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DasIndustrie 4.0Magazin
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Ausgabe September 2018
THEMENSCHWERPUNKT:
INDUSTRIE 4.0
DDie digitale Transformation des ge-
sellschaftlichen und wirtschaftli-
chen Lebens wird Strukturen und
Prozesse nachhaltig verändern. In der Fer-
tigungsindustrie hat dieser Umbruch sogar
einen eigenen Namen bekommen: Indus-
trie 4.0. Die Vision dahinter umfasst die
Echtzeit-Datenübertragung entlang der
gesamten Wertschöpfungskette und
damit eine vertikale und horizontale Ver-
netzung sowie die Digitalisierung des ge-
samten Produktlebenszyklus durch Cyber-
physische Systeme. Hinzu kommen die In-
tegration von Sensoren sowie die Aktoren
Maschine-zu-Maschine und Mensch-zu-
Maschine. Die neue Produktionstechnik
und die IT-basierten Lösungen verspre-
chen den Unternehmen mehr Produktivi-
tät und Effizienz bei geringerem Ressour-
cenverbrauch, was wirtschaftliches
Wachstum schaffen und die Wettbe-
werbsfähigkeit sichern soll. Ungeachtet
des Potenzials in diesen Ansätzen steht
die deutsche Industrie vor Herausforde-
rungen. Das zeigt sich gerade daran, dass
Industrie 4.0-Anwendungen in der Ferti-
gungsindustrie nur begrenzt zu finden
sind, wie eine im Jahr 2017 veröffentlichte
Studie von Bitkom Research im Auftrag
von Ernst & Young ergab. Nach sieben
Jahren Diskussionen über das Konzept
einer Industrie 4.0 betreiben die Hersteller
nur wenige konkrete Testanwendungen
Bereit für neues Denken
Industrie 4.0 und die dafür erforderliche Vernetzung der
Wertschöpfungsketten sind zentrale Themen in der deut-
schen Fertigungsindustrie. Doch sieben Jahre nach der öffent-
lichen Bekanntmachung der Hightech-Strategie 2020 der Bun-
desregierung auf der Hannover Messe 2011 sind die meisten
bekannten Anwendungen noch Testapplikationen und Pilot-
projekte. Die Gründe für dieses Tempo beeinflussen sich oft
wechselseitig – und reichen teils bis in die Führungsebene.
22 IT&Production 9/2018
TITELTHEMA | INDUSTRIE 4.0
Hürden auf dem Weg zur Industrie 4.0
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und Pilotprojekte. Zwar sind Industrie 4.0-
Technologien gefragt und das Interesse in
der Branche ist groß, an die Umsetzung
der Projekte wagen sich bislang nur we-
nige Unternehmen. Die Gründe dafür sind
so zahlreich wie vielfältig. Besonders häu-
fig werden Aspekte der Finanzierung, der
Mangel an IT-Fachkräften, fehlende Stan-
dards und rechtliche Regularien sowie die
IT-Sicherheit diskutiert. Um die wirklich
unmittelbaren Hürden für die Umsetzung
von Industrie 4.0-Projekten aus Sicht der
Praxis zu ermitteln, wurden 13 Experten
von Industrieverbänden, in Führungsposi-
tionen bei Fertigungsunternehmen und IT-
Beratung befragt. Zwei Faktoren mit star-
ken Wechselwirkungen untereinander sta-
chen dabei hervor:
die hohe Komplexität des Konzeptes•
sowie
psychologische Vorbehalte in den•
Führungsebenen der Produzenten.
Ursache und Wechselwirkungen
Dem Konzept Industrie 4.0 fehlen umfas-
sende Systemstandards, die zu einem Man-
gel an Interoperabilität in der Fertigungsin-
dustrie führen. Durch die zunehmende In-
ternationalisierung der Wertschöpfungs-
kette werden Standards jedoch auch in Zu-
kunft eine große Herausforderung bleiben.
Zwar wurde in Zusammenarbeit mit der
Plattform Industrie 4.0 durch das Deutsche
Institut für Normung (DIN) ein Standard für
das Referenzarchitektur Modell Industrie
4.0 (RAMI4.0) veröffentlicht. Bislang ist die
daraus resultierende Norm DIN SPEC 91345
jedoch noch nicht vollständig international
anerkannt und zielt zudem eher auf ein ein-
heitliches Verständnis des Themas Industrie
4.0 mit den beteiligten deutschen Akteuren
ab. Also gibt es derzeitig keine EU-weit ein-
heitlichen oder gar internationalen System-
standards. Zudem sind viele der bestehen-
den Anlagen im Maschinenpark deutscher
Fertiger noch nicht netzwerkfähig. Da eine
technisch durchaus mögliche Nachrüstung
mit enormen Kosten verbunden ist, neh-
men die meisten Unternehmen – gerade
kleine und mittlere Unternehmen – Ab-
stand von dieser Investition. Den Maschi-
nenpark gleich ganz auszutauschen, ist aus
den selben Gründen in aller Regel unrealis-
tisch. Mit der weitreichenden Vernetzung
samt enormen Datentransfers auf Werks-
ebene steigt zudem das Risiko von Lücken
in der IT-Sicherheit. Daraus resultiert eine
allgemein eher restriktive Haltung der Un-
ternehmen, zumal viele Fragen in Bezug auf
das Recht, die Sicherung von Knowhow
und die Freigabe sensibler Produktionsda-
ten noch zu klären sind.
Validierung von Daten
Umfassend vernetzte Wertschöpfungsket-
ten erfordern die unternehmensübergrei-
fende Datenübertragung quasi in Echtzeit.
Erst mit der Validität der komplexen Daten
erlangen auch die erfassten Informationen
Gültigkeit. Der Fachkräftemangel im Bereich
der Informatik und Datenanalyse erschwert
jedoch die zielgerichtete Analyse der ge-
sammelten Daten und angewandten Sys-
teme stark. Den Unternehmen fehlt daher
oft eine umfassende Implementierungsstra-
tegie, welche den oben genannten Punkten
Rechnung trägt und zu einer sicheren und
praktikablen Anwendung von Industrie 4.0-
Technologien beiträgt.
Vorbehalte entstanden
Das Zusammenspiel aller Aspekte – hier zu-
sammengefasst als Komplexität – führt
23IT&Production 9/2018
| TITELTHEMAINDUSTRIE 4.0
Herzlichen Glückwunsch zum 30. Fir-
menjubiläum. Was sind die wichtigsten Er-
fahrungen, die Sie in den letzten drei Jahr-
zehnten gemacht haben?
