Über die bildung von perjodat bei der einwirkung von permanganat auf verschiedene verbindungen des...

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R. Lang. Perjodat bei der Bnwirkztng von Pwrnanganat usw. 141 Uber die Bildung von Perjodat bei der Einwirkung von Permanganat auf verschiedene Verbindungerr des Jods. Von RUDOLF LANG. Gelegentlich der Ausarbeitung von volumetrischen Methoden zur Bestimmung von Halogeniden nebeneinander wurde die Be- obachtung gemacht, daB Jodcyanid in schwefelsaurer Losung durch iiberschiissiges Permanganat in geringem Grade hoher oxydiert wird. Aus der weiter beobachteten Tatsache, daB das Oxydationsprodukt sich durch Wasserstoffsuperoxyd wieder zu Jodcyanid reduzieren liel3, wurde auf die Bildung von Perjodsaure bei dem Oxydations- vorgange geschlossen. Erfolgte diese Oxydation stufenweise iiber Jodat, dann muBte sich auch Jodsiiure mit Permanganat zu Perjodsaure oxydieren lassen. In der Literatur wird Jodcyanid ebenso wie Jodsaure gegeniiber Oxydationsmitteln wie Salpetersaure und Chlorkalk als sehr bestindig bezeichnet.') Das Verhalten Ton Permanganat gegen diese Stoffe scheint noch nicht untersucht worden zu sein oder Aufmerksamkeit erregt zu haben. Im folgenden sol1 gezeigt werden, dal3 Jod aller Oxydationsstufen in sohwefel- oder salpetersaurer Lasung durch Permanganat tatsachlich zu Perjodat und zwar unter entsprechenden Bedingungen auch quantitativ oxydiert wird. Zunachst seien die Versuche beschrieben, welche das Verhalten von Jodsiiure gegen Permanganat dartun, Bei jedem Verauche wurden 10 ccm einer 'Ilo mol. Kaliumjodatlosung , die durch Ab- lassen aus einer Biirette genau abgemessen worden waren, in einem Titrierkolben mit 50 ccm 5 fach n-Schwefelsiiure angesiiuert uud mit genau abgemessener 'Ilo n. Permanganatlosung versetzt. Dann wurde 1) E. v. MEYIEB, Jmma. prakt. chem. 36 (1887), 292. 2. morg. n. Ug, Chem. Bd. 130. 10

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Page 1: Über die Bildung von Perjodat bei der Einwirkung von Permanganat auf verschiedene Verbindungen des Jods

R. Lang. Perjodat bei der Bnwirkztng von Pwrnanganat usw. 141

Uber die Bildung von Perjodat bei der Einwirkung von Permanganat auf verschiedene Verbindungerr des Jods.

Von RUDOLF LANG.

Gelegentlich der Ausarbeitung von volumetrischen Methoden zur Bestimmung von Halogeniden nebeneinander wurde die Be- obachtung gemacht, daB Jodcyanid in schwefelsaurer Losung durch iiberschiissiges Permanganat in geringem Grade hoher oxydiert wird. Aus der weiter beobachteten Tatsache, daB das Oxydationsprodukt sich durch Wasserstoffsuperoxyd wieder zu Jodcyanid reduzieren liel3, wurde auf die Bildung von Perjodsaure bei dem Oxydations- vorgange geschlossen. Erfolgte diese Oxydation stufenweise iiber Jodat, dann muBte sich auch Jodsiiure mit Permanganat zu Perjodsaure oxydieren lassen. In der Literatur wird Jodcyanid ebenso wie Jodsaure gegeniiber Oxydationsmitteln wie Salpetersaure und Chlorkalk als sehr bestindig bezeichnet.') Das Verhalten Ton Permanganat gegen diese Stoffe scheint noch nicht untersucht worden zu sein oder Aufmerksamkeit erregt zu haben. Im folgenden sol1 gezeigt werden, dal3 Jod aller Oxydationsstufen in sohwefel- oder salpetersaurer Lasung durch Permanganat tatsachlich zu Perjodat und zwar unter entsprechenden Bedingungen auch quantitativ oxydiert wird.

