der lebensprocess im thiere, und die atmosphäre

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Liebig, der Lebcitsprocefs b Thiere, urid die Atmosphiire. 183 Specifiiches Gewiclit und Sicdepunkt sind nicht die einzigen phy5kalischen Eigenschanen , welche dcm allgemcinen Gesetzc fdgen, dessen Form ich oben, Seite 170, aufstellte. - Analoge Verbindungen hi-iben, bei gieichweit von den Siedepunkten ab- stehenden Tempenturen, stets dieselbe Did erenz der specibcheit Volume; also gehort auch die Ausdehnnng dnrch die Whe zu den Eigenschaften , wo genaue Beobachturigen an wenigen Kor- pern sichre Schlusse auf viele andre damit analogc gestatten. Zu zeigen, inwiekrn nocli andrc Eigenschaltcn aiiaioger Verbindungen ebenfalls Regelmafsigkeit zeigen, miige spiiter fol- geiiden Ahhandlungcn vorbehaltcn bleiben. Der Lebensprocefs im Thiere, iind die A tmosphhre ; von Justus Liehig. Int vorigen Jahre ersrhien gieichzcitig in Paris iind in Jhunscliwcig, meine Schrih ,,die O p n i s c h e Cliemie in iltrer Annwentliinq auf Agricultur,'' in der ich die Nahrungsmittel und den Ernihrungsprocck der Vegetabilien, nach dent gegenwsrtigen Standpunkte der Cbcmie, besprochen habe ; ich bin glkklich genug gewesen, die Wahrheit meiner entwickelten Ansichten yon einem der ersten und arisgezeichnetsbn franz6sischm Chemiker anerkannt zu seben. der sie beim Schlut seines Cursus zum Gegenstand eincr besonde- ren Yorlesung wiihlte. Sein Vortrag erilchien, wohlausgearbeitet und seinein ganzen Urnfang nach; zuent in demFeuilleton des Journal des Debats und wurde spster in einer besonderen , sebr elegant gedruckten, Broschiire in den Buchhandel gebracht. In dieser Broschim ist natiirlich nicht enviihnt, dars ich oder ein anderer eich jenials mit dicsem Gcgenstande beschgftigt hat, denn Citaate sind in einem Vortrage i~ngewbbnlich und ich bin da- durch in Gefahr gekoinnien, das Eigentliumsrecht auf meino Amichten zu verlicren. Jetlcnfalls ist es bemerkenswerth, dafs nach sechszch - odw achtlehnjjlhrigem Wirken ah Lebrer , zukllig zum erstcnnial, eiir halbes

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Page 1: Der Lebensprocess im Thiere, und die Atmosphäre

Lieb ig , der Lebcitsprocefs b Thiere, urid die Atmosphiire. 183

Specifiiches Gewiclit und Sicdepunkt sind nicht die einzigen phy5kalischen Eigenschanen , welche dcm allgemcinen Gesetzc fdgen, dessen Form ich oben, Seite 170, aufstellte. - Analoge Verbindungen hi-iben, bei gieichweit von den Siedepunkten ab- stehenden Tempenturen, stets dieselbe Did erenz der specibcheit Volume; also gehort auch die Ausdehnnng dnrch die W h e zu den Eigenschaften , wo genaue Beobachturigen an wenigen Kor- pern sichre Schlusse auf viele andre damit analogc gestatten.

Zu zeigen, inwiekrn nocli andrc Eigenschaltcn aiiaioger Verbindungen ebenfalls Regelmafsigkeit zeigen, miige spiiter fol- geiiden Ahhandlungcn vorbehaltcn bleiben.

Der Lebensprocefs im Thiere, iind die A tmosphhre ;

von Justus Liehig.

Int vorigen Jahre ersrhien gieichzcitig in Paris iind in Jhunscliwcig, meine Schrih ,,die Opnische Cliemie in iltrer Annwentliinq auf Agricultur,'' in der ich die Nahrungsmittel und den Ernihrungsprocck der Vegetabilien, nach dent gegenwsrtigen Standpunkte der Cbcmie, besprochen habe ; ich bin glkklich genug gewesen, die Wahrheit meiner entwickelten Ansichten yon einem der ersten und arisgezeichnetsbn franz6sischm Chemiker anerkannt zu seben. der sie beim Schlut seines Cursus zum Gegenstand eincr besonde- ren Yorlesung wiihlte. Sein Vortrag erilchien, wohlausgearbeitet und seinein ganzen Urnfang nach; zuent in demFeuilleton des Journal des Debats und wurde spster in einer besonderen , sebr elegant gedruckten, Broschiire in den Buchhandel gebracht. In dieser Broschim ist natiirlich nicht enviihnt, dars ich oder ein anderer eich jenials mit dicsem Gcgenstande beschgftigt hat, denn Citaate sind in einem Vortrage i~ngewbbnlich und ich bin da- durch in Gefahr gekoinnien, das Eigentliumsrecht auf meino Amichten zu

verlicren. Jetlcnfalls ist es bemerkenswerth, dafs nach sechszch - odw achtlehnjjlhrigem Wirken a h Lebrer , zukllig zum erstcnnial, eiir halbes

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i!lO Lieb ig , rier Lc1)ennSprocers im Thiere, und die Abnosphiire.

Jahr nach dem Ersclieinen meincs Buchcs, der J,ebcnsprocefs der Pflanza cineti Platx in dvn Vorlesuagm diesea hnihmtcn Chcmikers erhielt und p e w i t wird diels filr dic Yerhreitung der von mir entwickelten Wahrlieiten, die ilbrigeiis in der getlnrhteri Yorleoung kiiastlich mit absichtlichen 1- thitniern vernebt sind, nicht olinc Nutzen seyn. In der frana&iscben Aus- gahe ineines Buchs habc ich in der Vorredc erwShnt, dafs ich im Begriff stelic, ein aliiiliches M’erk iiber Thicrphysiologic erschcinen zu lassen, Dber welche ich im Winterscmcster i8**/,, eine Vorlesung gehdlcu habe. Die Sut~stanz dieses Yortrans lint sich durch tneine Zuhdrrr an vide Orie hin rrrbrrilct untl utii der C’uannehinlichkeit , an rnir selbst , in ineinen eigncn Utttersuchun,~en Zuni I’lagiarius zu werdeu, zn begegoen, bin ich gendthigt, nnstntt das Burh mit der crforderlkhen Ruhe xu vollenden, einen Theil seines lnhalts in dicscr Zeitschrift niitzutheilcn und zwar in der Form von a1)gekifrzten AbLandlungen, ohhe alle Ckak und Analysen.

In dcm Tliicrc, in dem Sanien cincr Pflanze erkenncn wir einc mcrkwhrdige Thitigkeit , eino Ursachc der ZuiiaLme an

Blassc, des Ersatzes an verbraiichtcm Stoff, einc Kratt in dem Zustandr dcr Ruhe. Durch iiufsere Bcdingungen, durcli die Be- gattung, durcli Gegenwart von Fcuchtigkeit und Lutt wird das statische Moment dieser Tlitigkeit aufgehobcn; die in Bcwegung fibcrgehende Kran ciufsert sich in einer Reihe von Formbildun- gen, wekhe, wenn auch zuweilen dwch grade Linicn einge- schlossen, doch wcit entfkrnt von geomdrischcn Gestalten sin4 so wie wir sic beim krystailisirenden Minerale bcobachtcn. Diesc KraR heifsst Lebmk+.

Die Zunahme an Masse in einer Pflanze, wird durch den Akt einer Zerscbung bedingt, die in gewissen Pflanzeiitlieilen dureh die Eimvirkung des LicMs und der Warme vor sich gelit.

Dicscr Zersetzung untcrliegen in dem Lebcnsprocefs der Pflanzc aussclilicfslich nur anorganischc Malcrien, und wenn man mit ausqrezc.ictinctcn Mincralogen, die Luft mid gewisse andcre Gase, fils Jlineralicn gcllcti lal’st, so kann tnaii sngm, dafs dic vege- tative Lcbcnstfiatigheit die Yernandlung dcs Minerab in einen

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Lieb ig , der Leherupmeefs un Thiere, und die Ati~wsphilre. 191

mi! Labm begabten Organismus bewirkt , das Mincral wird Theil eines Trigers der Lcltensl\raft.

Die Zunahme an Masse in einer Iebenden P!lanze setzt voraus, dafs gewisse Bestandthcile der Naimng, zu Bemdthei- len des Pflamenk6rpers werden, imd eine Yergleichung der cheniisclien Zusarnrnensetzuq yon beiden, zeigt mit unzweifclhaf- tm Gcwifsheit, melche von den Bestadthelen der &ahrung nus- getreten, welchc assimilirt worden sind.

Die Beobachtungen der Pflaimcnphysiologcn und dic Unter- siicliungen der Chemikcr, sic haben gcgenscitig dazu gedient, urn den Reweis m fihrcn, dafs das \Yachsthm rnid die Ent- \rickelmng rter Pflanzc, abhingig s i d von eincr Anscheitlung yon Sauerstoff, dcr sich von den Rcstandtlieilcn ihrer Nalirurigsmittel Irennt.

Ini gradcn Gegensatz zu dern I’llnnzeniebcn iiufsert sich das Tliierleben in einer nic aufhoreuden Einsaugrmg und Verbintlung des Smerstdfs der LuR mit gewissen Bejtandtbeileii des Thier- kiirpers.

Wiihrcnd kein Theii eiries myanisehen Wescns mr Nahrung eincr Pflanzc dienen karm, wmn cr nicht vorhcr , in Folge von Fhhiifs und Venvesungsprocessen, tlic Form cines anorpnischen Kiiq)crs angciiornmai hat, bcdnrf der thierische Organismus zu seincr Erhaitung und Enlwicliciung hiilier oqanisirter Atom. Dia 3ahrungsmittel alkx Thicrc, sind unter allen Urnstanden Theile von Organismen.

Durch ihrc Fihig-keit, den Or! m wechseln tmd im A l b - meincn dureh dic Sinne unterschcidet sich das Thier von der Pllanzc.

