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Das Industrie 4.0 Magazin www.it-production.com © branex - Fotolia.com Ausgabe September 2018 THEMENSCHWERPUNKT: INDUSTRIE 4.0

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Page 1: THEMENSCHWERPUNKT: INDUSTRIE 4 - Das Industrie 4.0 … · Industrie 4.0-Anwendungen in der Ferti-gungsindustrie nur begrenzt zu finden sind, wie eine im Jahr 2017 veröffentlichte

DasIndustrie 4.0Magazin

www.it-production.com

© branex - Fotolia.com

Ausgabe September 2018

THEMENSCHWERPUNKT:

INDUSTRIE 4.0

Page 2: THEMENSCHWERPUNKT: INDUSTRIE 4 - Das Industrie 4.0 … · Industrie 4.0-Anwendungen in der Ferti-gungsindustrie nur begrenzt zu finden sind, wie eine im Jahr 2017 veröffentlichte

DDie digitale Transformation des ge-

sellschaftlichen und wirtschaftli-

chen Lebens wird Strukturen und

Prozesse nachhaltig verändern. In der Fer-

tigungsindustrie hat dieser Umbruch sogar

einen eigenen Namen bekommen: Indus-

trie 4.0. Die Vision dahinter umfasst die

Echtzeit-Datenübertragung entlang der

gesamten Wertschöpfungskette und

damit eine vertikale und horizontale Ver-

netzung sowie die Digitalisierung des ge-

samten Produktlebenszyklus durch Cyber-

physische Systeme. Hinzu kommen die In-

tegration von Sensoren sowie die Aktoren

Maschine-zu-Maschine und Mensch-zu-

Maschine. Die neue Produktionstechnik

und die IT-basierten Lösungen verspre-

chen den Unternehmen mehr Produktivi-

tät und Effizienz bei geringerem Ressour-

cenverbrauch, was wirtschaftliches

Wachstum schaffen und die Wettbe-

werbsfähigkeit sichern soll.  Ungeachtet

des Potenzials in diesen Ansätzen steht

die deutsche Industrie vor Herausforde-

rungen. Das zeigt sich gerade daran, dass

Industrie 4.0-Anwendungen in der Ferti-

gungsindustrie nur begrenzt zu finden

sind, wie eine im Jahr 2017 veröffentlichte

Studie von Bitkom Research im Auftrag

von Ernst & Young ergab. Nach sieben

Jahren Diskussionen über das Konzept

einer Industrie 4.0 betreiben die Hersteller

nur wenige konkrete Testanwendungen

Bereit für neues Denken

Industrie 4.0 und die dafür erforderliche Vernetzung der

Wertschöpfungsketten sind zentrale Themen in der deut-

schen Fertigungsindustrie. Doch sieben Jahre nach der öffent-

lichen Bekanntmachung der Hightech-Strategie 2020 der Bun-

desregierung auf der Hannover Messe 2011 sind die meisten

bekannten Anwendungen noch Testapplikationen und Pilot-

projekte. Die Gründe für dieses Tempo beeinflussen sich oft

wechselseitig – und reichen teils bis in die Führungsebene.

22 IT&Production 9/2018

TITELTHEMA | INDUSTRIE 4.0

Hürden auf dem Weg zur Industrie 4.0

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und Pilotprojekte. Zwar sind Industrie 4.0-

Technologien gefragt und das Interesse in

der Branche ist groß, an die Umsetzung

der Projekte wagen sich bislang nur we-

nige Unternehmen. Die Gründe dafür sind

so zahlreich wie vielfältig. Besonders häu-

fig werden Aspekte der Finanzierung, der

Mangel an IT-Fachkräften, fehlende Stan-

dards und rechtliche Regularien sowie die

IT-Sicherheit diskutiert. Um die wirklich

unmittelbaren Hürden für die Umsetzung

von Industrie 4.0-Projekten aus Sicht der

Praxis zu ermitteln, wurden 13 Experten

von Industrieverbänden, in Führungsposi-

tionen bei Fertigungsunternehmen und IT-

Beratung befragt. Zwei Faktoren mit star-

ken Wechselwirkungen untereinander sta-

chen dabei hervor:

die hohe Komplexität des Konzeptes•

sowie

psychologische Vorbehalte in den•

Führungsebenen der Produzenten.

Ursache und Wechselwirkungen

Dem Konzept Industrie 4.0 fehlen umfas-

sende Systemstandards, die zu einem Man-

gel an Interoperabilität in der Fertigungsin-

dustrie führen. Durch die zunehmende In-

ternationalisierung der Wertschöpfungs-

kette werden Standards jedoch auch in Zu-

kunft eine große Herausforderung bleiben.

Zwar wurde in Zusammenarbeit mit der

Plattform Industrie 4.0 durch das Deutsche

Institut für Normung (DIN) ein Standard für

das Referenzarchitektur Modell Industrie

4.0 (RAMI4.0) veröffentlicht. Bislang ist die

daraus resultierende Norm DIN SPEC 91345

jedoch noch nicht vollständig international

anerkannt und zielt zudem eher auf ein ein-

heitliches Verständnis des Themas Industrie

4.0 mit den beteiligten deutschen Akteuren

ab. Also gibt es derzeitig keine EU-weit ein-

heitlichen oder gar internationalen System-

standards. Zudem sind viele der bestehen-

den Anlagen im Maschinenpark deutscher

Fertiger noch nicht netzwerkfähig. Da eine

technisch durchaus mögliche Nachrüstung

mit enormen Kosten verbunden ist, neh-

men die meisten Unternehmen – gerade

kleine und mittlere Unternehmen – Ab-

stand von dieser Investition. Den Maschi-

nenpark gleich ganz auszutauschen, ist aus

den selben Gründen in aller Regel unrealis-

tisch. Mit der weitreichenden Vernetzung

samt enormen Datentransfers auf Werks-

ebene steigt zudem das Risiko von Lücken

in der IT-Sicherheit. Daraus resultiert eine

allgemein eher restriktive Haltung der Un-

ternehmen, zumal viele Fragen in Bezug auf

das Recht, die Sicherung von Knowhow

und die Freigabe sensibler Produktionsda-

ten noch zu klären sind.

Validierung von Daten

Umfassend vernetzte Wertschöpfungsket-

ten erfordern die unternehmensübergrei-

fende Datenübertragung quasi in Echtzeit.

