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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt 1 Pädagogische Hochschule des Kantons St. Gallen Studiengang Kindergarten und Primarschule Störungsprävention im Unterricht Bachelorarbeit im Rahmen der Ausbildung 2012-2015 im Studienbereich Erziehungswissenschaften von: Begleitung und Begutachtung: Katja Leonhardt Prof. Dr. Christa Urech Oberer Gubel 58 8645 Rapperswil-Jona 10. Januar 2015

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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Pädagogische Hochschule des Kantons St. Gallen Studiengang Kindergarten und Primarschule

Störungsprävention im Unterricht

Bachelorarbeit im Rahmen der Ausbildung 2012-2015 im Studienbereich Erziehungswissenschaften von: Begleitung und Begutachtung: Katja Leonhardt Prof. Dr. Christa Urech Oberer Gubel 58 8645 Rapperswil-Jona 10. Januar 2015

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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1 Inhaltsverzeichnis

2 Abstract ................................................................................................................... 4

3 Einleitung ................................................................................................................ 5 3.1 Fragestellung ......................................................................................................... 5 3.2 Interesse, Relevanz ............................................................................................... 5 3.3 Vorgehen ............................................................................................................... 6

4 Theoretische Grundlagen ...................................................................................... 7 4.1 Die Scholastik- Studie ........................................................................................... 7 4.2 John Hattie ............................................................................................................ 8 4.3 Klarheit .................................................................................................................. 8 4.4 Klassenführung ..................................................................................................... 9 4.5 Jacob Kounin ....................................................................................................... 12

4.5.1 Zusammenfassung Klassenführung ............................................................. 14

4.6 Störungen ............................................................................................................ 15 4.7 Störungsprävention ............................................................................................. 16 4.8 Hans-Peter Nolting .............................................................................................. 17

5 Unterthemen zur Fragestellung .......................................................................... 18 5.1 Prävention durch Regeln und Organisation ......................................................... 18

5.1.1 Wann Regeln einführen? .............................................................................. 19 5.1.2 Wie Regeln einführen? ................................................................................. 19 5.1.3 Konsequenzen bei Nichteinhalten von Regeln ............................................. 20 5.1.4 Organisation ................................................................................................. 21

5.2 Prävention durch breite Aktivierung, Akzent auf Unterrichtsführung ................... 23 5.3 Prävention durch Unterrichtsfluss. (Keine eigenen Unterbrechungen) ................ 26 5.4 Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale. (Augen im Hinterkopf, Signale senden, die genau den Richtigen treffen- Welleneffekt) ...................................... 28

6 Qualitative Forschung ......................................................................................... 31

7 Das Interview ........................................................................................................ 32 7.1 Interview- Leitfragen ............................................................................................ 32 7.2 Verwendetes Bildmaterial .................................................................................... 33

8 Qualitative Auswertung der Befragung .............................................................. 35 8.1 Ergebnisse zur allgemeinen Störungsprävention ................................................. 35 8.2 Ergebnisse zu den Regeln im Unterricht ............................................................. 36 8.3 Ergebnisse zur breiten Aktivierung ...................................................................... 38 8.4 Ergebnisse zum Unterrichtsfluss ......................................................................... 39 8.5 Ergebnisse zu den Präsenz- und Stoppsignalen ................................................. 40

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9 Schlussfolgerungen ............................................................................................. 41 9.1 Mein persönliches Fazit ....................................................................................... 44 9.2 Möglichkeiten zur Weiterforschung ...................................................................... 45

10 Urheberbestätigung ........................................................................................... 46

11 Literaturverzeichnis ........................................................................................... 47

12 Quellenverzeichnis ............................................................................................. 48

13 Abbildungsverzeichnis ...................................................................................... 48

14 Tabellenverzeichnis ........................................................................................... 49

15 Anhang ................................................................................................................ 49 15.1 Transkription der Interviews mit Schulkindern der 4. und 6. Primarklasse, sowie der 1. Sekundarklasse ....................................................................................... 49

15.1.1 Interview 4. Primarklasse ............................................................................ 49 15.1.2 Interview 6. Primarklasse ............................................................................ 55 15.1.3 Interview 1. Sekundarschule ....................................................................... 61

Quelle Titelbild: Augen im Hinterkopf, (Rüedi, 2002, S. 190)

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2 Abstract

Während verschiedener Stellvertretungen und Praktika, begegneten der Autorin immer

wieder Kinder, die den Unterricht auf irgendeine Art und Weise störten. Aufgrund die-

ser Vorkommnisse wollte sie in Erfahrung bringen, wie eine erfolgreiche Lehrperson

eine Klasse führen kann, damit möglichst wenige Unterrichtsstörungen auftreten. Sie

entschied sich, die Störungspräventionen genauer unter die Lupe zu nehmen. Stö-

rungsprävention ist im Bereich der Klassenführung angesiedelt, mit welcher sich ver-

schiedene Wissenschaftler/innen schon eingehend befasst haben. Der wohl bekann-

teste Vertreter und Forscher in der Störungsprävention ist Jacob Kounin. Seine fünf

Präventionsstrategien wurden von Hans-Peter Nolting übernommen und angepasst.

Diese bilden die Grundlage dieser Arbeit. Es werden Ansichten verschiedener Wis-

senschaftler/innen verglichen und dadurch vor allem Berufseinsteigerinnen und Be-

rufseinsteigern theoretisches Wissen vermittelt. Ergänzend zur Theorie, wurde ein

halbstrukturiertes Gruppeninterview mit Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Je-

weils drei Kinder einer vierten und sechsten Primarstufe sowie einer ersten Oberstufe

wurden interviewt, um herauszufinden, was die „Expertinnen und Experten“ der Schule

uns zu dieser Thematik zu sagen haben. Erstaunlich oft gab es von den Schülerinnen

und Schülern Übereinstimmungen mit der Forschung. Die Bedeutung von Präven-

tionsmassnahmen wird von allen Wissenschaftler/innen, die sich mit dieser Thematik

auseinandersetzen, einstimmig unterstützt. Unterschiede sind lediglich in der Umset-

zung feststellbar.

„Vorbeugen und präventive Strategien sind das A und O jeder gelingenden Klassen-

führung. Disziplin hängt vorwiegend von Verhaltensweisen ab, die guten Unterricht

und erfolgreiches Lernen ermöglichen, so dass Störungen oder Unterrichtsunterbre-

chungen gar nicht aufkommen“ (Rüedi, 2011, S. 231).

Keywords:

Scholastik-Studie, John Hattie, Jacob Kounin, Hans Peter Nolting, Klassenführung,

Klarheit, Störungen im Unterricht, Störungspräventionen, qualitatives Interview

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3 Einleitung

„Störungsfreier Unterricht ist eine didaktische Fiktion“ (Lohmann, 2013, S.14).

Störungen aus der Welt zu schaffen ist unmöglich. Daher wird in meiner Arbeit der

Fokus auf das Verstehen der Störungen, sowie auf ein zumindest teilweise erlernba-

res Handwerk gesetzt, welches Störungen einschränken soll, ohne sie eskalieren zu

lassen. Ich setze mich mit der Frage auseinander, was eine Lehrperson tun kann, an-

statt was sie hätte tun sollen.

3.1 Fragestellung

Wie führen erfolgreiche Lehrpersonen eine Klasse, damit möglichst wenige

Unterrichtsstörungen entstehen?

3.2 Interesse, Relevanz In meiner vorliegenden Bachelorarbeit wird untersucht, wie erfolgreiche Lehrpersonen

unterrichten, damit ein lernförderliches Klima entsteht und sich die Lernenden nach

ihren Voraussetzungen entwickeln können. Wie kann eine Lehrperson ihre Klasse füh-

ren, damit gute Voraussetzungen für das Lernen und Schaffen erhalten werden?

Es wäre auch möglich, eine ganze Arbeit über die Interventionsmassnahmen zu

schreiben, aber ich habe mich bewusst entschieden, mehr darüber zu erfahren, wie

erfolgreiche Lehrpersonen ihren Fokus aufs „möglichst gar nicht erst entstehen lassen

von Störungen“ legen.

Dieses Thema ist enorm umfangreich und es müsste, wollte es umfassend bearbeitet

werden, auf allen drei Ebenen, der Beziehungs- Unterrichts- und Disziplinebene, be-

trachtet werden. Obwohl für mich die Beziehung Lehrperson - Lernende höchste Prio-

rität in Bezug auf die Qualität im Unterricht und damit auf die Prävention der Störun-

gen hat, setze ich mich in dieser Arbeit mit der Disziplin-Management- Ebene ausei-

nander. Es interessiert mich zu erfahren, was dazu präventiv bewusst und gezielt un-

ternommen werden kann. Meines Erachtens sollte in der Ausbildung zur Primarlehr-

person dem Fach „Klassenführung“ mehr Gewicht beigemessen werden. Klassenfüh-

rung lässt sich aus meiner Sicht nur in der Praxis erproben, da nebst der Theorie auch

emotionale Aspekte und die Persönlichkeit der Lehrperson von entscheidender Be-

deutung sind. Mir ist bewusst, dass die Thematik in der vorliegenden Arbeit mehrheit-

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lich theoretisch abgehandelt wird. Trotzdem denke ich, mit den in der Folge aufgeführ-

ten wenigen, aber durchaus umsetzbaren Präventionsmassnahmen Berufseinsteige-

rinnen und Berufseinsteigern ein kleines Rüstzeug mitzugeben, um sie in der Vorbe-

reitung des Unterrichtens zu unterstützen.

In einem ersten Schritt widme ich mich der Scholastik-Studie und deren Ergebnisse,

welche für meine Fragestellung relevant ist und lasse kurz den neuseeländischen Bil-

dungsforscher John Hattie zu Wort kommen. In einem zweiten Schritt erkläre ich die

wichtigsten Begriffe wie Klarheit, Klassenführung, Störungen und Störungsprävention

und vergleiche diese „Schlagwörter“ mit den entsprechenden Ausführungen von be-

kannten Wissenschaftler/innen, darunter Jacob Kounin und Hans Peter Nolting.

Dann untersuche ich anhand von vier disziplinrelevanten Bereichen des Lehrerverhal-

tens den heutigen Stand der Erkenntnis in Sachen Störungsprävention im Unterricht.

Zu guter Letzt lasse ich den Kindern das Wort, damit sie mir über ihre Erfahrungen im

Unterricht, im Bereich der Störungsprävention, berichten können.

3.3 Vorgehen

Scholastik-Studie

Klarheit/ Klassenführung

Jacob S. Kounin

Störungen/ Störungsprävention

Hans-Peter Nolting

Prävention durch Regeln und Organisation

Prävention durch breite Aktivierung

Prävention durch Unterrichtsfluss

Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale

Qualitatives Gruppeninterview mit Schülerinnen und Schülern

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Arbeit, Katja Leonhardt, 13.9.2014

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4 Theoretische Grundlagen

4.1 Die Scholastik- Studie Im Jahr 1997 untersuchten Helmke und Weinert, (Meyer, H. 10/2003) den Unterricht

empirisch. Sie wollten erforschen, welches die wichtigsten Merkmale eines erfolgrei-

chen Unterrichts sind. Daraus entstand die bekannte Scholastik-Studie. (Schulorgani-

sierte Lernangebote und Sozialisation von Talenten, Interessen und Kompetenzen). In

vier Schritten untersuchten die Wissenschaftler den Stand der Forschung. In einem

ersten Schritt legten Sie Unterrichtsmerkmale fest, von denen sie vermuteten, dass

diese den Unterricht positiv beeinflussen. Es kristallisierten sich sechs Merkmale her-

aus:

1. Klassenführung (Intensität der Zeitnutzung für die Aneignung von Stoff, Über-

gänge von Unterrichtsphasen).

2. Strukturiertheit (Strukturierung des Ablaufs. Klarheit der Lehreranweisungen,

Sicherung der Schüleraufmerksamkeit usw.).

3. Unterstützung (Diagnose von Lernständen, individuelle fachliche Beratung. In-

tervention und Kontrolle, insbesondere bei Einzel- und Gruppenarbeiten).

4. Förderorientierung (Vorrang der Förderung lernschwacher Schülerinnen und

Schüler. Anpassung des Leistungsanspruchs an die Leistungsfähigkeit).

5. Soziales Klima (Lehrperson als persönlicher Ansprechpartner. Akzeptanz und

Thematisierungen des affektiven Erlebens der Schülerinnen und Schüler).

6. Vielfalt der Unterrichtsformen.

In einem zweiten Schritt führten die Wissenschaftler eine Langzeitstudie durch. Sie

begleiteten über 50 deutsche Grundschulklassen insgesamt vier Jahre lang und beo-

bachteten die Schülerinnen und Schüler anhand der definierten Merkmale. Zu Beginn

und am Schluss des Beobachtungszeitraums wurden Leistungserhebungen in den

Fächern Deutsch und Mathematik durchgeführt.

In einem dritten Schritt identifizierten sie die Schulklassen mit dem geringsten und

höchsten Lernerfolg. Danach entschieden sie sich, mit den besten sechs Klassen, den

sogenannten „Best-Practice-Klassen“, weiterzuarbeiten. In einem vierten Schritt filter-

ten sie heraus, welche Merkmalsausprägungen der sechs besten Klassen am stärks-

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ten waren. Die Forschung fand heraus, dass insbesondere die beiden Kriterien „Klar-

heit“ und „Klassenführung“ sehr stark ausgeprägt waren.

4.2 John Hattie In einer Zusatzhypothese formulierten die Wissenschaftler die These, dass die Lern-

fortschritte in guten Klassen aus einem grossen Teil an der Lehrperson, bzw. Klassen-

führung lagen. Diese Aussage deckt sich mit dem neuseeländischen Bildungsforscher,

der im Moment in aller Munde ist – John Hattie. Er hat mit verschiedenen Indikatoren

die weltweit grösste Studie zum Thema des guten Unterrichts analysiert. Das Fazit

aus seinem Buch „Visible Learning“ lautet, dass das entscheidendste Merkmal guten

Unterrichts die Lehrperson selber sei. Er schreibt von sechs Wegweisern für die Exzel-

lenz im Bildungsbereich. Als ersten Wegweiser nennt er: „Lehrpersonen gehören zu

den wirkungsvollsten Einflüssen beim Lernen“ (Hattie, 2013, S. 280). Die weiteren fünf

Punkte beziehen sich auf die Unterrichtsgestaltung. In allen sechs Wegweisern wird

das Wort „Lehrperson“ bewusst herausgestellt (vgl. Hattie, 2013, S. 280f.).

4.3 Klarheit Bei Klarheit differenziert Helmke (2014) vier Komponenten. Die akustische Versteh-

barkeit, sprachliche Prägnanz, inhaltliche Kohärenz und fachliche Korrektheit. Klarheit

bezieht sich eher auf die Sender/innen, die Verständlichkeit eher auf die Empfän-

ger/innen. Alles hängt auch von den Merkmalen der Sprache und des Sprechens ab,

also von der Ausprägung von: Lautstärke, Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit, Pausen,

Artikulation, Modulation, Timbre, Unterstützung durch Gestik und Mimik und nicht zu-

letzt davon, ob Standartsprache oder Dialekt gesprochen wird (vgl. Helmke, 2013,

S.191).

Rüedi (2002) bettet den Begriff Klarheit unter „Guter Unterricht“ ein. Für ihn ist die

Struktur des Unterrichts massgebend. Ist der Einstieg klar erkennbar? Sind die einzel-

nen Schritte nachvollziehbar? Ist der Stoff gegliedert und sind verbindliche Regeln und

Rituale vorhanden? Er schränkt den Begriff viel mehr ein als Helmke.

Weiter fällt auf, dass Meyer (2004) den Begriff Klarheit in seinen zehn Merkmalen gu-

ten Unterrichts zweimal verwendet. Einmal bei der klaren Strukturierung des Unter-

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richts und ein anderes Mal bei der inhaltlichen Klarheit. Ersteres Kriterium deckt sich

mit der Erklärung von Rüedi und das zweite Kriterium mit demjenigen von Helmke,

wobei Meyer (2004) die Klarheit als Qualitätsmassstab von gutem Unterricht in sechs

Dimensionen aufteilt. Dies sind die Ziel-, Inhalts-, Sozial-, Prozess-, Handlungs- und

die Raumstruktur des Unterrichts.

4.4 Klassenführung Spannend sind die empirischen Studien zur Klassenführung, die zeigen, dass wenn

man Lehrpersonen mit unterschiedlich langer Unterrichtserfahrung zum Begriff be-

fragt, diese andere Schwerpunkte setzen. Für Novizen ist der Begriff der effizienten

Klassenführung ziemlich identisch mit Disziplin. (Schülerinnen und Schüler unter Kon-

trolle haben, mit störenden Lernenden umgehen und die Funktion als „Chef“ wahr-

nehmen). Lehrpersonen mit viel Berufserfahrung hingegen erwähnen den Begriff der

Disziplin im Zusammenhang der Klassenführung fast nie. Für sie bedeutet Klassenfüh-

rung vielmehr die sorgfältige Planung der Lektionen, die Organisation von interessan-

tem Lernmaterial und die rechtzeitige Etablierung klarer Regeln des Verhaltens in der

Klasse. Kurz: Prävention (vgl. Helmke, 2014, S. 177).

Klassenführung wird- neben der diagnostischen, fachlichen und didaktischen Kompe-

tenz- als eine der Basiskompetenzen des Lehrberufs angesehen. Die internationale

Forschung zeigt, dass kein anderes Merkmal so eindeutig und konsistent mit dem

Leistungsniveau und dem Leistungsfortschritt von Schulklassen verknüpft ist, wie die

Klassenführung (Walberg & Paik, 2000; Anderson, Ryan & Shapiro, 1989; Emmer &

Stough, 2001; Brophy, 2006, Einsiedler, 1997. In Helmke, 2014, (Hrsg.) S.173f.).

Helmke ordnet Klassenführung folgende Aspekte zu:

1. Klassenlehrer sein (Aufgaben und Verantwortung, soziales Leben in der Klas-

se).

2. Klassenführung als Inbegriff erfolgreichen Unterrichtens und Führens.

3. Klassenführung als Reaktion auf Störungen.

4. Integrativer Ansatz. Präventive, proaktive und reaktive Elemente.

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Manchmal taucht der Begriff der Klassenführung auch als Teilaspekt einer anderen

Klassifikation auf. Meyer zum Beispiel integriert ihn unter „klarer Strukturierung.“ Er

sagt: „Unterricht ist dann klar strukturiert, wenn das Unterrichtsmanagement funktio-

niert“ (Meyer, 2004, S. 32).

Nolting (2012) spricht von Klassenführung wie folgt:

„Gemeint ist damit im Wesentlichen die erzieherische Seite des Unterrichtens: die

Herbeiführung von Ordnung, von aktiver Mitarbeit, von Kooperation und guten Bezie-

hungen – mithin zugleich die Begrenzung von Verhaltensproblemen“ (Nolting, 2012,

S. 11f.).

Lohmann (2013) schreibt von Klassenmanagement und unterteilt dies in die drei Di-

mensionen:

1. Sozialpädagoge, d.h. sozialpädagogisches Handeln. Vergleichbar mit dem ers-

ten Punkt von Helmke: Klassenlehrer sein.

2. Fachmann, d.h. korrektes sachorientiertes Handeln. Vergleichbar mit Punkt 2

von Helmke: Erfolgreiches Unterrichten.

3. Dompteur, d.h. diszipliniertes Handeln. Auch Lohmann integriert hier die Aus-

sage: „Auf Störungen sofort reagieren.“

Weiter unterteilt er die Klassenführung in zwei Strategien: Die proaktive und die reakti-

ve Strategie. Reaktive Strategien kommen dann zum Einsatz, wenn bereits Störungen

aufgetreten sind. Für ihn liegt das Geheimnis des Erfolges aber in der Prävention. „In

Klassen mit wenigen Störungen minimiert die Lehrperson das Auftreten von Störungen

durch proaktive Strategien, d.h. durch allgegenwärtig sein, den Gruppenfokus behal-

ten, zügig und zielorientiert sein, sowie für Abwechslung und intellektuelle Herausfor-

derung sorgen“ (Lohmann, 2013, S. 33f.).

Helmke beschreibt das Klassenmanagement als vorausplanendes Handeln. Er bezieht

sich auf die Studien von Evertson et al. (Evertson et al., (2002). In Helmke, 2014,

(Hrsg.) S.183), der sich auf elf Punkte stützt, die als Grundlage eines Trainingspro-

grammes dienen und die nach ihm zu berücksichtigen sind. Es fällt auf, dass diese

Punkte sehr eng mit Noltings Prinzipien und einer erfolgreichen Störungsprävention

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übereinstimmen, welche in dieser Arbeit eingehend behandelt werden. Deshalb neh-

me ich bei den nächsten elf Punkten darauf Bezug (vgl. Kapitel 5).

1. Klassenraum vorbereiten: Staus und Störungen werden vermieden, Raum ist für

die Lehrperson gut übersehbar, Material ist für die Lernenden leicht zugänglich

(vgl. Kapitel 5.1, Nolting: Prävention durch Organisation).

2. Regeln und Verfahrensweisen planen: Entwicklung präziser - das meint möglichst

unmissverständlich formulierter - Regeln für die Zusammenarbeit, Aushang der

Regeln, Entscheidungen über zulässige und unzulässige Verhaltensweisen (vgl.

Kapitel 5.1, Nolting: Prävention durch Regeln).

3. Konsequenzen festlegen: (vgl. Kapitel 5.1, Nolting: Prävention durch Regeln).

4. Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten: (vgl. Kapitel 5.4, Nolting:

Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale).

5. Regeln und Prozeduren unterrichten: Am Anfang des Schuljahres einführen (vgl.

Kapitel 5.1, Nolting: Prävention durch Regeln).

6. Aktivitäten zum Schulbeginn: Das Zusammengehörigkeitsgefühl und den Klassen-

geist fördern (ist für mich Bestandteil der Beziehungsarbeit, auf welche ich in die-

ser Arbeit bzgl. Störungsprävention nur sehr gering eingehe).

