.h. beispielsweise ein Ballast von 100 t in 12,7 m Abstand von Zentrum bewirkt eine Krängung um 1°.

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6.6 Literatur zu 6.:

[1] Wagner, P.: Meerestechnik. Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [2] Clauss, G., Lehmann, E. und Östergaard, C.: Meerestechnische Konstruktionen.

Springer-Verlag 1988. [3] Moksnes, Hoff e.a.: Concrete Platforms: History, Technological Breakthroughs, and Future.

OTC 7630, Houston, 1994. [4] Fjeld e.a.: The North Sea Concrete Platforms: 20 Years of Experience. OTC 7462, Houston

1994. [5] Reppe, T. and Helsø, E.: Towage and Installation of Concrete Gavity-based Structures. OTC

7503, Houston 1994. [6] Bergmann, M., Salewski, J. und Wagner, P.: Stahlbetonplattformen für das Offshore-Ölfeld

"Schwedeneck-See”. Bautechnik H. 8 und 9 1984, Ernst & Sohn, Berlin, 1984. [7] Wagner, P.: Der Untergang der Plattform Sleipner A. Bautechnik 69, Ernst & Sohn, Berlin,

1992. [8] Kahle, H. und Müller, G.: Forschungsplattform „FINO 1“ nördlich Borkum Riff. HANSA

11/2003, Schiffahrts-Verlag Hansa C. Schroedter & Co, Hamburg, 2003. [9] Thornton, W.: Current Trends and Future technologies for the decommissioning of Offshore

Plattforms. OTC 12020, Houston, 2000. [10] Broughton, P.: Refloat of Maureen Alpha Platform. OTC 14226, Houston 2002. [11] Mitzlaff, A.: Rückbau und Entsorgung von Offshore-Anlagen. Deutsche Hydrographische

Zeitschrift, Supplement 12, 2000. [12] ESSO Oeldorado 2003, ESSO A.G. Presse- und Informationsabteilung, Hamburg, 2004.

http://www.exxonmobil.de Neuere Literatur in Vorbereitung: [13] ISO 19901-1 Petroleum and natural gas industries – Specific requirements for offshore

structures – Part 5: Weight control during engineering and construction, - Part 6: Marine operations. http://www.galbraithconsulting.co.uk/iso-files

[14] ISO 19902 Petroleum and natural gas industries – Fixed steel offshore Structures. http://sc7.tc67.net/

[15] ISO 19903 Petroleum and natural gas industries – Fixed concrete offshore Structures. http://sc7.tc67.net/

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7. Bauwerke unter Eiseinwirkung

Die Suche nach Erdöl hat vor den „kalten Regionen" nicht halt gemacht und ist dort auch „offshore" fündig geworden. Schon Anfang des Jahrhunderts war bekannt, dass in Alaska Erdölvorkommen existieren. Seit 1964, als die ersten Plattformen in eisführendem Gewässer installiert wurden, sind weitere Felder erschlossen worden. Einige Plattformen und künstliche Inseln liefern Öl und Gas aus arktischen Offshore-Feldern (Bild 7-1).

Bild 7-1: Karte der Offshore-Region Arktis [nach PennWell Map Polar Oil & Gas, 1985] Die russischen Erdgasfelder „Stochmanowskoje“ in der Barents-See und „Russanowskoje“ in der Kara-See sind noch nicht enthalten. Die deutschen Küsten erfahren häufiger Eisgang als die nördlicheren Küsten Norwegens, die vom Golfstrom profitieren. Die Ostsee weist wegen ihres geringeren Salzgehalts und unter dem Einfluß des nach Osten zunehmend kontinentalen Klimas mehr Eistage als die Nordsee auf.

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7.1 Eisbildung und Erscheinungsformen des Eises Reines Wasser (Süßwasser) gefriert bei 0 °C, Meerwasser jedoch bei einer tieferen Temperatur, die vom Salzgehalt abhängt. Der Gefrierpunkt sinkt linear und liegt bei einem Salzgehalt von 35 ‰ (Nordsee) bei -1,8 °C. Mit anhaltendem Frost wird der Salzgehalt im Eis durch Konzentration in Lauge reduziert, und die Festigkeit nimmt zu. Einjähriges Meerwassereis hat nur noch einen Salzgehalt von 4 bis 6 ‰. Bei tiefen Temperaturen gefriert auch die Salzlauge, die Eisfestigkeit erhöht sich dadurch beträchtlich. Die Festigkeit des Eises ist somit abhängig vom Salzgehalt des Wassers, der Eistemperatur und der Geschwindigkeit des Vereisungsprozesses. Beim Gefrieren wächst das Volumen an, die Dichte des Eises ist daher geringer als die des Ausgangsstoffes Wasser. Da sich Eis wie ein fester Körper bei Temperaturabfall zusammenzieht, erhöht sich die Dichte mit abnehmender Temperatur. Reines Eis (Süßwassereis) hat eine Dichte von 0,917 t/m³ bei 0 °C. Meerwassereis kann 1,0 t/m³ erreichen, hat aber infolge von Poren (Lufteinschlüssen) eher eine Dichte von rund 0,9 t/m³. Bildet sich also bei der Entstehung von Eis auf einem Gewässer in der Regel zunächst eine geschlossene Eisdecke, so schafft die Natur im Laufe einer ein- oder mehrjährigen Frostperiode auch andere Formen durch die Wirkung des Wetters, der Strömung und der Wellen sowie der örtlichen Bedingungen. Für die Auslegung von Offshore-Bauwerken wird unterschieden:

• Geschlossene Eisdecke (sheet ice) • Eisschollen (ice floes) • Packeisfelder (rubble ice) • Presseisrücken (ridges) • Eisberge (ice bergs)

Eisbildungen, die während der warmen Jahreszeit nicht abschmelzen, treten als mehrjähriges Eis auf (multiyear ice). Alle übrigen werden als einjähriges Eis (first year ice) bezeichnet.

