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10 LOGISTIK HEUTE11 / 2019 Bilder: Häfele; Therese Meitinger Aktuell sind rund 23.500 Artikel in Lehrte auf Lager. PROJEKTE Beschläge Der Satellit als Leuchtturm A lle Menschen wohnen. Unsere Kernkompetenz ist es, Möbel funktional zu machen“, be- schreibt im Oktober Sibylle Thierer, Vor- sitzende der Geschäftsführung der Häfele Gruppe, bei der Eröffnung des Distributi- onszentrums in Lehrte den Ansatz ihres Familienunternehmens. Die 1923 von Thierers Großonkel Adolf Häfele gegrün- dete Firma aus dem baden-württember- gischen Nagold hat sich auf Beschlag- technik, elektronische Schließsysteme und LED-Licht spezialisiert und gehört zu den Großen der Branche. Zielmärkte sind die Möbelindustrie, das Handwerk, der Handel und die Hotellerie. Mit einer Exportquote von rund 80 Prozent und 53 Logistikstandorten weltweit ist Häfele sehr international aufgestellt. In Deutsch- land operierte das Unternehmen bis vor Kurzem jedoch mit lediglich einem Zen- trallager im schwäbischen Nagold. Späterer Cut-off möglich „Wir waren lange überzeugt davon, dass in Deutschland ein Lager ausreicht“, erklärt Thierer. „Wenn da nicht Europa wäre, wären wir vielleicht immer noch dieser Ansicht.“ Denn im Rahmen der NEUBAU Der Beschlag- technikspezialist Häfele ergänzt sein Zentrallager in Nagold um ein zweites Distributionszentrum in Lehrte bei Hannover. Das klassische Satellitenlager soll zum Referenzprojekt für weitere Zentren in Europa werden.

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Page 1: PROJEKTE - io-consultants HEUTE...EWM – gibt dem eiligen Auftrag Vorfahrt auf jeder Stufe des Prozesses“, sagt Häfele-Logistikleiter Jan Helbach. „Sie wurde mit den internationalen

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Aktuell sind rund 23.500 Artikel in Lehrte auf Lager.

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Der Satellit als LeuchtturmA lle Menschen wohnen. Unsere

Kernkompetenz ist es, Möbel funktional zu machen“, be-

schreibt im Oktober Sibylle Thierer, Vor-sitzende der Geschäftsführung der Häfele Gruppe, bei der Eröffnung des Distributi-onszentrums in Lehrte den Ansatz ihres Familienunternehmens. Die 1923 von Thierers Großonkel Adolf Häfele gegrün-dete Firma aus dem baden-württember-gischen Nagold hat sich auf Beschlag-technik, elektronische Schließsysteme und LED-Licht spezialisiert und gehört zu den Großen der Branche. Zielmärkte sind die Möbelindustrie, das Handwerk,

der Handel und die Hotellerie. Mit einer Exportquote von rund 80 Prozent und 53 Logistikstandorten weltweit ist Häfele sehr international aufgestellt. In Deutsch-land operierte das Unternehmen bis vor Kurzem jedoch mit lediglich einem Zen-trallager im schwäbischen Nagold.

Späterer Cut-off möglich

„Wir waren lange überzeugt davon, dass in Deutschland ein Lager ausreicht“, erklärt Thierer. „Wenn da nicht Europa wäre, wären wir vielleicht immer noch dieser Ansicht.“ Denn im Rahmen der

NEUBAU Der Beschlag-technikspezialist Häfele ergänzt sein Zentrallager in Nagold um ein zweites Distributionszentrum in Lehrte bei Hannover. Das klassische Satellitenlager soll zum Referenzprojekt für weitere Zentren in Europa werden.

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2017 festgelegten Europastrategie ent-schied sich Häfele, im Hinblick auf eine bessere Fächenabdeckung einen zweiten deutschen Logistikstandort im Norden der Bundesrepublik zu eröffnen. Lange Anfahrten aus dem tiefen Süden und die damit verbundenen Lieferzeiten sind Kunden, die E-Commerce-Bestellzeiten gewohnt sind, schließlich immer weniger bereit zu tolerieren.

