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Vorlesung 3 Psychosomatische Medizin Propädeuticum WS 2006 / 07 am Institut für Erziehungswissenschaften Uni Salzburg Alexandra Kostrba-Steinbrecher OÄ im SA für Psychosomatische Medizin der Universitätsklinik für Psychiatrie I Im St.Johanns-Spital

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Page 1: Vorlesung 3 Psychosomatische Medizin Propädeuticum WS 2006 / 07 am Institut für Erziehungswissenschaften Uni Salzburg Alexandra Kostrba-Steinbrecher OÄ

Vorlesung 3Psychosomatische Medizin

Propädeuticum WS 2006 / 07am Institut für

Erziehungswissenschaften Uni Salzburg

Alexandra Kostrba-SteinbrecherOÄ im SA für Psychosomatische Medizin

der Universitätsklinik für Psychiatrie IIm St.Johanns-Spital

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ICD-10 Somatoforme Störungen

F45.0 Somatisierungsstörung (multiple Beschwerden, jahrelang) F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung (eine Beschwerde, über 6 Monate) F45.2 hypochondrische Störung (primär ängstlich getönte Ursachenüberzeugung) F45.3 somatoforme autonome Funktionsstörung F45.4 anhaltende somatoforme Schmerzstörung F44.4-7 Konversionsstörungen F48 Neurasthenie ( Erschöpfung, gesteigerte

Erschöpfbarkeit)

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Beschreibungsdimensionen somatoformer Störungen Organisch nicht ausreichend erklärte

Körperbeschwerden Art und Festigkeit der

Ursachenüberzeugung Depressivität und Angst (komorbid, reaktiv,

Körperbeschwerden bei D&A) Krankheitsverhalten (quantitativ gesteigert,

qualitativ dysfunktional – „doctor-hopping,-shopping“, „hilflose Helfer“)

Physiologische Normabweichung, Störung der zentralen Körper(reiz)repräsentanz

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Ätiopathogenetische Konzepte somatoformer Störungen Komplexer multifaktorieller Prozess Zusammenwirken von

psychodynamischer, lerntheoretischer, familiendynamischer, systemischer, soziologischer, psychophysiologischer, neurobiologischer und genetischer Aspekte

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Somatoforme Störungen Störung der Affektwahrnehmung (erhöhte

psychophysiologische Erregung in Belastungssituationen – verminderter Affektausdruck)

Erhöhte physiologische Reaktionsbereitschaft und somatosensorische Amplifizierung (Fehlbewertung körperlicher Signale)

Biographische Vulnerabiltät ( Misshandlungen, Missbrauch, Vernachlässigung, chron. Erkrankungen in der Ursprungsfamilie)

Kortikale Plastizität (Engrammierung von Vorschäden)

Unsichere oder desorganisierte Bindungsmuster

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Somatoforme Störungen Äthiopathogenese:

Durch kindliche Belastungsfatoren erhöhte Vulnerabilität Aktuelle Auslöser der Schmerzstörung: Krankheit, Unfall,

Trauma, schwere psychosoziale Belastungen oder Konflikte Vulnerabilitätsfaktoren:

Biographische Belastungen, chron.KH in Ursprungsfamilie, Bindungsstörung, unreife Konfliktbewältigungsstrategien, Beeinträchtigung der Affektwahrnehmung (Schmerz als Äquivalent für Angst, Scham, Depression), erhöhte physiologische Reaktionsbereitschaft ( Umsetzung von Stress in körperliche Spannungszustände), somatosensorische Amplifizierung ( Fehldeutung psychophysiologischer Reaktionen)

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Somatoforme Störungen Somatische Beschwerdeattribution:

Kognitive Fehlbewertung und dysfunktionale Konfliktbewältigungsstrategien, überkompensatorische Selbstüberforderung bei Abwehr von Gefühlen (z.B.der Leere und des Verlustes einer Rolle)