7. Strategien für potenzielle Probleme: rechtzeitig Strategien planen, wie man mit

Störungen des Unterrichts, bedingt durch Leerzeiten oder durch inhaltliche

Schwierigkeiten, umgehen kann (vgl. Kapitel 5.3, Nolting: Prävention durch Unter-

richtsfluss).

8. Beaufsichtigung/Überwachen: Das Verhalten der Lernenden aufmerksam be-

obachten insbesondere bei Arbeitsbeginn (vgl. Kapitel 5.3 + 5.4, Nolting: Präventi-

on durch Unterrichtsfluss und Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale).

9. Vorbereiten des Unterrichts: Differenzieren (vgl. Kapitel 5.2, Nolting: Prävention

durch breite Aktivierung und Organisation).

10. Verantwortlichkeit der Schülerinnen und Schüler: Selbstwirksamkeit und Verant-

wortung für die Ergebnisse übernehmen.

11. Unterrichtliche Klarheit: Klare und strukturierte Informationen geben (vgl. Kapitel

4.3).

Helmke schreibt zu diesen Kategorien eine wichtige Erkenntnis, welche wiederum die

erfolgreiche Störungsprävention in der Klassenführung unterstreicht:

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„Entscheidend ist das Gesamtmuster der Kategorien: Lehrkräfte, die sich mit Erfolg an

diesen Prinzipien orientieren und sich auf diese Weise prospektiv-vorausschauend

und proaktiv (statt intervenierend und reaktiv) verhalten, haben nachweislich wesent-

lich weniger Schwierigkeiten mit der Klasse und gewinnen somit mehr Zeit und Res-

sourcen, die den eigentlichen Lehraufgaben zugute kommen“ (vgl. Helmke, 2014,

S.184).

Abbildung 2: Wirkungsgeflecht der Klassenführung (Helmke, 2014, S. 177)

Abbildung 2: Wirkungsgeflecht der Klassenführung (Helmke. 2014, S. 177)

4.5 Jacob Kounin Kounin (vgl. Seidel, o.J. S.138) ist der Wegweiser in Bezug auf die Klassenführung.

Seine Forschungsarbeiten aus dem Jahr 1976 und 2006 gelten als fundiert und von

besonderer Qualität. Sie erfüllen viele Kriterien. Kounin setzte verschiedene Methoden

wie Fragebogen, Beobachtungen, Experimente, Interviews und Videoaufzeichnungen

ein, um ein möglichst breites Spektrum an Hinweisen zu erfassen und daraus tiefe

Erkenntnisse schliessen zu können.

Lehrer-persönlichkeit

Professions-wissen

Kompetenzen

Pädagogische Orientierungen

Qualität des Unterrichts

Lernförderliches Klima, Motivierung, Aktivierung, Methodenvielfalt, Passung

Klassenführung

Regeln Zeitnutzung

Umgang mit Störungen

Aktive Lernzeit

Klassenkontext

Klassenklima, Klassenzusammensetzung

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Seine Forschungsarbeiten zum Thema „effektive Klassenführung“ und damit zur Stö-

rungsprävention gelten als wegweisend. Begonnen hatte es damit, dass Kounin einen

Vortrag hielt und er in den hinteren Reihen des Vortragssaales einen Studenten wahr-

nahm, der Zeitung las. Der Forscher massregelte den Studenten öffentlich. Durch die-

se Zurechtweisung verhielten sich auch alle anderen Studierenden plötzlich anders.

Sie wurden zurückhaltend und starrten auf ihre Unterlagen. Kounin interpretierte diese

pädagogische Situation als „Welleneffekt“, den er nicht antizipiert und beabsichtigt hat-

te (vgl. Seidel, o.J., S.138).

Dieser Vorfall interessierte Kounin derart, dass er mit seiner Forschung begann.

Er führte sie erst mit Beobachtungen, Fragebogen und Experimenten durch und ent-

schied sich nach fünfjähriger Forschungstätigkeit und vielen Widersprüchen in seinen

Ergebnissen, ein neues Projekt auf neuen Wegen zu suchen. Diesmal versuchte er es

mit Videokameras, welche die ganze Klasse erfassten. Die Bilder zeigten ihm deutlich

die Unterschiede der Klassen in Bezug auf Mitarbeit und Disziplin.

Er fand heraus, dass

es zwischen dem Verhalten der Zurechtweisung der Lehrperson und der Stö-

rungsrate keinen Zusammenhang gab.

bestimmte Reaktionsweisen der Lehrperson in einer Klasse Erfolg hatten, in der

anderen hingegen nicht.

nicht die Art der Reaktion auf Störungen bedeutsam war, sondern die Art und

Weise, wie Lehrpersonen den Unterricht organisieren, den Unterrichtsprozess

überwachen und durch die Art der Aufgabenstellungen für eine kognitiv aktivie-

rende Lernumgebung sorgen (Seidel, o.J., S.148).

Das Forschungsteam von Kounin startete eine neue Video-Studie mit 49 Grundschul-

klassen. Es ergründete die Bänder eingehend mit vor- und zurückspulen, damit sie

alle Einzelheiten mehrmals analysieren konnten. Es kristallisierte sich heraus, dass

das Geheimnis des Erfolgs in der Prävention und Antizipation lag. (vgl. Lohmann,

2013. S. 33) Aus diesen Ergebnissen entstanden die für Kounin fünf wichtigsten Di-

mensionen des Lehrerverhaltens (Seidel, o.J., S.138):

1. Disziplinierung (beinhaltet Massnahmen wie Klarheit (vgl. Kapitel 4.3), Festigkeit

und Härte).

2. Allgegenwärtigkeit und Überlappung (Die Lehrperson hat auch „Augen im Hinter-

kopf“).

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3. Reibungslosigkeit und Schwung (flüssiger Unterricht, Übergänge gut planen).

4. Gruppenmobilisierung (sich auf die ganze Klasse konzentrieren, gleichzeitig aber

auch die Fähigkeiten, den einzelnen Lernenden individuell zu unterstützen).

5. Abwechslung und Herausforderung.

Während andere Autor/innen einen Unterschied zwischen Klassenführung und Stö-

rungsprävention machen, fällt bei Kounin auf, dass bei ihm diese zwei Themenberei-

che zusammenfallen. Eine gute Klassenführung beinhaltet aus seiner Sicht die zentra-

len Aspekte einer Störungsprävention.

In vielen Literaturangaben wird Kounin als der prominenteste Vertreter dieses Stand-

punktes erwähnt (vgl. Keller, 2008, S. 73). Das heisst, von vielen Autor/innen werden

seine fünf Dimensionen erwähnt und doch haben diese zum Teil andere Schwerpunk-

te in Sachen Störungsprävention gesetzt. Am ehesten von Kounin distanziert hat sich

Keller (2008). Er meint zwar, die Techniken von Kounin dürfen im Repertoire einer

Lehrperson nicht fehlen, doch seit Kounins Untersuchungen in den siebziger Jahren

des vorigen Jahrhunderts habe sich das Verhalten der Kinder und Jugendlichen stark

verändert, so dass ein breiter angelegtes Konzept der Störungsprävention vonnöten

ist (vgl. Keller, 2008, S. 73).

4.5.1 Zusammenfassung Klassenführung Lohmann verwendet ähnliche Begriffe zur Klassenführung wie Helmke. Er unterteilt

das Klassenmanagement in drei Dimensionen und Strategien. Die drei Dimensionen

stimmen grösstenteils mit den ersten drei Punkten von Helmke überein. Der vierte

Punkt von Helmke, der integrative Ansatz, besteht bei Lohmann aus den proaktiven-

und reaktiven Strategien.

Auch Nolting definiert den Begriff ähnlich wie Helmke oder Lohmann, lässt jedoch den

Teil des Fachmannes aus. Kounin beschränkt sich mehr auf die Art und Weise, wie

Lehrpersonen den Unterricht organisieren, ordnen und überwachen sollen und wie sie

durch die Art der Aufgabenstellungen für eine aktivierende Lernumgebung sorgen.

Kounin wie Nolting legen beim Thema Klassenführung den Schwerpunkt eher auf die

Lenkung der Klasse, wohingegen Helmke und Lohmann die Bedeutung der Beziehung

zu den Lernenden betonen.

Obwohl Störungen im Unterricht kaum zu vermeiden sind, sind sich alle Autor/innen

einig, dass man sie auf ein Minimum reduzieren kann. Mit einer gezielten Klassenfüh-

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rung, die wesentliche Strategien aus dem Bereich der Störungspräventionen berück-

sichtigt, kann man eine Atmosphäre schaffen, die geprägt ist von Schülerinnen und

Schülern, die sich auf das Wesentliche konzentrieren, das Lernen. Ein wichtiges ge-

meinsames Ergebnis zahlreicher Forschungen ist, dass Lehrkräfte, die die Klassen-

führung als das Schaffen und Aufrechterhalten einer effektiven Lernumwelt verstehen,

erfolgreicher sind als Lehrkräfte, die ihre Rolle als Autoritätsfiguren oder Disziplinierer

betonen (vgl. Nolting, 2012, S. 40).

4.6 Störungen „Unterrichtsstörungen sind unterschiedliche Formen abweichenden Verhaltens, die

das Lehren und Lernen mehr oder weniger stark beeinträchtigen“ (Keller, 2008, S. 21).

Störungen sind auch immer subjektiv. Was bei der einen Lehrperson als Störung gilt

und geahndet wird, wird bei einer anderen Lehrperson toleriert. Trotzdem gibt es ne-

ben dem subjektiven Ermessen Störungen, die den Lernprozess gefährden oder ver-

hindern. Keller (2008) kategorisiert Störungen nach der Akustik, Motorik, Aggression,

geistiger Abwesenheit, Verweigerung oder Verstössen gegen die Hausordnung. Nol-

ting (2012) hingegen teilt die Störungen in aktive und passive Störungen, sowie in In-

teraktionen zwischen Schülerinnen und Schülern ein. Die aktiven Störungen sind auch

als Disziplinprobleme bekannt, sind besonders auffällig und erzeugen eine Unruhe,

wohingegen er passive Störungen als Mangel an der Beteiligung am Unterricht ver-

steht. Die dritte Art der Störung sind für ihn „leise“ Konflikte zwischen Schüler/innen,

wie beispielsweise Ausgrenzung oder Mobbing. (Nolting, 2012)

Unterrichtsstörungen definiert Lohmann (2013) folgendermassen: „Unterrichtsstörun-

gen sind Ereignisse, die den Lehr-Lern-Prozess beeinträchtigen, unterbrechen oder

unmöglich machen, indem sie die Voraussetzungen, unter denen Lehren und Lernen

erst stattfinden kann, teilweise ausser Kraft setzen“ (Lohmann, 2013, S. 13). Für ihn

gibt es vier Kategorien für störendes Schülerverhalten, nämlich das verbale Störver-

halten, mangelnder Lerneifer, motorische Unruhe und aggressives Verhalten.

Gemeinsam bei allen Autor/innen ist die Erkenntnis, dass dadurch der Lernfluss beein-

trächtigt wird. Eine erfolgreiche Lehrperson, die möglichst störungsarm unterrichtet,

hält sich an ein Lehrerverhalten, welches durch ein geschicktes Disziplinmanagement

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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Störungen erst gar nicht entstehen lässt. Im nächsten Kapitel wird gezeigt, was unter

Störungsprävention gemeint ist.

4.7 Störungsprävention Beim Nachforschen zum Thema Störungsprävention wird sichtbar, dass es nicht nur

die eine Störungsprävention gibt. Eine Lehrperson, die über eine gute Störungsprä-

vention verfügt, zeichnet sich dadurch aus, dass ihr Unterricht möglichst vielen Merk-

malen guten Unterrichts unter Berücksichtigung der zentralen Aspekte menschlicher

Motivation entspricht. Diese Merkmale guten Unterrichts werden also schon bei der

Unterrichtsplanung bewusst mitgedacht und im Unterricht gezielt umgesetzt.

Für Rüedi (2011) ist die Beziehung zu den Lernenden die erste Voraussetzung jegli-

cher Prävention von Störungen. Erfolgreiche Lehrpersonen arbeiten also in erster Li-

nie an der Beziehung (vgl. Rüedi, 2011, S. 123ff.).

Diese Aussage deckt sich mit Lohmann (2013), der die Beziehungsebene (Kommuni-

kation, Humor, Klassenklima fördern, kooperativer Führungsstil) ebenfalls auf die erste

seiner Präventions-Ebenen stellt.

Die drei Ebenen von Lohmann, in denen präventiv Störungen vermieden werden:

1. Beziehungsebene (Kommunikation, Humor, Klassenklima fördern, kooperativer

Führungsstil).

2. Disziplin-Managementebene (Rechte und Pflichten, Struktur, Organisation, Re-

geln und Konsequenzen, Routinen, Prozeduren, Klassenrat, Schulverfassung).

3. Unterrichtsebene (Lerner-Voraussetzungen, didaktische Rekonstruktion, Ko-

operation gewinnen, Lerntypen, Methoden).

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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Beziehungs-

ebene

Disziplin-Managementebene

Unterrichts-

ebene

Proaktiv,

Prävention

Regeln, Organisation

Breite Aktivierung

Unterrichtsfluss

Präsenz-

und Stoppsignale

Reaktiv,

Intervention

Tabelle 1: Matrix von Lohmann (vgl. Lohmann, 2013, S. 32f.)

In dieser Bachelor-Arbeit wird untersucht, wie erfolgreiche Lehrpersonen möglichst

störungsfrei unterrichten. Der Fokus liegt auf der Prävention und auf der Disziplin-

Management-Ebene, wie von Kounin und Nolting erforscht. Obenstehende Abbildung

zeigt den Bereich, wo präventiv und reaktiv Störungen vermieden werden können. Das

orange eingefärbte Feld gibt an, mit welcher Thematik und in welchem Feld diese Ba-

chelor-Arbeit in der Matrix von Lohmann angesiedelt ist.

4.8 Hans-Peter Nolting Hans-Peter Nolting stützt sich auf die Theorie von Kounin (vgl. Kapitel 4.5), sowie auf

etliche weitere Forschungsergebnisse im Klassenzimmer und hat vier disziplinrelevan-

te Bereiche des Lehrerverhaltens beschrieben. Die Forschung von Kounin hat gezeigt,

dass nicht die Art und Weise wie mit Störungen umgegangen wird relevant ist, son-

dern eine Klassenführung, die Störungen möglichst nicht provoziert.

Noltings Präventionsmassnahmen zu Klassenstörungen beinhalten die vier aufgeführ-

ten disziplinrelevanten Bereiche des Lehrerverhaltens. Erfolgreiche Lehrpersonen füh-

ren ihre Klasse so, dass sie sich an die Störungspräventionen halten, welche im

nächsten Kapitel 5 „Unterthemen zur Fragestellung“ zu finden sind.

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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5 Unterthemen zur Fragestellung

1. Prävention durch Regeln und Organisation.

2. Prävention durch breite Aktivierung, Akzent auf Unterrichtsführung.

3. Prävention durch Unterrichtsfluss. (Keine eigenen Unterbrechungen)

4. Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale. (Augen im Hinterkopf, Signale

senden, die genau den Richtigen treffen, Welleneffekt).

5.1 Prävention durch Regeln und Organisation

„Ohne klare Regeln und Grenzen geht es nicht!“ (Rüedi, 2002, S. 122)

Bei einer Stichprobe wurden Lehrpersonen befragt, was in ihren Augen gegen Dis-

ziplinprobleme helfe. Die häufigste Antwort lautete: „Regeln“ (vgl. Nolting, 2012, S.

27). Ihre Bedeutung für eine effektive Steuerung des Klassenalltags ist empirisch gut

belegt (vgl. Nolting, 2012, S. 39). Es fällt auf, dass in allen Büchern, die zur Beleuch-

tung der Fragestellung beigezogen werden, Regeln zur Störungsprävention integriert

sind. Alle beigezogenen Autor/innen widmen diesem Thema mindestens ein Kapitel.

Kleine Unterschiede gibt es lediglich in der Art und Weise der Einführung, d.h. zu wel-

chem Zeitpunkt sie eingeführt werden und wie gross die Mitbestimmung der Lernen-

den ist. Deshalb ist sich auch die Forschung einig: Zur Störungsprävention sind Re-

geln im Unterricht von grosser Bedeutung (siehe Kapitel 4.3).

Nolting ergänzt den Aspekt „Regeln“ in den von ihm beschriebenen Bereichen des

Lehrerverhaltens, die er sonst weitgehend von Kounin übernommen hat. Er schreibt,

dass Kounin diese nur nicht erwähnt habe, weil seine Forschung sich auf das Verhal-

ten im laufenden Unterricht bezog und Regeln gewöhnlich schon vorher eingeführt

werden (vgl. Nolting, 2012, S. 39). Nolting spricht von zwei Typen von Regeln, den

Verhaltensregeln und den Verfahrensregeln. Erstere beinhalten das gute Benehmen,

während bei Verfahrensregeln konkrete Vorgaben für Abläufe im Unterricht gemeint

sind. Diese sollten auch immer wieder geübt werden bis sie hin zu Routinen führen

(Nolting, 2012).

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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5.1.1 Wann Regeln einführen? Zu der Einführung der Klassenregeln schreibt Lohmann, dass es nicht empfehlenswert

ist, eine neue Lerngruppe gleich in der ersten Stunde mit Regeln und Sanktionen zu

konfrontieren. Die Lehrperson sollte erst den Unterricht analysieren und ermitteln, wie

gross der Bedarf an Fremddisziplin ist. Er geht vom Prinzip aus, so viel Selbstdisziplin

wie möglich, so wenig Fremddisziplin wie nötig (vgl. Lohmann, 2013, S. 127f). Nolting

bezieht sich auf eine Studie von Emmer, Evertson & Anderson (Evertson & Andrson,

(1980, zit. nach Good & Brophy 1997). In Nolting, 2012, (Hrsg.) S. 47) die besagt,

dass die ersten Tage und Wochen eines Schuljahres für den weiteren Verlauf sehr

wichtig sind. Lehrkräfte, deren Unterricht reibungslos ablief, haben in der Regel schon

frühzeitig die Grundlagen von Verhaltens- und Verfahrensregeln geschaffen.

Auch Helmke (2014), sowie Nolting (2012) empfehlen Regeln in den ersten Wochen

nach Übernahme einer Klasse einzuführen.

Es herrscht keine Diskrepanz darüber, dass Regeln zu einem störungsarmen Unter-

richt gehören und frühzeitig eingeführt werden müssen. Auch wenn Lohmann der Mei-

nung ist, nicht gleich in der ersten Stunde Regeln einzuführen, ist es für ihn aber doch

von zentraler Bedeutung, mit Regeln zu arbeiten. Er schreibt: „Die ersten Tage und

Wochen nach der Etablierung neuer Regeln sind die kritische Phase, in der sich ent-

scheidet, ob die Regeln respektiert werden oder nicht und ob der Klassenlehrer ernst

genommen wird“ (Lohmann, 2013, S. 131). Lohmann und Nolting empfehlen beide,

am Anfang nicht zu viele Regeln einzuführen. Am besten werden die wichtigsten Re-

geln am Anfang und andere nach und nach eingeführt. Lohmann spricht sogar von

einem Basis-Katalog mit wenigen Grundregeln, auf die man aufbauen kann (vgl. Loh-

mann 2013, S. 128).

5.1.2 Wie Regeln einführen? Die Regeln sollten so einsichtig wie möglich sein. Das meint, auch die Lernenden soll-

ten sie als notwendig ansehen. Sie sollten positiv formuliert werden, also eher als Ge-

bote denn als Verbote verfasst sein (Nolting, 2012). Dies wird von Lohmann unter-

stützt. Vernünftig und verständlich sollten sie sein, mit kurzen klaren und unmissver-

ständlichen Sätzen. Ein Beispiel dazu: „Alle sechs Beine bleiben am Boden.“ Gemeint

sind die vier Stuhlbeine und die zwei Beine der Kinder (vgl. Lohmann, 2013, S. 129).

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Für Lohmann gibt es drei verschiedene Varianten, Regeln mit den Kindern einzufüh-

ren:

1. Die offene Variante: Die Kinder werden angehalten, sich zu Bereichen wie Unter-

richtsbeginn, Unterrichtsgespräch oder Gruppenarbeit selber Regeln zu überle-

gen, welche das Verhalten klären. Alleine oder in Gruppen werden Regeln erstellt

und am Schluss einigt man sich auf die Regeln, die man unbedingt braucht.

2. Die halb offene Variante: Die Lehrperson gibt einen Rahmen für Regelungen und

Konsequenzen vor. Dazu gehören die Grundrechte der Lernenden. Die Kinder

und die Lehrperson ordnen die entsprechenden Pflichten zu. Zum Beispiel über-

legen sie sich, welche Pflichten zum Grundrecht „ich habe das Recht zu lernen“

dazugehören. Am Schluss wird darüber abgestimmt.

3. Die lehrerzentrierte Variante: Der Lehrer gibt die Regeln vor, die sich bewährt ha-

ben. Er erklärt deren Sinn, nämlich die Sicherung der Schülergrundrechte. Die

Lernenden ergänzen oder ändern die Regeln und stimmen über die Endfassung

ab (vgl. Lohmann, 2013, S. 128f.).

Rüedi unterstützt das demokratische Vorgehen beim Einführen der Regeln. Er sagt,

dass demokratisches Mitdenken und Mitsprechen so früh wie möglich beginnen soll

und die Lernenden es schätzen, an der Unterrichtsgestaltung mit beteiligt zu sein (vgl.

Rüedi, 2002, S. 141).

5.1.3 Konsequenzen bei Nichteinhalten von Regeln „Regeln ohne deren konsequente Einhaltung nützen nichts, es droht eine Entwertung

der Regeln. Eine konsequente Haltung der Lehrperson ist hier, wie generell in päda-

gogischen Fragen, unverzichtbar“ (Kowalczyk & Ottich, 2009, S. 35).

Es geht also darum, dass auch die Lehrperson bestimmte Regeln einhält (auch sie

muss pünktlich sein!) und dass sie die Kontrolle über die Regeln hat.

Es ist nicht möglich zu verhindern, dass die Kinder gegen Regeln verstossen, aber es

ist möglich, solche Verstösse richtig zu ahnden. Mögliche Konsequenzen gemeinsam

mit den Lernenden auszuarbeiten ist nicht ganz unproblematisch. Einige Kinder nei-

gen zu übertriebenen Strafen, andere sind auf ihren persönlichen Nutzen aus (z.B.