Burkhard Röhrig: Vielen Dank! 30 Jahre sind
natürlich eine lange Zeit und es gab viele
wichtige Erfahrungen, Entwicklungen und
Meilensteine. So haben wir viele interes-
sante Kunden mit spannenden Projekten
gewinnen können. Mit fast allen Kunden
verbindet uns eine sehr langjährige Part-
nerschaft. Die technischen Voraussetzun-
gen und Umgebungsbedingungen haben
sich in den vergangenen 30 Jahren sehr
verändert und es war schon zum Teil eine
Herausforderung, hier immer vorn dabei zu
sein. Besonders wichtig aber sind unsere
Mitarbeiter, die uns be-
gleitet und geprägt
haben. Als unbekanntes
Startup-Unternehmen,
das wir anfangs waren,
was es schon schwieri-
ger, Kunden und Mitar-
beiter zu gewinnen.
Allen voran möchte ich
deshalb meine Frau,
Gunda Cassens-Röhrig,
erwähnen, die genau
ein Jahr nach Gründung
ins Unternehmen einge-
treten ist – am 1. April 1989. Ab dem zwei-
ten Jahr ihrer Anstellung hat sie die kom-
plette Produkt- und Serviceverantwortung
im Workforce-Bereich übernommen. Das
war ein wichtiger Meilenstein, denn so
konnte ich mich schwerpunktmäßig auf
den industriellen Part konzentrieren.
„Maschinen werden Handelsware und austauschbar”
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Burkhard Röhrig, Geschäftsführer beim MES-Hersteller GFOS mbH:
Der Hersteller von Manufactu-
ring Execution-Systemen GFOS
weiß aus erster Hand, wie digital
es in deutschen Fabriken zugeht.
Passend zum 30. Geburtstag der
Essener Firma haben wir Ge-
schäftsführer Burkhard Röhrig
zum Stand der digitalen Trans-
formation befragt.
24 IT&Production 9/2018
TITELTHEMA | INDUSTRIE 4.0
Wie sehen Sie als Anbieter einer
MES-Lösung den aktuellen Stand von
Industrie 4.0?
Röhrig: Wie Sie im vorangegangen Artikel
lesen können, gibt es bezogen auf Indus-
trie 4.0 einige hemmende Faktoren und
wir sind in Deutschland lange nicht so
weit, wie wir sein sollten. Dennoch sind
die Themen Digitalisierung und Industrie
4.0 omnipräsent – in den Medien, in Un-
ternehmen und auch im privaten Bereich.
Denn die Digitalisierung verändert alle ge-
sellschaftlichen Bereiche dramatisch, so
natürlich auch die produzierende Wirt-
schaft. Insbesondere der Maschinenbau
wird sich den Herausforderungen
schnellstens stellen müssen, will er seine
in vielen Bereichen bestehende Produkt-
führerschaft behalten. Denn das Schlag-
wort Industrie 4.0 bedeutet einen Para-
digmenwechsel für die deutsche Maschi-
nenbau- und Fertigungsindustrie. Produk-
tionsstraßen werden nicht länger von Ap-
plikationen abgeschnitten sein und einen
manuellen Bestellprozess notwendig ma-
chen. Im Gegenteil: Sie werden ein inte-
graler Bestandteil des Netzwerks sein.
Einzelne Maschinen werden zur Handels-
ware und austauschbar. Dies wird dazu
führen, dass zukünftig nicht mehr die Ma-
schine selbst, sondern die Leistung und
Verfügbarkeit einer Maschine verkauft
wird. Hiermit ändert sich die Geschäfts-
grundlage für den Maschinenbau gravie-
rend und das Thema Machine Learning
wird umso wichtiger.
Was verstehen Sie unter Machine Lear-
ning und welchen Nutzen hat die Technik?
Röhrig: Machine Learning bedeutet im
wahrsten Sinne des Wortes maschinelles
Lernen. Als Weiterentwicklung der Mus-
tererkennung im Bereich der künstlichen
Intelligenz befasst sich Machine Learning
mit komplexen Algorithmen, die von
Daten lernen und Vorhersagen über sie
treffen können. Solche Algorithmen fol-
gen nicht einfach streng definierten Pro-
grammvorgaben, sondern treffen daten-
gestützte Vorhersagen, indem sie auf
Basis von Beispielen Wissen generieren,
also lernen. In der Industrie basiert ma-
schinelles Lernen auf vielen Daten, die
mittels Sensorik, Cyber-physical Systems
und natürlich Software erfasst werden.
Machine Learning entwickelt aus den
Daten Informationen, die die Produktion
effizienter und planbarer machen. Bei der
vorausschauenden Instandhaltung wird
der Nutzen besonders deutlich: Auf der
Grundlage gewonnener Informationen
lassen sich prospektivisch aufkommende
Probleme an einer Maschine diagnosti-
zieren und planbar beheben, bevor die
Störung eintritt.
Wie weit ist der Maschinenbau in die-
sem Bereich?
Röhrig: Obwohl die Vorteile klar auf der
Hand liegen, herrscht in einigen Maschi-
nenbauunternehmen noch Unsicherheit
darüber, ob es sich bei Machine Learning
um ein geschäftsrelevantes Thema han-
delt. Ansätze hierzu liegen aber sowohl in
der Optimierung der eigenen Prozesse als
auch im Erhalt und in der Erweiterung der
Produktinnovationsführerschaft. Es be-
steht also ganz klar Handlungsbedarf! ■
reitschaft, sensible Verarbeitungsdaten
für die Vernetzung in der gesamten
Wertschöpfungskette bereitzustellen.
Ausblick und Anforderungen
Die deutsche Fertigungsindustrie sollte
dringend aktiv werden, um den Anschluss
an die Weltspitze und ihre Position als
eine der führenden Fabrikausrüsterin-
nen zu bewahren und an die Erfolge
der Vergangenheit anzu-
knüpfen. Dies erfordert
allerdings ein breit an-
gelegtes unternehmeri-
sches Umdenken und die
Bereitschaft, innovative
Technologien zu entwick-
len, einzusetzen und
die eigenen Unternehmensgrenzen für
einen übergeordneten Datentransfer zu
öffnen. Hierzu bedarf es ganzheitliche Im-
plementierungsstrategien sowie viele
Fachkräfte im Bereich IT und Data Science.
