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Von Kirchen und Burgen Günter Hummel am 21. Januar 2012 in memoriam Günter Hummel

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Von Kirchen und Burgen

Günter Hummel am 21. Januar 2012

in memoriam Günter Hummel

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Sonderdruck aus:

Beiträge zur Frühgeschichte und zum Mittelalter Ostthüringens 7

_____________________________________________________________________________________________________________________________

Von Kirchen und Burgen

Gedenkschrift für Günter Hummel

Hrsg. von Andreas Hummel, Volker Schimpff und Hans-Jürgen Beier

BEIER & BERAN. ARCHÄOLOGISCHE FACHLITERATUR

LANGENWEISSBACH 2016

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Es ist nicht gestattet, diese Arbeit ohne Zustimmung von Verlag und Autor ganz oder auszugsweise

nachzudrucken, zu kopieren oder auf sonst irgendeine Art zu vervielfältigen !

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de/nationalbibliografie>

abrufbar.

Impressum

Verlag: Beier & Beran. Archäologische Fachliteratur

Thomas-Müntzer-Str. 103, Weißbach, D-08134 Langenweißbach

Tel. 037603 / 3688. Fax 3690 – E-Mail [email protected]

Internet: www.beier-beran.de

Redaktion: Andreas Hummel, Jena, und Volker Schimpff, Leipzig

Satz/Layout: Hans-Jürgen Beier, Langenweißbach, und Edgar Berg, Wilkau-Haßlau

Druck: Verlag

Einband: Druckerei Zschiesche, Wilkau-Haßlau

Herstellung: Druckerei Zschiesche, Wilkau-Haßlau

Preis: 39,00 €

Vertrieb: Verlag

Online: www.archaeologie-und-buecher.de und www.Denkmal-Buch-Geschichte.de

oder jede andere Buchhandlung

© Copyright und V. i. S. d. P. für den Inhalt liegen bei den Autoren

ISBN-Nr. 978-3-95741-049-8

hergestellt in der Bundesrepublik Deutschland / printed in Germany

Titel: Kirche zu Rödersdorf, Saale-Orla-Kreis. (Kirchen-Galerie der Fürstlich Reußischen

Länder, Dresden [ca. 1843], Lief. 15.2, [210].)

Frontispiz: Kirche St. Georg und St. Martin in Griesbach, Erzgebirgskreis,

Kirche St. Jodocus in Rödersdorf, Saale-Orla-Kreis,

historischer Markt mit Kirche in Neumark, Vogtlandkreis,

Kirche St. Margarethen in Kirchberg, Lkr. Zwickau, und

Burg Schönfels, Gem. Lichtentanne, Lkr. Zwickau. (Fotos: Günter Hummel.)

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Inhalt Andreas Hummel, Volker Schimpff und Hans-Jürgen Beier Vorwort …………………………………………………………………………………………… Frank Reinhold (†) Ist's wirklich wahr? - Gedicht für Günter Hummel zum 60. Geburtstag …………………... Andreas Hummel Bibliografie Günter Hummel (1952-2013) ……………………………………………………... Günter Hummel (†) mit Beiträgen von Heinrich Späte (†) und Volker Thurm, bearb. von Barbara Löwe und Andreas Hummel Die Kaynaer Kirche ……………………………………………………………………………… Andreas Hummel Günter Hummel – Erinnerungen an meinen Vater und Schwerpunkte seiner Forschungen Hans-Jürgen Beier Günter Hummel als ehrenamtlicher Ausstellungskurator im Stadt- und Dampf-maschinenmuseum Werdau ……………..…………………………………………………...… Kunstgeschichte

Gerhard Werner Der spätgotische Flügelaltar in der Stadtkirche von Münchenbernsdorf – ein Gemein-schaftswerk der Saalfelder Bildschnitzer Valentin Lendenstreich und Hans Gottwalt …... Gunter Lasch Gotische Skulpturen in der Dorfkirche Brünlos, Stadt Zwönitz, Erzgebirgskreis: Zeugnisse der untergegangenen Stalburg (Burg Stollberg)? ………………………………... Jan Hrdina, Carina Brumme und Hartmut Kühne More Pragense? Die Prager Pilgerzeichen, die Jubiläumsnachfeiern 1393-1397 und die Pilgerzeichen mit Wappen am Ausgang des Mittelalters …………………………………… Mario Titze Das barocke Hammerherrenhaus in Carlsfeld, Erzgebirgskreis ……………………………. Archäologie Ines Spazier Ein ungewöhnliches Geschossspitzendepot und neue archäologische Befunde auf dem Oberen Schloss in Greiz, Lkr. Greiz ……………………………………………………………. Thomas Queck Besondere Befunde in der Kirche zu Beutnitz, Gem. Golmsdorf, Saale-Holzland-Kreis … Jörg Wicke Die „Lasansche Freundschafft“ zu Zwickau. Geschichte aus Stadt- und Bodenarchiv …... Sebastian Schopplich Die (Wieder-)Aufstellung des Culmer Steinkreuzes am 19. Oktober 2015 …………………

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Bauforschung

Dirk Höhne Methodische Ansätze zur Erforschung mittelalterlicher Dorfkirchen …………………… Lutz Scherf Baugeschichtliche Untersuchungen an der Kirche St. Petri zu Dorna, Stkr. Gera, Thüringen …………………………………………………………………………………………. Rainer Müller Kirchen in und um Jena – Aspekte einer regionalen Architekturgeschichte ………………. Reinhard Schmitt und Benjamin Rudolph Burg Droyßig und der Befestigungsbau im 15. Jahrhundert in Mitteldeutschland unter dem Einfluss der Hussitenkriege und des Sächsischen Bruderkrieges …………………….. Ina Schumann und Andreas Hummel Von der Försterwohnung zur Unterburg: Sanierungen und Restaurierungen auf der Burg Schönfels, Gemeinde Lichtentanne, Lkr. Zwickau …………………………………………… Dörte Hansen Baurechnungen als Quellen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte: Die Baurechnungen des Doppelamtes Jena-Burgau an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert ……………... Udo Hagner Zur Baugeschichte der Pfarrei und Schule in Roben vom 16. bis zur Mitte des 18. Jahr-hunderts …………………………………………………………………………………………... Geschichte Volker Schimpff Ein Königsgutbezirk an der oberen Schnauder ……………………………………………… Hans Schmigalla War die altenburgk ehedem das obere hus? - Ein Beitrag zum Rudolstädter Burgenproblem Sven Michael Klein Das thüringische Vogtland im Zeitalter des Wandels vom Mittelalter zur Neuzeit ……… Stefan Michel Das historische und theologische Umfeld des Greizer Kirchenbaus von 1803 bis 1805. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Aufklärung in Greiz ……………... Gustav Wolf Die jungen Brüder Friedrich und Ernst Förster im Spannungsfeld des gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs während der Befreiungskriege und im Umfeld der Entwicklung des „Skatspieles“ in der ehemals herzoglichen Residenzstadt Altenburg ………………………

