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links 1.11 1 Inhalt Nr. 1/2011 Gegen Waffengewalt 2 Die Mär vom «strukturellen Defizit» 3 Sie wollen nach Bern 4 Kämpfer für den freien Sonntag 6 Hausverbot am Hauptbahnhof 8 2011 ein Frauenjahr 11 Wer will in den Kantonsrat? 12 Editorial Am kantonalen Parteitag haben die Delegierten die NationalratskandidatInnen nominiert. Mit der Gestaltung dieser Liste beschreiten wir neue Wege: Erstmals seit über zwanzig Jahren tritt die SP mit nur einer Liste an. Das ist ein Wagnis, denn die SP hat mit den Frauenlisten viel Erfolg gehabt. Sie haben zusammen mit der konsequenten Frauenförderung und den Quotenregelungen dazu geführt, dass heu- te die Frauen in allen Gremien der SP stark vertreten sind. So gibt es im Frauenjubiläumsjahr 2011 viel zu feiern, wofür damals hart gekämpft werden musste: 40 Jahre Frauenstimm- recht, 30 Jahre Gleichstellungsartikel oder 20 Jahre Frauenstreik. Heute vertrauen wir dar- auf, dass in der SP die Gleichstellung funktioniert und treten mit einer Liste mit sechs Frauen und sechs Männern an. Neben unseren zwei einflussreichen Bisherigen sind zehn hoch mo- tivierte Personen auf der Liste. Mit dem ersten Listenplatz für eine Juso-Vertreterin haben die Delegierten ein weiteres Zeichen gesetzt und gezeigt, dass sie die Jungpartei als wichti- ge politische Kraft Ernst nehmen. Die Entscheidungen für diese Listengestaltung waren nicht unumstritten. In einer Par- tei aber müssen verschiedene Meinungen gehört und diskutiert werden können, wie bei- spielsweise auch beim neuen Parteiprogramm. Einmal steht man bei der Minderheit, ein an- dermal bei der Mehrheit. Genau das macht die Breite und die Lebendigkeit unserer Partei aus. Auf diese müssen wir jetzt setzen, damit die düsteren Wahlprognosen nicht eintreffen. Denn wir wollen unseren Stimmenanteil erhöhen und wieder zurück auf das Niveau von 2003 kommen. Dazu müssen wir den Stimmberechtigten vermitteln, warum es sich lohnt, die SP-Liste oder Juso-Liste am 23. Oktober in die Urne zu legen. Die SP macht Politik für alle, für eine Schweiz der Chancengleichheit, des Ausgleichs, des Miteinanders. Das garantieren wir unseren WählerInnen. Claudia Friedl, Parteipräsidentin Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Februar 2011 Nr. 1 Jetzt droht der Sozialabbruch! Das neue Sparpaket bringt Sozialabbruch und ist das Resultat einer verfehlten Steuerpolitik. Die St.GallerInnen können den Verantwortlichen im Wahljahr 2011 die Quittung erteilen. G emäss der St.Galler Regierung sollen 100 Mio. Franken eingespart werden, gemäss der Finanzkommission sogar noch 50 Mio. mehr. Sparen ist hier das falsche Wort: Es geht um soziale Demontage. Von den 54 Massnahmen wären die Prämien- zahlerInnen, die SonderschülerInnen, der Regionalverkehr von Bahn und Bus und sogar die Ärmsten, die BezügerInnen von Ergänzungsleistungen, betroffen. Für Reiche bezahlen? Die Frage ist: Soll die Bevölkerung dafür bezahlen, dass Wirtschaft und Wohlha- bende vom Fiskus geschont werden? In den letzten zehn Jahren wurden diese bei- den Gruppen um Hunderte von Millionen entlastet. Die Wirtschaft zahlt mittler- weile nur noch rund zehn Prozent ans Steueraufkommen. Diese Ausfälle aus den Steuergesetzrevisionen sind es, wel- che die Kantonskasse aus dem Lot ge- bracht haben, und nicht etwa überbor- dende Ausgaben. Die Rede vom «struk- turellen Defizit» ist eine Lüge, wie Kan- tonsrat Fredy Fässler in diesem «links» aufzeigt (S. 3). Wären die Steuern nicht so leichtfertig für Gruppen, die es gar nicht brauchen, gesenkt worden, so hätten wir heute keine Defizite und müssten keine Streichlisten aus- arbeiten. Verantwortlich für diese verfehlte Steuer- senkungspolitik und die unsozialen Fol- gen sind SVP, FDP und CVP sowie die mit ihnen verbandelten Wirt- schafts- und Gewerbeverbände. Sie glaub- ten, Steuern zu senken sei ein Allheilmit- tel. Ein grober Irrtum, der letztlich zum Staatsbankrott führt. Die St.Galler Stimm- berechtigten können, ja müssen ihnen im Oktober bei den Nationalratswahen und ebenso im März 2012 bei den Kantonsrats- wahlen die Quittung für diese kurzsichti- ge Politik an der Urne geben. Keine Stim- me den sozialen Demonteuren unseres Kantons! Alles hängt nun vom Widerstand ge- gen den Sozialabbruch ab, der sich an- bahnt. Damit der Haushalt konsolidiert werden kann, ist eine massvolle Steu- ererhöhung unumgänglich. Um dies zu vermeiden, sind die Bürgerlichen bereit, durch ein Streichkonzert dauerhafte Schä- den an der Infrastruktur und den Sozial- einrichtungen des Kantons in Kauf zu nehmen. Das darf nicht sein! Statt blind- wütigem Abbau muss es jetzt heissen: kei- ne weiteren Steuersenkungen mehr, statt- dessen massvoll neue Mittel beschaffen und diese klug und zukunftsgerichtet in- vestieren. Genau die Politik, für welche die SP einsteht. (red.) Kanton SG: Bald ein Abbruchobjekt? Neues Layout

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Page 1: Links St.Gallen 2011 Ausgabe 1

links 1.11 1

Inhalt Nr. 1/2011Gegen Waffengewalt 2Die Mär vom «strukturellen Defizit» 3Sie wollen nach Bern 4Kämpfer für den freien Sonntag 6Hausverbot am Hauptbahnhof 82011 ein Frauenjahr 11Wer will in den Kantonsrat? 12

E d i t o r i a l Am kantonalen Parteitag haben die Delegierten die NationalratskandidatInnen nominiert. Mit der Gestaltung dieser Liste beschreiten wir neue Wege: Erstmals seit über zwanzig Jahren tritt die SP mit nur einer Liste an. Das ist ein Wagnis, denn die SP hat mit den Frauenlisten viel Erfolg gehabt. Sie haben zusammen

mit der konsequenten Frauenförderung und den Quotenregelungen dazu geführt, dass heu-te die Frauen in allen Gremien der SP stark vertreten sind. So gibt es im Frauenjubiläumsjahr 2011 viel zu feiern, wofür damals hart gekämpft werden musste: 40 Jahre Frauenstimm-recht, 30 Jahre Gleichstellungsartikel oder 20 Jahre Frauenstreik. Heute vertrauen wir dar-auf, dass in der SP die Gleichstellung funktioniert und treten mit einer Liste mit sechs Frauen und sechs Männern an. Neben unseren zwei einflussreichen Bisherigen sind zehn hoch mo-tivierte Personen auf der Liste. Mit dem ersten Listenplatz für eine Juso-Vertreterin haben die Delegierten ein weiteres Zeichen gesetzt und gezeigt, dass sie die Jungpartei als wichti-ge politische Kraft Ernst nehmen. Die Entscheidungen für diese Listengestaltung waren nicht unumstritten. In einer Par-tei aber müssen verschiedene Meinungen gehört und diskutiert werden können, wie bei-spielsweise auch beim neuen Parteiprogramm. Einmal steht man bei der Minderheit, ein an-dermal bei der Mehrheit. Genau das macht die Breite und die Lebendigkeit unserer Partei aus. Auf diese müssen wir jetzt setzen, damit die düsteren Wahlprognosen nicht eintreffen. Denn wir wollen unseren Stimmenanteil erhöhen und wieder zurück auf das Niveau von 2003 kommen. Dazu müssen wir den Stimmberechtigten vermitteln, warum es sich lohnt, die SP-Liste oder Juso-Liste am 23. Oktober in die Urne zu legen. Die SP macht Politik für alle, für eine Schweiz der Chancengleichheit, des Ausgleichs, des Miteinanders. Das garantieren wir unseren WählerInnen. Claudia Friedl, Parteipräsidentin

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch Februar 2011 Nr. 1

Jetzt droht der Sozialabbruch!Das neue Sparpaket bringt Sozialabbruch und ist das Resultat einer verfehlten Steuerpolitik. Die St.GallerInnen können den Verantwortlichen im Wahljahr 2011 die Quittung erteilen.