Die hohe Komplexität des Konzeptes In-
dustrie 4.0 und die Menge an in Echtzeit
transferierten Daten wird andernfalls
kaum zu bewerkstelligen sein. Ob und in
welchem Zeitraum sich die Industrie tat-
sächlich flächendeckend die Versionsnum-
mer 4.0 geben kann, bleibt somit offen.
Gleichwohl ist die Mehrzahl der befragten
Experten überzeugt, dass die hiesige Fer-
tigungsindustrie die Herausforderungen
bewältigen wird. Festzuhalten bleibt
daher, dass der zukünftige Erfolg der
deutschen Produzenten maßgeblich von
der Fähigkeit abhängt, die auf dem Weg
zur Industrie 4.0 notwendigen Verände-
rungen der Strukturen und technologi-
schen Prozesse zeitnah zu adaptieren und
ins Produktionsumfeld zu integrieren. ■
Autoren: Prof. Dr. Dr. habil. Eric Frère,
Prof. Dr. Alexander Zureck und Katharina Röhrig.
www.gfos.com
häufig zu erheblichen psychologischen
Vorbehalten bei Entscheidungsträgern.
Diese äußern sich zuweilen in einer gene-
rellen Zurückhaltung gegenüber den
technischen Anwendungen im Kontext
von Industrie 4.0 und der fehlenden Be-
Eine Produktion mit umfass-senden Industrie 4.0-Ansätzenerfordert eine oft grundsätzli-che Reorganisation der Ab-läufe und Assistenzsysteme.Dazu ist Verständnis undRückhalt bis in die Unterneh-mensführung erforderlich.
Bild: Shutterstock / E
lenabsl
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INNOVATIONSPREIS-IT
BEST OF 2018
ERP
INDUSTRIE 4.0 |
KKryptowährungen haben die Block-
chain bekannt gemacht. Mittler-
weile investiert der Produktions-
bereich jedoch stärker in die Technologie
als die Finanzbranche, wie eine Studie
des Beratungshauses Deloitte ergab. An-
wendungsbeispiele reichen vom siche-
ren, betriebsübergreifenden Austausch
von Produktionsdaten, erleichterter
Rückverfolgung in Lieferketten bis hin zu
sicherer Vertragsgestaltung mithilfe so-
genannter Smart Contracts. Mittelständi-
sche Unternehmen agieren häufig an den
Schnittstellen zu Lieferanten und Kun-
den. Gerade dafür bietet die Blockchain
intelligente Lösungen für Transaktionen
und Datenaustausch.
Druck durch die Kunden
Neben zahlreichen Anwendungsszenarien
könnte auch der Druck von Kunden und
Lieferanten viele Mittelständler dazu be-
wegen, sich künftig intensiver mit Block-
chain-basierten Lösungen zu befassen. Be-
finden sich Betriebe in einem Wertschöp-
fungsnetzwerk, in dem Blockchain zum
Rückgrat wird, könnten sie gezwungen
sein, selbst auch auf Blockchain zu setzen.
Tun sie dies nicht, riskieren sie den An-
schluss im Wertschöpfungsnetzwerk und
damit ihren Kundenstamm zu verlieren. Ein
Vorbote dieser Entwicklung ist die Auffor-
derung von Walmart an die eigenen Nah-
rungsmittellieferanten, zukünftig eine
Blockchain-Technologie zu verwenden. Für
das Supply Chain Management von Unter-
nehmen wie dem US-amerikanischen Ein-
zelhandelskonzern ist die Blockchain be-
sonders interessant. Sie ermöglicht mit
Blick auf strenge Gesetzgebung und hohe
Kundenanforderungen, die Herkunft von
Produkten besonders genau und sicher
nachweisen zu können. Anhand der Block-
chain kann jede Produktionskomponente
exakt nachverfolgt werden. Dies ist nicht
nur für den Lebensmittelsektor, sondern
z.B. auch für die Textil- und Modeindustrie
und andere Branchen mit einer hohen Be-
deutung des Nachweises der Produkther-
kunft interessant. Neben der Nachverfolg-
barkeit soll Blockchain-Software die Agili-
tät, das Vertrauen und die Sicherheit in
der Supply Chain erhöhen. Die Technolo-
gie hat das Potenzial, das Supply Chain
Management grundsätzlich zu verändern
und einigen Wettbewerbsvorteile zu ver-
schaffen. Im verarbeitenden Gewerbe
kommt die Technologie aufgrund ihrer Fäl-
schungssicherheit zudem zur Absicherung
von additiver Fertigung (3D-Druck) in
Frage. Viele Unternehmen in diesem Be-
reich kämpfen mit Plagiatsproblemen.
Übermitteln sie die Daten für einen 3D-
Druck beispielsweise an einen externen
Dienstleister, müssen sie befürchten, dass
dieser nach Abschluss des Auftrags den
Datensatz weiter nutzt oder sogar veräu-
ßert. Die Blockchain kann davor schützen.
Eine Kette für die LieferketteBlockchains in Produktion und Supply Chain
Branchenübergreifend erkennen immer mehr Großunternehmen das Potenzial in Block-
chain-Technologie. Als Zulieferer könnten kleine und mittlere Unternehmen dabei zuneh-
mend unter Zugzwang geraten, die Technologie selbst einzusetzen. Die Blockchain birgt
für den Mittelstand dabei nicht nur Chancen, sondern auch Risiken.
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BLOCKCHAIN
76 IT&Production 9/2018
Unterschiedliche Varianten
Möchte ein mittelständisches Unternehmen
eine Blockchain einsetzen, gibt es viel zu
beachten. Eine Hürde ist die Tatsache, dass
sich die Technologie noch in der Entwick-
lungsphase befindet. Es ist nicht klar, wie die
Blockchains der Zukunft aussehen werden.
Standards für die Implementierung haben
sich noch nicht herauskristallisiert. Bestre-
bungen, offizielle Standards einzuführen,
sind allerdings vorhanden. Beispielsweise ar-
beitet ISO seit 2016 unter deutscher Beteili-
gung an der Ausarbeitung und Etablierung
von ISO/TC 307 als Standard für Blockchains.
Noch ist allerdings nicht garantiert, dass ver-
schiedene Blockchains ausreichend unterei-
nander kompatibel sein werden. Gerade für
Mittelständer besteht die Gefahr kostspie-
liger Fehlinvestitionen. Das Potenzial der
Technologie hängt maßgeblich von der je-
weils verwendeten Blockchain-Variante ab.