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BFO 7, Hans Schmigalla, War die altenburgk ehedem das obere hus?, 315 – 352

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Hans Schmigalla

War die altenburgk ehedem das obere hus?Ein Beitrag zum Rudolstädter Burgenproblem

1. Das Rudolstädter Burgenproblem

Die im frühen Mittelalter entstandenen befes-tigten Plätze hatten vornehmlich die Aufgabe,die Bewegungen auf Fernwegen zu kontrollie-ren, insbesondere dann, wenn sie in Grenznä-he angelegt wurden. Die Forschung ist sich seitlangem einig, dass Rudolfestat, erstmals 775/786 urkundlich genannt, eine solche Grenzsta-tion des fränkischen Reiches an der Saaleliniewar, die die Fernwege, die aus dem rechtssaal-ischen, slawisch besiedelten Gebiet kamen, inder Nähe des Flussüberganges zu sichern hat-te.1

Hervorhebungen durch Fettdruck – auch innerhalb von

Quellen- und Literaturzitaten – stammen vom Verfasserund sind zur Verdeutlichung bestimmter Details vorge-nommen worden.AbkürzungenRHH Rudolstädter HeimathefteThStAR Thüringisches Staatsarchiv RudolstadtTLM Thüringer LandesmuseumTLUG Jena Thüringer Landesanstalt für Geologie

und Umwelt Jena

TLVermGeo Thüringisches Landesamt für Vermes-sung und Geoinfomation

1 Hier wird nur auf jene Literatur verwiesen, auf die imFolgenden vor allem Bezug genommen wird. Es liegt inder Natur der Sache, dass die Aussagen der Autoren im

Detail voneinander abweichen.Johann Friedrich BÜCHNER, Geschichte der Stadt Rudols-tadt, Leipzig 1804; Ludwig Friedrich HESSE, Rudolstadtund Schwarzburg nebst ihren Umgebungen, Rudolstadt[1816]; Friedrich LUNDGREEN, „’s gieht doch nischt iber

Rudelstadt“, in: Friedrich LUNDGREEN (Hrsg.), Dr. Ber-thold Rein als Ehrengabe zum 80. Geburtstag, Rudolstadt1940, 7-18; Hugo TRINCKLER, Entstehungsgeschichte undHäuser-Chronik von Alt-Rudolstadt, Rudolstadt 1939;Heinz DEUBLER, Herbert KÜHNERT, Übersicht über die

Rudolstädter Burgengeschichte bis zum Brande derHeidecksburg 1735, in: RHH 9(1963) H.1/2, 15-27, H.3/4,

Es blieb nicht bei dem einen befestigten Hofauf dem Schwemmkegel des Wüstebaches ander Engstelle zwischen Schlossberg undDebrahöhe. Die Besiedlung schritt voran, dieGrenze verlagerte sich ostwärts und umschlossnun auch die in der Orlasenke siedelnden Sla-wen. Der fränkische Hof Rudolstadt und mitihm die ihn umgebende Siedlung gerieten vomRand des Reiches in sein Inneres. Nicht mehrGrenzsicherung, sondern Herrschaftsaus-übung über ein kleines Gebiet hieß jetzt dieAufgabe, eingeschlossen der Schutz der Be-wohner vor den Einfällen der Ungarn in derersten Hälfte des 10. Jhs. Aus dem Hof könnteeine Niederungsburg entstanden sein oder istjetzt schon mit einer Höhenburg zu rechnen?Wenn ja, auf welcher der in Frage kommendenHöhen könnte sie gelegen haben?

Frühestens Anfang des 11. Jhs., spätestenszu Beginn des 13. Jhs. wird Rudolstadt und der

75-81, H.5/6, 102-112, H.7/8, 165-175; Wilfriede HAR-

TUNG, Wolfgang GRESKY, Rudolstadt, in: Hans PATZE

(Hrsg.), Thüringen (Handbuch der historischen StättenDeutschlands 9), Stuttgart 1989, 360-364.; Horst FLEI-

SCHER, Vom Burgenort zur Residenzstadt, Rudolstadtund sein Schloss vom 13. bis zum 16. Jahrhundert, in:Rudolstadt – eine Residenz in Thüringen, Leipzig 1993,

105-122; Luise GRUNDMANN (Hrsg.), Rudolstadt und dasmittlere Saaletal (Werte der deutschen Heimat 58), Wei-mar 1998, Suchpunkt U1 „Rudolstadt“, 157ff.; W. KAHL,H. MÜLLEROTT, Die Vor- und Frühgeschichte Rudolstadtsmit den Annalen von 775-786 bis 1503, Arnstadt 2002;

Hans SCHMIGALLA, Verkehrsgeographische Spuren inund um Rudolstadt – Komplemente zur mittelalterlichenBurgengeschichte, in: Volker SCHIMPFF, Hans-JürgenBEIER (Hrsg.), Saalfelder Wege, Festgabe für GerhardWerner zum 75. Geburtstag (Beiträge zur Frühgeschichte

und zum Mittelalter Ostthüringens 6), Langenweißbach2012, 81-120.

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dazu gehörige Bezirk aus Reichsgut in dieHände der Grafen von Orlamünde übergegan-gen sein. In der ersten Hälfte des 13. Jhs. ge-hört ihnen ein castrum in Rudolstadt. Aus Ur-kunden des 14.Jhs. erfahren wir von zwei Bur-gen in Rudolstadt, von einem nideren hus undeinem oberen hus, im 16. Jh. von einer „AltenBurg“, die noch im 17. Jh. als Altenburgk er-scheint. Welches Haus war das castrum, dasobere oder das niedere? Heute stehen wir vorzwei Schlössern, die mit ihren Namen noch anehemals befestigte Plätze erinnern: Heidecks-burg und Ludwigsburg. Lag das „obere Haus“dort, wo jetzt die Heidecksburg steht oder aufder Terrasse, auf der sich Schlosscafé undSchallhaus befinden? War die „Alte Burg“ehedem das „obere“ oder das „niedere Haus“?