„Unsere Kunden wollen die Möglichkeit haben, ihre Bestellung auch etwas später zu platzieren, ohne auf die schnelle Lie-ferung am Folgetag verzichten zu müs-sen“, sagt Jan Helbach, Head of Logistics bei Häfele, gegenüber LOGISTIK HEUTE. „Mit dem neuen Standort in Lehrte sind wir gegenüber dem Zentrallager in Nagold 600 Kilometer näher an unseren Kunden in Norddeutschland, Holland, Belgien, Dänemark, Schweden und Norwegen.“ Da auf diese Weise rund sieben Stunden Lkw-Fahrzeit wegfal-len, wird ein späterer Cut-off für die Bestellungen möglich. Für den Standort Lehrte bei Hanno-ver sprach aus Sicht der Häfele-Verantwortlichen – neben einer guten Anbindung an das Auto-bahnnetz – darüber hinaus, dass Hubs der Paket- und Sammelgutdienstleister Dachser, DPD und Trans-o-flex jeweils in unmittelbarer Nähe liegen.

Nachdem die Entscheidung für Lehr-te im zweiten Quartal 2018 gefallen war, entwickelte Häfele in Kooperation mit dem Heidelberger Beratungsunter-

nehmen io-consultants konkrete Pläne. Deren Umsetzung auf dem Gelände an der Mielestraße 11 folgte entlang einer ambitionierten Zeitachse: Zusammen mit dem Passauer Bauunternehmen Ber-ger hatte der Beschlagtechnikspezialist dort, wo früher eine Kegelbahn, ein Ten-nisplatz und ein Ausflugslokal gestanden

hatten, bereits im dritten Quartal 2018 das Gebäude errichtet. Ab Januar 2019 schloss sich die Montage der Logistiktechnik an, ab April 2019 wurde bereits der Bestand aufgebaut und im Mai 2019 mit dem Hochlauf der Kundenbelieferung begon-nen. Im Oktober war dieser schließlich abgeschlossen.

„Eine Herausforderung lag auch darin, dass sich die einzelnen Projektphasen wie die IT-Implementierung mit Tests, die Rekrutierung und das Training der Mannschaft sowie der Hochlauf der Kun-denbelieferung überschnitten“, schildert Harald Bartmann-Sonnenburg, Leiter des Versandzentrums Hannover. Mit dem neuen Team von derzeit 23 Fach- und Führungskräften sowie 75 operativen Mitarbeitern setzte Häfele auch neue Prozesse auf. „Es wurde bewusst auf Au-tomatisierung verzichtet, um in der Stoß-zeit durch paralleles Arbeiten mit vielen Mitarbeitern eine schnelle Durchlaufzeit wirtschaftlich zu ermöglichen“, sagt Bartmann-Sonnenburg. Dieser Ansatz sollte darüber hinaus ein höheres Maß an Flexibilität gewährleisten.

Reduzierte Komplexität

Als klassisches Satellitenlager bezieht der Lehrter Standort derzeit alle Artikel aus dem ungleich größeren zentralen Ver-sandzentrum Nagold; mit etwa 23.500 Ar-tikeln wird nur ein Teil des Sortiments in Niedersachsen bevorratet. Das Lager mit einer Grundfläche von 19.300 Quadratme-tern, von denen aktuell 15.500 Quadratme-ter genutzt werden, und einem jährlichen Pickvolumen von bis zu zwei Millionen Picks ist vor allem auf einen schnellen Auftragsdurchlauf ausgerichtet. Die Kom-plexität wurde vor diesem Hintergrund wo immer möglich reduziert. So soll etwa eine kompakte Multi-Order-Behälterkom-missionierung die Laufwege minimieren.

„Mit dem neuen Lager sind wir 600 Kilometer

näher an unseren Kunden in

Norddeutschland.“Jan Helbach,

Head of Logistics, Häfele

Aus Tradition Vordenker: BLG LOGISTICS wurde für seine innovativen Ideen und Lösungen u. a.

mit dem Deutschen & Europäischen Logistikpreis ausgezeichnet.