Die bekanntesten Blockchain-Anwendun-
gen - die Kryptowährungen Bitcoin und
Ether - setzen zur Validierung der Transak-
tionen auf das sogenannte Proof-of-Work-
Verfahren (PoW), welches sehr sicher ist,
aber einen hohen Energiebedarf hat und nur
eine begrenzte Anzahl Transaktionen pro
Zeiteinheit zulässt. Als Abhilfe zum PoW-
Verfahren wurden alternative Validierungs-
verfahren (z.B. Proof of Authority und Proof
of Stake) entwickelt. Diese sind (energie-
)effizienter, setzen aber mehr Vertrauen in
die Administratoren oder die beteiligten Ak-
teuren der Blockchain voraus.
IT-Sicherheit beachten
Bereits bestehende IT-Sicher-
heitsprobleme in mittelständi-
schen Unternehmen kann die
Blockchain nicht lösen. Ihre
Architektur stellt zwar eine
systeminhärente Sicherheit
beim Datenaustausch her,
wenn die Blockchain einen
Proof-of-Work-Validierungs-
mechanismus nutzt. Allerdings
bestehen weiterhin die Si-
cherheitsrisiken an den End-
punkten, also bei den mit der
Blockchain verknüpften Syste-
men und Endgeräten. Bewah-
ren diese die übermittelten Daten in ent-
schlüsselter Form außerhalb der Blockchain
auf, ist die Gefahr von Datendiebstahl un-
gemindert. Somit erübrigen sich durch die
Blockchain die Basissicherheitsmaßnahmen
in den vorhandenen Systemen nicht.
Auswahl des Dienstleisters
Eine weitere Herausforderung ist die Nut-
zerfreundlichkeit. Da sich die Mehrheit der
kleinen und mittleren Unternehmen erfor-
derliche IT-Kompetenzen extern beschafft,
stellt die Wahl der IT-Dienstleister einen kri-
tischen Erfolgsfaktor dar. Die Implementie-
rung einer Blockchain-Lösung ist für Mittel-
ständler eine komplexe Aufgabe. Daher bie-
tet es sich an, aus bestehenden Wertschöp-
fungsnetzwerken heraus Konsortien zu
gründen, die sich mit der Implementierung
von Blockchain-Lösungen, beispielsweise im
Supply Chain Management, beschäftigen.
Dabei sollten auch Blockchain-Alternativen
wie bspw. IOTA oder Adamos mit in die Ab-
wägung genommen werden. Weniger An-
forderungen an die eigene IT-Infrastruktur
stellen sogenannte Blockchain as a Service-
Lösungen (BaaS), die vermehrt am Markt
angeboten werden. Diese Art der Auslage-
rung erleichtert den Technologie-Einstieg
für kleine und mittlere Unternehmen.
Wissen noch nicht ausgeprägt
Viele mittelständische Unternehmen wissen
noch nicht genug über die Blockchain-Tech-
nologie, um Investitionsentscheidungen zu
treffen. Für sie ist gerade zu Beginn exter-
nes Knowhow wichtig. Die Mittelstand-4.0-
Kompetenzzentren der Förderinitiative ‘Mit-
telstand-Digital’, einem Angebot des Bun-
desministeriums für Wirtschaft und Energie,
unterstützen Betriebe mit einem umfang-
reichen Informationsangebot. Die Zentren
helfen dabei, KMU für digitale Technologien
zu sensibilisieren und zu qualifizieren – auch
bei der Blockchain. Wenn sich Betriebe
offen den Herausforderungen der Block-
chain-Technologie stellen und sich ausrei-
chend über die verschiedenen Anwendun-
gen informieren, kann diese maßgeblich zu
ihrem langfristigen Erfolg beitragen. ■
Die Autoren Martin Lundborg (Leiter) und
Christian Märkel (wissenschaftlicher Mitarbeiter)
sind in der Begleitforschung des
Förderschwerpunkts Mittelstand-Digital tätig.
www.mittelstand-digital.de
| INDUSTRIE 4.0BLOCKCHAIN
77IT&Production 9/2018
1 Deloitte (2017): ‘Blockchain Survey 2017’
2 Russo (2018): ‘Walmart is Getting Suppliers to Put Food on the Blockchain’, Bloomberg.com
3 Zum Projekt ‘Secure Additive Manufacturing Platform“ (SAMPL): www.sampl-3d.org.
4 https://www.iso.org/committee/6266604.html
5 Behrendt et al. (2018): ‘Hanse 4.0: Maschinen- und Produktionsdaten mit Blockchain betriebsübergreifend aus-
werten’, Wissenschaft trifft Praxis, Ausgabe 10, 2018
6 https://blockgeeks.com/guides/proof-of-work-vs-proof-of-stake/
7 Stephen Murphy: ‘Understanding Open Source Adoption in UK Small and Medium Sized Businesses: Gap or
Chasm?’, Journal of CEBE, 2015
8 www.iota.org; IOTA zählt wie Blockchain zu den DLT, setzt allerdings auf ein alternatives Validierungsverfahren
(Tangle-Verfahren).
9 www.adamos.org; Adamos zählt nicht zu den DLT, sondern stellt eine Plattformlösung dar.
10 Eco-Verband (2017): ’Die Blockchain im deutschen Mittelstand’
11 www.mittelstand-digital.de
Weiterführende Literatur
Bild: © 2016 André Wirsig
Zulieferer werden sich spätestens dann mit Blockchain-Technologiebefassen müssen, wenn ihre großen Kunden die Teilnahme an einemsolchen Netzwerk mit der Auftragsvergabe verknüpfen.
DDie Hochschule für Technik und
Wirtschaft Dresden (HTW) hat im
Herzen des Silicon Saxony eine In-
dustrie-4.0-Modellfabrik aufgebaut, die ge-
trau dem Motto ’Digitalisierung erlebbar
machen’ vor allem als Forschungs- und De-
monstrationsplattform dient. Geleitet von
Professor Dr. Dirk Reichelt ist auch ein Indus-
trial Internet of Things (IIoT) Testbed ent-
standen, das einen diskreten Fertigungspro-
zess samt typischer Industriekomponenten
abbildet, um die realitätsgetreue Arbeit an
IoT-Anwendungen im Umfeld komplexer
Fertigungs- und Logistikprozesse zu ermög-
lichen. „Das Testbed kombiniert eine Vielzahl
von technischen Systemen, mit denen sich
typische industrielle Anwendungsfälle ein-
fach und schnell nachbilden lassen“, sagt
Dirk Reichelt, Professor an der Fakultät Infor-
matik und Mathematik der HTW Dresden,
Fakultät Informatik und Mathematik.