Gemäss der St.Galler Regierung sollen 100 Mio. Franken eingespart werden,

gemäss der Finanzkommission sogar noch 50 Mio. mehr. Sparen ist hier das falsche Wort: Es geht um soziale Demontage. Von den 54 Massnahmen wären die Prämien-zahlerInnen, die SonderschülerInnen, der Regionalverkehr von Bahn und Bus und sogar die Ärmsten, die BezügerInnen von Ergänzungsleistungen, betroffen.

Für Reiche bezahlen?Die Frage ist: Soll die Bevölkerung dafür bezahlen, dass Wirtschaft und Wohlha-bende vom Fiskus geschont werden? In den letzten zehn Jahren wurden diese bei-den Gruppen um Hunderte von Millionen

entlastet. Die Wirtschaft zahlt mittler- weile nur noch rund zehn Prozent ans Steueraufkommen. Diese Ausfälle aus den Steuergesetzrevisionen sind es, wel- che die Kantonskasse aus dem Lot ge-bracht haben, und nicht etwa überbor- dende Ausgaben. Die Rede vom «struk-turellen Defizit» ist eine Lüge, wie Kan-tonsrat Fredy Fässler in diesem «links» aufzeigt (S. 3). Wären die Steuern nicht so leichtfertig für Gruppen, die es gar nicht brauchen, gesenkt worden, so hätten wir heute keine Defizite und müssten keine Streichlisten aus-arbeiten. Verantwortlich für diese verfehlte Steuer-senkungspolitik und die unsozialen Fol-gen sind SVP, FDP und CVP sowie die mit ihnen verbandelten Wirt-schafts- und Gewerbeverbände. Sie glaub-ten, Steuern zu senken sei ein Allheilmit-tel. Ein grober Irrtum, der letztlich zum Staatsbankrott führt. Die St.Galler Stimm-berechtigten können, ja müssen ihnen im

Oktober bei den Nationalratswahen und ebenso im März 2012 bei den Kantonsrats-wahlen die Quittung für diese kurzsichti-ge Politik an der Urne geben. Keine Stim-me den sozialen Demonteuren unseres Kantons! Alles hängt nun vom Widerstand ge-gen den Sozialabbruch ab, der sich an-bahnt. Damit der Haushalt konsolidiert werden kann, ist eine massvolle Steu-ererhöhung unumgänglich. Um dies zu vermeiden, sind die Bürgerlichen bereit, durch ein Streichkonzert dauerhafte Schä-den an der Infrastruktur und den Sozial- einrichtungen des Kantons in Kauf zu nehmen. Das darf nicht sein! Statt blind-wütigem Abbau muss es jetzt heissen: kei-ne weiteren Steuersenkungen mehr, statt-dessen massvoll neue Mittel beschaffen und diese klug und zukunftsgerichtet in-vestieren. Genau die Politik, für welche die SP einsteht. (red.)

Kanton SG: Bald ein Abbruchobjekt?

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Warum wir uns gegen Waffengewalt einsetzenSelten wird eine Volksinitiative von einem derart breiten Bündnis getragen. Fünf OstschweizerInnen erklären, weshalb sie die Initiative überzeugt und sie am 13. Februar Ja stimmen werden.

Renato Werndli, Allgemeinmediziner FMH, Mitglied der GL der SP St.Gallen, Eichberg:

Als Arzt bin ich besonders an der Annah-me der Initiative interessiert, da die Ret-tung von Menschenleben zu unserem Beruf gehört. Und diese Initiative rettet Leben! Nur schon die Tatsache, dass mein sonst eher bürgerlicher Berufsverband FMH die Initiative unterstützt, zeigt, dass die oft zitierten Studien vertrauens-würdig sind. Dass die GegnerInnen wis-senschaftliche Studien einfach uminter-pretieren oder als unwahr bezeichnen, zeigt wohl nur ihren Argumentations-notstand. Helen Klieve hatte kein Interes-se zu betrügen, als sie nachwies, dass der Schusswaffenmissbrauch in Australien seit der Verschärfung des Waffengesetzes 1996 massiv zurückging. Auch in Kana-da, Schottland, England und Wales gibt es ähnliche Studien von ForscherInnen, die

nicht von einem bestimmten Resultat ih-rer Arbeit abhängig sind, wie das oft im Pharmabereich der Fall ist. Auch die di-versen Studien, die zeigen, dass nur teil-weise zu anderen Tötungsmethoden ge-griffen wird, wenn eine Waffe nicht zur Verfügung steht, sind glaubhaft. Im übri-gen muss man nur schon mit logischen Schlussfolgerungen zur Erkenntnis kom-men, dass die Initiative wirklich Men-schenleben rettet und deshalb unbedingt zu befürworten ist.

Brigitte Huber, Beratungsstelle für gewalt- betroffene Frauen, St. Gallen, und Elisabeth Bossart, Frauenhaus St. Gallen: Frauen, die in der Familie Gewalt erleiden, leben in ständiger Unsicherheit. Schuss-waffen, die leicht verfügbar sind, verstär-ken die Angst der Gewaltbetroffenen. Die Tatsache, dass der Partner eine Waffe be-sitzt, macht Frauen hilflos und abhängig und erschwert den Ausstieg aus einer Ge-waltbeziehung. In diesem Klima der Angst verschärft das Wissen um die vorhandene Waffe das Gefühl der Bedrohung. Kinder wachsen in diesem Klima der Angst auf. Oftmals beenden erst Interventionen von aussen den Kreislauf der Gewalt innerhalb der Familie. Die Verfügbarkeit der Waffen

zu beschränken, wird zwar die Gewalt in-nerhalb der Familie oder Partnerschaft nicht stoppen. Sie ist aber eine der not-wendigen Massnahmen, um Frauen und Kinder zu schützen.

Sepp Kofler, Kantonspolizist, SP-Kantonsrat, Uznach:Mit welch absurden Vorstellungen die GegnerInnen der Initiative ihre Polemik betreiben, zeigt sich beispielhaft an den Aussagen des Komitees um die SVP-Nati-onalräte Ulrich Schlüer und Adrian Am-stutz. Für sie werden mit der Initiative die «ehrlichen Bürger» entwaffnet, die sich dann nicht mehr gegen Einbrecher ver-teidigen könnten. Das ist einfach nur Un-sinn. Einbrecher suchen nicht den Kon-takt mit den HausbewohnerInnen. Sie brechen in der Regel ein, wenn niemand zu Hause ist. Und wenn doch ein Kontakt zustande kommt, ergreifen sie in 99 von 100 Fällen die Flucht. Ausserdem: Wer sein Sturmgewehr den Sicherheitsvorschriften entsprechend aufbewahrt, muss zuerst den Verschluss holen und die Munition laden. Bis er das gemacht hat, liegt er schon lange am Bo-den, denn der schwer bewaffnete Einbre-cher lässt sich ja kaum einfach so erschie-ssen. Schliesslich ist die Aufforderung unverantwortlich, sich mit der Waffe ge-gen Verbrecher zu verteidigen. Sicherheit ist die Sache der Polizei. Was ist, wenn der «Verteidiger» in der Dunkelheit einen Fa-milienangehörigen mit einem Verbrecher verwechselt?