Zunachst seien die Versuche beschrieben, welche das Verhalten von Jodsiiure gegen Permanganat dartun, Bei jedem Verauche wurden 10 ccm einer 'Ilo mol. Kaliumjodatlosung , die durch Ab- lassen aus einer Biirette genau abgemessen worden waren, in einem Titrierkolben mit 50 ccm 5 fach n-Schwefelsiiure angesiiuert uud mit genau abgemessener 'Ilo n. Permanganatlosung versetzt. Dann wurde

1) E. v. MEYIEB, Jmma. prakt. chem. 36 (1887), 292. 2. morg. n. U g , Chem. Bd. 130. 10

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eine 'iZ mol. Natriumnitritlosung bis eben zur Entfiirbung der Fliissig- keit zugetropft und 3 g Harnstoff eingetragen. Nach 15 Minuten wurden 2 g Kaliumjodid zugefugt und das ausgeschiedene Jod mit 'Ilo n-Thiosulfatlosung titriert.

Angewendet l/,,n-KMnO,-Los. ccm: 3 5 10 20 50 100 Verbraucht n-Na,S,O,-Lijs. ccm: 16,64 17,89 19,81 19,82 19,85 19,80

War die Oxydation in den beiden ersten Versuchen keine voll- standige, so liegt unzweifelhaft in den ubrigen Versuchen eine quantitative Oxydation zu Perjodsiiure vor. Denn 10 ccm mol. KJ0,-Los. entsprechen 15 ccm 'Ilo n-Na,S,O,-Liis. und nach Oxy- dation zu Perjodsaure waren zur Titration 20 ccm erforderlich ge- wesen. Nun wirkt aber jedenfalls Nitrit in geringem Grade abch reduzierend auf Perjodat, so dab die etwas zu niedrigen Thiosulfat- werte erklarlich sind. In besonderen Versuchen mit reiner Kalium- jodatlijsung wurde tatsachlich festgestellt, dab nach der Behandlung mit Permangsnat, Nitrit und Harnstoff in schwefelsaurer Lasung der Oxydationswert des Perjodats gegenuber Kaliumjodid urn einen Betrag von rund 0,2 ccm l/lo n-Lbsung abgenommen hatte. Ver- wendet man zur Entfernung des iiberschiissigen Permanganats andere Reduktionsmittel als Nitrit, so wird auch das Perjodat wieder weit- gehend, meist bis zu Jod reduziert. Selbst Oxalsaure besorgt dies, obzwar sie auf Perjodsaure allein auch bei Siedehitze nicht ein- wirkt. Ein Versuch, bei welchem nach Oxydation von wieder 10 ccm Jodatlosung die Permanganatreduktion durch uberschussige Oxal- saure bewirkt wurde, ergab nach Zusatz von Kaliumjodid nur einen Verbrauch von 8 ccm n-Na,S,O,-Los., also eine Abnahme des Oxydationswertes weit unter den des ursprunglich vorhanden ge. wesenen Jodats. Offenbar findet also eine Reduktion von Perjod- siiure durch das System Permanganat-Oxalsaure statt.

11 Auch Jodsiiurelijsung wird durch ein Permaganat-Oxalstiuregemiech reduziert, wie dies schon L. ANDREWB gefunden und K. SCHEOEDEE zu erklaren versucht hat (Chemiker&tzmg 38 (1914), 189). Ich beobachtete ferner, daB Jodsaure, die selbst nach Iangerer Zeit mit 3O/,igem Wsssersoffsuperoxyd nicht merklich reagiert, zu Jod reduziert wurde, wenn gleichzeitig nebst H,O, auch Permanganat auf dieselbe einwirkte. Die einfachste Erklarung fur diese Re- aktion ist die Annahme einer intermediaren Perjodsaurebildung infolge der Einwirkung des Permanganats auf die Jodsaure. Perjodsaure wird selbat durch stark verdunntes H,O, unter Sauerstoffentwicklung und Jodabscheidung zersetzt. Zur Deutung dieser induzierten Jodsaurereduktion wird freilich auch SCEE~~DEES Erklarung der analogen A N D R E W S ~ ~ ~ ~ ~ Reaktion heranzuziehen

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Bilrhng eon Perjodat bai chi- Einwirkung eon Pwmanganaf ww. 143