Kuchen backen) (vgl. Lohmann, 2013, S. 133). Regelverstösse sollten nach Möglich-

keit logische Konsequenzen nach sich ziehen, also im Zusammenhang mit dem Fehl-

verhalten stehen (vgl. Lohmann, 2013, S. 133). Lohmann rät ganz klar, die Konse-

quenzen festzulegen, bevor die Störung auftritt.

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Sinnvolle Konsequenzen sind für ihn:

zeitnah, da sie unmittelbar auf den Regelverstoss folgen.

vorher bekannt oder aber logisch, da sie in unmittelbarem Zusammenhang zum

Regelverstoss stehen.

nicht herabsetzbar oder demütigend und machen niemanden lächerlich.

unangenehmer als die Einhaltung der Regel.

vornehmlich dem Zweck dienend, dem Betreffenden dabei zu helfen, in Zukunft

die Regeln besser befolgen zu können (Lohmann, 2013, S. 133f.).

Kowalczyk & Ott (2009) sind ebenfalls der Meinung, dass Regeln verbindlich sein

müssen. Sie geben aber noch weitere Anregungen zu Abweichungen von einer Regel.

Für sie unterliegen nicht alle Regelverstösse einer Konsequenz. Manchmal kann es

auch reichen, wenn jemand den Regelverstoss erklärt, sofern dieser nicht grob fahr-

lässig ist – zum Beispiel weshalb er/sie zu spät gekommen ist - oder ein Verschulden

eingesteht. Sie gehen davon aus, dass die Lehrperson auch einmal tolerant sein kann

und eher unterstützend wirken soll, wenn ein Kind Mühe in der Einhaltung der Regel

zeigt, indem sie es auffordert, Hilfe aufzusuchen (Kowalczyk & Ottich, 2009).

Rüedi (2011) vertritt eine klarere Haltung. Er findet Konsequenzen und Nachhaltigkeit

seien zentrale Prinzipien für den Schulanfang. Ohne Konsequenzen und das Insistie-

ren von Lehrpersonen bestehe die Gefahr, dass eine Ankündigung zwar da sei, aber

ohne Wirkung bleibe. Das könne dann bitter werden für die Lehrperson (vgl. Rüedi,

2011, S. 101).

5.1.4 Organisation

Eine weitere Massnahme, die zu einer guten Störungsprävention gehört, ist gemäss

Nolting (2012) die Organisation, welche einerseits durch die Gestaltung des Klassen-

raumes, andererseits durch eine möglichst geschickte Planung methodischer und or-

ganisatorischer Abläufe entsteht. Lernziele und Unterrichtsplanungen sind ein Teil der

Organisation. Doch auch gut durchdachte Abläufe im Unterricht verhindern Störungen.

Übergänge müssen im Voraus sorgfältig überlegt werden, das Material soll bereitste-

hen, Lernaufgaben sollen für den Leistungsstand möglichst aller Kinder vorbereitet

sein (vgl. Nolting, 2012, S. 50).

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Zum organisatorischen Bereich der Prävention gehört auf der Disziplin-

Managementebene von Lohmann auch der regelmässig stattfindende Klassenrat

(Lohmann, 2013). Dieses Instrument dient der freien Entfaltung der Persönlichkeit, der

Selbstverantwortlichkeit des Kindes, der Kooperation und gegenseitigen Verantwort-

lichkeit sowie der kritischen Auseinandersetzung mit der Umwelt (vgl. Kowalczyk &

Ottich, 2009). Der Klassenrat wird auch für das Aushandeln von Regeln benutzt.

Zur Organisation gehört weiter auch die Gestaltung des Klassenraumes, womit sich

Meyer (2004) näher auseinandersetzt. Er widerspricht einer Forschung von Jaap

Scheerens (1992), die festgestellt hat, dass sich rein statistisch kein positiver Effekt

des Zustands der Klassenräume, der Materialien und der Schulgebäude auf den Lern-

erfolg der Schülerinnen und Schüler nachweisen lässt (Jaap Scheerens, 1992. In:

Meyer, 2004, (Hrsg.) S. 120). Meyer lässt dies nicht gelten, denn für ihn gehört zu ei-

ner gut vorbereiteten Lernumgebung eine gute Ordnung, eine funktionale Einrichtung

und brauchbares Werkzeug. Ob diese Ordnung vorhanden ist, lässt sich wiederum an

verschiedenen Merkmalen, u.a. der Störungsreduzierung, erkennen.

Zur Klassenzimmergestaltung gehört auch die Sitzordnung. Aus unerklärlichen Grün-

den lässt sich zu diesem Bereich kaum etwas in der Literatur finden. Einzig Whitaker

(2012) schreibt, dass man die Schülerinnen und Schüler am ersten Schultag den Platz

frei wählen lassen soll, damit sie sich wohlfühlen und neben ihren Freunden sitzen

können. Auch stellt er fest, dass es später nur wenige Lernende sind, die den Unter-

richt stören, weil sie neben ihren Freunden sitzen. Die wenigen, die stören, sollte man

psychologisch geschickt versetzen, sodass sie nicht das Gefühl haben „zwangsver-

setzt“ zu werden (vgl. Whitaker, 2012, S. 35). Seine Quintessenz lautet, dass die Sitz-

ordnung die Disziplin einer Klasse beeinflusst und sie deshalb von Zeit zu Zeit verän-

dert oder angepasst werden sollte. Ein Sitzplan nach Mass ist der erste Schritt zu ei-

ner disziplinierten Klasse (vgl. Whitaker, 2012, S. 36).

Zusammenfassend lässt sich über die Störungsprävention durch Regeln und Organi-

sation sagen:

Erfolgreiche Lehrpersonen führen Regeln im Unterricht ein.

Erfolgreiche Lehrpersonen beziehen die Kinder in die Aufstellung der Regeln

mit ein.

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Erfolgreiche Lehrpersonen führen nicht zu viele Regeln auf einmal ein und ach-

ten auf eine positive und unmissverständliche Formulierung.

Erfolgreiche Lehrpersonen wissen, dass Konsequenzen zum Regelverstoss

passen sollten und gleichzeitig mit der Regel eingeführt werden.

Erfolgreiche Lehrpersonen nutzen u.a. den Klassenrat als Instrument der Re-

geleinführung.

Erfolgreiche Lehrpersonen bereiten sich organisatorisch vor, indem sie beim

Unterrichten Übergänge einplanen und auf die Klassenraumgestaltung achten.

5.2 Prävention durch breite Aktivierung, Akzent auf Unterrichtsführung

Prävention durch breite Aktivierung hat mehr mit der Unterrichtsgestaltung denn mit

der Klassenführung zu tun. Es geht um die Aktivierung möglichst aller Lernenden im

Klassenzimmer durch einen motivierenden und spannenden Unterricht. Nolting unter-

scheidet zwei Aktivierungen. Einerseits die Aktivierung durch Anregen (etwas erzäh-

len, etwas vorführen), andererseits die Aktivierung durch Reagieren (etwas kontrollie-

ren, etwas bewerten) (Nolting, 2012).

Der Umgang mit Fragen kann ebenfalls zur Aktivierung beitragen. Dammann (2006)

nennt folgende Beispiele:

Fragen stellen, den Blick wandern lassen, Denkpausen gewähren, Aufnehmen

von Antworten, möglichst alle einmal drannehmen (Dammann, 2006).

Diese Antworten decken sich mit Noltings Aussagen. Nolting führt die einzelnen As-

pekte noch ausführlicher aus, indem er zum Punkt „Denkpausen gewähren“ sagt:

„Wenn man klarstellt, dass man schweigendes Nachdenken erwartet und frühe Mel-

dungen gar nicht angenommen werden, dann löst man das Problem der peinlichen

Stille“ (vgl. Nolting, 2012, S. 56). Nolting ergänzt noch einen wichtigen Aspekt der brei-

ten Aktivierung, indem er feststellt, dass man Leistungen nicht nur registrieren, son-

dern auch würdigen, rückmelden und loben soll. Als Lehrperson ist es wichtig, Fort-

schritte zu erkennen und mit dem Faktor „Anstrengung“ zu erklären und nicht etwa mit

Unfähigkeit oder Zufällen. Er nennt Beispiele wie: Beiträge an die Wandtafel schrei-

ben, Sachen ausstellen oder symbolische Belohnungen, wie Klebebilder. Es wird deut-

lich, dass eine breite Aktivierung leichter möglich ist, wenn jeder das bekommt, was

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ihn aktiviert. Die individuelle Bezugsnorm ist hier enorm wichtig (vgl. Nolting, 2012, S.

63).

Keine breite Aktivierung ist für Nolting, wenn man sich nur mit einem Teil der Klasse,

sei es mit den Stärkeren oder Schwächeren, beschäftigt und so die Klasse als Ganzes

vernachlässigt. Sich nur mit einer Gruppe zu beschäftigen, kann zu Unruhe und Dis-

ziplinproblemen führen.

In diesem Sinn formuliert es auch Rüedi. Er sagt, „Unterforderung oder Überforderun-

gen sind in der Psychologie und Pädagogik schon länger als schulspezifische Ursa-

chen für Unterrichtsstörungen bekannt“ (Rüedi, 2011, S. 136). Wer also den Schulstoff

nicht bewältigen kann, könnte im ungünstigsten Fall den Unterricht stören. Dies wiede-

rum deckt sich mit der Aussage, dass eine breite Aktivierung leichter möglich ist, wenn

jeder das bekommt, was ihn aktiviert (Dammann, 2006).

Beide, Rüedi und Dammann, sprechen indirekt von einem differenzierten Unterricht.

Nur wenn man den Unterrichtsstoff den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler an-

passt, motiviert es sie auch, daran zu arbeiten und aktiv dabei zu sein. Rüedi geht mit

einer spannenden Anmerkung weiter. Er unterstreicht den Zusammenhang zwischen

fesselndem Lehrstoff und aktiven Kindern. Für ihn ist aber auch die Didaktik mitent-

scheidend, also die Art und Weise, wie die einzelnen Arbeitsaufträge vermittelt wer-

den. Unklare Aufträge führen zu Unruhe. Speziell angehende Lehrpersonen sollten

diesen Zusammenhang zwischen Didaktik und Disziplin bedenken (Rüedi, 2002).

Zur breiten Aktivierung nach Nolting gehört auch das nonverbale Ausdrucksverhalten,

wie Stimme, Mimik, Gestik und Bewegung im Raum. Auch dies trägt zur Aufmerksam-

keit der Lernenden bei (Nolting, 2012).

Für Keller ist der Blickkontakt das wichtigste Merkmal einer erfolgreichen Klassenfüh-

rung. Die Kinder merken so, dass die Lehrperson die Klasse unter Kontrolle hat (Kel-

ler, 2008). Auf den Blickkontakt geht Nolting gar nicht ein. Er integriert diesen in die

Mimik, die aus seiner Sicht sehr lebendig sein sollte.

Whitaker (2012) liefert zur Lautstärke der Stimme einen Denkanstoss. Er behauptet, je

lauter wir sprechen, desto weniger hören andere uns zu. Deshalb sein Tipp: „Spre-

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chen Sie schrecklich leise.“ Dies ist ein Zeichen, dass man innerlich ruhig und gefasst

ist und Ruhe ist ansteckend. Eine ruhige Atmosphäre ist ein guter Nährboden für

schulische Disziplin (Whitaker, 2012, S. 73f.).

Zur Stimme meint Nolting, dass diese klar, deutlich und lebendig sein sollte. Man

könnte dies als einen Widerspruch zu Whitaker auffassen. Es ist unklar, wie eine

Stimme schrecklich leise sein soll und gleichzeitig lebendig, klar und deutlich.

Keller meint, das naheliegendste nonverbale Steuerungsmittel sei die Stimme. Er

schreibt, diese mache es möglich, wie ernst und entschieden etwas gemeint ist. Wenn

man Probleme mit der Stimmkraft hat, könne man es mit einer Stimme versuchen, die

immer leiser wird und plötzlich verstummt. Dies könne Störverhalten ebenso blockie-

ren (vgl. Keller, 2008, S. 90). Weiter sagt Whitaker zur Körpersprache, dass diese bei

Lernenden viel deutlicher ankommt, als das, was wir mit Worten sagen (vgl. Whitaker,

2012, S. 142). Keller fügt hinzu, dass die körperliche Verhaltenssteuerung dann be-

sonders wirksam ist, wenn sie aus mehreren Kanälen besteht. Hand hoch für Ruhe

und gleichzeitig Blick und Mimik zu einem einzelnen Kind (vgl. Keller, 2008, S. 91).

Zusammenfassend lässt sich über die Prävention durch breite Aktivierung folgendes

sagen:

Erfolgreiche Lehrpersonen passen den Schulstoff wenn immer möglich und

machbar an die Lernenden an, führen folglich einen Unterricht, der Differenzie-

rung zulässt.

Erfolgreiche Lehrpersonen vermitteln den Lernstoff fesselnd und spannend.

Erfolgreiche Lehrpersonen bedienen sich der Instrumente des nonverbalen

Ausdrucksverhaltens.

Erfolgreiche Lehrpersonen erteilen klare und möglichst unmissverständliche

Aufträge.

Erfolgreiche Lehrpersonen gewähren beim Stellen von Fragen erst Denkpau-

sen, bevor sie Antworten einfordern.

Erfolgreiche Lehrpersonen tragen der individuellen Bezugsnorm Rechnung, in-

dem sie auch individuelle Lernfortschritte würdigen, auch wenn diese (noch)

nicht den geforderten Kriterien entsprechen.

Erfolgreiche Lehrpersonen geben motivierende, individuelle Rückmeldungen

und heben besonders die Faktoren „Anstrengung, Einsatz, Bemühungen“ her-

vor. („Das hast du sorgfältig vorbereitet“ etc.)

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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5.3 Prävention durch Unterrichtsfluss. (Keine eigenen Unterbrechungen)

Was Kounin unter Reibungslosigkeit und Schwung versteht, definiert Nolting als Unter-

richtsfluss. Er ist der Überzeugung, dass mangelnder Fluss Disziplinprobleme fördert.

Darum sollten Wartezeiten und Unterbrechungen, welche nicht unbedingt nötig sind,

vermieden werden (Nolting, 2012). Der Unterrichtsfluss hat viel mit einer guten Orga-

nisation von der Lehrerseite her zu tun. Fehlt noch Material zu Beginn des Unterrichts

oder integriert man das Einsammeln von Geld in die Lektion, ergibt sich ein deutlicher

Zusammenhang mit der Häufigkeit von Störungen. Nolting schreibt: „Wo der Anteil

effektiver Lehrzeit hoch war, war Fehlverhalten selten; wo der Zeitanteil für Nebenakti-

vitäten hoch war, gab es mehr Disziplinprobleme“ (Nolting, 2012, S. 65).

Eine Lehrperson tut gut daran, sich zu überlegen, an welcher Stelle der Unterrichts-

stunde man Mitteilungen platziert und wie man den Wechsel von einer Aktivität zur

anderen vollzieht, damit er möglichst reibungslos vonstatten geht. Als Tipp empfiehlt

Nolting klare Signale und Zeichen, die den Anfang und das Ende einer Unterrichtsse-

quenz signalisieren (Nolting, 2012).

Whitaker (2012) meint, man muss Leerläufe vermeiden und sicher stellen, dass die

Schülerinnen und Schüler stets beschäftigt sind. Sein Tipp lautet: Eine erfolgreiche

Lehrperson plant möglichst kurze Übungen, die nicht lange dauern und alle Lernenden

beschäftigt. Für diejenigen Kinder, die fertig sind, sollten sinnvolle Zusatzaufgaben

bereit liegen. In diesem Sinne teilt auch Whitaker Noltings Aussage zur effektiven

Lernzeit (vgl. Whitaker, 2012, S. 119 ).

Helmke führt in seinem Buch ein Konzept des „interactive teaching“ von Getting &

Kohler auf, welches die Aspekte bezüglich Unterrichtsfluss zusammenfasst: Vorbeu-

gende, proaktive Klassenführungsmethoden einsetzen, um störendes Verhalten zu

verhindern, welches das Lernen in der Klasse beeinträchtigt und den Unterrichtsfluss

unterbricht (Getting & Kohler 2006. In Helmke, (Hrsg.) 2014, S. 188).

Helmke fügt noch die gut eingespielten Routinen ein, welche bei Anwendung die Lern-

zeit verlängern. Er erwähnt den „Low-Profile-Ansatz“, was er mit „den Ball flachhalten“

übersetzt, eine als erfolgreich herausgestellte Methode für den Umgang mit Störun-

gen. Auch wenn hier von Störungen und nicht von der Prävention die Rede ist, ist der

Übergang doch sehr fliessend. Es werden auf einer Zeitschiene drei Zonen unter-

schieden: „Anticipation“ meint, die Störungsquellen im Auge behalten, mit dem Ziel der

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Vorbeugung (vgl. Kapitel 5.4 Präsenz-und Stoppsignale). „Defleciton“ wird bei einer

unmittelbar bevorstehenden Störung angewendet, indem man möglichst nonverbal

agiert. Das heisst, den Blickkontakt herzustellen oder Signale zu senden (vgl. Kapitel

5.2 breite Aktivierung). Als dritte Zone ist die „Reaction“ gemeint. Wenn das Ausmass

der Störung noch unterhalb der Akzeptanzschwelle liegt, sollte man die Störung mög-

lichst ignorieren, damit der Unterrichtsfluss nicht beeinträchtigt wird. Andernfalls ist ein

unverzügliches und möglichst diskretes Unterbinden der Störung nötig (vgl. Helmke,

2014, S. 187).

Zur dritten Zone von Helmke knüpft auch Whitaker mit seinem neunten Tipp, der Fä-

higkeit zu ignorieren, an (Whitaker, 2009). Er sagt, dass gute Lehrpersonen eine un-

glaubliche Fähigkeit dazu haben, leichte Störungen zu ignorieren. Das ist jedoch nicht

zu verwechseln mit Nicht-Wahrnehmen. Im Gegenteil: Gute Lehrpersonen nehmen

fast alles wahr, was während des Unterrichts geschieht, nur filtern sie die wirklich rele-

vanten Ereignisse heraus. Sie wissen, wie leicht ein Lernfluss unterbrochen werden

kann. Sie wissen auch, wann sie Stellung beziehen müssen, um Störungen zu unter-

binden, damit die anderen nicht gestört werden (vgl. Whitaker, 2009, S. 75).

Rüedi (2002) hingegen sieht im Ignorieren ein Problem. Er bezieht sich einerseits auf

die Lerntheorie des operanten Konditionierens, die besagt, dass unerwünschtes Ver-

halten ohne Beachtung immer seltener auftritt und dann verschwindet. Bei geringfügi-

gen Verhaltensabweichungen, die ein stoffliches Voranschreiten noch erlauben, kann

dies durchaus klappen. Andererseits findet er, stosse diese Theorie auch an ihre

Grenzen. Man stelle sich vor, bei einer Regelverletzung kämen keine Konsequenzen

zum Tragen, dann wären wir wieder bei der Entwertung einer Regel (vgl. Kapitel 5.1.3

Konsequenzen bei Nichteinhalten von Regeln).

Nolting und Rüedi fassen dieses Kapitel mit wenigen Worten zusammen. „Viele Lehre-

rinnen und Lehrer stören ihren eigenen Unterricht“ (Nolting, 2012, S. 67). Rüedi sieht

es pragmatischer. „Erfolgreiche Lehrpersonen können für einen kontinuierlichen Ab-

lauf des Unterrichtsgeschehens sorgen, indem sie sich nicht ständig ablenken lassen“

(Rüedi, 2002, S. 192).

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Zusammenfassend lässt sich zum Unterrichtsfluss folgendes sagen:

Erfolgreiche Lehrpersonen schaffen reibungslose Übergänge.

Erfolgreiche Lehrpersonen lassen möglichst keine Wartezeiten entstehen.

Erfolgreiche Lehrpersonen können auch einmal etwas ignorieren, damit der Un-

terrichtsfluss nicht unterbrochen wird.

Erfolgreiche Lehrpersonen halten Zusatzaufgaben für schnelle Schülerinnen

und Schüler bereit und auch für solche, die Mühe haben.

Erfolgreiche Lehrpersonen üben keine unnötigen Unterbrechungen von ihrer

Seite her aus.

5.4 Prävention durch Präsenz- und Stoppsignale. (Augen im Hinterkopf, Signa-le senden, die genau den Richtigen treffen- Welleneffekt)

Abbildung 3: Augen im Hinterkopf, (Rüedi, 2002, S. 190)

Erfolgreiche Lehrpersonen senden frühzeitig Signale aus. Sie sind im Unterricht prä-

sent und allgegenwärtig. Was ist damit gemeint? Aus der Forschung von Kounin aus

den Jahren 1976 und 2006 ist bekannt, dass Störungen einen Störungsherd, also ei-

nen Ursprung haben. Wird dieser nicht im Keim erstickt, breitet er sich unter Umstän-

den wellenartig aus, so dass viele Kinder involviert sind, man nicht mehr erörtern

kann, wo die Störung begonnen hat und so vielleicht auch den Falschen bestraft. Ko-

unin nennt das „Welleneffekt“ (Seidel, o.J.).

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Je besser eine Lehrperson das Prinzip der Allgegenwärtigkeit beherrscht, desto eher

weiss sie über den Zustand der Klasse Bescheid. Auch darüber, wann der richtige

Zeitpunkt des Eingreifens ist und ob die richtige Person fokussiert wird (vgl. Seidel,

o.J., S. 140). „Deshalb ist es wichtig, frühzeitig Signale zu senden, die genau den

Richtigen treffen“ (Nolting, 2012, S. 69). Derartige Interventionen geschehen am bes-

ten nonverbal. Denn sie zeigen auf, dass man präsent ist, ohne die Aufmerksamkeit

auf die entsprechende Störung zu vergrössern: Sich im Raum bewegen, immer wieder

den Blick über die Klasse schweifen lassen, nicht mit dem Rücken zur Klasse daste-

hen, auf störende Lernende ein paar Schritte zugehen und sie gegebenfalls an der

Schulter antippen (vgl. Nolting, 2012, S. 70).