OPC-UA-Server im Einsatz
Die technische Ausstattung besteht aus
drei integrierten Roboterzellen, einer fle-
xiblen Roboterzelle, einer CNC-Zelle,
einem Hochregallager, unterschiedlichen
technischen Modulen, um Anwendungs-
fälle wie Drucken, Prüfen oder Pressen
nachzubilden, einem Handarbeitsplatz,
einer Cobot-Station und mehreren fah-
rerlosen Transportsystemen. Ergänzt wird
die Umgebung durch Systeme zur Daten-
erfassung und Verarbeitung – beispiels-
weise wird der Energiebedarf gemessen
und dann in Beziehung zu Anlagen und
Produkten gesetzt. Mit unterschiedlichen
Real Time Location Services lassen sich
die Positionen von beweglichen Objekten
im Raum ermitteln und diese in ihrer Be-
wegung verfolgen. Unterschiedliche Sen-
sorsysteme auf RFID-Basis und anderen
funkbasierten Technologien erlauben die
Erfassung von Messwerten. Speicherpro-
grammierbare Steuerungen (SPS) ver-
schiedener Hersteller kommen ebenfalls
zum Einsatz und sind mit einem OPC-UA-
Server ausgestattet. Über diese Schnitt-
stellen werden die Daten aus der Steue-
rung kontinuierlich erfasst und in einem
Data Lake gespeichert. Basierend auf die-
sen Daten werden unterschiedliche De-
monstratoren realisiert. Das Testbed be-
herbergt auch den Trail ‘Industrial IoT
Testbed’ des Dresdner Smart Systems
Hub. In diesem Trail präsentieren die Test-
Industrie 4.0-Modellfabrikim Silicon SaxonyViele Produzenten nennen den Fachkräftemangel als größte Hürde auf ihrem Weg zur
Digitalisierung und die Ausbildungseinrichtungen stellen sich zunehmend darauf ein.
Um den Nachwuchs gezielt auf die Arbeit in der vernetzten Industrie vorzubereiten, hat
etwa die Hochschule Dresden eine Industrie-4.0-Modellfabrik aufgebaut. Im IIoT-Test-
bed dort können Studierende und Partner aus der Industrie zukunftsfähige Konzepte
an realen Anlagenkomponenten erproben.
78 IT&Production 9/2018
Bild: Smart Systems Hub GmbH
INDUSTRIE 4.0 | WISSENSTRANSFER
bed-Macher die in Zusammenarbeit mit
Unternehmen entstanden Lösungen für
die Realisierung von Use Cases. „Dies
reicht von der Messung von Temperatur-
daten mittels RFID-Sensor im Ofen über
Lösungen für eine Prozessüberwachung
aus der Cloud bis hin zu Konzepten für
die Anbindung von Anlagen über eine
LiFi-basierte Verbindung“, erläutert Pro-
fessor Reichelt den Trail.
Arbeit mit realen Anlagendaten
„In unseren FuE-Arbeiten als Informatiker han-
tieren wir häufig mit einer Menge von Daten“,
so Professor Reichelt. „Daten sind in der Regel
immateriell und schwer greifbar. Daher ent-
stand bei meinen Mitarbeitern und mir die
Idee, eine Anlage zu schaffen, mit der sich der
Ursprung der Daten zeigen lässt und mit der
wir und unsere Partner in Forschung und Ent-
wicklung reale Maschinen- und Anlagenda-
ten nutzen können.“ Damit lassen sich die
dabei gewonnen Erkenntnisse schneller und
effizienter in der Praxis übertragen. Das Ziel
von Reichelt und seinem Team war, eine Um-
gebung zu schaffen, in der alle wesentlichen
Systemkomponenten einer Industrie-4.0-Fer-
tigung abgebildet sind. „Mit den zusätzlich
geschaffenen Umsystemen zur Lokalisierung
und Sensorwerterfassung konnten wir genau
dies erreichen“, bilanziert der Spezialist für In-
formationsmanagement.
| INDUSTRIE 4.0WISSENSTRANSFER
79IT&Production 9/2018
Bild: HTW Dresden/ Lemrich Photography & Film
Professor Dirk Reichelt und sein Wissenschaftlerteam der HTW Dresden (von rechts nach links): Kim Voß, TorstenSchiller, Martin Schmidt, Marco Kruse, Jürgen Stein, Dirk Reichelt, Robert Ringel, Eric Starke und Nicole Jäpel.
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Innovative Schnittstellenkommunikation bis zur Steuerungsebene
ist gefragt. Als Baustein für die vertikale Integration von Prozess-
steuerungen in die Systeme der MES-/ ERP-Ebene integriert PAC,
der leistungsfähige, konfigurierbare Process Automation Controller
der znt-Richter Unternehmensgruppe, bereits die gängigen Auto-
matisierungsschnittstellen. Die Aufgaben des PAC gehen dabei
weit über die Funktionen reiner Betriebsdatenerfassung- und Ma-
schinendatenerfassung hinaus. Durch die konfigurierbare Ablauflo-
gik können komplexe Automatisierungsszenarien und Datenvor-
verarbeitungen realisiert werden. PAC stellt damit die erforderliche
dynamische und funktionelle Entkopplung der Systeme der MES-
Ebene von einzelnen Prozess-Equipments sicher und ermöglicht
verlässliche Echtzeit-Validierung und Steuerung in der Produktion.
Durch die autonome Übernahme von maschinentypspezifischen
Steuerungsaufgaben verbessert PAC die Performance von Systemen
auf MES-/ ERP-Ebene und ist somit ein wichtiges Instrument hin zu
einer vollständigen Automatisierung, vor allem im Umfeld a
nspruchsvoller High-Tech Produktion. Die Benutzerschnittstelle des
PAC ist webbasiert und bietet die Möglichkeit, anwendungs -
spezifische Oberflächen bereitzustellen.
znt Zentren für Neue Technologien GmbH
Equipment-Integration als zentrales Element von Industrie 4.0
Kontaktznt Zentren für Neue Technologien GmbHPaul Riedl • Director of SalesLena-Christ-Straße 2 • D-82031 GrünwaldTel.: +49 89 641808-38 • Mobil: +49 170 [email protected] • www.znt-richter.com
Die znt-Richter Unter-
nehmensgruppe steht
seit mehr als 25 Jahren
für innovative und ganz-
heitliche Lösungskonzepte mit konsequenter Orientierung am
internationalen Markt. Als Spezialist für IT-Systeme zur Optimierung
der Produktionsprozesse bietet die Firmen-
gruppe für Konzerne und Mittelständler
verschiedener Branchen umfassende Bera-
tung, Softwareentwicklung, Gesamtlösungen
und Support aus einer Hand.