7.2 Eigenschaften des Eises Die beim Zusammentreffen eines Bauwerkes mit dem Eis auftretenden Lasten finden ihre obere Grenze dort, wo das Eis zerstört wird. Daher ist die Festigkeit des Eises in der Wechselwirkung mit dem Bauwerk der entscheidende Parameter. Eis versagt bei Überschreitung einer der folgenden Festigkeiten:

• Druckfestigkeit (compressive strength) • Zugfestigkeit (tensile strength) • Biegefestigkeit (bending strength, flexural strength) • Scherfestigkeit (shear strength) • Haftfestigkeit (adfreeze strength)

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Die Druckfestigkeit ist immer eine maßgebende Größe. Sie ist abhängig von Salzgehalt, Temperatur, Entstehungsgeschichte und Verformungsgeschwindigkeit beim Druckversuch (Maximum bei ε = 0,003s-1). Sie kann Werte von 1 MN/m² bei 0 °C und hohem Salzgehalt bis 10 MN/m² bei -20 °C und geringem Salzgehalt annehmen. Die EAU [1] nennt für Temperaturen um den Gefrierpunkt:

• Nordsee (Wattenmeer) = 1,5 MN/m² • Ostsee = 1,8 MN/m² • Süßwasser = 2,5 MN/m²

Der Anstieg der Festigkeit von Meerwassereis mit sinkender Temperatur wurde zu 250 kN/m² je Minusgrad gefunden. Werte für Zug- Biege- und Scherfestigkeit sowie für den Elastizitätsmodul können [1], [2], [4] entnommen werden oder sind aus örtlichen Proben zu ermitteln. Bei der Einwirkung auf Bauwerke braucht nicht von homogenen Eisquerschnitten ausgegangen zu werden. Neben der beim Eiswachstum entstehenden Schichtung der Eisdecke mit unterschiedlichen Festigkeiten bestimmen weitere Erscheinungsbilder die Größe der Belastung: • Porosität: Verhältnis des Porenvolumens (Wasser, Schnee, Luft) zum Gesamtvolumen. • Konsolidierungsgrad: Temperatur- und altersabhängige Umwandlung der in Presseisrücken

oder Packeis vorhandenen wassergefüllten Poren in Eis. • Driftgeschwindigkeit: vergl. Verformungsgeschwindigkeit beim Druckversuch [2]. • Abmessungen des Bauwerks [2], [6].

7.3 Berechnung von Eiskräften Obwohl die Festigkeiten reinen Eises vielfach untersucht worden sind und viele Messungen an bestehenden Bauwerken durchgeführt wurden, gibt es noch keine als zuverlässig anerkannte Berechnungsmethoden. Vergleichende Berechnungen ergaben Unterschiede in den errechneten Kräften von 1:18 [7]! Ein europäisches Forschungsvorhaben (LOLEIF) mit Messungen von Eisdruckkräften an einem Leuchtturm in der Ostsee (Bottnischer Meerbusen) in den Wintern 1998/99 und 1999/2000 kommt ebenfalls zu dem Schluß, dass die Ergebnisse nicht ausreichen, um verbindliche Ansätze zu empfehlen [8]. Das Forschungsvorhaben wird fortgesetzt. Die Lastansätze für die Schwedeneck-See-Plattform und für die Pfeiler der Brücke über den Großen Belt wurden in den Eistanks der Hamburgischen Schiffbauversuchsanstalt (HSVA) ermittelt [4]. Modellversuche sind vor allem erforderlich, wenn die Wechselwirkung zwischen Eis und Bauwerk, so beispielsweise der Effekt von Eiseinschlüssen zwischen den Stützen mehrsäuliger Plattformen ermittelt werden soll [5]. Beim Entwurf eines Bauwerks für Eisangriff ist zu klären:

• Welche Eisverhältnisse treten am Ort des Bauwerkes auf? • Wie beanspruchen diese Eisverhältnisse das Bauwerk?

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Die Beanspruchung des Bauwerks durch das örtlich auftretende Eis hängt weiterhin von folgenden Einflüssen ab:

• Geometrische Konfiguration des Bauwerks • Art des Eisversagens.

Unter diesen Einflüssen bestimmt vor allem die Art des Eisversagens (ice failure modus) die Belastung. Da durch entsprechende Gestaltung des Bauwerks der Versagenstyp beeinflußt werden kann, liegt hier eine wesentliche Aufgabe für den entwerfenden Ingenieur. Eis versagt (bricht) auf eine der folgenden Arten:

• Druckbruch (crushing failure) • Schubbruch, Scherversagen (shear failure) • Biegung (in plane bending failure) • Beulen (buckling failure)

Druckbruch Diese Bruchart tritt bei allen Eisformen, vorwiegend aber bei Eisdecken geringerer Festigkeit sowie bei vertikalen Bauwerksflächen auf. Eine allgemeine Gleichung (nach KHORZAVIN u.a.) lautet: FH = kk • kf • D • h • σ0

kk = Kontaktbeiwert (Kontakt Eis - Bauwerk) kf = Formbeiwert (Form Bauwerk) D = Bauwerksbreite h = Eisdicke σ0 = einachsiale Eisfestigkeit

Daraus folgt z. B. für den Eisdruck auf Flächenbauwerke im norddeutschen Küstenraum gem. [1] mit kk = 0,33, kf = 1,0; h = 0,5 m und σ0 = 1,5 MN/m²