Während die nonverbalen Signale nebenher laufen, konzentriert sich die Lehrperson

auf die Haupttätigkeit ihres Unterrichts, die meistens verbal abläuft. Mit Hilfe kleiner,

unmissverständlicher Zeichen, bleibt der Unterricht im Fluss (Nolting, 2012).

Ergänzend kommen hierzu die Aussagen über den Unterrichtsfluss (vgl. Kapitel 5.3)

zum Tragen, die empfehlen, dass man unwichtige Störungen besser ignoriert, anstatt

den Unterricht zu unterbrechen. Bei einer Unterbrechung könnte die Unruhe ein grös-

seres Ausmass annehmen, als die eigentliche Störung (vgl. Nolting, 2012, S. 70).

Lohmann (2013) siedelt diese Präventionsmassnahmen unter dem Typ Dompteur auf

der Managementebene an (vgl. Kapitel 4.7), indem er sagt, eine Lehrperson nimmt

alle Vorgänge in der Klasse wahr. Beispielsweise den Standort so zu wählen, dass

man sich immer in der Nähe eines unaufmerksamen Kindes befindet.

Dammann (2006) führt dies sogar noch weiter aus, indem sie rät, ein Platzkärtchen mit

dem Hinweis „Psst!“ unauffällig auf den Tisch zu legen (vgl. Dammann, 2006, S. 76).

Sie führt weitere Regeln zur Allgegenwärtigkeit an. Körperliche Präsenz, ohne die Ar-

me vor der Brust zu verschränken, den gesamten Klassenraum nutzen, um sich ruhig

darin zu bewegen und den Blickkontakt zu störenden Schülerinnen und Schülern su-

chen. Sie beschreibt treffend, was Kounin mit seiner Aussage der Allgegenwärtigkeit

gemeint hat, nämlich: „Bewegen Sie sich ohne Blickkontakt langsam von der Seite in

die Nähe unruhiger Kinder. Führen Sie dabei den Unterricht unbeirrt mit unveränderter

Stimme und Blickkontakt zur ganzen Klasse weiter“ (Dammann, 2006, S. 76).

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

30

Wie in Kapitel 5.3 von mir beschrieben, kann man auch bei dieser Präventionsart den

Low-Profile-Ansatz wählen. Whitaker (2012) gibt dazu mit seinen 50 Tipps gute Rat-

schläge. Er sagt, dass jede physische zu einer mentalen Barriere führt (Whitaker,

2012, S. 27). Für den Unterricht bedeutet dies: Sitzt die Lehrperson an ihrem Pult,

welches sich in grosser Distanz zu den Schülerinnen und Schülern befindet, verhalten

sich die Lernenden unbewusst anders, da sie physisch und mental von der Lehrper-

son getrennt sind. Mit anderen Worten, für die Disziplin kann es negative Folgen ha-

ben, wenn sich die Lehrperson hinter ihrem Pult versteckt und sich nicht im Raum be-

wegt (vgl. Whitaker, 2012). Er schreibt weiter, dass gemäss Studien die meisten Dis-

ziplinprobleme in derjenigen Ecke des Klassenzimmers auftreten, die am weitesten

von der Lehrperson entfernt ist. Deshalb lautet auch sein Rat, je näher an den Ler-

nenden, desto weniger Unterrichtsstörungen (vgl. Whitaker, 2012, S. 28).

Zusammenfassend lässt sich zu den Präsenz- und Stoppsignalen folgendes sagen:

Erfolgreiche Lehrpersonen wählen den Standort so, dass sie die ganze Klasse

im Blickfeld haben.

Erfolgreiche Lehrpersonen senden frühzeitig Signale aus, die den Richtigen

(Störenden) treffen, damit ein Welleneffekt verhindert wird.

Erfolgreiche Lehrpersonen bewegen sich im ganzen Raum und verstecken sich

nicht hinter dem Pult.

Erfolgreiche Lehrpersonen bewegen sich insbesondere in der Nähe eines un-

ruhigen Kindes.

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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6 Qualitative Forschung Um nicht nur theoretische Antworten auf die Fragestellung zusammenzutragen, wurde

auch den anderen „Expertinnen und Experten“ der Schule, nämlich den Lernenden

eine Stimme gegeben. Mit je drei Kindern einer vierten und sechsten Primarklasse,

sowie drei Kindern einer ersten Oberstufe, wurden qualitative Gruppeninterviews

durchgeführt.

Das Interview ist eine geplante, zielgerichtete und nach bestimmten Regeln durchge-

führte Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen (Roos & Leutwyler,

2011, S. 212).

Anhand eines Interview-Leitfadens wurden zur Fragestellung „Wie führen erfolgreiche

Lehrpersonen eine Klasse, damit möglichst wenige Unterrichtsstörungen entstehen?“

und im Einzelnen zu den ausgewählten Teilaspekten offene Fragen gestellt. Die Form

des halbstrukturierten Gruppeninterviews wurde deshalb gewählt, weil es eine effizien-

te Form ist, um relativ schnell verschiedene Meinungen erheben zu können (vgl. Roos

& Leutwyler, 2011, S. 217).

Ausserdem können die befragten Personen so aufeinander Bezug nehmen, was wie-

derum zu einer Gesprächsdynamik führt. Die Teilnehmer/innen haben die Möglichkeit

die Aussagen anderer zu ergänzen, ihnen zu widersprechen oder sich in ihrer Antwort

bestätigt zu fühlen. Dadurch kann die Diskussion weitere Aufschlüsse mit sich bringen,

auf die eine einzelne Person unter Umständen nicht gekommen wäre.

Nach dem Interview wurden die elektronisch aufgezeichneten Daten geglättet

transkribiert, also grundsätzlich Wort für Wort niedergeschrieben. Allerdings werden

abgebrochene Sätze, umständliche Wendungen, Seufzer, Stammeln und Ähnliches

ausgemerzt (vgl. Roos & Leutwyler, 2011, S. 224).

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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7 Das Interview

7.1 Interview- Leitfragen

Wie führen erfolgreiche Lehrpersonen eine Klasse, damit möglichst wenige Unterrichtsstörungen entstehen?

Zeit Leitfrage Inhaltliche Aspekte

Steuerungs-fragen

Konkretes Nachfragen

5’

Allgemein Stö-rungsprävention Warum denkt ihr, dass sich Schülerinnen und Schüler bei verschie-denen Lehrpersonen anders verhalten? Warum? Stellt euch vor, ihr hät-tet einen solchen Leh-rer. (Abbildung 4)

Erfolgsfaktor für die Störungsprävention ist die Lehrperson, bzw. die Klassen-führung.

Was machen die Lehrpersonen an-ders, die weniger Störungen im Un-terricht haben? Mit welchen Mitteln verhindert eine erfolgreiche Lehr-person Störungen im Unterricht?

Inwiefern hat die Sitzordnung ei-nen Einfluss? Wenn ihr Lehr-person wärt, was würdet ihr unter-nehmen, damit bei euch im Un-terricht eine gute Lernatmosphäre herrscht?

5’

Regeln Warum führen die meisten Lehrpersonen Regeln im Unterricht ein? (Abbildung 5)

Störungen entge-genwirken. Einhaltung der Re-geln und Konse-quenzen.

Welche Konse-quenzen zu Re-geln sind für euch lehrreich?

5’

Breite Aktivierung Wie muss eine Lehr-person sein, damit dies nicht passiert? (Abbildung 6) Was muss sie ma-chen?

Interesse, Motivation, Über-und Unterforderung

Weshalb denkt ihr, nehmen Lehrper-sonen auch Kinder dran, die sich nicht melden bzw. nicht aufstrecken?

Wie müsste für euch ein Unter-richt aussehen, bei dem ihr nicht abgelenkt wärt?

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Zeit Leitfrage Inhaltliche Aspekte

Steuerungs-fragen

Konkretes Nachfragen

5’

Unterrichtsfluss Wie nützt ihr Wartezei-ten im Unterricht aus? (Bsp. Es wird etwas verteilt, Material ist noch nicht bereit.)

Störungen, Schwatzen.

Was macht eine erfolgreiche Lehr-person, damit im-mer alle beschäf-tigt sind?

5’

Präsenz-Stoppsignale Wo sollte sich die Lehrperson im Zimmer aufhalten? (Abbildung 7)

Frühzeitige Erken-nung von Störun-gen. Welleneffekt

Weshalb werden Kinder bestraft, die gar nicht die Ursa-che der Störung sind?

Wenn die Lehr-person in eurer Nähe steht, was bewirkt dies in euch?

7.2 Verwendetes Bildmaterial

Abbildung 4: Chaos im Klassenzimmer

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Abbildung 5: Schulregeln

Abbildung 6: gelangweilter Schulknabe

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35

Abbildung 7: Standort der Lehrperson im Schulzimmer

8 Qualitative Auswertung der Befragung

8.1 Ergebnisse zur allgemeinen Störungsprävention

Aus Kapitel 4.7 geht hervor, dass erfolgreiche Lehrpersonen in erster Linie an der Be-

ziehung zu ihren Lernenden arbeiten.

Alle befragten Kinder empfinden diesen Punkt ebenfalls als sehr wichtig. Immer wieder

werden der Spass und der Humor der Lehrperson erwähnt, der im Unterricht nicht feh-

len darf. Ein Mädchen findet, die Authentizität einer Lehrperson sei wichtig. Schlechte

Laune hingegen gehöre aus Sicht der Lernenden nicht in den Unterricht. Abwechslun-

gen und Überraschungen seien erwünscht. Es geht deutlich hervor, dass eine neue

Lehrperson am Anfang strenger sein solle, damit sie die Klasse unter Kontrolle kriege.

Ein Kind erwähnt, die Lehrperson sei der Chef, das müsse sie beweisen. Wenn die

Lehrperson dabei strenger sei, dann sei man ruhiger und schwatze nicht so viel. Die

Definition von „strenger Lehrer“ fällt den Kindern schwer. Es wird gesprochen von viele

Aufgaben geben, bis hin zu schnelle Unterbrechung von Unruhe. Auch Bestrafungen

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in Form von Striche erteilen, welche Nachsitzen oder Abschreiben zur Folge haben,

werden ein paar Mal erwähnt.

Ein Mädchen der ersten Sekundarstufe meint auch, ein strenger Lehrer an der Mittel-

stufe, wie derjenige der Parallelklasse, habe die Schülerinnen und Schüler besser auf

die Oberstufe vorbereitet. Jedenfalls bewirke eine Lehrperson, die laut werde und

schreie, eher das Gegenteil einer guten Beziehung, weil dann die Angst in den Vor-

dergrund rücke. Ein Kind meint auch, dass Lehrpersonen Kinder bestrafen, nicht weil

sie die Ursache einer Störung seien, sondern weil sie ein Kind nicht mögen. Es spricht

von Lieblingskindern und Hasskindern. Rituale, wie die Hände über dem Kopf zusam-

menfalten oder die Arme verschränken, wenn die Lehrperson klatscht, dienen eben-

falls dazu, dass es im Schulzimmer ruhig sei und die Kinder arbeiten könnten. Zur all-

gemeinen Störungsprävention gehöre auch die Förderung des Klassenklimas. Ein

Mädchen erwähnt die Namensspiele zu Beginn einer neuen Klasse und weist darauf

hin, dass eine neue Lehrperson unbedingt ihren Namen nennen müsse.

Zur Sitzordnung sind die Meinungen geteilt. Es finden zwar alle Kinder, dass die Sitz-

ordnung einen Einfluss auf die Störungen im Unterricht habe, aber die Lösungen dies-

bezüglich seien verschieden. Während es die einen Kinder bevorzugen, wenn die

Lehrperson die Einteilung mache, finden andere, sie würden neben ihren besten

Freundinnen und Freunden besser lernen. Die abwechselnde Platzierung von jeweils

Junge neben Mädchen, wird von den Kindern bezüglich Störungsprävention grund-

sätzlich positiv erwähnt. Das Viererpult hingegen wird als störungsanfälliger betitelt:

„dann kommt es nicht so gut raus“ (Kapitel 14.1.2, Zeile 14). Ein Kind macht jedoch

die Aussage, es komme nicht darauf an, wer neben wem sitze. Wichtig sei die Lehr-

kraft. Bei strengen Lehrkräften sei man neben allen Kindern ruhig (vgl. Kapitel 14.1.3,

Zeile 28).

8.2 Ergebnisse zu den Regeln im Unterricht

Aus Kapitel 5.1 geht hervor, dass erfolgreiche Lehrpersonen Regeln im Unterricht ein-

führen.

Alle interviewten Kinder sind der Meinung, es brauche Regeln im Schulzimmer. Wenn

es keine Regeln gäbe, so würden die Schülerinnen und Schüler ein Chaos veranstal-

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

37

ten. Es fällt auf, dass hier die Theorie über die Bedeutung der Regeln in der Praxis

umgesetzt wird. Alle Lehrpersonen dieser Kinder haben, wenn auch unterschiedlich

gewichtet, Regeln eingeführt. Ein Mädchen unterscheidet zwei Arten von Regeln: Sol-

che für das Schulzimmer und andere für die Gemeinschaft. Wenn letztere nicht befolgt

würden, zerbrächen sie als Klasse, sagt das Mädchen. Die Kinder schätzen es, wenn

sie in die Regelgestaltung mit einbezogen werden. Ein Kind der 4. Primarklasse äus-

sert sich, dass sie selber Regeln aufstellen müssten, und zwar solche, die für sie wich-

tig seien. Diese Lehrperson hat die offene Variante der Regeleinführung gewählt (vgl.

Kapitel 5.1.2). Ein weiteres Kind aus der ersten Sekundarstufe meint: „Es wäre ja un-

fair, wenn der Lehrer alleine entscheiden dürfte, was alles los ist“ (Kapitel 14.1.3, Zeile

51). Exemplarisch für alle Interviewten meint ein Kind, es dürften nicht zu viele Regeln

sein. In der Anzahl, was passend sei, variieren die Antworten jedoch. Lieber ein paar

wenige, dafür diese konsequent umsetzen, meint ein Kind aus der sechsten Klasse

(vgl. Kapitel 14.1.2, Zeile 34). Einige Regeln werden auch einfach so befolgt, obwohl

sie nicht notiert werden. Beispielsweise, dass bei Wartezeiten ein Buch gelesen oder

gezeichnet wird. Ein Kind der vierten Primarklasse sieht einen Zusammenhang zwi-

schen der Beziehung Lehrperson-Lernende und Regeln. Es meint, die Lehrperson

habe die Schülerinnen und Schüler dann lieber, wenn sie nicht zu viele Regeln einfüh-

re.

Geht es um die Konsequenzen bei der Nichteinhaltung der Regeln, weichen die Mei-

nungen der Interviewten am ehesten von der Theorie ab. Diese besagt, dass die Kon-

sequenzen logisch sein sollen, so dass sie einen Zusammenhang zum Verhalten ha-

ben (vgl. Kapitel 5.1.3). Zwar befolge gemäss einem Kind die Lehrperson diesen

Grundsatz, indem sie die Kinder zum reflektieren ihrer Fehler anhalte (vgl. Kapitel

14.1.2, Zeile 36). Trotzdem fällt auf, dass die Kinder oft vom Abschreiben eines fran-

zösischen, englischen oder deutschen Textes erzählen. Auch das Warten vor der

Schulzimmertüre und das Nachsitzen werden genannt. Ein Mädchen meint, sie wäre

ganz bestimmt ruhig, wenn die Lehrperson sie anschreien würde. Sie hätte dann näm-

lich Angst und würde nicht mehr gegen die Regel verstossen. Wie man die Konse-

quenzen am ehesten nach dem theoretischen Prinzip umsetzen könne, erklärt ein

Schüler der sechsten Klasse. Er denkt, man sollte einen Brief über den Regelverstoss

schreiben müssen, damit man selber merke, wie sich zum Beispiel das andere Kind

gefühlt haben muss. So reflektiere man die Situation noch einmal. Verwarnungen wer-

den auch genannt, jedoch müssten diese in Konsequenzen umgesetzt werden. Ein

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treffendes Beispiel einer schlechten Konsequenz ist diejenige des Schülers aus der

ersten Sekundarstufe. Er erhielt bis Ende des Schuljahres etwa 20 Striche und musste

nur selten etwas abschreiben. Dies hinderte ihn nicht daran, weitere Regeln zu ver-

letzten, da er die Konsequenz nicht zu befürchten hatte. In diesem Fall ist der Zweck

nicht erfüllt, dem Betroffenen dabei zu helfen, in Zukunft die Regel besser zu befolgen

(vgl. Kapitel 5.1.3).

8.3 Ergebnisse zur breiten Aktivierung

Aus Kapitel 5.2 geht hervor, dass erfolgreiche Lehrpersonen so unterrichten, dass es

möglichst alle Lernende aktiviert.

Spannend, interessant, motivierend, spielerisch und abwechslungsreich. Diese

„Schlagwörter“ werden von allen Kindern genannt. Die Kinder wünschen sich einen

Unterricht, der auf diese Bedürfnisse eingeht. Es wird erwähnt, in den Wald gehen sei

toll. In der Mathematik Multiplikationsaufgaben spielerisch zu lernen, sei eine Metho-

de, die ein Kind wählen würde, wenn es Lehrperson wäre. Einig sind sich die Inter-

viewten auch darin, dass eine Lehrperson keinen langwierigen Monolog führen dürfe.

Ein Kind nennt dies „Lehrervortrag.“ Es meint, dann bliebe einem auch nichts im Kopf

hängen, man sähe dann genau so aus, wie auf der Abbildung 6 (vgl. Kapitel 14.1.3,

Zeile 103 & 106). Zur breiten Aktivierung gehöre auch die Art und Weise, wie Arbeits-

aufträge vermittelt würden. Ein Kind der sechsten Klasse sagt, dass sein Lehrer die

Aufgaben sehr gut erkläre, so dass man sie gut verstehe. Auch mit Bildern und nicht

nur mit Texten zu arbeiten, ist erwünscht. Ein Kind kann sich auch mit Lückentexten

anfreunden. Zur Stimme äussert sich ein Mädchen der ersten Sekundarstufe: Die

Lehrperson müsse laut genug sprechen, weil man sonst denken könnte, sie sei ner-

vös. Auch stellt sie fest, dass eine Lehrperson die ganze Klasse mit einbeziehen solle,

indem sie den Lernenden Fragen stelle (vgl. Kapitel 14.1.3, Zeile 177 & 178). Negativ

wirke sich gemäss einem Mädchen auch stundenlanges Filmschauen aus: „Ich nehme

die Haare nach vorne und schlafe fast ein, es ist bei uns in der Religion sehr langwei-

lig“ (vgl. Kapitel 14.1.3, Zeile 154). Auf die Frage hin, warum Lehrpersonen auch Kin-

der zum Antworten auffordern, die nicht aufstrecken, geben alle Kinder ähnliche

Rückmeldungen. Von dann merken sie, dass sie aufwachen müssen, über die Lehr-

person versucht ihnen mehr beizubringen, oder weil sie wissen möchte, ob sie mitma-

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chen, bis hin zu, damit sie aufpassen und nicht nur dasitzen und denken, man muss

nichts machen, da die anderen es ja sowieso wissen. Ein Kind meint zudem: „Es ist

peinlich, wenn du nichts weisst, dann passt du das nächste Mal lieber besser auf.“ Ein

Junge der sechsten Klasse hebt den Überraschungseffekt hervor, indem er erzählt,

wie die Lehrperson eine Mathematiklektion habe fallen lassen und stattdessen ein

Spiel im Freien durchführte. Ein zweites Kind ergänzt: „Ich finde es cool, wenn man

abwechslungsweise auch raus kann und sich bewegen kann und nicht nur im stinki-

gen Schulzimmer bleiben muss.“

8.4 Ergebnisse zum Unterrichtsfluss

Aus Kapitel 5.3 geht hervor, dass erfolgreiche Lehrpersonen Wartezeiten und Unter-

brechungen möglichst vermeiden.

Unter dieser Präventionsmassnahme versteht man u.a. auch, dass die Lehrperson

selbst keine Unterbrechungen vollziehen soll. Ein Kind aus der sechsten Klasse erklärt

seine Erfahrungen dazu so: „Wenn unser Lehrer anfängt zu diskutieren und nachher

beginnen alle zu schwatzen, weil sie hören, es ist nicht so leise, dann können wir ja

auch“ (Kapitel 14.1.2, Zeile 8). Ein anderes Kind redet ebenfalls von der Lehrperson

als Verursachende. Diese gehe zu einem Kind und schwatze, dann würden alle ande-

ren auch damit anfangen. Das Kind gibt den Tipp, es würde als Lehrperson dann früh-

zeitig das Reden unterbrechen. Ebenfalls eine Unterbrechung des Unterrichtsflusses

benennt ein weiteres Kind und sagt: „nach einer Störung, bei der ein Kind einem ande-

ren Kind den Stuhl weggezogen hat, dauerte es etwa zehn Minuten, bis ich mich wie-

der konzentrieren konnte.“ Auch ein langweiliger Unterricht, in dem die Lehrperson

immer schwatze, rege zu Störungen an.

Auf die Frage, wie die Kinder Wartezeiten ausnützen, kommt aus den höheren Klas-

sen die Antwort: „Wir schwatzen!“ Andere schauen dem Wetter nach oder beschäfti-

gen sich mit verschiedenen Sachen. Ein Kind aus der vierten Klasse bekräftigt, dass

andere Kinder auch schwatzten, es selber aber in einem Buch lese. Wenn man die

Kinder fragt, wie sie dieses Problem der Wartezeiten lösen würden, kommen Anre-

gungen wie: Die Lehrperson soll den Schülerinnen und Schülern Aufgaben geben und

Sachen dann verteilen, während die Kinder am Arbeiten sind. Um wenig Unruhe zu

erzeugen, bemühen sich einige Kinder zu flüstern. In einer Klasse sind diese Warte-

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zeiten von der Lehrperson als Pausen definiert, dann können die Kinder zeichnen,

lesen oder Spiele machen.