Den überzeugendsten Beitrag zur Klärungder komplizierten räumlichen Beziehungenund zeitlichen Abfolgen in der Geschichte derRudolstädter Burgen haben aus Sicht des Ver-fassers Deubler/Kühnert vor einem halbenJahrhundert vorgelegt.2 Dennoch gibt es eineReihe offener Fragen und mit Zweifeln aufge-nommener Aussagen, insbesondere für dasfrühe und hohe Mittelalter. Deshalb kommt esimmer wieder hinsichtlich einzelner nicht si-cher erscheinenden Aussagen über bestimmteSachverhalte zu anderen plausiblen Deutun-gen3 und neue archäologische Funde stellenbisherige Aussagen infrage.4

Der vorliegende Beitrag ist ein Versuch, dieaufgeworfenen Fragen zu klären, in dem ereinige neue Ansätze verfolgt. Begonnen wirdmit einem logischen Ansatz, der sich auf dieAspekte Identifizierung und Zuordnung derfrühen Burgen zu Standorten konzentriert.Ergänzend werden aus einer gänzlich anderenSicht, der der Geomorphologie, Standortbe-

2 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1).3 Vgl. FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 107 und seine

Anm.10. Horst Fleischer vertritt hinsichtlich der Lage vonoberem hus und niederem hus eine gänzlich andere Ansichtals Deubler/Kühnert. Er vermutet beide auf demHeidecksburgplateau.4 Ines SPAZIER, Archäologische Untersuchungen in Ru-

dolstadt, in: RHH 56 (2010) H. 9/10, 241-249. Die Fundeam Südhang des westlichen Teils des Bergsporns deutendaraufhin, dass das Heidecksburgplateau im 9./10.Jh.fränkisch besiedelt war und möglicherweise eine Befesti-gung trug. Für Deubler/Kühnert beginnt die Befestigung

des oberen Plateaus erst Ende des 14.Jh. (DEUBLER/ KÜH-

NERT, Burgengeschichte wie Fn. 1 ,78 und 102)

dingungen für Burgen auf dem Zechsteinsporndiskutiert. Zur Rekonstruktion des ursprüngli-chen Reliefs werden Daten aus Bohrarchivenund historischen Bauplänen herangezogen.Mit Hilfe der Rekonstruktion des Grabensys-tems, der Wege auf und zu dem Sporn werdendie Aussagen zur Zuordnung von Burgen zuStandorten auf Widersprüche untersucht. ZurKlärung der Frage, in welchen Zeiträumen aufdem Areal der Ludwigsburg mit festen Anla-gen zu rechnen ist, wurden Baupläne auf Re-likte von Vorgängerbauten durchmustert.Durch Kombination artverschiedener Ansätzeund unterschiedlicher Quellengattungen wirdversucht, den Grad der Wahrscheinlichkeit derAussagen zu erhöhen.

Die Forschung hat die frühen RudolstädterBurgen auf drei Standorten gesucht: auf demAreal der Ludwigsburg, auf der Schlossgarten-terrasse und auf dem Plateau der Heidecks-burg. Diese Plätze werden auch im vorliegen-den Beitrag als potentielle Burgenstandorteangesehen.

2. Zum Problem der Zuordnung von Burgen-bezeichnungen zu Standorten

Obgleich schon viel früher mit einer Burg inRudolstadt zu rechnen ist – bestimmte Infor-mationen, auf die noch eingegangen werdenwird, lassen darauf schließen – stammt dieerste schriftliche Erwähnung eines castrum ausdem Jahre 1222. In der ReinhardsbrunnerChronik wird die Burg Schauenforst von Her-mann von Orlamünde genannt, „die sich zwi-schen seinen besseren Burgen, die freilichOrlamünde und Rudolstadt sind, befindet.“5

Rudolstadts Burg wird in einem Vergleich mitzwei Höhenburgen genannt und muss deshalbebenfalls eine solche gewesen sein. Wenn siegar als „bessere“ auf eine Stufe mit Orlamündegestellt wird, so kann es sich nur um eine gutbefestigte Wohnburg gehandelt haben.

Über das vermutliche Aussehen dieserHöhenburg kann man sich anhand eines Ver-gleiches mit Orlamünde eine gewisse Vorstel-lung machen. Von letzterer ist heute noch einbedeutendes Bauwerk erhalten, die weithin

5 Chronica Reinhardsbrunnensis ed. Oswald HOLDER-EGGER MGH SS30/1, Hannover 1896, 490-656, hier 598.

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sichtbare Kemenate. Für dieses wohl ältesteweitgehend unveränderte Burggebäude Thü-ringens ist insbesondere durch personenge-schichtliche und bauhistorische Untersuchun-gen eine wahrscheinliche Bauzeit von 1050 bis1070 bestimmt worden, während andere bau-historische Untersuchungen eine spätere Da-tierung „erst zwischen M. 12. und N. 13. Jh.“annehmen.6 Ein derartiges Bauwerk könnte,wenngleich vermutlich mit geringeren Abmes-sungen, durch die Orlamünder danach auch inRudolstadt errichtet worden sein.7

Die nächste Nachricht über Burgen in Ru-dolstadt enthält eine Urkunde von 1264, in der„Rudolstadt mit beiden Schlössern“ genanntwird.8 Eines der beiden „Schlösser“ wird ur-kundlich 1306 als „das niedere Haus mit allemZubehör“ aufgeführt.9 Das nicht genanntePendant kann nur das für 1222 bezeugtecastrum sein.10 Im Jahre 1326 erscheint es unterder Bezeichnung „oberes Schloss“, denn wirerfahren von der Capellen des heyligen Gregoriiin dem ober Schloß.11 Nach dem 1331 „die Festenund das Gut“12 erwähnt werden, treten 1334beide Burgen wie folgt in Erscheinung: „oberesHaus mit der halben Stadt und der zugehöri-

6 Gudrun LANGE, Peter LANGE, Die Kemenate inOrlamünde, Orlamünde 2004, 11; Stephanie EIßING, FranzJÄGER u. a., Thüringen (Georg Dehio, Handbuch der

Deutschen Kunstdenkmäler), München 22003, 946 (Zitat).7 Ein bewährtes Baumuster zu übertragen, war durchausüblich. So haben z. B. die Schwarzburger Anfang des 14.Jh. mit Ehrenstein, Ehrenberg bei Plaue und Liebensteinhinsichtlich Baukonzept und zahlreicher Baudetails ei-

nander ähnliche Höhenburgen geschaffen; vgl. GerdSTRICKHAUSEN, Zum Burgenbau Graf Günthers XXI. vonSchwarzburg, in: Burgen in Thüringen. Jahrbuch derStiftung Thüringer Schlösser und Gärten 19 (2006 [2007]),69-87.