FH = 250 kN/m

Zur Berechnung von Eisdruck auf Pfähle siehe [1], auf Offshore-Bauwerke siehe [2], [4], [6]. In der Beaufort-See wurden lokale Spitzendrücke von 10 MN/m² gemessen (maßgebend zur Bemessung von Bauteildicken!), jedoch auf Grund des Größeneffekts nur globale Drücke von 1,0 bis 1,5 MN/m² festgestellt. Bei Pfählen wächst die Eisdruckkraft mit der Wurzel des Pfahldurchmessers. Biegung Die Biegefestigkeit ist mit 0,2 - 1 MN/m² klein gegenüber der Druckfestigkeit. Manche Entwürfe haben deshalb das Ziel, durch konische, aufwärts oder abwärts brechende Bauteilformen das Eis durch Biegung (Moment um die in der Eisebene liegenden Achsen) zu brechen. Presseisrücken brechen auch an vertikalen Zylindern durch Biegung (Moment um die vertikale Achse). Wenn sie an eine Eisdecke anschließen, können sie rechnerisch wie ein elastisch gebetteter Balken behandelt werden.

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Scherversagen Das Eis bricht nicht an der Kontaktstelle am Bauwerk, sondern schert an einer Linie zwischen treibenden und vor dem Bauwerk gestauten Eisschollen ab (vergl. MOHR-COULOMBE). Beulen Diese Bruchart tritt bei dünnen Eisdecken an vertikalen Flächen anstelle von Biege- oder Druckbruch auf. Neben diesen hauptsächlichen Versagensarten treten unter Umständen noch andere Belastungen auf: Angefrorenes Eis Am Bauwerk angefrorenes Eis kann Kräfte hervorrufen, die bis zu 100 % höher sind, als sie bewegtes Eis erzeugt. Der Fall kann eintreten, wenn das umgebende Eis längere Zeit am Bauwerk ruht (z.B. in Ufernähe) und schließlich wieder in Bewegung gerät. Bei wechselndem Wasserspiegel bricht das Eis jedoch durch Biegung, die Beanspruchung des Bauwerks in diesem Falle ist gering. Thermischer Eisdruck Eis übt bei Temperaturanstieg auf Bauteile, die seine thermische Verformung behindern, einen Druck aus, der durch die Bruchfestigkeit begrenzt ist. Die EAU [1] empfiehlt, im Bereich unserer Küsten einen Eisdruck von 400 kN/m² anzusetzen. Stoßkräfte Die Stoßlasten von Treibeis auf Bauwerke brauchen nicht höher als die aus der Druckfestigkeit bei maximaler Verformungsgeschwindigkeit errechnete Last angesetzt zu werden. Dynamische Belastungen können aber auftreten, wenn geschlossene Eisdecken durch Druckbruch versagen [5]. In Versuchen und in der Natur wurden Stoßfrequenzen gemessen, die schlanke Bauwerke erregen und zu Ermüdungsproblemen oder zu zyklischen Beanspruchungen in der Gründungs-sohle führen können. Eisstau Bei mehrsäuligen Bauwerken kann das Phänomen des Eisstaus vor der Plattform (ice jamming) oder der Eisverstopfung zwischen den Stützen (ice entrapping) auftreten. Damit würde die Plattform dem andriftenden Eis einen wesentlich größeren Widerstand entgegensetzen als die einzelnen Säulen zusammen. Andererseits ist bei genügend großem Abstand der Säulen die Gesamtkraft auf die Plattform kleiner als die Summe der Maximalkräfte auf die Einzelsäulen. Messungen im Eistank haben das bestätigt [5]. Am häufigsten sind es geschlossene Eisdecken (Druckbruch) und Presseisrücken, die die größten Belastungen ergeben. Bei der Auslegung des Entwurfs auf die Belastung durch Eis muß man jedoch beachten, dass die Konstruktion auch den anderen Umweltlasten widerstehen muß. So kann beispielsweise die Anordnung von Konen die Kräfte aus dem Angriff von Eisdecken reduzieren, die Belastung aus Wellen während der eisfreien Periode (vor allem das Kippmoment) aber erhöhen. Die Kunst des Entwerfens besteht darin, allen maßgebenden Einflüssen, auch denen der Herstellung und des Transports, mit einer wirtschaftlichen Lösung gerecht zu werden.

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7.4 Bauwerke in eisführenden Gewässern Typische Bauwerksformen für Offshore-Anwendungen (s. Kap. 6) wurden bisher auch in eisführenden Gewässern errichtet. Beispiele [4]: Stahlplattformen Die ersten Plattformen im eisführenden Gewässer wurden 1966/67 im Cook Inlet (Golf von Alaska) in 20 bis 30 m tiefem Wasser mit Eisdecken von etwa 1 m Dicke installiert. Die Bauwerke sind vierbeinige Stahlplattformen mit Stützen von ca. 5 m Durchmesser, die mit bis in 60 m Tiefe reichenden Pfählen gegründet sind. Betonplattformen Monotower „Schwedeneck-See“ A und B in der Ostsee, 17 und 25 m Wassertiefe, Eisdecken von 50 cm und Presseisrücken von 4 m Dicke, 1983. „Hibernia“, offshore Neufundland in 80 m Wassertiefe, bemessen für Eisbergstoß [9]. Künstliche Inseln Aufschüttungen mit Schwimmbaggern in den eisfreien Sommern in 10 bis 20 m Wassertiefe, z. B.: „Issungnak“ in der kanadischen Beaufort-See, 1980. Spundwandkasten „Mittelplate“, deutsches Wattenmeer, 1986. Kombinierte Konstruktionen Aufspülung von Unterwasser-Bermen, Herstellen von mehreren Schwimmkörpern (Stahl oder Beton) im Trockendock, Seetransport, Absetzen auf der Berme und Hinterfüllen des Innenraumes. Beispiele: „Tarsiut“, gebaut in Vancouver, geschleppt durch die Beringstraße zur Lokation Beaufort-See, 1982. „Molikpaq“, gebaut in Japan, Lokation Beaufort-See, 1984, nach Umbau offshore Sachalin 1999. Schwimmende Konstruktionen Konische Stahlplattform „Kulluk“, verankert mit 12 radial zum Meeresgrund laufenden Ankertrossen. Japan/ Beaufort-See, 1983. Bei Eisstärken > 1,20 m wird die Plattform von Eisbrechern aus der Gefahrenzone geschleppt.

