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Nutzungsmöglichkeiten von Grünland zwischen Naturschutz
und betrieblichen ErfordernissenBettina Tonn
Georg-August-Universität Göttingen
Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW), Grünlandwirtschaft Aulendorf
Naturschutz und Landwirtschaft im DialogInternationale Naturschutzakademie Insel Vilm 4.-7. Oktober 2011
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Überblick
Einleitung
Naturschutz und betriebliche Erfordernisse in der Praxis– Nutzungszeitpunkt: Verwertbarkeit der Aufwüchse
– Umgang mit Problempflanzen
– Düngung: Was und wieviel?
Neue Wege – ?– Extensive Weidesysteme – der Weg der Zukunft?– Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Grünland
– Kooperation und Flexibilität
Fazit
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Historischer Hintergrund
Artenreiche Grünlandgesellschaften = Produkte landwirtschaftlicher Betriebssysteme
Übereinstimmung zwischen Aufwuchsqualität der Grünlandbestände und Ansprüchen der Rauhfutterverzehrer
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Heutige Intensitätsstufen im Grünland
„Wirtschafts- grünland“
„Biotop- grünland“
„Extensiv- grünland“
Landwirt- schaftliche Verwertung
Biodiversität
Bewirtschaftungsintensität
Besonderes KonfliktpotenzialNaturschutz-Landwirtschaft
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Beispiel Baden-Württemberg: Magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen
Erhaltungs- zustand
0
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000R
PFr
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RP
Kar
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Frei
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RP
Tübi
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Magere Flachlandmähwiesen [6510]
Bergmähwiesen [6520]
FFH
-LR
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FFH
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a)
ABC
67.000 ha gemeldete FFH-Mähwiesen (Deutschland: 157.000 ha)
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Naturschutzauflagen – betriebliche Erfordernisse
Einschränkung landwirtschaftlicher Bewirtschaftung durch:
Späte Schnittzeitpunkte
Problempflanzen
Düngungsauflagen
Umsetzung der Auflagen
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Schnittzeitpunkt und Qualität der Aufwüchse
Rohfaser
Energie
Protein
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Futterqualität und Grundfutterleistung Milch
Kuh, 650 kg Lebendgewicht
Heu 5,6 MJ NEL kg-1 TMGrassilage 6,4 MJ NEL kg-1 TM
8 kg Milch (ECM)
X
Futteraufnahme 11,5 kg TM
X
Futteraufnahme 14,1 kg TM
16 kg Milch (ECM)
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Gute Eignung Bedingte Eignung Sehr eingeschränkte Eignung
Eignung von Grünlandaufwüchsen als Grundfutter
nach Spatz, 1994
Nutzungs- zeitpunkt
Rohfaser Rohprotein Milch- vieh
Jung- vieh
Mutter- kühe Schafe Pferde
(g kg-1 TM)
1. Maidekade <180 >200
2. Maidekade 180-220 160-220
3. Maidekade 200-240 140-200
1. Junidekade 220-226 120-160
2. Junidekade 260-320 100-140
3. Junidekade 280-340 80-120
1. Julidekade 300-320 60-100
2. Julidekade 300-360 60-100
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Einsatzmöglichkeiten von Extensivgrünlandaufwüchen in Milchviehbetrieben
Stoll et al. 2002
0 6 12 18 24 30 36 42 48 54Wochen nach dem Abkalben
4,0
4,5
5,0
5,5
6,0
6,5
7,0MJ NEL/kg TM
100 250 400 550 700Lebendgewicht (kg)
4,0
4,5
5,0
5,5
6,0
6,5
7,0MJ NEL/kg TM
Milchkühe Färsen
Netteoenergiegehalt im Heu artenreicher Grünlandflächen
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Einsatzmöglichkeiten von Extensivgrünlandaufwüchen in Milchviehbetrieben - Beispielrechnung
ViehbestandExtensivgrünland-Aufwüchse
(4,5-5,4 MJ NEL / kg TM)
Tiergruppe Anzahl Anteil in Ration (kg TM / Tag)
Bedarf pro Jahr (dt TM)
Milchkühe 50
Laktierend 43 2 314
Trockensteher 7 9 230
Jungvieh 40
< 1 Jahr 18 – –
> 1 Jahr 22 3 241
785 dt Extensivgrünland-Aufwüchse 15,7 ha bei TM-Ertrag 50 dt/ha
nach Jilg 2011
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Neue „Rauhfutterverwerter“?
?
?
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Einsatz von Extensivgrünland-Aufwüchsen in Biogasanlagen
Spielraum für den Einsatz in gängigen Nassfermentationsanlagen:
Anteil an der Substratfrischmasse maximal 20 % (bei geeigneter Rührwerk-/Einbringtechnik und rohfaserarmer Ration)
Maximaler Preis ohne Landschaftspflegebonus: 12 € / t Frischmasse (Produktionskosten: 33 € / t Frischmasse)
Weitere Perspektiven:
Trockenfermentation?
Intensive Aufbereitung?
Spezifischer Methanertrag:
befriedigend mit 0,250-0,350 Nm³/kg oTS
ABER:
Silierfähigkeit?
technische Probleme bei der Nassvergärung (Rohfasergehalt)
Rückführung der Gärreste ?