Einflusse, welche bestimmend auf den Umfang der Jodat- Permanganatreaktion wirken, sind die H - und C1'-Ionenkonzentration. Die Wirkung der ersteren ist selbstverstandlich, da H-Ionen an der Reaktion nach der Gleichung

2Mn0,' + 3 JO,' + 2 H = 2Mn0, + 3 JO,' + H,O (1) beteiligt sind. Der EinfluB von Cl'-Ionen, die bei entsprechend hoher Konzentration die Oxydation des Jodats auch ganz verhindern kijnnen, ist mit Riicksicht auf die durch sie bedingten Beaktionen

JO,' + 2 C1' + 2H. = JO,' + C1, + H,O JO,' + 5Cl' + 6 H = JCI, + C1, + 3H20

(2) (3)

erklarlich. Zwei Versuche, die wie die zuerst angegebenen mit je 10 ccm Jodat- und 50 ccm Permanganatlosung aber unter Zusatz von 0,3 und 1 g NaCl ausgefiihrt wurden, ergaben eiuen Na,S,O,- Verbrauch yon 18,6 bzw. 17,2 ccm 'Ilo n-18sung. Bei einer etwa n-Cl'-Ionenkonzentration unterblieb die Oxydation und bei noch weiterer Vermehrung der Chloridmenge verminderte sich der ursprungliche Oxydationswert des Jodats. Ohne EinfluB auf den Umfang der Oxydation sind NO,'-lonen, denn auch in salpeter- saurer Lijsung gelang die quantitative Oxydation zu Perjodat.

Ebenso wie Jodsaure, laBt sich Jodwasserstoffsaure durch Per- manganat vollstandig zu Perjodsaure oxydieren. A. SKRABAL I), der die Einwirkung von iiberschussigem Permanganat auf Jodid in schwefelsaurer Liisung untersuchte, fand, dnB das Jodid zu Trijod- hydroxyd und teilweise zu Jodad oxydiert wurde. Dieses Ergebnis ist erklarlich mit Riicksicht darauf, da8 SKRABAL in seinen Ver- suchen zur Zerstorung des iiberschiissigen Permanganats Oxalsaure verwandte, die im Verein rnit Permanganat Perjodsaure und Jod- saure weitgehend reduziert, wie oben schon dargelegt wurde. Die folgenden Versuche wurden wie die zuerst beschriebenen ausgefuhrt mit dem Unterschiede, da6 an Stelle der Jodat- immer 5 ccm einer

mol. Kaliumjodidlijsung zur Anwendung gelangten. Zur Oxydation verwendet l/lo n-KMnO,-LBs. ccm: 30 35 40 50 60 Zur Titration verbraucht l[la n-Na,S,O,-Liis. ecm: 17,43 19,79 19,81 19,83 19,80

sein. Denn die Reduktion der Jodsaure findet auch statt, wenn an Stelle von Permanganat Mangandioxyd verwendet wird. Durch leteteres wird sber Jodsiiure nicht haher oxydiert, so dafi in diesem Falle eine inter- medilire Perjodatbildung nicht gut angenommen werden kann.

I) C?hem&evmi&my 33 (1909), 1193. 10*

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144 R. Lang.

Im ersten Versuche war die Oxydation keine vollstandige, da weniger Permanganat angewendet wurde, als der Reaktionsgleichung

SMnO,’ + 35’ + 8 H = SMnO, + 3JO,’+ 4H20 (4)