Belastungen der Arzt-Patient-Interaktion, iatrogene Chronifizierung, sekundärer Krankheitsgewinn - Symptomaufrechterhaltung

unrealistischer Gesundheitsbegriff, geringe Beschwerde- und Frustrationstoleranz übertriebene Erwartungen an medizinische

Behandlungen

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Somatoforme Störungen

Komorbidität: Depression Angststörungen und Panikattacken Persönlichkeitsstörungen Posttraumatische Belastungsstörung Artifizielle störungen

(selbstschädigendes Verhalten)

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Therapie der somatoformen Störungen Primärmedizinische Versorgung:

Sicherung der Diagnose Begrenzte Interventionen zur

Erweiterung des Krankheitskonzeptes Motivation für psychotherapeutische

Behandlung

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Behandlungsschritte in der Primärmedizin 1

Erfragen der Krankheitsvorstellung, Beachtung der organischen Ursachenattribution

Beachtung nicht ausdrücklich geäußerter Behandlungsanliegen

Erfassung des Behandlungsauftrages Erhebung psychosozialer Auslöser unter Beachtung

der organischen Krankheitsattribution Erfassung psychischer Komorbidität Aufklärung und Information über das Krankheitsbild, bio-psycho-soziales Entstehungsmodell verständlich

machen (Aufklärung ist meist schwierigste Klippe im Behandlungsverlauf)

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Behandlungsschritte in der Primärmedizin 2

Kritische Bewertung von somatischen Bagatell- und Zufallsbefunden

Erstellung und Absprache eines gestuften Behandlungsplanes,Casemenagement

Nichtbeschwerdekontingente Terminvereinbarung Wiederholte Gesprächstermine (Arzt-Pat.Beziehung) Sukzessive Erweiterung der organischen

Krankheitsattribution durch Verknüpfung der körperlichen Beschwerden mit der lebensgeschichtlichen Entwicklung und der aktuellen Auslöserbedingungen

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Behandlungsschritte in der Primärmedizin 3

Beachtung der möglicherweise eingetretenen sozialen Chronifizierung

(drohende Erwerbsunfähigkeit, Arbeits- und Berugsunfähigkeit)

Medikamentöse Behandlung, incl. Psychopharmaka

Übende Behandlungsmaßnahmen (z.B. Physiotherapie, Atemtherapie)

Symptomatische, nicht invasive Behandlungsmaßnahmen (z.B. physikalische Therapie, Akupunktur)

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Kriterien der Überweisung in ambulante Psychotherapie Keine Besserung der Beschwerden über einen

Zeitraum von 3 Monaten Krankschreibung von mehr als 4 Wochen Psychische Komorbidität (z.B. Angsttörung,

Persönlichkeitsstörungen Hinweise auf schwere biographische

Belastungsfaktorenfrühkindliche Traumatisierung Erhebliche psychosoziale Chronifizierungsrisiken Psychotherapeutischer Behandlungswunsch des

Patienten Gesamtbehandlungsplan (multimodales

Behandlungskonzept) und Casemanagement

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Funktionelle Störungen des Verdauungstraktes

Anhaltende Verdauungsstörungen und Schmerzen im Magen- und Darmbereich

Keine ausreichende organische (z.B. entzündliche) Erklärung Im oberen Gastrointestinaltrakt:

Magendruck, Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Psychogene Aerophagie, Singultus, Dyspepsie, Pylorospasmus,

Im unteren Gastrointestinaltrakt: Psychogene Flatulenz, Colon irritabile, psychogene Diarrhö,

Obstipation Zusätzlich Symptome vegetativer Stimulation:

Herzklopfen, Schwitzen, Hitzewallungen Anhaltende auf den GI bezogene organische

Ursachenüberzeugung

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Nicht-ulzeröse Dyspepsie Schmerzen uns Unwohlsein im

oberen Abdomen/Epigastrium ohne Organpathologie

Keine Refluxösophagitis, keine Sphinkterinsuffizinenz

Selten Nahrungsmittelallergie, Laktoseinoleranz

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Reizdarmsyndrom Bauchschmerzen, die sich nach Stuhlgang bessern und

deren Beginn assoziiert ist mit einem

Wechsel der Stuhlfrequenz Keine aktuelle entzündliche,

organische Erkrankung (ev. früher) 30% kindlicher Missbrauch in

Anamnese

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Funktionelle Störungen des kardiovaskulären Systems Anhaltende Schmerzen im Brustkorb,