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Qualitätsaspekte Verbrennung
Hoher K-Gehalt
Niedriger Ca-Gehalt
Freisetzung und Kondensation am Wärmetauscher
Verschmutzung und Korrosion
Hoher N-Gehalt
Hoher Cl-Gehalt
Hoher S-Gehalt
Hoher Asche-Gehalt
Umweltrelevante EmissionenNOx , Feinstaub, HCl, SO2
AscheschmelzverhaltenVerschlackung des Feuerraums
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Verbrennungsqualitätvon Extensivgrünland-Aufwüchsen
Typische Glatthaferwiese Grasfraktion, Juli
Asche vollständig geschmolzen K/Ca: 3,1
Typische Glatthaferwiese Krautfraktion, September
Asche leicht versintert K/Ca: 1,1
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Verbrennungsqualität von Extensivgrünland-Aufwüchsen
0
2
4
6
8
Juni Juli Aug Sep Okt
K/C
a-V
erhä
ltnis
0
2
4
6
8
Juni Juli Aug Sep Okt
K/C
a-V
erhä
ltnis
Gräser Kräuter
K/Ca
StandorteKalkmager- rasen IKalkmager- rasen IISalbei-Glatthaferwiese
Typische Glatthaferwiese
Kohldistel-GlatthaferwieseGroßseggenriedCl
0
4
8
12
16
Juni Juli Aug Sep Okt
Cl-G
ehal
t (m
g g-
1 )
0
4
8
12
16
Juni Juli Aug Sep Okt
Cl-G
ehal
t (m
g g-
1 )
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Verwertungseinschränkung durch Problempflanzen
Kein Tulpenbeet...
…Versuchsfläche mit bis zu 30 Herbstzeitlosen je m²
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Versuch zur Bekämpfung der Herbstzeitlose
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
SchröpfschnittMitte April
Mulchen Mitte Mai
HeuschnittMitte Juni
HeuschnittMitte Juli
Anz
ahl P
flanz
en je
25
m²
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Abn
ahm
e P
flanz
enza
hl 2
006-
2010
(%)
2006 (Versuchsbeginn) 2010 Abnahme 2006-2010
Elsäßer, LAZBW
Kontrolle von Problempflanzen Erhalt der Artenvielfalt
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Spannungsfeld Düngung
Nährstoffrückführung in Wirtschaftsdüngern
Erhöhung des Ertrages Beeinflussung der Qualität
Beeinflussung des Pflanzenbestandes
(+ / –)
Düngung von Extensvigrünland
Kontrollierbarkeit von Auflagen
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Düngungsempfehlung für FFH-Mähwiesen in Baden-Württemberg
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Versuchsergebnisse zur Düngung von FFH-Mähwiesen: Entwicklung der Artenzahl
mitt
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Arte
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l je
25 m
³
ungedüngtFestmistMineraldünger
Gülle frühGülle spät
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Versuchsergebnisse zur Düngung von FFH-Mähwiesen: Entwicklung der Klee-Gras-Kraut-Anteile 2003-2011
Gräser
Legu-minosen Kräuter
80 20
80
60 40
60
40 60
40
20 80
20
Gräser
Legu-minosen Kräuter
80 20
80
60 40
60
40 60
40
20 80
20
ungedüngtFestmistMineraldünger
Gülle frühGülle spät
Furtwangen Dörzbach
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Neue Wege – ?
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Berg-/Flachland-Mähwiesen?
? ?
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Extensive Weidesysteme – der Weg der Zukunft?
Hohe Futterkosten je Energieeinheit
Futterkosten steigen durch eingeschränkte
Mechanisierbarkeit stark
Extensive Schnittnutzung Extensive Beweidung
Niedrige Futterkosten je Energieeinheit
Futterkosten steigen durch eingeschränkte
Mechanisierbarkeit weniger
Niedrige Energiedichte schränkt Einsatzbereich der
Aufwüchse ein
Durch Selektion der Weidetiere höhere mittlere
Futterqualität möglich
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Pflanzenartenreichtum von Wiesen und Weiden im Landkreis Northeim; n=60 (30 Wiesen/30 Weiden)
2 1
3
1 = 12,6 m², 2 = Schlag, 3 = Region
Artenreichtum von Wiesen und Weiden
Klimek et al. 2008
Alle Arten Häufige Arten Seltene Arten
Wiese Weide Wiese Weide Wiese Weide
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Auflaufen
Hofmann & Isselstein 2004
Überleben
Auflaufen und Überleben von Wildpflanzensamen in einer Weidelgras-dominierten Grünlandnarbe
P=0.047
02468
101214
Schnittintervall vor Aussaat
Auf
lauf
en (%
der
Sam
en)
1 Wo3 Wo9 Wo
P=0.002
010203040506070
1 Wo3 Wo9 Wo
Schnittintervall nach AussaatA
ufla
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(% d
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ge)
Beweidung und Regeneration
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen im Grünland
Mangelnde Standortanpassung / Flexibilität / Berücksichtigung von
Wissen der Bewirtschafter
Maßnahmenorientiert Erfolgsorientiert
Bewirtschaftung Erfolg: Empirische Basis und
Beraterkapazität ?
Umgang mit Schwankungen / Entwicklungen, die nicht auf die
Bewirtschaftung zurück zu führen sind ?
Ist die Maßnahme kontrollierbar?
Erfolgsfaktoren: Kooperation und Flexibilität Voraussetzungen: personelle und finanzielle Ausstattung,
Fachwissen und Wissenstransfer
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Schlussfolgerungen
Artenreiches Grünland kann großflächig nur als Teil ökonomisch tragfähiger landwirtschaftlicher Betriebssysteme erhalten werden
Integration artenreichen Grünlandes in die landwirtschaftliche Nutzung ist fallweise mehr oder weniger leicht möglich
Entwicklung neuer biodiversitätsorientierter Bewirtschaftungssysteme und Akzeptanz neuer Typen artenreichen Grünlandes sind nötig
Kooperative Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen und kompetente Beratung von Bewirtschaftern sind erforderlich
Tonn – Naturschutz und Landwirtschaft im Dialog 4.-7. Oktober 2011
Vielen Dank!