entspricht. Die iibrigen Versuche zeigen einen Thiosulfatverbrauch, der sich dem theoretisch erforderlichen bis auf wieder 0,2 ccm an- gleicht, so dab offenbar hier vollstandige Oxydation zu Perjodsaure stattgefunden hatte. Geht die Oxydation stufenweise vor sich, dann miissen auch alle zwischen Jodat und Jodid liegenden Oxydations- stufen des Jods zu Perjodat oxydierbar sein. Von solchen wurde noch das positiv einwertige Jod und zwar in der Verbindungsform des Jodrnonochlorids und der des Jodcyanids auf das Verhalten gegen Permanganat untersucht. Jodmonochlorid lie6 sich bei einer n. bis 2 n-HC1-Konzentration etwa bis zu Jodat oder etwas niedriger oxydieren, was im Hinblick auf die Reaktionen (2) und (3) verstand- lich ist; in konzentriert chlorwasserstoffsaurer Losung wird sich dann sowohl Jodmonochlorid als auch Jodid nur bis zu Jodtrichlorid oxydieren lassen. Was das Jodcyanid betrifft, so wurde in einigen Versuchen festgestellt, da8 der Oxydationswert einer mol. schwefel- sauren Lasung desselben gegeniiber Jodkalium nach Einwirkung von vie1 uberschiissigem Permanganat sich nur um ein geringes, etwa 5 bis 10% erhoht hatte. Hieraus ware auf die Bildung von Per- jodsaure nicht zu schlieBen gewesen, doch konnte ihre Anwesenheit in besonderen Versuchen qualitativ nachgewiesen werden ; zu diesem Zwecke wurde das iiberschiissige Permanganat mit Hilfe von Nitrit und Harnstoff zerstort und der freie Cyanwasserstoff entfernt, indem Luft in raschem Strome durch die Fliissigkeit geleitet wurde. Nach Zusatz von 3O/,igem Wasserstoffsuperoxyd trat die fur Perjodsaure charakteristische Jodabscheidung und Sauerstoffentwicklung ein. Wnrde der freie Cyanwasserstoff nicht entfernt, so bewirkte das Wasserstoffsuperoxyd wieder fast vollstandige Beduktion zu Jod- cyanid. Dab die Oxydation des Jodcyanids mit Permanganat nur sehr unvollstandig ist, hat vermutlich seinen Grund darin, daB Jod- cyanid eine ghzlich undissoziierte Verbindung ist, und die Oxy- dation nur in dem MaBe erfolgt, als Jodkationen abgespalten werden. Bei entsprechend langer Einwirkungsdauer wird ohne Zweifel auch Jodcyanid durch Permanganat vollstandig zu Perjodsaure oxydiert werden konnen.

Die Reduktion des Permanganats durch Jodat erfolgt nur bis zur 4wertigen Stufe, wie dies durch das Verhaltnis MnO,: JO, in

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B i l d m g von Perjodat bei der B n w i r k u n g von Permanganat w w . 145

den zwei ersten mit Jodat ausgefuhrten Versuchen angedeutet wird- Zur Beurteilung der Frage, ob auch die niederen Oxydationsstufen des Mangans die Bildung von Perjodat veranlassen konnen, wird die Kenntnis der Potentiale fur die betreffenden Oxydations- und Re- duktionsvorgange von Wichtigkeit sein.

(5) ergibt sich nach E. MUELLERS mehr orientierenden Versuchen ein Normalpotential von + 1,4(1) Volt.1) Dieser Wert ist wahrschein- lich um einige Centivolt zu hoch.,) Far die Reduktion von Mangano- salz nach der Gleichung

Fur den Vorgang

JO,' + 2 H = JO,' + q 0 + 2(.)

MnO, i; 4 H = Dan.* + 2H,O + 2(9 (6)

ist zurzeit das Normalpotential mit + 1,35 Volt zu bememeas) Die Unsicherheit des ersten Wertes erlaubt zwar keinen bestimmten SchluB zu ziehen, doch durfte das Normalpotential fur den ersteren Vorgang tatsachlich groBer als das fur den letzteren sein, so daB im allgemeinen keine Oxydation des Jodats durch Mangandioxyd zu erwarten ist. In Ubereinstimmung hiermit wurde auch beobachtet, daB beim Zusammenbringen einer waJ3rigen Mangansulfatlosung mit konzentrierter PerjodsaurelBsung in der Kalte in wenigen Augen- blicken die Oxydation des Manganosalzes einsetzte, indem sich die Flussigkeit mit wachsender intensitat kirschrot fiirbte, urn sich schlieBlich unter Abscheidung von roten und braunen Niederschlagem zu triiben. Auch verdunnte, etwa lls0 mol. PerjodsaurelSsung be- wirkte nach Stunden Oxydation des Manganosalzes. Etwas anders werden die Verhaltnisse bei starkerer Aciditat. Denn das Potential firr den Vorgang (6) wird lnit wachsender H'-Ionenkonzentration positiver. Nimmt man zum Ansauern stark konzentrierte Schwefel- sziure, so lost sich MnO, zu Mn"-Salz und es wird sioh ein Poten- tial Mn"/Mn"-Salz einstellen. Kurzlich hat G. GRUBE und H. HUBERICH ein solches Potential bei gleicher Gesamtkonzentration beider Mangansalze in 15 n-Schwefelsaure zu + 1,576 Volt errnittelt.$) Die von den Genannten gemessenen Teilpotentiale Mn'v/Mn"'-Salz und Mn"'/Nn"-Salz, die bei stufenweiser Reduktion zu berucksichtigen