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Prof. Dipl.-Ing. Peter Wagner: Vorlesung MEERESTECHNIK RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM, Lehrstuhl für Grundbau, Boden- und Felsmechanik 7 - 7

7.5 Literatur zu 7.: [1] Empfehlungen des Arbeitsausschusses "Ufereinfassungen" - EAU 1996. 9. Aufl., Verlag

Ernst & Sohn, Berlin, 1997. [2] Recommended Practice for Planning, Designing, and Constructing Fixed Offshore

Structures and Pipelines for Arctic Conditions. API RP 2N-95, American Petroleum Institute, Washington 1995.

[3] ACI State-of-the-Art Report on Offshore Concrete Structures for the Arctic. American Concrete Institute ACI 357. 1R-91, Detroit, 1991.

[4] Wagner, P.: Meerestechnik. Verlag Ernst & Sohn, Berlin, 1990. [5] COSMAR-Concrete Structures for Marine Produktion, Storage and Transportation of

Hydrocarbons. Teilprojekt 4: Concrete offshore structures subject to ice and arctic conditions. BMFT-Forschungsvorhaben 1981-1983.

[6] Croasdale, K. R.: Ice Forces: Current Practices, 7.Intl. Conf. on Offshore Mechanics and Arctic Engineering, Houston, 1988.

[7] Croasdale, K. R. and Brown, T.: Ice Load Uncertainties – Progress in Their Resolution. Intl. Offshore and Polar Engg. Conf., Seattle, 2000.

[8] Schwarz, J.: Validation of Low Level Ice Forces on Coastal Structures. 11th Intl. Offshore and Polar Engg. Conf., Stavanger, 2001.

[9] Huynh, T. L. et al.: Structural Design of the Iceberg Resistant Hibernia Reinforced Concrete GBS. OTC 8398, Houston 1997.

Interessant zur Geschichte der Erschließung: [10] Fitzpatrick, J. and Stenning, D. G.: Design and Construction of Tarsiut Island in the

Canadian Beaufort Sea. OTC 4517, Houston 1983. [11] Agerton, D. J.: Construction of an Arctic Offshore Gravel Island in 39 ft of Water During

Winter and Summer. OTC 4548, Houston 1983. [12] Visser, R. C.: A Retrospective of Platform Development in Cook Inlet, Alaska. OTC

5929, Houston 1989. [13] Campell, G. R.: Exploration Update: Mackenzie Delta/Beaufort Sea Region, Arctic

Canada. OTC 6271, Houston 1990. In Bearbeitung: ISO 19906 Arctic structures Im Internet: http://www.hsva.de: Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt, Hamburg. http://www.isope.org: International Society of Offshore and Polar Engineers (ISOPE).

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 1

Glossarium meerestechnischer Begriffe

in Anlehnung an ISO 1990x: Petroleum and natural gas industries - Offshore stuctures und ISO 2394-1986 (E), General principles on reliability for structures und ISO 8930: General principles on reliability for structures - List of equivalent terms

accidental damage limit states (ALS) ensures that local damage or flooding does not lead to complete loss of integrity or performance (maintain integrity for a sufficient period under specified environmental conditions to enable evacuation)

Grenzzustände der Unfallschäden sichern, dass örtliche Schäden oder ö. Fluten nicht zum vollständigen Verlust der Integrität oder Leistung führen (erhält Integrität unter festgelegten Umweltbedingungen ausreichend lange, um Evakuierung zu ermöglichen)

accidental events (vessel collision, dropped objects, explosion, fire, unintentional flooding)

Außergewöhnliche Ereignisse (Schiffskollision, fallende Gegenstände, Explosion, Feuer, unbeabsichtigtes Fluten)

action effects motion, deformation, internal forces and state of stress in a structure subject to a given set of actions. In general response of the structure.

Wirkung einer Last oder Lastkombination (Verformung, Schnittkräfte, Spannungszustand).Generell die Antwort (Reaktion) der Konstruktion.

actions • permanent (G) • variable (Q) • environmental (EA) • repetitive (RA) • accidental (A) • fixed or free • static or dynamic

Einwirkungen, Lasten • ständige • veränderliche • umweltbedingte • sich wiederholende • außergewöhnliche • stationäre oder freie • statische oder dynamische

air cushion air pumped into underbase compartments of the structure in order to reduce its draft and increase its freeboard

Luftkissen Luft wird in die nach unten offenen Schürzen-zellen eingepumpt, um den Tiefgang zu reduzieren

air gap Freiraum zwischen höchstem Wasserspiegel und Unterkante Überbau

articulated tower gelenkig gelagerter Turm assessment of existing structures Beurteilung (Einschätzung, Bewertung)

bestehender Bauwerke ballast system a system used to monitor and control the draught of the structure during all floating phases

Ballastierungssystem ein System zur Steuerung des Tiefgangs der Konstruktion während aller Schwimmphasen

basic variables, correspond to measurable physical quantities, characterizing • actions • properties of materials and soils • geometrical parameters

Grundvariable, entsprechen messbaren physikalischen Größen, kennzeichnen • Einwirkungen • Material- und Bodeneigenschaften • geometrische Abmessungen

bottom-founded (fixed) auf dem Meeresboden gegründet buoyancy, buoyant Auftrieb, schwimmend