Alle diese Thiitig-keitcri gehen yon gewissen Werkzeqcii aub; dic in der Pfluiize liihlcn. Die vcrgleichendc Aiiatorriit: zeiqh dafs dic Bewegungs- und Gefiildsiiufserungvn yon gewisseii Ap- paraten abliangig sind, die niikinander in keincni andcn Zu-

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192 L i e b i g , dcr Lebensproct$s im Thieve, wid die Atmosphare.

sammenhange stchon, als dafs sie sich in eincm gemeinschafilichen Centnun vereinigen. Die Substanz des Ruckenmds, der Nerven, tier Gchirnmaterie sind in ihrer Zusammensetzury und i h e m chernischen Vcrhalten wesentlich von der Subslanz der ZeUen, Rleinbrancn ~ Jluskeln und der Haut verscliieden.

AIlcs wi~s im Thierorgunismus Baocgung genannt werden kann, geht von den Nervenapparaten am. Die Rewegungs- ersclieitiungen in den Pflnnzen , die Saltcirculation dic nian in nianchen Chttren heobachtet hat, das Schliefsen der Bluthen und Blitter , hdngt yon physikalischen urid nicchanischen Ursachen ab. Eine Pflanze enthalt keine Nerven. Wirme und Licht sind die entfmnteren Ursachen der Bewegungen in Pflanzen, in den Thieren erkennen wir in den Nervenapparaten eine Quelle yon EraTt, die sich in jedeni Zeitmomente ihres Lebens wieder zu eriieiicrn wrmag.

Aehnlich wie die Assimilation der Nahrungsmittel in den Pflanzen, ihr ganzer Bildungspmcefs, abhfingig ist, yon gewissen iiufssaren Grsachen, welche die Bewegungen vermitteln, ist die Entwickclung des ‘I‘hierorganismus, biy zu einem gewissen Grade unabhdngig yo11 diesen aufsern Ursachen, ebep weil er in sich selbst durch ein besonderes System von Apparaten, die zu dem Lebensprocefs unentbehrliche Kraft der Bewqung eneugt.

Der Bildimgsprocefs die Assimilation, der U e b e r p n g des in Bewegung belindlichen Stoffs in den Zustand der Rulie, gehl bei Pflanzen urrd Thieren in einerlei Weise vor sich, es ist die nfmliche Ursaclie, die in beiden die Zunahme an Masse bedingt, es ist diefs das cigentliche vegetative Leben, es lufsert sich ohne Bewufslscyn.

In dcr P&mze giebt sich dic vegetative Lebenslhltigkeit nnter Nilwirkuiig yon aufseren Kriften, in Thieren durch Thl- tigkciten kuiid, dit. sich in i l rem Organismus crzeugcn. Die Verdaumig; clcr UlutuinhJ, die Absondermg der Sifte, sie steben

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Lie b ig , der L e b q m c e f s im Thiae, und die Atmosphxire. i 93

jedenfalls unter der Herrscliaft des Nervensystems, allein cs ist ein und dieselbe Krafi, welche dem Keim, dern Watt, der Wur- zelftlser die nanilichen wunderbaren Eigenschaften giebt, welclie die secernirende Haut, die Dnise besiken, welche jedes Organ im Thier hefahigt, seinen eigenen Funktionen vorzustehen ; nur die Ursacheri der Bewegungen sind in beiden verschieden.

Willrend wir in den niedrigsten Thierklassen die Appante der Beweyng, wie im befrucht,eten Keim des Thierei’s, in dem sie sich zu allererst enhvickeln, nie vermissen, finden wir in h6heren Thierklassen besondere Apparate des Gefillls und Em- pfidens, des Bewufstseyns und des hijheren geistigen Lebens.

Der Patholog zeigt uns, dafs das eigentlich vegetative Leben , keineswegs an das Vorbandenseyn dieser Apparate geknupfi ist, dafs der Nutritionsprocefs in den Theilen des Iiiir- pers, wo die Nerven gelahmt sind, welche das Gefihl oder die willkiihrlichen Bewegungen vermitteln, in der nimlichen Form yor sich geht, als wie in andern, in denen sie sich in norrnalem Zustande befinden, so wie auf der andern Seite die kraigste Energie des Willens, auf die Zusammenziehung des Herzens, auf die Bewegung der Eingeweide und die Secretionsprocesse keinen Einlluls auszuiibcn vermag.

Die Erscheinrmgen des hbheren geistigen Lebens, sie kdn- nen auf dern gegenmirtigen Standpunkt der JVissenschaft, niclit wf ihre nlchsten, vie1 weniger auf ihre letzten Ursachen zurtck- gefrihrt werden, wir wissen weiter nichts davon, als dafs sic vorhenden sind; wir schreiben sie eincr immateriellen Thatigkeit zu, und zwar insofern ihre Aetfserungen an die Materie sich gebunden finden, einer Kraft , welche durchaus verschieden ist und nichts gemein hat rnit der Lebenskraft.

Dime eigenthiimliche Kraft iibt, wie nicht geleugnet werden kann, einen gewissen Einflufs auf die vegetative Lebensthdtigkeit aus, ahnlich wie die& von andern immateriellen Potenzen, von

Annal. d. ChemIe u. Pharm. =I. Bds. 2. Heft. 13

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194 L i e b i g , der LebPnsprocefs inz 7Km, utd die dh~rotphiiru.

Licht, Electrieitiit, Wdrme untl Blnpetismiis gescbicht. nllcin dic- ser Eirtnufs ist nicht hcdiogender Art, soiidern cr islTsert sidi nur als eine Beschleunigung, Starung oder Verlangsainung dcr vegetativen Lebensprocesse; aid eine ganz iihnliche TVeise iibt die vegetative Lebensthatigkeit ntckwiirts gcwisse Wirkungen a d das bewdste geistiqc Lcben aus.

Es sind zwei Krak , die sich nebeneiiiandcr in Aktion be- finden, allcin Rewufstseyn U R ~ Geist, sic fchlen im Thiere und der lebeiidigcn Pflanze, ohne da5 wir in diesen etwas anderes vermissen , ais den Mange1 einer bcsondereri Lhaclic der Steigerung oder Starung; abgesehen davon, gehea die vitalchemischen Processe im Menschen und Thiere auf einerlei WeLe vor sich.

Das unaufh6rlicli sicli erncuerndc Strcbm, die Bcziehuqcn der Psyche zu dem animnlischen Lcben ermittcln zu wollen, hat von jeher diu Fortschrittc: der Physiolqie aufgehaltcn, e~ war ein besttinitiges Ikranstreten BUS dem Gcbiete der Naturforschung in das Reich der phantestischcn aebilde; denn die hgeisterten Physiologen, sie waren weit davon entfernt , die Gesetze des rein tbierischeo Lebens zu kcnnen. Keiner von ihnen hattc cine Hare Yorstellung uber den Entwicklungs- iind Emahrungsprocefb kciner yon der wahren Ursache des Todes. Sie erklirten die verborgensten psycliischen Fhcheinungen und waren rliclit iiii

Stande zu w e n , was Fieber ist und in welcher Weise das Chinin wirkt!

Urn die Gesetze der Bewegungen imThierkiiiper zu emit- tdih war nur die eine Bedingung, die Kcnntnif6 der Apparate erfotscht, welche die Bewegungeii verniitbln, aber die Substanz der Organe, die Veriindcrungen, wdche die Nahrungsmittel h lebenden Biirper erfahren, ihr Uebergarig zu Bestandtbeilen der Organe und riickwiirts wieder in lcblose Verbindungan, der All- theil, den die Atmosphiire an den Lebensprocessen n i m t , alle

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I, ie b ig , der Lebenspmcefx ha Thiere, und die Ahosphiir~. 1.95

diesc Grimdlagcn zu weiteren Schliissen waren noch niclit ge- gcbcn.

Was hat die I’syclic, was hat Bewufstseyn und Geist niit der Entwickelung des nienschlichen Foetus, mit der des Foe- tus ini Hiifinerei zu schaffcn? gcwifs nicht inehr als sie An- theil ninirnt, an der Entwickelung des Samens eincr Pflanze! Srichcn wir vor clcr k n d dic rlicht psychisclicn Erscheinungen auf ilirc letzten Ursachen zurtickzufiihren und hdten wir uns vor 5chliissen, ehe wir einc Grundlage haben. Wir kcnnen genau den Mcchanismus des Auges, allein weder die Anatomic noch Clicvic wird uns jcmals Aufschlufs geben, wie der 1,ichtstraIil zcm Bewufstscyn gelangt. Die Ndturforschung hat eiiie hestimmte Griinze, die sic nicht iiberschreiten darf, sie mufs sic11 stcts

daran eriniiern, dafs mit allen Entdeckunpen nicht in Erfi~hr~ng gebracht werden kann, was Licht , Elektricitiit und Magnetismus f i i Dinge sind, eben weil der mcnschliclie Geist nur Vorstellun- gen hat ftir Dinge, welche BIaterialitit besitzcn. Wir kiinnen aber die Gescbe ihres Zustands der Rulie und der Bewegwg erforschen, eben weil sie sich in Erscheinunpcn iidsern- SO kiinnen zwcifcllos die Gesctzc dcs Lebens und alles was sie stijrt, bcfijrdert oder tindert, erforscht werden, ohne d a k inan jcinals wissen wird, was das Lebcn ist; so fuhrtc die Erforschung der Gesetze des Falles und der Bewegung der Himmelsk6rpcr ~ u r f eine vorher nie gedac4.o Vorstellung uber ihre Ursache. Die= Yorstellrrng konnto in h e r lilarheit nicht entstehen, ohnc die lienntnirs der Erscheinungen, aiis denen sie sich enhvickeltc; an und fur sich ist ja die Schwerkraft, wie das Licht fur eincn Biindgeborncn , ein blofses Wort.