Erst mit der Validität der komplexen Daten

erlangen auch die erfassten Informationen

Gültigkeit. Der Fachkräftemangel im Bereich

der Informatik und Datenanalyse erschwert

jedoch die zielgerichtete Analyse der ge-

sammelten Daten und angewandten Sys-

teme stark. Den Unternehmen fehlt daher

oft eine umfassende Implementierungsstra-

tegie, welche den oben genannten Punkten

Rechnung trägt und zu einer sicheren und

praktikablen Anwendung von Industrie 4.0-

Technologien beiträgt.

Vorbehalte entstanden

Das Zusammenspiel aller Aspekte – hier zu-

sammengefasst als Komplexität – führt

23IT&Production 9/2018

| TITELTHEMAINDUSTRIE 4.0

Herzlichen Glückwunsch zum 30. Fir-

menjubiläum. Was sind die wichtigsten Er-

fahrungen, die Sie in den letzten drei Jahr-

zehnten gemacht haben?

Burkhard Röhrig: Vielen Dank! 30 Jahre sind

natürlich eine lange Zeit und es gab viele

wichtige Erfahrungen, Entwicklungen und

Meilensteine. So haben wir viele interes-

sante Kunden mit spannenden Projekten

gewinnen können. Mit fast allen Kunden

verbindet uns eine sehr langjährige Part-

nerschaft. Die technischen Voraussetzun-

gen und Umgebungsbedingungen haben

sich in den vergangenen 30 Jahren sehr

verändert und es war schon zum Teil eine

Herausforderung, hier immer vorn dabei zu

sein. Besonders wichtig aber sind unsere

Mitarbeiter, die uns be-

gleitet und geprägt

haben. Als unbekanntes

Startup-Unternehmen,

das wir anfangs waren,

was es schon schwieri-

ger, Kunden und Mitar-

beiter zu gewinnen.

Allen voran möchte ich

deshalb meine Frau,

Gunda Cassens-Röhrig,

erwähnen, die genau

ein Jahr nach Gründung

ins Unternehmen einge-

treten ist – am 1. April 1989. Ab dem zwei-

ten Jahr ihrer Anstellung hat sie die kom-

plette Produkt- und Serviceverantwortung

im Workforce-Bereich übernommen. Das

war ein wichtiger Meilenstein, denn so

konnte ich mich schwerpunktmäßig auf

den industriellen Part konzentrieren.

„Maschinen werden Handelsware und austauschbar”

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Burkhard Röhrig, Geschäftsführer beim MES-Hersteller GFOS mbH:

Der Hersteller von Manufactu-

ring Execution-Systemen GFOS

weiß aus erster Hand, wie digital

es in deutschen Fabriken zugeht.

Passend zum 30. Geburtstag der

Essener Firma haben wir Ge-

schäftsführer Burkhard Röhrig

zum Stand der digitalen Trans-

formation befragt.

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24 IT&Production 9/2018

TITELTHEMA | INDUSTRIE 4.0

Wie sehen Sie als Anbieter einer

MES-Lösung den aktuellen Stand von

Industrie 4.0?

Röhrig: Wie Sie im vorangegangen Artikel

lesen können, gibt es bezogen auf Indus-

trie 4.0 einige hemmende Faktoren und

wir sind in Deutschland lange nicht so

weit, wie wir sein sollten. Dennoch sind

die Themen Digitalisierung und Industrie

4.0 omnipräsent – in den Medien, in Un-

ternehmen und auch im privaten Bereich.

Denn die Digitalisierung verändert alle ge-

sellschaftlichen Bereiche dramatisch, so

natürlich auch die produzierende Wirt-

schaft. Insbesondere der Maschinenbau

wird sich den Herausforderungen

schnellstens stellen müssen, will er seine

in vielen Bereichen bestehende Produkt-

führerschaft behalten. Denn das Schlag-

wort Industrie 4.0 bedeutet einen Para-

digmenwechsel für die deutsche Maschi-

nenbau- und Fertigungsindustrie. Produk-

tionsstraßen werden nicht länger von Ap-

plikationen abgeschnitten sein und einen

manuellen Bestellprozess notwendig ma-

chen. Im Gegenteil: Sie werden ein inte-

graler Bestandteil des Netzwerks sein.

Einzelne Maschinen werden zur Handels-

ware und austauschbar. Dies wird dazu

führen, dass zukünftig nicht mehr die Ma-

schine selbst, sondern die Leistung und

Verfügbarkeit einer Maschine verkauft

wird. Hiermit ändert sich die Geschäfts-

grundlage für den Maschinenbau gravie-

rend und das Thema Machine Learning

wird umso wichtiger.

Was verstehen Sie unter Machine Lear-

ning und welchen Nutzen hat die Technik?

Röhrig: Machine Learning bedeutet im

wahrsten Sinne des Wortes maschinelles

Lernen. Als Weiterentwicklung der Mus-

tererkennung im Bereich der künstlichen

Intelligenz befasst sich Machine Learning

mit komplexen Algorithmen, die von

Daten lernen und Vorhersagen über sie

treffen können. Solche Algorithmen fol-

gen nicht einfach streng definierten Pro-

grammvorgaben, sondern treffen daten-

gestützte Vorhersagen, indem sie auf

Basis von Beispielen Wissen generieren,

also lernen. In der Industrie basiert ma-

schinelles Lernen auf vielen Daten, die

mittels Sensorik, Cyber-physical Systems

und natürlich Software erfasst werden.

Machine Learning entwickelt aus den

Daten Informationen, die die Produktion

effizienter und planbarer machen. Bei der

vorausschauenden Instandhaltung wird

der Nutzen besonders deutlich: Auf der

Grundlage gewonnener Informationen

lassen sich prospektivisch aufkommende

Probleme an einer Maschine diagnosti-

zieren und planbar beheben, bevor die

Störung eintritt.

Wie weit ist der Maschinenbau in die-

sem Bereich?

Röhrig: Obwohl die Vorteile klar auf der

Hand liegen, herrscht in einigen Maschi-

nenbauunternehmen noch Unsicherheit

darüber, ob es sich bei Machine Learning

um ein geschäftsrelevantes Thema han-

delt. Ansätze hierzu liegen aber sowohl in

der Optimierung der eigenen Prozesse als

auch im Erhalt und in der Erweiterung der

Produktinnovationsführerschaft. Es be-

steht also ganz klar Handlungsbedarf! ■

reitschaft, sensible Verarbeitungsdaten

für die Vernetzung in der gesamten

Wertschöpfungskette bereitzustellen.