Auch wurde durch die Orlamünder vermutlich im 13. Jh.die gleiche lineare Stadtstruktur mit einer Straßenauf-weitung am westlichen Tor in Orlamünde wie in Rudols-tadt verwirklicht; vgl. SCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1),115 und Abb. 15.8 Otto DOBENECKER (Hrsg.), Regesta diplomatica necnonepistolaria historiae Thuringiae 3, Jena 1925, , Nr. 3214.9 Ernst DEVRIENT, Der Kampf der Schwarzburger um dieHerrschaft im Saaletal, in: Willy FLACH (Hrsg.), Fest-schrift Berthold Rein zum 75. Geburtstag, Jena 1935, 1-44,

16, Nr. 1.10 Es ist verständlich, wenn das „niedere Haus“ im Zu-sammenhang mit dem Vergleich in der Chronik von 1222nicht erwähnt wird, denn dort werden ausschließlichHöhenburgen einander gegenübergestellt.11 BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1), 102f., Nr. 3.12 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9 ), 20, Nr. 9.

gen Mannschaft“ sowie der „Turm auf demniederen Haus“.13

Soweit die schriftlichen Zeugnisse mit Nen-nungen von Burgen in Rudolstadt im Zeitraum1222 bis 1334.

Ein Ansatz zur Identifizierung und Standort-zuordnung von BurgenDanach können folgende Gleichungen als si-chere Aussage betrachtet werden:14

castrum (1222) = ober Schloß (1326) = „oberesHaus“ (1334) = OH

sowie für das Antonym„niederes Haus“ (1306) = „Turm auf dem nie-

deren Haus“ (1334) = UH.Die Bezeichnungen geben keine Auskunft

über die konkreten Standorte der beiden Bur-gen.

Erkennbar ist nur eine relative Zuordnungzueinander, die zwar Vermutungen ermög-licht, aber keine sichere Lokalisierung zulässt.

Seit 1331 überließen die Orlamünder denGrafen von Schwarzburg Rudolstadt mit sei-nen Burgen zunächst als Pfand. Im Jahre 1340gelangte es endgültig an das Haus Schwarz-burg. Der Zugewinn gehörte zu einer Ziel ge-richteten Erwerbspolitik entlang der Saale, mitder die Schwarzburger reagierten, nachdemdas Pleißenland 1328 durch Heirat an denLandgrafen aus dem Hause Wettin gelangtwar. Die Spannungen führten zur ThüringerGrafenfehde (1342-1345), in der sich ein Bünd-nis Thüringer Grafen auf der einen und derLandgraf mit der Stadt Erfurt auf der anderenSeite gegenüber standen.15 Im Verlaufe derkriegerischen Auseinandersetzungen gewunnendie von Erfurte Růdolfstat unde verbrannten die stat zumale. So berichtet eine Erfurter Chronikfür das Jahr 1345.16

13 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9 ), 23, Nr.14.14 Das Gleichheitszeichen steht hier keineswegs für eineabstrakte, sondern für eine konkrete Identität, die Verän-

derungen der baulichen Anlagen über der Zeit ein-schließt. Sie drückt die Kontinuität der Bebauung angleicher Stelle im genutzten und ungenutzten, wie auchim ruinösen Zustand aus.15 Vgl. dazu ausführlich Peter LANGHOF, Die Thüringer

Grafenfehde und die Schwarzburger, in: Thüringen imMittelalter – Die Schwarzburger (Beiträge zur schwarz-burgischen Kunst- und Kulturgeschichte 3), Rudolstadt1995, 131-145.16 Cronici Saxonici Continuatio (Thuringica) Erfordensis,

in: Liber cronicorum sive annalis Erfordensis, in: Monu-menta Erphesfurtensia saec. XII, XIII, XIV, MGH SS rer.

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Die Fehde wurde im Juli 1345 mit einemVertrag beendet, der in Dornburg ausgehan-delt und in Weißenfels ausgefertigt wurde. Indiesem Sühnevertrag erscheint nur noch eineBurg (die „Feste in Rudolstadt“).17 Auch inUrkunden von 1361 und 1398 bleibt es bei ei-nem „Haus“.18 Vom Ende des 14. Jhs. bis zumBau der Ludwigsburg in der ersten Hälfte des18. Jhs. ist stets nur noch von einem Schlossdie Rede. In einer Notiz aus dem Jahre 1548 indem in Latein abgefassten Tagebuch desWolrad von Waldeck wird das Schloss arx ge-nannt.19 Seit dem 17. Jh. tritt neben der Be-zeichnung Schloss auch der Name Heidecks-burg auf.20

Es wird von folgender Gleichung ausge-gangen: „Feste“ (1345 Juli) = „Haus“ (1361) =„Haus“ (1398) = sloss (1418) = arx (1548) =„Heidecksburg“ (seit 17. Jh.) = HB

Dabei wird vorausgesetzt, dass es sich beider „Feste“ um eine neue Burg handelt, da beider Benennung auf keinen der bisher verwen-deten Namen zurückgegriffen wird und spä-ter, wie noch zu zeigen sein wird, diese Burgvon einer „Alten Burg“ unterschieden wird.21

Auch dürfte mit der neuen Bezeichnung dieAbsicht verbunden worden sein, eine neueQualität der Lage und der Befestigung auszu-drücken. Damit wurde eine bauliche Kontinui-tät auf dem Heidecksburgplateau begründet,die bis in unsere Zeit reicht. Das ermöglichteine erste Zuordnungsrelation:HBHeidecksburgplateau.

In dieser Burg (arx) besucht Wolrad vonWaldeck seine Schwiegermutter Katharina vonSchwarzburg22 und unternimmt am 8. Juli 1548

Germ. [42] ed. Oswald HOLDER-EGGER, Hannover, Leip-

zig 1899, 443-485, hier 483.17 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9), 26f., Nr.23.18 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9), 36, Nr. 43 und 43, Nr. 59.19 Carl Ludwig Philipp TROSS (Hrsg.), Des Grafen Wolradvon Waldeck Tagebuch, Stuttgart 1861, 225.20 Heinz DEUBLER, Der Name Heidecksburg, in: RHH,23(1977) H. 1/2, 12-14.21 Für eine neu angelegte Burg könnte auch die Formulie-rung im Sühnevertrag von Juli 1345 sprechen, wo „dieGrafen von Schwarzburg mit der Mannschaft, zu der sie

sich dem Kaiser […] neuerdings mit der Feste zu Rudols-tadt vermannt haben“, erwähnt werden; vgl. DEVRIENT,Saaletal (wie Fn. 9), 26f., Nr. 23.22 Jene Gräfin, die durch ihren Ausspruch „Fürstenblutfür Ochsenblut“ in die Geschichte eingegangen ist; vgl.