Die neue Wissewllaft der Physiologie hat die Methode des Aristoteles verlasscn, sic: erfiiidet kcinen horror vitcui, keine Quiiih essentia mehr, u n den glaubigen Zuhiircrn Aufschliissc und Erklaruugen von Erscbinungcn zu geben, deren cigcntlicher Vcrbaitd init andern, dcrcn letiite IJrsache nicht erniiltelt ist, ZWI

iR *

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196 L i e b i g , der Lebenspmcefs im Tlricre, unil die Ahwspharr.

Heil der Wissenschaft, mufs man hinzlisetzcn, und zum Segen fir die Menschhcit.

Wenn wir festlialten, dafs alle Erscheinungen in dein Or- ganismus der Pflanzcn udd des Thieres einer gan~ eigenthiimlichen Ursache zugeschrieben wer&n massen, welche in ihren Aeufsc- ruilgen durchaus Yerschieden ist, yon allen andern Ursachen, die Zustandsanderungen oder Bcwepngen bedingen, WCM wir die Lebenskraft also gelten lassen f f i eine Wr sich bestehendc Kraft, so haben wir in den Erscheinungcn des organischen Lebens, wic in allen andern Erscheinungen, wekhe Kriiftcn zugesclirieben werden miisen, eine Statik (Zustand des Gleichgewichtes, be- dingt durch einen Widerstand) and eine Dpamik der Le- benskralt.

Alk Theile des ThierbGrpers bilden sich aus einer eigen- thiimlichen, in seinem Organismus circulirenden Fliissigkeit , in Folge einer, jeder Zelle, jedem Organe oder Theile eines Or- gans iuwohnenden Thatigkeit. Die Physiologic lehrt , dafs allo Bestandtheile des liorpers urspriinglich Blur waren, oder dafs sie wenigstens den entstehenden Organen durcli diese Fhissigkeit zugefiihrt worden sind.

Die gewGhnLichsten Erfahrungen geben ferner zu erkennen, dafs in jedem Momente des Lebens in dcrn Thierorpnismus ein fortdauernder, mehr oder minder beschleuniptcr Stoffwechsel vor sich geht, dafs ein Tlieil der Gebilde sich zn formlosen Sloffen umsetzt, dafs sie ihren Zustand des Lebens verlieren und wieder erneuert werden miissen. Die Physiologie hat entscheidendo Griinde genug fur die bleinung, dafs jede Bewegung, jedc Kraft- aufserung die Folge einer Umsetzung der Gebilde, oder dcr Substanz derselben ist, dafs jede Vorsteilung, jeder Affect Ver- iinderungen in der chemischen Bescbaffenheit der abgesonderten Safte zur F o b hat, dafs jeder Gedanke, jede Empfindung yon einer Aenderung in der Zusarnmensetzung der Gehirnsubstane begleitet ist.

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L i e b i g , der Lehenspmcefs i912 Thiei-e, und die Atmosphiire. 197

Zur Unferhaltung der Lebenserscheinungen im Thiere gehu- rcn gewisse Stoffe, 'Theile von Organismen, die man Nahmrys- miltel nennt; in Folge einer Reilie yon Verindeningen dienen sie entweder zur YermeliFng seiner Masse (zur Ernahrung] odcr zum Ersatzc a n verbraiichtern Stoff (Reproduktion) oder sie dienen zur Hervorbringung yon Kraft.

Wenn wir die Aufnahme von Xahrungsmitteln als die eine Bedingung des Lebens bczeichnen, so ist die zweite cine fort- dauerndc Einsaugung von Sauerstor und der atrnosphlischen Luft.

Von den1 Standpunkte des Naturforcchers aus, zeigt sich das Thierleben in einer Reihe von Erscheinungen, deren Zusarnmen- hang und Wiederkchr verrriittelt wird, durcii eine in dem Orga- nisrnus vorgehende Veranderung, ivelche die Nahrungsmittel und der eingesaugte atrnosphiirische Sauerstoff, unter der Mitwirkung der Lebenskrall erleiden.

Alle vitalen Thetigkciten cntspringen aus der Wechselwir- kung des Sauerstoffs der Lull und der Bestandtheile der Nah- rurgsrnittel.

In der Ernahlung und Reproduktion erkeniien wir den Vebergang des Stoffs aus dem Zustande der Bewegung in den Zustand der Ruhe (des statischen Gleichgewichts;; dnrch den Einflufs des Newensystems gelnngt dieser Stoff in den Zustand der Bewegung. Die letzten Ursachen dieser Zustinde der Le- benskraft sind die chemischen IG.iRe.

Die Ursache dcs Zustandes des Ruhe ist ein Widerstand, wclcher bedingt wird durch eine KraR der Anziehung (Verbin- dung), welche zwischen den Meinsten Theilchen der Materie wirkt und nur bei unmittelbarer Beriihrung, oder in unmefsbar Heinen Entfernuiigen sich thatig zeigt-

Diese besondere Art der Anzieliung, man kann ihr natiir- iich 4ie verschiedensten Namen peben, der C h e d e r nennt sie aber A#'inikit.

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198 L i e b i g , dw Lebelaspmcers ha Thicrc, und die Ahmphdre.

Die i3edingung dcs Zustandes der Bewepng liegt in einer Reihe von Vcraiitierungen, wclche die Nahrungsmittcl in dem Organismus erkiden , in Folge also ron Zersetzungsprmcssen, welche die RahnJngsmittel an und fiir sich, oder die daraus ent- sprungencn Gcbikie, oder Bestandthcile der Organe erieiden.

Der Ilauptcharader des vegetativen Lebens ist ein deter Uebergang des in Bcwegung gesetzteii Stoffs in den Zustand des statisclien Gleiclgewichtes. So lange die Pflanze Icbt, ist kein Stillstarid in dcr Zunahme bemerklich, kein Theil eines Or- gans der Pflanze nimmt an Masse ab. Wenn eine Zersetzung erfolgt, so iat sie einc Folge der Assimilation. Eine Pflanze er- zed@ in sich selbst kcine KraR der Beweyng, kein Theil ihrer Gebildc vrrliert durch eine in ihreni Organismus vortrandene Ursache den Zustand des Lebens und geht in formlose Verbin- dungen. iiber, in ihr lindet kein Verbrauch statt. Der Verbrauch im Thier ist cine Aciitlcrung des Zushndes und der Zusamnien- setzung gewisscr Beslnudtheile dcs Thierkdrpers, er gehl mithin vor sich in Folge cheriiischer Actionen. Der Einflufs der Gifte, dcr Araneimittel auf den lcbenden thierischen K6rper zeigt auf eke evident0 Weise, dafs der Act der chemischen Zersetzung md Verbindung im Thicrkiirper, die sich ms in der Form ron Lebenserscheinungen zu erkennen geben, dafs sie durch ahnlich wkkende cheinische lirilte gesteigert, durch entgegengesetzt wirkcnde verlangsaint und aufgehoben werden konnen, dds wk auf jeden Theil eines Organs durch Stoffe, die eine bestiinmte clnmisclie Action besi~en, eine Wirkung auszuiiben vermitgen.

Aehnlich also wie in der geschlossenen galvanischen Sliule, durch gewisse Veriinderungen, welche ein anorganischer hiirper, ein Metall, bei seiner Berihrung mit einer Sure erleidet, ein gewisses Emis fur unsere Sinne wahhlehmbar wid, was wir mit einm Sl’rome electrischer Wakrie berreichnen, entstehen in Folge von Uwetzungen und Veriinderungen von Materien, die

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L i e tr ig , der hbcnqnvcefs im TAiere, und die Ahloghiire. 199

f r f i k Theilc ron Organismen wnren, gcwisse Bcwegungs- uncl Tl~atig.keitsjufsernngen, dic wir Leben nennen.

Dcr electrische Strom gklt sich uns m erkennen durch gewisse Erscheinungm der Anziehiing und Abstorsung, welclic andere an und f ir sich bcwegungslose Materim durch ihn em- ybngen , durch Ersclieinungen der Hildung w d Zersetaung che- misclier Verbindungen, die sich fiberall lufsern , wo der Wider- stand did Bewegung nicht aufhebt.

Yon diesem StRndpunkte allein und von keinem andern BUS durf die Chcniie die Lebcnserscheinungen studiren. Wunder linden wir iiberall; die Bildung eines Krystalls, eines Octaeders ist nicht minder iinbegreiflich, wie die Entstehung eines BlaUs oder einer Muskelfaser, und die Entstehung des Zinnobers aus Quecksilber und Schwefel ist ein eberlso grofses Rllhsel, wie die Bildung eines Auges aus der Substanz des Blutes.

Aufnaiime von NnhrungsmiUeln und Sauerstoff sind die cr- sten Bedirigungen zur Unterhalkng des thierischen Lebens.

In jedrm Zeittheilchen seims Lcbcns nhnmt der Mensch, durch die Organe der Respiration Sauerstoff auf, nie ist, so lange das Thier lebt, ein Stillstund bemerklich.

Die Beobechhmgen der Physiologea zeigen, d a h der Kikpet eines erwacllsenen Memehen, nach 24 Stunden, bei Iinlinglicher Nahrung, am Gewicht wtder zu- noclt abgenommen hat, den- noch ist die I#cnge von Sauerstoff, die Ui diewr Zeit in seinen 13rgaoismus eufgcnciinmcn w-urctc, h - h t betrilchtlich.

Nach L a v o is ier ' s V e r m h e n wmdcn yon einem envachse- nen Manne in einem Jnhre 746 a, iracli M e n z i e s 837 F6 Saaerstolfgas aw der Atmosphire, in seinen Kdrper nu@- nominen und dennocli Bnden wir sein Gewicht zu Anfang und Ende des Jahres entweder ganz unveraiidert, oder die Ab- und ZuRahme b e w g t sich urn wcnige Pfunde.

Wo ist, limn man h e n , dieses enorme Gewicbt an Sauer-

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200 L i e b i g , der Lebenspmctfs im Thim, und die Awsphiire.

stoff hiilgeliommen, was ein Individum icn Verlaufe eines Jahres in sicli aufnimmt?