Ausblick und Anforderungen

Die deutsche Fertigungsindustrie sollte

dringend aktiv werden, um den Anschluss

an die Weltspitze und ihre Position als

eine der führenden Fabrikausrüsterin-

nen zu bewahren und an die Erfolge

der Vergangenheit anzu-

knüpfen. Dies erfordert

allerdings ein breit an-

gelegtes unternehmeri-

sches Umdenken und die

Bereitschaft, innovative

Technologien zu entwick-

len, einzusetzen und

die eigenen Unternehmensgrenzen für

einen übergeordneten Datentransfer zu

öffnen. Hierzu bedarf es ganzheitliche Im-

plementierungsstrategien sowie viele

Fachkräfte im Bereich IT und Data Science.

Die hohe Komplexität des Konzeptes In-

dustrie 4.0 und die Menge an in Echtzeit

transferierten Daten wird andernfalls

kaum zu bewerkstelligen sein. Ob und in

welchem Zeitraum sich die Industrie tat-

sächlich flächendeckend die Versionsnum-

mer 4.0 geben kann, bleibt somit offen.

Gleichwohl ist die Mehrzahl der befragten

Experten überzeugt, dass die hiesige Fer-

tigungsindustrie die Herausforderungen

bewältigen wird. Festzuhalten bleibt

daher, dass der zukünftige Erfolg der

deutschen Produzenten maßgeblich von

der Fähigkeit abhängt, die auf dem Weg

zur Industrie 4.0 notwendigen Verände-

rungen der Strukturen und technologi-

schen Prozesse zeitnah zu adaptieren und

ins Produktionsumfeld zu integrieren. ■

Autoren: Prof. Dr. Dr. habil. Eric Frère,

Prof. Dr. Alexander Zureck und Katharina Röhrig.

www.gfos.com

häufig zu erheblichen psychologischen

Vorbehalten bei Entscheidungsträgern.

Diese äußern sich zuweilen in einer gene-

rellen Zurückhaltung gegenüber den

technischen Anwendungen im Kontext

von Industrie 4.0 und der fehlenden Be-

Eine Produktion mit umfass-senden Industrie 4.0-Ansätzenerfordert eine oft grundsätzli-che Reorganisation der Ab-läufe und Assistenzsysteme.Dazu ist Verständnis undRückhalt bis in die Unterneh-mensführung erforderlich.

Bild: Shutterstock / E

lenabsl

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INDUSTRIE 4.0 |

KKryptowährungen haben die Block-

chain bekannt gemacht. Mittler-

weile investiert der Produktions-

bereich jedoch stärker in die Technologie

als die Finanzbranche, wie eine Studie

des Beratungshauses Deloitte ergab. An-

wendungsbeispiele reichen vom siche-

ren, betriebsübergreifenden Austausch

von Produktionsdaten, erleichterter

Rückverfolgung in Lieferketten bis hin zu

sicherer Vertragsgestaltung mithilfe so-

genannter Smart Contracts. Mittelständi-

sche Unternehmen agieren häufig an den

Schnittstellen zu Lieferanten und Kun-

den. Gerade dafür bietet die Blockchain

intelligente Lösungen für Transaktionen

und Datenaustausch.

Druck durch die Kunden

Neben zahlreichen Anwendungsszenarien

könnte auch der Druck von Kunden und

Lieferanten viele Mittelständler dazu be-

wegen, sich künftig intensiver mit Block-

chain-basierten Lösungen zu befassen. Be-

finden sich Betriebe in einem Wertschöp-

fungsnetzwerk, in dem Blockchain zum

Rückgrat wird, könnten sie gezwungen

sein, selbst auch auf Blockchain zu setzen.

Tun sie dies nicht, riskieren sie den An-

schluss im Wertschöpfungsnetzwerk und

damit ihren Kundenstamm zu verlieren. Ein

Vorbote dieser Entwicklung ist die Auffor-

derung von Walmart an die eigenen Nah-

rungsmittellieferanten, zukünftig eine

Blockchain-Technologie zu verwenden. Für

das Supply Chain Management von Unter-

nehmen wie dem US-amerikanischen Ein-

zelhandelskonzern ist die Blockchain be-

sonders interessant. Sie ermöglicht mit

Blick auf strenge Gesetzgebung und hohe

Kundenanforderungen, die Herkunft von

Produkten besonders genau und sicher

nachweisen zu können. Anhand der Block-

chain kann jede Produktionskomponente

exakt nachverfolgt werden. Dies ist nicht

nur für den Lebensmittelsektor, sondern

z.B. auch für die Textil- und Modeindustrie

und andere Branchen mit einer hohen Be-

deutung des Nachweises der Produkther-

kunft interessant. Neben der Nachverfolg-

barkeit soll Blockchain-Software die Agili-

tät, das Vertrauen und die Sicherheit in

der Supply Chain erhöhen. Die Technolo-

gie hat das Potenzial, das Supply Chain

Management grundsätzlich zu verändern

und einigen Wettbewerbsvorteile zu ver-

schaffen. Im verarbeitenden Gewerbe

kommt die Technologie aufgrund ihrer Fäl-

schungssicherheit zudem zur Absicherung

von additiver Fertigung (3D-Druck) in

Frage. Viele Unternehmen in diesem Be-

reich kämpfen mit Plagiatsproblemen.

Übermitteln sie die Daten für einen 3D-

Druck beispielsweise an einen externen

Dienstleister, müssen sie befürchten, dass

dieser nach Abschluss des Auftrags den

Datensatz weiter nutzt oder sogar veräu-

ßert. Die Blockchain kann davor schützen.

Eine Kette für die LieferketteBlockchains in Produktion und Supply Chain

Branchenübergreifend erkennen immer mehr Großunternehmen das Potenzial in Block-

chain-Technologie. Als Zulieferer könnten kleine und mittlere Unternehmen dabei zuneh-

mend unter Zugzwang geraten, die Technologie selbst einzusetzen. Die Blockchain birgt

für den Mittelstand dabei nicht nur Chancen, sondern auch Risiken.