Halle A4 - Stand 421Gemeinschaftsstand,
Silicon Saxony e.V.
Bild
: © iW
orkA
lone
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tolia
.com
Raumkonzept des Industrial IoT Test Bed: Insgesamt sind sechsFertigungs- und fünf Logistikmodule sowie mehrere Roboter-stationen mit VR-Abeitsstationen und drei manuelle Arbeits-plätze installiert. Das Fertigungssystem verfügt über Senso-rik zur Verfolgung der Materialbewegungen und Erfassungvon Prozess- und Umweltdaten. Steuern lässt sich dieModellfabrik über ein Produktionssteuerungssystem, dasan ein ERP-System angebunden ist. Ein Big Data-Clusterist zur Verwaltung der Sensordaten angeschlossen.
Bild: Smart Systems Hub GmbH
Schnell zum ersten Prototypen
Eines der Alleinstellungsmerkmale der Mo-
dellfabrik ist es, einen durchgängigen Mate-
rialfluss vom Wareneingang über die Ferti-
gung bis zum Warenausgang mit allen dafür
notwendigen Systemen abbilden zu können.
Die Prozessschritte werden durch Digitalisie-
rungslösungen für einen automatischen Ma-
terialtransport, die Materialverfolgung, die
Maschnine-zu-Maschine-Kommunikation
und für die Vernetzung von Material, Werk-
zeug und Maschine unterstützt. „Die ergän-
zenden Umsysteme wie Sensorik, Energie-
messung und Lokalisierung erlauben ein ein-
faches Prototyping“, sagt Reichelt. Weiterhin
sei die Anlage als wandelbare Smart Factory
konzipiert und könne schnell auf unter-
schiedliche Szenarien angepasst werden. So
wurde bereits im Aufbau großer Wert auf
die Erweiterbarkeit gelegt. Heute lassen sich
auf den installierten Modulen leicht weitere
Anwendungsfälle einrichten und neue Ap-
plikationen hinzufügen. „Auf der organisato-
rischen Ebene bündeln wir in dem Testbed
die Forschung der HTW Dresden auf dem
Gebiet Industrie 4.0”, erläutert Reichelt. Mit
der Expertise vor Ort etwa im Maschinen-
bau, der Elektrotechnik, Informatik und den
Wirtschaftswissenschaften konnte das
Dresdner Institut bereits zahlreiche Projekt-
partner aus der Industrie überzeugen. Der-
zeit beteiligen sich zum Beispiel die Firmen
Camline Dresden, Dualis IT Solution, Essel
Deutschland, Pepperl+Fuchs, Robotron Da-
tenbanksoftware, Sick, SQL Projekt und T-
Systems Multimedia Solutions an Projekten
in der Modellfabrik.
Lösungen für die Industrie 4.0
Die Zusammenarbeit der HTW mit den Un-
ternehmen und anderen F&E-Einrichtungen
erfolgt in unterschiedlichen Projekten und
Formaten. Dies reicht von Workshops zur
Potentialsuche in der Fertigung, die Zusam-
menarbeit in FuE-Projekten bis hin zur Rea-
lisierung von ganzen Demonstratoren in der
Modellfabrik. Seit mehr als drei Jahren exis-
tiert zusätzlich die Kooperation der HTW
Dresden mit dem Fraunhofer Institut für
Photonische Mikrosysteme (IPMS). „Gemein-
sam realisieren wir in der Modellfabrik Lö-
sungen für die drahtlose und batterielose Er-
fassung von Sensorwerten in industriellen
Umgebungen,“ sagt Reichelt. In der Zusam-
menarbeit mit den IT-Unternehmen T-Sys-
tems Multimedia Solutions und Robotron
Datenbank-Software entstanden Demons-
tratoren für die vernetzte Fertigung unter
Nutzung von Cloudlösungen. In Zusammen-
arbeit mit Pepperl+Fuchs ist in den letzten
Monaten eine Reihe von Demonstratoren
für typische Cyber-Physical-Production-Sys-
tems entstanden. „Wir freuen uns beson-
ders, dass wir mit dem Startup Wandelbots
in einem unserer aktuellen Projekte einen
neuen Partner gewinnen konnten und das
Unternehmen bei seinen innovativen Ideen
zur Roboterprogrammierung unterstützen
können“, so Reichelt.
Produkte fit für den Markt
Die in den FuE-Projekten entstanden Er-
gebnisse werden in der Regel von den
Unternehmen nach Projektabschluss für
den Serieneinsatz weiterentwickelt. Wie
Reichelt schildert, profitieren die Partner
dabei von kurzen Feedbackzyklen in der
Projektphase, da neue Konzepte frühzei-
tig mit etablierten Industriekomponenten
verprobt werden können. ■
Der Autor Tino M. Böhler ist
freier Fachjournalist
aus Dresden.
www.smart-systems-hub.de
INDUSTRIE 4.0 | WISSENSTRANSFER
80 IT&Production 9/2018
Milliardeninvestitionen am IoT-Standort Dresden
Am Hightech-Standort Dresden sind zahlreiche Hersteller von Hardware, Software und Konnektivitätslösungen für
IoT-Anwendungen aktiv. Der mit Fördermitteln unterstützte ’Smart Systems Hub Dresden – Enabling IoT’ soll die
Entwicklung des Standortes unterstützen, indem er digitale Kompetenzfelder in Software, auch für das Internet der
Dinge (IoT) zusammenführen hilft. Das Konzept scheint aufzugehen. Nach Angaben der Dresdner Stadtverwaltung
werden in den nächsten Jahren Technologiekonzerne und Forschungseinrichtungen wie Infineon, Bosch, die Fraun-
hofer-Gesellschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mehr als 4,5 Milliarden Euro in Dresden
investieren. Der Freistaat Sachsen investiert noch einmal rund 100 Millionen Euro in die Technologieinitiative. Den
Smart Systems Hub steuern engagierte Akteure und er wird von Unterstützern aus Politik, Wirtschaft und Forschung
gefördert. Laut Silicon Saxony, dem größten Industrieverband für Mikro- und Nanoelektronik, Photovoltaik, Software,
Smart Systems und Applikationen in Europa, erzielen die 337 Mitgliedsunternehmen am Wirtschaftsstandort Sachsen
einen Umsatz von mehr als 4,5 Milliarden Euro pro Jahr und beschäftigen derzeit rund 20.000 Mitarbeiter.