Diese Prage ist mit befriedigender Sicherheit g e h ; kein Theil des aufgenommenen Sauerstotrs bleibt im KGrper, sondern e r tritt in der Form einer Kohlenstoff- oder einer Wasserstoff- verbindung wiedcr aus.

Der Kohlenstoff und Wasserstoff von gewissen Bestandthei- len des Thierkiirpers, haben sich mit dem durch die Haut und Lunge aufgenommenen Sauerstoff verbunden , sie sind als Koh- lensiiure und Wasserdampf wieder ausgetreten.

Mit jedem Athemzuge, in jedem Lebensmomente trennen sich von dem Thierorganismus gewisse Mengcn seiner Bestand- Uleile, nachdem sie mit dern Sauerstoff der atmosphiirischen Lufl eine Verbinduig, in dern Kiirper selbst, eingegangen sind.

Wenn wir , urn rincn Anhaltspunkt zu einer Rechnung zu haben, mit L a v o i s i e r und Segu in annehmen, dars der er- wachsene Mensch tfiglich 65 Loth Sauerstoff (46037 Cubikzoll = 15661 Gran t?. Gew.) in sich aufnirnmt, und wir seineBlut- massc zu 24 Pfund, bei einern Wassergehalt von 80 pCt. an- nelunen, so ergiebt sich BUS clcr bekannten Zusarnmensetzung des Blutes, dab zu eincr volligen Yenvandung des Kohlenstoffs untl WasserstofTs im Blut, in Kohlensaure und Wasser 66040 Gran Sauerstoff ndthig sind, die in 4 Tagen und 5 Stunden in den Kiirper eines erwachsonen Menschen aufgenommen werrien.

Gleichgdtig ob der Sauersloff an die Bestandtheile des Bluts tritt oder an andere kolilen- ruid wasscrstofieiche Materien im Karper, es kann den1 Sehlusse nichts entgcgengesetzt werden, dafs dein inenschliclien Korper in 4 Tagen und 5 Stunden, so vie1 an Kohlenstoff und Wasserstoff in scinen Nahrungsmitteln wieder zugefuhrt werden niufs, als nothig ware, 24 Pfund Blut mit diesen Bestandtlieilen zu versehen, vorausgesetzt dafs das Gewicht des I(6rpcrs sich nicht andern, dafs er seine normale Beschaffenheit behaupten soll.

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L i e b i g , der Lebazsprucers im Thierp, i i r d die Atniosphtirc. 201

Diese Zufuhr geschielit durch die Sl’eiscn.

Am der genauen Bestimmung der KoItl::~istoffmenge, welclie durch die Speisen in den Kiirper aufgenoinnirn werden, so wie durch die Ausmittelung derjenigen Quantitiit , welchc durch die Faeces und den Urin unverbvannt, oder wenn man mill, in einer andern Form, als in der Form einer Sauerstoffverbindung wie- der austritt, ergiebt sich, dafs ein erwachsener h n n , im Zu- stunde mifsiger Bewegung taglicli 27,8 Loth Kohlenstoff verzehrt *I.

Diese 27*/;, Loth Kohlenstoff entweichen a w Haut und Lunge in der Fonn yon kohlensaureni Gas.

Zur Verwasdlung in kohlensawes Gas bediirlcn diese 27,8 Loth liohlen51off 74 Loth Sauerstoff.

Nach den analytischen Bestimmungen von B o u s s i n g a u l t (Annales de chim. et de phys. L‘YX. i. S. 136) verzchi-t ein Herd

*) Die ebrn angefihrten Zahlen s$d durchschnittlich dem Vcrbrauch von 856 Hann casernirter Soldaten entnommen, deren Speisen (Bred, Kartofkln , Fleisch, Linsen , Erbsen, Bohnen etc.) wahrend einm Monats bis auf Prefer, Saiz nnd Butter, niit der gr6Lsten Genauig- keit gewogen und jedes einzelne der Eleinentaranalyse unterworfen worden war. Eine Awnahme hienon machten drei Gardisten, welche a u t e r dem vorschriftsni5Digen Brndquantum (2 Pf. t5glich) in jeder Ldhnungsyeriode Laib = 2l/, Pf. mehr bckanien und 1 Tam- bour der ’,’, Laib iibrig behielt. Ungerechnet hierin ist der Bohlen- stofgehalt der friscben G e m h , dcs Sauerkraub, SO wie dasjenige, was die Soldaten des Ahends venehren. Nach einem nnnahernden Ueberschlage des Feldwebela verzehrt jeder Soldat tiglich durch- schittlich 6 Loth Wurst, il/, Loth Butter, ’/¶ Schoppen (I/, Litr.) Bier und Schoppen Branntwein, derea Iiohlenstofgehalt mehr als day Doppelte hetrAgt, von dem Kohlenstoffgehalt der Faeces und des Urim zuuamniengenommen. Die Faeces hetragen bei einem Soldaten durchschnittlich ill/, Loth, sie enthalten 75 pCt. Wasser und der trockne Riickjtand 45,24 pCt. Kohlenstoff und 13,15 pet. Ascbe. 100 Theile frische Faeces enhalten biernarh 11,31 Kohlenstoff, sehr nahe so vie1 wie ein gleiclles Gewicht frisches Fleisch. In obiger Rechnung ist der Kohlenstoll der Faeces und der dee U r h gleich- gesetzt worden dem Hohlenstoflgehalt der frischen Gembe und der andern Spisen , welclre im Wirthshanse verzehrt d e n .

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202 Liebig, &F Lcbensprocefs im mierr , und dre Abnoqhare.

io 24 Stunden i5H3,, Loth Kohlcnstor, einc milchgebcnie Kuli i41B,', Loth.

'Die hier allgefihtcn Kohlcnstofinengen sind nls Kohlensiure am ihrem KGrper gcketeib das Pferd hat in 24 Skinden fiir die Ucberfuhrung des KOIAIWSIORS in Kohlendure i3'?,% '2, imd die liulr I i '.:s G, Saucrstoff verltrauclrt.

DP lieiii Theil dcs nufycnonirncncn Sauerstoffs in ciner an- dern Form als in dcr ciner liolilenstoff- oder \Vasscruloffver- bindung wide r RUS deiii litirpcr tritt, da ferner bei normalern Gcsundlieitszustande dcr oilsgetrctcne Kohlenstoff und Wnsserstoff wieder erscut wird duch Kohlenstoll' uiid WasserstolT, dcn wir in deli Speisei? zufzhreii, so ist k l w 7 tlafs die Nenge voli X d t - rung, wclclie dcr thicrische Organismus zu seiner Erhaltung be- dad, in gradem Verhallnib stclit zu dcm adgenornmenen Sauerstoff.

Zwei Ttiierc, die in gleichen Zciten uqleiche Biengen voti Sauerstoff durch Haul uiid Lunge in sich aufnchinen, verzchrcn in einem 6linlic:hcn Verhillnirs ein ungleichcs Gewicht voii der ah l ichen Spcisc.

111 gieichen Zeiten ic t der Sauerstoffyerbra:ich nussdnickbar dirch die Anzahl drr Ailiemziigc; es ist k l w , dafs bci einem md demscben Thicrc die bfengc der mi gcr?ickendmi Nahrung wechselt, je nscli dcr Stirlie und Atizalil dcr Athcmziige.

Ein Kind, dessc.11 Rcspirationswerlczcuge sicli in Wfsserer Thdligkeit beficden , mufs hiidg(*r und vei-li8!:iiXsmXsig mclir f i h u i i g zu sich nc!irnen, ats eiii Erwac!isencr, cs kann dcn Ilunger wrniger leicht ei-trapn. Ein Vogel stirb bei Mange1 an Nahnlng dcn Jritten Tag; cine Schlange, die in einer Stunde, Uter einer Glasglockc athmciid, kaum so vie1 Sauerstoff vcnehrt, dafs die damn erzeugtc Kolilenslurc walmehinbar ist, lebt drei Noiialc und Iaiiger dine Natrung.

Ln Zastmid der Ruhe bctrfqt die Anzahl der Atliemzlige weniger als irn Zustand der Bewegung und Arbeit. Die Slenge

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der in beiden Zustiinden nothwendigen Nlttiruiig nnirs in dem nim- lichen Verhiiltriifs slelica.

Ein Uebcrflufs von Eahrung rind !Hangel m cingeathmetem &tuerstoff (on Beweyng), so wie starke Bewcgung (dic zu einem grijlseren Mads vun IYHhrung zwingt] tuid schwache Ver- dauuqsorgane sind unvertriglich miteiiiander.

Die Mewe dcs Sauerstoffs, wclchc ciri Tliicr durch die Lunge aufniintnt, ist abcr nicht allcin abhiingig \-on dcr Aiizabl Jcr Athernz@e, soiidcrn auch yon der Tcinltcratur tlcr cinge- alhnieicii Lult.

Die Briwthiihlc eines Thicics bat cine unverdiidcrliche GrGfsc, mit jcdeni htiieiiizrigc kitt einu gcwissc rllciigc Lull ciii , die in Beziehwg auf ihr Yolumen als gleicliblcibcnd aiigeselirn \verdcn

kann. A k r ihr Gcwicht uncl darnit das Gewicht des darin elit-

Iialtenen Sauerstoffs bleibt siclr nicht glriclr. hi tier Wiirinc dehnl sich die Luft aus, in der Kdte zioht sic sich zusammen In cinem gleichen Volum kaltcr und warmer Lult, habcrr wir cin ungleiches Gewicht Siiuerstoff. Wenn ein wwachwner Mensch bei 2 5 O 46037 Cubilizoll Sauerstoff uufninimt, so betragt dicses dem Gewicht nach 65 Loth; wcnn das iiimliche Voluin Saucr- stoff l e i Oo eiugeathniot wird, so werden in dsr niinilichen Zeit 70 Loth davon aufgeiiommci!.