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BLOCKCHAIN

76 IT&Production 9/2018

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Unterschiedliche Varianten

Möchte ein mittelständisches Unternehmen

eine Blockchain einsetzen, gibt es viel zu

beachten. Eine Hürde ist die Tatsache, dass

sich die Technologie noch in der Entwick-

lungsphase befindet. Es ist nicht klar, wie die

Blockchains der Zukunft aussehen werden.

Standards für die Implementierung haben

sich noch nicht herauskristallisiert. Bestre-

bungen, offizielle Standards einzuführen,

sind allerdings vorhanden. Beispielsweise ar-

beitet ISO seit 2016 unter deutscher Beteili-

gung an der Ausarbeitung und Etablierung

von ISO/TC 307 als Standard für Blockchains.

Noch ist allerdings nicht garantiert, dass ver-

schiedene Blockchains ausreichend unterei-

nander kompatibel sein werden. Gerade für

Mittelständer besteht die Gefahr kostspie-

liger Fehlinvestitionen. Das Potenzial der

Technologie hängt maßgeblich von der je-

weils verwendeten Blockchain-Variante ab.

Die bekanntesten Blockchain-Anwendun-

gen - die Kryptowährungen Bitcoin und

Ether - setzen zur Validierung der Transak-

tionen auf das sogenannte Proof-of-Work-

Verfahren (PoW), welches sehr sicher ist,

aber einen hohen Energiebedarf hat und nur

eine begrenzte Anzahl Transaktionen pro

Zeiteinheit zulässt. Als Abhilfe zum PoW-

Verfahren wurden alternative Validierungs-

verfahren (z.B. Proof of Authority und Proof

of Stake) entwickelt. Diese sind (energie-

)effizienter, setzen aber mehr Vertrauen in

die Administratoren oder die beteiligten Ak-

teuren der Blockchain voraus.

IT-Sicherheit beachten

Bereits bestehende IT-Sicher-

heitsprobleme in mittelständi-

schen Unternehmen kann die

Blockchain nicht lösen. Ihre

Architektur stellt zwar eine

systeminhärente Sicherheit

beim Datenaustausch her,

wenn die Blockchain einen

Proof-of-Work-Validierungs-

mechanismus nutzt. Allerdings

bestehen weiterhin die Si-

cherheitsrisiken an den End-

punkten, also bei den mit der

Blockchain verknüpften Syste-

men und Endgeräten. Bewah-

ren diese die übermittelten Daten in ent-

schlüsselter Form außerhalb der Blockchain

auf, ist die Gefahr von Datendiebstahl un-

gemindert. Somit erübrigen sich durch die

Blockchain die Basissicherheitsmaßnahmen

in den vorhandenen Systemen nicht.

Auswahl des Dienstleisters

Eine weitere Herausforderung ist die Nut-

zerfreundlichkeit. Da sich die Mehrheit der

kleinen und mittleren Unternehmen erfor-

derliche IT-Kompetenzen extern beschafft,

stellt die Wahl der IT-Dienstleister einen kri-

tischen Erfolgsfaktor dar. Die Implementie-

rung einer Blockchain-Lösung ist für Mittel-

ständler eine komplexe Aufgabe. Daher bie-

tet es sich an, aus bestehenden Wertschöp-

fungsnetzwerken heraus Konsortien zu

gründen, die sich mit der Implementierung

von Blockchain-Lösungen, beispielsweise im

Supply Chain Management, beschäftigen.

Dabei sollten auch Blockchain-Alternativen

wie bspw. IOTA oder Adamos mit in die Ab-

wägung genommen werden. Weniger An-

forderungen an die eigene IT-Infrastruktur

stellen sogenannte Blockchain as a Service-

Lösungen (BaaS), die vermehrt am Markt

angeboten werden. Diese Art der Auslage-

rung erleichtert den Technologie-Einstieg

für kleine und mittlere Unternehmen.

Wissen noch nicht ausgeprägt

Viele mittelständische Unternehmen wissen

noch nicht genug über die Blockchain-Tech-

nologie, um Investitionsentscheidungen zu

treffen. Für sie ist gerade zu Beginn exter-

nes Knowhow wichtig. Die Mittelstand-4.0-

Kompetenzzentren der Förderinitiative ‘Mit-

telstand-Digital’, einem Angebot des Bun-

desministeriums für Wirtschaft und Energie,

unterstützen Betriebe mit einem umfang-

reichen Informationsangebot. Die Zentren

helfen dabei, KMU für digitale Technologien

zu sensibilisieren und zu qualifizieren – auch

bei der Blockchain. Wenn sich Betriebe

offen den Herausforderungen der Block-

chain-Technologie stellen und sich ausrei-

chend über die verschiedenen Anwendun-

gen informieren, kann diese maßgeblich zu

ihrem langfristigen Erfolg beitragen. ■

Die Autoren Martin Lundborg (Leiter) und

Christian Märkel (wissenschaftlicher Mitarbeiter)

sind in der Begleitforschung des

Förderschwerpunkts Mittelstand-Digital tätig.

www.mittelstand-digital.de

| INDUSTRIE 4.0BLOCKCHAIN

77IT&Production 9/2018

1 Deloitte (2017): ‘Blockchain Survey 2017’

2 Russo (2018): ‘Walmart is Getting Suppliers to Put Food on the Blockchain’, Bloomberg.com

3 Zum Projekt ‘Secure Additive Manufacturing Platform“ (SAMPL): www.sampl-3d.org.

4 https://www.iso.org/committee/6266604.html

5 Behrendt et al. (2018): ‘Hanse 4.0: Maschinen- und Produktionsdaten mit Blockchain betriebsübergreifend aus-

werten’, Wissenschaft trifft Praxis, Ausgabe 10, 2018

6 https://blockgeeks.com/guides/proof-of-work-vs-proof-of-stake/

7 Stephen Murphy: ‘Understanding Open Source Adoption in UK Small and Medium Sized Businesses: Gap or

Chasm?’, Journal of CEBE, 2015

8 www.iota.org; IOTA zählt wie Blockchain zu den DLT, setzt allerdings auf ein alternatives Validierungsverfahren

(Tangle-Verfahren).

9 www.adamos.org; Adamos zählt nicht zu den DLT, sondern stellt eine Plattformlösung dar.