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 2

caisson major portion of the GBS, providing buoyancy during floating and the possibility of oil storage, may also be filled with water ballast or solid ballast

Unterbau, Fundamentkörper Hauptteil der GBS, dient als Schwimmkörper, als mögliches Zwischenlager für Öl und kann mit Wasser oder Festballast ballastiert werden

calculation Berechnung catenary mooring Kettenverankerung certifying authority a governmental body or a company that is authorized by such governmental body in a specific country to perform certification

Genehmigungsbehörde staatliche Stelle oder von ihr autorisiertes Unternehmen zur Ausstellung von Genehmigungen

characteristic value • of material properties fk (has a specified

probability of not being attained in an unlimited test series and corresponds to a fractile in the distribution of the material property)

• of geometrical parameters ak (usually correspond to the nominal values in the design)

• of component resistances Rk

charakteristischer Wert • der Materialeigenschaften (hat eine

festgelegte Wahrscheinlichkeit, in einer Serie von Prüfungen nicht erreicht zu werden, entspricht einem Quantil in der Verteilung der Materialeigenschaft)

• der Abmessungen (entspricht üblicherweise den in der Bemessung festgelegten Nennwerten)

• der Bauteilwiderstände classification society an independent foundation that has developed technical standards for ships and offshore structures, and verify compliance with these standards during design, construction and operation of the units throughout their life

Klassifikationsgesellschaft unabhängige Organisation, entwickelt Vorschriften für Schiffe und Offshore-Bauwerke, prüft nach diesen Vorschriften Entwurf, Herstellung und Betrieb der Einheiten während ihrer Lebenszeit

clearance (under-keel-) Freiraum (Flottwasser) compartmentation, subdivided into compartments

Unterteilung in Zellen, Räume

compliant platform bottom-founded structure, flexible enough that applied forces are resisted by inertial resistances to platform motion and by buoyancy

nachgiebige Plattform ortsfest gegründetes Bauwerk, dass den angreifenden Kräften durch Ausweichen (Massenkräfte) und Rückstellkräfte (Auftrieb) widersteht

condition monitoring Überwachung des Betriebszustandes conductors Schutzrohre construction Herstellung construction afloat completion of construction with increasing draft, addition of structural materials or outfitting of a floating structure

schwimmende Herstellung Fortsetzung der Betonarbeiten bei zuneh-mendem Tiefgang, Fertigstellung und Ausrüstung der schwimmenden Konstruktion

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 3

construction phases • fabrication • erection • construction • launching • transportation • upending • installation • operation • removal

Herstellphasen • Fertigung (Stahl) • Errichtung (Stahl) • Herstellung (Beton) • zu Wasser lassen • Transport • aufrichten (Stahl) • Installation • Betrieb • Abbau und Entfernen

contingency plan a preconsidered response to a deviation from a planned operational procedure

Notfallplan eine vorbereitete Reaktion auf eine Abweichung von einer geplanten Ausführung

deck see topsides

Deck Aufbauten, Stahlkonstruktion mit Produktionsanlagen, Wohnquartieren usw.

deck mating the marine operation in which the platform topside is initially connected to the substructure

Deckübernahme das Seemanöver, bei welchem das Deck mit dem Plattformunterbau verbunden wird.

deformation Verformung degrees of freedom of motion • surge • sway • heave • roll • pitch • yaw

Freiheitsgrade der Bewegung/Schwingung • Längsschwingung (in x-Richtung) • Querschwingung (in y-Richtung) • Tauchschwingung (in z-Richtung) • rollen (um die x-Achse) • stampfen (um die y-Achse) • gieren (um die z-Achse)

design • structural design • proportioning

Entwurf, Bemessung • Entwurf • Bemessung, Dimensionierung

design assumptions Entwurfsannahmen design basis Entwurfsgrundlage design condition

S (stress) ≤ R (resistance) Entwurfsbedingung

Beanspruchung ≤ Bauteilwiderstand design criteria Entwurfskriterien design life time period from installation (fixation of the structure to the seabed) until decommissioning

Entwurfslebensdauer Zeitraum von der Gründung des Bauwerks bis zur Außerbetriebnahme

design phases (DNV 1978): • construction • transportation • installation • operation • retrieval

Entwurfsphasen (DNV 1978): • Herstellung, Bau • Transport • Installation • Betrieb • Rückbau

design procedure Bemessungsverfahren design requirement Entwurfsanforderung

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 4

design situations (correspond to different structural systems, reliability requirements, design values, environmental conditions etc.) • persistent s. (duration as the life of the

structure • transient s. (shorter duration, high probability

of occurrence) • accidental s. (short duration, low probability

of occurrence )

Entwurfs-, Bemessungssituation (berücksichtigt verschiedene stat. Systeme, Zuverlässigkeits-anforderungen, Bemessungswerte, Umwelt-bedingungen usw.) • anhaltende S. (Dauer wie etwa Lebenszeit

des Bauwerks) • vorübergehende S. (kürzere Dauer, häufiges

Auftreten • außergewöhnliche S. (kurze Dauer, seltenes

Auftreten) design values (to be introduced into calculation) • for actions Fd = γf∗Fr • for materials fd = fk/γm • for resistances of components Rd = Rk/γR • for geometrical parameters ad = ak±∆a

Bemessungswerte (werden in die Berechnung (Gleichgewichtsbedingung) eingeführt) • für Einwirkungen • für Material • Bauteilwiderstände • für Abmessungen

DFI-Résumé (Design Fabrication Installation R.) Dokumentation der Herstellung displacement Verschiebung