Im Sommer und Winter, am Pole und A q u a t o r athmen wir ein gleiches Luftvolumcn ein, und wenn wir in einer glei- chen Anzahl von Athemziigen un Sominer 63 Loth in uns auf- nehnicn, so betrigt das eingesaugte Saucrstoffquantuin bei 00 70 Loth, in Sicilien (bei 35O) 57 Loth, bei - 104 72 Loth.

Das sufgenornmene Sauersloffgas tritt im Sommer und Win- ter in Bhnllcher Weise ter lndert wieder aus, wir athmen in nicdcrcr 'remperirtur mehr KohienstoF aus wie in lioherer, und wfr miissen in dem niimliclm Verhaltnlfs mehr oder wenigcr KoMensloff in den Speisen genieken, in Schweden mehr wie in

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204 Lieb ig , der Lebeqmcefs im Thiere, und die Atmosphiire.

Sicilicn, in unsern Ccgendcn im Winter ein ganzes Achtel niehr wie im Sommcr.

Selbst wenn wir dem Gewicht nach gleiclie Quantitiiten Speise in kalten uiid wannen Gegenden gcnicfsen, so hat cine unendlichc Weishcit die Einriclitung getroffen, dafs diese Speisen h6chst ungleich in ihrcrn Iiolilcnstoffgchalte sind. Die Friichte, wclche der Stidlander gcnicfst, enthaltcn irn frischcn Zustande nicht ubcr 42 pCt. Iiohlcnstofl’, wiilirend der Speck und Thran dcs I’olarICnders 66 bis 80 pCt. Kolilenstnff enthaltcn.

Es ist lreiiie schwere hufgabe, sich in warmen Gegenden tlcr Jliifsigkcit zu befleifsigen, oder lange Zeit den Hunger unter dcrn hcquator zu ertragen, allein KBlte und llimgcr roiben in kurzcr Zeit den Kiirper auf.

Die Wecliselwirkung der Bestaiidlheile der Speiscn und des durch die Blukcirculalion ini Iiiirper verbreitelen Sauerstoffs ist die Quelle der thierischm Warme.

Alle lebeiidcn Wesen, dercn Existeilz auf ciner Einsrugung von SauerstolT bcrulit, besitzen eine yon der Umgebung unab- hiingige Wiinnequelle.

Diese Wahrheit bczieht sich auf alle Thiere, sic crstreckt sich auf den keinicnden Sanien , auf die Bliithe der Pflanze und auf die reifende Fruclit.

Nur in den Tlieilen des Tlueres, zu welclicn arterielles Rlut, und durkh dicscs der in dcni Athrnunjisprocefs aufgeriommene Sauerstoff gelangen kann , wird Wiirine erzeugt. Haare, Wollc, Federn besitzen keine eigenthiimliclie Temperatur.

Diese hohere Temperatur des Thierkijrpers oder wenn man will, Warrneausscheidung ist iiberall und unter allen Urnst5nden die Folge der Verbindung eincr brennbaren Substam mit Saucrstoff.

In welcher Form sich auch der Kohlenstoff mit SauerstofT verbinden mag, der Akt der Verbindung kann nicht wr sich

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L i e b ig, der Lebenspmcef!i im Thiere, und die rftmosphiire. 205

gehen, ohne von Entwickhuig von Wdrme begleitet zu seyn, gleichgdhig, ob sie langsain oder rasch erfolgt, ob sie in hiihe- rer oder niederer Teniperatur vor sich gcht, stets bleibt dic freigewordene WGrmernenge eine unverinderlichc Grbfse.

Der Kohlenstoff der Speiscn, der sich im Tliierkbrper in Kohlensaure venvandelt, mud3 ebenso vie1 W5rme entwickeln, als wenn er in der Luft oder irn Sanerstofl direct verbrannt worden w8re; der einzige Unterschied ist der, dafs dic erzeugte Warmemenge sich auf uqleiche Zeiten vertheilt, in reinem Sauerstoffgas geht die Verbrennung schneller vor sich, die Tem- peratur ist hcher, in der Lull langsanicr, die Ternpcratur ist niedriger, sic halt abcr langer an.

Es ist klar, dafs mit der Eilenge des in gleichen Zeiten durch den Atliniungsprocefs zugefiihrten Sauerstoffs, die Anzahl der fieigewordenen Wtinnegrade zu - oder abnehrnen m u k

Thiere, welche rasch untl schnell athrnen, und dernzufolge vie1 Sauerstoff verzehren, bcsitzen cine hdhere Temperatur als andere, die in derselben Zeit, bei gleichem Volum des zu erwirmenden Korpers weniger in sich aufiiehrnen; eiii Kind mehr ( 3 9 O ) als ein erwachsener Mensch (37,50) ein Vogel nielir (40- 4i O) wic ein vierfiifsiges Thicr (37-383, wie ein Fisch oder Amphi- biurn, dessen Eigenternperatur sich 1'1% bis 2 O iiber das urnge- bende Medium erhebt. Allc Thiere sind warmbliitig, aIlein nur bei denen, welche durch Lungen athinen, ist die Eigenwhnc ganz unabhlngig von der Tenlperdtur der Umgobung.

Die zuverlassigsten Beobachtungen beweisen, dafs in allen Mimaten, in der gemafsigten Zone sowohl wic am Aequator oder an den Polen, die Ternperatur des Bfenschen, so wie die aller sogenannten warmbliitigen Thiere , niernals wechselt ; allein wie verschieden sind die Zustiindc, in denen sie lehen

Der Thierkorper ist ein erwlrmter Kbrper, der sich eu seiner Umgebung verhiilt wie alle warinen K6rper; er empfingt

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206 L i e b i g , ikr Lrltrtqnvctfs in& Tliirrc, und ( l i p a4hosplu7re.

Wiimie, wcnii die durserc Tcmpcrdiur h h r , cr giebt Wiirnic ub, \Venn sia nicdriyer ist, als seiuc eipiic Tcrrtpcnrtur.

Wir wissen, dak die Schncliigkeit. der Abkiililung eincs wannen licirpcrs wivhst, nit der Diffcrenz seiner eigncn Tern- pcrahu; und der des Jlediunis, worin er sich bcllit lc~t, d. 11. je kiilter die Ihngeburig ist, in dcs!o kiirzcrer Zcit kiihlt sich dcr wirnic Kijrper ah.

IVic ungleich ist abcr der Warmeverlust, den ein Xensch in Palenno erleidet, wo dic iiufscre Teinperatur nalre gleich kt der Ternperntru dcs Kijrpers, und der eines lfenschcn, der am Pole lebt, wo dio Tempcratur 40-50 Grade riiedriger ist.

Trotz diesem so Iikhs: ungleichen Wiirmererlust, zeigt die Erfahrung, dafs dils Blut des Polurlih.lers kcine niedrigcre Tem- perahr besitzt, nis tlas des Siidlinders, der in einer so yer- schiedenen Umgebung lebt.

Dies2 'Eiatsachc ihrer walren Bedeutung nach ancrkanni, bewcist , dafs dcr Wiinneverlust in dcrii Tltierkfirpcr cbenso schnell erneuert wird ; irn Winter erfolgt diese Erneuerung sclinel- Icr !vie im Soinmcr, am Pole rasclicr wic utii Acqualor.

In verscltiedcncn K!imaten wcchselt iiun die Slenge des dmch die Respiration in den Kiirper telcitdcn Saucrsloffs nach dcr Tcinperatur d?r aukern LuR; init dcm \Yarnleverlost durcli ,'ibkiihlung steigt die Xcngc des eingcuthmeten SauerstolTs; die zur Vcrbindung mit diesem S:iuerstoff ncithige Jlcngc Jiolilen- stoff aler Wasscrstoff, sie mufs in einern iilinlichcn Verhfiltnifs zune hineri.

Es ist k!x, deTs dcr W5rmeersab bewirkt wird dwch dic Wechsclwirkung tlcr Rcstandthcile tlcr Speisen, die sicli mit dem ciryeathmcten Sawrstoif verbindcn. Ilm cinen trivlalcn a h det'swqcn nicht niiritlrr r i c h t i p Ver$ich nnziiwctitlcn, verhllt skh in dicser Bczie!iun;T der Thierkdrper, wic cin Uftm, den

:+ir init Rrmnn!atrrial versehen. Glcichgiillig, welche Formcn die Speism mch md n x h im Iidlper aniiehnicn, wduhe Ver-

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L i e b i g , der Lebenspmcefi iin Titiere, w d tlic AlnioJpharc. 207

Lndcriingen sic auch crlciden rniigen, die Ictzte Verhnderung, die sio erfaliren, ist ciric Verwandlung ihrcs Iiolilrnstoffs ir, h-ohlcn- siiure, ihres Wasscrstofls in WvLLsLser; der Stickstoff tirid dcr unverbrannte Kohlenstoff, sie werden in dem Urin und den festen Excrementen tlbgeschieden. Urn cine constante Tempe- ratur im Ofen zu habcn, miissen wir, jc nach der iuitern Tem- peratur wechselnd, eine ungleiche Menge *'on Brennmaterid ein- schieben.

In Beziehung auf den Thierkijrper sind die Speisen, das Brennmaterial; bei gehcirigcrn Saucrstolli,utritt erhalten wir die durch ihre Oxydation freiwerdende Wirme. lm Winter , bei Bewegung in kaltcr LiG, wo die Riengo des cingeethmeten Seuerstoffs rrunimmt , witchst in dem niirniiclien Verll5lhi~s das Bediirfnifs nach kohlen - und wasserstoffrcictien Nuhrungsmittcln und in Befricdipng diems Bedtirfnisses crfialten wir dcn wirk- samslen Schtitz gegen die grirnmigsb Mte. Ein tIrinqcrndcr friert und Jadermann weirs, dafs die Haubthierc der ntirdlichen Klimate an GefrIfsigkeit weit den in sadlichen Cegendcn vor- anstehen.