10 Eco-Verband (2017): ’Die Blockchain im deutschen Mittelstand’

11 www.mittelstand-digital.de

Weiterführende Literatur

Bild: © 2016 André Wirsig

Zulieferer werden sich spätestens dann mit Blockchain-Technologiebefassen müssen, wenn ihre großen Kunden die Teilnahme an einemsolchen Netzwerk mit der Auftragsvergabe verknüpfen.

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DDie Hochschule für Technik und

Wirtschaft Dresden (HTW) hat im

Herzen des Silicon Saxony eine In-

dustrie-4.0-Modellfabrik aufgebaut, die ge-

trau dem Motto ’Digitalisierung erlebbar

machen’ vor allem als Forschungs- und De-

monstrationsplattform dient. Geleitet von

Professor Dr. Dirk Reichelt ist auch ein Indus-

trial Internet of Things (IIoT) Testbed ent-

standen, das einen diskreten Fertigungspro-

zess samt typischer Industriekomponenten

abbildet, um die realitätsgetreue Arbeit an

IoT-Anwendungen im Umfeld komplexer

Fertigungs- und Logistikprozesse zu ermög-

lichen. „Das Testbed kombiniert eine Vielzahl

von technischen Systemen, mit denen sich

typische industrielle Anwendungsfälle ein-

fach und schnell nachbilden lassen“, sagt

Dirk Reichelt, Professor an der Fakultät Infor-

matik und Mathematik der HTW Dresden,

Fakultät Informatik und Mathematik.

OPC-UA-Server im Einsatz

Die technische Ausstattung besteht aus

drei integrierten Roboterzellen, einer fle-

xiblen Roboterzelle, einer CNC-Zelle,

einem Hochregallager, unterschiedlichen

technischen Modulen, um Anwendungs-

fälle wie Drucken, Prüfen oder Pressen

nachzubilden, einem Handarbeitsplatz,

einer Cobot-Station und mehreren fah-

rerlosen Transportsystemen. Ergänzt wird

die Umgebung durch Systeme zur Daten-

erfassung und Verarbeitung – beispiels-

weise wird der Energiebedarf gemessen

und dann in Beziehung zu Anlagen und

Produkten gesetzt. Mit unterschiedlichen

Real Time Location Services lassen sich

die Positionen von beweglichen Objekten

im Raum ermitteln und diese in ihrer Be-

wegung verfolgen. Unterschiedliche Sen-

sorsysteme auf RFID-Basis und anderen

funkbasierten Technologien erlauben die

Erfassung von Messwerten. Speicherpro-

grammierbare Steuerungen (SPS) ver-

schiedener Hersteller kommen ebenfalls

zum Einsatz und sind mit einem OPC-UA-

Server ausgestattet. Über diese Schnitt-

stellen werden die Daten aus der Steue-

rung kontinuierlich erfasst und in einem

Data Lake gespeichert. Basierend auf die-

sen Daten werden unterschiedliche De-

monstratoren realisiert. Das Testbed be-

herbergt auch den Trail ‘Industrial IoT

Testbed’ des Dresdner Smart Systems

Hub. In diesem Trail präsentieren die Test-

Industrie 4.0-Modellfabrikim Silicon SaxonyViele Produzenten nennen den Fachkräftemangel als größte Hürde auf ihrem Weg zur

Digitalisierung und die Ausbildungseinrichtungen stellen sich zunehmend darauf ein.

Um den Nachwuchs gezielt auf die Arbeit in der vernetzten Industrie vorzubereiten, hat

etwa die Hochschule Dresden eine Industrie-4.0-Modellfabrik aufgebaut. Im IIoT-Test-

bed dort können Studierende und Partner aus der Industrie zukunftsfähige Konzepte

an realen Anlagenkomponenten erproben.

78 IT&Production 9/2018

Bild: Smart Systems Hub GmbH

INDUSTRIE 4.0 | WISSENSTRANSFER

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bed-Macher die in Zusammenarbeit mit

Unternehmen entstanden Lösungen für

die Realisierung von Use Cases. „Dies

reicht von der Messung von Temperatur-

daten mittels RFID-Sensor im Ofen über

Lösungen für eine Prozessüberwachung

aus der Cloud bis hin zu Konzepten für

die Anbindung von Anlagen über eine

LiFi-basierte Verbindung“, erläutert Pro-

fessor Reichelt den Trail.

Arbeit mit realen Anlagendaten

„In unseren FuE-Arbeiten als Informatiker han-

tieren wir häufig mit einer Menge von Daten“,

so Professor Reichelt. „Daten sind in der Regel

immateriell und schwer greifbar. Daher ent-

stand bei meinen Mitarbeitern und mir die

Idee, eine Anlage zu schaffen, mit der sich der

Ursprung der Daten zeigen lässt und mit der

wir und unsere Partner in Forschung und Ent-

wicklung reale Maschinen- und Anlagenda-

ten nutzen können.“ Damit lassen sich die

dabei gewonnen Erkenntnisse schneller und

effizienter in der Praxis übertragen. Das Ziel

von Reichelt und seinem Team war, eine Um-

gebung zu schaffen, in der alle wesentlichen

Systemkomponenten einer Industrie-4.0-Fer-

tigung abgebildet sind. „Mit den zusätzlich

geschaffenen Umsystemen zur Lokalisierung

und Sensorwerterfassung konnten wir genau

dies erreichen“, bilanziert der Spezialist für In-

formationsmanagement.

| INDUSTRIE 4.0WISSENSTRANSFER

79IT&Production 9/2018

Bild: HTW Dresden/ Lemrich Photography & Film

Professor Dirk Reichelt und sein Wissenschaftlerteam der HTW Dresden (von rechts nach links): Kim Voß, TorstenSchiller, Martin Schmidt, Marco Kruse, Jürgen Stein, Dirk Reichelt, Robert Ringel, Eric Starke und Nicole Jäpel.

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Raumkonzept des Industrial IoT Test Bed: Insgesamt sind sechsFertigungs- und fünf Logistikmodule sowie mehrere Roboter-stationen mit VR-Abeitsstationen und drei manuelle Arbeits-plätze installiert. Das Fertigungssystem verfügt über Senso-rik zur Verfolgung der Materialbewegungen und Erfassungvon Prozess- und Umweltdaten. Steuern lässt sich dieModellfabrik über ein Produktionssteuerungssystem, dasan ein ERP-System angebunden ist. Ein Big Data-Clusterist zur Verwaltung der Sensordaten angeschlossen.