| INDUSTRIE 4.0CHANGE MANAGEMENT
IT&Production 9/2018
UUm die Mitarbeiter auf den digitalen
Wandel vorzubereiten, wurden in
einem ersten Schritt die bisher im
Unternehmen in verschiedenen Bereichen
arbeitenden Digitalisierungsteams im neu
eingerichteten Unternehmensbereich Glo-
bal Digital Transition (GDT) zusammenge-
fasst. Diese stand vor der Aufgabe, ein Un-
ternehmen mit 50.000 Mitarbeitern verteilt
auf sechs Kontinenten in eine digitale Zu-
kunft zu führen. Der neue Bereich sollte alle
Strukturen hinterfragen und berichtet di-
rekt an den CEO Karsten Ottenberg.
Strukturen hinterfragt
In dem Change-Management-Projekt wur-
den gelernte Kommunikationswege um-
gangen, um den Mitarbeitern schlüssig dar-
zugelegen, warum sich die BSH trotz der
positiven wirtschaftlichen Lage verändern
muss. Ein Grund ist etwa die zunehmende
Verlagerung des Handels auf Onlineplatt-
formen. Diese Kommunikation erhöhte die
Bereitschaft der Mitarbeiter, die Transfor-
mation mitzutragen. Da sich die Digitalisie-
rung nicht in allen Unternehmensteilen
gleich gestaltet, war es wichtig, die Mitar-
beiter und Prozesse verstehen zu lernen.
Dabei zeigte sich, auf welchen Ebenen des
Unternehmens wie viel Aufgeschlossenheit
in Bezug auf Digitalisierungsthemen vor-
handen war.
Workshops für Mitarbeiter
Mithilfe von Workshops wurden die Mitar-
beiter an die digitalen Themen herange-
führt, wie man etwa auf einen ‘Shitstorm’ in
den sozialen Medien reagiert. Das mittlere
Management wurde mit einer ‘Guerilla-
Kampagne’ informiert, zunächst fokussiert
auf die Mitarbeiter aus den Bereichen Mar-
keting, Vertrieb, Kundenservice und Pro-
duktentwicklung. Die GDT zeigte Vorteile
die Digitalisierung: Beispielsweise kann sie
Mechanismen zur Marktforschung vereinfa-
chen, da vernetzte Hausgeräte einen Ein-
blick in ihre Nutzung erlauben. Auf Grund-
lage der so gewonnenen Daten können Ge-
räte effektiver produziert werden. Die Gue-
rilla-Taktik ermöglichte zudem den Einsatz
von Multiplikatoren, die die Idee der Digita-
lisierung an ihre Kollegen weitergaben.
Überzeugungsarbeit leisten
Bis sich bei allen Mitarbeitern ein Verständ-
nis für die Notwenigkeit des Digitalisie-
rungsprozesses etabliert hatte, vergingen
fast zwei Jahre. Insbesondere bei Produkten
und digitalen Services musste viel Überzeu-
gungsarbeit geleistet werden. Da das Un-
ternehmen zusätzliche Hardware für die
vernetzten Hausgeräte benötigte, wurden
die Gewinne geschmälert, was viele kritisch
sahen. Der Mehrwert dieser Neuausrichtung
musste kommuniziert werden. Gleichzeitig
musste ein neues Service-Verständnis ent-
wickelt werden: Es war nun erfolgskritisch,
umfassende Hilfe anzubieten, die nicht nur
die eigenen Geräte betreffend, sondern
auch die anderer Hersteller im System, etwa
vom WLAN-Router. Mit Home Connect ent-
wickelte BSH-Hausgeräte zudem eine ei-
gene vernetzte Plattform, die die Produkt-
entwicklung stetig mit Nutzungsdaten an-
geschlossener Geräte versorgt. Auf dieser
Grundlage entstehen kundenorientiert neue
Erzeugnisse und Dienstleistungen. Der Her-
steller sieht die digitale Transformation als
Investition in die Zukunft, die Schritt für
Schritt stattfindet. Vorüber ist die Zeit des
Wandels noch lange nicht. ■
Der Autor Mario Pieper ist Leiter
der Geschäftseinheit Digital Business Unit, und
Chief Digital Officer bei BSH Hausgeräte GmbH
www.bsh-group.com/de/
Den Wandel für 50.000 Angestellte organisiert
Unvorbereitet durch das
Zeitalter der Digitalisierung
zu navigieren, birgt für Un-
ternehmen ein hohes Risiko
zu scheitern. Die Bosch-
Tochter BSH Hausgeräte
GmbH erkannte das früh
und bereitet die 50.000 Mit-
arbeiter mit der Leitlinie
‘We prepare’ konsequent
auf den Wandel vor.
Bild
: BSH
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81
INDUSTRIE 4.0 | Moxa Europe GmbH - Anzeige -
Stromsparende Leistung und robuste 4G-LTE-KonnektivitätUm den unterschiedlichen Anforderungen von Embedded-Daten-
erfassungs- und -verarbeitungsanwendungen zu entsprechen,
müssen Geräte im Industriebereich oft unter rauen Bedingungen
und in Schaltschränken mit reduziertem Platzangebot arbeiten. Die
4G-LTE-Technologie kann große Geschwindigkeitsverbesserungen
erzielen, resultiert aber auch in größerer Wärmeentwicklung durch
die 4G-LTE-Komponenten. Um nichtsdestotrotz zuverlässige
Konnektivität in herausfordernden Umgebungen zu liefern, bieten
Moxas IIoT-Gateways der UC-Serie Modelle mit erweiterten
Betriebstemperaturen von -40 bis 75°C sowie eine 5-Jahres -
garantie. Mit ihren geringen Abmessungen ab 50 x 80 x 28mm
passen sie leicht in Schaltkästen. Über die 4G-LTE-Konnektivität
hinaus bieten die Gateways eine Vielzahl von Schnittstellen für
verschiedenste Projekte, einschließlich seriell, CAN-Bus, Ethernet
und Wi-Fi. Die Lösungen setzen ARM® Cortex®-Prozessoren ein,
welche stark auf Leistung und Energieeffizienz optimiert sind.