Yves Noël Balmer, Präsident SP Appenzell Ausserrhoden, Wachtmeister Panzergrenadiere:Eine Abschaffung des jährlichen obliga-torischen Schiessens ist nicht Teil des Ini- tiativtextes. Die Diskussion über Sinn oder Unsinn des Obligatorischen ist aber sehr angebracht. Heute werden die Dienst-pflichtigen im Jahresrhythmus und nicht mehr im Zweijahresrhythmus für den Wiederholungskurs in der Armee aufge-boten. Damit wird die Handhabung der Dienstwaffe direkt in der Armee trainiert. Dies unter deutlich realitätsnäheren Be-dingungen als beim Obligatorischen, das von Schützenvereinen organisiert wird. Aus meiner Sicht sollen die Dienst-pflichtigen innerhalb ihrer Dienstzeit an der Waffe aus- und fortgebildet werden. Das Obligatorische ist in der heutigen Zeit nur noch Tradition und eine wichtige Ein-nahmequelle für die Schützenvereine. Eine militärische realitätsnahe Waffen-handhabung fördert das Obligatorische aber nicht. Bi

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Die Mär vom «strukturellen Defizit»Die St.Galler Regierung verbreitet beim neuen Sparprogramm die Mär vom «strukturellen Defizit». Das ist eine Irreführung. Es ging und geht nur um eins: die Steuern weiter zu senken.

Nun fährt die Regierung also wieder einmal mit der Abbruchbirne durchs

Land und reisst an staatlichem Leistungs-angebot nieder, was ein bürgerlich domi-niertes Parlament auf Antrag einer bür-

gerlich dominierten Re- gierung an sinnvollen und notwendigen staat- lichen Leistungen be-schlossen hat. Diese un- sinnigen Übungen ha- ben mittlerweile leider Tradition. Bereits das «1. Massnahmenpaket zur Wiederherstellung des

Gleichgewichts im Staatshaushalt» aus dem Jahre 1992, aber auch das «Massnah-menpaket 1997 zur dauerhaften Entlas-tung des Staatshaushaltes», wie auch der «Kantonsratsbeschluss über die Vorberei-tung des Massnahmenpaketes 2004 zur dauerhaften Entlastung des Staatshaus-haltes» (runder Tisch) hatten die gleiche Ausgangssituation, aber auch denselben politischen Zweck.

Das Gegenteil von LuxusBei allen diesen Sparpaketen war die Rede von «strukturellen Defiziten», vom Bestre-ben, nun den Staatshaushalt dauerhaft ins Lot zu bringen. Bei all diesen Vorlagen wurde suggeriert, die aktuelle wirtschaft-liche Situation des Kantons sei die Folge ei-nes exzessiven und luxuriösen staatlichen Lebenswandels. Das Gegenteil ist der Fall: Die st.gallische Politik ist seit jeher kosten-bewusst und zurückhaltend. Man gönnt

sich nichts, schon gar nicht et-

was Spezielles, wie die aktuelle Diskussion etwa um eine neue Kantonsbi-bliothek zeigt. Grund für all diese Spar- und Ver-zichtspakete ist nicht verschwenderisches Ausgabeverhalten, sondern eine kurzsich-tige, gescheiterte bürgerliche Steuer- und Finanzpolitik. Diese orientiert sich seit nunmehr zwanzig Jahren nicht mehr am ursprünglichsten aller Staatsziele, der Förderung der allgemeinen Wohlfahrt, sondern am Steuerfuss und an einem letztendlich für alle Beteiligten ruinösen Steuerwettbewerb.

Alleine in den letzten vier Jahren führten verschiedene Steuergesetzrevisi-onen und Steuerfussreduktionen zu Min- dereinnahmen von jährlich 450 Mio. Fran-ken beim Kanton und 280 Mio. Franken bei den Gemeinden. Diese Zahlen zeigen überdeutlich, dass die aktuellen Finanz-probleme hausgemacht sind und uns nicht einfach so quasi schicksalshaft ereilen.

Zweck ist Steuern senkenIrreführend ist aber auch die in sämt-lichen Sparpaketen vorgegebene Ziel-setzung. Es geht weder der Regierung noch dem Parlament um eine dauer- hafte Entlastung des Staatshaushal-tes. Wenn dies nur einmal tatsäch-lich die Zielsetzung in den vorange- gangenen Massnahmenpaketen ge-wesen wäre, so wäre dieses Ziel heute

erreicht und es müssten nicht weitere Pakete geschnürt werden. Eigentliche

Zielsetzung – auch des neuesten Sparpa-ketes – ist die Vorbereitung weiterer Steu-ersenkungen. Dies ist auch nach den aus-drücklichen Ausführungen der Regierung zum vorgelegten Sparpaket unverändert der eigentliche Zweck der Übung. Überdeutlich wird dies, wenn man die Anträge der Finanzkommission zum Sparpaket mitberücksichtigt, welche die von der Regierung vorgegebenen Spar-massnahmen von jährlich 100 Mio. noch um 50 Mio. Franken anheben will und die dabei auch vor sozialpolitisch absolut un-vertretbaren Verschiebungen der Kosten zu Lasten der Krankenkassenprämienzah-lerInnen nicht zurückschreckt. Für die SP bietet die Vorlage Gelegen-heit, gerade im Wahljahr aufzuzeigen, dass sich nur die Reichen einen armen Staat leisten können, wie es Willi Ritschard ein- mal formuliert hat, und der Bevölkerung darzulegen, welch unverantwortliche Fol-gen die bürgerliche Finanz- und Steuerpo-litik mit sich bringt.

Fredy Fässler, SP-Kan-tonsrat, St.Gallen

Im Kanton St.Gallen droht eine grossflächige Demontage der sozialen Einrichtungen und der Infrastruktur.

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Wir wollen nach Bern!Die St.Galler SP-Delegierten haben ihre zwölf KandidatInnen für die Nationalratswahlen im Herbst nominiert. Neben den amtieren-den Zugpferden Hildegard Fässler und Paul Rechsteiner ist auch eine neue Generation von jungen Genossinnen vertreten.

Parteipräsidentin Claudia Friedl konnte in Rorschach rund hundert Delegierte

und Gäste zum Nominationsparteitag be-grüssen. Sie machte gleich klar, wofür es dieses Jahr den vollen Einsatz von uns al-len braucht: «Unser Ziel für die Wahlen im Herbst: Wir wollen unsere beiden Sitze im Nationalrat verteidigen und unseren Stim-menanteil wieder auf das Niveau von 2003 mit 18 Prozent steigern.»

Bewährte Kräfte…Die Geschäftsleitung hatte klare Vorstel-lungen, mit welchen KandidatInnen die-ses Ziel erreicht werden kann. Da die SP nur noch mit einer Liste antreten will,

war die Auswahl dieser zwölf keine leichte Angelegenheit. Die Bisherigen Paul Rech-steiner und Hilde Fässler stellen sich für eine Wiederwahl zur Verfügung. Beide haben einen beeindruckenden Leistungs-ausweis. Ihre Nomination war denn auch unbestritten. Umso mehr Diskussionen gab es bei der Frage, wer den ersten Listen-platz belegen darf.

1. Simmler Monika, Co-Präsidentin Juso, Jus-Studentin, St.Gallen

2. Rechsteiner Paul, Rechtsanwalt, Präsi-dent Schweizerischer Gewerkschafts-bund, St.Gallen

3. Fässler Hildegard, Mathematikerin, Poli-tikerin, Grabs

4. Blumer Ruedi, Schulleiter, Kantonsrat, Gossau

5. Bucher Laura, Juristin, Kantonsrätin, St.Margrethen

6. Fässler Fredy, Rechtsanwalt/Mediator, Kantonsrat, St.Gallen

7. Friedl Claudia, Dr. sc. nat. ETH, Umwelt-

D i e L i s t e – S P S o z i a l d e m o k r a t i s c h e P a r t e i u n d G e w e r k s c h a f t e n

naturwissenschaftlerin, Kantonsrätin, St.Gallen

8. Gemperle Felix, Regionenleiter SBB, Kan-tonsrat, Goldach

9. Gysi Barbara, Sozialpädagogin MAS, Stadträtin, Fraktionspräsidentin, Kan-tonsrätin, Wil

10. Ledergerber Donat, Sekundarlehrer, Schulleiter, Kantonsrat, Kirchberg

11. Surber Bettina, Rechtsanwältin, Stadt-parlamentarierin, Co-Präsidentin Stadt-partei, St.Gallen

12. Walser Joe, Reallehrer, Feinmechaniker, Sargans

Welche Schweiz wollen wir?Jacqueline Fehr, Vizepräsidentin der SP Schweiz, stimmte die St.Galler Genossinnen und Genos-sen am Nominationsparteitag auf das Wahljahr ein. Nachfolgend ein Auszug aus ihrer Rede.