Bild: Smart Systems Hub GmbH

Schnell zum ersten Prototypen

Eines der Alleinstellungsmerkmale der Mo-

dellfabrik ist es, einen durchgängigen Mate-

rialfluss vom Wareneingang über die Ferti-

gung bis zum Warenausgang mit allen dafür

notwendigen Systemen abbilden zu können.

Die Prozessschritte werden durch Digitalisie-

rungslösungen für einen automatischen Ma-

terialtransport, die Materialverfolgung, die

Maschnine-zu-Maschine-Kommunikation

und für die Vernetzung von Material, Werk-

zeug und Maschine unterstützt. „Die ergän-

zenden Umsysteme wie Sensorik, Energie-

messung und Lokalisierung erlauben ein ein-

faches Prototyping“, sagt Reichelt. Weiterhin

sei die Anlage als wandelbare Smart Factory

konzipiert und könne schnell auf unter-

schiedliche Szenarien angepasst werden. So

wurde bereits im Aufbau großer Wert auf

die Erweiterbarkeit gelegt. Heute lassen sich

auf den installierten Modulen leicht weitere

Anwendungsfälle einrichten und neue Ap-

plikationen hinzufügen. „Auf der organisato-

rischen Ebene bündeln wir in dem Testbed

die Forschung der HTW Dresden auf dem

Gebiet Industrie 4.0”, erläutert Reichelt. Mit

der Expertise vor Ort etwa im Maschinen-

bau, der Elektrotechnik, Informatik und den

Wirtschaftswissenschaften konnte das

Dresdner Institut bereits zahlreiche Projekt-

partner aus der Industrie überzeugen. Der-

zeit beteiligen sich zum Beispiel die Firmen

Camline Dresden, Dualis IT Solution, Essel

Deutschland, Pepperl+Fuchs, Robotron Da-

tenbanksoftware, Sick, SQL Projekt und T-

Systems Multimedia Solutions an Projekten

in der Modellfabrik.

Lösungen für die Industrie 4.0

Die Zusammenarbeit der HTW mit den Un-

ternehmen und anderen F&E-Einrichtungen

erfolgt in unterschiedlichen Projekten und

Formaten. Dies reicht von Workshops zur

Potentialsuche in der Fertigung, die Zusam-

menarbeit in FuE-Projekten bis hin zur Rea-

lisierung von ganzen Demonstratoren in der

Modellfabrik. Seit mehr als drei Jahren exis-

tiert zusätzlich die Kooperation der HTW

Dresden mit dem Fraunhofer Institut für

Photonische Mikrosysteme (IPMS). „Gemein-

sam realisieren wir in der Modellfabrik Lö-

sungen für die drahtlose und batterielose Er-

fassung von Sensorwerten in industriellen

Umgebungen,“ sagt Reichelt. In der Zusam-

menarbeit mit den IT-Unternehmen T-Sys-

tems Multimedia Solutions und Robotron

Datenbank-Software entstanden Demons-

tratoren für die vernetzte Fertigung unter

Nutzung von Cloudlösungen. In Zusammen-

arbeit mit Pepperl+Fuchs ist in den letzten

Monaten eine Reihe von Demonstratoren

für typische Cyber-Physical-Production-Sys-

tems entstanden. „Wir freuen uns beson-

ders, dass wir mit dem Startup Wandelbots

in einem unserer aktuellen Projekte einen

neuen Partner gewinnen konnten und das

Unternehmen bei seinen innovativen Ideen

zur Roboterprogrammierung unterstützen

können“, so Reichelt.

Produkte fit für den Markt

Die in den FuE-Projekten entstanden Er-

gebnisse werden in der Regel von den

Unternehmen nach Projektabschluss für

den Serieneinsatz weiterentwickelt. Wie

Reichelt schildert, profitieren die Partner

dabei von kurzen Feedbackzyklen in der

Projektphase, da neue Konzepte frühzei-

tig mit etablierten Industriekomponenten

verprobt werden können. ■

Der Autor Tino M. Böhler ist

freier Fachjournalist

aus Dresden.

www.smart-systems-hub.de

INDUSTRIE 4.0 | WISSENSTRANSFER

80 IT&Production 9/2018

Milliardeninvestitionen am IoT-Standort Dresden

Am Hightech-Standort Dresden sind zahlreiche Hersteller von Hardware, Software und Konnektivitätslösungen für

IoT-Anwendungen aktiv. Der mit Fördermitteln unterstützte ’Smart Systems Hub Dresden – Enabling IoT’ soll die

Entwicklung des Standortes unterstützen, indem er digitale Kompetenzfelder in Software, auch für das Internet der

Dinge (IoT) zusammenführen hilft. Das Konzept scheint aufzugehen. Nach Angaben der Dresdner Stadtverwaltung

werden in den nächsten Jahren Technologiekonzerne und Forschungseinrichtungen wie Infineon, Bosch, die Fraun-

hofer-Gesellschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mehr als 4,5 Milliarden Euro in Dresden

investieren. Der Freistaat Sachsen investiert noch einmal rund 100 Millionen Euro in die Technologieinitiative. Den

Smart Systems Hub steuern engagierte Akteure und er wird von Unterstützern aus Politik, Wirtschaft und Forschung

gefördert. Laut Silicon Saxony, dem größten Industrieverband für Mikro- und Nanoelektronik, Photovoltaik, Software,

Smart Systems und Applikationen in Europa, erzielen die 337 Mitgliedsunternehmen am Wirtschaftsstandort Sachsen

einen Umsatz von mehr als 4,5 Milliarden Euro pro Jahr und beschäftigen derzeit rund 20.000 Mitarbeiter.

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| INDUSTRIE 4.0CHANGE MANAGEMENT

IT&Production 9/2018

UUm die Mitarbeiter auf den digitalen

Wandel vorzubereiten, wurden in

einem ersten Schritt die bisher im

Unternehmen in verschiedenen Bereichen

arbeitenden Digitalisierungsteams im neu

eingerichteten Unternehmensbereich Glo-

bal Digital Transition (GDT) zusammenge-

fasst. Diese stand vor der Aufgabe, ein Un-

ternehmen mit 50.000 Mitarbeitern verteilt

auf sechs Kontinenten in eine digitale Zu-

kunft zu führen. Der neue Bereich sollte alle

Strukturen hinterfragen und berichtet di-

rekt an den CEO Karsten Ottenberg.