Verdrängung (Schwimmkörper) draught, draft Tiefgang durability Dauerhaftigkeit environmental conditions Umweltbedingungen (Wetter, Seegang,...) equipment Ausrüstung erection Errichtung (Stahlbau) fatigue limit states (FLS) cumulative damage due to repeated actions

Grenzzustände der Ermüdungsfestigkeit kumulative Schäden durch sich wiederholende Einwirkungen

field development Felderschließung fitness for purpose, fit for purpose meeting the intent of an International Standard….such that failure will not cause unacceptable risk to life-safety or the environment

Eignung für den Verwendungszweck erfüllt internationale Norm, Schadensfall verursacht kein unakzeptables Risiko für Leben und Umwelt

fixed structure structure that is bottom founded and transfers all actions on it to the sea floor

Fest gegründetes Bauwerk überträgt alle Lasten in den Untergrund

flare-tower Abfackelturm floating schwimmend floating stability Schwimmstabilität floating structure structure where the full mass is supported by buoyancy

Schwimmende Konstruktion K., deren Masse durch den Auftrieb getragen wird

float-out the movement of a floating structure out of a flooded dry-dock

Ausschwimmen Verholen eines schwimmenden Bauwerks aus einem gefluteten Trockendock

flooding fluten

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 5

foundation Gründung Fundament

FPSO Floating Production, Storage and Offloading

Schwimmende Produktionsplattform mit Speicher und Entladung

GBS gravity based structure

Schwergewichtsplattform (Beton)

guyed tower structure supported vertically by piles or shallow bearing foundation and laterally by a guyline system

abgespannter Turm Bauwerk, das durch Pfähle oder flach gegründet ist und seitlich durch abgespannte Trossen gehalten wird

in-service inspection Betriebsinspektion in-service performance Betriebsleistung, -verhalten inspection Inspektion, Zustandsprüfung installation (GBS) • positioning • ballasting • lowering down • touch down • skirt penetration • grouting

Installation (Betonplattform) • Positionieren • Ballastieren • Absenken • Grundberührung • Eindringen der Schürze • Unterpressen

instrumentation (for data recording) Ausrüstung mit Messwertgebern (zur Datenaufzeichnung)

jack up mobile unit that is bottom founded in its operating mode

Hubplattform, -insel mobile Arbeitsplattform, steht fest auf dem Meeresgrund bei Arbeitseinsatz

jacket Stahlplattform, räumliches Fachwerk aus Stahlrohren

lift-off initial point in time at which a structure becomes fully buoyant

aufschwimmen Zeitpunkt, zu dem die Konstruktion erstmals vollständig schwimmt

limit states state beyond which the structure no longer fulfills the relevant design criteria • ultimate limit states(ULS) • serviceability limit states (SLS) • fatigue limit states (FLS) • accidental damage limit states (ALS)

Grenzzustände Zustände, bei deren Überschreiten das Bauwerk die Entwurfskriterien nicht mehr erfüllt • Grenzzustände der Tragfähigkeit • Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit • Grenzzustände der Ermüdungsfestigkeit • Grenzzustände der Unfallschäden

limiting conditions Grenzbedingungen (obere Grenzen...) loads Lasten location, field location the planned offshore geographical position of the installed platform

Standort die geplante geographische Position der installierten Plattform

maintenance Instandhaltung manning personelle Besetzung marine growth mariner Bewuchs

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 6

marine operation The planned and controlled vertical or horizontal movement of a structure or component thereof over, in or on water

Arbeiten auf See, Seemanöver Geplante und gesteuerte vertikale oder horizontal Bewegung der Konstruktion über, im oder auf dem Wasser

mean sea level (MSL) arithmetic mean of all sea levels measured over a long period of time

Mittlerer Wasserstand Mittel aller Seewasserstände aus einer Langzeitmessung

mean value Mittelwert method statement an engineering document which summarizes the engineering principles on which to base the development of the operations manuals and procedures

Ablaufbeschreibung ein Dokument, das die Entwurfsgrundsätze zusammenfasst, nach denen die Ablaufpläne für die Ausführung entwickelt werden müssen

metocean abbreviation of meteorological and oceanographic

meteorologische und ozeanographische Angaben

mobile ortsveränderlich mobile offshore unit (MOU) structure intended to be frequently relocated to perform a particular function

Mobile Offshore Einheit Bauwerk, das öfter umgesetzt werden kann

model testing Modellversuche moorings The means by which the plan position of the structure is controlled during afloat phase

Verankerung Mittel, mit denen die schwimmende Konstruktion in Position gehalten wird

motion Schwingung/Bewegung movement Bewegung nominal value value fixed on non-statistical bases, for example on experience acquired or physical constraints

Nennwert aufgrund von Erfahrung oder physikalischer Bedingungen festgelegter, nicht durch statistische Analyse ermittelter Wert

operating (operational) requirements Betriebsanforderungen operating condition Betriebsbedingung operation Betrieb operations manual the document which describes the personnel, environmental criteria, equipment, activities and contingency plans necessary for the safe execution of a marine operation

Vorgangs-Handbuch das Dokument, das Personaleinsatz, Umweltbedingungen, Aktivitäten und Notfallpläne beschreibt, wie sie für die sichere Ausführung der Seemanöver erforderlich sind

orientation Lage (Orientierung, Rotation zur Nordrichtung) partial factor (partial coefficient) • partial action factors γf • partial material factors γm • partial resistance factors γR

Teilsicherheitsbeiwert • T. für die Einwirkungen • T. für Material • T. für Widerstände der Bauteile

persistent situation ständige (anhaltende) Situation planning Arbeitsvorbereitung platform complete assembly including structure, topsides and, where applicable, foundations

Plattform komplettes Bauwerk mit Unterbau, Aufbauten (Deck) und ggfls. Gründung

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 7

probability of failure Pf the likelihood (P) that the loading effect (S) equals or exceeds the ULS capacity (R) Pf = P[S ≥ R] Its complement (1-Pf) is the reliability (Ps)

Versagenswahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit, dass die Beanspruchung die Tragfähigkeit erreicht oder überschreitet. Das Gegenereignis (Komplement) ist die Zuverlässigkeit

probability of occurrence Eintrittswahrscheinlichkeit quality control Qualitätslenkung, Qualitätssteuerung reassessment (of existing structures) Wiedereinschätzung (bestehender Bauwerke) reliability the probability that a structure will fulfill its design purpose ability of a structure to fulfill the specified requirements

Zuverlässigkeit Wahrscheinlichkeit, dass das Bauwerk den geplanten Zweck erfüllt Tauglichkeit der Konstruktion, die spezifizierten Anforderungen zu erfüllen

relocatable umsetzbar repair Reparatur representative values Fr (characteristic, nominal, frequent, sustained [quasi permanent] value, expected repeated action history)

repräsentative Werte (charakteristische, Nenn-, häufige, Langzeit- [Quasidauer-] Werte, erwartete Belastungsgeschichte der sich wiederholenden Einwirkung)

resistance capacity of a component, or a cross section of a component, to withstand action effects without failure

Widerstand Tauglichkeit eines Bauteils oder Querschnitts, den Belastungen oder Schnittkräften ohne Beschädigung zu widerstehen

return period average interval of time in years between exceedances of an event magnitude

Wiederkehrperiode Mittlerer Zeitraum in Jahren zwischen dem Auftreten von Ereignissen einer bestimmten Größenordnung

riser tubular used for the transport of fluids between the sea floor and a termination point on the platform

Steigleitung Transportrohr für Flüssigkeiten vom Meeresgrund zum Endpunkt auf der Plattform

risk the probability of failure or one minus the reliability

Risiko die Wahrscheinlichkeit des Versagens, (1-Ps)

scour removal of sea floor soils caused by currents and waves

Kolk Abtrag von Meeresboden infolge Strömung und Wellen

sea level Wasserspiegel semi submersible Halbtaucher service life Betriebsdauer service requirements Gebrauchs-, Betriebsanforderungen serviceability limit states (SLS) • deformations which affect efficient use or

appearance • excessive vibrations producing discomfort

(especially if resonance occurs) • local damage (incl. cracking) which reduces

durability

Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit • Verformungen, die Gebrauch oder

Erscheinungsbild beeinträchtigen • starke Vibrationen (speziell, wenn Resonanz

auftritt) • örtliche Schäden (einschl. Risse), die die

Dauerhaftigkeit beeinflussen

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 8

shafts (compartments extending from the bottom of the GBS to topsides) • utility shaft, contains mechanical systems,

generally kept dry • drill shaft, houses the wells • riser shaft, contains riser and J-tubes

Türme, „Stützen“ einer Plattform (erstrecken sich vom Boden bis Unterkante Aufbauten • Nutzturm, enthält mechan. Einrichtungen,

bleibt i.a. trocken • Bohrturm, beherbergt die Bohrrohre • Leitungsturm, enthält die aufsteigenden

Leitungen und die Exportleitungen shoal Untiefe splash zone area of a structure that is frequently wetted due to waves and tidal variations

Spritzwasserzone Wasserwechselzone infolge Tide und Wellen

stand-by-draft a draft at which the structure can remain or be returned to prior to or after any temporary operation, at which the structural strength, stability and mooring meet the extreme seasonal requirements

Bereitschaftstiefgang Tiefgang vor oder nach Teilaktivitäten, bei dem Festigkeit, Stabilität und Verankerung den bei den geplanten Seemanövern möglichen extremen Wetterbedingungen standhalten.

station-keeping-system Positionshaltesystem still water level = highest astronomical tide + storm surge

Bemessungswassserstand = höchster astronomischer Tidewasserstand + Windstau (bei Wellenhöhe = 0)

storm surge Sturmflut, Windstau structure organized combination of connected parts designed to withstand actions and provide adequate rigidity

Bauwerk, Tragwerk, Konstruktion Kombination von verbundenen Bauteilen, muss Einwirkungen standhalten und genügend Steifigkeit aufweisen

structural analysis process of determining structural response to a given set of actions

Tragwerksanalyse (statische Berechnung) zur Bestimmung der Reaktion des Tragwerks auf die gegebenen Lastfälle

structural component physically distinguishable part of a structure

Bauteil, Komponente pysikalisch unterscheidbares Teil einer Konstruktion

structural configuration Auslegung des Bauwerks structural integrity Integrität der Konstruktion structural response motion, deformation, internal forces and moments and state of stress in a structure subject to a set of actions

Reaktion des Tragwerks Verschiebung, Durchbiegung, innere Kräfte und Momente und Spannungszustände im Bauwerk als Resultat der Lastfälle

structural system Tragwerk structure Bauwerk subsidence Bodensenkung substructure the lower part of the platform, constructed in concrete, generally from the seabed to the top of the shafts, which supports the topsides

Unterbau der untere Teil einer Betonplattform vom Seeboden bis OK Türme, welche das Deck tragen

surge (see also storm surge) Schiffsbewegung in Längsrichtung sustained (quasi-permanent) andauernd, anhaltend swell Dünung

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Wagner: Meerestechnische Begriffe 9

tension leg platform (TLP), buoyant platform connected by vertical tethers to the sea-floor

Halbtaucher, schwimmende Plattform, die durch vertikale Spannglieder gegen den Meeresgrund vorgespannt ist

tide Gezeit, Tide topsides the upper part of the platform above sea water level, generally constructed from steel, containing drilling and production equipment and accommodation for personnel, also referred to as deck

Aufbauten, Deck der stählerne Überbau mit allen Einrichtungen oberhalb des Meeresspiegels, der vom Unterbau der Plattform getragen wird, enthält Bohr- und Produktionsanlagen, Wohnquartiere und Rettungseinrichtungen, nautische Anlagen usw.

tow master the individual, or master of a tug, defined in the operations manual as having the ultimate responsibility for executing marine operations

tow master der verantwortliche Leiter der Seemanöver, häufig Kapitän eines Schleppers

tow out Ausschleppen transient situation vorübergehende Situation transportation Transport ultimate limit states (ULS) • loss of static equilibrium (overturning

capsizing) • failure of critical components by exceeding

the ultimate strength or the ultimate deformation

• transformation into a mechanism (collapse) • loss of structural stability (buckling, ...)