Seit ihrer Gründung steht die Freiheit und damit Befreiung der Menschen

von Abhängigkeit und Zwang als politi-sches Ziel im Zentrum sozialdemokrati-

scher Politik. Ging es in den ersten Jahr-zehnten um die Befreiung von Armut, Unrecht und Willkür, verlagerte sich der Fokus in jüngerer Vergangenheit auf die Befreiung von gesellschaftlichen Zwängen und Konventionen. Die Schweiz ist heute stolz auf die vielfältigen sozialdemokrati-schen Errungenschaften. Zum Beispiel auf die Sozialwerke, das öffentliche Bildungs-wesen, die Infrastrukturen von Bahn, Post und Telekom oder das Frauenstimmrecht. In erster Linie ist dies das Verdienst einer kämpferischen, gradlinigen und lö-

sungssuchenden SP. Doch wir sind noch nicht am Ende der Geschichte. Die zuneh-mende Ungleichverteilung von Einkom-men und Vermögen weltweit, aber auch in der Schweiz lassen keinen Zweifel offen: Es muss anders werden! Unsere Alternati-ve ist eine Gesellschaft des Miteinanders statt des Alle-gegen-Alle. Uns geht’s ums Gemeinwohl. Wir stellen uns gegen eine Politik der Sonderinteressen einiger we-niger Privilegierter. Um die Gesellschaft wirklich zu verändern, müssen wir den Zeitgeist mit unseren Werten prägen.

Bereits am letzten Parteitag in Wil wurde entschieden, den Juso den ersten Listenplatz – vor den Bisherigen – zu über-lassen. Ein mutiger Entscheid, der nun am Nominationsparteitag nochmals in Frage gestellt wurde. Eine knappe Mehrheit der Delegierten war zwar bereit, auf den Ent-scheid zurückzukommen. Nach einer aus-giebigen und engagierten Diskussion fand aber doch der Antrag der Geschäftsleitung eine Mehrheit. So bleibt es dabei: Die Juso behalten den Spitzenplatz vor den Bishe-rigen, danach folgen Mann-Frau abwech-selnd in alphabetischer Reihenfolge.

…und neue GesichterDie Juso-Vertreterin Monika Simmler aus St.Gallen belegt jetzt den ersten Platz. Sie ist aber nicht die einzige junge Frau auf der Liste. Mit Kantonsrätin Laura Bucher (St.Margrethen) und Bettina Surber, Co-Präsidentin SP Stadt St.Gallen, setzen die Delegierten ihr Vertrauen auch in die neue Generation von Politikerinnen. Sechs star-ke Frauen und sechs starke Männer, die al-le nach Bern wollen. Eine wichtige Voraus-setzung, damit wir am 23. Oktober bei den Wählerstimmen zulegen können. Dario Sulzer

In Bern fallen die wichtigen Entscheide. Wer entscheidet in der kommenden Legislatur mit?

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Wir wollen die Menschen für eine Ge-sellschaft des Miteinanders und des sozia-len Fortschritts gewinnen. Wir wollen sie auf unserer Seite wissen, wenn es um die zentralen Probleme geht. Wir wollen, dass sich der sogenannt «gesunde Menschen-verstand» mit unseren politischen Ein-schätzungen deckt. Wir wollen die Deu-tungshoheit. Egal ob als Arbeitnehmer oder Arbeitgeberin, egal ob als Hausbe-sitzerin oder als Mieter, egal ob jung oder alt, krank oder gesund, arm oder reich.

Wer sich für eine Gesellschaft des Mitein-anders einsetzt, ist mit uns unterwegs. Die Erfolge der SP sind Motivation und Verpflichtung zugleich. Fortschritte machten wir dann, wenn wir mit bei-den Füssen auf dem Boden und mit offe- nen Ohren an den Familien und Vereins- tischen politisiert haben. Erfolge hatten wir dank fleissiger, lustvoller Präsenz draussen im richtigen Leben. Und über-zeugen konnten wir mit Leidenschaft und nicht mit Kalkül. Diese Erfahrungen sol-

len uns in der täglichen Arbeit und ganz besonders im Wahlkampf leiten. Politik findet dort statt, wo die Men-schen sind. Und Politik findet dann statt, wenn unsere Wählerinnen und Wähler merken, dass es auch um ihr Leben und ih-re Zukunft geht. Erzählen wir deshalb von uns. Legen wir offen, weshalb wir von un-serer Politik überzeugt sind. Und machen wir klar, dass es bei den Wahlen um mehr als die Wahlen geht. Jacqueline Fehr

Monika Simmler, St.Gallen, Juso Paul Rechsteiner, bisher, St.Gallen Hildegard Fässler, bisher, Grabs Peter Blumer, Gossau

Laura Bucher, St.Margrethen Fredy Fässler, St.Gallen Claudia Friedl, St.Gallen Felix Gemperle, Goldach

Barbara Gysi, Wil Donat Ledergerber, Kirchberg Bettina Surber, St.Gallen Joe Walser, Sargans

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Kämpfer für den freien SonntagDie Kampf gegen längere Ladenöffnungszeiten wurde auch dank Peter Oberholzer gewonnen. Der engagierte Theologe aus St.Gallen mobilisierte in kirchlichen Kreisen.

Wenn es gegen die Sonntagsarbeit geht, ist Peter Oberholzer in seinem Ele-

ment. Schon an fünf Abstimmungskämp-fen hat er mitgewirkt. Vier davon hat er gewonnen, drei davon im Kanton St.Gal-len. Keine schlechte Erfolgsbilanz. Und die Niederlage bei der eidgenössischen Vorla-ge über den Sonntagsverkauf in Bahnhö-fen im Jahr 2005 fiel bei einer Mehrheit von 55% denkbar knapp aus. «Die Liberali-sierung wurde damit gestoppt», deutet er rückblickend die «positive» Niederlage. Die nachfolgenden Vorlagen in den Kantonen, wo eine Ausdehnung der Ladenöffnungs-zeiten vors Volk kam, wurden allesamt abgelehnt. Die Resultate haben ihm Recht gegeben. Doch für Oberholzer geht es nicht nur um Ladenöffnungszeiten. Den Sonntag für die Menschen als freien Tag zu bewah-ren hat für ihn eine grundsätzliche Bedeu-tung. Es gehe darum, der Übermacht der Wirtschaft und der fortlaufenden Öko-nomisierung unseres Lebens entgegen zu treten. «Ich wehre mich gegen den To-talanspruch der Wirtschaft», sagt er. Der Mensch brauche Zeit und Raum für seine sozialen Beziehungen. Zu diesem Raum gehöre der Sonntag, der möglichst frei von beruflichen Pflichten bleiben soll. Wenn dieser Raum zunehmend eingeschränkt wird, so entstünden grosse soziale und wirtschaftliche Folgeschäden. Oberholzer verweist auf Studien des Arbeitspsycholo-gen Friedhelm Nachreiner, der die Proble-me von PartnerInnen mit ungleichen Ar-beitszeiten analysiert und festgestellt hat, dass die Kinder in solchen Familien sehr unter Kontaktverlusten leiden.