Strukturen hinterfragt

In dem Change-Management-Projekt wur-

den gelernte Kommunikationswege um-

gangen, um den Mitarbeitern schlüssig dar-

zugelegen, warum sich die BSH trotz der

positiven wirtschaftlichen Lage verändern

muss. Ein Grund ist etwa die zunehmende

Verlagerung des Handels auf Onlineplatt-

formen. Diese Kommunikation erhöhte die

Bereitschaft der Mitarbeiter, die Transfor-

mation mitzutragen. Da sich die Digitalisie-

rung nicht in allen Unternehmensteilen

gleich gestaltet, war es wichtig, die Mitar-

beiter und Prozesse verstehen zu lernen.

Dabei zeigte sich, auf welchen Ebenen des

Unternehmens wie viel Aufgeschlossenheit

in Bezug auf Digitalisierungsthemen vor-

handen war.

Workshops für Mitarbeiter

Mithilfe von Workshops wurden die Mitar-

beiter an die digitalen Themen herange-

führt, wie man etwa auf einen ‘Shitstorm’ in

den sozialen Medien reagiert. Das mittlere

Management wurde mit einer ‘Guerilla-

Kampagne’ informiert, zunächst fokussiert

auf die Mitarbeiter aus den Bereichen Mar-

keting, Vertrieb, Kundenservice und Pro-

duktentwicklung. Die GDT zeigte Vorteile

die Digitalisierung: Beispielsweise kann sie

Mechanismen zur Marktforschung vereinfa-

chen, da vernetzte Hausgeräte einen Ein-

blick in ihre Nutzung erlauben. Auf Grund-

lage der so gewonnenen Daten können Ge-

räte effektiver produziert werden. Die Gue-

rilla-Taktik ermöglichte zudem den Einsatz

von Multiplikatoren, die die Idee der Digita-

lisierung an ihre Kollegen weitergaben.

Überzeugungsarbeit leisten

Bis sich bei allen Mitarbeitern ein Verständ-

nis für die Notwenigkeit des Digitalisie-

rungsprozesses etabliert hatte, vergingen

fast zwei Jahre. Insbesondere bei Produkten

und digitalen Services musste viel Überzeu-

gungsarbeit geleistet werden. Da das Un-

ternehmen zusätzliche Hardware für die

vernetzten Hausgeräte benötigte, wurden

die Gewinne geschmälert, was viele kritisch

sahen. Der Mehrwert dieser Neuausrichtung

musste kommuniziert werden. Gleichzeitig

musste ein neues Service-Verständnis ent-

wickelt werden: Es war nun erfolgskritisch,

umfassende Hilfe anzubieten, die nicht nur

die eigenen Geräte betreffend, sondern

auch die anderer Hersteller im System, etwa

vom WLAN-Router. Mit Home Connect ent-

wickelte BSH-Hausgeräte zudem eine ei-

gene vernetzte Plattform, die die Produkt-

entwicklung stetig mit Nutzungsdaten an-

geschlossener Geräte versorgt. Auf dieser

Grundlage entstehen kundenorientiert neue

Erzeugnisse und Dienstleistungen. Der Her-

steller sieht die digitale Transformation als

Investition in die Zukunft, die Schritt für

Schritt stattfindet. Vorüber ist die Zeit des

Wandels noch lange nicht. ■

Der Autor Mario Pieper ist Leiter

der Geschäftseinheit Digital Business Unit, und

Chief Digital Officer bei BSH Hausgeräte GmbH

www.bsh-group.com/de/

Den Wandel für 50.000 Angestellte organisiert

Unvorbereitet durch das

Zeitalter der Digitalisierung

zu navigieren, birgt für Un-

ternehmen ein hohes Risiko

zu scheitern. Die Bosch-

Tochter BSH Hausgeräte

GmbH erkannte das früh

und bereitet die 50.000 Mit-

arbeiter mit der Leitlinie

‘We prepare’ konsequent

auf den Wandel vor.

Bild

: BSH

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INDUSTRIE 4.0 | Moxa Europe GmbH - Anzeige -

Stromsparende Leistung und robuste 4G-LTE-KonnektivitätUm den unterschiedlichen Anforderungen von Embedded-Daten-

erfassungs- und -verarbeitungsanwendungen zu entsprechen,

müssen Geräte im Industriebereich oft unter rauen Bedingungen

und in Schaltschränken mit reduziertem Platzangebot arbeiten. Die

4G-LTE-Technologie kann große Geschwindigkeitsverbesserungen

erzielen, resultiert aber auch in größerer Wärmeentwicklung durch

die 4G-LTE-Komponenten. Um nichtsdestotrotz zuverlässige

Konnektivität in herausfordernden Umgebungen zu liefern, bieten

Moxas IIoT-Gateways der UC-Serie Modelle mit erweiterten

Betriebstemperaturen von -40 bis 75°C sowie eine 5-Jahres -

garantie. Mit ihren geringen Abmessungen ab 50 x 80 x 28mm

passen sie leicht in Schaltkästen. Über die 4G-LTE-Konnektivität

hinaus bieten die Gateways eine Vielzahl von Schnittstellen für

verschiedenste Projekte, einschließlich seriell, CAN-Bus, Ethernet

und Wi-Fi. Die Lösungen setzen ARM® Cortex®-Prozessoren ein,

welche stark auf Leistung und Energieeffizienz optimiert sind.

Moxa Industrial Linux mit 10-Jahres-Langzeit-SupportMoxa Industrial Linux (MIL) ist eine sehr leistungsfähige Linux-

distribution, die von Moxa entwickelt wurde, um Industrie -

projekte zu beschleunigen. MIL ist eine Container-gestützte

Middleware-Abstraktionsschicht - ähnlich einer virtuellen

Maschine - zwischen dem Betriebssystem und den Anwendungen.

Flexible Software-Middleware ermöglicht es verschiedenen

isolierten Systemen, auf einem einzigen Steuerungs-Host

zu laufen, sodass Systemintegratoren und -ingenieure das

Verhalten einer Anwendung einfach verändern können, ohne

sich Gedanken über die Kompatibilität machen zu müssen.