Grenzzustände der Tragfähigkeit • Verlust des statischen Gleichgewichts

(Umschlagen Kentern) • Ausfall kritischer Bauteile durch

Überschreiten der Festigkeitsgrenze oder der Verformungsgrenze

• Überführung in Bewegung (Zusammenbruch)

• Verlust der Stabilität (Beulen, ...) verification check that input to the calculation is correct and sensible results have been obtained

Prüfung der Berechnungen der Berechnungen in Bezug auf korrekte Eingaben und plausible Ergebnisse

vibration Erschütterung warranty surveyor an independent organization appointed by the owner on behalf of its insurance underwriters to approve the commencement of major marine operations and to monitor their execution

Versicherungsbeauftragter unabhängiger Sachverständiger, vom Projektführer beauftragt, genehmigt den Start der wesentlichen Seemanöver und überwacht ihre Durchführung

water depth Wassertiefe wave crest Wellenkamm

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1

Peter Wagner: Meerestechnik Ernst & Sohn, Berlin, 1990

Druckfehlerberichtigung Ort

Streiche Setze

Seite 1, Zeile 1 Technologie Technology Seite 2, vorletzter Absatz Technische Hochschule Rheinisch-Westfälischen Technischen

Hochschule Seite 5, Bild 1.2 im Wattenmeer in Seite 18, Absatz 2, Zeile 1

Zeile 4 Aufhaltend

Geschwindigkeit Anhaltend

Windgeschwindigkeit Seite 20, Überschrift über vorletztem Absatz

Wasserstandsänderungen

Seite 25, 3. Absatz, letzte Zeile letzter Absatz, 4. Zeile

H(t) (cero crossing)

ζ(t) (zero crossing)

Seite 26, Bild 2.4-2 Amplitude ξ Amplitude ζ Seite 32, letzte Zeile Beziehungen Bezeichnungen Seite 33, Bild 2.4-7 Pfeil und z bei der vertikalen

Koordinatenachse Seite 34, Zeile 1 unter Tab. 2.4-2 folgt gilt Seite 67, Zeile 10 Versuche Versuchen Seite 70, Bild 3.4-10 Kräftearten Kräftearten [8] Seite 71, letzte Zeile 6,02

1012

≈•≥ ππL

aka 6,021012

≈•≥= ππL

aka

Seite 81, vorletzter Absatz, 2. Zeile

duch durch

Seite 90, Zeile 10 Verspannung Vorspannung Seite 91, Bild 4.2-3, rechte Hälfte Unterschrift

Beanspruchung Tragfähigkeit Dichtefunktion

Beanspruchbarkeit Tragfähigkeit Dichtefunktionen

Seite 91, Absatz 5 der Streckgrenze bei Stahl die Mindeststreckgrenze bei Stahl Seite 92, vorletzte Zeile Steuerung Streuung Seite 93, Zeile 2, Formel ( )

1−−Σ

=n

xxs i ( )

1

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−−Σ

=n

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Seite 95, Bild 4.2-5 a) b) c) 1) 2) 3) Seite 110, Formel nach 3.Absatz Qd=..........≤ Fvγf fvd FQ γ≥= ...........

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2

Ort

Streiche Setze

Seite 112, Zeile 5 weil sie von Schiffen nicht wahrgenommen wurden.

weil sie von Schiffen zwar wahrgenommen, aber nicht gemessen wurden.

Seite 113, Bild 5.2-4, Tabelle schwarz 0,05 - 0,7 schwarz 0,5 - 0,7 Seite 127,Rammpfahlanker bis zu 50 MN vertikal bis zu 50 MN Druck und 10 MN Zug

vertikal

Seite 140, 4. Absatz, 2. Zeile geologische geotechnische

Seite 148, Tab. 6.3-1, Nr. 8 Stattjord Statfjord

Seite 149, Zeile 5 Gulfaks Gullfaks Seite 161, Zeile 16 wie sonst wie sie sonst Seite 167, Zeile 6 Schaden um Schaden und Seite 175, Bild 6.4-11 B, G F

B, F

G

Seite200, 6.Absatz Beachtlich ist........normal dazu [6]. Dieser Absatz bezieht sich nicht auf die Zugfestigkeit, sondern auf die Druckfestigkeit und ist daher oben zwischen 2. und 3. Absatz einzufügen.

Seite 209, letzter Absatz, Zeile 2 druckkraft bruchkraft Seite 210, Zeile 6 von unten Eisdecke Eisdicke Seite 211, 2. Formel in c) σc = ...... = 0,4 kN/m² σc = ...... = 0,4 kN/cm²

Seite 219, Bild 7.4-3, Unterschrift ergänze (Foto HSVA/Evers)

Seiten 220/221, Lit.[8],[9],[13],[18] Artic Arctic

Seite 221, [12] POLARTECH ´89 POLARTECH ´88 Seite 235, Bild 8.2-1, Unterschrift Spannungsglieder Spannglieder Seite 245, letzter Absatz, Zeile 2 An Kreisringquerschnitten Bei Kreisringquerschnitten