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Juni 2010 2 Schwerpunktthema Akademie in der Region Der Vielfalt Heimat geben. Integrationsplan Ebersbach Vom Reden zum Tun. Jobst Kraus drängt die Region zu zukunftsfähigem Handeln Generationen übergreifender Geschichtsworkshop Strategien gegen den Welthunger Rassismus und Antisemitismus in Comics Tagungsvorschau Mitbestimmung in der Krise In the Year 2025 Alle unsere Zukünfte Literarische und philosophi- sche Sommerakademie Rückblende, Onlinetexte Publikationen Service Bürgermeister aus der Region in der Akademie Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis 3.-

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Hausmagazin der Evangelischen Akademie bad Boll

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Juni 20102

Schwerpunktthema Akademie in der Region

Der Vielfalt Heimat geben.Integrationsplan Ebersbach

Vom Reden zum Tun. JobstKraus drängt die Region zuzukunftsfähigem Handeln

Generationen übergreifenderGeschichtsworkshop

Strategien gegen denWelthunger

Rassismus undAntisemitismus in Comics

Tagungsvorschau

Mitbestimmung in der Krise

In the Year 2025Alle unsere Zukünfte

Literarische und philosophi-sche Sommerakademie

Rückblende, Onlinetexte

Publikationen

Service

Bürgermeister aus der Region in der Akademie

Magazin der Evangelischen Akademie Bad Boll

ISSN 1613-3714 64670 Einzelpreis € 3.-

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Guter Zeitpunkt für neueStrategien gegen denWelthunger 15

Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismusin Comics 16

Was kommt ... 17Vorschau auf Tagungen in der Zeitvom 16. Juni bis 15. Oktober 2010

Aus der Akademie 22

Magazin 22PublikationenService, RezeptMeine Meinung

Impressum 24

Meditation 25

i n h a l t

Peter Riek Deutschland, 80x60 cm, Tuscheund Fettkreide auf Papier, 2009

TitelbildVon links nach rechts die Bürger-meister Thomas Schubert (Eschen-bach), Paul Schmid (Schlierbach),Jochen Reutter (Hattenhofen), Werner Link (Zell u. A.), FriedrichBuchmaier (Dürnau; sitzend), Martin Eisele (Aichelberg), Hans-Rudi Bührle (Bad Boll). Ganz rechts: Nadine Krepstakies und Hansjürgen Wienecke vomLandratsamt Göppingen

Fotograf: Thomas Sippel Bearbeitung: Ulrich Waiblinger

aktuell ... 2Manfred Fischer, früherer Geschäfts-führender Direktor der EvangelischenAkademie Bad Boll, gestorben Doppelte Auszeichnung für Nach-haltigkeitsangebote der Akademie imRahmen einer UN-DekadeTag der Offenen Tür in der Akademie

Rückblende – Onlinedokumente 3Rückblick auf vergangene Tagungensowie Links zu interessantenBeiträgen

Ausstellung 8»Orangenduft und Brandgeruch« -Fotografien aus dem Libanonvon Martina Waiblinger»schattenboxen« – Zeichnungen von Peter Riek

Schwerpunkt: Akademie und Region 9Der Vielfalt Heimat geben.Integrationsplan EbersbachVom Reden zum Tun. Jobst Krausdrängt die Region zu zukunftsfähigemHandelnHeute fühle ich mich schon alsStuttgarterin. Eine Generationenübergreifende Geschichtswerkstattzum Thema IntegrationDialogforum der Kirchen in derRegionWie gefährlich ist Fethulla Gülen? Der Studienleiter als Moderator

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Liebe Leserin, Lieber Leser,

an verschiedenen Stellen wird das Gespräch mit derHamas gefordert – so auch im Januar 2009 durchden Präsidenten der Vereinigten Staaten, BarackObama. Im Kontext vieler Tagungen zur Situationim Nahen Osten hat die Evangelische Akademie BadBoll Vertreter von Fatah, Hamas und Israel eingela-den, um auszuloten, welche Schritte mit wem mög-lich sind. Die Tagung will das Gespräch, das auf ver-schiedenen Ebenen auch in Deutschland gefordert (s. a. Kommentar, S. 23) und zum Teil geführt wird,unterstützen. Die Reaktionen sind gespalten: viel Unterstützung auf der einen Seite bis zu Rück-trittsforderungen an den Akademie-Direktor auf der anderen (s. a. S. 24und Medienecho auf der Website der Akademie). Ich möchte da an denPragmatismus von Amos Oz, Literaturpreisträger und bekannter Schrift-steller aus Israel, erinnern, der zu diesem Thema ganz klar sagte: »Friedenmacht man mit seinen Feinden«. Die Württembergische Landeskirche betont in ihrer Stellungnahme zurTagung (s. S. 3) die immer wieder dokumentierte Verbundenheit mit Israelund macht gleichzeitig deutlich, dass die Evangelische Akademie Bad Bollden Auftrag hat, auch ungewohnte Wege zu gehen, um Kommunikationzu ermöglichen. Das uns ausgesprochene Vertrauen ist Stärkung und Her-ausforderung zugleich, an diesem Projekt festzuhalten.

In diese Debatte platzte eine Meldung der Stuttgarter Zeitung über wei-tere Kürzungsüberlegungen in der Landeskirche, die auch die Evangeli-sche Akademie betreffen. Nachdem die Akademie in den letzten Jahrenein Drittel ihrer Stellen reduzieren musste, erscheint dies unvorstellbar.Im Barmer Bekenntnis wird der Anspruch und Zuspruch des Evangeliumsauf alle Bereiche des Lebens deutlich gemacht. Deshalb engagiert sich dieWürttembergische Landeskirche seit 1945 mit der Evangelischen Akade-mie an herausgehobener Stelle für das Gemeinwesen. Diese Arbeit isteine Investition in die politische Kultur, entsprechend dem biblischenAuftrag, der »Stadt Bestes zu suchen«. Andere Landeskirchen habeneigenständige Bereiche für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt(KDA). Württemberg hat, um die Synergieeffekte wissend, den KDA mitder Akademiearbeit vernetzt. Was jetzt diskutiert wurde, bedeutet, dassKirche sich selbst reduziert.

Die Einbindung der Tagungsarbeit in gesellschaftliche Prozesse der Kom-munen in der Region wird im vorliegenden Heft thematisiert. Es ist er-staunlich, wie viel auf diesem Gebiet passiert und welche Folgen dieseArbeit hat. Das alte Motto wird gelebt: Global denken – lokal handeln.

Wir freuen uns über ihr Interesse an unserer Arbeit, sind dankbar für allekonstruktive Kritik und grüßen Sie ganz herzlich

Ihr Joachim L. Beck, Geschäftsführender Direktor

e d i t o r i a l

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Manfred Fischer, früherer Geschäftsführender Direktorder Evangelischen Akademie Bad Boll, starb nach lan-ger Krankheit am 9. März

Manfred Fischer fühlte sich als Theologe der ökumeni-schen Leitidee »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« verpflichtet, die er auch als Richtmaß sei-ner Leitungstätigkeit in der Akademie verstand. Dieswurde erkennbar in zahlreichen Stellungnahmen zurFriedens- und Umweltbewegung. Kurz nach Amtsantrittals Geschäftsführender Akademie-Direktor 1988 sagte er,»praktischer Materialismus sei die vorherrschendeWeltanschauung in der Bundesrepublik«.»Manfred Fischer hat als Direktor darauf hingewirkt, dassin einer auseinanderstrebenden Gesellschaft Brücken ge-baut werden«, sagte der württembergische evangelischeLandesbischof Frank Otfried July. Seine Liebe zur Sprache

habe ihm geholfen, Menschen aus unterschiedlichen Mili-eus miteinander ins Gespräch zu bringen. Der Geschäfts-führende Direktor der Evangelischen Akademie Bad Boll,Joachim L. Beck, betonte die Sprachmächtigkeit seinesVorgängers, mit der er theologische und gesellschaftspoli-tische Fragestellungen in Beziehung setzte. »Als feinsinni-ger und engagierter Theologe begleitete er wachsam ge-sellschaftliche Entwicklungen und unterstützte Menschen,die Verantwortung in Wirtschaft, Politik und Verwaltungtragen«, sagte Beck. Manfred Fischer habe Frömmigkeitund Weltverantwortung in überzeugender und anstecken-der Weise gelebt. Im Direktorenteam war Fischer verant-wortlich für Strukturveränderungen in den neunziger Jah-ren, in deren Verlauf die regionalisierte Arbeit der Evan-gelischen Akademie Bad Boll reduziert und die diskursivenElemente am Standort Bad Boll konzentriert wurden.Manfred Fischer wurde 1933 in Königsberg geboren. Nachseinem Theologiestudium war er zunächst Pfarrer für lan-deskirchliche Schülerarbeit, ab 1967 Gemeindepfarrer inStuttgart-Hohenheim. Ab 1980 gehörte Fischer, nebenDr. Günther Metzger und Christoph Bausch, dem damalsdreiköpfigen Direktorium der Evangelischen Akademie BadBoll an. Zum Geschäftsführenden Direktor der Akademiewurde er dann 1988 berufen. Er füllte das Amt bis zu seinem Ruhestand 1996 aus. Seine letzten Lebensjahrewaren geprägt durch seine Alzheimer-Erkrankung.

Uwe Walter

Doppelte Auszeichnung für Nachhaltigkeits-Angeboteder Akademie im Rahmen der UN-Dekade »Bildung fürnachhaltige Entwicklung«

Gleich zwei Angebote, an denen die Evangelische Akade-mie Bad Boll beteiligt ist, wurden jetzt als offizielle Pro-jekte der UN-Dekade »Bildung für nachhaltige Entwick-lung« ausgewählt. Sowohl das Studienbegleitprogrammfür Studierende aus Afrika, Asien und Lateinamerika(STUBE) als auch das Projekt »Zukunftsfähiges Deutsch-land in einer globalisierten Welt« dürfen künftig diesenEhrentitel tragen. STUBE bietet Studierenden aus denLändern des Südens die Gelegenheit, sich in Seminarenund Workshops über Fragen der Entwicklungszusammen-arbeit zu informieren und auszutauschen. Auch bei derBerufsvorbereitung und bei Praktika ist STUBE behilflich.Die erste STUBE wurde 1983 in Baden-Württemberggegründet, inzwischen hat sich daraus ein Netzwerk auself STUBEN in verschiedenen Bundesländern entwickelt.Die baden-württembergische STUBE steht seit 1996 orga-nisatorisch unter dem Dach der Evangelischen AkademieBad Boll, mit der es darüber hinaus vielfältige Koopera-tionen gibt.Auch das zweite UN-Dekade-Projekt »ZukunftsfähigesDeutschland« wurde von der Evangelischen Akademie BadBoll, namentlich dem für Umweltbildung zuständigen Stu-

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Wir trauern um unseren Kollegen Uwe Walter

Völlig überraschend verstarb Uwe Walter, Leiter der AbteilungPresse und Publikationen am Donnerstag, den 13. Mai 2010 inBerlin. Er war für uns alle ein kluger, wertvoller und verläss-licher Kollege, der mit unendlich viel Engagement seine Ab-teilung leitete, die Verbindung zu den Medienvertretern hieltund das Erscheinungsbild der Evangelischen Akademie Bad Bollwesentlich mitgestaltete. Er war ein hilfreicher und wertvollerGesprächspartner für alle Fragen und Aufgaben. UnserMitgefühl gilt seiner Partnerin Elke und seinem Sohn Paul. (Die Nachricht erreichte uns nach Redaktionsschluss.)

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dienleiter Jobst Kraus, mitinitiiert. Bei dem Projekt handeltes sich um eine Kooperation zwischen zehn EvangelischenAkademien, dem Evangelischen Entwicklungsdienst (eed)und »Brot für die Welt«. Mit insgesamt 16 Tagungen wid-met sich das Projekt Fragen der internationalen Gerech-tigkeit, Möglichkeiten nachhaltigen Wachstums und ge-sellschaftlicher Wandlungsprozesse. Im Rahmen dieserReihe veranstaltet die Akademie Bad Boll zum Beispiel imkommenden November eine Tagung: »Warum ändert sichso wenig und wie lässt sich das ändern?«.Verliehen wurde die Auszeichnung am 17. März vom Na-tionalkomitee der UN-Dekade im Rahmen der Bildungs-messe Didacta in Köln. Der Vorsitzende des Komitees, derErziehungswissenschaftler Gerhard de Haan: »Die Dekade-Projekte leisten vorbildliche Arbeit. Sie tragen die Idee›Nachhaltigkeit lernen‹ in die Breite«. Voraussetzung füreine Auszeichnung ist, dass Wissen und Kompetenzen ausmindestens zwei der drei Nachhaltigkeits-DimensionenWirtschaft, Soziales und Umwelt vermittelt werden. Fer-ner müssen die Projekte innovativen Charakter haben. Indiesem Jahr wurden 86 Projekte ausgezeichnet.Die UN-Dekade »Bildung für nachhaltige Entwicklung« isteine internationale Bildungsinitiative. Die Staaten derVereinten Nationen haben sich verpflichtet, in den Jahren2005 bis 2014 das Konzept »Nachhaltigkeit lernen« zustärken. Die Deutsche UNESCO-Kommission koordiniertdie Aktivitäten zur UN-Dekade in Deutschland mit Förde-rung des Bundesbildungsministeriums. Grundlage ist eineinstimmiger Beschluss des Deutschen Bundestages.

Uwe WalterMehr über STUBE: www.stubebw.de

Pressemitteilung der Evangelischen Landeskirche inWürttemberg zur Akademietagung Bad Boll »Partnerfür den Frieden« vom 28. April 2010

1. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hat sichin mehreren Erklärungen zum Existenzrecht Israels be-kannt und steht grundsätzlich dazu. Diese Verbundenheithat eine lange Tradition. Zugleich weiß sie sich auch mitden palästinensischen Christen verbunden.2. Eine Evangelische Akademie hat den Auftrag, Denk-fabrik und Brückenbauer zu sein und braucht den Frei-raum, auch ungewohnte Wege zu gehen, um Kommuni-kation zu ermöglichen.3. Wir nehmen die Kritik und Sorge ernst, die sich in denAnfragen an diese Tagung ausdrücken. Die Landeskirchegeht davon aus, dass die Akademie bei der Auswahl derReferenten und der Konzeption der Tagung ihrer Verant-wortung gegenüber den oben genannten Grundsätzennachgekommen ist.4. Die Kirchenleitung ist im Gespräch mit der Akademieüber die Frage, wie sicher gestellt werden kann, dass die-se Tagung nicht entgegen den Zielsetzungen missbrauchtwird. Ziel ist es, das Gespräch zu ermöglichen, wo Sprach-losigkeit und Gewalt herrschen.

Interessierte begutachteten das neue Akademie-Gebäude beim »Tag der Offenen Tür«

Ganz genau anschauen konnte man sich am 28. März, was nach gut13jähriger Plan- und Bauzeit entstanden ist: Rund 500 Gäste ausnah und fern begutachteten beim »Tag der Offenen Tür« den neuenSüdflügel, mit dem die Evangelische Akademie Bad Boll nunmehr 60weitere Gästezimmer und drei zusätzliche Veranstaltungsräume ge-wonnen hat. An der Notwendigkeit dieses Neubaus habe es nie Zwei-fel gegeben, sagte der Kuratoriumsvorsitzende Werner Stepanek beieiner Talkrunde. Jetzt sei er »stolz und selig«, dass der Bau zumAbschluss gekommen ist. Er hoffe, dass der Neubau einen geschütz-ten Raum zur Diskussion über Verletzlichkeiten von Menschen inihren beruflichen Rollen biete. Oberkirchenrat Dr. Ulrich Heckelmeinte, dass »Inneres und Äußeres des Gebäudes in idealer Weisezusammen wirken und das Gespräch beflügeln«. Der Akademiewünschte er, dass sie sich nach der baubedingten Improvisation nunwieder ganz auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren kann. Den Neu-bau hat die Akademie noch mit weiteren Veranstaltungen gefeiert.Die offizielle Eröffnung fand am 7. März statt, und am 25. Aprilgab es ein Benefizkonzert mit den Kammermusik-Ensembles desPolizeimusikkorps Baden-Württemberg.