l) 2. f. Elektrorodem 9 (1903), 584. 5, Vgl. ABEQQ, Hsndb. d. anorg. Chemie IV, 2 522.

Vgl. Nr. 8 der Abhandlungen der D. B. G. (1915). 'j 2. f. Elektrochm. 29 (19231, 8.

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sein werden, betragen + 1,642 und + 1,511 Volt. Jedenfalls liegen alle diese Werte weit uber dem Normalpotential fur den Vorgang (5 ) und man wird sowohl MnIV- als auch Mn'"-Salz mit Jodsaure zu einem Element kombinieren kiinnen, bei dem der positive Pol auf der Seite des Mn-Salzes liegt. Die Moglichkeit des elektrochemischen Ablaufes der Reaktion

Mn"" + JO,' + H,O + Mn" + JO,' + 2 Hv (7)

laBt nun nicht ohne weiteres den Schlufl zu, daB dieser Vorgang auch rein chemisch verlaufen wird. W ahrend bei einer eutsprechen- den elektrochemischen Kombination der Strom dadurch zustande kommen kann, daB man der Mn-Salzelektrode durch einseitige Er- hiihung der H-Ionenkonzentration ein miiglichst hohes positives Potential erteilt, ist es rein chemisch nicht moglich, fur das Mn- Salz und Jodat getrennt verschiedene H-Ionenkonzentrationen zu erzeugen. Erhiihung der Aciditat beeinfluBt daher bei einer rein chemischen Versuchsanorduung auch die Oxydationskraft des Per- jodats und zwar ebenfalls im positiven Sinne. Indessen wachst das Potential fur den Vorgang (5 ) nur mit dem Log. des Quadrates, jenes fur den Vorgang (6) aber mit dem Log. der 4. Potenz der H-Ionenkonzentration. SchlieBlich wird durch eine starke Saure auch die Konzentratien der J0,'-Ionen vermindert werden, da ja Perjod- saure nur den mittelstarken Sauren zuzurechnen ist. Hierin liegt also auch ein das Potential fiir den Vorgang (5) vermindernder Ein- flus der Erhohung der Aciditat. Es wird jedenfalls durch Ver- mehrung der H-Ionen das Potential fur den Vorgang (6) rascher wachsen als das fur den Vorgang (5), so daB von einer bestimmten und auch realisierbaren Saurestufe an das erstere positiver werden muI3 als das letztere. Bei hoher Saurekonzentration hatte man demnach auch einen rein chemischen Ablauf des Vorganges (7) zu erwarten, so daB die Reaktion Permanganat-Jodat in stark saurer Losung auch der Gleichung

2Mn0,' + 5 JO,' + 6 H =e 2Mn" + 5 JO,' + 3H,O (8)

entsprechen wiirde. Tatsachlich wurde durch Versuche festgestellt, daB zwar in stark (1 : 1) schwefelsaurer Lijsung die Oxydation von Manganosalzen mit Perjodat verzogert wird - konzentrierte Perjod- saurelosung wirkte erst nach mehreren Viertelstunden oxydierend, verdiinnte selbst nach Tagen nicht -, dagegen konnte durch eine Aaflosung von frisch geftilltem Mangandioxydhydrat in Schwefel-

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Bildung von Perjodat bei der hhuirkurag von Perrnangalzat usw. 147

saure (1 : 1) keine, wenn auch nur geringe, Oxydation von Jodsaure erzielt werden. Dem Ablauf letzterer Reaktion scheint ein erheb- licher Widerstand entgegen zu stehen und es wird auch in stark schwefelsaurer Losung die Einwirkung von Permanganat auf Jodat praktisch nur zu 4 wertigem Mangan fiihren.