Moxa Industrial Linux mit 10-Jahres-Langzeit-SupportMoxa Industrial Linux (MIL) ist eine sehr leistungsfähige Linux-
distribution, die von Moxa entwickelt wurde, um Industrie -
projekte zu beschleunigen. MIL ist eine Container-gestützte
Middleware-Abstraktionsschicht - ähnlich einer virtuellen
Maschine - zwischen dem Betriebssystem und den Anwendungen.
Flexible Software-Middleware ermöglicht es verschiedenen
isolierten Systemen, auf einem einzigen Steuerungs-Host
zu laufen, sodass Systemintegratoren und -ingenieure das
Verhalten einer Anwendung einfach verändern können, ohne
sich Gedanken über die Kompatibilität machen zu müssen.
KontaktMoxa Europe GmbHEinsteinstr. 785716 UnterschleissheimTel.: +49 89 3700399-0 • Fax: 089 [email protected] • www.moxa.com
Bild: Moxa Europe GmbH
82 IT&Production 9/2018
Moxas Gateways der UC-Serie bieten dank MIL eine effiziente,
flexible und robuste Plattform für vielfältige Edge-Computing-
Szenarien. Des Weiteren bietet MIL 10 Jahre Linux-Langzeit-
Support, um die Bedürfnisse von Langzeit-Software für den
Einsatz in der Energie-, Wasser-, Öl- & Gas- sowie Transport-
branche zu befriedigen. Ebenfalls dazu gehören umfangreiche
Sicherheitsfunktionen für die Sicherheit und Nachhaltigkeit
von IIoT-Projekten.
Einfache Datenerfassung mit der ThingsPro Gateway-SoftwareRobuste, sichere Datenübertragung von Edge-Geräten zu einer
Clouddatenbank ist zeitaufwändig und bindet Ressourcen. Moxas
ThingsPro-Gateway-Software bietet Modbus-Datenerfassung,
LTE-Konnektivität, MQTT-Kommunikation und Cloud-Client-
Schnittstellen, wie Amazon Web Services (AWS) und Microsoft
Azure. So ermöglicht sie die schnelle Integration von Edge-Daten
in Cloud-Dienste für großflächige IIoT-Installationen. Für kunden-
spezifischere Lösungen ermöglichen C und Python APIs die
schnelle Anwendungsentwicklung.
Die Computer auf Industrieniveau sind hochgradig integrierte ARM-basierte Linux-Plattformen, die mit
Moxas Industrial Linux (MIL) sowie optional mit Moxas ThingsPro-Datenerfassungssoftware arbeiten, um die
Entwicklung einer Vielzahl von IIoT-Gateway-Anwendungen zu erleichtern.
LTE-bereite Arm-Linux-IIoT-Gateways
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COSMO CONSULT Gruppe | INDUSTRIE 4.0
Transparenz - Effizienz - Kostenersparnis!MES sind eine wichtige Basis für die Umsetzung von Indus-
trie 4.0 im Mittelstand. Die Integration eines MES (Manufacturing
Excecution System) sorgt für eine durchgängige Wertschöpfungs-
kette in den Unternehmen. Transparenz, gesteigerte Produktivität,
verbesserte Prozessqualität und spürbar geringe Fertigungs -
kosten sind das Ergebnis.
Erfahrung macht den Unterschied!gbo datacomp verfügt über mehr als 30 Jahre Projekterfahrung
im Fertigungsumfeld und zählt zu den Pionieren umfassender
für MES-Lösungen für mittelständische Fertiger. Unsere Soft-
warelösung bisoft MES wurde speziell für den Mittelstand
entwickelt. bisoft MES generiert aus Betriebsdaten relevante
Informationen und ermöglicht so die umfassende Integration
der Daten aus den Bereichen Produktion, Qualitätssicherung,
Personal und Management mit dem Ziel einer durchgängigen
Fertigungssteuerung. Mit Hilfe unseres leistungsstarken und
flexiblen MES optimieren Sie Ihre Rüst-, Auftrags- sowie
Stillstandszeiten und senken spürbar Ihre Kosten, indem Sie
Ihre Energie und Ressourcen effizient einsetzen.
Umfassende Digitalisierung, aber bitte schrittweise!bisoft MES ist modular aufgebaut und kann Schritt für Schritt
eingeführt werden. So lassen sich einzelne Abteilungen budget-
schonend gezielt nacheinander anbinden.
gbo datacomp GmbH
Durchblick mit MES
Kontaktgbo datacomp GmbHSchertlinstrasse 12a86159 AugsburgTel.: +49 821 [email protected] • www.gbo-datacomp.de
83IT&Production 9/2018
Bild
: ©Bo
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Die Digitalisierung ist nicht nur ein Zukunftstrend, sondern ein
Prozess, der bereits heute über die Zukunfts- und Wettbewerbs-
fähigkeit von Unternehmen entscheidet. Mit der Digitalisierung ist
auch ein Perspektivwechsel verbunden – von Einzellösungen für
separate Aufgabenbereiche hin zu Gesamtlösungen, die Unterneh-
mensprozesse intelligent unterstützen und miteinander vernetzen.
Beispielhaft hierfür ist das mit dem INNOVATIONSPREIS-IT aus -
gezeichnete COSMO CONSULT-Industrie-4.0-Lösungszenario aus
dem Schiffbau, wo unser Kunde mit modernen Technologieplatt-
formen die Zusammenarbeit mit Projektdienstleistern optimiert
und wie Internet of Things (IoT)-Technologien helfen, den Projekt-
fortschritt im Blick zu behalten, Qualitätsberichte mobil zu erstellen
und deren Kunden mit zusätzlichen Servicedienstleistungen
während des Produktlebenszyklus zu unterstützen.
IT auf AugenhöheCOSMO CONSULT hat über 20 Jahre Erfahrung mit nationalen und
internationalen Projekten zur Einführung und Betreuung von
Unternehmenslösungen. Unser Produktspektrum reicht von ERP-
und Branchenlösungen über Business-Intelligence- und Customer-
Relationship-Management-Systeme bis hin zu Office- und Portal-
lösungen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Digitalisierung der
Arbeitsplätze und Unternehmensprozesse unter der Voraussetzung
einer menschlichen Technologie zu verwirklichen. COSMO
CONSULT setzt dabei sowohl auf die marktführenden Microsoft
Dy namics-Systeme als auch auf Zukunftslösungen wie das Internet
of Things oder die Cloud als Instrument, Informationstechnologie
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