Bild Mitte, von links nach rechts: Architektin Nike Fiedler,Oberkirchenrat Dr. Ulrich Heckel, Kuratoriumsvorsitzender WernerStepanek, Geschäftsführender Direktor Joachim L. Beck

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setzung der sog. Bologna-Reform er-laubt. Vor diesem Hintergrund hält es diePräsidentin der Hochschulrektoren-konferenz für nicht realistisch, dassdie Finanzlücke im Hochschulbereichdurch Spenden- und Sponsorenmittelbehoben werden kann. »Selbst wennes zu einer Verdoppelung oder Ver-vierfachung der Mittel käme, bliebendie Anteile an der Gesamtfinanzie-rung bescheiden«, sagte sie in derEvangelischen Akademie Bad Boll.Dennoch sprach sie sich dafür aus,den privaten Finanzierungsanteil kon-sequent auszuweiten. In diesem Zu-sammenhang bekräftigte MargretWintermantel, dass die Erhebung vonStudiengebühren in den beteiligtenLändern zu einer tatsächlichen Ver-besserung der Finanzsituation im Be-reich der Lehre geführt habe. So seider Umfang der Hochschuleinnahmendurch Beiträge von 387 MillionenEuro im Jahr 2006 auf über eine Mil-liarde angewachsen. Bedauernd stell-te sie fest, dass dieser Betrag nachdem Verzicht einiger Länder auf Stu-diengebühren allerdings wieder rück-läufig sei.Nach Einschätzung der Präsidentinder Hochschulrektorenkonferenz hatsich an Deutschlands staatlichen Uni-versitäten noch keine Fundraising-Kultur entwickelt. Dennoch seien be-deutende Fortschritte zu verzeichnen.Vor 20 oder 30 Jahren sei es denHochschulen wie einer nachgeordne-ten Behörde wegen des kameralisti-schen Rechnungswesens gar nichterlaubt gewesen, eigene Einnahmenzu erwirtschaften. Inzwischen sei es

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Verfehlte Entwicklung inÄthiopien»Altes Land und neuer Aufbruch«,Tagung 19.-21. Februar in Bad Boll

Der Prinz aus dem Hause Davids, Dr.Asfa-Wossen Asserate, begann rechtdiplomatisch mit seinem Vortrag über

das »uralte Kulturland« Äthiopien.Nicht zufällig hat er einen Bestsellerüber Manieren geschrieben. Doch dievergaßen einige Teilnehmer, als siedie Vertreterin der BundesregierungLuisa Reichert recht scharf wegen ver-fehlter Entwicklungspolitik angriffen.Sie werfen dem zuständigen Ministe-rium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit vor, dass es unkritisch Geldereiner korrupten Regierung gibt, diedamit ihre Kriege finanzieren kann.Zwar konnte die Referentin sachlichklarstellen, dass die bundesdeutscheEntwicklungshilfe präzise Auflagenenthält und so direkt der notleiden-den Bevölkerung zugute kommt, aberdie vielen Nichtregierungsorganisa-tionen fühlen sich dennoch vernach-lässigt. Nachhaltige Wirtschaftsent-wicklung soll durch das »EngineeringCapacity Building Program« geleistetwerden, das in seiner Komplexitäteinzigartig sei.In gewisser Weise zählen dazu auchdie Kirchen. Insbesondere die evange-lische Mekane-Yesus-Kirche mit ihrenfast fünf Millionen Mitgliedern be-treibt im Unterschied zur beherr-schenden orthodoxen Kirche sechsKrankenhäuser und Sozialstationen.Sie kämpft gegen Genitalverstüm-

melung bei Frauen und für AIDS-Auf-klärung. Wichtig sind ebenso Versöh-nungsinitiativen für zerstrittene Clansund Aufforstungsprojekte. Ziemlichunbekannt in Deutschland ist dieÄthiopische Kale Heywat Kirche, diemit über fünf Millionen die größteevangelische Kirche dort ist. Sie kon-zentriert ihre sozialen Dienste aufWasserversorgung und Gesundheits-dienste. Unbequem für die Regierungwird sie, wenn sich ihre »AbteilungStellvertretung« für Menschenrechtekonkret einsetzt. Gleichwohl sind auf-grund der Klimaschwankungen immernoch zehn Millionen Menschen vonder Trockenheit und über sechs Milli-onen von Hunger bedroht.

Wolfgang Wagner siehe auch Hinweise auf Online-

dokumente zur Tagung S. 6/7

Spendensammler anDeutschlands Hochschulenbrauchen langen Atem

Bislang werden in Deutschland ledig-lich neun Prozent der Hochschulauf-wendungen aus privaten Mittelnfinanziert. In den USA liegt der Anteilbei 55 Prozent, in Asien bei 60 Pro-zent. Auch im europäischen Vergleichliegt Deutschland unter dem Durch-schnitt. Darauf machte die Präsiden-tin der Hochschulrektorenkonferenz,Prof. Dr. Margret Wintermantel, zumAuftakt des 5. Fundraisingkongressesam 8. März in der Evangelischen Aka-demie Bad Boll aufmerksam. Zugleichprognostizierte sie einen wachsendenFinanzbedarf der Hochschulen. In denkommenden fünf Jahren sei damit zurechnen, dass jährlich bis zu 450.000junge Leute ein Studium beginnenwollen, während es zu Beginn der90er Jahre nur 270.000 Studienanfän-ger waren. Dabei seien die Ausgabenje Studierendem in den letzten 30Jahren real um 20 Prozent zurück- gegangen. Margret Wintermantel zi-tierte den Wissenschaftsrat, demzu-folge den Hochschulen jährlich 1,3bis 1,5 Milliarden Euro zusätzlich zurVerfügung gestellt werden müssten,um einen Betreuungsschlüssel zwi-schen Studierenden und Lehrenden zurealisieren, der eine erfolgreiche Um-

Dr. Asfa-Wossen Asserate ist vor allembekannt durch sein Buch »Manieren«.

Der Beitrag von Prof. Dr. M. Wintermantelist als Audiodokument zu hören:www.ev-akademie-boll.de/onlinedokumente

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nicht als Handlanger der Ökonomieinstrumentieren zu lassen. Seit derVorherrschaft des Neoliberalismusgäbe es keine plurale und kritischeWissenschaft der Ökonomie mehr.Dr. Christiane Dithmar, Theologin undGeschäftsführerin einer Manage-mentberatung stellte ihr Modell der»Integrativen Beratung« als neueForm des Change Managements vor,in der die Einheit von Strategie,Struktur und Kultur postuliert wird.Die mittlere Führungsebene habe dieUmsetzungs- und Integrationsverant-wortung. Dies sei eine Kommunika-tionsaufgabe, die sich darin äußernmüsse »gut stören« zu können. OhneStörung keine Veränderung. AllesNeue impliziere Widerstände, diesemüssten ernst genommen und in denBeratungsprozess integriert werden.

Christa Engelhardt, StudienleiterinDie Tagung wird von der Fromm-

Gesellschaft dokumentiert

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geradezu zum staatlichen Auftraggeworden, sich um private Mittel zubemühen. Lohnend sind ihrer Meinungnach besonders Aktivitäten, die fürdas Profil und die Wettbewerbsfähig-keit einer Hochschule von Bedeutungsind, sich aus den knappen Haushalts-mitteln aber nicht finanzieren lassen.Es gehe dabei vornehmlich um das»Besondere«, wie etwa die Sanierungalter Gebäude, die Einrichtung einerStiftungsprofessur oder die Organisa-tion von Veranstaltungen mit hohemÖffentlichkeitswert. Gleichwohl ver-wies Wintermantel darauf, dass auchdie Entwicklung einer »echten« Fund-raising-Infrastruktur Geld kostet undes angesichts einer »allgegenwärtigenStreichungsmentalität« überzeugen-der Argumente bedarf, entsprechendeAbteilungen einzurichten. Sie hofft,dass Anreize entwickelt werden, da-mit mehr private Gelder in die Kassenfließen. Eine Steigerung der steuerli-che Abzugsfähigkeit von Spenden undEinzahlungen in Stiftungen wäre da-für eine geeignete Maßnahme.

Beraten und verkauft? »Das Beratungswesen zwischenÖkonomisierung und Humanität«Tagung 7.-9. Mai 2010 in Bad Boll

Das Buch des TV-Journalisten ThomasLeif mit dem Titel »Beraten und ver-kauft: McKinsey & Co.« hat Kritik amBeratungswesen angestoßen. Auf derTagung analysierte Leif die Kultur unddas Geschäftsmodell der Unterneh-mensberater als gigantische Bluff-Branche. Er skizzierte, wie sich dieZunft ihre Aufträge beschafft und do-kumentierte gigantische Beratungs-Fehlinvestitionen, Lobbyismus undMachtmissbrauch mit fatalen sozialenund wirtschaftlichen Folgen.Die Tagung, die in Kooperation mitder Erich Fromm Gesellschaft statt-fand, widmete sich der Frage, was mitden Menschen und ihren Organisatio-nen geschieht, wenn es nicht um Ma-terielles, sondern um menschlicheProduktivität wie Bildung, Kultur, Ge-sundheit geht. Dr. Rainer Funk, derNachlassverwalter Fromms, konsta-tierte: Man orientiere sich zuneh-mend an objektiven Bedarfen und im-

mer weniger an subjektiven Bedürf-nissen. Dies zeige sich zum Beispiel imPflegebereich, dessen Pflegemodulenund den Pflegeerfassungslisten.Dr. Alfons Maurer, Geschäftsführerder Keppler-Stiftung/Trägerin von Al-tenhilfeeinrichtungen, konkretisiertedies. Auch die Altenhilfe bewege sichauf einem Markt: Sowohl der Staatals auch der Kunde wollen es günstig.Es gehe darum, aus knappen Ressour-cen das Maximum an Qualität her-auszuholen. Diese müsse am physi-schen und psychischen Wohlergehender Pflegebedürftigen gemessen wer-den. Man müsse immer – über diestrukturellen Rahmenbedingungenhinaus – fragen, wo Spielräume seienund diese nutzen. Es seien nicht dieKategorien des Ökonomischen zu kri-tisieren, sondern deren Dominanz.Ökonomie sei in menschliche Zweck-setzungen einzubinden. Die Tagung fragte nach Beratungs-entwürfen, in denen der Mensch alsSubjekt der Steuerung wertgeschätztund einbezogen wird. Die ProfessorenDievernich und Wetzel vom Kompe-tenzzentrum Unternehmensführungder Fachhochschule Bern präsentier-ten ihr Konzept »Intelligenter Bera-ten«. Beratung brauche nicht nurintelligentere Berater, sondern auchintelligentere Klienten, die sich nüch-terner mit Beratung auseinandersetz-ten und eigene Zugänge zurückge-winnen müssten. Es gelte, sich poly-phon beraten zu lassen, nicht nur vonBetriebswirtschaftlern, sondern auchvon Geisteswissenschaftlern, um sich

Thomas Leif, TV-Journalist, der das Buch»Beraten und verkauft: McKinsey & Co.«geschrieben hat, in Bad Boll

Klimaschutzmaßnahmen für die Alpen

»Der Klimaschutz in den Alpen muss ein vorrangigesThema für die Politik werden«, fordert Thomas Urban,Hauptgeschäftsführer des Deutschen Alpenvereins,zum Auftakt der »Alpinismustagung« in der Evange-lischen Akademie Bad Boll (30. April bis 2. Mai).»Der Alpenraum ist vom Klimawandel besonders starkbetroffen. Wir brauchen deshalb schnelle und sinn-volle Maßnahmen, um die gravierenden Auswirkun-gen auf das sensible Ökosystem so gering wie mög-lich zu halten«. Winfried Hermann, Vorsitzender desVerkehrsausschusses des Deutschen Bundestages undEröffnungsredner, unterstützt den DAV: »Klimawan-del in den Alpen muss endlich die Bedeutung bekom-men, die das Thema verdient. Die Bundesregierungmuss dafür sorgen, dass der im Rahmen der Alpen-konvention 2009 beschlossene ›Aktionsplan zum Kli-mawandel in den Alpen‹ ausgearbeitet und endlichumgesetzt wird«. Die ganze Pressemeldung ist auf derWebsite der Akademie unter Meldungen zu finden:www.ev-akademie-boll.de

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Zusammenfassung des Buches vonGunda Schneider-Flume, »Alter –Schicksal oder Gnade? TheologischeÜberlegungen zum demographischenWandel und zum Alter«, Göttingen2008

Günter Renz, Studienleiter

TextdokumentDas neue Sein. Die Christologie Paul Tillichs9.-11. April 2010, Bad BollPaul Tillich, dessen Christologie in derTagung diskutiert wurde, verstand dasSymbol »Christus« als das »NeueSein«. Wie viele Theologen seinerGeneration war er an dem konkretenMenschen Jesus wenig interessiert.Nach der ersten Welle der historisch-kritischen Jesus-Forschung Ende des19. Jahrhunderts begnügte man sichmit der Erkenntnis, dass man keineBiografie Jesu schreiben könne unddiese auch nicht wichtig für denchristlichen Glauben sei. Doch heutefragen aufgrund neuer Quellen undveränderten Einsichten Menschenwieder nach dem Leben Jesu, zumalständig Bücher produziert werden, diemit reißerischen Titeln die »Wahrheitüber Jesus« versprechen und meistneue Legenden verbreiten. ProfessorJens Schröter von der Humboldt-Uni-versität Berlin gehört zu den Gelehr-ten des Neuen Testaments, die sichum die Ergebnisse der heutigen Jesus-Forschung kümmern. Diese beschrei-ben deutlicher als früher Jesus alseinen Juden aus Galiläa, der die Er-neuerung Israels anstrebt. Schrötermeinte in seinem Vortrag »Annähe-rungen an Jesus aus exegetisch-historischer Perspektive«, der auf

TextdokumentAltes Land – neuer Aufbruch,Äthiopientagung19.-21. Februar 2010, Bad BollZwar nennt sich die Äthiopische KaleHeywet Kirche (EKHC) »Worte des Le-bens«, aber eigentlich kämpft sie für»Taten des Lebens«. In seinem Bericht»Kirche und sozial-ökonomischeVeränderung: die sozial-diakonischeArbeit der EKHC« stellt ChristophSchneider-Yattara, Referent des Evan-gelisch-Lutherischen MissionswerksNiedersachen für Äthiopien und fran-kophones Afrika, eine hierzulandeziemlich unbekannte evangelischeKirche vor. Wenn manchmal gestrit-ten wird, welchen Wert Mission heutehabe, dann sollte man sich die sozia-len und politischen Leistungen dieserKirche mit ihren bloß fünf MillionenMitgliedern anschauen, die obendreinin einer teils orthodoxen, teils islami-schen Umgebung arbeitet.

Textdokument»Macht das Alter noch Sinn?«Ethische Fragen der Fürsorge im Alter12.-14. April 2010, Bad BollDie Theologin Gunda Schneider-Flumestellt in ihrem Vortrag »Die Würdedes Alters. Theologische Überlegun-gen zu ethischen Fragen des drittenund vierten Lebensalters« angesichtsvon Programmen eines »successfulaging« die Frage, ob sich hier eineTyrannei des gelingenden Alterns ab-zeichne. Zerstören Vollkommenheits-ideale nicht »das uns lebbare Leben«?Die zentralen biblischen Begriffe Er-barmen, Gedenken und Gerechtigkeitverhelfen zu Grundhaltungen auch inden sehr bedrängenden und strittigenmedizinethischen Fragen am Lebens-ende. Der Vortrag ist eine knappe

eine größere Veröffentlichung (JensSchröter, Jesus von Nazaret, Evange-lische Verlagsanstalt Leipzig) aufbaut:»Den Juden seiner Zeit will er dieheilvolle Nähe Gottes vermitteln. Ertritt mit dem Anspruch auf, der ent-scheidende Repräsentant Gottes zusein. Seinen sich abzeichnenden Todhat er wohl als Vollendung des ihmvon Gott gewiesenen Weges aufge-fasst.« Das Neue Testament bietetkeine Biografie Jesu, aber enthält his-torisch verlässliche Informationen.Alle Schriften des Neuen Testamentsstimmen darin überein, dass dieserJesus von Nazaret der Christus ist.Was das freilich heute meint, könnennicht allein die Historiker sagen.

Wolfgang Wagner, Studienleiter

TextdokumentRäume ethischer Wandlung. Der Läuterungsberg in DantesGöttlicher Komödie31. März bis 4. April, Bad BollEntsprechend dem Muster von DantesGöttlicher Komödie lag der Schwer-punkt der vom Italienischen Kulturin-stitut Stuttgart unterstützten Oster-Tagung auf der Trinität oder Dreiei-nigkeit in der Spannung von:- Dantes Alighieris drei GesängenHölle, Läuterungsberg, Paradies - mit ihren Querverweisen auf dasWeltliche, Menschliche, Göttliche- gespiegelt in Inkarnation, Kreuzi-gung und Auferstehung.Dante durchwandert in der GöttlichenKomödie das Reich der Verdammten(Inferno) und den Läuterungsberg(Purgatorio), wo die Sünder sich vonihren Lastern befreien. Er vertrautsich der weiblichen Führung Beatricesan, um durch die Himmel des Paradi-ses (Paradiso) ins Empyreum, dem SitzGottes, zu gelangen, wo ihm die Visi-on der Trinität gewährt wird. Wie dasInferno sind auch Purgatorio undParadiso jeweils in drei x drei Stufengegliedert, die – in Parallele zu denim Inferno fortschreitend härter wer-denden Strafen – zu einem immerhöheren Maß an Tugend und Seligkeitführen.

Onlinedokumente auf der Internetseite der AkademieText- und Tondokumente von Vorträgen und Diskussionen aus Tagungen derEvangelischen Akademie Bad Boll können Sie herunterladen und zu Hauselesen oder anhören. Alle Onlinedokumente – Texte und Audio-Dateien – finden Sie unter: www.ev-akademie-boll.de/onlinedokumente

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Entsprechend dem Dantischen Vorbildwurden durch den Dante-ExpertenGianni Vacchelli aktuelle Bezüge zwi-schen Dantes Göttlicher Komödie,zentriert im Bußgang des Läuterungs-bergs, dem Kreuzweg der Passion Jesuund eigener Selbsterfahrung im Span-nungsfeld der Fixierung an Laster(bzw. den sieben Grund- oder Todsün-den) und deren Überwindung (bzw.Erlangung von Tugenden) mit Hilfeder von Karl Metzler und Silvia Oster-tag entwickelten archetypischen Ge-bärden hergestellt.In dem einführenden Vortrag »Danteund die Welt des Wandels im Purga-torium« führte Prof. Vacchelli aus, wiesich in der Person Dantes und seinemvor 700 Jahren verfassten Hauptwerkdie Dreieinigkeit von Mensch, Dichterund Mystiker zeige. Die Aktualität desMeisterwerkes beruhe auf der Vielfaltder Bedeutungsebenen, die uns heutenoch ermögliche, die drei Reiche, dieder Pilger Dante auf seinem Läute-rungsweg durchquert, als eigene Er-fahrung und Bewusstseinserweiterungzu verstehen. Nachdem die Teilneh-menden mit Dante und Virgil die Weltder Reinigung von den sieben Tod-sünden Hochmut, Neid, Jähzorn, Indifferenz, Geiz, Völlerei und Wol-lust, hinter sich ließen, führte Prof.

ideologische Gegensätze oder ledig-lich sprachliche handelt. 4. BilateraleKontakte der Kirchen haben geholfen,die Schuldenkrise zwischen Ekuadorund Norwegen zu klären. Das kannein Modell werden, um gerechteStrukturen des Handels und derFinanzen zu erreichen.