Ein Kind meint, die Lehrperson schaue einem bei der Arbeit von hinten über die Schul-

ter und nicht von der Seite, damit man so weiterarbeite wie bis anhin und nicht unter-

brochen werde. In einer Klasse gehe die Lehrperson mit dem Stoff schnell voran, las-

se die Schülerinnen und Schüler Aufgaben lösen oder löse diese gemeinsam mit der

ganzen Klasse. Die Kinder geben dadurch „Gas“, auch weil sie diese Aufgaben nicht

als Hausaufgaben erledigen möchten. Ein Kind erwähnt das Klammersystem, welches

einen weiterarbeiten lasse, sobald man seine Klammer an einen Stab beim Pult ge-

steckt habe. Man wisse dann, welche Reihenfolge beachtet würde und könne so einer

Wartezeit entgehen und weiterarbeiten. Einen zähen Unterrichtsfluss verursache eine

Lehrperson, die auf Fragen der Kinder tausend andere Sachen dazu erkläre. Als Folge

davon würden andere Kinder viel länger warten oder gar nicht an die Reihe kommen

(vgl. Kapitel 14.1.3, Zeile 138). Der Ratschlag dieses Kindes: Nur dasjenige Problem

erklären, welches auch wirklich gefragt wurde und nicht mehr.

8.5 Ergebnisse zu den Präsenz- und Stoppsignalen

Aus Kapitel 5.4 geht hervor, dass erfolgreiche Lehrpersonen wissen, wo ihr Standort

im Schulzimmer ist.

Bezeichnend für die Antwort auf die Frage, wo sich Lehrpersonen im Klassenzimmer

am besten aufhalten sollen, ist die Aussage eines Kindes der vierten Klasse: Ein guter

Platz sei, wenn die Lehrperson im Raum umherlaufe und den Kindern bei der Arbeit

zuschaue. Sie solle sich so positionieren, dass man schnell bei ihr sei und nicht die

ganze Zeit den Arm aufhalten müsse und nicht wahrgenommen werde. Dasselbe Kind

interpretiert sonst, dass die Lehrperson nicht aufmerksam sei. Es wurde selbst lange

nicht beachtet, weil die Lehrperson die ganze Zeit am Pult schrieb und nicht zur Klas-

se aufblickte. Ein anderes Kind stimmt dieser Aussage zu und ergänzt, die Lehrperson

sollte sich in der Mitte des Raumes aufhalten, also im Zentrum, damit sie alles über-

wachen könne. Ein Kind aus der ersten Sekundarstufe findet zuerst, die Lehrperson

sei vorne am Pult am besten platziert, damit man zu ihr hin könne. Doch die nachfol-

gende Frage der Interviewerin, ob dann die Lehrperson den Rest der Klasse wahr-

nehme, verneint das Kind. Es doppelt sogar nach, dass die anderen Kinder dann

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schwatzten. Weiter bemerkt ein Kind, dass sich eine Störung beruhige, sobald sich die

Lehrperson zum störenden Kind hin bewege, gleichzeitig die Unruhe aber wieder be-

ginne, wenn sich die Lehrperson entferne. Ein Kind meint, dass Schlitzohren es lieber

hätten, wenn sich die Lehrperson in eine Ecke verkrieche, aber für die Lehrperson sei

es besser, im Zentrum zu stehen. Zum Welleneffekt macht ein Junge der vierten Pri-

marklasse folgende Aussage: „Zwei Mädchen schwatzten und die Lehrperson dachte,

er sei der Störende gewesen.“ Auf die Frage hin, wie denn eine Lehrperson bemerken

könne, wo die Störung beginne, meint der Junge: „sie soll im Klassenzimmer herum-

schauen und sehen, was die Kinder machen.“ Ein Junge der sechsten Klasse ist der

Meinung, die Lehrperson solle die Kinder, die ruhig gearbeitet hätten, kurz schwatzen

lassen und sie nach einer Weile zur Ruhe auffordern. Andere Kinder betonen, dass

die Lehrperson gar nie alle Störungen am Anfang wahrnehmen könne. Deshalb sei es

gut, wenn man Zeugen habe oder wenn man so ehrlich sei und zugebe, der Schuldige

oder die Schuldige zu sein. Weiter wurde gesagt: „Ich würde auch wenn jemand mit

schwatzen beginnt und es entsteht eine Welle, gerade am Anfang sagen, Ruhe!“ (vgl.

Kapitel 14.1.2, Zeile 105).

9 Schlussfolgerungen

In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der Interviews mit der Theorie in

Verbindung gebracht. Alle Aspekte, die erwähnt, recherchiert und interviewt wurden,

tragen zu einem soweit wie möglich störungsfreien Unterricht bei. Die Titel der Ab-

schnitte entsprechen dem Fazit der Autorin. Sie stellt diese diskutierten Präventions-

massnahmen in einer persönlichen, subjektiven „Rangordnung“ zusammen und gibt

dadurch angehenden Lehrpersonen ihre nachstehenden Empfehlungen in einer Art

Prioritätenliste mit auf den Weg.

Vorab ist festzuhalten: Störungsfreien Unterricht gibt es nicht. Wo Menschen aufei-

nandertreffen, entstehe Konflikte. Jede Lehrperson muss sich daher mit Störungen

auseinandersetzen. Dass man aber Störungen präventiv entgegenwirken kann, legen

die in dieser Arbeit begründete Theorie, sowie auch die Aussagen der befragten Kin-

der dar. Es zeigt sich, dass auch der Schulalltag bekräftigt, was in der Literatur zu fin-

den ist.

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Beziehung:

Eine grundlegende Erkenntnis besteht darin, dass eine gute Beziehung zwischen Ler-

nenden und Lehrpersonen Grundlage einer wirksamen Störungsprävention ist. Dieser

Aspekt spielt – nicht nur im Bereich Disziplin, sondern in der Schule grundsätzlich eine

grosse Rolle. Eine gute Beziehung ist Fundament für einen erfolgreichen Unterricht.

Interessant ist, dass diese Betrachtungsweise auch von den Kindern im Interview häu-

fig erwähnt wird. Das macht deutlich, dass die Lernenden den Beziehungsfaktor zur

Lehrperson ebenfalls als ein zentrales Merkmal der Störungsprävention ansehen. Sie

sprechen immer wieder den Spass und den Humor an, der im Unterricht nicht fehlen

darf. Zu einem guten Klassenklima gehört ein Lehrer, der gerecht ist und weder Lieb-

lings- noch Hasskinder hat. (vgl. Kapitel 8.1). Die Kinder unterstreichen die Bedeutung

der Beziehungsebene, wie sie auch von Lohmann (2013) beschrieben wird. Negative

Gefühle vermeiden (nicht schreien, vgl. Kapitel 8.1), Beziehung aufbauen, Humor,

Klassenklima fördern, kooperativer Führungsstil. Erfolgreiche Lehrpersonen arbeiten

besonders an der Beziehung, geben wertschätzende Rückmeldungen, nehmen die

Lernenden ernst und sind bestrebt, sie dort abzuholen, wo sie stehen. (individuelle

Bezugsnorm). Die Theorie und die Aussagen der Kinder stimmen hier in hohem Mas-

se überein.

Regeln:

Regeln sind im Unterricht unerlässlich, das empfinden auch die Schüler/innen. Am

liebsten sind die Kinder an der Entwicklung von Regeln mitbeteiligt, was auch Wissen-

schaftler/innen bestätigen. Unabhängig vom Wissen in Theoriebüchern, befürworten

auch die Kinder wenige, dafür klare Regeln. Für ein geordnetes Zusammenleben hal-

ten sich erfolgreiche Lehrpersonen an die Regeln. Bei den Konsequenzen, wie in die-

ser Arbeit schon erwähnt, weichen die Erfahrungen in der Praxis der Kinder am meis-

ten von der Theorie ab. Man spürt im Interview heraus, dass sinnlose Konsequenzen

eher zu Wiederholung des Regelverstosses, anstatt zur Einsicht führen. Das bedeutet,

dass Lehrpersonen sich im Vorfeld Gedanken über mögliche Konsequenzen machen

sollen. Gute Konsequenzen tragen in der Regel dazu bei, dass die Kinder lernen, sich

korrekt zu verhalten.

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Motivierender Unterricht:

Zentral für eine ruhige Unterrichtsatmosphäre und eine breite Aktivierung ist ein le-

bendiger, spannender, motivierender und abwechslungsreicher Unterricht. Er trägt,

wenn immer möglich, der Leistungsschere der Kinder Rechnung. Klare Arbeitsaufträ-

ge und kurz gehaltene Lehrervorträge, anschauliches Material, eine geschickte

Rhythmisierung und ein wo möglich sinnvoller Miteinbezug der Schülerinnen und

Schüler fördern deren Motivation. Blickkontakt und nonverbale Kommunikation wurden

im Interview kaum angesprochen. Möglicherweise nehmen die Kinder dies nicht so

wahr, da die Signale der Körpersprache eher unbewusst aufgenommen werden.

Eine gute Organisation:

Darunter verstehen sowohl die Kinder, als auch die Theorie, dass eine Lehrperson

keine Wartezeiten verursacht, sondern reibungslose Arbeitsabläufe und Übergänge

schon im Voraus plant. Um möglichen Unruheherden vorzubeugen, eignen sich vor

allem auch ritualisierte Abläufe, die den Kindern, wenn sie sorgfältig und nachhaltig

eingeübt wurden, bestens bekannt sind. Mit Zwischenarbeiten, die im Voraus erklärt

bzw. eingeführt werden, (z.B. in einem Buch weiterlesen, etwas zeichnen oder an ei-

ner Werkaufgabe weiterarbeiten) lässt sich einer möglichen Unruhe ebenfalls ge-

schickt vorbeugen. Die Aussage eines Kindes über einen Lehrer, der selbst Verursa-

cher von Störungen ist, trifft Noltings Theorie vom „Unterrichtsfluss“ im Kern. Als Emp-

fehlung sei hier nochmals erwähnt: Manchmal ignorieren Lehrpersonen leichte Stö-

rungen besser, anstatt durch eine Intervention die ganze Aufmerksamkeit der Klasse

auf diese Situation lenken.

Standort:

Ein guter Standort der Lehrperson, aus welcher sie möglichst die ganze Klasse im

Blick hat, ist der Störungsprävention ebenfalls zuträglich. In einer Ecke stehend und

den Rücken zu den Lernenden gerichtet, ist folglich wenig geschickt. Lehrpersonen

beugen Störungen vor, indem sie sich im Raum bewegen, den Blick über die Klasse

schweifen lassen und einzelne Kinder gezielt im Auge behalten. Dies verhindert, dass

Kinder unbeachtet schwatzen können und dadurch ein Welleneffekt entsteht.

Ist ein Kind besonders unruhig oder auffällig, empfiehlt es sich in dessen Nähe zu ge-

hen und das Kind kurz anzutippen oder ein nonverbales Zeichen zu senden. Diesen

Vorschlag lieferte ein Kind aus der ersten Oberstufe im Interview,

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während auch Nolting dies in seinem Aspekt „Prävention durch Präsenz- und Stopp-

signale“ empfiehlt.

9.1 Mein persönliches Fazit

Mich vielschichtig mit dem Thema der Störungsprävention auseinander zu setzen,

empfand ich als ungemein spannend und herausfordernd. Gerade als angehende

Lehrperson wird mir dieses theoretische Hintergrundwissen von grossem Nutzen sein.

Das Angebot an Literatur zur Störungsprävention im Unterricht ist äusserst umfang-

reich und ergiebig. Dies erschwerte einerseits die Auslese, stellte aber andererseits

eine Bereicherung dar, da zu meiner Fragestellung viele nützliche Informationen zu

finden waren. Es fällt auf, dass diesem Thema seitens Lehrpersonen ein hoher Stel-

lenwert beigemessen wird und Handlungsbedarf besteht, sonst würden sich wahr-

scheinlich nicht so viele Wissenschaftler/innen damit beschäftigen. Trotz der Fülle an

Lesestoff glaube ich, dass mir die Auswahl an geeigneter und aktueller Literatur ge-

lungen ist.

Nicht immer ist klar, wo Prävention aufhört und in Intervention übergeht, dieser Pro-

zess ist aus meiner Sicht eher schleichend. Jede Lehrperson ist verschieden und ent-

wickelt eine eigene Strategie zur Klassenführung. Was die eine Lehrperson toleriert,

wird von der anderen geahndet. Nicht zuletzt deshalb sind nicht alle Präventions-

massnahmen für alle Lehrpersonen gleichbedeutend.

Ich will mit dieser Arbeit vor allem Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern einen

kleinen theoretischen und stellenweise auch ganz praktischen Rucksack mitgeben,

damit sie sich vor der Übernahme einer Klasse zentrale Gedanken zur Störungsprä-

vention machen können. Ihnen sollte bewusst sein, dass das A und O eine gute Be-

ziehung zwischen ihnen und den Kindern ist und dass mit wenigen, klaren Massnah-

men eine grosse Wirkung erzielt werden kann. Ich denke da an die Einführung und vor

allem konsequente Einhaltung von Regeln und an den Standort der Lehrperson im

Klassenzimmer mit einem gutem Überblick über die ganze Klasse. Auch denke ich an

eine geschickte nonverbale Kommunikation und an die Erkenntnis, dass es häufig die

Lehrpersonen selber sind, die durch ihre Reaktion auf Störungen den Unterrichtsfluss

unterbrechen und die Störung dadurch zusätzlich verstärken.

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Besonders gefreut hat mich die Bereitschaft der Lehrpersonen, mir Kinder und Räum-

lichkeiten für die Durchführung meiner Interviews zur Verfügung zu stellen. Die Atmo-

sphäre war jeweils locker und die Schülerinnen und Schüler waren voller Ideen und

Diskussionsbereitschaft. Die jüngeren Kinder der vierten Primarstufe gaben altersbe-

dingt noch nicht so differenzierte Antworten wie jene der ersten Oberstufe, doch die

Beleuchtung meines Themas aus ihrer Sicht gestaltete die ganze Arbeit noch span-

nender und abwechslungsreicher. Oft schmunzelte ich während der Interviews und

versuchte mich in die Lage der Kinder zu versetzen. Bei der Transkription der Inter-

views fiel mir auf, dass ich manchmal den besten Zeitpunkt für eine Unterbrechung bei

langfädigen Antworten verpasst hatte. Das hatte zur Folge, dass die eigentliche Frage

nur ungenau beantwortet wurde.

In meiner Arbeit habe ich ein paar Mal erwähnt, dass ich die Expert/innen, also die

Schulkinder, zu Wort kommen lassen möchte, um Einblick in deren Sichtweise bzgl.

Unterrichtsstörungen zu erhalten. Meine Erwartungen wurden gut erfüllt. In vielen

Antworten bestätigten die Kinder die Theorien, der von mir in der Arbeit zitierten For-

scherinnen und Forscher. Das zeigt, dass die Kinder sehr wohl spüren und merken,

wie ein Unterricht möglichst ohne Störungen aussehen müsste und wie sich eine

Lehrperson in gewissen Situationen zu verhalten hat. Zu meiner Fragestellung habe

ich viele Antworten gefunden – nun geht es an die praktische Umsetzung!

9.2 Möglichkeiten zur Weiterforschung Wie schon in der Einleitung und im Schlussteil erwähnt, hängt Störungsprävention in

erster Linie mit der Beziehung Lehrperson - Lernende zusammen. Deshalb ist hier

eine wichtige und zugleich spannende Weiterführung des Themas möglich. Wie kann

bewusst eine gute Beziehung zu den Lernenden aufgebaut und gepflegt werden? Wie

baue ich ein gutes Klassenklima auf? Ein bedeutender Aspekt diesbezüglich ist be-

stimmt auch eine wertschätzende Kommunikation. Weiter geforscht werden könnte

auch zum Aspekt praxiswirksame Interventionen zu Störungen, die sich nicht mehr

ignorieren lassen, da sie bereits zu gross sind. In meiner Arbeit kamen die Kinder zu

Wort. Spannend wäre bestimmt auch, inwiefern die in Theorie und Interview formulier-

ten Erkenntnisse aus der Sicht von erfahrenen Lehrpersonen umgesetzt werden. Auch

höre ich immer wieder, dass es vor allem Fachlehrpersonen sind, die Probleme im

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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Umgang mit Disziplin/Störungen beklagen. Woran könnte das liegen? Eine Fachlehr-

person unterrichtet eine Klasse ja in der Regel nur wenige Lektionen pro Woche und

hat deshalb weniger Zeit als eine Klassenlehrperson, um eine gute Beziehung aufzu-

bauen und zu pflegen. Trotzdem gibt es immer wieder Fachlehrpersonen, die über

Jahre hinweg keine Schwierigkeiten diesbezüglich bekunden. Was machen sie anders

oder geschickter als ihre Kolleg/innen?

10 Urheberbestätigung

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit, dass ich diese Bachelorarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe

verfasst habe, nicht anderwärtig ganz oder in Teilen als Abschlussarbeit vorgelegt,

keine anderen als die angegebenen Quellen oder Hilfsmittel benützt, sowie wörtliche

und sinngemässe Zitate als solche gekennzeichnet habe.

Ort, Datum:_______________________ Unterschrift:_______________________

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

47

11 Literaturverzeichnis

Dammann, M. (2006). Schulstart für Lehrer. Ein Praxisbuch. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Frey, K. (2010). Disziplin und Schulkultur. Akteure, Handlungsfelder, Erfolgsfaktoren. Zürich: Schulverlag Plus AG. Hattie, J. (2013). Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. Helmke, A. (2014). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze-Velber: Kallmeyer in Verbindung mit Klett. Keller, G. (2008). Disziplinmanagement in der Schulklasse. Unterrichtsstörungen vorbeugen - Unterrichtsstörungen bewältigen. Bern: Hans Huber. Leutwyler, M. R. (2011). Wissenschaftliches Arbeiten im Lehramtsstudium Bern: Hans Huber. Lohmann, G. (2013). Mit Schülern klarkommen. Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten . Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH. Meyer, H. (2004). Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co. KG. Nolting, H.-P. (2012). Störungen in der Schulklasse. Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung. Weinheim und Basel: Beltz. Ottich, W. K. (2009). Mit Schülern zusammenarbeiten. Klassen professionell führen. Berlin: Cornelsen. Rüedi, J. (2002). Disziplin in der Schule. Plädoyer für ein antinomisches Verständnis von Disziplin und Klassenführung . Bern; Stuttgart; Wien: Haupt. Rüedi, J. (2011). Wie viel und welche Disziplin braucht die Schule? Möglichkeiten, Wege und Versuchungen. Plädoyer für ein antinomisches Verständnis von Disziplin und Unterrichtsstörungen. Bern: Hans Huber. Whitaker Todd, B. A. (2012). 50x Schülerverhalten verbessern. Lernumgebung verändern - leichter unterrichten. Weinheim und Basel: Beltz. Whitaker, T. (2009). Was gute Lehrer anders machen. 14 Dinge, auf die es wirklich ankommt. Weinheim und Basel: Beltz.

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

48

12 Quellenverzeichnis

Meyer, H. (10/2003) aus Pädagogik. Zehn Merkmale guten Unterrichts.

Online unter: http://www.thyssen-

web.de/assets/files/fd_documents/evaluation_kriterien/976_9_0_10Merkmaleguten

Unterrichts.pdf ,(01.09.2014)

Seidel, T. (o.J.) Klassenführung. Online unter:

http://www.google.ch/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&sqi=2&ved=0

CCQQF-

jAB&url=http%3A%2F%2Fwww.springer.com%2Fcda%2Fcontent%2Fdoument%2

Fcda_downloaddocument%2F9783540885726-c1.pdf%3FSGWID%3D0-0-45-

783535-p173909005&ei=4-

T1U5_8OsbC7Aag44FQ&usg=AFQjCNFdtdzU_YNjrAydx9hyBSM-

tLECOw&bvm=bv.73231344,d.ZGU, (01.09.2014)

13 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Schematische Darstellung der Arbeit (Katja Leonhardt, 13.9.2014)

Abbildung 2 Wirkungsgeflecht der Klassenführung (Helmke, 2014, S. 177)

Abbildung 3 Augen im Hinterkopf, (Rüedi, 2002, S. 190)

Abbildung 4 http://religionsunti.blogspot.ch/p/intervisionsgruppe-in-hornussen-am-21.html (17.9.2014)

Abbildung 5 http://archiv.pestalozzischule-gladbeck.de/gpPausenregeln.html (17.9.2014)

Abbildung 6 http://prezi.com/_3-x7ynygafk/schwierige-unterrichtssituationen/ (17.9.2014)

Abbildung 7 http://kjf-gym.de/?mainid=2&subid=3&partid=29 (17.9.2014)

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Bachelorarbeit Störungsprävention im Unterricht Katja Leonhardt

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14 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Matrix von Lohmann (vgl. Lohmann, 2013, S. 32f.)

15 Anhang

15.1 Transkription der Interviews mit Schulkindern der 4. und 6. Primarklasse, sowie der 1. Sekundarklasse

15.1.1 Interview 4. Primarklasse Angaben zum Interview:

Klasse: 4. Primarklasse

Durchgeführt am: 10. September 2014

Ort: Gruppenraum

Teilnehmende: 1 Mädchen und 2 Jungen

Angaben in der Transkription: Kind 1= Junge, Kind 2= Mädchen, Kind 3= Junge

Dauer des Interviews: 18 Minuten, 25 Sekunden

Zeile Interview

1 Interviewer: (Abbildung 4). Das ist ein Schulzimmer, schaut euch das Bild ein-mal an.

2 Kind 1 Ui, das Fenster ist kaputt.

3 Interviewer: Was denkt ihr, warum sich die einen Schülerinnen und Schülern bei den einen Lehrpersonen so verhalten und bei den anderen so? Habt ihr das auch schon bei euch selber gemerkt?

4 Kind 1 Die anderen Lehrer sind netter und werden nicht so schnell aggro, die anderen reagieren dann sehr schnell recht streng.