Soziale VerpflichtungSeit 1982 amtet Peter Oberholzer als Pfar- reibeauftragter, zuerst im Quartier St.Fi-den und seither im Heiligkreuz. Hier hat er es mit einer bunt gemischten Gemein-de mit vielen Nationalitäten zu tun. Unter ihnen sind MigrantInnen, die besonders von der Prekarisierung der Arbeit und Bil-liglohnjobs betroffen sind. «Wenn Jesus heute nach St.Gallen käme, würde er im Quartier Lachen oder Heiligkreuz leben», sagt er in Anspielung auf die soziale Bot-schaft des Evangeliums. Diese ist für ihn wegleitend, und er hält es für verfehlt, wenn Theologen und Kirchenleute nur die «frömmige» Seite der christlichen Leh-

re sehen wollen. «Es gibt auch eine soziale Verpflichtung.» Dieses Engagement gehört für ihn zur Ausübung des Berufs. Oberholzer ärgerte sich sehr, als er mitansehen musste, dass sich die kantona-len Behörden trotz dem dreimaligen Nein der St.Galler Stimmberechtigten zu einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gegenüber Ladengeschäften, die illegaler- weise am Sonntag offen halten, sehr nach-sichtig zeigten. Das veranlasste ihn na-mens der von ihm gegründeten «Ökume-nischen Arbeitsgruppe Sonntag» zu einem offenen Brief an Regierungsrat Josef Kel-ler (CVP), in dem er dem Volkswirtschafts-

chef vorwarf, die Bevölkerung in die Irre zu führen: «Als Regierungsrat können Sie selber kein Nichtwissen vorschützen. Sie tragen die Verantwortung für die Einhal-tung der Gesetze. Sie selber haben uns in den Hearings zu den Ladenöffnungen ver-sichert, Sie würden den Vollzug des Ruhe-tagsgesetzes überwachen. Sie haben das mit viel Überzeugung vorgetragen. Wir haben Ihnen geglaubt und einem Kom-promiss für die Tankstellenshops zuge-stimmt. Nun müssen wir erkennen, dass wir irregeführt worden sind.» Eine Ant-wort auf seine Schelte hat Oberholzer nicht erhalten. Offenbar stiess er damit auch bei den Medien, die ihn weitgehend ignorierten, auf wenig Gegenliebe. Sol-che Erfahrungen können ihn jedoch nicht beeindrucken. Er bleibt auch im gewerk-schaftlichen Komitee, das gegen die Ver-längerung der Öffnungszeiten gegründet wurde, die treibende Kraft und sagt: «Wenn wir nicht gesehen hätten, dass der Kanton nun offenbar doch nicht passiv bleibt, hät-ten wir eine Aufsichtsbeschwerde einge-reicht.»

Ratzinger blockiertPeter Oberholzer blickt bereits auf viele Jahre soziales Engagement zurück. Aufse-hen erregte er etwa, als er vor der Kirche einen Stapel Bretter aufstellte, um damit die hohe Zahl von über 150 000 Arbeitslo-sen zu illustrieren – ein visueller Protest im Kirchenumfeld gegen die Lethargie ge-genüber einem gesellschaftlichen Skan-dal. Die Bretter habe er immer noch

Peter Oberholzer, Pfarreibeauftragter in St.Gallen-Heiligkreuz, ist sozial stark engagiert.

Kirche mit sozialer Verantwortung: Sensibilisierung für das Arbeitslosenproblem

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Anthroposophen und Neoliberale im selben BootAm 13. Februar stimmen wir über die kantonale Initiative «Für eine freie Schulwahl auf der Oberstufe» ab. Sie ist abzulehnen, weil die Schule keine Spielwiese für Ideo-logien sein darf.

Zu unheiligen Allianzen kommt es in der Politik ja immer wieder. So haben

sich auch im Initiativkomitee für die freie Schulwahl die etwas schwer fassbare «El-ternlobby» mit grünen Pädagogik-Refor-

merInnen und forschen Jungfreisinnigen zu-sammengeschlossen. Sie alle wollen die Schu-le dem freien Wettbe-werb aussetzen, wenn auch aus unterschiedli-chen Gründen. Und sie alle glauben, dass da-durch das Schulwesen

in unserem Kanton besser würde sowie die Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft zu-friedener wären.

Schule ist keine Spielweise Nur ist die öffentliche Volksschule aber keine Spielwiese für pädagogische Experi-mente oder Gewinnoptimierungsversuche und schon gar nicht für religiöse Missio-nen. Sie ist weder ein Produktions- noch ein Dienstleistungsbetrieb, sondern sie hat eine fundamentale Bildungsaufgabe. Sie stellt weder ein Produkt her, noch ver-richtet sie Arbeiten für ihre KundInnen. Sie entwickelt vielmehr die Fähigkeiten der ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler und bereitet diese für das Leben in der Gesellschaft vor. Das sind Aufga-ben, die sich schlecht mit Wettbewerb und freiem Markt in Einklang bringen lassen. Von Initiantenseite werden in der Dis-kussion immer wieder die Interessen und

Bedürfnisse einzelner Schülerinnen und Schüler betont, aber leider selten die An-sprüche der Gesellschaft. Viele sehen die Schule nur noch als Dienstleistungsbe-trieb. Allzu oft wird nur den Partikularin-teressen gefrönt und dabei das Allgemein-wohl vergessen. Besonders störend ist, dass man nicht davor zurückschreckt, die öffentliche Oberstufe und die Leistungen der SchulabgängerInnen schlecht zu re-den: Die VolksschulabsolventInnen seien ungenügend auf die abnehmenden Schu-len, Ausbildungsgänge und Lehren vorbe-reitet, ist immer wieder zu hören. Dabei wird leicht übersehen, wie vielschichtig die Kompetenzen unserer Jugendlichen heute sein müssen und auch sind.

Enormer EinsatzDie Qualität der St.Galler Volksschule ist anerkannt und erwiesenermassen auf ei-nem hohen Niveau. Das soll man auch im Hinblick auf eine anstehende Abstim-mung nicht verkennen. Unsere Schulen leisten tagtäglich einen enormen Einsatz für die Bildung und Erziehung unserer Ju-gendlichen, damit diesen die Integration in die Gesellschaft und der Sprung in die Arbeitswelt gelingt. Dafür soll ihnen der Staat die nötigen Ressourcen zur Verfü-gung stellen und möglichst grosse Freiräu-me für die Weiterentwicklung schaffen.

Der Souverän im Kanton St. Gallen wird voraussichtlich am Abstimmungs-sonntag ein deutliches Zeichen zugunsten der öffentlichen Volksschule setzen, wie dies schon der Kanton Thurgau im vergan-genen Jahr getan hat, als er eine gleichlau-tende Initiative mit einem Anteil von 83% verworfen hat. Das wird keineswegs hei-ssen, dass sich die Volksschule dann auf ihren Lorbeeren ausruhen darf. Sie wird sich, wie sie das schon immer getan hat, mit viel Energie und grosser Kraft jeden Tag weiter entwickeln. Hoffentlich dann zusammen mit den InitiantInnen.

Donat Ledergerber, SP-Kantonsrat,

im Magazin, berichtet er lachend. Trotz schwierigen Themen hat er den Sinn für Humor und Ironie nicht verloren. Ach ja, da kommt ihm noch eine andere Ge-schichte in den Sinn, nämlich als er Josef Ratzinger im Vatikan an der Einfahrt in die Tiefgarage hinderte. Oberholzer und einige Aktivisten wollten dem damaligen Chef der Glaubenskongregation und heu-tigen Papst eine Petition überreichen und passten ihn einfach am Garagentor ab. So konnten sie eine persönliche Übergabe des Anliegens sicherstellen. Eine direkte Ak- tion im christlichen Geist. Ralph Hug OberstufenschülerInnen sollen alle gleich behandelt werden. Die freie Schulwahl ist eine gefährliche Illusion.