Wolfgang Wagner

Audiodokumente50 – 30 – 20 – aber anders. Eine zukunftsfähige Energiepolitikfür Baden-Württemberg 23.-25. April 2010, Bad BollNach dem enttäuschenden Ausgangder Weltklimakonferenz in Kopen-hagen wurde auf der Tagung disku-tiert, was dies für die Energiepolitik inBaden-Württemberg bedeutet. Nebeneiner politischen Standort- und Per-spektivenbestimmung wurde ein The-senpapier des Landesverbandes BUNDBaden-Württemberg zur zukünftigenEnergiepolitik des Bundeslandes vor-gestellt. Beide Audiodokumente sindim Internet verfügbar: Michael Müller,ehemaliger SPD Bundestags-Abgeord-neter und Staatssekretär a. D., Düs-seldorf: Versuch einer politischenStandort- und Perspektivenbe-stimmung Dr. Brigitte Dahlbender, Landesvorsit-zende des BUND LandesverbandesBaden-Württemberg: Ökologische,ökonomische und soziale Perspek-tiven

Vacchelli in die Welt des irdischenParadieses. Dort werde Dante durchBeatrice seiner Ganzwerdung be-wusst, indem sie ihn auf sein Ziel dervollkommenen Menschwerdung hin-weise, italienisch: »trasumanar« (DC,Pd, 1, 70) – Mach es wie Gott werdeganz Mensch!

Brigitte Furche

TextdokumentGlobalisierung kritisieren undgestalten. Zur Aufgabe derWeltmission heute8. Mai 2010, Bad BollDr. Rogate Mshana stammt aus Tan-sania und arbeitet im ÖkumenischenRat der Kirchen (ÖRK) als Referent fürwirtschaftliche Gerechtigkeit. In derVeranstaltung »Globalisierung kritisie-ren und gestalten« hielt er das Haupt-referat: »Addressing Economic andecological crises, under globalizati-on; alternatives and challenges forthe ecumenical movement«.Zunächst analysierte er die Krisen desgegenwärtigen Kapitalismus aus derPerspektive des Südens, deren Kirchenals stärker Betroffene verständlicher-weise sich viel kritischer äußern alsjene des Nordens, die teilweise vomSystem noch profitieren. Als Visionfür die Arbeit des ÖRK zitierte er eineArbeit des argentinischen TheologenRené Krüger: »Leben in seiner Fülle«.Schaut man mit dieser Zielvorstellungauf die Handelskrise, die Ernährungs-krise, die Ökologische Krise kommtman zu einigen Schlussfolgerungen,die den »Freistil-Kapitalismus« über-winden könnten. 1. Die Botschaft vonWiderstand und Hoffnung auf Über-windung der Ungerechtigkeit muss indie Zentren der neoliberalen Wirt-schaftsmächte eindringen. Dazubraucht es eine Strategie. 2. Die Kir-chen des Nordens dürfen nicht nurkaritative Diakonie betreiben, sondernmüssen für eine politische Diakoniesich stark machen. 3. Die Spaltungzwischen Kirchen der Armen imSüden und Kirchen des Wohlstandsim Norden muss überwunden werden.Ein Dialog sollte klären, ob es sich um

Dante Alighieri, Ufficien, Florenz

Dr. Rogate Mshana (li.) und StudienleiterWolfgang Wagner

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Kurz nach dem Bürger-krieg (1975-1990) kamich 1991 erstmals in denLibanon. Ich war von demzerstörten Land, das in derHerbstsonne seine bizarreSchönheit zeigte, ebensoberührt wie von den trau-matisierten Menschen, diesich so sehr über die Be-sucher freuten. Seitdembin ich oft in das Landgekommen – mit ver-schiedenen Aufträgenoder privat. In diesem Jahrhatte ich zum zweitenMal die Gelegenheit, einerAkademie-Reisegruppeden Libanon zu zeigen,mit verschiedenen Einhei-mischen ins Gespräch zukommen und in den Ber-gen zu wandern. So sindmeine Aufnahmen keineumfassende Libanonschau,sondern zeigen »meinen«Libanon: Wie ich ihn durchmeine Begegnungen inseiner Gegensätzlichkeitund Vielfalt nach demBürgerkrieg, nach derBefreiung des Südlibanonim Jahr 2000 und nachdem »Sommerkrieg« 2006erlebt habe.

Martina Waiblinger

Der in Heilbronn arbeiten-de Künstler Peter Riekbeschäftigt sich fast aus-schließlich mit der Zeich-nung in ihren verschieden-sten Spielarten. NebenZeichnungen auf Papieroder Holz stehen raumbe-zogene Installationen,Wandzeichnungen, Eisen-zeichnungen und Straßen-zeichnungen. Gemeinsamist allen Arbeiten ein ab-strakt organischer For-menkanon, der sich überdie Jahre langsam weiterentwickelt. Die stillen poe-tischen Zeichnungen, dievon Vergänglichkeit undMelancholie handeln, zeu-gen gleichzeitig von ge-glückten Momenten abstrakter Schönheit. Bearbei-tungsspuren bleiben als Zeugen des Prozesses vonEntstehen und Vergehen sichtbar. Die Arbeiten sindauf bestimmte Räume bezogen oder werden für be-stimmte Situationen neu zusammengefügt. Kammer-artige Installationen und kleine Häuser, die oft nurRaum für eine Person und ein Bett bieten, erzählendennoch im Grunde von nichts anderem als von derUnbehaustheit des Menschen.Peter Riek studierte an der Akademie der BildendenKünste Stuttgart, wurde unter anderem mit dem Sti-pendium der Kunststiftung, der Cité des Arts Paris unddem Elsass-Stipendium des Landes Baden-Württem-berg, sowie jüngst mit dem Stipendium der BartelsStiftung Basel ausgezeichnet. Zahlreiche Ausstellun-gen im In- und Ausland machten ihn als Zeichnerauch überregional bekannt.

Susanne Wolf

Orangenduft und Brandgeruch

Fotos aus dem Libanon von Martina Waiblinger vom 27. 6. bis 10.9.

»schattenboxen«

Zeichnungen von Peter RiekAusstellung vom 19.9. bis 31.10.

Peter Riek Deutschland, 80x60cm, Tusche und Fettkreide aufPapier, 2009Straßenszenen in Beirut

Vernissage Sonntag, 19. September, 11:00 Uhr im Café Heuss Die Ausstellung läuft vom 19. September bis 31. Oktober.

Infos und Anmeldung zum Mittagessen (12 Euro):Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342 [email protected]: Susanne Wolf

Vernissage Sonntag, 27. Juni, 11:00 Uhr im Café Heuss Die Ausstellung läuft vom 27. Juni bis 10. September.

Infos und Anmeldung zum Mittagessen (12 Euro):Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342 [email protected]: Susanne Wolf

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Der Vielfalt Heimat gebenIntegrationsplan Ebersbach

»Ja, wir schaffen’s!« Davon waren dieEbersbacherinnen und Ebersbacherfelsenfest überzeugt, als sie im Mailetzten Jahres einen Integrationsplanfür ihre Stadt vorbereiteten. Zwei Tagelang befassten sich 31 Bürgerinnenund Bürger mit Studienleiter StefanBrückner in der Evangelischen Akade-mie Bad Boll damit, wie das Zusam-menleben zwischen Einheimischenund Menschen mit Migrationshinter-grund in der Stadt an der Fils in Zu-kunft von einem Nebeneinander zueinem Miteinander werden kann.

In Ebersbach wohnen Menschen aus69 Nationen zusammen, jeder siebtehat einen ausländischen Pass, etwaein Fünftel der Einwohnerinnen undEinwohner kommt aus einer Familiemit Migrationshintergrund. Damitliegt die Stadt weit über dem Bundes-durchschnitt. Das Zusammenleben derDeutschen und der Ausländer ist »vonReibereien geprägt«, so das Ergebnisder Bürgerbefragung, die die Stadt-verwaltung im Jahr 2009 durchführte.Das zumindest war die Einschätzungvon mehr als der Hälfte der Befrag-ten, die jünger als 25 Jahre waren.Auf der anderen Seite sind die aus-ländischen Bürgerinnen und Bürgerein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Gut40 Prozent aller Gewerbebetriebehaben einen nicht-deutschen Inhaber.Für Bürgermeister Sepp Vogler stehtaußer Frage: »Integration ist ein ganzwichtiges Thema. Für mich als Bür-germeister und auch persönlich.«Damit ist er auf einer Linie mit demnationalen Integrationsplan, in demes unter anderem heißt: »Integrationist eine Schlüsselaufgabe unserer Zeit,die auch durch den demografischenWandel immer mehr an Bedeutunggewinnt.« Und weiter: »Unsere Gesell-schaft wird reicher und menschlicherdurch Toleranz und Offenheit in unse-rem Zusammenleben.«

Zusammen mit der EvangelischenAkademie Bad Boll erarbeitete dieStadt Schritt für Schritt einen Inte-

grationsplan. Der Startschuss dazufiel im April 2009. Im Vorfeld hattesich die Akademie gegen einen renom-mierten Mitbewerber durchgesetzt.»Das Angebot hat uns einfach über-zeugt«, sagt Dietmar Vogl, Beauftrag-ter für Bürgerschaftliches Engage-ment der Stadt. Punkten konnte dieAkademie vor allem mit der örtlichenNähe, mit ihrem Preis-Leistungsver-hältnis, ihrem Service und mit der vonihr angebotenen nachhaltigen Beglei-tung. Im Ebersbacher Rathaus ist man zu-frieden mit der Arbeit der Akademie.»Wir haben eine Vernetzung fast allerfür die Integration wichtigen Orga-nisationen und Vereine erreicht«, be-richtet Dietmar Vogl. »Viele habensich mit dem Thema auseinanderge-setzt. Inzwischen haben wir auchbereits einige Projekte gestartet.« Sozum Beispiel das Projekt »IntegrativerSchüleraustausch – Weltreise Ebers-bach«. Im April diesen Jahres fand einerstes Treffen mit den Klassenlehre-rinnen und -lehrern der fünften Klas-

sen der Ebersbacher Schulen statt,um den Termin für den Schüleraus-tausch und die begleitenden Aktionenund Veranstaltungen zu besprechen.Nach den Sommerferien werden dieSchülerinnen und Schüler, die dann in

der sechsten Klasse sind, sowie ihreEltern über die Weltreise informiert –der Schüleraustausch soll dann nachden Herbstferien stattfinden. Das Pro-jekt wird von der Robert-Bosch-Stif-tung mit 1660 Euro bezuschusst.

Auch auf kulturellem Gebiet tut sichdieses Jahr einiges. Im Stadtmuseum»Alte Post« können sich die Ebersba-cher vom 26. September bis 31. Okto-ber die Wechselausstellung »ZwischenKommen und Gehen ... und doch blei-ben« anschauen. In ihrem Mittelpunktstehen die Gastarbeiter der erstenGeneration. Begleitend dazu gibt esfür Schüler die Theateraktion »Who isDeutschland?« Thema ist die Interkul-turalität in unserer Gesellschaft. »Wirplanen während der Ausstellung soetwas wie Interkulturelle Wochen inEbersbach mit verschiedenen Veran-

Bild oben: Edgar Wolf, damaliger Bürgermeister (jetztLandrat in Göppingen), Jana Mokali, Koreferentin undStefan Brückner, Evangelische Akademie Bad Boll beider Auftaktsveranstaltung in Ebersbach. Bild unten:Workshop in Bad Boll.

Integrationsplan Ebersbach – die einzelnen Etappen

April 2009: Große öffentliche Auftaktveranstaltung imneuen Rathaus Ebersbach.

Mai 2009: Zweitägiger Workshop in der AkademieBad Boll mit Vertreterinnen und Vertreternvon Migrantenvereinen, Sport, Kultur,Schulen, Kirchen, sozialen Einrichtungensowie der Kommune.

Sommer 2009: Arbeit des »Runden Tischs Integration«,Erarbeitung der Vorlage des Integrations-plans für den Abschlussworkshop

Oktober 2009: Abschlussworkshop im Ebersbacher Rat-haus; Diskussion des vorgelegten Integra-tionsplans, Beschluss weiterer Schritte.

Jahr 2010: Redaktionelle Überarbeitung des Integra-tionsplans und Vorlage im Gemeinderat.Voraussichtliche Verabschiedung des Inte-grationsplans durch den Gemeinderat imvierten Quartal.

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Parks sowie »holzige« Abfälle aus demWald und von den Streuobstbäumen– zu Energie verarbeitet werden. DieGrünabfälle kommen in die Biogas-anlage, aus den Holzabfällen machtman Holzschnitzel und Pellets. Nachden Analysen der Fachleute könntedie Biomasse aus dem Holzstreuobst-bereich ca. 900 000 l Öl ersetzen. DieBiogasanlage könnte Strom erzeugenund die Abwärme könnte umliegendeGebäude beheizen und im SommerHackschnitzel trocknen. Eine andereÜberlegung ist, Gas für den Betriebvon interkommunalen Bürgerbussenund Solartankstellen für Elektro-Autos und -Fahrräder zu nutzen.

Welche Materialien mussten für denProjektvorschlag erarbeitet werden?Der Projektvorschlag, den der Kom-munalverbund Voralb im Dezemberabgegeben hat, umfasst 100 Seiten.Darin enthalten sind: eine ausführli-che IST-Analyse, eine Schwächen-Nutzen-Analyse, dann Ziele und Stra-

Das EU-LEuchtturm-Projekt EULE istfür Jobst Kraus, Studienleiter der Evan-gelischen Akademie Bad Boll, die rich-tige Herausforderung. Hier geht esdarum, umzusetzen, was er in seinenTagungen schon seit vielen Jahrenvorantreibt: Den ökologischen Umbauunserer Gesellschaft. Gleich nach derAusschreibung des Ideenwettbewerbsfür das Projekt wurde Jobst Kraus –2008 vom Kommunalverbund Voralbangefragt – ganz selbstverständlichihr Berater, Moderator, Exposé-Verfas-ser und Protokollschreiber. Die Voralbist einer von neun Kommunalverbän-den und vier Einzelkommunen, diebeim ersten Teil des Ideenwettbewerbsaus ursprünglich 23 Antragstellernausgewählt wurden. Am 18. Mai wardie Endausscheidung für die 8 bis 9Kommunen, deren Projekte umgesetztund zu ca. zwei Dritteln finanziertwerden. Bei Redaktionsschluss wardas Ergebnis allerdings noch nichtbekannt. Martina Waiblinger hat Jobst Kraus befragt.

Welchen Projektvorschlag haben dieVoralb-Kommunen eingereicht?Wettbewerbsaufgabe war es, im Rah-men einer nachhaltigen, integriertenkommunalen Entwicklungsstrategie ineinem EU-Leuchtturm Projekt – wirnannten es Voralb EULE »GENIAL«(Gemeinsam ENergieeffizIent undnAchhaltig mobiL) – die Ziele Klima-schutz, Kulturlandschaftserhalt, ener-getische Biomassenutzung, Beschäf-tigungsförderung und umweltfreund-liche Mobilität zu verfolgen. DasKonzept sieht vor, dass die zehn Vor-albgemeinden ihren Reichtum anReststoff-Biomasse in einem Biowert-stoffzentrum zusammenführen. Mo-mentan haben die Gemeinden jeweilseigene Grünsammelplätze. Es gibtallerdings keine richtige Kompostie-rung. Was da gemacht wird, hat eineschlechte Qualität. Bei dem geplantenProjekt sollen alle Abfälle der Voralb-Region – »krautige« Abfälle wie Grün-schnitt von Streuobstwiesen und

staltungen und Aktionen möglichstvieler Vereine und Organisationen,«sagt Dietmar Vogl. »Dazu werde ichdie Teilnehmer des Runden Tischeseinladen, um Ideen zu sammeln undfestzulegen, welche Organisationensich mit welchen Aktionen beteili-gen«. »Außerdem«, ergänzt er, »läuftdie Planung für die integrative Schü-ler-Fußball-WM ›Ebersbach kickt!‹.«Neben der Aktion setzen die Ebers-bacher auch auf Information. EineGruppe Freiwilliger arbeitet an einemFlyer, in dem das Wichtigste zum Inte-grationsplan stehen soll. Kurz undknackig, und für jeden beziehungs-weise jede verständlich. »Wir inEbersbach – der Vielfalt Heimat ge-ben« ist der Titel. Der Flyer soll ge-meinsam mit dem Integrationsplanvom Gemeinderat verabschiedet werden.

Für seine Integrationsvorhaben erhältEbersbach vom Bundesamt für Migra-tion und Flüchtlinge einen Zuschussvon knapp 11 000 Euro. Den Antraghatte die Akademie initiiert. Die Stadtwill die Mittel vor allem dazu nutzen,den Runden Tisch Integration weitervon der Evangelischen Akademie BadBoll begleiten zulassen. »Für den Erfolgist es wichtig, dass durch externesMonitoring die breitenwirksame Um-setzung des Integrationsplans imBlick bleibt«, sagt Stefan Brückner.»Integration muss zur Selbstverständ-lichkeit werden, die Lebensqualität ineiner Stadt soll dadurch erhöht undÄngste sollen abgebaut werden. Dasist möglich, wenn Integration alsQuerschnittsaufgabe wahrgenommenund vollzogen, Vertrautes mit Be-fremdlichem in Einklang gebrachtwird.« Darüber hinaus ist es wichtig,dass Ebersbach mit anderen Kommu-nen in Kontakt bleibt oder kommt.Der Arbeitskreis »Interkulturelle Öff-nung« ist die ideale Plattform. Hiertreffen sich mehrmals im Jahr Vertre-terinnen und Vertreter von Gemein-den und Städten zum gegenseitigenAustausch und Voneinanderlernen.