Mehr gute Gründe für BLG LOGISTICS unter

www.blg.de/5gruende

FIRMEN + FAKTEN

Projektplanung: io-consultants GmbH & Co. KG, Heidelberg Generalunternehmer Bau: Berger Bau SE, PassauFlurförderzeuge: Jungheinrich Ver-trieb Deutschland AG & Co. KG, Hamburg

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Das Versandzentrum, in das Häfele einen zweistelligen Millionenbetrag in-vestierte, kommt mit zwei Hallenberei-chen aus. Im ersten Lager befindet sich der Wareneingang sowie ein Paletten-lager mit 6.300 Stellplät-zen für Voll-, Halb- und Viertelpaletten, die dem Zugriff und Vorrat dienen, sowie mit 660 Stellplätzen für schweres Langgut. In der zweiten Halle liegt der Bereich für Langgutartikel im Ein-Mann-Handling für rund 1.150 Artikel. Hier la-gert auf circa 300 Quadratmetern auch

Verbrauchsmaterial; hinzu kommt ein Großartikellager von etwa 150 Quadrat-metern.

„Herzstück der Anlage ist die dreige-schossige Fachbodenanlage mit einer

Lagerkapazität von 90.000 Plätzen in verschiedenen Lagerbehältergrößen“, sagt Harald Bartmann-Sonnen-burg. An dieser Stelle wer-den rund 80 Prozent aller Auftragspositionen kom-

missioniert. Der Verpackungsbereich verfügt über 18 Packplätze für den Pa-ketversand, fünf Packplätze für den Spe-

ditionsversand und einen Packplatz für Langgut. „Die Kommissionierungsstrate-gie ,Flexible PULL‘ – implementiert in SAP EWM – gibt dem eiligen Auftrag Vorfahrt auf jeder Stufe des Prozesses“, sagt Häfele-Logistikleiter Jan Helbach. „Sie wurde mit den internationalen Logistikexperten der Häfele Gruppe Anfang 2018 speziell kon-zipiert.“ Im Versandzentrum Hannover kommt sie zum ersten Mal zum Einsatz – doch dabei soll es nicht bleiben.

Blueprint für Versandzentren

Der Lehrter Standort gilt innerhalb der Unternehmensgruppe als Blueprint für künftige Versandzentren. So kam Jung-heinrich in Niedersachsen als Lieferant von Elektro-Flurförderzeugen auch des-halb zum Zug, weil der Hamburger Intra-logistikspezialist ein Konzept anbot, das sich im größeren Maßstab skalieren lässt. Langfristig ist vorgesehen, dass die Logis-tikkonzepte und EWM-Prozesse in Lehrte gemeinsam mit und für die internationa-len Häfele-Tochtergesellschaften weiter-entwickelt werden. „Die Führungskräfte in Hannover wurden gleich in Hinblick auf diese internationale Rolle ausgewählt und haben entsprechende englische Sprach-kenntnisse“, erläutert Jan Helbach. Bereits Ende Oktober fand die weltweite Häfele-Logistikkonferenz im Versandzentrum Hannover statt – mit Teilnehmern aus den Vereinigten Staaten, Thailand, Groß-britannien und Australien. Es sieht aus, als habe der Satellit seine Zweitkarriere als Leuchtturm begonnen.

Aus Lehrte bei Hannover berichtet Therese Meitinger.75 operative Mitarbeiter sind im Lager aktiv – auch in der dreigeschossigen Fachbodenanlage.

PROJEKTE Beschläge

Häfele ist eine international aufgestell-te Unternehmensgruppe mit Haupt-sitz im baden-württembergischen Nagold. Das Familienunternehmen wurde 1923 gegründet und bedient heute in mehr als 150 Ländern welt-weit die Möbelindustrie, Architekten, Planer, das Handwerk und den Han-del mit Möbel- und Baubeschlägen, elektronischen Schließsystemen und LED-Licht. Häfele entwickelt und pro-duziert in Deutschland und Ungarn.Im Geschäftsjahr 2018 erzielte die Häfele Gruppe mit mehr als 7.800 Mitarbeitern, 38 Tochterunternehmen und zahlreichen weiteren Vertretun-gen weltweit einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro.

Häfele

Bei der Standortsuche fiel die Wahl auch deswegen auf Lehrte, weil Hubs der Transportdienstleister DPD, Dachser und Trans-o-Flex in der Nähe liegen.

Eilige Aufträge haben an jeder Stufe des Pro-zesses Vorrang

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