Besondere Beachtung erheischt noch die Reaktion zwischen Permanganat und Jodat bei hoherer Temperatur. Der Umfang der Umsetzung wird in der Hitze kaum erheblich sein. Denn wie H. H. WILLARD I) zeigte, la& sich Manganosalz beim Kochen mit Perjodat in schwefel- oder phosphorsaurer Lasung nach der Gleichung

2Mn" + 5 JO,' + 3H,O = 3Mn0,' + 5 JO,' + 6 H (9) zu Permanganat oxydieren. Diese Reaktion ist eine praktisch voll- standige und kann zur kolorimetrischen Bestimmung von Mangan verwertet werden. Die Angaben WILLARDS wurden nachgepruft und im allgemeinen bestatigt gefunden. a) Es gelang auch, Mangmdioxyd in Permanganat iiberzufiihren. Wenige mg des ersteren wurden in Schwefelsaure (1 : 1) gelijst, wobei sich unter Sauerstoffverlust zu- niichst ein vorherrschend blauviolett gerarbtes Gemisch von Mnr"- und Mn''-Salz bildete. Nun wurde bei Siedehitze l/*,, mol. Perjodat- losung zugetropft. Zunachst ging die blauviolette Farbe der Flussig- keit in die dunkelbraune von Mn'"-Salz uber, um schlieBlich der tief rotvioletten des Permanganats Platz zu machen. Das Spektrum der Losung zeigte jetzt die fur Permanganat charakteristischen Ab- sorptionsstreifen. Aus spektrophotometrischen Messungen ware auf den Umfang der Permanganatbildung zu schlieBen gewesen, doch konnte auch durch kolorimetrischen Vergleich der erhaltenen Lasung mit einer solchen von bekanntem Permanganatgehalt der SchluB gezogen werden , daS sich weitgehend Permanganat gebildet hatte.

Wie es zunachst scheint, hat man in Vorgang (9) einfach die Gegenreaktion von (8) vorliegen. 1 s t es schon von vornherein un- wahrscheinlich, daB ein Gleichgewicht besteht, welches derart von der Temperatur abhangig ist, daB schon verhaltnismaBig geringe

I) Jounz. Amerio. Chem. Soc. 39 (1917), 2366. Cemkbl. 89 (1918), 476. 4 Nur ist es nicht richtig, daS auch in Gegenwart von siruposer Phosphor-

saure sich Permanganat bildet. Die, bei ihrer Anwesenheit durch Oxydation ton Manganosale mit Perjodat erhaltene blauviolette Losung zeigte nicht dae fur Permanganat charalrteristische Absorptionsspektrum und enthielt uneweifel- haft nnr komplexes Manganiphosphat.

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Unterschiede derselben die Gleichgewichtslage weit verschieben konnen - bei Zimmertemperatur wihde dieses Gleichgewicht ganz auf der Seite des Perjodats, bei Siedehitze ganz auf der des Per- manganats liegen -, so zeigt die folgende Uberschlagsrechnung, daB hier kein einfaches Gleichgewicht vorliegen kann. Berechnet man die Gleichgewichtskonstante fur die Reaktion (8) aus dem Normal- potential fur den Vorgang (5) und aus dem fur den Vorgang

MnO,' + 8 H = Mn" + 4 q O + 5(9 ( , E ~ = + 1,52 Volt),';

so erhalt man RT -(J03')' * (If)' ~- In -___ 1,52 - 1,41 = - 10 F (2MW")B * (JOJ6

RT - 0,11 = --log k 4,343F

und fiir T eine Zimmertemperatur von 293 eingesetzt

- 0,11 = 0,0058 log k

log k = 0,03500 - 19 k a 1.08. 10-19

Tatsiichlich wird diese Konstante noch vie1 kleiner werden, wenn das Normalpotential fur den Vorgang (5) zu gr06 angenommen wurde. Man kenn nun weiter die W%rmetGnung W fiir die Reaktion (8) aus den Bildungswiirmena) berechnen:

- 2 0513 - 5 . 2 3 4 - 6-0 =: - 2 .210 - 5 . 1 9 5 - 3 . 2 8 5 + W W = 54 kj = 12906 cal.