Friedrich SCHILLER, Herzog von Alba bey einem Früh-stück auf dem Schlosse zu Rudolstadt im Jahr 1547, in:

einen Spaziergang in die nahe gelegene alteBurg (in arcem veterem). Er ging „der Verdau-ung wegen in die alte Burg (wie man sagt). DerBurg liegt eine Mauer sehr nahe, [von] wonoch Fundamente und Mauerüberreste gese-hen werden können. Am Fuße dieses Bergesam Rande von Rudolstadt liegt das Haus derEdlen von Heisen […]. Daran stoßen die Häu-ser des Siegfried Schonfeld und des Philippvon Ten an.“23 Diese Notiz ist von hohemZeugniswert für die Beantwortung der Frageauf welchem Standort die alte Burg lag. Grafvon Waldeck ist ein Außenstehender, deshalbschildert er die örtlichen Lagebeziehungen.Den Begriff „alte Burg“ prägt er nicht, sondernverwendet ihn nach dem lokalen Sprachge-brauch („wie man sagt“). So erfahren wir: Burgund alte Burg liegen nahe beieinander. Die alteBurg befindet sich auf einem Berg und am Fu-ße dieses Berges steht der Heisenhof. – Allediese Merkmale treffen auf die spätere untereSchlossgartenterrasse zu und nur auf diese.Daraus folgt eine eindeutige zweite Zuord-nungsrelation:„Alte Burg“ (1548) Schlossgartenterrasse.

Die vorgenommene Zuordnung wird auchkeineswegs durch eine Angabe im Erbzins-buch von 1669 infrage gestellt, die meist sozitiert wird uf der altenburgk, iczo untermSchloßgartten. Aus diesem verkürzten Zitatwird dann z. B. gefolgert, dass die „AltenBurg“ jetzt unter dem Schlossgarten liegenmüsse. Die Angabe im Erbzinsbuch lautet abervollständig: 2 Hüner von einem Rähmen uf deraltenburgk, iczo unterm Schloßgartten.24 Nicht die

Michael SCHÜTTERLE (Hrsg.), Herzog von Alba und Ka-tharina von Schwarzburg bei einem Frühstück auf dem

Schloss zu Rudolstadt im Jahr 1547, Rudolstadt 2009.23 Gerhard KAPPE, Tagebuch der Reise zum AugsburgerReichstag 1548 (Übersetzung), in: Gerhard KAPPE

(Übers.), Tagebuch des Grafen Wolrad von Waldeck –Reise zum Augsburger Reichstag 1548 (Monographia

Hassiae 22), Kassel 1998, 281. – Die hier vorgenommeneInterpretation des Zitats berücksichtigt die differentenBenennungen von Burgen im lateinischen Urtext desTagebuches (vgl. TROSS, Tagebuch [wie Fn. 19]). So heißtnur die spätere Heidecksburg durchweg schlicht arx (225,

226, 240). Die im lokalen Sprachgebrauch der Zeit „AlteBurg“ genannte ehemalige Burg betitelt von Waldecktreffend mit arx vetera (225), während die damals nochbestehende aber vor langer Zeit entstandene Blankenburg(später Greifenstein) mit arx vetusta (227) bezeichnet

wird. Die Schwarzburg, die ebenfalls noch fortbesteht,aber noch älter ist, heißt arx vetustissima (234).

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altenburgk liegt 1669 unterm Schloßgartten, son-dern der Rähmen der Tuchmacher, der früherauf der „Alten Burg“ stand, nun aber, da dortein Garten angelegt worden war, unmittelbarunterhalb desselben auf einer kleinen, nochheute vorhandenen Terrasse, aufgestellt wur-de. Die Tuchmacher mussten dafür jährlichzwei Hühner entrichten. 24

Auch in den Jahresrechnungen des AmtesRudolstadt ab 1513/14 bis 1571/72 finden sichmehrmals Ausgabenpositionen, in denen die„Alte Burg“ genannt wird. Aus den Angabenlässt sich entnehmen, dass sie außerhalb derAlten Wache und höher als diese liegt(1513/14). Sie grenzte auch an den Zwinger(1529/30), der die Heidecksburg vom Schloss-garten trennte.25 Diese Mitteilungen in internenUnterlagen der Schlossverwaltung erhärtendie Zuordnung zur Schlossgartenterrasse, wiesie auf der Grundlage der Tagebuchnotiz einesExternen, des Grafen von Waldeck, vorge-nommen wurde.

Die „Alte Burg“ kann nur eine von den bei-den Burgen gewesen sein, die vor der Brand-schatzung im Jahre 1345 existierten. Zwei La-gerelationen sind denkbar. Bei der einen lagdas „obere Haus“ auf dem Heidecksburg-plateau und das „niedere“ auf der Schlossgar-tenterrasse, bei der anderen befand sich das„obere“ auf der Schlossgartenterrasse und das„niedere“ auf dem Ludwigsburgareal. Dieerstgenannte Relation scheidet aus, weil es sichdann bei dem Vorgängerbau der Heidecksburgnicht um eine neue Burg gehandelt hätte.

Demnach ergibt sich folgende Gleichset-zung und Zuordnungsrelation:OH = „Alte Burg“ Schlossgartenterrasse.

Diese Zuordnung macht deutlich, warumdie Schwarzburger das durch Brandeinwir-kung unbewohnbar gemachte „obere Haus“nicht wieder aufgebaut haben, sondern eineneue Burg auf dem Heidecksburgplateau er-richtet haben. Erstens war die Lage auf demöstlichen Teil des Zechsteinsporns unterhalbdes höher gelegenen westlichen Plateaus zwarmöglich, wie an anderen Burgen noch gezeigtwerden wird, aber nicht ideal. Zweitens war

24 ThStAR, Geheimes Archiv (Restbestand), EV 3 Nr. 8,Erbzinsbuch […] 1669, Kapitel „Alte Statt“, DasHandwergk der Tuchmacher25 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1), 108,110, 167, 169f.

die Fläche für die Aufnahme einer Burg zwarausreichend, auch darauf wird noch eingegan-gen, aber sie bot keine Erweiterungsmöglich-keiten. Drittens war die Burg aus östlicherRichtung, d. h. durch die Orlamünder, gut zuerreichen, während die Schwarzburger, ausihren westlich gelegenen Stammgebieten anGera, oberer Ilm und auch von der Schwarzaher kommend, sicher interessiert gewesen wa-ren, über die mittelalterlichen Höhenwege aufdas westliche Plateau zu gelangen.26

Es gab also gute Gründe für die Schwarz-burger, statt des Wiederaufbaus des „oberenHauses“ auf der heutigen Schlossgartenterras-se eine neue „Feste“ auf dem darüber liegen-den Plateau zu errichten. Möglicherweise ha-ben sie mit dem Bau dieser „Feste“ bereits län-gere Zeit vor der Einäscherung durch die Er-furter im März 1345 begonnen. Dafür sprechendie in den Pfandverträgen mit den Orla-mündern genannten Geldbeträge für „Baukos-ten auf die Festen“. Nach dem Vertrag von1331 konnten die Schwarzburger 10 Mark,nach dem Vertrag von 1334 einen Betrag von 5Mark jährlich aufwenden.27 Bis 1345 könnenfolglich 80 bis 90 Mark lötigen Silbers verbautworden sein, wobei viel dafür spricht, dassdiese Mittel auf die Erschließung des Terrainsfür die neue Burg, auf den Bau von Annähe-rungshindernissen und eventuell auf ersteBauphasen konzentriert wurden.