Beate Wörner, freie JournalistinInfos zum Moderationsangebot für Inte-grationsprozesse: Evangelische AkademieBad Boll, Stefan Brückner, 07164 798-226

Vom Reden zum TunStudienleiter Jobst Kraus engagiert sich in derRegion für zukunftsfähiges Handeln

»EU-LEuchtturmprojekt – EULE-BW« Modellprojekt zur innovati-ven Kommunalentwicklung

Die Kommunen des Landes, vor allem imLändlichen Raum, stehen vor großen Her-ausforderungen. Zu nennen sind hier dieGlobalisierung der Märkte, sich abzeich-nende Veränderungen durch den Klimawan-del sowie der demografische Wandel zueiner älter werdenden Gesellschaft. Hiersetzt das Modellprojekt »EU-LEuchtturm-projekte« (EULE) an. In einem Ideenwettbe-werb sollen Lösungen für die Entwicklungländlich geprägter Gebiete gefunden wer-den. EULE unterstützt Kommunen bzw.Kommunalverbünde dabei, nachahmenswer-te Beispiele zu entwickeln, die von anderenübernommen werden können. Das Modell-projekt EULE ist Bestandteil des EU-Struk-turförderprogramms »Regionale Wettbe-werbsfähigkeit und Beschäftigung« (RWB)in Baden-Württemberg 2007-2013. Eswird aus Mitteln des Europäischen Fondsfür regionale Entwicklung (EFRE) und desLandes im Rahmen des Entwicklungspro-gramms Ländlicher Raum unterstützt.Partner des Projekts ist der LandkreistagBaden-Württemberg.

weitere Infos: www.eule-rwb.de

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tegien zur Verbesserung der Wettbe-werbsfähigkeit und die Beschäftigungmit einem Entwicklungsleitbild fürdas Jahr 2025. Ferner ist eine detail-lierte Darstellung des geplanten Bio-masse-Wertstoffhofs enthalten. DerProjektvorschlag wurde mit drei Fach-büros zusammen erstellt und zu 80Prozent durch EU-Mittel finanziert.Allein die Analyse des Ist-Zustandsder zehn Gemeinden in Bezug auf Bevölkerungsentwicklung, Beschäfti-gungsstrukturen, Bildungseinrichtun-gen, soziale Struktur, Umweltsituationund Verkehrsstruktur, ist für die Ge-meinden von großem Nutzen, – egal,ob wir am 18. Mai ausgewählt wer-den oder nicht.

War es schwierig, die Gemeinden zueinem gemeinsamen Handeln zubewegen?Ich habe bei unseren ersten Treffendeutlich gemacht, dass die Gemein-den nicht darum herum kommen, sichmit zukunftsfähigen Planungen zu be-fassen. Es geht ja auch um Beschäfti-gungsförderung, um die Attraktivitätder Standorte als Wohnort und Pro-duktionsort, um Klimaschutz, Arten-vielfalt u.v.a. Es ist natürlich nichtganz einfach, sowohl Landwirte alsauch die Bevölkerung, Bürgermeisterund Gemeinderäte zu einem gemein-samen Handeln zu bewegen. Da gibtes die legitimen individuellen Interes-sen der Landwirte, die ihre eigene Zu-kunft sichern wollen. Es gibt Landwir-te in der Region, die für ihre Biogas-

anlagen Mais anbauen. Das ist ver-ständlich, wenn man bedenkt, dassdie Milch- und Getreidepreise im Kel-ler sind, während es für Biogas überdas Einspeisegesetz auf 20 Jahre hin-aus feste Preiszusagen gibt. In demProjekt sollen aber nur Reststoffe ver-wendet werden. Sonst kommt es lang-fristig zu dem Konflikt »Teller gegenTank«. Außerdem erzeugen diese An-lagen zwar Strom, oft wird aber dieAbwärme nicht genutzt. Diese ergibtim Vergleich zum Strom fast das Dop-pelte an Energie in Kilowattstunden.

Wie soll der Biomasse-Wertstoffhof»BioWert Voralb« genau aussehen? Das Gebäude mit dem zugehörigenGelände soll in seinem Design denWert des regionalen Reichtums anüberschüssiger, bisher nicht genutzterBiomasse unterstreichen. »BioWertVoralb« stelle ich mir als einen attrak-tiven Ort vor, der gerne besucht wirdzur Anlieferung von Grüngut oderzum Kauf von Hackschnitzeln oderzur Information im Biomasse-Infozen-trum. Es sollte ein Projekt sein, aufdas die Voralb–Bürger stolz sind unddas Besucher aus nah und fern an-zieht. Das Gebäude sollte selbst ausWertstoffen, aus Recycling-Materia-lien, wie Altreifen, Flaschen und Do-sen gebaut und mit einer Solaranlageüberdacht sein. Das Auffangen vonRegenwasser soll erlebbar werden. Esgeht ja auch um eine andere Kultur,die damit angestoßen werden soll:Einerseits Rohstoffe als Wert zu nut-zen und andererseits das individualis-tische Denken wieder stärker in Rich-tung Gemeinschaft lenken. Früher gabes auch die Idee der Allmende, dergemeinschaftlich verwalteten und ge-nutzten Güter. Es gab gemeinsameBrunnen und Brunnenfeste. Warumsoll man auf so einem Gelände zur –übernächsten – WM nicht ein PublicViewing anbieten? Es könnte der Ein-stieg in eine Kultur einer sparsamenNutzung knapper Güter werden, einesgemeinsamen kommunalen Ressour-cenmanagements, von Second-Handund Refashioning im Interesse vonKulturlandschaftserhalt, Klimaschutz,Beschäftigung und der Wiederent-deckung der Gemeingüter.

Neues Projekt imJugendbereich

Ab September wird Stefanie Wie-sing, Studentin der EvangelischenHochschule Ludwigsburg, in derEvangelischen Akademie Bad Bollein sechsmonatiges Praktikum»Soziale Arbeit« absolvieren. Werglaubt, sie am Schreibtisch anzu-treffen, wird kaum Erfolg haben.Das Ziel ihrer Praxisstudien liegtim Bereich zwischen den Institu-tionen: Stefanie Wiesing wird mitrund 80 Jugendlichen, die amÜbergang zwischen Schule undAusbildung in prekären Situatio-nen stecken, Kontakt aufnehmen,ihre Lebenswelt vor Ort kennenlernen, die Beratungs- und sozialeArbeit begleiten und Bildungswün-sche und Lernwege der Jugendli-chen beobachten.

Aus dem in der Praxis erkanntenBildungsbedarf wird sie mit ihrerMentorin, Studienleiterin SigridSchöttle im Fachdienst »Gesell-schaftspolitische Jugendbildung«,ein Seminarkonzept für bildungs-ferne Jugendliche am Übergangzwischen Schule und Beruf ent-wickeln. Im kommenden Februarwird dieses Konzept dann umge-setzt werden.

Die Akademie nimmt dabei – klas-sischerweise – Brückenfunktionein: Ziel dieser Kooperation mitdem Kreisjugendring Esslingene. V. und der Agentur für Arbeitist es, »Bildungssehnsüchte« zuwecken und Konzepte zu ent-wickeln für Jugendliche in kriti-schen Lebenssituationen, in denensie den Dialog brauchen und Iden-tität entwickeln. Gleichzeitig solldeutlich werden, dass SozialeArbeit sich nicht auf Versorgungund Unterricht begrenzen darf,sondern Motivation bringen undEmpowerment für gesellschaft-liche Teilhabe bedeuten muss.

Sigrid Schöttle, Studienleiterin

Jobst Kraus präsentiert die Studie miteinem Bild des zukünftigen Biomasse-Wertstoffhofs »BioWert Voralb«.

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Von Maren Lauster, Studienassistentinim Treffpunkt Senior Stuttgart

In Stuttgart leben Menschen aus über170 Nationen. Jeder vierte Stuttgarterund jede vierte Stuttgarterin ist in dieLandeshauptstadt zugewandert oderstammt von Zuwanderern ab. Wiefunktioniert das Miteinander der Kul-turen und welche Voraussetzungensind notwendig für eine gelingendeIntegration? Darüber diskutiertenSchülerinnen und Schüler des Evan-gelischen Heidehof-Gymnasiums undSeniorinnen und Senioren im Märzdieses Jahres. In einer dreiteiligen Geschichtswerkstatt stellten sie sichdieser Frage aus unterschiedlichenPerspektiven. Beim Besuch des Thea-terstücks »Wut« im SchauspielhausStuttgart stand die Frage nach denChancen und Grenzen von Integrationin der gegenwärtigen Gesellschaft imMittelpunkt. Um die historische Per-spektive ging es bei der gemeinsamenErkundung der Großen Landesausstel-lung »Ihr und Wir – Integration derHeimatvertriebenen in Baden Würt-temberg« im Haus der Geschichte undin Diskussionsrunden am TreffpunktSenior.

Stuttgart gilt als eine Einwanderungs-stadt und das nicht erst seit heute.Mehr als 1,5 Millionen Heimatvertrie-bene und Flüchtlinge kamen nachdem Zweiten Weltkrieg in den deut-schen Südwesten. Wie Neubürger undalteingesessene Stuttgarter damalsaufeinander trafen, welche Konfliktesie austrugen und wie sie allmählichzueinander fanden, darüber kamenSchülerinnen und Schüler mit Senio-rinnen und Senioren ins Gespräch. Neben dem gemeinsamen Besuch derGroßen Landesausstellung »Ihr undWir« im Haus der Geschichte inter-viewten sie alteingesessene Stuttgar-ter und Heimatvertriebene. Ihre Inter-views stellten sie in Filmbeiträgen imTreffpunkt Senior vor.

»Am meisten Spaß gemacht hat mirdas Filmen und die Gespräche mitden Senioren«, so eine Schülerin. »Dasist noch mal was ganz anderes alsdas, was man aus Geschichtsbüchernerfährt.« Johannes Wahl, Geschichts-lehrer am Evangelischen Heidehof-Gymnasium in Stuttgart, der die gene-rationsübergreifenden Geschichts-werkstätten in Kooperation mit demTreffpunkt Senior und dem Haus derGeschichte immer wieder in seinen

Unterricht integriert,sieht ein hohes Enga-gement der Schülerin-nen und Schüler, wennes um den Austauschmit der älteren Gene-ration geht: »Sie warenunheimlich bei der Sa-che, haben zum Teilgefilmt, bis das Aufnah-megerät voll war unddann ging es weiter mitdem Handy. Am Endehatte ich acht StundenFilmmaterial und standvor der Herausforde-

rung, das auf ein Kurzfilmformat zubringen.«Doch nicht nur die jüngere, auch dieältere Generation profitierte von die-sem intergenerativen Dialog, so HelgaUhlig, eine der Interviewten. Sie kam1950 als Heimatvertriebene nachStuttgart: »Der Austausch mit denJüngeren hat mich beeindruckt. Na-türlich denke ich, dass es für Jugend-liche in der heutigen Zeit schwer vor-stellbar und nachfühlbar ist, was da-mals während des Krieges und in derZeit danach passierte.« Auch IreneVeittinger, alteingesessene Stuttgar-terin, resümiert: »Das Interesse unddie Offenheit der jungen Leute hatmich positiv überrascht. Wir sind jetztdie letzte Generation, die davon be-richten kann, wie es damals war. Vondaher finde ich es wichtig, dass wirunsere Geschichte weitergeben, undes ist vor allem wichtig, dass jemandda ist, der sie hört.«

Auf die Schülerfrage, was den Neuan-kommenden damals geholfen habe,sich in Stuttgart zu integrieren, kon-statierten viele der damals Vertrie-benen: »Wir Schriftdeutschen habenden Schwaben gezeigt, dass wir ar-beiten konnten. Dadurch wurden wirnach und nach anerkannt.« Dass esnicht immer leicht war, sieht HelgaUhlig heute noch: »Wir waren damalssehr beschämt, gingen fast unter demTeppich. In der Schule war ich auchdie Fremde. Es gab in der Klasse dreiMädchen, die immer zusammen stan-den, da hätte ich gerne dazu gehört –aber ich war leider nicht einheimisch.«Diskutiert wurde, ob die Situation derFlüchtlinge und Heimatvertriebenenmit dem Integrationsprozess in derheutigen Gesellschaft vergleichbarsei. Ein Höhepunkt zum Thema warder Besuch des Theaterstücks »Wut«

Schülerin und Seniorin beimBesuch der Großen Landes-ausstellung »Ihr und Wir –Integration der Heimatver-triebenen in Baden-Würt-temberg«

»Heute fühle ich mich schon als Stuttgarterin« Eine Generationen übergreifende Geschichtswerkstatt zum Thema Integration

Die Generationen übergreifende Ge-schichtswerkstatt ist eine Kooperation des Treffpunkt Senior Stuttgart mit demEvangelischen Heidehof-GymnasiumStuttgart und dem Haus der GeschichteBaden-Württemberg.

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im Schauspielhaus Stuttgart, über das die Meinungen von Jung und Altdeutlich auseinander gingen. DasStück beschreibt, wie der junge tür-kische Anführer einer Straßengang indas Leben eines Professorensohneseinbricht und ihn erpresst. Die Folgenunüberbrückbarer sozialer Gegensätzewerden sichtbar. Der junge Türke Canwird in Volker Löschs Bühnenfassungvon 15 Laiendarstellern mit Migra-tionshintergrund gespielt. Im an-schließenden Publikumsgespräch mitden Schauspielenden und der Drama-turgin des Stücks, Beate Seidel, warenvor allem die Schüler beeindruckt da-von, »dass es eben nicht nur ein Thea-terstück war, sondern dass darin auchreale Szenen aus dem Leben der Dar-steller eingefügt wurden«. Herrschtebei der älteren Generation vor allemSkepsis und Irritation wegen der pro-vozierenden Gewaltszenen vor, kamdie Inszenierung bei den Jugendlichengut an, »da deutlich wurde, dass dasProblem der Integration noch nichtgelöst ist und dass weiter daran gear-beitet werden muss.«

Am Ende der Reihe stand die Frage,was denn Integration eigentlich be-deutet. Eine Schülerin beantwortetediese Frage so: »Integration, finde ich,ist keine Einbahnstraße. Sie bedeutetja nicht, dass man sich vollständiganpasst. Vielmehr geht es um Respektvor der anderen Kultur und Religion.Schließlich wollen Einheimische inanderen Ländern ja auch, dass manihre Kultur und ihre Religion respek-tiert und dass man zum Beispiel nichtmit dem Trägertop in Kirchen geht.Wichtig ist, dass man sich in demLand, in das man kommt, wohl fühlt,eine Art Zugehörigkeitsgefühl ent-wickelt und ein Kulturverständnis.Aber genauso wichtig ist es, dass dieeigene Kultur dabei nicht verlorengeht.« Die heimatvertriebene HelgaUhlig sagte: »Das Zugehörigkeitsgefühlmuss von denen, die kommen, nachund nach entwickelt werden. Die ›Ein-heimischen‹ brauchen mehr Einfüh-lungsvermögen, damit sie die Frem-den besser verstehen. Heute, würdeich sagen, fühle ich mich schon alsStuttgarterin, aber vor allem alsMensch unter Menschen.«

Von Esther Kuhn-Luz

1994 wurde das Dialogforum der Kir-chen in der Region Stuttgart gegrün-det. Vertreter und Vertreterinnen derevangelischen und katholischen Kir-che wollen sich damit an der Gestal-tung der Region Stuttgart beteiligen.Vorsitzende des Dialogforums sindheute auf evangelischer Seite PrälatUlrich Mack und auf katholischerSeite Prälat Michael H. F. Brock. 1998wurde ein katholisches Regionalbüromit einer halben Stelle (z. Z. ist Mar-tin Priebe Geschäftsführer) eingerich-tet. Das evangelische Wirtschafts-und Sozialpfarramt des KirchlichenDienstes in der Arbeitswelt (KDA) inder Prälatur Stuttgart nimmt die Auf-gabe wahr, Kontakte zu Verantwort-lichen und Mitarbeitenden der Regionzu knüpfen. Veranstaltungen zu sozi-alen, ökologischen und wirtschafts-ethischen Themen in der Region Stutt-gart werden oft ökumenisch angebo-ten. Sie sind auch ein Zeichen derVerbindung zwischen der Evangeli-schen Akademie Bad Boll, dem Kirch-lichen Dienst in der Arbeitswelt unddem Dialogforum der Kirchen in derRegion.