In bekannter Weise ergibt sich nun die Gleichgewichtskonstante fiir 100, C bei unveriindert angenommener Wiirmetonung aus der integrierten Gleichung der Reaktionsisochore:

w 293 - 373 12906.80 log k - log k,,, = - * 4,512 2 9 3 . 3 7 c = - __- 4,572 * 293 - 373

log kl,, = 0,03500 - 19 + 2,066 log k,,, = 0,10100-17

k,,, = 1,26 * lo-''.

I ) Vgl. Nr. 8 der Abhandlung der D. B. G. (1915). 3 Die Bildungawhen aind OBTWALDU GrundriS 5. Aufl. (1917) entnommen.

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Bildung von Perjodat bei der Einwzrkung von Permangunat usw. 149

Diese Konstante fur looo C wird wegen der bei dieser Tem- peratur etwas geanderten Warmetiinung vom tatsachlichen Werte abweichen, doch wird sie aus dem gleichen Grunde wie die €ir Zimmertemperatur einen noch negativeren Potenzexponenten auf- weisen als der berechnete Wert. Dieser ist nun schon von einer OriiBenordnung, die erkennen laat, daB auch bei looo C das Gleich- gewicht praktisch noch ganz auf der Seite des Perjodats liegen muB derart, daB selbst ein groBer Uberschu0 des letzteren eine kaum merkliche Bildung von Permanganat veranlassen kiinnte. Setzt man umgekehrt die Gleichgewichtskonstante fur looo C moglichst gro6, etwa gleich 1 oder besser dem reziproken Wert der bei Zimmer- temperatur berechneten, wie es vielleicht dem tatsachlichen Verlauf der Reaktion bei Siedetemperatur eher entsprechen wurde, so erhalt man eine Wiirmetonung, die rund das 10 bzw. 2Ofache der aus den Bildungswarmen berechneten betragt. Nur bei einer sehr groBen Warmetiinung ware also eine weite Verschiebung der Gleichgewichtslage mit der Temperatur miiglich. Zu einem ahnlichen Ergebnis kommt man, wenn man die entsprechenden Rechnungen fur die Reaktion (1) durchfuhrt. Die berechneten Konstanten sind nur noch von niedrigerer GroBenordnung als die fur Reaktion (8).

Das MiBverhaltnis zwischen tatsachlich beobachtetem und wenn auch nur annahernd berechnetem Gleichgewicht bei Siedetemperatur fordert eine Erklarung. Nun ist es schon lange bekannt, daB man in waBrigen Losungen von Perjodslure nach liingerem Stehen Ozon nachweisen kana') Es ist darum wahrscheinlich, daB bei hoherer Temperatur Perjodsaure16sung in Gegenwart von Mangansalzen, die einen geeigneten Acceptor darstellen, mit betrachtlicher Geschwindig- keit intermediar Ozon entwickelt, der nun leicht die Oxydation der Mangansalze bis zu Permanganat bewirken kann, da er ein weit positiveres Potentiala) besitzt als dieses. Durch eine solche Auf- fassung des Reaktionsmechanismus wiirde die in der Hitze be- obachtete extreme Gleichgewichtslage bei Reaktion (1) und (8) ver- standlich gemacht, doch wird volle Klarheit erst eine genaue Kenntnis der in Betracht kommenden energetischen Verhaltnisse schaffen konnen.

l) RAIELSBEBO, Pogg. Ann. 134 (1868), 531; WALDEN, 2. phys. Chem. 2

a) tjber daa Potential dee 020~16 vgl. FOF,BSTEB, Elektrochemie wgflriger (1888), 65.

LBsungen, 3. A d . (1922), S. 207.

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Zum SchluB mag noch erwahnt werden, daS eine praktische Anwendung der Reaktion zwischen Permanganat und Jodat zu exakten analytischen Zwecken kaum moglich sein wird, wie nilher nicht erst begriindet zu werden braucht.

BPu9a9an, Laboratoriwm fiir anorganische, physikalisohe ulad ana- lytischs Chemie der Deutschela technischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 9. Juni 1923.