In der kalten und temperitten Zone treibt um die LuR, die ohne Aufhiircn ilen Kiupcr zu vemhrerl stretit, zur Arboit und Anstrengung, urn nns dia Blittel zum Widcrstande gcgen diese Einwirkung zu schaffen, wiihrend in heitsen Wimaton die An- forderungcn zur Herbeischaffung an Speise bei wcitem nieht SO dringend sind.

Unsere Wleider sind nur Acqivalentc fur dic Speiscn; j c wgrmer wir uns kleiden, desto melir vermindert sich das Be- diirG:ifs zu cssen, eben weil der Wsrmeverluvt, dic Abkuhlung und dsmit der Ersatz durch Spcisen K1eir;er wird.

Gingen wir nnckt wio der Indidner, oder wPcn wir beim Jagen und Fischen densc!bcn Kdtcgraden auFgeseizt wic der Samojede, so wiirden wir ein hdbcs Kalb ul~d nwl: oben drein

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205 L i e b i g , Clcr Lebensprocefs im Thiere, U J l d die Atitaospkare.

ein Dutzend Talglichter bewiiltigen kBnnen, wie ulls warmbe- kleidete Reisende mit Verwundenyu enaihlt Jiaben; wir wiirden dieselbe Menge Brannlwein oder Thran ohne Aachtheil geniefsen lcdnnen , eben weil ilir Kohlendoff- und Wasserstoffgehalt dam dient , urn ein Glcicligewicht init der iiufseren Temperatur her- vorzubringen.

Die Menge der zu geniefsenden Speise richtet sich nach d ?n varliergeliendcn Auseinandersetzungen, nach der Anzalil der Attleniziige, iiach der Temperatur der L d , die wir einathmen uiid nach dem Wririnequaritum, was irk nach aufsen hin ah- geben.

Keine isolirte entgegenstehende Thatsache kann die Wahr- hi it dieses Nalrgesetzts iindern. Ohne der Gesundheit einen YC riibergehenden oder hleibenden Nachtheil zuzufiiigen, kann der Pic apolitaner nicht rnehr Iiolilenstoff und Wasserstoff in den Spei- s e i zu sich nehmen, als er ausatlunet, und kein Nordlhder kcnn mehr Kohlenstoff und Wasserstoff ausathmen, ak e r in ded Speiscn zu sich genommen hat, wenn niclit im Zustand der lirankheit, oder wenn er hungert, Zustande die wir niher be- leuchten werdcn.

Dcr Englhndcr sicht mit Bedauern seinen Appetit, der ifini eir?en hdufig wicderkehrenden Genufs darbietet, in Jamaica scliwinden und es gelingt ihrn in der That, durch Cayennrpftf- fer und die hriinigstcn Reizmittel, die niirnliche Menge von Speisen zu sicli zii nehrnen wie in seiner Heimath; a k i n der in den IiBrper ubergegangene Kohlenstoff dieser Speisen, er wird nicht verbraucht, die Teniperatur der Luft ist zu hoch und eine erschlaffende Hitze erlaubt nicht die Anzahl der Athemziige Cdurch Bewegung und Anstrenpng) zu steigern, den Verbrauch also mit deni, was er zu sich genornmen, in Verbiltnifs zu seben.

Im Gegensatz hierzu sendet England seine Patienten, deren kranken Verdauungsorganen die Fihigkeit abgeht oder vermindert ist, die Speisen in den Zustand zu versetzen, in welchem sic

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L i e b i g , der Lebempmcefs irn Thiere, und die AbnosphGre. 2.09

sich zur Verhindung mit dem Sauerston‘ eignen, welche also we- niger Wiederstand produziren, als &as Kzimaa, die Temperatur ilirer Heimath verlangt, nach sildlichcn Gegenden, wo die ZIenge des eingeathmeten Sauerstoffs in einem so grofsen Verhaltnifs sich vermindert, und das Resultat, eine Verbesserung des ce- sundheitszustandes ist sichtbar. Die kranken Verdauungsorgane liaben &aft genug, um die geringere Nenge von Speise in Verhahnifs zu setzen, mit dcm verbrauchten Sauerstoff; in dem kdiiteren Klima wiirden die Respirationsorgane selbst zu diesem Widerstande dienen miissen.

Im Sommcr sind bei uns die Leberkrankheiten (Kohlenstoff- krankheiten); im Winter die Lungenkrankhciten (Sauerstofkrank- hciten) vorherrschend.

Die AbkClilung ties Kiirpers, durch weiche Ursache cs auch sey, beclingt einc grdfscres Maafs von Speise. Der blofse Auf- entliall in freier Luft , glcichgiiltig ob irn Reisewagen oder auf tlcrn Verdecke \-on Scliiffcn, crhiiht durch Stralilung und ge- steigcrte Verdunstung den W;irmeverliist, selbst ohne vermehrto Bcwegung; er zwingt uns mchr wie gewiihrilich zu essen. Das- selbo mufs f i r Personen gcltcn, wc~lclie gewuhnt sind grofse Quantititen kaltes Wasscr zu trinken , welclics auf 3 7 O erwlrmt wicder abgeht, es vcrinchrt dcn Appetit, unct schwiictiliche Con- stitutioncn miissen dwcti antialtende Bewcpng, den zum Ersilk

der verlornen Wlrrne nijthigen SauerstolT, dem Kiirper hinzufitli- ren. Starkes und anhaltcndcs Sprcchcri urid Singcrii das Schrcieii der Kinder, feuchte Luft, alles dieses iibt einer! bcstimmtcn nachweisbaren Einflufs ouf die RIengc tlcr zii gaiiefsenden Spcisc aus.

In dem Vorliergehendcn ist aryrenommen worden, dafs vor- ziiglick der Jiohlenstoff und Waserstoff ziir Verbindung mit dem Sauerstoff und zur IIervorhringung der animalischen IWme dient ; die cinfachstcn Reohachtungen zeigen in dcr That, dais

Annal. d. Chemie u. I’harm. X.1. Bdu. 2. Hen. 14

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210 Lieb ig , der LebenspP.ocefs im Thiere, und die Atmosphirtv.

der Wasserstoff der Spcisen eine nicht minder wiclitige RolIe wie der Kohlenstoff spiek

Der game Respirationsprocefs erscheint in viilliger Klnrheit, wenn wir den Zustand eines Menschen oder Thieres, beiBntha1- tung aller Speise, ins Auge fassen. Die Athembewegungen blei- ben ungelndert, es wird nach wie vor Sauerstoff aus der A t mosphare aufgenommen und Kohlensaure und Wasserdampr aus- geathmet. Wir wissen mit unzweifelhaller Bestimmtheit, wohcr der KohlenstotT und Wasserstoff stammt, denn mit der Dauer des IIungers sehen wir den Kohlenstoff und Wasserstoff dcs K6rpers sich vermindern.

Die erste Wirkung des Hungers Lt ein Verschwinden des Fettes; dieses Fett ist weder in d m sparsamen Faeces, noch im

Urin nachweisbar , sein Kohlellstoff und \\-asserstoff sind durcli Haut rmd Lunge in der Form einer Sauerstoffverbindung ausge- treten; es ist klar, diese Bestandthcilc haben zur Respiration gdient.

Jeden Tag treten 65 Loth Sauerstoff ein mid nehmen beim Austreten einen Theil von dem Ii6rper des Hungernden mit. (Curri e sah einen IGBnken, der nicht schlingen konnte, wlh- rend eines il!onates iiber 100 an seinem Gewichte verlieren, und ein fettes Schwein, was durch einen Bergsturz verschiittet wurde, lebte 160 Tage ohne Nahrung, und hatte iiber 120 Eb em Gewichte verloren. Martell in denTransactions of the Lin- nean SOC. Vol. XI. p. 411.) Das Verhalten der Wmterschliifer, so wie die periodenweise Ansammlung yon Fett bei andern Thieren, von Fett, was in andern Perioden ihres Lebens ver- schwindet, ohne eine Spur zli hinterlassen, alle diese wohlbc- kannten Thalsachen beweisen, dafs der Sauerstoff in dem Re- spirationsprocefs keine Auswahl uater den Stoffen trim, die sieh zu einer Verbindung mit ihm eignen. Der Sauerstoff verbindet sich mit dem, was ihm dtugeboten wird und nur Mangel an Wmserstoff ist der Qund, warurn sich iiberhaupt Kohlensiiure bildet, eben weil bei dm Ternperatur des Kiirpers

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Lieb ig , der Lcbenspmcefs im Thiere, und die &no**. 211

die Vcrwandtschatt des Wasserstoffs zum Sauerstoff. hei weitem die des Kohlenstoffs iiberlrifft.

Wir wissen in der That, dafs die grasfressenden Thiere, ein dem eingeathmeten Sauerstoff gleiches Volum Kohlendure wieder ausathmen, wiihrend bei den Fleischfressern, der einzigen Thierklasse, welche Fett in ihrer Nahrung geniefst, mehr Saner- stoff aufgenommen wird , als dem ausgeathmeten Kohlensiiure- volmn entspricht; bestimmte Versuche haben dargethan, dafs in manchen FIllen n i r die Hdne von dem Volumen dessauerstoffs an Kohlensguregas ausgeathmet wird. Diese Beobachhngen sind keiner Widerlegnng fahig, sie sind iibeneugender als a h die kiinstlich und willkiihrlich hervorgerufenen Erscheinungen, die man Versuche nennt, Versuclie, welche vollig entbehrlich, alles Gegengewiclites erinangeln, wenn die Gelegeiihcit zur Beobach- tung in der Natur sich darbietct und dicsc Gclcgenlleit versthdig benutzt wird.