Viel Aufmerksamkeit fand im letztenNovember eine Veranstaltung des Dia-logforums in der Stuttgarter Schloss-kirche zum Thema: »Kirche und Wirt-schaft im Gespräch – Auswirkungender Finanz- und Wirtschaftskrise aufdie Region Stuttgart. Fragen an dieRolle der Kirche«. Dr. Walter Rogg,Geschäftsführer der Wirtschaftsför-derung Region Stuttgart GmbH (WRS)schilderte die dramatische Situationder Unternehmen. Bettina Seiboldvom IMU-Institut Stuttgart gab einenEinblick in die momentan schwierigeArbeit der Betriebsräte und Eva Stro-bel, die Leiterin der RegionaldirektionBaden-Württemberg der Bundesagen-tur für Arbeit, referierte zur Lage aufdem Arbeitsmarkt. Rund 100 000Arbeitsplätze seien demnach durchdie Kurzarbeit gesichert. Der Anstieg

der Arbeitslosigkeitauf zwischenzeit-lich 5,5 Prozentwäre sonst bedeu-tend höher ausge-fallen.Dr. Rogg fordertedie Kirche auf, sichstark in die not-wendige Debatteeinzumischen,welche Werte inder global ver-flochtenen (Finanz-)Wirtschaft gelten sollten, damit einesozial und ökologisch orientierteMarktwirtschaft möglich ist. Eineethische Diskussion um den Unter-schied von Preis und Wert/Werten seidringend erforderlich. Man dürfe sichvon einem Casinokapitalismus nichtzerstören lassen, was durch schwäbi-schen Fleiß aufgebaut worden sei. Diemomentane Krise fordere uns heraus,Fragen an die bestehende Wirtschafts-ordnung zu stellen. Bettina Seiboldforderte von den Kirchen, sich nochintensiver als »moralische Instanz«einzubringen und sich zu den ThemenGier, Moral und Verantwortung zuäußern. Wo die Mitarbeitenden in derAgentur und im Jobcenter an ihreGrenzen kommen, fängt die Aufgabeder Kirchen an, meinte Eva Strobel.»Die Kirche begleitet Menschen ganz-heitlich – das können wir oft nichtleisten. Sie nimmt Menschen in ihrerNot an und begegnet ihnen mit Res-pekt. Sie macht Menschen wiederstark und zeigt ihnen Lebenswegeauf. Das benötigen wir alle.«

Esther Kuhn-Luz ist Wirtschafts- und Sozialpfarrerin beim Kirchlichen

Dienst in der Arbeitswelt, Stuttgart/Evangelische Akademie Bad Boll und

Geschäftsführerin des Dialogforums derKirchen in der Region Stuttgart

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Dialogforum der Kirchen in der RegionÖkumenische Zusammenarbeit im Raum Stuttgart

Esther Kuhn-Luz

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Wie gefährlich ist Fethulla Gülen?Der Studienleiter als Moderator – Anmerkungen zu einer öffentlichen Diskussion in Geislingen

Von Studienleiter Wolfgang Wagner

Während einer Tagung gehört die Mo-deration der Referenten zu den wich-tigsten Aufgaben eines Studienleiters.Oftmals inszenieren wir bewusstStreitgespräche, um Sachverhalte zuklären. Teilnehmer, die uns beobach-

ten und die Qualität unserer Arbeitschätzen, laden uns bisweilen in ihreVeranstaltungen ein. Das ist nichtohne Risiko. Im eigenen Haus kannman meistens die Kontrahenten aus-wählen, die Spielregeln bestimmenund mit kultivierten Zuhörern rech-nen. Fehler oder Ungeschicklichkeitenkann man meistens zu späterer Stun-de wieder korrigieren. Das fällt beiöffentlichen Veranstaltungen andererTräger weg. Mit gemischten Gefühlensagte ich bei einer Diskussionsveran-staltung in Geislingen über die isla-mische Gülen-Bewegung zu. Debattenüber den Islam sind vielfach emotio-nal besetzt. Ist man zu kritisch, wirdeinem schnell Islamfeindlichkeit un-terstellt, ist man zu freundlich, wirdeinem Blauäugigkeit vorgeworfen.Man gerät bei dem Thema leicht zwi-schen die Stühle! Zuvor hatte ein Ge-schäftsmann, dem man nachsagt, zudieser Bewegung zu gehören, daszentrale evangelische Gemeindehausgekauft. Dies förderte allerlei Gerüch-te und Unterstellungen.

Die Anhänger des türkischen PredigersFethullah Gülen engagieren sich vorallem für Bildungsinitiativen, derenNamen wie »Verein für Dialog« kaumRückschlüsse zulassen. Sie werdenverdächtigt, den Staat Türkei islamischzu unterwandern und junge Leute zuindoktrinieren. Hauptvorwurf ist dennauch die mangelnde Transparenz. DenVeranstaltern war es nicht gelungen,einen Vertreter dieser Bewegung aufdas Podium zu bringen. Diese mögeneine Art Tribunal gefürchtet habenoder sonst eine unfaire Behandlung.Jedenfalls steigerte diese Verweige-rung nicht gerade das Vertrauen inihre Vereinigung. Schließlich infor-mierten und debattierten eine religi-onskritische Journalistin, ein säkularorientierter Türke und der Islambe-auftragte der Landeskirche.

Ich sah meine Aufgabe in einer fairenModeration mit dem Bemühen umsachliche Klärung der Frage, ob dieseBewegung gefährlich ist oder nicht.Jeder Kenner weiß, dass sich darüberauch in der wissenschaftlichen Lite-ratur und erst recht in der Presse dieGeister scheiden. »Sich über den Islamzu informieren, bedeutet vielfachnichts anderes, als sich die fachmän-nische Bestätigung für seine Vor-urteile abzuholen, positive oder nega-tive, ganz wie einem der Sinn steht…«(Stefan Weidner, Manual für denKampf der Kulturen). Aus diesemGrund zitierte ich eingangs MartinLuthers Erklärung zum 8. Gebot mitdem Ziel: »alles zum besten kehren«.

Die Berliner Journalistin ClaudiaDantschke gab zunächst eine 15-minütige Einführung mit Powerpoint-Projektion. Ihr Ansatz ist grundsätz-lich religionskritisch. Sie konnte etli-che Ungereimtheiten beibringen, kri-tisierte vor allem mangelnde Transpa-renz, aber kam zu dem Ergebnis: DieGülen-Netzwerke sind oft undurch-sichtig, sie wollen Einfluss in der Gesellschaft, aber sie sind nicht ge-

walttätig. Gülen selbst vertritt einen»Islam der Mitte«. Er ist weder Radi-kaler noch Reformer. In der Türkei,aber auch anderen Ländern habenGülen-Anhänger zunehmenden Ein-fluss. In Deutschland konzentrierensie sich auf Schulbildung und betrei-ben zwölf Privatschulen, die natürlichdeutscher Aufsicht unterstehen. Siesuchen hierzulande durch Dialoge dieZusammenarbeit mit Christen, dennihre Hauptgegner sind Atheismus undMaterialismus.

Aykut Düzgüner, Vorsitzender derDeutsch-Türkischen GesellschaftStuttgart, führte viele Beispiele ausder Türkei an, die mangelnde demo-kratische Kultur verraten. Er siehtdurch die Gülen-Bewegung die säku-lare Verfassung der Türkei gefährdet.Die Methoden, wie sie Sympathisan-ten gewinnen, seien nicht sauber. EinVideo zeigte die Verfassungsfeind-lichkeit Gülens und seine Eroberungs-pläne. Zwischenruf der JournalistinClaudia Dantschke: »Es gibt Zweifel,ob dieses Video authentisch ist.«

Der Islambeauftragte Heinrich-GeorgRothe zeigte Verständnis für die Ab-sage der Gülen-Vertreter. Er geht inseiner Arbeit nicht vom Misstrauenaus, zumal die Gülen-Bewegung vomVerfassungsschutz nicht einmal beob-achtet wird. Er führt die Spannungenauf die inneren politischen Prozesseder Türkei zurück, die durch die Ein-wanderung auch nach Deutschlandübergreifen. Erkennbar sei ein zuneh-mender Einfluss der Religion, aberauch eine gewisse Pluralisierung. Bis-her hatten die Kemalisten den Islamdiszipliniert, indem eine staatlicheReligionsbehörde die Imame bezahltund überwacht. Mit religiöser Plura-lität tue man sich noch schwer.

In der zweiten Hälfte kam das Plenumzu Wort, wobei sich viele Migrantenbeteiligten. Doch ihre Fragen, oftauch persönliche »Erfahrungsberichte«trugen wenig zur Klärung bei.

So entließ ich die Versammlung mitdem Bibelwort des Apostels Paulus»Prüfet aber alles und das Gutebehaltet.« (1. Thess. 5,21)

Fethulla Gülen ist auch in der Türkei umstritten.

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Guter Zeitpunkt für neueStrategien gegen den WelthungerVon Beate Wörner

Schon heute leidet mehr als ein Sechs-tel der Menschheit Hunger. Was mussdie Entwicklungszusammenarbeitmachen, um die weiter steigendeWeltbevölkerung zu ernähren? ZweiTage lang diskutierten Entwicklungs-fachleute in der Evangelischen Aka-demie Bad Boll Ende Februar Strate-gien zur Ernährungssicherung. ImMittelpunkt der Tagung stand Afrikasüdlich der Sahara, das schon jetzt»Ausgehungert« ist. So der Titel derVeranstaltung.

»Wir brauchen mehr Investitionen indie Landwirtschaft. Es ist jetzt einguter Zeitpunkt, denn die politischeSensibilität dafür ist da«, so Dr. RafaëlSchneider von der Welthungerhilfe.Weiter forderten Entwicklungsfach-leute auf der Tagung eine verstärkteFörderung der Kleinbauern, eine bes-sere Abstimmung der Geberorganisa-tionen untereinander und die Orien-tierung der Entwicklungshilfe an denKonzepten der jeweiligen Empfänger-länder. Nur so lasse sich die Ernäh-rungssicherheit in Afrika südlich derSahara nachhaltig verbessern. In die-ser Region leben die meisten Hun-gernden, der größte Teil von ihnen in ländlichen Gebieten.

Hauptursache des Hungers in Afrikasind klima- und wetterbedingte Ern-teausfälle, denn 70 bis 80 Prozent der afrikanischen Landwirtschaft sindvom Regen abhängig. »Weder die Be-völkerung noch die Staaten haben dieKapazität, sich an den Klimawandelanzupassen. Die Bevölkerung ist meis-tens so arm, dass eine zusätzlicheDürre oder Überschwemmung sofortzur Katastrophe führt«, betonte Dr.Bernhard Walter von »Brot für dieWelt«. Die Kleinbauern waren die Ver-lierer der Entwicklung der vergange-nen Jahrzehnte. »In den 1990er Jah-ren war es einfach internationalerDiskurs, von der Agrarförderung weg-zugehen«, so Dr. Uschi Eid, ehemalige

Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium(BMZ). »Deutschland verließ mit demRückzug aus der Agrarförderung einFeld, auf dem es große Kompetenzhatte.« Auch die nationalen Regierun-gen ließen ihre Kleinbauern links lie-gen, Billigimporte vom Weltmarkt zer-störten die nationalen Agrarmärkte.

Eine Umkehr dieser Politik ist zwin-gend notwendig, »die Landwirtschaftmuss wieder in den Mittelpunkt ge-rückt werden«, stellte Jobst Krausfest, Studienleiter an der Akademie.Er unterstrich dies mit den Ergebnis-sen des Weltagrarberichts, der eineradikale Wende in Agrarpolitik undAgrarforschung fordert. Diese müssevor allem auch für die Industriestaa-ten gelten, »weil man sich weltweitimmer noch an den Industriestaatenorientiert. Wir müssen in Deutsch-land eine solar-solidarische Landwirt-schaft aufbauen.«Die Folgen der Vernachlässigung derLandwirtschaft und des ländlichenRaums wurden vor zwei Jahren prä-sentiert. Die drastisch gestiegenenNahrungsmittelpreise hatten die Zahlder Hungernden nach oben schnellenlassen, 2009 überstieg sie die Milliar-dengrenze. Die Stimmung, die vor derWelternährungskrise weltweit herr-schte, fasste Dr. Stefan Schmitz vomBundesentwicklungsministerium sozusammen: »Die Weltgemeinschaftwiegte sich in dem Traum, dass derHunger auf dem Rückmarsch ist.« Unddas, obwohl seit den 60er Jahren dieZahl der Hungernden weltweit nahe-zu konstant bei 850 Millionen lag. Allenthalben werden neue Förderstra-tegien gesucht. Das BMZ arbeitet der-zeit an einem neuen Konzept zurländlichen Entwicklung, das Mitte2010 vorliegen soll. Auch die interna-tionale Staatengemeinschaft wurdeinzwischen aktiv. So wurde im An-

schluss an den Welternährungsgipfelin Rom im vergangenen Jahr die Glo-bale Partnerschaft für Ernährungs-sicherung ins Leben gerufen, der auchDeutschland angehört.

Die Anpassung der afrikanischenLandwirtschaft an den Klimawandelwurde von den Fachleuten auf derTagung als zentrale Herausforderungzur Ernährungssicherung gesehen.Immer drängender werde aber auchdie Regulierung der zunehmendenausländischen Landkäufe. Diese habenunter anderem auch zur Verschärfungder Nahrungsmittelpreiskrise beige-tragen. Die Entwicklung eines inter-nationalen Verhaltenskodexes solldieses »Landgrabbing« regulieren. Klä-rung der Landrechte ist ein weitererSchritt zu höherer landwirtschaftli-cher Produktion und damit mehrErnährungssicherheit.

Richtschnur für alle Lösungsansätzemuss das Recht auf Nahrung sein.Dies könne aber nicht die Geberge-meinschaft einfordern, das müsse dieZivilgesellschaft der jeweiligen Staa-ten machen. Deshalb, so die Fach-leute, müsse diese gestärkt werden.»Die Umsetzung des Rechts auf Nah-rung muss auch politisch gesehenwerden, nicht nur juristisch«, so Dr.Stefan Schmitz vom Bundesentwick-lungsministerium.

Beate Wörner ist freie Journalistin in Stuttgart

Negativ hat sich die Vernachlässigung der Agrarpolitikdurch die Entwicklungsprogramme der Industrieländerin Afrika ausgewirkt. Jetzt ist eine Umkehr dieserPolitik dringend nötig.

Mitveranstalter der Tagung waren dieAGEG Consultants eG und die StiftungEntwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ).

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Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in ComicsVon Ralf Palandt, Mitveranstalter

Rechtsextreme nutzen bei ihrem»Kampf um die Köpfe« Comics, ande-rerseits sollen die populären Bilderge-schichten in der politischen Jugend-bildung und im Schulunterricht derrechtsextremen Meinungsbildung auf-klärerisch entgegenwirken. Zum ers-ten Mal griff eine Tagung das Themainterdisziplinär in seiner Gesamtheitauf. Rolf Palandt gibt eine erste Bilanzdieser internationalen gut besuchtenTagung.

Im August 2009 verteilte die NPD zurBundestagswahl an mehreren Ortenin Deutschland kostenlos den Comic»Enten gegen Hühner«. Während eszahlreiche Studien zum RechtsRockgibt, werden Comics bislang in derBetrachtung rechtsextremer Medienignoriert. Wir müssen uns aber mitaltem und neuem Rechtsextremismus,Rassismus und Antisemitismus inallen (Kunst-)Formen auseinanderset-zen. Nur dann können wir diesen ge-sellschaftspolitischen Problemen ent-gegen treten. Comics können dieseAuseinandersetzung unterstützen. Seit einigen Jahren werden Comics in der politischen Jugendbildung undim Unterricht eingesetzt, um vor denGefahren des Rechtsextremismus zuwarnen und ein Bewusstsein für Ge-schichte und Demokratie zu fördern.Doch beschränkt sich ihr Einsatz auf

wenige Fälle. Und füreinige dieser Comicsgilt: Gut gemeint istnicht immer gut ge-macht. Generell gibt eswenig Wissen über diegesellschaftspolitische

Bedeutung, die Wirkungs- und Ein-satzmöglichkeiten von Comics.Werden Gefahren für die Gesellschaftund Mittel zu ihrem Schutz sträflichübersehen? Welches bildungspoliti-sche Potential steckt in Comics? Umdiese Fragen zu diskutieren, richtetendas Archiv der Jugendkulturen undich mit der Evangelischen AkademieBad Boll diese internationale Tagungaus.

Mehr als zwanzig Fachleute decktenmit ihren Vorträgen und Workshopsdie Bereiche Geschichte, Theorie, For-schung und Praxis ab. Inhalte, Funk-tionen und Wirkungen der Comicsvon Rechts und gegen Rechts, vonGeschichtscomics mit NS- und Holo-caust-Thematik wurden interdiszipli-när vorgestellt und diskutiert. Modell-haft wurden Möglichkeiten für dieBearbeitung des Themas und den Ein-satz entsprechender Comics in Schuleund politischer Bildung erarbeitet. Pa-rallel präsentierte die Wanderausstel-lung »Holocaust im Comic« zahlreicheBildergeschichten – von kritischenTexten begleitet.Zunächst ging es um »Comics vonRechts«. Im ersten Vortrag wurdenrechtsradikale und antisemitischeComics in RechtsRock-CD-Booklets,Fanzines, Schüler- und Parteizeitun-gen der letzten 30 Jahre vorgestellt.Einen Blick ins europäische Auslandboten die Besprechungen rassistischerund antisemitischer Comics in Ungarn,Italien und Frankreich – von Dr. Gre-gor Mayer, Giulio C. Cuccolini und Dr.Joachim Sistig. Dr. Renate Schleicherging auf entsprechende Stereotype inAsterix- und Lucky-Luke-Comics ein.

In den zweiten Teil der Tagung »Co-mics gegen Rechts und Comics inSchulunterricht und politischer Bil-dung« führte Martin Frenzel mit ei-nem Vortrag über zentrale Aspektedes Genres Holocaust im Comic ein.Es wurde deutlich, dass es nicht nur eine Form der Auseinandersetzungmit dem komplexen Thema Holocaust

und NS-Verbrechen im Comic gibt,sondern viele verschiedene Facetten.Die Vorträge von Marco Behringer,Hendrik Buhl, Dr. Chiara Cerri, Dr. OleFrahm und Fabian Kettner diskutier-ten aus verschiedenen Perspektivendie Eignung von Comics als Lehrmit-tel und/oder die Umsetzung der The-men Nationalsozialismus, Rechtsex-tremismus, Rassismus und Antisemi-tismus. Sie gingen auf die Stärken,Schwächen und die Besonderheitendes Mediums ein.

Julia Franz und Patrick Siegele vomAnne-Frank-Zentrum Berlin präsen-tierten den Comic »Die Suche« desAnne-Frank-Hauses Amsterdam undspielten mit den Teilnehmerinnen undTeilnehmer Aufgaben aus dem dazu-gehörenden Material-Buch für Lehr-kräfte durch. Christine Gundermannging kritisch auf die Konsequenzender Übertragung dieses niederländi-schen Geschichtsbildes in die deut-sche Geschichtskultur und den Ge-schichtsunterricht ein. Die Traditionenvon Judenbildern sowie sich verän-dernde Rezeptionsbedingungen warendie Grundlage, auf der Isabel Enzen-bach ihren Workshop zur Erlangungeiner visuellen Kompetenz für denUmgang mit antisemitischen Stereo-typen aufbaute.

Mit über 50 TeilnehmerInnen war dieTagung außerordentlich gut besucht.Der Austausch an Erfahrungen undWissen war für die Teilnehmendensehr wertvoll und ist essentiell für dieBekämpfung von Rechtsextremismus,Rassismus und Antisemitismus undfür die Weiterentwicklung von Comicsin der politischen Bildungsarbeit.

Viele Informationen zur Tagung finden Sieauf der Website: http://splashcomics.de/

php/messen/30/rechtsextremismus_rassismus_und_antisemitismus_in_comics

Es wird eine Dokumentation erstelltwerden.