Für die Annahme, dass auf dem Heidecks-burgplateau bereits längere Zeit vor 1345 anBefestigungen gebaut worden sein könnte,spricht auch der Stand, den das Befestigungs-system, welches Burg und Stadt umfasste, be-reits 1326 erwarten lässt. In diesem Jahr wirdRudolstadt erstmals als Stadt bezeichnet, wasnach allgemeinem Verständnis das Vorhan-densein einer Stadtmauer voraussetzt. In Ru-dolstadt bindet nun diese Stadtmauer im Os-ten wie im Westen an die Mauern der Burg an,die die Funktion einer nördlichen Stadtmauererfüllten, während die damalige Stadt alsVorburg fungierte.28 29 Selbst wenn die Erwar-

26 SCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1), 106.27 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9), 20, Nr. 9 und 23, Nr. 14.28 In Urkunden ist noch 1418 von „Zinken, Zäunen undGräben“ sowie 1426 „von dem Hagen um die Burg“ dieRede. Es scheint so, dass zu dieser Zeit noch verbreitet

Pfahlhindernisse zum Einsatz kamen und die Burg offen-bar von einem Dornenverhau umgeben war. Allerdings

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tungen in die Qualität des Befestigungssys-tems vor 1345 zu relativieren wären, so kanndoch an der erreichten räumlichen Ausdeh-nung kein Zweifel bestehen. Es spricht sehrviel dafür, dass der westliche Rücken desZechsteinsporns sich schon geraume Zeit vor1345 im Prozess der Befestigung befand. Es hatden Anschein, als ob die Schwarzburger wei-tergeführt haben, was die Orlamünder bereitsvor 1331 begonnen hatten.

Begünstigt wurde der Bau an der neuen„Feste“ möglicherweise auch durch die Beson-derheit der Zerstörung in Rudolstadt, wie siesich aus der Darstellung in einer ErfurterChronik ergibt. Auf eine kurze Formel ge-bracht, wurde Rudolfstat eingenommen, ge-plündert und in Gänze angezündet. Andersbei den meisten von der Fehde betroffenenOrten. So werden bei Kahla Stadt und Burggenannt und es wird von vernichten und nie-derreißen berichtet. Auch in Wiehe werdenBurg und Stadt aufgeführt und mitgeteilt, dassdie „Burg erobert und gänzlich zerstört wur-de.“30 Die Burgen Rudolstadts wurden zwargebrandschatzt, aber offenbar nicht geschliffenwie jene in Kahla, Wiehe und andernorts. Aufder vermuteten Baustelle der neuen Burg gabes nichts zu plündern, hölzerne Zwischende-cken werden noch nicht eingezogen und Dach-stühle noch nicht abgebunden worden sein.Das Zündeln lohnte sich noch nicht. – So weit

kann der Übertragung von czyndeln in der Urkunde von1418 mit „Zinken“ durch DEUBLER/KÜHNERT, Burgenge-

schichte (wie Fn. 1), 104f. eine andere entgegengesetztwerden, die nach Ansicht des Verfassers das Wort tref-fender interpretiert. Das Grimmsche Wörterbuch ver-weist bei „zindel“ auf ostmitteldeutsch für „zingel“ mitder Bedeutung Befestigungsgürtel bzw. Außenmauer

einer Stadt oder Burg (Jacob GRIMM, Wilhelm GRIMM,Deutsches Wörterbuch 15=31, Leipzig 1956, 1387, 1390).Das berechtigt mehr an eine Mauer als an eine Pfahlwandzu denken.29 Natürlich wurden neben Mauern auch weiterhin An-

näherungshindernisse aus Holzpfählen eingesetzt. Selbstwährend der Zeit der Türkenkriege sollte das Schloss inRudolstadt noch mit Pfahlhindernissen zusätzlich ge-schützt werden, die nunmehr nach französischem Vor-bild „Palisaden“ genannt werden; vgl. BANGERT,

Schwarzburg-Rudolstadt zur Zeit der Türkenkriege(1663-1664), in: Beilage zur Landeszeitung für Schwarz-burg-Rudolstadt und angrenzende Gebiete, Nr.9,28.3.1926, 1f.30 Cronica S. Petri Erfordensis moderna. Continuatio II,

in: HOLDER-EGGER, Monumenta (wie Fn. 16), 386-398, hier389.

einige Reflexionen zu den Baukosten vor derBrandschatzung, zum Zusammenhang vonBurg- und Stadtbefestigung sowie zu den Be-sonderheiten bei der Zerstörung Rudolstadts,die im Hinblick auf die neue „Feste“ von derForschung bislang nicht diskutiert wurden.

Es verbleibt noch die Aufgabe, das „niede-re Haus“ zu lokalisieren. Von den drei ein-gangs genannten Standorten ist das Ludwigs-burgareal im Rahmen dieses Beitrags nochnicht besetzt worden. Es ist in die Reihe poten-tieller Plätze aufgenommen worden, weil andieser Stelle der befestigte fränkische Hof, cur-tis Rudolfestat (775/786), stand.31 Für den Hofwerden die Bestimmungen der Landgüterord-nung gegolten haben, die Karl der Große fürdie Verwaltung der Krongüter erließ.32 Mögli-cherweise wurde der Königshof im Zusam-menhang mit den Einfällen der Ungarn inThüringen Anfang des 10. Jhs. zu einer jenerFluchtburgen umfunktioniert, die nach derBurgenordnung (926) des ersten ottonischenKönigs, Heinrich I., auch in vorhandenen Be-festigungen eingerichtet werden sollten.33 Inder Querfurtischen Chronik wird für das Jahr939 unter mehreren seine[r] Heuser auch einHaus in Rudelstatt aufgeführt.34 Die in dieserZeit zweifellos noch zum Königsgut gehören-de Anlage könnte als Niederungsburg am glei-chen Platz wie der fränkische Hof gestandenhaben, gleichwohl wäre eine Lage auf derSchlossgartenterrasse wie auf dem Heidecks-burgplateau nicht auszuschließen. Obwohlmehr für das Ludwigsburgareal als für dieHöhenlagen spricht35, erlaubt diese Feststel-lung keine eindeutige Zuordnung.