Bei Hungernden verschwindet aber nicht ellein das Fett, sondern nach und nach allo der LBslichkeit fiihigen festen Stoffe. In dem vijllig abgezehrten li6ycr der Verhungerten sind die Muskeln dihn und mtirbe, der Contractibilitit beraubf allc Theile des K&pers, welche fahig waren, in den ZustaRd der Bewe- gung iihenugehen, sie haben dazu gedient, urn den Rest der Gebilde vor der alles zerstcirenden Wirkung dcr Atmosphare I zu schiitzen; zuletzt nehmen die Bestandtheile dcs Gehirns Anthell an diesem Oxydationsprocefs, es erf'olgt Wahnsinn, lrrercden und der Tod, das heifst, d e r Widerstand hart vollig auf, es triU der chemische Procefs der Venvesiing ein, alle Theile des Iiijr- pers verbinden sich mit dem Saucrsroff der LuR

Die Zeit, in welcher ein Verhwgcrndcr stirbt, ncblet sich nach dem Zustand der Fcttleibigkeit, nach dem Zustend der Be- wcxung (Anstrengung unJ Arbeit), nach der Tenymatur der L&, und is1 zuletzt abl~ngig von der Gegeawwt oder Abwesen- heit des Wassers. Durcli die Haut und Lunge verdunstet eine ge-

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212 Liebig , der Lebenqrocefs im Tliiere, uml die Ahoephiire.

wisse Menge Wasser, durch deren Austreten, als der Bedingung allcr VemiXelung von Bcwegungen, der Tod bescldeunigt wird. Es giebt Falle, wo tei ungesuhmllertem Wassergcnds der Tod erst nacli 20, in einem Fa3 erst nach nach 60 Tagen erfolgtc.

In alleii chronischen Kranklieiten d o l g t der Tod dmch die ndmliche clrsaclie, durch die Einwirkung der Ahnosphiire. Wenn die Stoffe fehlen, welche in dem Organismus zur Cnterhaltung des Respirationsprocesses bestirnmt sind, wenn die Organe des Iiranken iiue Funlrtion versagen, wenii sie die Fahigkeit verlieren, zu ihrem eignen Ecliutz die genosserien Speisen in den Zustand zu versetzcn, in dem sich ihre Eestandtheile mit dern Sauerstoff der Luft zu verbinden vemiiigen, so wird ihre eigne Substanz, das Fett, das Gehirn, die Substaw der Nuskein und Nerven dazu verwendet*).

Die eigentliche Ursache des Todes ist in diesen Faen der Hespuationsprocefs, die Einwirkung der Atmospke. Mangel an Nahrung, an FHhigkeif sie zu Bestandtheilen des Organisinus zu machen, ist Mangel an Widerstand, es ist die negative Ur- sache des Anfhijrens der Lebensthatigkeit. Die Flamme geht am, we2 das Oel verzehrt is:; es ist dcr Sauerstoff der Lult, der es verzehri hat

In manchen Kranlihcitszwtiinden eneugen sich Stoffe , die ziir Assimilation nicht venvendbar sind , durch bloke Enthaltung v0.1 Speisen werderi sie aus dem Kijrper entfernt, sie verschwin- den ohne eine Spur zu hinterlassen, indem ihre Bestandtheile mi: dem Sauerstoff der LuIt in Verbindung tretea

Yon dern Augenblicke an, wo die Funktion der Haut oder Lmge eine Storung erleidet , ersclieine~i kohlenstoffreichere Stoffe im Urin, der seinc gewohnliche Farbe in braun umhdert; die Rcspkatior? at das fallende Cewicht, die gespannte Feder, welche das Ulirwerk in Bewegung erhdt, die Athemziige sind die Pen-

*; 111 Beziehung aid den wahren Vorgang verweise ich an€ die Abhand- lung irii niclisteii Ilefte. J. L.

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L i e b i g , der Lebauprocefs hm Thiere, iind die Athosphiitv. 223

delschliige , die cs repliren. Wir Iicnnen bei unscrn gewohn- lichen Uhren mit mathcmatischer Schl fe die Aenderungen, welche durcli die Lirige des Pendels oder durch iiufsere Tempe- mturen ausgeiibt werdcn auf ilvcn regelmiifsigen Cmg; aIIein I I U ~ von wenigen ist in seiner KIarhcit der Einflufs erkannt, den die Lull und Temperatur auf den Gesundheilszustand des mensch- lichen Korpers ausihen und docli ist die Aimiittelung der Be- dingungen, um ihn im normalen Zustand zu erhalten, nicht schwie- riger, wie bei einer gew8hnlichen L%r.

Der Mange1 an eincr riclitigen Ansicht von tiraft und Wir- kung und dem Zusarnmcnhang der ilaturerscheinungen hat die Cliemiker dahin gefuhrt, einen TIieil der im Thierorganismus sich eneugenden Warme dcn Wirkungen des Nerverisydems zuzuschreiben. Wenn man damit eincn Stoffwechsel ds Re- dingung der Nervenwirkungen ausschiiel'st, so will die& nichts anders sagen, als das Vorliandenseyn einer B e w r y g , dic heirl'serung einer Tliiitigkeit hervorgchen ZII niachen aus Nichts. rUlein aus Iliciits kann keine Bran, keine Thiitigkcit critstehen.

Nieniand wird ernstlich tlcn Antheil lirrgncn, wclclicn die Nervenayparate an dem Respirationsproccfs nehinen , keine .4rt von Zustandsiinderung limn im Thierk3rper vor sich gchen, uline die Bervcn, denn sie sind die Bedinger aller Bewegungen. Durch sie, durch i lrc Illitwvirkung produziren die Eingewcitle die Stotfe, welche als ilIittel znm Widerstaude gegen die Ein- wirkiing des Sauerstoffs zur Ilcrvorlwinguq der animalischen Warme dienen und niit dcm Aufhiircii ihrer Funktiocien muQ der ganze Akt der Sauersloffaufnahme eiiie andere Form anneh- men. Beim Durchschneiden des Gehirns yon Hunden beim Pons varolii, bei Contusionen gegen Schcitel untl Iiinterhaupt , fiiM das Thier cine Zeitlang zu at'nmcii fort, ofi rnscher md lebhof- ter wie im gesiiiidt'n Zustande, die l;c!inelligkeit des !3lutiuiilaui% nimnit in der ersteii Zeit ehcr zii als a h , i l lkin das Tliier er- kaltet, wie wenn cin plcitzlicher Tod eingt'trcbn ware, der danii

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auch unabwendbar erfolgt; grnz ahliehe Erfahngen ha6 man bei Durchschneidung des Riickenmarks, des N e m s vagus gcmacht Die Athembewegungen dauern eine Zeitlang fort, aIlein der Sauer- stoff findet die Stoffe a d seinem Wege nicht vor, mit denen er sich im normalen Zustande verbunden haben me, weil sie ihm von den geliihmten Unterleibsorganen nicht geliefert werden kon- nen. Die sonderbarc Ansicht uber die Erzeupng der thieri- *hen IViumc durch die Nerven, sie ist, wie man leicht bemerkt, aus der Vorstellung hervorgegangen, dab das eingesaagte stoffgas in dem Blute selbst zu Bohlensaure werde, in Sauer- Fall, in obigen Versuchen, freilich die Temperatur welchem nicht abnehmen durfte, allein es kann, wie splter des Korpers den sol], keincn grXseren Irrthurn geben. entwickelt wer-

Aehnlich wie bei Durchschneidung der nerven die Bewegung des Magens und die Secretion deschen gensaftes aufgehoben und damit dem Verdauungsprocefs eine unmiklbare Grenze gesetzt wid, Gndert die Lihmung der Be- wegungsorgane des Unterleibs den Raspirationsproccfs; beide slehen in dein engsten Zusammenhang miteinander; eine jede Stijrung des Nervensystems, der Verdauungsnerven, iibt riick- WW einen wahrnehmbaren E i m s auf den Resphtionspro- cefs aus.

Man hat nrletzt die Beobachtung gemacht, dafs durch die Contraction der Muskeln W ~ e eneugt wird, ghnlich wie cinem SWcke Kautschuck, was man rasch auseinander gezo- gen, sich wieder contrahiren lm. Man ist so weit gegangen, einen Theil der thierischen Wirme den mechanischen Bewegungen im K6rper zuzrmhreiben, als ob die Bewegungen selbst entstehen kGmtq ohne einen gewimn Aufwand yon b f t , welche dwch diem h e g u n g e n verzehrt wid. Durch was aber, kann man

h p n , wird aber diese Krafi eneugt? Durch verbrmnenden K o h l e d , durch AuiXiS~ng e ina

Mehlls in einer Siure, d u d die y weinigupg der beiden Elec-

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tricikten, durch Einsaagnng von Licht, entstcht Warme. Gleicher- inafsen entsteht Wirme, wenn wir zwei Stiicke eines festen Kcirpers init einer gewissen Gachwindigkeit aufeinander reiben.

Durcli eine Menge in ihren Aeufswungen h6chst verschie- denen Ursachen khnen wir einen gewissen Effect hervorbrin- gen. Wir habcn in der Verbrennung und in der Electricitits- enagung ciaeu Stoffwechsel, oder, wie in den1 Licht und der lieibungswiirme, die Verwandlung einer vorhandenen Bewegung ill eine new, die a d cine nndere Weise auf unsere S h e wirkt. Wir habeo ein Substrat, etwas Gegebenes, was. die F o ~ eines andern Substrates annimmt, in allen Fiillen eine Krafl und eine Wirkuilg. Wir k6nnen durch Peuer unter einer Dampf- maschine alle mcglichen Arten yon Bewegungen und durch ein gegelienes Blaafs von Bewegung , Feuer hervorbringen.

Ein Stiick Zucker, das wir auf einem Reibeiseu reiben, erleidet an den Bednngsfliichen des Eisens die niimliche Ver- anderung, wie durch eine hohe Temperahu, und zwei Stticke Eis schmelzen an den Punkten, wo sie sich reibend beriihren.

Man mufs sich nur erinnern, dafs die ausgezeichnetsten Physiker die Erscheinungen der W h n e nur als Bewegungs- erscheinungen gelten lassen, eben weil der Begriff der I5-m- g q einer Materie, wenn auch einer gewichtslosen, schlechter- d i s nicht vereinbar ist mit ihrer Entstehung durch mechanische Ursachen, wie durch Reibung und Bewegung.