Die Tagung fand statt in Kooperation mitund Unterstützung von: Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg,Bündnis für Demokratie und Toleranz, Kon-rad-Adenauer-Stiftung Baden-Württem-berg, Heinrich-Böll-Stiftung Baden-Würt-temberg und Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Als Comic-Macher warenKlaus Wilinski (Leo mischtmit), Peter Schaaff (Andi)und Torsten Bähler (Jetztreichts in Sachsnitz) nachBad Boll gekommen. Abendspräsentierte der israelischeComic-Zeichner Gabriel S.Moses seinen aktuellenComic-Band Spunk.

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und Störungen wieder in ein Gleich-gewicht und eine angemessene Ord-nung zu bringen.Tagungsnummer: 460510Tagungsleitung: Christa EngelhardtInfos: Erika Beckert, Tel. (07164) 79-211, Fax [email protected]

Konfirmandenarbeit im öffentlichenDiskurs – Ein Jugendbildungs-angebot der Kirche26. Juni 2010, Bad BollEine Auseinandersetzung mit demgrößten außerschulischen Bildungs-angebot der evangelischen Kirchenfür Jugendliche. Im Nachgang zurwürttembergischen Studie zur Konfir-mandenarbeit steht nun der Blick derGesellschaft auf die öffentliche Wahr-nehmung und Wirkung von Konfir-mandenarbeit im Fokus.Tagungsnummer: 340410Tagungsleitung: Viktoria PumInfos: Ilse Jauß, Tel. (07164) 79-229, Fax [email protected]

Evolutionäre Ethik?Zum Trialog zwischen egoistischenGenen, kooperativen Menschen undethischen Idealen26.-27. Juni 2010, Bad BollProsoziales Verhalten hat beim Men-schen ebenso eine natürliche Basiswie aggressives Verhalten unter be-stimmten Bedingungen. Wie verhältsich diese evolutionäre Disposition zuethischer Reflexion und philosophisch-ethischen Entwürfen? Albert Schweit-zers Ethik wird ebenso diskutiert wiedie integrale Ethik von Ken Wilber.Tagungsnummer: 410410Tagungsleitung: Dr. Günter RenzInfos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax [email protected]

Burn-out erkennenAls Führungskraft Verantwortungübernehmen1.-2. Juli 2010, Bad BollImmer mehr Menschen leiden so sehrunter zunehmendem Arbeitsdruck,dass sie seelisch krank werden. DieTagung bietet die Möglichkeit, sichmit dem Phänomen Burn-out ausein-

stimmung hat an Selbstverständlich-keit eingebüßt. Eine Vergewisserungim Geiste des Protestantismus undpartnerschaftlicher Verantwortung istgeboten.Tagungsnummer: 270510Tagungsleitung: Jens Junginger,Esther Kuhn-LuzInfos: Petra Randecker, Tel. (07121) 161771, Fax [email protected]

Dann holen wir halt eine Polin.Haushaltsnahe Dienstleistungengrenzüberschreitend aus Osteuropa18.-19. Juni 2010, Bad BollEs geht um »Gewinner« und »Verlie-rer« am Beispiel Altenhilfe. Die voll-ständige Freizügigkeit in der EU naht.Verdrängen billige(re) Anbieter ausOsteuropa etablierte Altenhilfeträgerund unterlaufen bisherige Standards?Welche Folgen haben grenzüber-schreitende Dienstleistungen?Tagungsnummer: 430210Tagungsleitung: Dr. ManfredBudzinski, Johannes FlothowInfos: Reinhard Becker, Tel. (07164) 79-217, Fax [email protected]

Interkulturelle Öffnung alsZukunftsaufgabe der Justiz.Zum Umgang mit fremden Kulturen vor Gericht18.-20. Juni 2010, Bad BollWie sieht es mit einer klaren und er-folgreichen Kommunikation und Ak-tion mit Menschen anderer Kultur-kreise vor Gericht aus? Gelingt esRichter- und Anwaltschaft, Dolmet-scherinnen und Dolmetschern sowieallen am Prozess Beteiligten sich gutzu verständigen?Tagungsnummer: 520310Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Selbstheilungskräfte aktivieren –Wege zur Gesunderhaltung undGenesung25.-27. Juni 2010, Bad BollSelbstheilungskräfte sind uns biolo-gisch mitgegeben, sie müssen aberauch gefördert werden; sie bestehenin der Fähigkeit Ungleichgewichte

Was kommt?Tagungen vom 16. Junibis 15. Oktober 2010

Fundraising macht Schule – Schule macht Fundraising!Fundraising für öffentliche und private Schulen und Internate16.-17. Juni 2010, Bad BollPrivate wie öffentliche Schulen undInternate verfügen über Stärken, diefür das Fundraising genutzt werdenkönnen. Fundraising ist kontinuierli-cher Beziehungsaufbau und Bezie-hungspflege. Als Teil eines engagier-ten Schulleitungsteams erhalten Siehier das nötige Wissen und Hand-werkszeug, um dieser Herausforde-rung gewachsen zu sein. Damit hatIhre Schule im Wettbewerb um päda-gogisches Profil die Nase vorne.Tagungsnummer: 450510Tagungsleitung: Dr. Irmgard Ehlers,Wolfgang MayerInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]/tagungen/details/450510.pdf

Abschied von der ErwerbsarbeitAufbruch ins Morgen – Weichenstellen16.-19. Juni 2010, Bad BollDen Abschied aus der Erwerbsarbeitbewusst gestalten, die neue Lebens-phase mutig angehen: Es gibt Tipps,Anregungen und Übungen zu einemgelingenden Übergang.Tagungsnummer: 760110Tagungsleitung: Sigi ClarenbachInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Mitbestimmung in der Krise17.-18. Juni 2010, Bad BollDer Interessensausgleich zwischenden Vertretern von Arbeit und Kapitalhat in Deutschland einen wesentli-chen Beitrag zur wirtschaftlichenStabilität und zum sozialen Friedengeleistet. Partizipation und Kommu-nikation, im Betrieb und überbetrieb-lich, sind Kennzeichen für Demokratieund Beteiligungsgerechtigkeit. Mitbe-

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die von Utopia bis zu Horrorvisionenvariieren, es mangelt an klaren Zu-kunftsvorstellungen. Diese Prognosenschreiben oft nur linear fort, washeute schon ist. Wir versuchen, eineninterdisziplinären Blick auf die Per-spektiven in der Wirtschaft, in derPflege, im Städtebau zu werfen. Wiewird das Thema in der Musik, imKabarett oder im Film behandelt?Tagungsnummer: 361210Tagungsleitung: Marielisa vonThadden, Dr. Manfred Budzinski,Kathinka Kaden, Dr. Günter RenzInfos: Heidi Weiser, Tel. (07164) 79-204, Fax [email protected]/tagungen/details/361210.pdf

Autismus – WiederholungstagungKinder und Jugendliche mit autisti-schem Verhalten. Neue Wege durchdie Schule5.-6. Juli 2010, Bad BollLehrkräfte aller Schularten werdenüber ihre Erfahrungen und einzelfall-bezogenen Vorgehensweisen berich-ten. Einrichtungen stellen Unterstüt-zungsmöglichkeiten für die Schulenvor. Ergebnisse eines Forschungspro-jektes der Reutlinger Fakultät fürSonderpädagogik werden präsentiert.Ein Schwerpunkt der Tagung ist derAustausch mit Menschen mit Autis-mus, die als Buchautoren bekanntsind und die ihre schulischen Erfah-rungen reflektieren.Tagungsnummer: 502910Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Schätze der Schulentwicklung –Eine VeranstaltungsreiheHeterogenität im Klassenzimmer8. Juli 2010, Bad BollEs fehlt nicht an Anregungen: Preis-gekrönte Schulen, Unterrichtseinhei-ten, überzeugende Vordenker. DieseReihe gibt Ihnen Gelegenheit, sich zuinformieren und mit anderen enga-gierten Pädagoginnen und Pädagogenin Austausch zu treten. Der Ansatz-punkt liegt dabei stets auf der Ebenedes alltäglich Machbaren.

ander zu setzen. Wie lassen sich mög-lichst früh erste Anzeichen bei Mitar-beitenden erkennen und was ist zutun? Betriebliche und individuelle Prä-ventionsmodelle werden vorgestellt.Tagungsnummer: 250410Tagungsleitung: Esther Kuhn-Luz,Volker StücklenInfos: Simon Lademann (KDA), Tel. (0711) 2068-261, Fax [email protected]

Jungs, wohin?Positive Bilder des Männlichen fürJungen und die Jungenpädagogik2.-3. Juli 2010, Bad BollIn Medien und Politik kommen Jun-gen vor allem vor, weil sie Problememachen oder haben. Aber wohin sol-len sich Jungen und Männer entwic-keln? Ohne Ziele keine Entwicklung,keine passende Pädagogik. Wo sinddie Zukunftsbilder des Männlichen,die wir brauchen?Tagungsnummer: 310610Tagungsleitung: Gerald Büchsel,Gunter Neubauer, Dr. Reinhard WinterInfos: Andrea Titzmann, Tel. (07164) 79-307, Fax [email protected]

Ausgewachsen?Wirtschaftswachstum neu denken2.-3. Juli 2010, Bad BollWachstum gilt als Königsweg ausWirtschaftskrise und Staatsverschul-dung. Doch viele meinen, die ökologi-schen, vielleicht auch ökonomischenGrenzen des Wachstums seien erreicht.Wie sehen aktuelle Befunde zur natio-nalen und internationalen Ökonomieaus? Wie ist Wirtschaft mit wenigeroder keinem Wachstum denkbar? Wieviel Wachstum vertragen/benötigenMensch und Gesellschaft?Tagungsnummer: 240410Tagungsleitung: Dagmar Bürkardt,Matthias Wanzeck, Studienleitendedes Themenbereichs Wirtschaft,Technik, ArbeitsweltInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

In the Year 2025Alle unsere Zukünfte2.-4. Juli 2010, Bad BollEs mangelt nicht an Zukunftsvisionen,

(Weitere Termine: 30.9., 26.11.2010)Tagungsnummer: 501910Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax 79-5342brigitte.engert@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/501910.pdf

Süddeutsche Hospiztage 2010Trauerprozesse verstehen undbegleiten14.-16. Juli 2010, Bad BollDie Hospiztage widmen sich in die-sem Jahr dem Thema Trauern. Dabeiwird der Blick geweitet für die Viel-falt der Trauerrituale in verschiedenenKulturen und reflektiert, wie Lebens-trauer und Beziehungstrauer in guterWeise verlaufen können, was er-schwerend und hilfreich wirken kann.Tagungsnummer: 410510Tagungsleitung: Dr. Günter Renz, Infos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax [email protected]

Heilsame Zukunft durch Technik?16.-17. Juli 2010, Bad BollDie Angst geht um in Deutschland:Viele neue Produkte und technologi-sche Innovationen werden argwöh-nisch beäugt. Die Leichtigkeit gehtum in Deutschland: Alles Neue wirdgekauft und ausprobiert. Technik istambivalent – hier naive Neugier, daungebrochenes Vertrauen. Gibt eseine heilsame Zukunft durch Technik?Tagungsnummer: 620110Tagungsleitung: Falk SchöllerInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Erwerbslosentagung Baden-Württemberg 201019.-23. Juli 2010,Markelfingen/BodenseeDer politische Protest gegen Hartz IVscheint verstummt zu sein. Die Visionvom guten Leben, von der Befreiungvon Sanktionen, qualifizierter Förde-rung und Existenz sichernder Arbeitist in weite Ferne gerückt. Erwerbs-lose treibt die Sorge um, wie dernächste Tag zu bewältigen ist. DieTagung steht unter dem Motto: Auf-tauchen statt abtauchen, aufstehen

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Ferienzeit - Akademiezeit

»Vom Wasser haben wir's gelernt...«Meditativer Tanz für Frauen30. Juli - 1. August 2010, Bad BollMit anderen Melodien und Rhythmennachspüren, sich beschwingen lassen.Danach können Sie Ihren Urlaub fortset-zen mit der Ferienakademie (s. u.).Tagungsnummer: 531610Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Ferienwoche kreativ 2010: Im Aufwind. Individuelle Kreativität in anregender Gemeinschaft1.-7. August 2010, Bad BollIn kompetent geleiteten Workshops gehen Sie Ihren kreativen Interessennach. Ein rundum reiches Kultur- undBewegungsangebot: Eine Urlaubszeit, die Familien, Paare und Singles allerAltersgruppen verbindet.Tagungsnummer: 330310Tagungsleitung: Sigrid SchöttleInfos: Ilse Jauß, Tel. (07164) 79-229, Fax [email protected]/tagungen/details/330310.pdf

Das wahre Buch vom südlichenBlütenland. Der altchinesischeDichter-Philosoph Zhuangzi1.-4. September 2010, Bad Boll»Das wahre Buch vom südlichen Blüten-land« des chinesischen PhilosophenZhuanghzi gehört zu den weniger be-kannten Grundlagen des Daoismus. Man-che nennen es »eines der unterhaltsam-sten und zugleich tiefsten Bücher derWelt«. Henrik Jäger hat unter dem Titel»Mit den passenden Schuhen vergisstman die Füße...« ein Zhuangzi-Lesebuchveröffentlicht, das Grundlage dieserSommerakademie ist.Tagungsnummer: 641410Tagungsleitung: Wolfgang WagnerInfos: Irmgard Metzger, Tel. (07164) 79-347, Fax [email protected]

Sinnsuche in der Zeit zwischen Zyklikund WiederholungIst die Zeit eine Illusion? LiterarischeSommerakademie zu Samuel Beckett

statt einknicken, sich stark machenstatt geschwächt werden, Ermutigungstatt Demütigung.Tagungsnummer: 950210Tagungsleitung: Jens Junginger,Christa Cheval-Saur, DimitriosGalagas, Klaus Kittler, Thomas Maile,Klaus-Peter Spohn-LogéInfos: Petra Randecker, Tel. (07121) 161771, Fax [email protected]

Wer fällt in der Straffälligenhilfedurch den Rost?Ethik und Ressourcen19.-20. Juli 2010, Bad BollDie freie Straffälligenhilfe hat seitihrer Gründung vor fast 200 Jahrendas Selbstverständnis, jedem Gefan-genen und Entlassenen – ohne An-sehen der Person oder des Delikts –Hilfe zukommen zu lassen. Die Hilfs-angebote waren orientiert am Klien-ten und seinen Bedürfnissen nachLebensunterhalt, Arbeit und Wohn-raum. Heute ist das Selbstverständnisder Straffälligenhilfe im Umbruch.Tagungsnummer: 520610Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax 79-5233gabriele.barnhill@ev-akademie-boll.dewww.ev-akademie-boll.de/tagungen/details/520610.pdf

Frauen: Trotz Qualifikation imAbseits? Übergänge erfolgreichgestalten22. Juli 2010, StuttgartTrotz guter Qualifikationen stehenFrauen nach dem Studium oder derFamilienphase mit ihren Berufswün-schen oft vor verschlossen Türen.Trotz Fachkräftemangels stellt die Ein-mündung in eine dauerhafte qualifi-zierte (Teilzeit-)Stelle eine große Her-ausforderung dar. Wir beleuchten dasThema aus wissenschaftlicher und betrieblicher Sicht sowie aus derPerspektive von berufsspezifischenNetzwerken.Tagungsnummer: 240610Tagungsleitung: Dagmar BürkardtInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

1.-5. September 2010, Bad BollSamuel Beckett: Zwischen Zeit, Zyklik und WiederholungTagungsnummer: 530910Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret WolframInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

Die Zeit in physikalischer und philosophischer PerspektiveIst die Zeit eine Illusion? Philosophische Sommerakademie5.-9. September 2010, Bad BollIst die Zeit eine Illusion? Die Zeit – dasHauptthema der Physik und die Physikunter dem Einfluss der Philosophie.Tagungsnummer: 531010Tagungsleitung: Susanne Wolf, Annegret WolframInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

»… und Mohammed ist sein Gesandter«Leben und Werk des islamischenPropheten in neuer Sicht5.-8. September 2010, Bad BollDie einen verteufeln Mohammed alsLügenprophet, die andern empfangen vonihm die letzte Offenbarung Gottes.Neuerdings bestreiten selbst islamischeHistoriker seine Existenz. Wer warMohammed wirklich?Tagungsnummer: 640810Tagungsleitung: Wolfgang Wagner,Susanne WolfInfos: Irmgard Metzger, Tel. (07164) 79-347, Fax [email protected]

Platons Dialog »Lysis«Lektüreseminar9.-12. September 2010, Bad BollIm »Lysis«, einem der kürzeren FrühdialogePlatons, geht es um die Philia, deren Be-deutungsinhalt über Freundschaft undWohlwollen bis hin zur Liebe reicht. Wirwerden uns dem Text in seinen philoso-phischen Verwinkelungen durch gemein-same Lektüre und Interpretation zunähern versuchen. Wir lesen die deutscheÜbersetzung, greifen aber mitunter erläu-ternd auf das griechische Original zurück.Der Text wird gestellt.Tagungsnummer: 500710

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Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

20 Jahre Deutsche Einheit –Gestern IM – heute ParteifreundDie Parteien, die Opfer und dieTäter: Darf Versöhnung heute sein?10.-11. September 2010, Bad BollEs ist ein unerledigtes Thema im Ver-einigungsprozess, und es gibt Grund,20 Jahre nach dem Fall der Mauerkritisch darüber zu debattieren: Wiesind die verschiedenen Parteien mitden Tätern und Mitläufern der SED-Diktatur umgegangen und welcheHaltung haben sie heute zur IM-Ver-gangenheit mancher ihrer Mitglieder?Tagungsnummer: 300110Tagungsleitung: Karl Giebeler, Dr. Alfred Geisel, Frieder BirzeleInfos: Sybille Kehrer, Tel. (07164) 79-225, Fax [email protected]