31 Thomas FRANKE (Hrsg.), Breviarium sancti Lulli – Ein

Hersfelder Güterverzeichnis aus dem 9. Jahrhundert,(Faksimileausgabe), Bad Hersfeld 1986, Tafel I, 14f. DieTafel I enthält die Schenkungen Karls des Großen an dasReichskloster Hersfeld. Die Schenkung in Rudolstadtkann nicht jahrgenau datiert werden, für sie gilt ein Zeit-

raum von 775 bis 786. In den genannten Orten ist miteinem königlichen Hof (lat. curtis oder villa) zu rechnen,aus dessen Güterbestand die in der Urkunde genanntenHufen an das Kloster übergeben wurden.32 Capitulare de villis, MGH Capit. I nr.32 ed. Alfred

BORETIUS, Hannover 1883, 82-91.33 Vgl. Abschnitt 4 dieses Beitrages. Erstaunlicherweisesind die Raubzüge der Ungarn und die Gegenmaßnah-men Heinrich I. in der Forschung bisher nicht mit Ru-dolstadt oder anderen Orten an der Saalelinie in Bezie-

hung gesetzt worden.34 Vgl. Abschnitt 4 dieses Beitrages.

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Abb. 1. Zuordnung von Benennungen mittelalterlicher Burgen zu Standorten in Rudolstadt.

35 Anders verhält es sich mit dem „niederenHaus“ (1306) und mit dem „Turm auf demniederen Haus“ (1334). Die Nennung diesesTurmes, möglicherweise eines mittelalterlichenWohnturmes, ist ganz offenbar ein besonderesMerkmal dieser Befestigung. Nun berichtetBüchner in seinem 1804 verlegten Buch: „Auchwill man vor etlichen 70 Jahren, nach den Ver-sicherungen noch lebender Augenzeugen, ne-ben dem Schönfeldschen Hofe nordwestlicheine Ruine von einem alten Thurme gesehen[haben], der rund vom Grund auf und fest,[…] gewesen sey, daß man ihn nur durch dieGewalt des Schießpulvers habe sprengen kön-nen“.36 Gerade dieser sehr präzis beschriebeneStandplatz des Turmes, das heutige Ludwigs-burgareal, ist als der besonders befestigte Teildes Geländes im Bogen des Wüstebaches an-

35 Vgl. Abschnitte 4 und 6 dieses Beitrages. Nach LOSSE,Burgenkunde (wie Fn. 106), 133f., ist für die fränkischebis zur ottonischen Zeit eher von einer großflächigen

Befestigung auszugehen.36 BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1), 41f.

zusehen.37 Man kann nun allerdings nicht voneiner Identität der Turmruine von ca. 1730 mitdem Turm von 1334 ausgehen. Wenn ein Turmin einer Urkunde genannt wird, dann dürfte ereine besondere Bedeutung besessen haben.Eine solche wird man einem schlichtenRundturm kaum beimessen können. Ganz an-ders dürfte es sich mit einem mehrgeschossi-gen rechteckigen Wohnturm verhalten, der alsHerrschaftssitz in Frage kommt. Für einen sol-chen gibt es tatsächlich bauhistorische An-haltspunkte in der Ludwigsburg, auf die nocheingegangen werden wird. (Das gleiche gilt fürdie Reste eines Rundturms, der mit dem vonBüchner genannten identisch sein könnte, aufdem gleichen Areal. Hinsichtlich beider Reliktesowie bezüglich des im Folgenden genanntenCrackauischen Gutes wird auf Abschnitt 6verwiesen.)

37 Vgl. dazu SCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1), 84f.

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Aus dem Gesagten wird folgende Zuord-nungsrelation für das Areal abgeleitet:curtis Rudolfestat (775/786) = „niederes Haus“(1306) LudwigsburgarealDieses Areal bildet den Standort für/von„Turm auf dem niederen Haus“ (1334) = Bau-

resten eines Wohnturms mit rechteckigemGrundriss (im Hauptgebäude der Ludwigs-burg)des weiteren für = das Crackauische Guth mitdem Schönfeldischen Hof in der Altstadt (1707)sowie für/von = Ruine von einem alten Thurme(ca. 1730) = Bauresten eines Rundturms (imTorgebäude der Ludwigsburg).

Das Ergebnis der Zuordnung von Benen-nungen von Burgen, wie sie in schriftlichenDokumenten erscheinen, zu potentiellen Stan-dorten ist in Abb. 1 veranschaulicht. Vergleichtman dieses Resultat mit den durch Deubler/Kühnert vorgenommenen Lokalisierungen, sowird man keinen Unterschied feststellen. DerWeg aber, auf dem das vorliegende Ergebniserreicht wurde, ist ein anderer. WährendDeubler/Kühnert eine auf viele Aspekte ein-gehende Geschichte der Rudolstädter Burgenvorgelegt haben, wobei deren Lokalisierungnur ein Gesichtspunkt war, konzentriert sichder vorliegende Beitrag ausschließlich auf die-se Aufgabe und versucht, in reproduzierbarenlogischen Gleichsetzungs- und Zuordnungs-schritten zu einer widerspruchsfreien Zuord-nung zu gelangen.

Die Gültigkeit dieser Aussagen hängt insbe-sondere von den einbezogenen Fakten, diebisher ausschließlich urkundlich überlieferteBenennungen von Burgen sind, ab. Im Verlaufder weiteren Darlegungen werden deshalb dieErgebnisse anhand einer Reihe anderer Faktenüberprüft. Dabei erschien es sinnvoll, zunächstnach Lagebeziehungen der Burgen zu anderenObjekten mittelalterlicher Siedlung zu suchenund mit ihrer Hilfe die Zuordnungsergebnissezu evaluieren.

Zum Lageverhältnis von Burg und KircheIn diesem Exkurs wird der Frage nachgegan-gen, ob die heute noch auffällige Nähe vonLudwigsburg und Stadtkirche bei der Identifi-kation und Standortzuweisung der frühenBurgen zu berücksichtigen ist und welchenEinfluss dieses Lageverhältnis auf das Ergeb-nis hat.

Das in der letzten Zuordnung genannteCrackauische Gut belegt nicht nur den glei-chen Standort wie der fränkische Hof und das„niedere Haus“ der Orlamünder, sondern hatvon seinen Vorgängern auch reichen Besitzübernommen. Noch im 17. Jh. zinst diesemGut nahezu die halbe Altstadt, die andereHälfte war der Kirche zu Abgaben verpflichtet.(vgl. Abb. 18.) Diese Besitzverhältnisse reichenoffenbar bis in die fränkisch-ottonische Zeitzurück, als das enge Verhältnis von königli-cher Macht und Kirche auch in der räumlichenNähe von befestigter Anlage und Kirchenge-bäude für jedermann sichtbar zum Ausdruckgebracht wurde. In Rudolstadt führt zwischenNiederungsburg und Andreaskirche ein alterFernweg hindurch, der beide zwar trennt, aberim Verständnis der damaligen Zeit denjenigen,die diese Engstelle passierten, das enge Zu-sammenwirken beider Vertreter der Machtverdeutlichen sollte.38

Dieses vis-a-vis von Burg und Kirche ist inRudolstadt in der Niederung entstanden. Dieaus dem frühen Mittelalter bis in die früheNeuzeit tradierten Besitzverhältnisse bezeugenam Standort der heutigen Ludwigsburg denSitz einer alten Grundherrschaft, die keinemder auf dem Zechsteinsporn lokalisierten Bur-gen zuzuordnen ist. In die Stadt, die längs desFußes des Burgberges entstand, wurde dieKirche nicht integriert.