A l l e s a g e n N e i nZum Volksbegehren «Freie Schulwahl auf der Oberstufe», das von Elternlobby und Jungfreisinnigen lanciert wurde, sagt nicht nur die SP Nein, sondern es wird von al-le grossen Parteien und Verbänden abge-lehnt: SVP, FDP und CVP haben die Nein-Pa-role herausgegeben, ebenso der kantonale Gewerkschaftsbund sowie der Gewerbe-verband. Im Nein-Komitee engagieren sich 17 Parteien und 150 Einzelpersonen (www.schulchaos-nein.ch). Über die Volksinitiati-ve wird am 13. Februar abgestimmt.

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«Hausverbot» am HauptbahnhofDer SBB-Sicherheitsdienst wollte das Sammeln von Unterschriften in der St.Galler Bahnhofunter-führung verhindern. Zu Unrecht. Augenzeuge Felix Birchler berichtet.

Seit einigen Monaten werden für die eid-genössische Volksinitiative «Ja zur Auf-

hebung der Wehrpflicht» Unterschriften gesammelt. Wer könnte ein grösseres Inte-resse an dieser Initiative haben als Rekru-ten in der RS? Also traf sich eine Dreier- gruppe der GSoA St.Gallen an einem win-terlichen Sonntagabend zum Verteilen von Unterschriftenkarten an die einrücken-den Soldaten. Der optimale Ort, um dies zu tun, ist die Bahnhofunterführung, da die meisten Soldaten fürs Einrücken den Zug benützen. Schon nach wenigen Minuten mar-schierte eine Zweierpatrouille der Securi-trans auf. Das ist eine private Sicherheits-firma, die im öV tätig ist. Sie gehört zu 51% der SBB und zu 49% der Securitas. Die SBB hat Securitrans mit der Wahrung von Ord-nung und Sicherheit in den Bahnhöfen be-auftragt. Die Patrouille stellte uns zur Re-de und fragte, was wir hier tun würden. Als wir erklärten, dass wir Unterschriften-karten verteilten, wurde uns mitgeteilt, dass wir dafür eine Bewilligung der SBB bräuchten. Da wir keine solche vorweisen könnten, sollten wir verschwinden.

An eine Wand geredetIn langen Diskussionen versuchten wir den beiden Securitrans-Männern klar zu machen, dass die Bahnhofunterführungen öffentlicher Grund sind. Dass also nicht SBB und Securitrans zuständig sind, was hier gemacht werden darf und was nicht. Doch man hatte das Gefühl, gegen eine Wand zu reden. Die beiden Sicherheits-leute hielten es auch nicht für nötig, sich bei den Vorgesetzten über die Rechtslage zu erkundigen. In ihrer Ausbildung hatten sie offenbar gelernt, immer mit Selbstbe-wusstsein und Durchsetzungsvermögen aufzutreten und sich nicht auf Diskussio-nen einzulassen. Da wir uns jedoch nicht wegweisen lassen wollten, wurde schliess-lich die Stadtpolizei gerufen. Die Zweierpatrouille der Stadtpolizei war jedoch auch keine Hilfe. Vielmehr un-terstützten die Beamten die Securitrans noch in ihren falschen Annahmen. Auch die Beamten meinten, das sei SBB-Gelän-de, da hätten sie nichts zu sagen. Wenn die Securitrans uns wegschicke, so müssten wir gehen. Wir verwiesen auf eine Aussage des städtischen Mediensprechers Urs Weis-haupt im «Tagblatt»: In den Bahnhofun-

terführungen gelte das öffentliche Recht vor den Weisungen der SBB. Aber offenbar kannten die Stadtpolizisten die Rechts-lage nicht, oder sie wollten sich einfach keine Arbeit aufhalsen und die mühsame Schreibarbeit lieber der Securitrans über-lassen. Immerhin telefonierte einer der beiden Polizisten ein bisschen herum. Was er dabei erfahren hat, behielt er für sich.

Abmarsch übers Gleis 1Nachdem die Personalien von allen drei GSoA-Aktivisten notiert waren, wurden wir gewissermassen wieder den Securi-trans-Männern übergeben. Diese kamen zum Schluss, ich solle ein Hausverbot be-kommen. Also hiess es Abmarsch für die ganze Gruppe ins Securitrans-Büro, das im westlichen Teil des Bahnhofs liegt. Die Reisenden, die auf Gleis 1 auf die Abfahrt ihres Zugs warteten, mussten sich mitten in einem Krimi vorkommen: drei junge Männer, eskortiert von zwei Securitrans-Uniformierten und zwei Stadtpolizisten! Im Securitrans-Büro verwandelte sich der Krimi dann aber endgültig in eine Komödie. Das Büro verströmte das Flair eines moldawischen Grenzpostens: ein fensterloser Raum mit einem schäbigem Holztisch, einige Stühle, ein paar Kisten mit vorgedruckten Formularen, im Hin-tergrund eine laufende Waschmaschine. Während des Schleudergangs wurde mir erklärt, dass ich für zwei Jahre den Bahn-hof nicht betreten dürfe, ausser um einen Zug zu besteigen oder ein Ticket zu kau-fen. Schon der Kauf eines «Snickers» oder eines Rivella an einem der Bahnhofkioske

könnte zu einer Anzeige wegen Hausfrie-densbruch führen.

Lesen sollte man könnenUm mir endgültig zu beweisen, dass die Unterführung zu seinem Securitrans-Reich gehört, gab mir einer der beiden dann noch den Lageplan ab, auf den er sich die ganze Zeit berufen hatte. Ich ent-deckte relativ rasch, dass sich jemand die Mühe genommen hatte, fast den ganzen Plan zu schraffieren, einige Stellen jedoch ausgenommen waren. Ich wies den Securi-trans-Mann darauf hin, dass offenbar das Schraffierte das SBB-Gelände sei, just die Unterführungen aber weiss gelassen wur-den. Er meinte darauf nur, das sei eben ei-ne schlechte Kopie. Habe ich etwa mein Hausverbot nur erhalten, weil die Securi-trans bei ihren Kopiergeräten spart? Die Begründung des Hausverbotes gab dann auch noch zu Diskussionen Anlass. Wir hätten eine «Kundgebung» durchgeführt, stand da. Dass wir nur zu dritt waren, spielte keine Rolle. In der Logik der Secu-ritrans kann man auch alleine eine Kund-gebung durchführen, wurde uns erklärt. Mit dem Hausverbot in der Tasche ver-zichtete die GSoA-Gruppe schliesslich auf ihren ursprünglichen Plan, später auch noch die einrückenden Soldaten am Bahn-hof Gossau in Empfang zu nehmen. Ein Hausverbot pro Abend war uns genug.

Hausverbot zurückgenommenBereits wenige Tage später hat die SBB das Hausverbot wieder aufgehoben und sich bei mir entschuldigt. Ein Brief meiner

In der St.Galler Bahnhofunterführung ist Unterschriftensammeln erlaubt – auch wenn Securitrans-Angestellte anderer Ansicht sind.

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Rechtsanwältin und eine Anfrage des «Tag-blatts» hatten eine sechszeilige Antwort zur Folge. Der interessanteste Punkt in die-sem Schreiben ist aber die folgende Aussa-ge: «Wir werden als nächstes die Thematik der Zuständigkeiten in der Unterführung der SBB RailCity St.Gallen gemeinsam mit der Stadt St.Gallen, der Stadtpolizei und unserem Sicherheitsdienst besprechen.» Um zu verhindern, dass Stadtpolizei und Securitrans gemeinsam versuchen, das Unterschriftensammeln in der Bahnhofs-unterführung zu unterbinden, habe ich die Stadt St.Gallen bereits aufgefordert, die demokratischen Rechte und nicht nur die Sicherheitswünsche der Securitrans zu beachten. Die Ausübung demokratischer Rechte muss prinzipiell nicht von Sicher-heitsdiensten bewilligt werden. Felix Birchler

16 Franken Stundenlohn!Es gibt noch immer skandalöse Tieflöhne – auch in St.Gallen. Die neu lancierte Mindestlohn- Initiative der SGB-Gewerkschaften soll sie beseitigen.