AHes zugegeben, was yon elektrischen und magnetischen StrGrnungen in dem Thierk6rper Antheil nehmen mag an den Funk- tionen seiner Organe, die letzte C'rsachc aller dieser Thiitigkei- ten ist ein Sloffwechsel, ausdriickbar durch einen, in einer ge- when %it stattfindenden Uebergang der Bestandtheile der Speisen in Sauerstofierbindungen ; diejcnigen unter ihnen, welche diesen allmiihligen Verbrennungsprocefs nicht erfahren , sie werden un-

vehrannt d e r unverbrennlich in der Form von Excrcmenten ausgeswm.

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Es ist nun schlechterdings Illunliglicb, dars eine gegebene Menge Kohlenstoff oder Wasscrstoff, welche verschiedcnen For- men sie auch im Lade der Verbrermung annehmen milgen, mehr Wiirme hervorzubringen ist, als wie sic liefert, wenn sie im Sauerstorgas oder in der Luft & a t verbrannt wird.

Wenn wir Feuer nuter cine Dampfniaschine machen und die erhallene Kraft benutzen, um durch Reibung W-e heruor- zubriryen, so kann diem in keiner Weise jemals grbfser s e n als die Wiume, die wir niithig gehabt haben, um den Dampf- kessel zu heizen, und wenn wir in einer galvanischen Siiuie den Strom zur Hervorbringung von Wiirme benntzen, so ist diesc unter allen Urnstinden nicht g6fser als wir sie haben k6n- nen, durch die Verbrennung des Zinks, was sich in dcr Sfiure aufliist.

Die Contraction der RIuskeln erzeugt Wac, die hierzu niithige Iiraft aufsert sich durch die Organe der Bewegung, die sie durch einen Stoffwechsel empfangcn. Die lcizte Ursache der eneugten W h n e lianii natiirlich nur diescr Stoffwcchsel seyn.

Durch die Aufldsung cines Netalls in einer Saure entsleht ein elcktrischer Stroiii ~ dirch einen Dralh geleitet wird dieser zu einem Magneten, durch den wir verschiedene Effecte hervor- zubringen verin6gen. Dio Ursache aller eneugten Erscheinun- gen ist der Magnetismiis, die Ursaclie der magnetischen Wir- kwgrn suchen wir in dein electrischen Skom und die letzto Ursache des electrischen Stromes, wir finden sie in cinem Stoff- wechscl , in ciner cliemischen Aktion.

Es giebt verschiedena Ursachen de:. Krafleneugung; einc gespannte Feder, ein LiiRslrom, cine gewisse Geschwindigkeit, cine faUcride W assermassc, Fcucr, was unkr einem Damplkesscl brennl, ein 3IetaI1, was sich in eiiier Siiiwe lost7 durcli aUe diese verxhiedeiieii Ursaclien der Bewegimg Mfst sich eiaerlei Efht hervorbriiigen. In dem thierischen lioqjer erkennen wir

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aber als die lekte LTrsnche aller bf ieneugvng nur eine, und diese ist die Wechselwirkung, welche die Bestandtheile der Speisen und der Sauerstoff der Luft auf einander ausiiien. Pie einzige bekannte und lctzte Ursache der Lebensthitigkeit im Thier so~vohl, wie in der Pflanzc, ist ein cliemischer Proccfs; schlicfsen wir ihn aus, so stellert sich die Lebensiiufserungen nicht ein, oder sie hdren auf wahrnehmbar zu seyn; hindern wir die chemische Aktion, so nehmen die Lebenmheinlmgen andere Formen an.

Nsch den Versuchen von Despretz entwickelt i Loth Kohlenstoff bei seiner Verbrennunp; so vie1 W h e , dafs damit 105 Loth Wasser auf 75' erhBht werden kijnnen, im Ganzen also i05rntll 75O = 7875O Wihne. Die 27,8 Loth Kohlenstoff, welche sich in dem Kcirper eines Soldaten in Kohlensiiure ver- wandlen, entwiclieln mithiri 27:s mal 7875O W h e = 2i8825O Wiirme. Brit dieser Wiinnernenge kann man i Loth Wasser ailf diese Temperatur erlieben odcr $G Wasser zum Sie- den oder ih.3 B a d 3 7 O erhitzen, oder 12 Fb Wasser bei 370 in Dampf venvandlen.

Wciin wir nun annehmen, dals die Ausdhstnog durch Haut und Lunge in 24 Sturiden 48 Unzen (3 %) betrage, so bleiben, die liienu nijthqe Wikrnemenge abgezogcn, 162093 Grad W h e , weiche uurch Strahlung, durch E r w ~ u n g der ausgc- ahneten LuR. dnrch Faeces und Urin am dem Kdrper treten.

Es ist in dieser Rechung die durch den verbrennendcn WasserstoE, durch seinen Uebergang in Wasser eneugte 1V-e- menge nicht in Anschlaggebracht. Man mufs sich nur erinnern, dafs die speciGsche Wtirme der ffiiochen. des Fettes, der Sub- stanz der Orgune weit geringer ist, als die des Wassers, dafs sie also, m auf 37' erwiumt zu werden, weit weniger W b e bediirfen, 41s ein gIeiches Gewicht Wasser, und es kann kcin Zweifel seyn, da t , alle dicsc Verfidtnisse mit in Rechnung ge- mgeu, die durch den Verbrcttnmlgsprocefss erzengtc W';ine

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vollkoinnicn hinreicht , um dic constante Temperatur des Korpers und die Vcrdunstung zu erkllren.

Aik Vcrsuche der Physiker, iiLer die Sauerstohenge, die cin Thier in einer gegebenen Zeit venehrt, so wie die Schliisse, die man h u s ahf die Entstehung der animalischen Wiirme p- zogen hat, sind vOllig bedeutungdos, denn diese Sauerstoffmen- gen wechselii, nach der Teinperatur der Lull, nuch dem Ziistand der Bewegung, Arbeit und Anstrengung, sie iindert sich nach der Menge und Qualitit der geiiossenen N a h m g , mit dcr nieh oJer weniger wamcn Kleidung, nach der Zeit, in welcher die Speise verzehrt wurde. Die Gefangcnen in dem Zuclithaus (Ar- beilshaus) zu Marienschlofs venehren nicht iiber 21 Loth Koh- lensto& die in dem Arresthaw zu Giefsen, denen alle Bewegung mangelt, nicht uber 19 Loth, und in einer mir bekannten Haus- haltung venehrten 9 Personen (4 Kinder, 5 Erwachsene) durch- schnittlich nicht iiber 17 Loth Kohlenstoff *). Annaherungsweise kann angenomnen werden, dafs die aufgenommenen Sauerstoff- mengen, sicb wie diesc Zahlen verhalten, allein durch Fleiscb, Wein und Fettgenufs, indern sich diese Verhiiltnissc! in Folgc dea ausgetretenen IVasserstolTs dieser Nahrungsmittel, der in seiner Vmandlung in Wasser bei gleichem Gewichte eine weit gr6fsere Winnemenge hervorbringt

Die Versuche iiber die Bestimmung der Wiinnemenpe, die sich fiir einen gegebenen Smerstoffverbrauch aus einern Thier entwickelt, sind nicht minder bedeutungslos. Man hat Thiere in geschlossenen , mit kaltem Wasser umgebenen RBumeii athmen lassen, die Whnezunahme dw Umgebung durch den Thermo- meter gemessen und die Menge des verschmndenen Sauerstoff- gases, so wic die eneugte Kohlensiiure, durch die Analyse der

") In dieser hushaltung wurden im Monat verbraacht 151 Pf. Schwuz- brod, 70 Pf. Weisbrod, 132 Pl. Fleisch, 18 Pf. Zucker, 15,9 Pf. Butter, 57 >fans Milch, der Kohlenstoff der Gemire und Kartoffeln. da Wildprets, Gellugela und Wsins fiir die Exercrnento angeschlagen.

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ein- und Rusgetretenen Lufl bestimmt. In diesen Versuchen hat man gefunden, dafs das Thier mellr Wlrme verlor, als dem venehrten Smerstoff entsprach, und zww mchr, und wenn man dem Thiero die Luflrahre zugebunden haben wiirde, so ware das merkwiirdige Verhdtnifs eingetreten, dafs das umge- bende Wasser durch das erkaltende Thier Wrirme empfangen hiitte ohne allen Verbrauch yon Sauerstoff. Die Temperatur des Thiers war So, die des amgebenden Wassers in den Versuchen yon Despretz 8,50. Diem Versuche beweisen also, dab bei einer grofsen Differenz dw T m p t u r des Kiirpcrs und der der Umgebung, beim Mango1 der Bewtwng, mehr W h n e ent- weicbt, als dem eingeathmeten Sauerstoff entspricht, als wie in gleichen Zeiten bei freier ungehinderter Bewegung produzirt wird. Diem Zustand tritt bei Mcnschen und Thieren zu gewissen Jah- reszeiten ein, und wir sagen in diesem Fall, dafs wir frieren Es ist klar, dafs wenn wir einen Menschen mit einem metallischen Kleide umgeben, so wird der Winneverlust, wenn wir ihm Hkde und Fase binden, bei gleicheni Sauerstoffverbraiich wait grcfser seyn, als wenn VFir hi in Pelz und Wolle stecken, j a wir finden sogar, dafs er in dem letzteren Fall anfin@ zu schwitzen, dafs warms Wasser quellenweise bus den feinen Schweisl6chem seiner Haut tritt.

Wenn man hinzunimmt, dafs ganz bestimmte Beobachtungeii vorliegen, wo Thiere, die gebunden in einer nnnahirlichen Stel- lung, z. B. auf dem Racken liegend, rthmeten, dafs die T e m p ratur ihres Kiirpers, durch den Thermometer mefsbar abnimmt, 80

kann man wohl schwerlich iiber die Schlkse, die man am die- sea Versuchen gezogen hat, nicht im Zweifel seyn

D i m Schliisse Wen fir die Meinung, dafs eine endere unbekannte Quelle der Warme in dern thierischen Kiirper existire, nicht den allergeringsten Werth.