Druck in/ auf der Brust, Herzschmerz, Herzstolpern- oder rasen Schwindel, Wird als Ausdruck einer Herzerkrankung

erlebtohne organischer Ursache

Herzneurose, Da-Costa-Syndrom Non-cardiac-chest pain

DD: Panikstörung, Phobien, Refluxkrankheit

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Funktionelle Störungen des Urogenitaltraktes

Störungen der Miktion Psychogenes Harnverhalten, Miktionshäufigkeitssteigerung

( psychogene Reizblase), psychogene Harninkontinenz Häufig mit Angststörung, neurot.Störungen

im Hintergrund, sek.Vermeidungsverhalten bis zur soz.Isolation und Rückzug

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Funktionelle Störungen des Urogenitaltraktes Schmerzsyndrome

Beckenbodenmyalgie (Spannungs- und Druckgefühl, Schmerzen),

Pelvipathie (bei Frauen zyklusunabhängig), Urethralsyndrom(krampfartig brennende oder

pochende Schmerzen, von der Miktion unabhängig)

Ursachen: fortgeleitete myofasziale Schmerzen, häufig bei sex.Konflikten, Störungen in der sex. Entwicklung od. Funktion, Partnerschaftskonflikte, oder Persönlichkeitsstörungen

Sexuelle Funktionsstörungen

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Somatoforme Schmerzstörungen Schmerzzustände bestehen längere Zeit

andauernder, schwerer und quälender Schmerz, oft lokalisationskonstant, durch Bewegung wenig modulierbar

Tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf

Keine ausreichende organische Begründung Organische Ursachenüberzeugung

Häufig Mischbilder, bei denen auch periphere Prozesse (z.B. Muskulär Verspannungen) und Schmerzzentralisierung eine Rolle spielen

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Somatoforme Schmerzstörung

DD: Somatisierungsstörung – Schmerzen im zeitlichen Verlauf fluktuierend, wechselnde Lokalisation,in unterschiedliche Körperregionen und Organsystemen, oft kombiniert mit Sensibilitätsstörungen, sex.Funktionsstörungen, Schmerzen nur Teilsymptom

DD: somatoforme autonome Funktionsstörung können auch mit Schmerzen einhergehen, z.B. Colon

irritabile, Dysfunktionen der vegetativ innervierten Organe stehen im Mittelpunkt, Schmerz als Folge der Funktionsstörung DD: Depression mit Somatisierung - und den

damit verbundenen Schmerzsymptomen

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Somatoforme Schmerzstörung

Diagnostik: Ausschluß körperlicher Erkrankungen Anamnese des Schmerzcharakters und der

Schmerzmodulation Anamnese der bisherigen Behandlungsversuche Erhebung der schmerzmodulierenden Faktoren Biographische Anamnese der kindlichen

Belastungsfaktoren (Gewalt, Missbrauch, Deprivation…)

Sozialanamnese zur Abschätzung der Krankheitsfolgen und sozialer Chronifizierungsprozesse

Medikamentenanamnese

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Somatoforme Schmerzstörung Ziel der Behandlung /

Psychotherapie: Linderung der Schmerzsymptomatik Besserung der Komorbidität Erarbeitung eines psychosozialen

Konfliktverständnisses Verbesserung der Schmerzbewältigung Verbesserung der Affektwahrnehmung

und der Affektdifferenzierung und Affektausdrucks

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Psychokardiologie Ätiologie und Pathogenese:

Kardiovaskuläre Kranlheitsbilder mit relevanter psychosozialer Mitbeteiligung

Arterieller Hypertonus , hypertensive Herzerkrankung

KHK, Angina pectoris, Myokardinfarkt Tachykarde supraventrikuläre und ventrikuläre