5 Interviewer: Würde euch ein solches Klassenzimmer gefallen? (Abbildung 4)

6 Kind 1 nein.

7 Kind 2 nein.

8 Kind 3 nein.

9 Interviewer: Was muss eine Lehrperson anders machen, damit es nicht so wä-re?

10 Kind 2 einfach aufstehen und sagen, dass sie das nicht machen sollen, oder sie sollen nachsitzen oder so.

11 Interviewer: Eine Strafe geben?

12 Kind 2 Ja .

13 Interviewer: Wenn ihr euch vorstellt, ihr hättet einen solchen Lehrer, was würdet ihr tun?

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14 Kind 1 Dann würde ich ganz ruhig sitzen und nicht so, dass ich nachsitzen müsste.

15 Kind 2 Also, dass er auch eingreift und sich nicht alles gefallen lässt.

16 Interviewer: Was machen die Lehrer anders, die weniger Störungen haben als die, die viele Störungen haben?

17 Kind 3 Lehrer die Störungen haben, werden immer strenger und die anderen nicht.

18 Interviewer: Was ist besser?

19 Kind 3 Nicht streng.

20 Interviewer: Das man Störungen hat?

21 Kind 3 Nein, dass man keine Störungen hat.

22 Interviewer: Mmh. Also denkst du, wenn man streng ist, hat man eher Störun-gen?

23 Kind 3 Ja.

24 Interviewer: Ok!

25 Interviewer: Wenn ihr überlegt, was machen eure Lehrer, damit es ruhig im Schulzimmer ist, damit ihr arbeiten könnt?

26 Kind 1 Sie klatschen manchmal und Hände auf den Kopf oder sagen, wir haben einen Gong in der Klasse und wenn sie darauf schlagen, müssen wir alles schnell abgeben und Arme verschränken.

27 Interviewer: Habt ihr das Gefühl, die Sitzordnung hat auch einen Einfluss? So wie ihr sitzt, dass es ruhiger ist oder nicht so ruhig im Schulzimmer?

28 Kind 1 Ich könnte eigentlich gut neben ihm (zeigt zu Kind 3) arbeiten, aber un-ser Lehrer hat Mädchen und Buben getrennt. Manchmal sitzen auch Bub Bub und Mädchen Mädchen oder so.

29 Kind 3 Bei uns ist eher so eine Gruppe von Gruppe A dann Gruppe B, dann Gruppe A, Gruppe B.

30 Kind 1 Und unser Lehrer hat uns so sitzen lassen, dass wir die anderen ken-nenlernen, aber mich hat er neben zwei Mädchen von unserer Klasse gesetzt.

31 Interviewer: Meint der Lehrer ihr lernt so besser, oder würdet ihr besser lernen, wenn ihr auslesen könntet neben wem ihr sitzen könnt?

32 Kind 2 Wenn wir auswählen könnten.

33 Interviewer: Wäre das besser? Würdet ihr besser lernen? Wäre es dann ruhi-ger?

34 Kind 3 Ja.

35 Kind 2 Ja.

36 Kind 1 Kommt darauf an, ob es Gruppenarbeit ist oder nicht.

37 Interviewer: Und wenn es so wild im Unterricht ist, wer ist Schuld daran?

38 Kind 1 Meistens fängt bei uns der J. an mit schwatzen und dann fangen alle an ausser ich und sie manchmal. (Zeigt zum Mädchen).

39 Interviewer: An wem müsste es liegen, dass es nicht so wäre?

40 Kind 2 Am Lehrer und auch an den Kindern.

41 Interviewer: Gut, dann hab ich hier noch ein Bild. (Abbildung 5). Was meint ihr, braucht es diese?

42 Kind 2 Ja das schon.

43 Kind 1 Ja.

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44 Interviewer: Und warum?

45 Kind 1 Weil es sonst, wenn es keine Regeln hätte, dann würden die Schülerin-nen und Schüler nicht in die Schule kommen, machen immer Chaos und werfen die Mülleimer um und so.

46 Kind 3 Dann würdet man einander prügeln.

47 Interviewer: Würdet ihr das alles ohne Regeln machen?

48 Kind 1 Nein.

49 Kind 2 Nein.

50 Kind 3 Nein.

51 Interviewer: Aber ihr findet es braucht es schon?

52 Kind 1 Die Klasse von Herrn F. die würde das machen. Ganz klar!

53 Interviewer: Aber findet ihr im Schulzimmer braucht es das?

54 Kind 1 Ja.

55 Kind 2 Ja.

56 Interviewer: Und was passiert, wenn ihr euch nicht an Regeln haltet?

57 Kind 1 Dann muss man meistens nachsitzen oder eine Unit vom Englisch ab-schreiben.

58 Interviewer: Egal, was ihr gemacht habt?

59 Kind 1 Nein, also beim Herrn X, der hat nicht so Striche gemacht, aber die Frau J. schon. Wenn man zwei Striche hatte, musste man eine Unit abschreiben.

60 Interviewer: Findet ihr wichtig, dass die Konsequenz mit der Regel zusammen-hängt, d.h. wenn ihr etwas nicht befolgt habt und was ihr dann machen müsst zusammenhängt. Ist es egal was ihr gemacht habt und was daraus folgt?

61 Kind 1 Nein.

62 Interviewer: Wo würdet ihr mehr lernen?

63 Kind 1 Ich sitze bei Englisch-Voci hin und lerne bis ich sie kann. Manchmal mit meiner Mutter und dann hab ich es gemacht. Immer am Tag ein paar Minuten nachholen, damit ich das Voci kann, gut schreiben und sprechen.

64 Interviewer: Gut das hat jetzt nichts mit Schulregeln zu tun, Voci lernen. Ihr seid ja jetzt in der 4. Klasse und seid neu zusammengemischt worden und habt ei-nen neuen Lehrer. Habt ihr Regeln eingeführt?

65 Kind 1 Nein, Herr X hat immer, wenn wir von der Pause kommen, sollen wir lesen und dann machen wir das. Oder Regeln ganz am Anfang hat er nicht ge-sagt und dann später, wenn zwischendrin jemand etwas gemacht hat, dann sagt er die Regel.

66 Kind 2 Wir mussten selber Regeln aufstellen, was für uns wichtig ist, was man nicht macht. Hat nicht er gesagt was Regeln sind, sondern wir selber mussten es machen.

67 Interviewer: Wie viele Regeln sind das etwa?

68 Kind 2 Neun.

69 Kind 1 Neun.

70 Interviewer: Ist das ok für euch, oder sind das zu viel oder zu wenig?

71 Kind 1 Nein das ist ok.

72 Kind 2 Ja.

73 Interviewer: Ihr würdet, wenn ihr Lehrer wäret, auch Regeln einführen?

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74 Kind 1 Ja, ich würde nicht zu viele machen, wenn ich Lehrer wäre, wahrschein-lich werde ich auch Lehrer. Gestalten und Musik und so. Mathe find ich nicht so gut.

75 Interviewer: (Abbildung 6) Wie muss eine Lehrperson Schule geben, damit das nicht passiert?

76 Kind 1 Spannend und so Themen wie Velo, das fände ich gut und dann wird es nicht langweilig, aber manchmal wenn der Lehrer ganz lange schwatzt, dann wird es schon langweilig.

77 Interviewer: Findet ihr zwei auch, dass das Thema spannend sein muss?

78 Kind 2 Ja.

79 Kind 3 Ja.

80 Interviewer: Ist denn Mathe immer spannend?

81 Kind 1 Für mich schon.

82 Kind 2 Du bist auch gut dort.

83 Interviewer: Was kann man machen, wenn das Thema nicht ganz so spannend ist, aber man will trotzdem, dass alle Kinder zuhören?

84 Kind 1 Ich höre bei allen zu.

85 Kind 2 Dass man nicht so lange die ganze Zeit redet.

86 Interviewer: Wieso denkt ihr, dass Lehrer auch Kinder drannehmen, die nicht aufstrecken?

87 Kind 2 Damit sie auch mitmachen und nicht nur dasitzen und denken man muss gar nichts machen, die anderen wissen es ja eh.

88 Interviewer: Ist das gut?

89 Kind 1 Das finde ich gut, weil der A. der schwatzt die ganze Zeit und dann nimmt er jemanden dran und dann macht er "böh."

90 Interviewer: Und dann weiss er es gar nicht?

91 Kind 1 Nein.

92 Interviewer: Was müsste dann eine Lehrperson machen, damit die Schüler nicht abgelenkt wären und mitmachen?

93 Kind 2 Das es ruhig ist und nicht so laut und so.

94 Interviewer: Und wie müsste der Unterricht sein?

95 Kind 1 Spannend und mit Regeln und so.

96 Interviewer: Auch abwechslungsreich?

97 Kind 1 Ja.

98 Kind 2 Ja.

99 Kind 1 Wir haben bei Frau J. meistens Mathe, Musik und Gestalten und bei Herrn X Englisch. Bei Frau J. hatten wir nie Englisch aber bei Herrn X schon ein paar Mal.

100 Interviewer: Ist das spannend?

101 Kind 1 Ja, Englisch finde ich ein tolles Fach.

102 Interviewer: Könnt ihr euch vorstellen, warum Englisch spannend ist?

103 Kind 1 Weil das die Sprache ist, die jeder Mensch kann. Zuerst muss man sie zwar lernen.

104 Kind 2 Nicht jeder.

105 Kind 2 Die meisten.

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106 Interviewer: Wie nützt ihr Wartezeiten aus, wenn z.B. etwas vom Lehrer verteilt wird oder wenn ihr Material holen müsst? Was macht ihr, wenn ihr einfach war-ten müsst?

107 Kind 2 Meistens lesen.

108 Kind 1 Ja, ich habe ein neues Buch aus der Bibliothek und das finde ich gut und deswegen lese ich das.

109 Interviewer: Ist das auch eine Regel, wenn ihr warten müsst dann lest im Buch?

110 Kind 1 Ja, ein paar Sachen müssen wir lesen. Ein paar Kinder machen das nicht.

111 Interviewer: Was machen denn diese Kinder?

112 Kind 2 Schwatzen und Mist machen.

113 Interviewer: Und dann stört es ja.

114 Kind 1 Und ganz am Anfang der Schule hatte es dafür einen Schrank, man darf nicht schwatzen, wie ein Spielschrank, da darf man Spiele herausnehmen.

115 Interviewer: Was macht eine gute Lehrperson, damit alle beschäftigt sind. Wie gibt diese Schule?

116 Kind 1 Sie versucht immer Aufgaben zu geben, dass man nicht so rumsitzt und schwatzt. Gibt sie einem immer Aufgaben. Und wenn man ganz fertig ist, sollte man lesen, zeichnen oder was haben wir noch?

117 Kind 2 Spiele spielen.

118 Kind 1 Ja Spiele machen.

119 Interviewer: Habt ihr noch mehr Ideen, damit es nicht langweilig wird?

120 Kind 3 Kopf schütteln.

121 Interviewer: Gut, jetzt zeige ich euch ein anderes Bild. (Abbildung 7). Da geht es um den Lehrer. Wo sollte er sich im Schulzimmer am besten aufhalten, was meint ihr?

122 Kind 1 Also wenn man rumläuft oder wenn jemand aufstreckt, dass man gerade zu einem hin kann und man nicht immer aufhalten muss.

123 Interviewer: Wenn du die ganze Zeit aufhalten würdest, was heisst das?

124 Kind 1 Dass der Lehrer nicht aufmerksam ist.

125 Interviewer: Er sieht dich nicht?

126 Kind 1 Nein.

127 Interviewer: Und wie kann das passieren, dass dich der Lehrer nicht sieht?

128 Kind 1 Wenn er am arbeiten ist. Ich habe auch schon mega lange aufgestreckt und er war die ganze Zeit am Pult am Schreiben.

129 Kind 2 Manchmal muss man, wenn man eine Frage hat, zu ihm zum Tisch ge-hen.

130 Interviewer: Ist das ein guter Platz am Lehrerpult?

131 Kind 1 Nein.

132 Interviewer: Was wäre dann besser?

133 Kind 1 Wenn der Lehrer herumläuft und in die Blätter schaut und so.

134 Interviewer: Wenn er hinter euch steht, wie fühlt ihr euch dann?

135 Kind 1 Dann fühle ich mich eigentlich ganz normal.

136 Interviewer: Hast du dann das Gefühl, du musst anders arbeiten?

137 Kind 2 Nein.

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138 Kind 1 Nein, ich arbeite ganz normal weiter.

139 Interviewer: Und wenn es unruhig ist im Schulzimmer und er geht zu den Kin-dern, die stören? ist das gut oder nicht gut?

140 Kind 1 Wenn er quer herumläuft, und dann so, dass er dann stört.

141 Interviewer: Du wolltest auch noch etwas sagen.

142 Kind 2 Also, ich hab es vergessen.

143 Kind 3 Manchmal, wenn der Lehrer am Pult ist und es ist laut und dann läuft er von hinten zu den Kindern, dann ist es wieder mega leise, aber wenn er wieder weg ist, ist es wieder laut.

144 Interviewer: Aha, wenn er wieder wegläuft, wird es laut. Dann wäre es ja gut, wenn er immer herumlaufen würde, um Ruhe im Schulzimmer zu haben?

145 Kind 2 Ja.

146 Kind 1 Aber ich arbeite dann einfach weiter.

147 Interviewer: Wieso denkt ihr, dass der Lehrer manchmal Kinder bestraft, die gar keine Schuld an der Störung im Schulzimmer haben?

148 Kind 1 Eigentlich meine zwei Mädchen neben mir, die schwatzen und das nervt und dann kommt er immer und sagt, hört auf und dann machen sie weiter.

149 Kind 2 Er macht manchmal Platzwechsel, weil die zwei Weiber nie ruhig sind.

150 Kind 1 Ich bin auch neben M. gesessen und die zwei nebeneinander und dann habe ich mit M. den Platz getauscht und sie mit T.

151 Interviewer: Aber habt ihr schon gemerkt, dass der Lehrer zu euch sagt, jetzt ist Ruhe, aber ihr habt gar nichts gemacht, weil es die anderen waren?

152 Kind 1 Ja, ich habe gearbeitet und die zwei Mädchen neben mir haben geredet und haben zu uns geschaut und aufgehört, dann hat er mich, ja...

153 Interviewer: Wieso hat er das gemacht?

154 Kind 1 Weil er gedacht hat, ich sei es gewesen. Tja da muss man halt etwas vorsichtig sein.

155 Kind 2 Manchmal, wenn man bestraft wird, dann sagen die Kinder meistens, der oder der ist es gewesen. Wenn du ihm zuhörst, sagt er es sei er gewesen, oder der sagt etwas anderes.

156 Interviewer: So, dass du gar nicht mehr herausfinden kannst, wer es war?

157 Kind 2 Ja.

158 Interviewer: Was müsste denn eine Lehrperson machen, damit sie es wüsste wer anfängt?

159 Kind 2 Beide strafen.

160 Kind 1 Im Klassenzimmer herumschauen und sehen, was die Kinder machen.

161 Interviewer: Ich habe meine Fragen gestellt, wenn ihr noch etwas zusätzlich sagen möchtet zum Thema Störungen, oder einen Tipp für mich oder für Be-rufseinsteiger habt, dürft ihr es jetzt noch sagen.

162 Kind 1 Eigentlich, wenn ich Lehrer wäre, würde ich nicht viele Regeln machen, dann hat man die Schüler auch gerne und hört mir besser zu.

163 Kind 2 Ich finde es noch cool, wenn man abwechslungsweise auch raus kann und sich bewegen kann und nicht nur im stinkigen Schulzimmer bleiben muss.

164 Kind 1 Auch einmal zusammen Spiele machen und nicht die ganze Zeit lernen. Sonst arbeitet die ganze Zeit der Kopf und man hat mega Kopfweh.

165 Kind 1 Also raus gehen und durchlüften und dann kann man wieder lernen.

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15.1.2 Interview 6. Primarklasse Angaben zum Interview:

Klasse: 6. Primarklasse

Durchgeführt am: 10. September 2014

Ort: Gruppenraum

Teilnehmende: 1 Mädchen und 2 Jungen

Angaben in der Transkription: Kind 1 = Junge, Kind 2= Mädchen, Kind 3= Junge

Dauer des Interviews: 24 Minuten, 10 Sekunden

Zeile Interview

1 Interviewer: Als erstes zeige ich euch ein Bild von einem Schulzimmer (Abbil-dung 4), wie es vielleicht nicht unbedingt sein sollte. Warum denkt ihr, dass sich Schülerinnen und Schüler bei verschiedenen Lehrpersonen anders verhalten? Es gibt Lehrer wo man sich so oder so verhält, warum denkt ihr, dass es so ist?

2 Kind 2 Ich glaube weil, wenn ein Lehrer nicht einfach sagt, so jetzt arbeitet lei-se, nachher werden alle laut und er ist immer noch weiss auch nicht, zum Bei-spiel am Compi, dann sagt er nichts und sie werden immer lauter und lauter und nachher artet es aus.

3 Kind 1 Ich finde jede Lehrperson ist anders. Es gibt solche, die es wie alle Leh-rer machen und dann gibt es solche, die spezielle Sachen machen, wo man auch Freude am Arbeiten hat. Und dass man dann gar nicht auf die Idee kommt laut zu sein oder so.

4 Interviewer: Hast du das Gefühl, es liegt auch an der Planung vom Unterricht? Was habt ihr das Gefühl was es für einen Unterricht braucht, damit alle Kinder dabei sind?

5 Kind 3 Auf jeden Fall etwas Spass braucht es immer, das haben wir auch sehr, oder ja und unser Lehrer erklärt es auch mega gut und man versteht es.

6 Kind 2 Es ist eben auch immer etwas Spass dabei. Auch etwas Kleines ma-chen, wo alle wieder laut reden dürfen. Nicht alle seid jetzt ruhig, macht die Aufgaben. Aber er macht das auch und allgemein Lehrer sollten das machen, aber nicht immer.

7 Interviewer: Was habt ihr das Gefühl, wenn es unruhig in der Klasse ist, wer ist Schuld daran?

8 Kind 1 Wahrscheinlich es gibt so Leute, die lebendig sind, die es nicht aushal-ten können. Wenn unser Lehrer anfängt zu diskutieren oder so und nachher beginnen alle zu schwatzen, weil sie hören, es ist nicht so leise, dann können wir ja auch.

9 Interviewer: Habt ihr das Gefühl, dass die Sitzordnung auch einen Einfluss hat?

10 Kind 3 Manchmal schon, wir haben zum Beispiel, wir reden jetzt und dann muss zum Beispiel jemand zu jemand anders sitzen, obwohl er nicht will. Und bei der Sitzordnung teilt uns der Lehrer ein und ich bin nicht immer so zufrie-den, aber ja.

11 Interviewer: Hast du das Gefühl, du arbeitest dann besser?

12 Kind 3 Ja, manchmal schon.

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13 Kind 2 Ja, aber es gibt ja auch. Ich sitze jetzt neben meiner besten Freundin, wir reden schon viel, wir können aber auch ruhig zusammen arbeiten und also es ist nicht so, dass wir die ganze Zeit lachen müssen. Wir können auch ruhig nebeneinander arbeiten.

14 Kind 1 Ich habe irgendwie das Gefühl, wenn der Lehrer es einteilt, ist es meis-tens etwas ruhiger, als wenn man neben einem guten Kollegen sitzt oder wie zum Beispiel ich am Viererpult, dann ja kommt es nicht so gut raus. Wir verste-hen uns dann einfach und werfen Sachen herum.

15 Interviewer: Das kannst du dann?

16 Kind 1 Ja.

17 Interviewer: Wie müsste denn eine Lehrperson sein, damit das nicht passiert? Keine Flieger herumfliegen lassen.

18 Kind 1 Bei uns, ich und mein Kollege. Die, die vis à vis sitzen machen oft Mist. Es regt uns auf. Am Anfang fanden wir es noch lustig, aber jetzt ist es nicht mehr so, wie wir es uns vorgestellt haben.

19 Kind 2 Ich meine der Lehrer muss schon. Er darf nicht zu streng sein und sagen eben nicht, seid alle ruhig, nichts mehr machen, kein Spass mehr. Weil dann kommt der Lehrer rüber mit oh nein der ist mega streng, aber er darf auch nicht zu nett sein, wie ja jetzt seid alle laut und ihr könnt herumwerfen.

20 Interviewer: Du denkst so das Mittelmass wäre gut?

21 Kind 2 Ja.

22 Kind 3 Ich würde auch neben meinem besten Kollegen sitzen, aber der hatte schon jemand anders gefragt, jetzt sitze ich an einem Einzelpult aber jetzt finde ich es auch irgendwie besser, weil die beiden streiten oft. Sie machen zum Bei-spiel, gestern hat jemand den Stuhl weggezogen, weil sie den Stuhl tauschen wollten, dann fiel der andere um und dann.

23 Interviewer: Hat das der Lehrer gesehen?

24 Kind 3 Ja, aber er hat es nicht extra gemacht. Zuerst hat er gelacht und dann wollte er sich entschuldigen.

25 Interviewer: Hast du das Gefühl, dies war eine lange Störung?

26 Kind 3 Sie war schon noch recht lang, so zehn Minuten und es konnte sich ei-gentlich niemand, also ich konnte mich nicht konzentrieren, ja.

27 Interviewer: Hättet ihr eine Idee wenn ihr Lehrer wäret, was würdet ihr machen, dass euer Unterricht recht gut laufen würde, die Kinder würden arbeiten und es gäbe keine Störungen?

28 Kind 2 Also, ich würde eben, ich würde jetzt nicht gerade so die, die am wenigs-ten miteinander machen nebeneinander setzen, sondern ich würde schon Kol-legen, aber ich würde auch wie einen bunten Unterricht machen, dass es doch auch ruhig ist, aber man kann doch einmal rausgehen und ein Spiel spielen.

29 Interviewer: Abwechslung?

30 Kind 2 Ja.

31 Interviewer: Gut, dann habe ich noch eine andere Frage zu einem Bild. (Abbil-dung 5). Was meint ihr dazu?

32 Kind 1 Bei uns ist es so, zum Beispiel im Klassenlager hatten wir eine einzige Regel und zwar man darf nicht rennen. Und sonst war es offen, wir mussten einfach den Lehrer fragen, wohin dürfen wir gehen? Dürfen wir raus gehen um Fussball zu spielen? So hat es ziemlich Spass gemacht. Es war nicht so, dass alle drin bleiben mussten, egal ob schönes oder schlechtes Wetter war.