Eifersucht, Habgier, RacheEine Krimi-Schreibwerkstatt10.-12 September 2010, Bad BollGehört der »Tatort« für Sie zum Sonn-tagabendritual? Sind Krimis Ihre Lieb-lingslektüre? Träumen Sie davon,selbst einmal einen zu schreiben,auch wenn es nur ein paar Seitenwären? Erhard Schmied, Autor zahl-reicher Hörfunk- und Fernsehkrimis,begleitet Sie bei ihren ersten erzähle-rischen Schritten in die Welt des Ver-brechens. Tage voller Anregungen,Erholung und Spannung pur!Tagungsnummer: 530510Tagungsleitung: Susanne WolfInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

»Matching« in der Krise. Perspek-tiven auf dem Ausbildungsmarktfür chancenarme Jugendliche23.-24. September 2010, Bad BollDie Finanz- und Wirtschaftskrise ver-engt den Rahmen: Ausbildungsplätzesind knapp, es gibt Gewinner undVerlierer. Jugendliche mit schlechtenStartchancen brauchen Unterstüt-zung. Ziel wirkungsvoller Förderungist eine gute Passung zwischen denindividuellen Möglichkeiten, den Aus-

bildungsangeboten und wirtschaftli-chen Erfordernissen. Welche neuenEntwicklungen und Perspektivenzeichnen sich ab?Tagungsnummer: 311910Tagungsleitung: Gerald BüchselInfos: Andrea Titzmann, Tel. (07164) 79-307, Fax [email protected]

Flucht und Migration durchKlimawandelEine globale Herausforderung24.-26. September 2010, Bad BollBei dieser Tagung sind Klimakriege,die völkerrechtliche Verortung von»Klimaflüchtlingen« und Beispieleüber Auswirkungen des Klimawandelsin Ländern und Regionen Themen, ausdenen politische Forderungen und Vor-schläge entwickelt werden sollen. Essollen Handlungsempfehlungen fürpolitische Akteurinnen, Akteure undNichtregierungsorganisationen sowieKriterien für einen menschenwürdigenUmgang mit und wirksamen Schutzvon »Klimaflüchtlingen« entstehen.Tagungsnummer: 430610Tagungsleitung: Dr. ManfredBudzinski, Ulrike Duchrow, SophiaWirsching, Annette Stepputat, Bernd MesovicInfos: Reinhard Becker, Tel. (07164) 79-217, Fax [email protected]

Der Exodus der »Gebrochenen«Die Religionen Indiens und dieBefreiung der Dalits24.-26. September 2010, Bad BollDie bedrückende Situation der »unbe-

rührbaren« Dalits in Indien kann nichtlänger ignoriert werden. Ihre Diskrimi-nierung hat auch religiöse Wurzeln.Viele wenden sich Buddhismus undChristentum zu, andere besinnen sichauf eine eigene Spiritualität. WelcheAnsätze befreiender Religiosität über-winden jahrhundertealte Unterdrü-ckung? Welche Rolle spielen die Reli-gionen für eine gerechte Entwicklung?Tagungsnummer: 641010Tagungsleitung: Wolfgang Wagner,Walter Hahn, Lutz DrescherInfos: Irmgard Metzger, Tel. (07164) 79-347, Fax [email protected]

Schätze der Schulentwicklung –Eine VeranstaltungsreiheSo macht Lernen Spaß30. September 2010, Bad BollTagungsnummer: 502010Text und Kontaktdaten siehe S. 18

Mitmachen EhrensacheFit fürs Botschafteramt1.-3. Oktober 2010, Bad BollDie Aktion »Mitmachen Ehrensache«und die Evangelische Akademie BadBoll laden Schülerinnen und Schüleraus ganz Baden-Württemberg ein, diesich als ehrenamtliche Botschafterin-nen und Botschafter für diese Initia-tive an Schulen, bei Arbeitgebern undin den Medien einsetzen wollen. DasSeminar bietet Workshops, in denenöffentliches Auftreten und Kommuni-kation geübt werden.Tagungsnummer: 360410Tagungsleitung: Marielisa vonThadden, Gabi Kircher, Sybille MackInfos: Heidi Weiser, Tel. (07164) 79-204, Fax [email protected]

Halbjahresprogramm 2/2010

Das neue Halbjahresprogramm derEvangelischen Akademie Bad Boll2/2010 erscheint Ende Mai.Bestellungen kostenlos bei:Monika Boffenmayer, Tel. 07164 79-305, E-mail: [email protected]

Das vollständige Tagungspro-gramm finden Sie samt Preisen im Internet unter:www.ev-akademie-boll.de/akademieprogramm

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Sri Lanka: Die neuesten Entwick-lungen. Wie steht es um Rechts-staatlichkeit und Demokratie?1.-3. Oktober 2010, Bad BollDie Verletzungen der Minderheiten-rechte waren Auslöser für den 30-Jahre andauernden Krieg. Gibt esheute eine politische Losung für dieseFrage? Viele der demokratischenRechte sind mit Bezug auf den not-wendigen Krieg zerschlagen worden.Wie steht es um die Einhaltung vonRechtsstaatlichkeit, Menschenrech-ten, Meinungsfreiheit, Medienfreiheitund die unbehinderte Arbeit zivilge-sellschaftlicher Organisationen?Tagungsnummer: 430710Tagungsleitung: Dr. ManfredBudzinski, Hedwig Held, Ranjith LochbihlerInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

2. Bad Boller Parkinson-Tag2. Oktober 2010, Bad BollMit dem »2. Bad Boller Parkinson-Tag« wollen wir Patientinnen und Pa-tienten, ärztliches Personal, Therapeu-tinnen und Therapeuten sowie Ange-hörige miteinander ins Gespräch brin-gen, zur Zusammenarbeit ermunternund neue Impulse geben. Und das inentspannter Atmosphäre, mit genü-gend Pausen, einem extra Ruheraumund erfrischenden und aktivierendenBeispielen aus der Praxis.Tagungsnummer: 411110Tagungsleitung: Dr. Günter RenzInfos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax [email protected]

Verantwortungsbewusstes Führenund EntscheidenSelbst- und Zeitmanagement imBerufs- und Privatleben4.-6. Oktober 2010, Bad BollPraktische Ethik für Menschen inEntscheidungssituationen. In diesemSeminar wird gezeigt, wie sich diesesModell schrittweise üben und konkretanwenden lässt.Tagungsnummer: 450710Tagungsleitung: Dr. Irmgard EhlersInfos: Wilma Hilsch, Tel. (07164) 79-232, Fax [email protected]

Abschied von der ErwerbsarbeitAufbruch ins Morgen – Weichenstellen6.-9. Oktober 2010, Bad BollAltersteilzeit, Vorruhestand und Ruhe-stand sind verbunden mit dem Ab-schied aus vielen Rollen und Bezie-hungen. Die Chancen der neuen Le-bensphase in Beziehung, Freizeitakti-vitäten und Engagement für Anderezu erkennen, ist Ziel des Seminars.Tagungsnummer: 210510Tagungsleitung: Volker Stücklen,Margit MetzgerInfos: Ingrid Brokelmann, Tel. (07131) 982330, Fax [email protected]

Körper und KultLeibfreundlichkeit in Buddhismusund Christentum8.-10. Oktober 2010, Bad BollKörperkult füllt Lifestyle-Magazineund Talkshows. Viele erkranken aber,weil sie ihren Körper ablehnen. FürChristen ist ihr Körper ein »Tempeldes Heiligen Geistes«, Buddhisten be-trachten den menschlichen Körpertrotz seiner Vergänglichkeit als kost-bares Instrument zur Verwirklichungder Erleuchtung. Was können beideReligionen zur Gesundung von Körperund Geist beitragen?Tagungsnummer: 641110Tagungsleitung: Wolfgang Wagner,Klaus W. Hälbig, Vajramala S. ThielowInfos: Irmgard Metzger, Tel. (07164) 79-347, Fax [email protected]

Menschenrecht auf TeilhabeZwischen Marginalisierung undInklusionsanspruch14.-15. Oktober 2010, Bad BollDie UN-Konvention über die Rechtevon Menschen mit Behinderung bewirkt Fortschritte im Bereich vonInklusion und Teilhabe. Die Tagungreflektiert die Problematik der fakti-schen Ausgrenzung, die Stärken undSchwächen des Diversity-Konzeptsund fragt in einer trialogischen Ge-sprächsrunde: Wie viel Sonderweltmuss sein?

Tagungsnummer: 410710Tagungsleitung: Dr. Günter Renz,Christa EngelhardtInfos: Susanne Heinzmann, Tel. (07164) 79-212, Fax [email protected]

Solidarisch handeln – solidarischwirtschaften15.-16. Oktober 2010, Bad BollWenn jeder nach seinem eigenen Vor-teil schaut, kommt das allen zu Gute,meinte einst der NationalökonomAdam Smith. Doch mit der Finanz-und Wirtschaftskrise steht die Zu-kunftsfähigkeit dieser Idee erneut inFrage. Für eine Zukunft in Solidaritätund Gerechtigkeit plädieren Kirchenund Gewerkschaften. Wo gibt esBeispiele solidarischen Handelns undgenossenschaftlichen Wirtschaftens?Tagungsnummer: 270610Tagungsleitung: Jens Junginger,Reinhard Hauff, Bernhard FrankeInfos: Petra Randecker, Tel. (07121) 161771, Fax [email protected]

Die Zukunftsfähigkeit von Russlandund Deutschland. Perspektiven einerkooperativen klimaverträglichenEnergie- und Industriepolitik15.-17. Oktober 2010, Bad BollDie 3. Bad Boller Russland-Deutsch-land-Konferenz fragt nach den Chan-cen einer nachhaltigen Entwicklungbei der Energienutzung. Thematisiertwerden die knapper werdenden Res-sourcen, die Möglichkeiten beimEnergie-Sparen, die Nutzung erneuer-barer Energiepotenziale in beidenLändern sowie Perspektiven möglicherKooperationen.Tagungsnummer: 520710Tagungsleitung: Kathinka KadenInfos: Gabriele Barnhill, Tel. (07164) 79-233, Fax [email protected]

Vorschau:Akademiereise 31.10.-6.11.2010Cilento - Die schönsten griechi-schen Tempel in ItalienTagungsnummer: 503110Tagungsleitung: Dr. Thilo FitznerInfos: Brigitte Engert, Tel. (07164) 79-342, Fax [email protected]

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a u s d e r a k a d m i e – b ü c h e r – r e z e p t

Auberginen-Tomaten-Schafskäsegratin

4 PersonenZutaten geputzt gewogen

Zutaten:Olivenöl

800 g Auberginen500 g Tomaten

Kräutersalzfrisch gemahlener Pfeffer

1 Zitronensaft300 g Schafskäse

1 EL getrockneter Oregano3 EL Semmelbrösel

Zubereitung:Auberginen in 1,5 cm dicke Scheibenschneiden; mit Olivenöl bepinseln, dieScheiben auf ein Backblech legen;200° C ca. 15 Minuten backen, nochheiß mit Zitronensaft bepinseln; mitKräutersalz und frisch gemahlenemPfeffer bestreuen; Auberginenschei-ben schuppenförmig in eine flacheGratinform legen; Tomaten häuten, in Scheiben schneiden und auf die

Auberginen legen; ebenfalls mitPfeffer und Kräutersalz bestreuen.Schafskäse in Würfel auf denTomaten verteilen; Oregano über-streuen; Semmelbrösel mit wenigOlivenöl mischen, überstreuen.20 Minuten bei 160° C backen

Dazu passt eine Schüssel grünerSalat und knuspriges Fladenbrot

Guten Appetit!Ihre Ingrid Hess

Aus der AkademieAnne Rahlenbeckarbeitet seit März inder EvangelischenAkademie Bad Bollals Studienassisten-tin im Themenbe-reich Wirtschaft,Technik, Arbeit mitdem Arbeitsschwer-punkt Gesellschafts-diakonische Kurse.

Davor, von 2007-2010, hatte AnneRahlenbeck ihr Vikariat im Kirchenbe-zirk Freudenstadt in der Doppelge-meinde Wittendorf-Lombach absol-viert. Sie löst Karin Pöhler ab, die inElternzeit gegangen ist.

Buchtipps Hrsg.: Gerald G. SanderWasser, Strom, Gas: KommunaleDaseinsvorsorge im Umbruch. ZumSpannungsfeld von öffentlicherDaseinsvorsorge und EU-rechtlichenVorgaben Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2010 Das Buch dokumentiert die Beiträgeder Tagung, die am 1./2. Juli 2009 ander Evangelischen Akademie Bad Bollstattgefunden hat. Viele Konzessionsverträge für dieStromversorgungen laufen demnächstaus. Zahlreiche Städte und Gemein-den müssen in diesem und im nächs-ten Jahr entscheiden, wie die Energie-versorgung in den nächsten 20 Jahrenorganisiert werden soll. In diese Über-legungen wird häufig auch die Was-

serversorgung einbezogen. Die Kom-munen müssen entscheiden, ob dieWasserversorgung weiter in kommu-naler Hand bleiben soll, sie die Strom-versorgung allein übernehmen könnenoder sich eine interkommunale Zu-sammenarbeit anbietet und welcheeuroparechtlichen Entwicklungen zubeachten sind. Dieser Sammelbandvermittelt, welche Optionen Kommu-nen bei der Leistungserbringung imRahmen der Daseinsvorsorge haben.

FrauenRatschlag Region Stuttgart1995 - 2010. Nachruf auf eininnovatives NetzwerkLangjähriges frauenpolitisches Enga-gement in der Region Stuttgart: ImFrauenRatschlag kamen in den 15Jahren Frauen aus allen gesellschaft-lichen Feldern zusammen, um ihrenBlick auf die Regionalpolitik, ihre spe-zifischen Gestaltungsinteressen zu-sammenzutragen, zu bündeln und zurGeltung zu bringen. Anlass für dieseInitiative war die Wahl und Konstitu-ierung des Regionalparlaments 1994und damit eine neue politische Hand-lungsebene zwischen Kommunen undLandesparlament.Der FrauenRatschlag agierte als offe-nes Forum. Es beteiligten sich Vertre-terinnen aus Kommunalverwaltungen,Gewerkschaften, Beratungsstellen,aus Bildungsträgern und Kirche, ausVerbänden, sowie Frauenbeauftragte,Planerinnen und Wissenschaftlerin-nen. Die Zusammenarbeit mit Frauenund Männern in Entscheidungsposi-tionen in Regionalversammlung, Ver-band Region Stuttgart und in der

Wirtschaftsförderung Region Stutt-gart war ebenso wichtig wie die Ein-bindung von Fachfrauen aus Wissen-schaft und Praxis und die Vernetzungfrauenpolitischer Aktivitäten. ZweiStudienleiterinnen der EvangelischenAkademie Bad Boll (Ulrike Leipers-berger und Dagmar Bürkardt hattendieses Netzwerk mit initiiert, organi-sierten Sitzungen, planten und mode-rierten Veranstaltungen und Tagun-gen und standen als Kontaktpersonenzur Verfügung.Austausch, Diskussionen, Projektideen,Studien, Stellungnahmen zu wichti-gen regionalen Entscheidungen, Ta-gungen, Beteiligung an regionalenGremien und Projekten: In diesenAktivitäten wurde deutlich, wie unge-wöhnlich und bundesweit vorbildlichdas Frauennetzwerk der Region Stutt-gart war in seinem Zusammenschlussvon Fachfrauen aus verschiedenstenberuflichen Gruppen und gesell-schaftlichen Institutionen. Im Laufeder Jahre ließen sich mangelnde Res-sourcen und hohe fachliche Ansprü-che immer weniger vereinbaren. An-ders als andere regionale Vereinebekam der FrauenRatschlag nur punk-tuell Unterstützung von Seiten derRegion. Das ehrenamtliche Engage-ment ohne festen organisatorischenRahmen kam so an Grenzen.

Ulrike Leipersberger, Dagmar Bürkardt

Die Arbeit des Netzwerks wurde vonLeipersberger/Bürkardt dokumentiert undkann auf der Internetseite der Evangeli-schen Akademie Bad Boll heruntergeladenwerden: www. ev-akademie-boll.de/onlinedokumente

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Gerade wenn die internationale Staa-tengemeinschaft den Kampf gegenden globalen Terrorismus erfolgreichführen will, muss sie zwischen Jiha-disten vom Schlage al-Qa’idas undanderen Islamisten trennen. Wer diesnicht tut, riskiert dem falschen Argu-ment Vorschub zu geben, dass es sichbei diesem Kampf letztlich doch umeinen westlichen Kreuzzug gegen»den Islam« handele.Barack Obama hat in seiner Rede ander Universität Kairo 2009 geradedies als schweren Fehler angepran-gert. Dabei hat er den Dialog, den eran klare Bedingungen knüpft, als einwichtiges diplomatisches Mittel her-ausgestellt, der den Weg zu einemfriedlichen Miteinander eröffnenkann. Sollten etwa Bewegungen wieHamas der Gewalt abschwören, ihreVerantwortung in Regierung und Ver-waltung zeigen, Abkommen sowie dasExistenzrecht Israels anerkennen, wä-ren die USA, so Obama, für einen Dia-log und Verhandlungen offen.

Europäische Regierungen tun sichschwer, ob sie mit diesen Akteuren ineinen Dialog treten und sie damit alslegitime Spieler anerkennen sollen. Soist die Entwicklung der EU-Terrorlistevon 2008 eine höchst umstritteneMaßnahme. Zahlreiche Organisatio-nen klagten und klagen dagegen vordem Europäischen Gerichtshof. Einigewurden wieder von dieser Liste ge-nommen, anderen ist dieses nicht ge-lungen oder sie waren, wie im Falleverschiedener Geschäftsmänner, de-nen keine Beteiligung an der Unter-stützung terroristischer Aktivitätennachgewiesen werden konnte, wirt-schaftlich ruiniert. Das Problem selberwird durch eine solche Maßnahmenicht wirklich gelöst, sondern nur aufeine andere Ebene verlagert. Es ver-langt nach klarer Positionierung odereben einer Konditionierung, wann einDialog möglich ist.