Zum Auftakt der Unterschriftensamm-lung führte Unia in St.Gallen eine sym-

bolische Protestaktion durch. Im Schuhge-schäft Reno im Manor-Einkaufszentrum werden Verkäuferinnen zu einem lausi-gen Stundenlohn von Fr. 15.60 beschäftigt. Wohlgemerkt keine Aushilfen, sondern gelernte Fachkräfte. Im Monat macht das 2 700 Franken aus. Wer kann davon in der teuren Schweiz leben? Reno gehört einer deutschen Schuhkette. Sie findet diesen Lohn normal und glaubt, noch sozial zu sein.

Verbreiteter als man denktReno ist nicht allein. Unia kennt Indust-riebetriebe im Rheintal, die ähnlich mie-se Löhne zahlen. Die Betroffenen – meist fremdsprachige Frauen – schlucken es, weil sie keine Wahl haben. In Amriswil zahlt Eugster-Frismag Stundenlöhne von Fr. 16.70. Der Familienkonzern macht mit der Montage von Kaffeemaschinen (auch Nespresso!) Riesengewinne. Mit solchen Missbräuchen soll bald Schluss sein. Die Gewerkschaftsinitiative verlangt einen gesetzlichen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde oder 4 000 Franken pro Monat (bei 42 Stunden pro Woche). «Nur mit ei-nem solche Lohn kann man heute anstän-dig leben», sagt SGB-Präsident Paul Rech-steiner. Ein gesetzlicher Mindestlohn konkur-renziert nicht die Gesamtarbeitsverträge. Denn dort, wo ein GAV gilt, sind die Löh-ne in der Regel ausreichend (oder zumin-dest auf dem Weg dazu). Das Problem sind die Branchen, wo keine GAV gelten, die Lohndumping verhindern. Das sind etwa

Landwirtschaft, Verkauf, Reinigung, Tex-tilindustrie, Call-Center, Dienstleistungen wie IT, Coiffeur oder Kosmetik. Die Wirt-schaft wehrt sich gegen einen Mindest-lohn per Gesetz mit dem Argument, das erzeuge vermehrt Arbeitslose. Doch SGB-Chefökonom Daniel Lampart widerlegt anhand von Studien: Ein Mindestlohn bringt eine ausgeglichenere Einkommens-verteilung und nützt durch mehr Kauf-kraft der Wirtschaft. (rh)

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In der St.Galler Bahnhofunterführung ist Unterschriftensammeln erlaubt – auch wenn Securitrans-Angestellte anderer Ansicht sind.

Fr. 15.60 Stundenlohn im Schuhgeschäft Reno: Protestaktion der Gewerkschaft Unia in St.Gallen

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WIR HABEN DIE WAHLWollen wir weiterhin eine Politik im Interesse von ein paar wenigen, die sich immer noch mehr nehmen? Oder wollen wir eine Politik für die ganze Bevöl-kerung? Wir sind dann stark, wenn wir miteinander Verantwortung übernehmen und nicht jeder für sich selber schaut. Dafür kämpft die SP zusammen mit Ihnen. Im Alltag, in der Wirtschaft und in der Politik.

Ich interessiere mich für die SP. Schicken Sie mir bitte Unterlagen. Die SP gefällt mir. Ich trete der Partei bei.

Vorname/Name:

Strasse/Nr.:

PLZ/Ort:

Telefon:

Email:

Datum:

Unterschrift

Talon an: SP Kanton St.Gallen, Postfach 1818, 9001 St.Gallen oder per Internet beitreten unterwww.spschweiz.ch/beitreten

Sieben VerwarnungenSieben Ladengeschäfte im Kanton St.Gallen wurden verwarnt, weil sie widerrechtlich am Sonntag geöffnet sind. Dies gibt die St.Galler Regierung auf einen Vorstoss von Barbara Gysi und Pe-ter Hartmann (SP) bekannt. Beide hatten verlangt, dass sofort der rechtmässige Zustand wiederhergestellt werde. Das Ärger-nis ist seit letzten Sommer bekannt. Doch das kantonale Amt für Wirtschaft und das Arbeitsinspektorat liessen sich Zeit, an-statt sofort gegen die illegalen Praktiken zu intervenieren, wie dies der Gewerkschaftsbund forderte. Insgesamt wurden elf fehlbare Ladengeschäfte festgestellt. Bei drei ergaben die Kon-trollen, dass sie offen sein dürfen, da sie Familienbetriebe sind und keine Angestellten haben. Ein Geschäft habe bewiesen, dass er ein Betrieb für Reisende sei und daher keine Bewilli-gungspflicht für Sonntagsarbeit benötigt. (red.)

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WIR HABEN DIE WAHLWollen wir weiterhin eine Politik im Interesse von ein paar wenigen, die sich immer noch mehr nehmen? Oder wollen wir eine Politik für die ganze Bevöl-kerung? Wir sind dann stark, wenn wir miteinander Verantwortung übernehmen und nicht jeder für sich selber schaut. Dafür kämpft die SP zusammen mit Ihnen. Im Alltag, in der Wirtschaft und in der Politik.

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2011 ist ein Frauenjahr!In diesem Jahr werden mehrere Jubiläen fällig: 40 Jahre Frauen-stimmrecht, 30 Jahre formale Gleichstellung und 20 Jahre Frauenstreik. Anlässe, sich wieder einmal Gedanken über den Fortschritt der Gleichberechtigung zu machen.

2011 wird ein Frauenjahr. Es gilt, sich an epochale Ereignis-

se in der Entwicklung der Frauenrechte zu erinnern. Die Schweiz gestand vor 40 Jahren, notabene als letztes europäisches

Land, seiner weiblichen Bevölkerung die vollen Rechte als Bürgerinnen zu. Vor 30 Jahren, 1981, wurde die formale Gleichstellung der Frau-en in der Verfassung verankert. Der Frauen- streik vom 14. Juni 1991

richtete sich gegen die verschleppte Gleichstellung und zeigte die grosse Kraft auf, die mobilisierte Frauen entwickeln können.

Der Kampf geht weiterDiese Jubiläen haben immer auch zwei Seiten. Auf der einen machen sie die Fort-schritte sichtbar, die im Laufe der Zeit von engagierten Frauen erreicht wurden. Aus der Erinnerung an diese Marksteine lässt sich Kraft und Mut für die Zukunft schöp-fen, denn der Kampf um die Realisierung der vor allem auf dem Papier stehenden Frauenrechte ist noch längst nicht zu En-de. Andererseits machen sie bewusst, dass es bis zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter und zur vollen Gleichberech-tigung noch ein weiter Weg ist. Stichworte dazu sind etwa die Tatsa-che, dass Frauen im Durchschnitt immer noch  20% weniger verdienen als Männer, dass die Mutterschaftsversicherung nur für berufstätige Frauen, aber nicht für solche gilt, die «lediglich» zu Hause Erzie-hungsarbeit leisten, oder dass lediglich 8% der Führungskräfte in der Wirtschaft weiblich sind. Immerhin dürfen wir uns damit trösten, dass es derzeit im Bundes-rat eine Frauenmehrheit gibt, was bisher noch nie der Fall war. Die Frauenjubiläen geben aber auch Anlass, uns zu vergegenwärtigen, dass Gleichstellung und Gleichberechtigung im realen Leben und nicht bloss auf dem Papier verankert werden müssen, damit sie wirksam sind. Eine fundamentale Er-kenntnis hierzu lautet so: «Chancengleich-heit und Gleichstellung sind nur mög-lich, wenn die Aufteilung der Arbeit nicht

mehr ans Geschlecht gebunden ist. Also wenn nicht einerseits vor allem die Män-ner die Erwerbsarbeit machen und sich auch sonst in der Öffentlichkeit profilie-ren und andererseits die Frauen die priva-te Familien- und Hausarbeit gratis leisten. Erst wenn verschiedene Lebensmodelle für Männer und Frauen, gemäß ihren in-dividuellen Bedürfnissen, möglich sind, auch gesellschaftlich anerkannt und ge-fördert werden, gibt es wirkliche Gleich-stellung.» (aus: Frauen auf dem öffentli-chen Parkett. Handbuch für Frauen, die Einfluss nehmen wollen, 2. Aufl. Bern/Zü-rich/Dortmund, eFeF-Verlag 1995).