Rhythmusstörungen Chron. Herzinsuffizienz

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Psychokardiologie Beteiligte langfristig wirksame Kausalfaktoren

Niedriger sozioökonomischer Status, chronische negative Affekte ( Depressivität,

Feindseligkeit) Mangelnde soziale Unterstützung Chron. Berufsstress ( Imbalance von

Anforderungen und Kontrollierbarkeit der Arbeitssituation, von Aufwand und Gegenleistung)

Chron.Stress in Partnerschaft und Familie ( z.B. Ko-Abhängigkeit )

Gesundheitsschädliches Verhalten - Lebensstil

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Psychokardiologie Beteiligte kurzfristig wirksame psychosoziale

Prodromal- bzw. Auslösefaktoren: Vitale Erschöpfung Akute Stressbelastung Akuter ÄrgerIm Hintergrund biographischer Persönlichkeitszüge,

genetischer Faktoren und Umweltfaktoren Typische verhaltensbedingte Mediatoren:

Nikotinkonsum, Fehlernährung als maladaptive Stressbewältigungsmechanismen

Krankheitsverleugnung, Bagatellisierung früher Warnsymptome

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Psychokardiologie Typische psychophysiologische Mediatoren

Arterielle Hypertonus als Affektkorrelat Imbalance autonomer kadiovaskulärer Steuerung (Herzfrequenzvariabilität) Gestörte Vasodilatation Erhöhte plasmatische und thrombozytäre

Gerinnungsneigung Erhöhte Entzündungsaktivität Durch emotionalen Stress ausgelöste Ischämie- und

Arrhythmie

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Psychokardiologie Relevante psychosoziale Folgen

kardiovaskulärer Erkrankungen: Depressive Syndrome Angststörungen Posttraumatische

Belastungsstörungen Sexuelle und somatoforme

Funktionsstörungen

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Psychokardiologie Ätiologische Faktoren bei psychischer

Komorbidität Herzkranker: Störung der Krankheitsbewältigung durch

überwältigende traumatische Krankheitsehrfahrung (Vernichtungsschmerz, Reanimation, Defibrillator-Schock,..)

Zusammenbruch der mühsamen Kompensation einer Konfliktdynamik bei z.B.übertriebener Leistungsanforderung durch erlebte oder phantasierte Schwäche oder soziale Rollenveränderung

Pharmakogene Effekte

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Psychokardiologie Diagnostik:

Kardiologische Diagnostik Screening von Risikofaktoren,

psychosozialer Faktoren, Angst und Depression, Sexualstörungen (sehr häufig)

Selbstbeurteilungsfragebogen Außenanamnese mit Lebenspartner

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Psychokardiologie Psychosoziale Therapie:

Psychoedukation Stressbewältigungstraining

AT, Jakobsonsches ET(progress.Muskelentsp.),Biofeedback, Verhaltensmodifikation

Förderung der Krankheitsverarbeitung Therapie psychischer Störungen,

maladaptiver Erlebens- und Verhaltensmuster (Typ-A,-D)

Medikamentöse Therapie

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Psychosomatik in der Pulmologie

Atemnot /Dyspnoe Hyperventilation Asthma bronchiale COPD VCD (Vocal cord dysfunction)

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Atmung als Narrativum Das nimmt die Luft weg... sich wieder Luft verschaffen... Jemandem etwas husten... Die Luft ist geladen... Da stockt einem der Atem, vor Schreck den Atem anhalten, Etwas schnürt die Kehle zu... Vor Wut schnauben, Dampf ablassen, dem Ärger Luft

geben... Den längeren Atem haben... An den Sorgen ersticken.... Bis zum letzten Atemzug kämpfen.... Kurzatmig – langatmig – atemlos sein

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Atmung und Sprache Stimme durch Atemluft gebildet Sprechen ist tönendes Ausatmen Lautäußerungen: Stöhnen,

Schluchzen, Keuchen, Seufzen, Zischen

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Chinesische Medizin Lungenfunktionskreis