So könnten die europäischen Staatenund die EU erklären, dass sie keine

Volker Perthes und Nicole Renvert

Die Frage, ob und unter welchen Um-ständen man mit problematischenpolitischen Akteuren sprechen darf,sorgt immer wieder für intensive Dis-kussionen. Besonders kontrovers istdie Debatte über die Zulässigkeit vonGesprächen mit radikalen Islamisten.Ein generelles Gesprächstabu würdeallenfalls Sinn machen, wenn manalle Islamisten zu Terroristen erklärenund behaupten würde, alle Organisa-tionen, die Gewalt als Mittel der Poli-tik nutzen, hätten keinerlei verhan-delbare Ziele und könnten sich nie-mals ändern. Dies hieße aber auch,die mittlerweile unbestrittene Rele-vanz politisch-islamischer Bewegun-gen zu ignorieren.Fakt ist, dass Regierungen westlicherwie mittelöstlicher Staaten immerschon mit Islamisten verhandelt ha-ben und dies wohl auch weiter tunwerden. Verhandeln die USA, Russ-land, China sowie die EU-3 nicht mitTeheran? Haben die USA nicht mit derTaliban-Regierung über den Bau vonPipelines geredet; die algerische Re-gierung nicht mit der FIS verhandelt,um den Bürgerkrieg zu beenden;deutsche Beamte nicht den Austauschvon Gefangenen und Gefallenen zwi-schen Israel und Hizbullah vermittelt?Vertreter der israelischen Regierungbesprechen Alltagsprobleme oder po-litische Themen wie den Austauschvon Gefangenen, die Zugänge zumGazastreifen oder die Perspektiveeiner längerfristigen Waffenruhe mitVertretern der von der Hamas gestell-ten de-facto Regierung in Gaza. In alldiesen Fällen gibt es etwas zu verhan-deln. Niemand dagegen käme auf dieIdee, mit al-Qa’ida in Verhandlungeneinzutreten. Worüber auch? Al-Qa’idaund ihresgleichen sehen sich in einemglobalen Jihad, einem von Zeit undRaum weitgehend unabhängigen exis-tentiellen Krieg zwischen ihnen alsden selbsternannten »Soldaten desIslam« und den anderen, den »Kreuz-rittern und Juden« und ihren Helfern.

politischen Dialoge mit Akteuren –was immer deren ideologisches Labelist – führen werden, die politisch mo-tivierte Gewalt gegen Zivilisten (vulgo:Terror) ausüben oder gar »heiligen«,und dass sie auch den Dialog mitGruppen ablehnen, die sich bemühen,demokratisch gewählte Regierungenzu stürzen oder Friedensprozesse ge-waltsam zum Scheitern zu bringen.Umgekehrt ließe sich mitteilen, dassdie Bereitschaft zur Aufnahme einesDialogs umso größer sein wird, jedeutlicher und glaubhafter das Be-kenntnis der anderen Seite zu Demo-kratie, Menschenrechten und Rechts-staatlichkeit ausfällt. Verhandlungenim Krieg, also etwa zwischen Vertre-tern der NATO und der Taliban, sindohnehin ein anderes Thema: Sie kön-nen der Kriegsbeendigung, einer Waf-fenruhe oder dazu dienen, Chancenfür eine politischere Form der Kon-fliktbearbeitung auszuloten. Gesprächsbereitschaft kann auchStärke demonstrieren, indem Mei-nungsvielfalt zugelassen wird undman sich mit denen auseinandersetzt,deren Einstellungen und Argumenteman zwar nicht teilt, aber trotzdemzur Kenntnis nehmen sollte. Letztlichdienen Gespräche immer dazu, her-auszufinden, was andere denken undwas verhandelbar ist.Wer »darf« also mit Blick auf Ver-handlungen, Gespräche oder Kontaktemit Islamisten was? Europäische Re-gierungen können ihre eigene Dialog-bereitschaft an Bedingungen knüpfen.Sie sollten sich aber hüten, etwa derägyptischen Regierung ausreden zuwollen, Verhandlungen über die Rein-tegration ehemals gewaltbereiter Is-lamisten zu führen. Oder einer paläs-tinensischen Regierung zu sagen, sie»dürfe« oder solle nicht mit Hamasverhandeln. Gelegentlich können Eu-ropäer solche Gespräche sogar unter-stützen oder moderieren. Wenn diePalästinensische Autorität versucht,Hamas einzubinden und zu parlamen-tarisieren, sollten Europäer das sogarfördern. Auch Israel wird möglicher-weise eines Tages mit Hamas verhan-deln, wahrscheinlich eher über einenlangfristigen Waffenstillstand als überFrieden. Warum nicht? Vielleicht kannein Abkommen zwischen den Islamis-

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Reden oder ignorieren? Warum Gesprächsverweigerung eine Haltung, aber keine Strategie ist

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eigenen Land und im Ausland ausge-setzt. Um diesen Stimmen entgegen-zuwirken, wurden Propaganda-Instru-mente wie »I like Israel« (ILI), »Politi-cally Incorrect« (PI) und »HonestlyConcerned« (HC) geschaffen und ausverschiedenen Quellen z.B. von AIPAC,der amerikanischen Pro-Israel-Lobby,unterstützt. Diese Bemühungen glei-chen den Infiltrationsversuchen dessüdafrikanischen GeheimdienstesBOSS während der Apartheidszeit inDeutschland (zumal südafrikanischeBesucher der Westbank die dortigeSituation mit ihrer Bantustanzeit ver-gleichen). Ich bitte Sie deshalb drin-gend, bei Ihrem Entschluss zu bleiben,zumal es offensichtliche Anzeichengibt, dass der Gersterbrief auch inden eigenen DIG – Reihen umstrittenist, weil auch er schon mit HamasLeuten gesprochen haben soll.

Ihr Gerhard Dilschneider

Sehr geehrter Herr Beck,mit äußerstem Befremden hat derdeutsche Koordinierungsrat der Ge-sellschaften für Christlich-jüdischeZusammenarbeit von der geplantenTagung in Zusammenarbeit mit PaxChristi »Partner für den Frieden inNahost« Kenntnis genommen. So not-wendig Schritte zu einem Frieden inNahost sind, darf dabei nie das Exis-tenzrecht des Staates Israel ange-zweifelt werden. Damit ist auch dievon Ihnen gestellte Frage beantwor-tet: »Warum wird die Hamas vomWesten isoliert?« Solange die Hamasnicht offiziell und endgültig das Exis-tenzrecht des Staates Israel aner-kennt, kann sie weder für Israel nochfür kirchliche und politische Vertreterein seriöser Gesprächspartner sein.Man kann über endgültige Grenzenund Siedlungen diskutieren, abernicht über die Existenz des StaatesIsrael selbst. Durch die Tagung wiedie für Juni angekündigte wird aller-dings Hamas als ernst zu nehmenderVerhandlungspartner aufgewertet.Dagegen müssen wir uns mit allerEntschiedenheit verwahren. Es ist be-dauerlich, dass ausgerechnet kirchli-che Kreise dieser Problematik unsen-sibel begegnen und »Friede, Friede«rufen, »wo kein Friede ist« und seinkann. Die Tagung dient daher auch

m e i n u n g e n

ImpressumSYMMagazin der Evangelischen Akademie Bad Boll7. Jahrgang 2010, Heft 2/2010ISSN: 1613-3714

Herausgeber: Evangelische Akademie Bad Boll(Joachim L. Beck)

Verantwortlich im Sinne desPresserechts: Martina Waiblinger

Redaktion und Gestaltung:Martina Waiblinger

Fotos/Bilder:Christa Engelhardt: S. 5; JonathanFührer: S. 7; Haus der GeschichteBaden-Württemberg: S. 12; CarolineKrebietke: Rückseite; Hans-PeterMaerker: S. 9; Günter Pohl: S. 5; privat:S. 2, 13; SEZ: S. 15; Martina Waiblinger:S. 4, 8, 11, 20, 22; Uwe Walter: S. 3, 4;SWP: S. 23; Ullstein Bild – SIPA: S. 14

SYM erscheint vierteljährlich.Bezugspreis: 3,00 €Jahresabonnement: 10,00 €

Anschrift des Herausgebers:Evangelische Akademie Bad BollAkademieweg 11, 73087 Bad BollTel. 07164 79-0E-Mail: [email protected]: [email protected] Tel. 07164 79-302www.ev-akademie-boll.de

Das Papier wurde chlorfrei und säurefrei gebleicht.

Druckerei: Mediendesign Späth GmbH,73102 Birenbach

nicht der Information und Sensibili-sierung von Gemeindegliedern für dieProblematik, sondern der Verschleie-rung der wahren Sachverhalte unddamit nicht dem Frieden, sonderndem Unfrieden im Nahen Osten.

Mit freundlichen Grüßen, Dr. Henry G. Brandt, Jüd. Präsident, Ricklef Münnich, Evang.Präsident,

Dr. Eva Schulz-Jander, Kath. Präsidentin

Anmerkung der Redaktion: Medienberichte aus verschiedenenZeitungen sind nachzulesen: www.ev-akademie-boll.de/no_cache/aktuell/medien-echo/

24SYM 2/2010

ten und einer israelischen Regierungso lange halten, bis friedensfähigereGenerationen herangewachsen sind.

Volker Perthes ist Direktor der StiftungWissenschaft und Politik (SWP), Deutsches

Institut für Internationale Politik undSicherheit. Bis 2005 war er Leiter derForschungsgruppe »Naher Osten und

Afrika« und lehrt seit 2006 als außerplan-mäßiger Professor an der Humboldt-

Universität und Honorarprofessor an derFreien Universität Berlin.

Nicole Renvert ist Mitarbeiterin derStiftung Wissenschaft und Politik (SWP)

und forscht zur Rolle transnationalerAkteure als Stipendiatin der Gerda-

Henkel-Stiftung an der NRW School ofGovernance, Universität Essen-Duisburg.

Zwei Briefe an die EvangelischeAkademie zur Tagung »Partnerfür den Frieden. Mit Hamas undFatah reden«, am 11.–13.6.2010Die Evangelische Akademie Bad Bollhat anlässlich der Tagungsankündi-gung, zu der ein Vertreter der Hamaseingeladen wurde, eine Flut von Brie-fen, Mails und Telefonaten erhalten.Zwei Stimmen veröffentlichen wir hier:

Lieber Herr Budzinski,den Brief der Deutsch-IsraelischenGesellschaft an Präses Schneider habeich gelesen und ich möchte Sie sehrermutigen, sich in der Planung undDurchführung der Tagung nicht beir-ren zu lassen. Ich stimme voll mit demStatement des Mitveranstalters PaxChristi überein. Als ehemaliger Mitar-beiter der Boller Akademie (von 1963–1970 in der Industriejugendabtei-lung) kann ich nur sagen, dass Sie diePflicht haben, die Tagung durchzu-führen, um den dringend nötigen Dia-log zu führen. Ich beschäftige michintensiv mit dem Problem Israel–Pa-lästina und damit dem Nahost-Kon-flikt. Gerade habe ich Felicia LangersBuch »Um Hoffnung kämpfen« gele-sen, sowie die äußerst aufschlussrei-che Veröffentlichung »Hitler besie-gen« des ebenfalls zur Tagung einge-ladenen ehemaligen Präsidenten derKnesset, Avraham Burg. In wachsen-dem Maße sieht sich Israel wegenseiner Politik kritischen Stimmen im

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m e d i t a t i o n

Alles zuviel – oder alles zu wenig?An den Grenzen der Arbeit das Leben entdecken

»Gönne dich dir selbst!« »Wo soll ichanfangen?« »Am besten bei deinenzahlreichen Beschäftigungen. Dennihretwegen habe ich am meisten Mit-leid mit dir. Ich fürchte, dass du … kei-nen Ausweg mehr siehst und deshalbdeine Stirn verhärtest; dass du dichnach und nach des Gespürs für einendurchaus richtigen und heilsamenSchmerz entledigst. Es ist viel klüger,du entziehst dich von Zeit zu Zeit dei-nen Beschäftigungen, als dass sie dichziehen und dich nach und nach aneinen Punkt führen, an dem du nichtlanden willst, wo das Herz hart wird.«

Aus dem 12. Jhd. kommen diese Sät-ze, die uns heute so aktuell anspre-chen. Bernhard von Clairvaux hat siein Sorge um die fehlende Mitte anseinen Mitbruder Papst Eugen III. ge-schrieben. Kein Gefühl mehr habenfür den heilsamen Schmerz, der sig-nalisiert: es ist alles zu viel – das ken-nen viele. Was geschieht eigentlich inunserer Zeit, in der die Worte »Burn-out«, »ausgebrannt«, »Erschöpfungs-depressionen« sogar in Wirtschafts-magazinen Hochkonjunktur haben?

Analysen gibt es viele. Der SchweizerPsychiater Toni Brühlmann hat dreiPunkte benannt: den Leistungsdruck,die Gier – und die Selbstverliebtheit.»Die Hochleistungsgesellschaft setztden Einzelnen einem narzisstischenRisikospiel aus: man hat immer besserals andere zu sein. Wenn die Leis-tungsblase platzt, fehlen vorerst dieanderen Werte, die Sinn und Halt zugeben vermögen.«

Wenn die Leistungsblase platzt: Dasgeschieht nicht nur durch eine Er-krankung, sondern auch durch die Be-drohung von Arbeitslosigkeit. Wennzum Beispiel in einem Unternehmeninnerhalb von drei Jahren ein Viertelder Arbeitsplätze abgebaut werdensoll und das auch gut qualifizierteMitarbeitende betrifft, löst das mas-sive Ängste aus. Nicht nur vor einer

wirkt sich oft so aus, dass noch mehrgearbeitet wird: Ich muss beweisen,dass es ohne mich nicht geht. DieLeistungsspirale wird weiter ange-heizt – das Herz und die Stirn bleibenverhärtet. Das Nachdenken über an-dere Wege wird verdrängt. Wie Arbeitgeteilt werden könnte, wie ein sinn-volles Leben aussehen kann, das füralle genügend Erwerbsarbeit, aberauch Familien- und Ehrenamtsarbeitim Blick hat.

»Aus christlicher Sicht ist das Men-schenrecht auf Arbeit unmittelbarerAusdruck der Menschenwürde. DerMensch ist für ein tätiges Leben ge-schaffen und erfährt dessen Sinnhaf-tigkeit im Austausch mit seinen Mit-menschen.«, heißt es im Ökumeni-schen Wort der Kirchen »Für eine Zu-kunft in Solidarität und Gerechtig-keit« (1997). Dabei geht es um dieMöglichkeit, sich mit den eigenenFähigkeiten einbringen zu können –und dafür genügend Wertschätzungzu bekommen.

Manchmal kommt man erst an denGrenzen der Arbeit dazu, neue Wegezu entdecken. So wie das HankaKupfernagel, Weltklasseradfahrerin,nach einer Burnouterkrankung fürsich definiert hat: »Statt die Erwar-tungen anderer zu erfüllen, nacheigenen Maßstäben leben zu lernen.Sich nicht von anderen unter Drucksetzen zu lassen, sondern ein Gespürfür die eigenen Grenzen zu bekom-men. Die Erwartungen an eigeneLeistungen zu reduzieren«, so formu-liert sie ihr Credo.Um sich nicht nur von den zahlrei-chen Beschäftigungen (und Ängsten!)ziehen zu lassen und besinnungsloszu arbeiten, ist es wichtig, sich im-mer wieder unterbrechen zu lassen –von dem Gruß des Engels, wie dasDorothee Sölle in ihrem Gedicht sagt.

Esther Kuhn-Luz, Wirtschafts- und Sozialpfarrerin

Du sollst dich selbst unterbrechen

Zwischen Arbeiten und KonsumierenSoll Stille sein und Freude,dem Gruß des Engels zu lauschen:fürchte dich nicht.

Zwischen Aufräumen und Vorbereitensollst du es in dir singen hören, das alte Lied der Sehnsucht:Maranatha, komm, Gott, komm!

Zwischen Wegschaffen und Vorplanen Sollst du dich erinnernAn den ersten SchöpfungsmorgenDeinen und aller AnfangAls die Sonne aufging ohne ZweckUnd du nicht berechnet wurdestIn der Zeit, die niemand gehört –außer dem Ewigen.

Dorothee Sölle

unsicheren materiellen Existenz, son-dern auch durch die Frage: wer binich ohne meine Leistung?

Die eigene Angst möglichst konkretzu benennen ist der erste Schritt, umnach Wegen aus der Krise zu suchen. Auch wenn die Themen der Angstganz unterschiedlich sind, die Aus-wirkungen sind sehr ähnlich: ganzund gar besetzt zu sein, es gibt nurnoch dieses eine Thema. Und das

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Schnee von gestern ... ?

Evangelische Akademie Bad BollAkademieweg 1173087 Bad BollPostvertriebsstück 64670Entgelt bezahlt

Knapp dreißig junge Leute verbinden ineinem Projekt soziales Lernen mit Kunst.Nicht jedem leuchtet das spontan ein. DenStreitschlichterinnen und Streitschlichternder freien Waldorfschule am Kräherwaldaus Stuttgart schon: Einer Idee gemeinsamGestalt geben, das ist eine Mischung auskreativem Gestalten und Aushandeln. DieKunst ist frei und was entsteht, ist wederzufällig noch planbar. So ist das Leben. Zuviele agieren mit einem gemeinsamen Zielund mit unterschiedlichen Haltungen, Vor-stellungen und Interessen. Einander Platzlassen, Raum geben, sich auf andere Sicht-weisen einlassen. Unterschiedliche Zugän-ge reihen sich aneinander vom fein Zise-lierten bis zur groben Masse. Ein riesigesSchneerad entsteht beiläufig. Mancherverlässt sein ursprüngliches Konzept undpackt einfach mit an. »Fire and Ice«, dasscheinbar Unverträgliche arbeitet sich an-einander ab. Manche atmen noch schwervon der Anstrengung, andere sind schon inFaszination versunken, aber alle gemein-sam sind voll Stolz auf das Erreichte. Darü-ber kann man noch lange staunen, nochlange reden. Tiefe Eindrücke. Alles Mögli-che, eins nicht: Schnee von gestern.