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33 Interviewer: Und im Schulzimmer? Warum denkt ihr, warum die meisten Lehrer Regeln einführen?

34 Kind 2 Ja, dass es auch einigermassen ruhig ist während dem Unterricht. Ich würde jetzt nicht zehn Regeln und die muss man einhalten, sondern ein paar, die konsequent sind. Wir haben zum Beispiel: "Wir lachen nicht aus." Das ist die grösste Regel und nachher hat es noch ein paar andere. Wir akzeptieren die, aber es darf auch nicht wie zu viele Regeln haben, dass man wie alles ver-boten hat.

35 Interviewer: Du hast noch etwas wegen Konsequenzen gesagt, habt ihr Konse-quenzen, die gezogen werden aus den Regeln, die nicht eingehalten werden?

36 Kind 1 Ja, beim Lachen ist es zum Beispiel, einer von uns, wann war das? Ja, vor einem halben Jahr standen wir im Kreis und dann wollte sich jemand hin-setzen auf so Bolmis und dann hat ihn jemand nach hinten gezogen und dann haben alle gelacht. Und bei uns ist es so, das ist ja nicht ein extra Auslachen, sondern das ist, weil es einfach lustig ausgesehen hat und dann müssen wir sagen wieso wir gelacht haben, damit sich der andere nicht schlecht fühlt. Ja al-le haben mich ausgelacht und so.

37 Kind 3 Wir haben es zum Beispiel so. Ich lache einen Kollegen von mir aus und der hat das nicht gern und das mach ich immer zum Beispiel. Dann fragt der Lehrer, hast du das gerne wenn man dich auslacht oder irgendwie dir Sa-chen klaut? Dann sagt er ja oder nein und dann fragt er immer, ob du etwas gerne hast und das muss er dir nachher mitbringen.

38 Interviewer: Was wären lehrreiche Konsequenzen? Gerade mit auslachen, wann würde man das nicht mehr machen wenn man welche Konsequenzen zu befürchten hätte?

39 Kind 2 Zum Beispiel die Hausregeln, nein nicht die Hausregeln, aber irgendei-nen Text abschreiben und nachher diesen schön schreiben, ins Reine schrei-ben und nachher, dann würde man es glaube ich merken, dass irgendetwas ja.

40 Interviewer: Ich habe gelesen, dass Konsequenzen zu einer Regel passen müssen. Wenn man das macht, muss etwas passend sein, wie man dafür büs-sen muss. Was denkt ihr dazu? Eine Hausordnung abschreiben nach dem Aus-lachen passt da irgendwie nicht zusammen, oder?

41 Kind 1 Man könnte zum Beispiel wie einen Brief darüber schreiben, der Lehrer sagt zwei Seiten und nachher nur über Lachen schreiben, zum Beispiel wie sich der andere fühlt und dann merkt man auch irgendwann selber, dass es nicht das Beste gewesen ist, wenn man dann das liest oder schreibt.

42 Interviewer: Das ist eine super Idee! Wie muss eine Lehrperson sein, damit das nicht passiert? (Abbildung 6).

43 Kind 3 Bei uns ist das fast nie so, dass jemand so dasitzt, weil es ein spannen-der Unterricht ist, auch in M&U, auch wenn das nicht mein Lieblingsfach ist, in-teressiere ich mich sehr dafür.

44 Interviewer: Weisst du warum du dich sehr dafür interessierst?

45 Kind 3 Ja, es macht dann mega Spass so zum Beispiel, wenn man in den Wald geht und etwas macht.

46 Interviewer: Ihr habt das Thema Käfer, ist das vielseitig?

47 Kind 3 Ja, ich habe eigentlich nichts über sie gewusst und jetzt weiss ich viel mehr.

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48 Interviewer: Und die Vorstellung nachher mehr zu wissen, motiviert euch das, auch besser aufzupassen?

49 Kind 1 Ja.

50 Kind 2 Ja.

51 Kind 3 Ja.

52 Interviewer: Warum denkt ihr, dass Lehrpersonen auch Kinder drannehmen, die nicht aufstrecken?

53 Kind 3 Weil, wenn die nicht aufstrecken, zum Beispiel wenn man nicht so gut ist und man ist immer noch am überlegen, tut man sie zwar nicht zwingen, aber man probiert ihnen mehr beizubringen.

54 Kind 1 Also es ist schon ein wenig wie blossstellen, aber es ist auch so, dann merkt man, ich muss aufwachen, muss besser zuhören.

55 Kind 2 Das vor allem nicht die, die immer aufstrecken, die mehr wissen, dass die nicht immer gescheiter und immer gescheiter und immer gescheiter werden und die anderen ja die sind nicht so gescheit.

56 Interviewer: Wie müsste dann bei euch ein Unterricht aussehen, damit ihr nicht so abgelenkt wäret?

57 Kind 1 Bei mir ist es so, es gibt so Themen, die wir einfach durchnehmen müs-sen und wo für mich langweilig sind, aber ich weiss ich muss das, weil sonst zum Beispiel, wenn ich älter bin und dann fragt mich einer, was muss ich ma-chen, wenn mich der oder der Käfer beisst, oder so?

58 Interviewer: Fast ein wenig Überlebensstrategie?

59 Kind 1 Ja.

60 Kind 2 Wenn ich Lehrer wäre, würde ich etwas machen, dass man doch etwas lernt, aber gleichzeitig auch wie spielerisch ist, dass man ein Spiel machen kann, aber doch Malrechnungen dazu macht, zum Beispiel. Und das nicht ein Kind so langweilig dasitzt und fast einschläft.

61 Kind 3 Zum Beispiel in der dritten Klasse hatten wir schriftlich rechnen und das nehmen wir jetzt wieder durch. Zuerst dachte ich, oh man, das kann ich doch schon und dann habe ich gesehen, oh nein das kann ich nicht mehr und jetzt kann ich es wieder besser.

62 Interviewer: Du hast dich dann auf das eingelassen, um noch einmal zu repetie-ren und dann sitzt es auch besser. Gut, wie nützt ihr Wartezeiten aus, wenn der Lehrer zum Beispiel noch etwas verteilt, das Material liegt noch nicht bereit, ihr sitzt da und wartet. Was macht ihr dann?

63 Kind 1 Manchmal spiele ich mit etwas oder so, oder ich schaue das Wetter an oder so, immer verschiedene Sachen.

64 Kind 2 Ja und ich beginne dann meistens mit Schwatzen, aber kaum steht der Lehrer wieder vorne, werde ich ruhig.

65 Kind 3 Also wenn er etwas machen muss, sagt er kleine Pause oder Zeich-nungspause, dann haben wir ein Blatt für die Zeichnungspause, wo wir ange-fangen haben mit Zeichnen und dort male ich dann weiter, bis er stopp sagt und dann versorge ich es wieder.

66 Interviewer: Was macht eine erfolgreiche Lehrperson, die wenige Störungen hat, damit immer alle beschäftigt sind? Was denkt ihr?

67 Kind 1 Abwechslungsreichen Unterricht, nicht immer dasselbe, jetzt setzt euch hin und macht das und das, sondern vielleicht geht nach draussen und sucht und schaut ob ihr zum Beispiel einen Käfer findet oder ja.

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68 Kind 3 Ich dachte an einem Nachmittag. Nein jetzt sitzen wir nicht die ganze Zeit drinnen und machen Mathe oder so, da sagte der Lehrer plötzlich, wir ge-hen raus und machen ein Spiel. Und dann freuten sich alle.

69 Interviewer: Also sind Überraschungen gut?

70 Kind 3 Ja.

71 Interviewer: Hier habe ich noch ein Bild. (Abbildung 7). Wo sollte sich eine Lehrperson im Klassenzimmer aufhalten? Hier steht sie hinten. Ist das ein guter Platz, wenn ja, warum?

72 Kind 3 Ich finde es nicht gut. Es sollte so sein zum Beispiel, wir haben vorge-schlagen, wo wir die Pultordnung gemacht haben, er sitzt in der Mitte und wir in einem Dreieck aussen herum und dann wäre es halt noch mega lustig gewe-sen.

73 Interviewer: Wieso wäre das lustig gewesen?

74 Kind 3 Ja man kann halt schneller zu ihm kommen, weil wenn man vorne sitzt und hinten ist die Lehrperson muss man noch recht weit laufen und wieder zu-rück und etwas machen und wieder hin.

75 Kind 1 Es kommt darauf an. Schlitzohren hätten es natürlich lieber, wenn der Lehrer ganz alleine in der Ecke dort hinten ist, aber für den Lehrer fände ich es besser, so wie er (Kind 3) es gesagt hat, dass er zentral ist, also nicht in einer Ecke, sondern in der Mitte, damit er alles überwachen kann.

76 Interviewer: Und wenn die Lehrperson bei euch in der Nähe steht, wie fühlt ihr euch dann?

77 Kind 3 Dann probiere ich mehr zu arbeiten, weil ich ein Schlitzohr bin, sagt er. Ich mache viel Mist, aber wenn er hinter mir steht und mir zuschaut, habe ich wie das Gefühl, komm ich mach das jetzt, dass ich mich nicht beobachtet fühle.

78 Interviewer: Ist das für dich etwas Gutes oder Schlechtes?

79 Kind 3 Ja ich arbeite dann mehr und bin schneller.

80 Kind 2 Ja ich finde immer so, wenn ich am Rechnen bin, dann schreibe ich und plötzlich merke ich, dass jemand hinter mir steht und dann schaue ich immer und dann sehe ich ihn auch schauen und ich denke, dann könnte er doch von der Seite her kommen, aber er muss immer über mich schauen.

81 Interviewer: Wieso meinst du, macht er das von hinten?

82 Kind 2 Ja, dass man so weiterarbeitet wie man es gemacht hat.

83 Kind 3 Oder sogar besser, habe ich das Gefühl.

84 Interviewer: Wieso werden manchmal Kinder bestraft, die gar nicht die Ursache sind von einer Störung?

85 Kind 1 Unser Lehrer sagt immer, ich kenne das auch vom Sport her, ich habe nur das gesehen und du wirst bestraft, weil ich meine es wäre ja gemein, wenn ein total anderer bestraft würde, weil der andere es gesagt hat, wo es gewesen ist und nachher ist es auch nicht schön für den Lehrer, wenn er merkt, dass er den Falschen bestraft hat.

86 Interviewer: Was könnte denn ein Lehrer machen, damit er den Richtigen be-straft?

87 Kind 3 Also, wir haben manchmal so etwas wie Zeugen, zum Beispiel wir haben ein Konfliktgespräch, wenn jemand geprügelt hat oder so, weiss Gott was, und dann sagen sie zum Beispiel, ich habe nur das gesehen, wie sie angefangen haben oder wie sie aufgehört haben, oder was der Grund war, ja und dann ist eigentlich nie der andere Schuld.

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88 Interviewer: Und so denkst du, der Lehrer würde den Richtigen bestrafen?

89 Kind 3 Ja.

90 Kind 2 Ja oder für mich ist es, wenn der Lehrer jemanden sieht, der Mist macht und ein anderer macht mit und dann sagt er, ihr zwei kommt jetzt rein ins Schulzimmer und schreibt, weiss auch nicht, seid ruhig, dann sagen sie ja ich war es ja nicht, dann würde ich sagen:" mitgehangen, mitgefangen." Du warst auch dort.

91 Kind 1 Also ich finde, das mit den Zeugen wäre schon eine gute Idee, aber es ist ja jetzt nicht ein mega Verbrechen, so wie bei der Polizei. Also deswegen würde ich nicht so einen grossen Aufstand machen.

92 Kind 3 In unserer Klasse haben zwei etwas gemacht und andere etwa vier standen dabei. Die sind dann auch bestraft worden, aber sie haben nur zuge-schaut. Ja und die sind dann einfach auch bestraft worden, obwohl sie nichts gemacht haben, das wäre ja auch ein bisschen unfair.

93 Kind 1 Ja es ist ja wie sie (Kind 2) vorher gesagt hat, mitgegangen, mitgehan-gen. Das ist einfach so, da kann man ja nichts mehr daran ändern.

94 Interviewer: Ja, die Forschung sagt noch, dass wenn eine Lehrperson nicht so präsent ist und die Kinder nicht sieht und dann fängt jemand zu reden an und dort und dort kommt noch ein weiteres Kind dazu, und sie wartet zu lange bis sie erst nach einer Weile sagt, so und jetzt ist Ruhe! Dabei hat es schon weit vorher angefangen. Diesem Effekt sagt man Welleneffekt. Wenn eine Lehrper-son es früh bemerken würde, wenn sie alles sehen würde, gäbe es auch keine grosse Störung.

95 Kind 3 Also, es ist ja wenn vorher alles ruhig war wir mussten ruhig arbeiten und dann beginnt jemand zu schwatzen und dann die anderen auch. Wenn ich Lehrer wäre, würde ich die mal kurz schwatzen lassen, weil sie haben ja nur ruhig gearbeitet. Dann würde ich nach einer Zeit mal wieder sagen, so jetzt still arbeiten!

96 Kind 2 Nein, ich würde, wenn ich merke, das ist bei unserem Lehrer so. Er geht zu jemanden, schwatzt, dann fangen alle anderen auch an mit Schwatzen. Das ist wirklich wie so eine Welle. Nachher würde ich frühzeitig sagen, so jetzt seid ruhig, damit es nicht ganz ausartet und alle sind wieder laut.

97 Interviewer: Super, meine Fragen habe ich gestellt. Wenn ihr noch etwas zu dem Thema sagen möchtet, oder einen Tipp geben möchtet für eine Lehrper-son, die neu anfängt, gerade dass der Unterricht nicht mit Störungen behaftet ist, wenn wir etwas von diesen Sachen nicht besprochen haben, dürft ihr es gerne sagen.

98 Kind 3 Also wir hatten zwei Praktikanten in der 5. und 6. Klasse und dort haben wir am Anfang, der Praktikant war halt noch mega frisch, wir haben ihn nicht so beachtet wie unseren Lehrer und dann schwatzten wir immer und wenn er ge-sagt hat, jetzt seid leise, waren wir nicht so leise und haben immer noch ge-schwatzt. Und dann nach etwa zwei Wochen oder einer haben wir einfach viel mehr darauf gehört.

99 Interviewer: Wieso meinst du, habt ihr am Anfang nicht darauf gehört?

100 Kind 3 Weil wir denken einfach so, also ich denke relativ für mich, dass es ist schon hart, aber es sind nicht so Lehrer wie unser Lehrer ist und weil ich den Lehrer schon seit drei Jahren kenne und die kenne ich erst zwei Tage oder so.

101 Interviewer: Ist das bei euch auch so? (an Kind 1 und Kind 2 gerichtet)

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102 Kind 1 Ja, wenn ich Lehrer wäre oder Praktikant und ich komme in eine neue Klasse, würde ich zuerst am Anfang streng sein, nachher schauen, wie sich die Klasse verhält und nachher kann man ja immer netter werden und weil wenn man am Anfang die Kinder nicht unter Kontrolle hat, dann geht es ziemlich lan-ge bis sie auf dich hören.

103 Interviewer: Und was bedeutet für dich streng sein?

104 Kind 1 Also einfach nicht gerade, sobald sie mit schwatzen anfangen Ruhe also so wie beweisen, ich bin jetzt der Chef.

105 Kind 2 Ich würde auch wenn jemand mit schwatzen beginnt dann wirklich wie, wenn eine Welle entsteht, gerade am Anfang sagen, ruhig! und schon recht streng sein. Wenn sie dich nachher akzeptieren als Praktikant oder Lehrer, dann kannst du schon lieber werden und nachher auch sagen, so jetzt könnt ihr noch ein wenig schwatzen. Aber am Anfang würde ich auch so wie er (Kind 1) gesagt hat, ein bisschen wie strenger sein.

106 Kind 3 Wenn du die ganze Zeit streng bist, dann wird es auch nicht mehr lustig für die Klasse, dass du da bist, oder dass man da ist und ja, das wäre eigentlich besser, wenn man eine Lektion, wo sie nicht mithören ganz streng zu sein.

107 Kind 1 Du musst auch in die Situation gehen vom Praktikant oder vom neuen Lehrer, der ist auch nur nervös, nicht nur die Schüler. Ich finde es fast besser, dann stinkt es dir halt eine Woche, aber nachher hast du viel mehr Freude.

108 Interviewer: Als Schüler?

109 Kind 1 Ja, als Schüler aber auch als Lehrer, weil die Klasse mehr zuhört und ja.

110 Interviewer: Super, danke!

15.1.3 Interview 1. Sekundarschule Angaben zum Interview:

Klasse: 1. Sekundarschule

Durchgeführt am: 15. September 2014

Ort: Gruppenraum

Teilnehmende: 2 Mädchen und 1 Junge

Angaben in der Transkription: Kind 1= Junge, Kind 2= Mädchen, Kind 3= Mädchen

Dauer des Interviews: 27 Minuten, 28 Sekunden

Zeile Interview

1 Interviewer: Meine erste Frage ist, warum denkt ihr, dass sich die Schü- lerinnen und Schüler bei verschiedenen Lehrpersonen anders benehmen? Es ist euch sicher schon aufgefallen, dass ihr bei diesem Lehrer alle still seid, und bei einem anderen schwatzt ihr. Damit es nicht so herauskommt, wie auf diesem Bild, was ist der Grund dafür? (Abbildung 4)

2 Kind 1 Weil es Lehrpersonen gibt, die sind wenn jemand zwischendurch schwatzt, dann schimpft er mit diesen so am Anfang vom Schuljahr, und dann wissen sie, dass sie nicht mehr schwatzen dürfen, weil sie immer "zusammengeschissen" werden und so hören dann ein paar auf. Andere

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Lehrer, bei denen es immer so laut ist, haben die Klasse nicht so unter Kontrolle, geben keine Strafaufgaben und sind immer nett zu den Kindern.

3 Kind 2 Ein strenger Lehrer, da ist man ruhig und ein lockerer Lehrer, da kann man schwatzen so viel man will.

4 Kind 3 Zum Beispiel bei Hr. H. hat letztes Mal der J. auch so gemacht und dann haute er auf den Tisch (Kind macht es vor) und schrie "RUHE!"

5 Kind 2 Ja dann bekommt man wirklich so Angst und oh nein, jetzt nicht mehr.

6 Interviewer: Das wirkt in dem Fall?

7 Kind 2 Ja.

8 Kind 3 Ja.

9 Interviewer: Wenn ihr Lehrperson wäret, was würdet ihr unternehmen, damit ihr mit einer neuen Klasse eine gute Unterrichtsatmosphäre hättet und gut arbeiten könntet?

10 Kind 2 Ich würde am Anfang so sein wie immer, dass man nicht ganz locker ist, das Mittlere findet und dass man nicht immer strenger oder lockerer wird, sondern dass man immer gleich bleibt, damit man weiss, ah der ist so und dass wenn man einmal schlecht gelaunt ist, dass man versucht, das nicht zu zeigen.

11 Kind 1 Und vielleicht noch am Anfang eines Schuljahres strenger sein, damit die Schüler am Anfang ruhig sind.

12 Interviewer: Was ist streng für dich?

13 Kind 1 (überlegt lange).

14 Kind 3 Ja wenn man halt so ein System hat, wie Striche oder so, dann ist es ja eher etwas streng, dafür weiss man, oh jetzt habe ich vielleicht einen Strich und bei zwei Strichen muss ich etwas schreiben, dass man es stren- ger hat oder wenn man dann halt mehrere Chancen hat, man verwarnt wird, dann ist man etwas lockerer.

15 Kind 1 Ja voll, so viel bringt das auch nicht. In der 6.Klasse, da hatte ich auch ganz viele Striche erhalten und am Ende vom Schuljahr hatte ich glaube ich 20 Striche oder so.

16 Kind 3 Musstest du nie abschreiben?

17 Kind 1 Doch, also nein nur manchmal musste man ganz ganz selten einen Text abschreiben und es war jedes mal derselbe.

18 Interviewer: Und wieso meinst du hattest du 20 Striche? Dann hat das alles ja nichts gewirkt?

19 Kind 1 Ja, vielleicht einfach weil ich die Hausaufgaben nicht oft gemacht habe. Und wenn man einen Strich hatte, musste man meistens, genau, normalerweise musste man nachsitzen und dann musste man irgendeinen Text abschreiben und so.

20 Interviewer: Was hätte denn diese Lehrperson machen müssen, damit du nicht 20 Striche erhalten hättest?

21 Kind 1 Das war eigentlich im Stundenplan so. Ich hatte Mittagslunch und dann hätte ich eine Lektion Pause gehabt und dann hätte ich zwei Lektio- nen gehabt. Die Lektion Pause konnte ich nicht nach Hause gehen, weil ich, keine Ahnung, ja, dann habe ich Zeit halt genutzt mit Nachsitzen.

22 Interviewer: Was würdet ihr machen, damit eine gute Lernatmosphäre im Schulzimmer entsteht und die Kinder mitarbeiten?

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23 Kind 2 Ich finde der Herr F. macht das gut. Wir haben ja immer diesen Gruppenraum, wo wir etwas zu zweit oder etwas mit jemanden etwas besprechen muss, kann man da hinüber kommen und da ist es manchmal schon etwas lauter, das ist klar, aber wenn man hier arbeitet, kann man sich gut konzentrieren, er macht zwischendurch auch Spässe, und wir sind aber trotzdem nicht zu laut, finde ich.

24 Kind 3 Nein also in der alten Klasse waren wir viel lauter, da konnte ich mich manchmal nicht konzentrieren, da habe ich immer nur mit einem halben Ohr zugehört und so und aber ich finde es gut, wenn der Lehrer auch etwas Humor hat, also ein bisschen, so dass er nicht nur immer über die Schule spricht.

25 Interviewer: Habt ihr das Gefühl, dass die Sitzordnung auch einen Einfluss hat?

26 Kind 2 Ja, ich finde, dass wenn zwei nebeneinander sitzen, die mega viel schwatzen ist es halt nicht so gut wie weiss auch nicht, also wenn ich und sie (zeigt auf Kind 3) nebeneinander sitzen würden.