KontaktMoxa Europe GmbHEinsteinstr. 785716 UnterschleissheimTel.: +49 89 3700399-0 • Fax: 089 [email protected] • www.moxa.com

Bild: Moxa Europe GmbH

82 IT&Production 9/2018

Moxas Gateways der UC-Serie bieten dank MIL eine effiziente,

flexible und robuste Plattform für vielfältige Edge-Computing-

Szenarien. Des Weiteren bietet MIL 10 Jahre Linux-Langzeit-

Support, um die Bedürfnisse von Langzeit-Software für den

Einsatz in der Energie-, Wasser-, Öl- & Gas- sowie Transport-

branche zu befriedigen. Ebenfalls dazu gehören umfangreiche

Sicherheitsfunktionen für die Sicherheit und Nachhaltigkeit

von IIoT-Projekten.

Einfache Datenerfassung mit der ThingsPro Gateway-SoftwareRobuste, sichere Datenübertragung von Edge-Geräten zu einer

Clouddatenbank ist zeitaufwändig und bindet Ressourcen. Moxas

ThingsPro-Gateway-Software bietet Modbus-Datenerfassung,

LTE-Konnektivität, MQTT-Kommunikation und Cloud-Client-

Schnittstellen, wie Amazon Web Services (AWS) und Microsoft

Azure. So ermöglicht sie die schnelle Integration von Edge-Daten

in Cloud-Dienste für großflächige IIoT-Installationen. Für kunden-

spezifischere Lösungen ermöglichen C und Python APIs die

schnelle Anwendungsentwicklung.

Die Computer auf Industrieniveau sind hochgradig integrierte ARM-basierte Linux-Plattformen, die mit

Moxas Industrial Linux (MIL) sowie optional mit Moxas ThingsPro-Datenerfassungssoftware arbeiten, um die

Entwicklung einer Vielzahl von IIoT-Gateway-Anwendungen zu erleichtern.

LTE-bereite Arm-Linux-IIoT-Gateways

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COSMO CONSULT Gruppe | INDUSTRIE 4.0

Transparenz - Effizienz - Kostenersparnis!MES sind eine wichtige Basis für die Umsetzung von Indus-

trie 4.0 im Mittelstand. Die Integration eines MES (Manufacturing

Excecution System) sorgt für eine durchgängige Wertschöpfungs-

kette in den Unternehmen. Transparenz, gesteigerte Produktivität,

verbesserte Prozessqualität und spürbar geringe Fertigungs -

kosten sind das Ergebnis.

Erfahrung macht den Unterschied!gbo datacomp verfügt über mehr als 30 Jahre Projekterfahrung

im Fertigungsumfeld und zählt zu den Pionieren umfassender

für MES-Lösungen für mittelständische Fertiger. Unsere Soft-

warelösung bisoft MES wurde speziell für den Mittelstand

entwickelt. bisoft MES generiert aus Betriebsdaten relevante

Informationen und ermöglicht so die umfassende Integration

der Daten aus den Bereichen Produktion, Qualitätssicherung,

Personal und Management mit dem Ziel einer durchgängigen

Fertigungssteuerung. Mit Hilfe unseres leistungsstarken und

flexiblen MES optimieren Sie Ihre Rüst-, Auftrags- sowie

Stillstandszeiten und senken spürbar Ihre Kosten, indem Sie

Ihre Energie und Ressourcen effizient einsetzen.

Umfassende Digitalisierung, aber bitte schrittweise!bisoft MES ist modular aufgebaut und kann Schritt für Schritt

eingeführt werden. So lassen sich einzelne Abteilungen budget-

schonend gezielt nacheinander anbinden.

gbo datacomp GmbH

Durchblick mit MES

Kontaktgbo datacomp GmbHSchertlinstrasse 12a86159 AugsburgTel.: +49 821 [email protected] • www.gbo-datacomp.de

83IT&Production 9/2018

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Die Digitalisierung ist nicht nur ein Zukunftstrend, sondern ein

Prozess, der bereits heute über die Zukunfts- und Wettbewerbs-

fähigkeit von Unternehmen entscheidet. Mit der Digitalisierung ist

auch ein Perspektivwechsel verbunden – von Einzellösungen für

separate Aufgabenbereiche hin zu Gesamtlösungen, die Unterneh-

mensprozesse intelligent unterstützen und miteinander vernetzen.

Beispielhaft hierfür ist das mit dem INNOVATIONSPREIS-IT aus -

gezeichnete COSMO CONSULT-Industrie-4.0-Lösungszenario aus

dem Schiffbau, wo unser Kunde mit modernen Technologieplatt-

formen die Zusammenarbeit mit Projektdienstleistern optimiert

und wie Internet of Things (IoT)-Technologien helfen, den Projekt-

fortschritt im Blick zu behalten, Qualitätsberichte mobil zu erstellen

und deren Kunden mit zusätzlichen Servicedienstleistungen

während des Produktlebenszyklus zu unterstützen.

IT auf AugenhöheCOSMO CONSULT hat über 20 Jahre Erfahrung mit nationalen und

internationalen Projekten zur Einführung und Betreuung von

Unternehmenslösungen. Unser Produktspektrum reicht von ERP-

und Branchenlösungen über Business-Intelligence- und Customer-

Relationship-Management-Systeme bis hin zu Office- und Portal-

lösungen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Digitalisierung der

Arbeitsplätze und Unternehmensprozesse unter der Voraussetzung

einer menschlichen Technologie zu verwirklichen. COSMO

CONSULT setzt dabei sowohl auf die marktführenden Microsoft

Dy namics-Systeme als auch auf Zukunftslösungen wie das Internet

of Things oder die Cloud als Instrument, Informationstechnologie

einfacher, flexibler und wirtschaftlicher zur Verfügung zu stellen.

Standorte: Berlin | Bielefeld | Dresden | Hamburg | Köln | Leipzig |

Magdeburg | Münster | München | Neumark | Nürnberg | Stuttgart |

Würzburg

Neue Ideen für Ihr digitales Unternehmen

KontaktCOSMO CONSULT GruppeSchöneberger Straße 1510963 BerlinTel.: +49 30 343815-0www.cosmoconsult.com • [email protected]