Hauptfunktion: Qi zu regieren (Qi-Mangel ist das wichtigste Leere-muster der Lunge), Kontrolle des Abwehr-Qi (Wind, Kälte, Hitze, Trockenheit)

Zugeordnete Emotion: Traurigkeit und Sorge

(Traurigkeit kann Qi-Mangel, Sorge Qi-Stagnation bewirken)

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Atmung Regulation über vegetatives

Nervensystem, zentrales Atemzentrum und Rezeptoren in der Peripherie, die 0² und Säure/Basen-Werte rückmelden

Wechselwirkung mit der Herzfrequenz (Puls-Atemquotient), Schlaf-Wachregulation Gefühlen und psychischer Befindlichkeit, Schmerzen Körperempfindungen

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Luft- oder Atemnot gehört zu den häufigsten Beschwerden überhaupt.

Sie wird als sehr bedrohlich empfunden und löst Angstgefühle aus.

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Dyspnoe Atemnot gehört - wie der Schmerz - zu den elementaren Empfindungen des Menschen. Atemnot ist immer subjektiv. Es handelt sich dabei um das Missempfinden einer erschwerten Atmung eines einzelnen Menschen. Atemnot ist ein subjektives Gefühl, es kann nur erfragt, aber nicht objektiv gemessen werden.

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Mögliche Ursachen von Atemnot:

Atemwege:Asthma bronchiale (allergisch, Anstrengungsasthma), Bronchitis,

COPD, gutartige und bösartige Tumore, Umweltbedingte Entzündungen Lungengewebe:

bakterielle und virale Pneumonien, Tuberkulose, Lungenfibrosen (z.B. die sog. Staublunge), Lungenemphysem, Höhenkrankheit

Lungengefäße:Lungenembolie

Rippenfell:Entzündungen und Vernarbungen, Pneumothorax

Brustkorb:Kyphoskoliose, Morbus Bechterew, extremes Übergewicht

Herz:Leistungsminderung des Herzmuskels nach Herzinfarkt, bei Hochdruck, Herzklappenfehlern, Rhythmusstörungen

Psyche:Hyperventilationssyndrom (Hyperventilation) bei Angst, Schmerz oder Stress.

© Merck Pharma GmbH, Darmstadt, Deutschland

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Psychosomatisch relevante Atemstörungen Funktionelle Atemstörungen:

Hyperventilation Psychogener Husten

Organisch fundierte Störungen: Asthma bronchiale COPD VCD Bronchus-Carcinom

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Hyperventilation Beschleunigte und vertiefte Atmung Zuviel 0² ein, zuwenig C0² aus, Herzrasen, Hyperventilationstetanie (Ca ) Auslöser: 95% psychogen: Angst, Panik, Stress, Symptome: Atemnot, Druck in der Brust, Herzrasen,

Brustschmerzen, Kribbeln, Sensibilitätsstörungen, Zittern der Hände, Füße, Beine, Verkrampfungen der Hände (Pfötchen), Druck im Kopf, Bauchbeschwerden, Luftschlucken, Übelkeit, Schwindel, Benommenheit, Pupillenerweiterung, Sehstörung, Angst vor Ohnmacht, Todesangst, Erstickungsgefühl

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Asthma bronchiale Im Intervall völlig beschwerdefrei Ursachen: ¼ allergisch, 1/3 infektiös,, 1/3

psychogen, sonst: hormonelle, wetterbedingte Einflüsse

psychophysiologisch: Bronchospasmus, erhöhte Sekretion, Zwerchfellspasmus

Psychodynamik: ev. Konflikte um das Weinen, Impulsregulation zur Sicherung der mütterlichen Zuwendung, Ich-Ideal/Über-Ich, Aufforderungscharakter in Richtung feindlich-aggressiv / zärtlich-hingebungsvoll, oft egozentrische Tendenz, Trennungsängste, Aggressionsvermeidung

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Asthma bronchiale Verengung der Bronchien Gesteigerte Sekretion Erhöhte Atemfrequenz Verlängerte Ausatmung Gefühl der Atemnot Führt oft zu Angst- und

Panikattacken

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit

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