27 Kind 3 Ja das wäre nicht so gut, aber es ist schon gut, wenn ein Bub und ein Mädchen nebeneinander sitzen.

28 Kind 2 Auch in der dritten Klasse hatten wir so etwas wie eine Schwatz- Ecke und das war, das war nicht so. Wir ziehen jetzt Lose, bei Herrn F. und dann kann man auch meistens neben Mädchen sitzen und es kommt immer darauf an, wie der Lehrer ist. Wenn er nett ist, dann ist es egal wer neben wem sitzt, dann schwatzt man auch mit einem Bub, aber wenn es ein strenger Lehrer ist, dann ist man ruhig neben allen.

29 Interviewer: Höre ich aus deiner Antwort heraus, dass es am Lehrer liegt und es kommt nicht darauf an, wer neben wem sitzt, stimmt das?

30 Kind 2 Nicht nur, klar ist es so, dass wenn man neben der besten Freundin sitzt, dann hat man sich viel zu erzählen.

31 Kind 1 Ja voll, in Mathe sitze ich auch neben G. und neben A. Dann schwatze ich auch noch ziemlich viel. Manchmal auch mit J. (Mädchen)

32 Kind 3 Ja komm, Mathe ist auch nicht so streng.

33 Interviewer: Stört es den Unterricht, wenn ihr schwatzt?

34 Kind 1 Wir schwatzen immer ganz leise.

35 Kind 2 Ja, wir hören es nie.

36 Kind 3 Ja, wir sind recht ruhig.

37 Interviewer: (Abbildung 5) Was meint ihr dazu? Braucht es diese?

38 Kind 2 Ja, wir haben das.

39 Kind 3 Also wie Schulregeln, von der ganzen Schule oder von der Klasse?

40 Interviewer: Von der Klasse.

41 Kind 3 Ja, wir haben Regeln im Schulzimmer und Regeln für die Gemein- schaft.

42 Kind 2 So dass niemand alleine sitzen darf und das finde ich eigentlich gut, dass wir das aufgeschrieben haben, dass wir es auch wissen, dass nie- mand alleine sein darf. Ja genau, die Frage war: "Wann ist es uns unwohl?" Und dann haben wir geschrieben, wenn der Lehrer immer so böse schaut, mit einem bösen Lehrerblick. Ja das haben wir halt aufgeschrieben, was uns stört.

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43 Kind 3 Und dann gibt es im Schulzimmer selber keine Kaugummis.

44 Kind 1 Gut das ist logisch, das gibt es bei keinem Lehrer.

45 Kind 3 Doch wir hatten das.

46 Kind 1 Was, ihr durftet das haben?

47 Kind 2 Ja nein, wir haben ihn einfach versteckt.

48 Interviewer: Habt ihr die Regeln mit den Lehrern zusammen erstellt?

49 Kind 2 Ja.

50 Kind 3 Ja.

51 Kind 1 Ja, das wäre ja unfair, wenn der Lehrer entscheiden dürfte, was alles los ist.

52 Kind 3 Ah, höchstens die mit den Kaugummis.

53 Interviewer: Wie viele Regeln habt ihr?

54 Kind 2 Recht viel.

55 Kind 3 So etwa zehn.

56 Kind 1 Nein.

57 Kind 2 Sicher, sogar etwa 12!

58 Interviewer: Was passiert, wenn ihr euch nicht an die Regeln haltet?

59 Kind 2 Wissen wir nicht!

60 Kind 3 Also die Gemeinschaftsregeln, wenn wir diese nicht einhalten, dann zerbrechen wir einfach als Klasse.

61 Kind 2 Das wäre dann halt nicht so gut. Dann muss man es besprechen.

62 Interviewer: Wie ist es zum Beispiel mit reinschwatzen? Eine Regel ist ja "Aufstrecken" und nicht "Reinschwatzen." Was passiert denn, wenn man das trotzdem macht?

63 Kind 1 Also Herr H. schlägt dann einfach auf den Tisch oder sagt einfach: Ruhe jetzt!

64 Kind 2 Bei Herrn P, er hatte gesagt, wir sollen ruhig sein, wenn wir herein kommen, nachher hat ein Schüler gesagt: "What?" und dann hat er mega geschrien. Wenn er mich so angeschrien hätte, ich hätte zu weinen be- gonnen. Dann hat man so richtig Respekt.

65 Interviewer: Und das wirkt dann?

66 Kind 3 Ja, aber bei Herrn G, beim letzten Lehrer, da war es nicht so streng. Das fand ich auch gut, es war lockerer. Ich war eigentlich eine "Drein schwatzerin" und ich kam eigentlich nie dran. Doch manchmal erhielt ich einen Strich, nicht so viel aber.

67 Kind 2 Ich denke, der andere Lehrer der Parallelklasse, der war immer so streng und ich denke so hat er sie besser auf die Sekundarschule vorbe- reitet, weil wir haben reingeschwatzt, ja nichts passierte, 1000 Verwarnun- gen aber es passiert schon nichts.

68 Kind 1 Aber wir hatten doch die gelbe und rote Karte.

69 Kind 2 Ah, ja. Aber der Herr F. hat eigentlich ein solches System, aber er benutzt es gar nie. Also er hat es bis jetzt einmal benutzt und sonst vergisst er, dass es überhaupt dort ist.

70 Kind 3 Er müsste mehr verwarnen.

71 Interviewer: Ist es dadurch unruhig?

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72 Kind 3 Nein gar nicht. Wir sind irgendwie nicht so, doch wir sind eigentlich doch mega laut. Bei einem anderen Lehrer. Bei Lehrern, die nicht unsere Klassenlehrer sind.

73 Kind 2 Ja, wir waren zum Beispiel letzthin bei Frau J. weil Herr P. im Klas- senlager war und wir haben geschwatzt und geschwatzt. Bei Herrn F. das geht einfach gut, er ist locker aber trotzdem weiss man "hej"

74 Interviewer: Aber das interessiert mich genau. Warum redet ihr bei Frau J. mehr und bei anderen nicht. Was macht der Lehrer anders, damit ihr das könnt?

75 Kind 3 Weil wir vor allem bei ihr nur einmal sind. Wir können ja gar nicht irgendwann noch eine Strafaufgabe machen. Und wir kennen sie halt auch noch nicht so, oh die ist streng, so wir wissen es gar nicht.

76 Kind 1 Und bei Herrn F. ist es so. Am Anfang vom Schuljahr haben ziemlich viele zwischendurch begonnen zu reden, aber er geht auch noch schnell mit dem Stoff voran und jetzt ist es so, dass er sagt, was für Aufgaben wir machen müssen. Dann machen wir diese oder manchmal machen wir diese Aufgaben mit der Klasse zusammen.

77 Kind 3 Oder wir müssen es auch schnell machen, damit wir sie nicht als Hausaufgaben haben, weil es ist eben ein rechter Unterschied von der 6. Klasse zu der 1. Sekundarschule, muss man etwas Gas geben, dann redet man noch nicht so viel.

78 Kind 2 Ja, ausser manchmal, in NT, da kam ich überhaupt nicht draus.

79 Kind 3 Ja, NT war auch mega schwierig, das mit der Urentstehung.

80 Interviewer: Darf ich noch etwas zu den Regeln fragen? Es gibt doch Kon- sequenzen zu Regeln. Was für Konsequenzen sind lehrreich? Eigentlich sollte man ja eine Regel nicht brechen. Was müsste man machen, damit man weiss, ok, diese Regel möchte ich nicht mehr brechen.

81 Kind 2 Also ich finde es nicht so schlimm. In der Primarschule mussten wir immer Unité abschreiben oder Unit und das war nicht so schlimm. Das habe ich dann schnell wieder vergessen.

82 Kind 1 Also einfach die ganzen Vocis.

83 Kind 2 Ja manchmal Deutsch oder Englisch und es war mega wenig.

84 Kind 3 Ja das war mega wenig und es hat mich gar nicht daran gehindert, dass ich nicht schwatze. Etwas strenger machen, zum Beispiel mega lang oder so.

85 Kind 1 So ein Test.

86 Kind 3 Etwas schreiben.

87 Kind 1 Bei Herrn P. muss man das machen.

88 Kind 2 Was?

89 Kind 1 Wenn man bei Herrn P. reinschwatzt, muss man einfach eine Seite lang schreiben, weshalb man reingeschwatzt hat.

90 Kind 3 Ich habe einmal in der Katechese, das war blöd, musste ich während der Stunde raus gehen, das war mega blöd. Das habe ich nicht gerne gemacht, wieso ich das gemacht habe.

91 Interviewer: Aber hat das genützt?

92 Kind 3 Nein also die Lehrerin, sonst hat sie das nie gemacht.

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93 Kind 2 Aber auch von der 1.bis 3. Klasse hatten wir eine strenge Lehrerin. Der D. der war nicht gerade der Liebling von ihr und dann musste er vor die Türe und sie hat ihn voll zusammengestaucht, dass er nachher nach Hause gerannt ist, und das fand ich nicht gut, denn bis ein Kind wirklich heimgeht, das ist nicht gut.

94 Kind 3 Also würde jemand mit mir so schimpfen, dann wie der eine Lehrer, das würde mich gerade zum Heulen bringen. Da würde ich nie mehr schwatzen, dann würde ich still sitzen und nichts mehr machen.

95 Kind 1 Es gibt aber auch so Lehrer, wenn die schimpfen würden, dann würde ich trotzdem weiter machen.

96 Kind 2 Ja es gibt aber, wenn sie wirklich streng sind, dann ist es wirklich schlimm.

97 Kind 3 Vor dem hätte ich auch Angst, wenn mich jemand voll anschreien würde.

98 Interviewer: Ok, wie muss denn eine Lehrperson Schule geben, damit so etwas nicht passiert? (Abbildung 6)

99 Kind 2 Also eben der Herr F. der macht das cool, finde ich, weil zuerst machen wir etwas zusammen in Mathe und dann sagt er, hej das müsst ihr etwas Gas geben, das sind nachher Hausaufgaben oder so. Dann weiss ich, ich muss halt schnell machen. Oder bei NT macht er immer wieder so Spässchen, Witzli und auch im Labor macht es Spass, nicht so wie RZ, wo wir manchmal stundenlang Film schaue.

100 Kind 1 Kommt darauf an was für einen Film. Ein intelligenter Film, nein ein spannender Film, der wäre interessant.

101 Kind 2 Oder so Lehrervorträge.

102 Kind 1 Ja wenn eine Lehrperson so eine ganze Lektion, das hatte ich letztes Jahr, da hatten wir Biologie, da hatte ich den menschlichen Körper. Da hat er einfach eine ganze Lektion lang erzählt.

103 Kind 3 So bleibt es einem auch nicht im Kopf.

104 Kind 2 Es müsste Bilder, oder einen Text haben, den ich nachher nochmals lesen könnte.

105 Kind 3 Oder etwas mit anstreichen. Ich finde es eben auch gut, wenn es etwa locker wäre, wenn man auch Spässe macht, wenn es ein humorvoller Lehrer ist.

106 Kind 1 Aber so sieht man nur aus, wenn der Lehrer die ganze Zeit erzählt. (Abbildung 6) Wenn man Aufgaben lösen muss, sieht es nicht so aus.

107 Interviewer: Wie müsste denn ein Lehrer unterrichten, dass ihr nicht abge lenkt wäret?

108 Kind 2 Er müsste etwas Spannendes erzählen etwas Neues, wo wir noch nicht gewusst haben, was uns interessiert.

109 Kind 3 So mit Bildern und allen finde ich gut. Wenn es nur ein Text ist, kann man es sich auch nicht so gut merken.

110 Kind 2 Wie in RZ hatten wir auch einmal einen Text und das war nicht so..

111 Kind 1 Welcher?

112 Kind 2 Weisst du der letzte Text.

113 Kind 1 Ich habe keine Ahnung.

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114 Kind 2 Ich fände einen Lückentext noch gut. Ah da kann ich ja das ein- setzen und so.

115 Interviewer: Wieso denkt ihr, nehmen Lehrpersonen auch Kinder dran, die nicht aufstrecken?

116 Kind 3 Weil die wissen möchten, ob sie es auch wissen. Und ob sie mitma chen.

117 Kind 1 Ja und um so zu machen, es ist ja peinlich, wenn du einfach so dasitzt und dann fragt dich der Lehrer und du weisst keinen Schimmer, das ist ja dann auch peinlich, dann passt du das nächste Mal lieber besser auf.

118 Kind 2 Oh nein, das habe ich gar nicht gerne, wenn ich aufstrecke dann denke ich: "bitte, bitte nehmen Sie mich dran" und dann bist du der einzige, der aufstreckt und er nimmt einfach jemand anders dran, das habe ich gar nicht gerne.

119 Interviewer: Wenn es im Unterricht Wartezeiten gibt, d.h. wenn etwas verteilt wird, oder das Material ist noch nicht bereit, was macht ihr dann?

120 Kind 2 Mega laut schwatzen.

121 Kind 1 Schwatzen.

122 Interviewer: Was macht eine erfolgreiche Lehrperson, damit immer alle beschäftigt sind? Dass das gar nicht passiert?

123 Kind 2 Dass alle am Arbeiten sind.

124 Kind 1 Dass der Lehrer die Sachen verteilt, wenn die Kinder am Arbeiten sind.

125 Kind 3 Ja, das macht Herr F. Wenn wir zum Beispiel ein Buch holen müs- sen sagt er: "Also schaffen wir es ruhig?"

126 Kind 1 Wir haben es glaube ich noch nie geschafft.

127 Kind 3 Doch.

128 Kind 1 Schon? Aber die meisten rufen doch dann, "hej, bring mir mein Buch auch mit."

129 Kind 2 Nein, dann machst du (im Flüsterton) "hej, bringst du mir mein Buch auch mit?"

130 Kind 3 Flüstern tut man halt immer, das ist einfach so.

131 Interviewer: Wo im Zimmer meint ihr, sollte sich eine Lehrperson aufhalten? Hier (Abbildung 7) seht ihr sie ganz hinten. Es geht immer noch ums Thema Störungen vermeiden.

132 Kind 1 Die Lehrperson steht da ganz hinten?

133 Kind 2 Ja hier. (zeigt auf das Bild)

134 Kind 1 Ok, die hilft aber denen.

135 Kind 3 Ich finde sie sollte vorne stehen, damit man sie immer sieht.

136 Kind 2 Ich fände es noch gut, wenn es einen Tisch vorne hätte und wenn du ein Problem hast, dann gehst du zur Lehrperson anstatt wenn du auf streckst, dann streckst du mega lange auf.

137 Kind 3 Das fand ich auch noch gut, man hatte eine Klammer. Man hatte eine Klammer und vorne hatte es so einen Stab, man hat es dran gehängt und der unterste kam dann dran und dann sah das der Lehrer und ging zu diesem Kind und die anderen haben weitergearbeitet, so dass sie nicht warten mussten.

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138 Kind 2 Bei Herrn G. war es so, das fand ich nicht so gut, wir hatte eine Frage und er hat immer tausende von Sachen dazu getan und das noch und das und die anderen kommen dann gar nie dran, dass man jedem vielleicht das erklärt und dann der nächste drankommt. Wenn man immer noch Fragen hat, kann man ja nochmals gehen.

139 Interviewer: Und wenn der Lehrer vorne sitzt und euch das erklärt, sieht er dann den Rest der Klasse?

140 Kind 2 Nein.

141 Kind 1 Das ist bei Herrn F. Dann schwatzen die anderen.

142 Kind 3 Es ist so, der Tisch ist auch so und die Klasse ist aussen herum und dann schaut er meistens mit dem etwas an und sieht es dann auch nicht so.

143 Kind 2 Ja wenn wir arbeiten, ist er meistens (Wort wird durch Kind 1 abge- brochen)

144 Kind 1 Normalerweise, die die schwatzen kommen hier in den Gruppen raum.

145 Kind 2 Nur Geometrie, Mathe nicht.

146 Kind 1 Ja das stimmt.

147 Interviewer: Wenn der Lehrer herumläuft und in eurer Nähe steht, was bewirkt das bei euch?

148 Kind 1 Dass man dann so arbeitet, etwas nervös ist.

149 Kind 3 Ich werde dann nervös, wenn ich etwas nicht weiss.

150 Kind 2 Ich decke dann mein Blatt zu, oder die Aufgabe, die ich noch nicht habe bedecke ich.

151 Kind 3 Wenn ich weiss, dass etwas ein bisschen falsch ist, dann decke ich es so (zeigt es) ab. Ich tu dann so, wie wenn ich es ausradiere.

152 Kind 2 In Religion ist es so, dann tu ich immer meine Haare so nach vorne.

153 Kind 3 Ja nein in Religion, bei uns ist es immer locker. Er nimmt oft alle zusammen und macht Experimente mit Backpulver und Essig und so.

154 Kind 2 Bei uns schaut er immer stundenlang Film an, dann nehme ich die Haare nach vorne und dann wäre ich fast eingeschlafen. Bei uns ist es langweilig. Halt Religion ist immer so ein blödes Fach, weil wenn du nicht wirklich mega glaubst oder so und dann muss man ein Gebet schreiben, dann kommt einem nichts in den Sinn.

155 Interviewer: Ist es denn in der Religion unruhiger als sonst?

156 Kind 3 Ja bei uns schon, weil bei uns, es hat glaube ich weniger Reformier- te als Katholiken da, also in der ersten Stufe, ja und dann sind wir mit der Real und Kleinklasse zusammen und eigentlich von der Kleinklasse ist nur jemand und die redet überhaupt nicht. Von der Real hat es den G. und den Y. und der G. redet fast nie, aber der Y. ist dann halt mit unseren Jungs.

157 Kind 1 In Religion ist es immer unruhig, weil die meisten Lehrer haben es nicht unter Kontrolle, die können nichts sagen.

158 Kind 2 Und nur einmal in der Woche, du hast eine ganze Woche Zeit, wenn du einmal eine Strafaufgabe machen musst und vor allem wir haben jetzt Herrn X. und der ist komisch. Wir schauen uns immer so Texte an und meistens versteht man gar nichts und dann müssen wir noch zusammen beten und das ist einfach lustig, wenn man sagt:" Oh Herr"

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159 Kind 1 Wir haben einen, der macht die ganze Zeit Blödsinn.

160 Kind 2 Es gibt halt immer Schüler die machen Blödsinn oder machen den Clown, da muss man einfach lachen, das ist einfach so.

161 Kind 1 Der ist aber auch nur in Religion so.

162 Kind 3 Nein, der ist immer dumm.

163 Kind 3 Nein, ich meine es natürlich nicht so.

164 Kind 2 Aber bei Herrn H. war er am Anfang immer doof. Er hat einfach immer so dumm getan. Ich weiss im Fall nicht, ob er nur dumm tut oder auch wirklich so ist.

165 Kind 3 Er macht auch nie immer die Hausaufgaben, ich glaube er hatte noch nie eine gute Note.

166 Kind 2 Doch, er hatte eine Fünf.

167 Kind 1 Zwei Fünfer, eins in Englisch aber eine 3,1 in Mathe.

168 Interviewer: Manchmal bestrafen Lehrer doch auch Kinder, die gar nicht die Ursache sind von einer Störung.

169 Kind 3 Ah ja ich glaube das ist manchmal entweder so, dass der Lehrer das Kind überhaupt nicht gerne hat, zum Beispiel Frau H. war eine solche und manchmal denkt der Lehrer der ist es gewesen und der andere.

170 Kind 2 Manchmal kann der Lehrer gar nichts dafür und ich finde es noch gut, wenn jemand anders sagt, hej, das war ich und manchmal das finde ich etwas blöd, sagte der Lehrer, so jetzt kriegt ihr gleich beide einen Strich. Das habe ich gar nicht gerne.

171 Kind 3 Vor allem du warst es ja gar nicht und wenn er es nicht genau gehört hat, dann denkt er, ah den habe ich nicht so gerne, ok einen Strich.

172 Kind 2 Aber es ist wirklich so, wenn du Lieblingskinder oder Hasskinder hast.

173 Kind 1 Zum Beispiel blöd ist es auch, wenn du einfach, bei uns im Werken war es so, wir haben die ganze Zeit Mist gemacht, dort haben ein paar Einträge erhalten, obwohl sie nichts gemacht haben, weil zwei haben Mist gemacht, sie haben mit Wasser herumgespritzt und einer kam, stand daneben und hat zugeschaut und hat gelacht und in diesem Moment kam die Lehrerin herein und alle haben einen Strich erhalten.

174 Interviewer: War das gut, eine Kollektivstrafe?

175 Kind 1 Ja, die eine Person hat sich nachher voll aufgeregt.

176 Interviewer: Ich hätte meine Fragen durch, jetzt vielleicht noch als Zusam- menfassung. Jemand, der neu beginnt zu unterrichten, was würdet ihr die- ser Person für Tipps mitgeben, gerade in Bezug auf Störungen, die mög- lichst gering gehalten werden sollten. Wie müsste sie vorne unterrichten, damit ihr als Schülerinnen und Schüler, als Experten sagen würdet, doch das ist eine gute Lehrperson!

177 Kind 2 Er müsste genug laut sprechen, er dürfte nicht ganz leise sprechen, weil dann würde man denken, der ist ganz nervös. Er sollt einfach gut laut sprechen, damit man ihn gut versteht.

178 Kind 1 Und er muss die Klasse mit einbeziehen, weil dann einfach Sachen erklärt und zum Beispiel nie die Schüler fragt, weiss jemand weshalb das so ist und das so ist.

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179 Kind 2 Ich würde sicher auch so den Namen an die Tafel schreiben und am Anfang eher strenger sein, weil sonst aha bei denen könnt ihr ganz laut sein und also ja versuchen am Anfang ein strenger Lehrer sein und vielleicht auch ganz viel Aufgaben geben, damit sie wissen, he da muss ich ein bisschen zackig sein und dann vielleicht eher lockerer werden.

180 Kind 3 Ja und ganz ganz bestimmt am Anfang den Namen sagen, weil Frau D. hat am Anfang den Namen nicht gesagt, ich wusste gar nicht wie sie heisst.

181 Kind 2 Und vielleicht auch eine Runde machen, klar so ein Spiel wie man heisst, wenn man eben in ein neues Schulhaus kommt dann macht man 1000 e so Spiele oder Namenskärtchen fände ich noch gut.

182 Interviewer: Super, vielen Dank!

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