«Frei geboren»Seit über 150 Jahren haben weitsichtige Frauen erkannt und gefordert, dass die Gleichstellung real und umfassend sein muss. Dies zeigt eine kleine Auswahl an Zitaten von engagierten Frauen aus den letzten zwei Jahrhunderten:

«Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne an Rechten gleich!» Olympe de Gouge, 1791

«Ohne die Emanzipation der Frauen ist der Begriff der Demokratie nur Heuchelei und Lüge!» Emilie Gourd (1879-1946)

«Wir müssen nun dahin wirken, dass die Gleichberechtigung in der Praxis bis zur letz-ten Konsequenz durchgeführt wird.» Elisabeth Selbert 1920

«Ich hoffe, dass die Männer auch ein Herz haben, und ich möchte den Männern wün- schen, zuzugeben, dass auch die Frauen ei-nen Kopf haben.» Emilie Lieberherr, 1981

Ò Daten der einzelnen Gedenkanlässe, die vom Komitee «Gleichstellung jetzt!» ab 8. März orga-nisiert werden, siehe Tagespresse.

Wir Frauen pfeifen auf porentiefe Sauberkeit ...

... wir forderngleiche Rechte!

Gertrud Zweifel Schäfli, St.Gallen

In der 1960er Jahren war der Kampf um das Frauenstimmrecht in der Schweiz noch nicht entschieden.

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Die grossen Schlagzeilen werden im Po-litjahr 2011 die Nationalratswahlen

machen. Im Hintergrund laufen aber auch schon die Vorbereitungen auf die nächs-ten Kantonsratswahlen. Diese finden näm-lich bereits am 11. März 2012 statt. Die SP St.Gallen hat sich für die Wahlkampagne vorgenommen, frühzeitig die KandidatIn-nen zu finden, damit sie ihre spezifischen Interessen und Fähigkeiten bei der Aus-arbeitung und Umsetzung der Kampag-ne einbringen können. Ein erfolgreicher Wahlkampf basiert darauf, dass die Kandi-datInnen ihn als «ihren» Wahlkampf emp-finden. Die Kantonsratswahlen im Jahr 2008 endeten für die SP mit einer herben Ent-täuschung. Quer durch den Kanton und in jedem einzelnen Wahlkreis büsste die SP an Wählerprozenten ein – zwischen 2.6% im Kreis Sarganserland und 6.3% im Kreis Werdenberg. Die Kantonsratsfraktion schrumpfte, auch aufgrund der Verkleine-rung des Kantonsrates von 180 auf neu 120 Sitze, auf 16 Personen. Im März 2012 wollen wir die Wahlen gewinnen, an Wählerprozenten und an Sitzen zulegen! Dazu brauchen wir die

besten KandidatInnen, die gewillt sind, ei-nen aktiven und originellen Wahlkampf zu führen mit dem Ziel, einen Sitz im Kan-tonsrat zu erobern. Der Kanton St.Gallen hat besseres verdient als die fantasielose bürgerliche Ausblutungs-Sparpolitik der laufenden Legislatur. Der Kanton St.Gallen hat einen Wahlsieg der SP 2012 verdient! Hast du Interesse an einer Kandida-tur? Oder möchtest du vorher noch einige

AZB9000 St.Gallen

Links Nr. 2/2011 Redaktionsschluss: 29.3.2011 Erscheinen: 22.4.2011

SP Schweiz26. März, nationaler Partei-tag (Wahlauftakt), Zürich

SP Kanton St.Gallen7. Mai, Ordentlicher Parteitag, Uznach

SP Stadt St.Gallen9. März, Mitgliederversamm-lung, Parolenfassung Markt-platz, 19.307. April, Hauptversammlung

SP Wil5. April, Hauptversammlung, Wil – Restaurant Signal, 20.00

SP Buchs18. Februar, Hauptversamm-lung, Buchs – Hotel Bären, 19.00

SP Goldach7. März, Vorversammlung zur Bürgerversammlung, Gol-dach – Restaurant Wiesen-tal, 20.00

SP Flawil9. März, Mitgliederversamm-lung, Flawil – Restaurant Park, 20.00

SP Rapperswil-Jona9. März, SP-Stamm, Rapperswil – Wirtschaft Johanna, 19.3023. März, Parteiversamm-lung, Rapperswil – Para-graph 11, 20.00

31. März, Bürgerversamm-lung7. April, SP-Stamm, Rappers-wil – Wirtschaft Johanna, 19.30

SP Rheintal18. März, Mitgliederver-sammlung, 19.30

SP Toggenburg2. März, Hauptversammlung, Mogelsberg – Restaurant Rössli, 19.00

Vorstösse aus der Novembersession des Kantonsrates

Interpellationen:– SP-Fraktion: Hohe Gewin-ne trotz Kurzarbeit?– SP-Fraktion: Forderun-

Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Felix Birchler, Fredy Fässler, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Dario Sulzer u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

gen des KLV– SP-Fraktion: Freie Mittel der Fachhochschulen und der Universität– Gysi-Wil/Hartmann- Flawil: Offene Läden an Sonntagen: Rechtmässigen Zustand wieder herstellen!– Gemperle-Goldach: Energieeffizienz und erneuerbare Energien statt Atomkraftwerke– Gadient-Walenstadt: Kosten verschieben auf Kosten von Sonderschüle-rinnen und -schülern?

Postulat:– SP-Fraktion: Funktion und Kompetenzen des Erziehungsrates

Fragen beantwortet haben, bevor du dich ins Abenteuer stürzt? Dann sprich jetzt dein Sektions- oder Kreisparteipräsidium auf die Kantonsratswahlen 2012 an und signalisiere dein Interesse. Auch das Par-teisekretariat nimmt gerne Interessensbe-kundungen entgegen. Hilf mit, dass die SP im Jahr 2012 zu den Wahlsiegern gehört! Oder noch besser: Werde selber zum Wahl-sieger und zur Wahlsiegerin! (sp)

S e r v i c e

Wer will in den Kantonsrat?Die SP sucht KandidatInnen für den St.Galler Kantonsrat. In einem Jahr wird gewählt. Bitte melden!

Geschafft!Unter dem Titel «Geschafft! Abenteuer Arbeit» ist ein Buch der 1944 in St.Gallen geborenen Marianne Berger erschienen (Verlag novum pro, Fr. 33.40). Berger ist Mitglied der SP und erzählt in ihrer Veröf-fentlichung von ihrer Arbeitskarriere als Au-pair, Air-Hostess, Stenodactylo, Direk-tionsassistentin, Übersetzerin und Werbe-assistentin. Die Erfahrungen und Einsich-ten, die sie in ihrem Arbeitsleben in über 27 Stellen erworben hat, schildert sie in kritisch-reflektierender, aber auch witzi-ger Weise, wobei ihre Aufmerksamkeit be-sonders auch den zwischenmenschlichen Faktoren gilt. Berger hat im gleichen Ver-lag die beiden Kinderbücher «Prinzessin Anna» und «Kraxelia und Hubrixus» pub-liziert. Übrigens: Marianne Berger gibt es

nicht, der Name ist ein Pseudonym. Die Autorin, die es jedoch wirklich gibt, be-hält ihren richtigen Namen für sich. (red.)

Wahlparteitag Am 26. März findet in Zürich ein ausser-ordentlicher Wahlparteitag der SPS statt. Im Zentrum steht der Auftakt zum Wahl-jahr 2011. Am Parteitag in Zürich wird ein 10-Punkte-Programm diskutiert und verabschiedet, mit dem die SP aufzeigen kann, dass wir uns als einzige Partei kon-sequent für die ganze Bevölkerung einset-zen. Mehr Informationen gibt es auf www.spschweiz.ch. Wer nicht als Delgierte/r sei-ner Sektion nach Zürich geht, kann sich als Gast für den Parteitag anmelden. An-meldungen an [email protected].