Bewertet man die im Vorhergehenden vor-genommene Identifikation und Standortzu-ordnung von Burgen unter dem Gesichtspunktdieser historischen Lagesituation von Niede-

38 Bezeichnend für das enge Verhältnis von Burg undKirche ist, dass in einigen slawischen Sprachen das Wort

Kirche in Anlehnung an castellum (lat.) gebildet wurde:kosziol (poln.) und kostel (tschech.); vgl. Gerhard GRAF,Peterskirchen in Sachsen, Frankfurt a. M. 1999, 52 und Fn.159. Bezüglich der Lage von Burg und Kirche steht Ru-dolstadt nicht allein. Auch in Saalfeld zog ein früher

Fernweg durch den Siechengraben zwischen dem Kö-nigshof und der Gertrudiskirche in Graba, um durch eineFurt das rechte Ufer der Saale zu erreichen; vgl.SCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1), 93. In Püchau(Muldentalkreis), bekannt geworden als Zufluchtsstätte

König Heinrich I. vor den nachdrängenden Ungarn,führte ein Hohlweg zwischen Burg und Peterskirche zurFurt durch die Mulde; vgl. GRAF, Peterskirchen, 59. DasRudolstädter Standortmuster ist aber keineswegs domi-nierend, die enge Beziehung drückt sich in vielen Formen

aus; vgl. Gerhard STREICH, Burg und Kirche während desdeutschen Mittelalters, Sigmaringen 1984, passim.

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rungsburg und Kirche sowie des daran ge-bundenen grundherrschaftlichen Besitzes, sostützt dies die vorgenommene Zuordnungcurtis Rudolfestat (775/786) = „niederes Haus“(1306) Ludwigsburgareal.

Zum Lageverhältnis von Burg- und Stadtbe-festigungIn diesem Exkurs soll überprüft werden, ob dieerwähnte Verbindung von Stadt- und Burgbe-festigung die Lösung des Zuordnungsprob-lems beeinflusst und möglicherweise das Zu-ordnungsergebnis revidiert werden muss. DieArt und Weise wie die Mauer der Stadt mit derdes Burgberges verbunden ist, deutet auf eineBefestigung auch des Zechsteinrückens schonvor 1331 durch die Orlamünder hin. Folgt mandieser Überlegung weiter, so liegt es nicht fern,noch unter den Orlamündern ein massivesBurggebäude auf dem heutigen Heidecksburg-areal anzunehmen. Auf Grund seiner Lageließe sich ihm die Bezeichnung „oberes Haus“zuordnen, während man das „niedere Haus“auf der tiefer gelegenen Kuppe lokalisierenkönnte.

Folgerichtig müsste dann auch der Wohn-„Turm auf dem niederen Haus“ auf der Kuppegestanden haben. Dies ist zwar nicht ausge-schlossen, eingangs dieses Abschnittes wurdendazu Überlegungen geäußert, aber selbst wennsich ein derartiges Gebäude dort nachweisenließe, müsste es nicht der urkundlich genannte„Turm auf dem niederen Haus“ sein. In die-sem Zusammenhang ist der „Turm“ nur einenotwendige, aber keine hinreichende Bedin-gung für die Verortung des „niederen Hauses“auf der Kuppe. Für die Zuordnung des „niede-ren Hauses“ zum Ludwigsburgareal ist ein„Turm“, wahrscheinlich belegt durch dieBaureste eines Wohnturms unter dem Mittelri-salit (vgl. Abschnitt 6), ebenfalls nur eine not-wendige Bedingung. Als hinreichende Bedin-gung werden dafür aber die Schlussfolgerun-gen angesehen, die sich aus folgendem Zu-sammenhang ziehen lassen.

Dazu wird zunächst der bereits zitierte Ver-trag von 1331 herangezogen. Aus ihm gehthervor, dass Graf Heinrich von Schwarzburg„die [beiden] Festen und die [ganze] Stadt zuRudolstadt“ von Graf Otto von Orlamünde alsPfand besitzt, aber „über das Kirchlehen zuRudolstadt mag Otto frei verfügen“. Aus dem

gleichfalls bereits zitierten Vertrag von 1334kann man entnehmen, dass Otto sich ein Rechtauf Einlösung des Pfandes einräumen lassenhat, aber nur noch für „das obere Haus zu Ru-dolstadt mit der halben Stadt und der zugehö-rigen Mannschaft, wie auch [für] den Turm aufdem niederen Haus“. Über das Kirchlehen hatOtto nach wie vor freie Verfügung. Für dieMöglichkeit, auch das „niedere Haus“ (ohneden „Turm“) mit der anderen Hälfte der Stadtund der dazu gehörenden Mannschaft auszu-lösen, wird keine Vereinbarung getroffen.

Daraus lassen sich eine Reihe von Schluss-folgerungen ziehen. Die Stadt lässt sich in zweiHälften teilen, die nicht unbedingt gleich großsein müssen, denn das ausschlaggebendeMerkmal für die Zugehörigkeit zu der einenoder anderen Hälfte ist die Grundherrschaft,die von dem oberen oder dem niederen Hausausgeht. Wie sich aus dem vorstehenden Ex-kurs über Burg und Kirche sowie deren Besitzentnehmen lässt, kann mit hinreichendenGründen das „niedere Haus“ auf dem Lud-wigsburgareal lokalisiert und ihm als „Hälfte“die spätere „Altstadt“ sowie das Quartier umden Ascherhof zugeordnet werden. (Vgl. Abb.18.) Das „obere Haus“ wurde auf der östlichenKuppe mit hinreichender Begründung veror-tet, die zu ihm gehörende „Hälfte“ ist beider-seits der heutigen Kirch- und Stiftsgasse zusuchen. Dieses Gebiet wurde von der erstenStadtmauer geschützt. (Vgl. Abb. 18, Mauerder ursprünglichen Stadt.)

Diese Aussagen erscheinen als hinreichen-der Grund, eine Lokalisierung des „oberenHauses“ auf dem westlichen Rücken und des„niederen Hauses“ auf der östlichen Kuppeauszuschließen.

Zum Lageverhältnis von Burg und MarstallIn diesem Exkurs wird eine Antwort auf dieFrage gesucht, zu welcher Burg der zuerst inden schriftlichen Quellen genannte Marstallgehörte und ob aus dieser Zugehörigkeit eineRevision des Zuordnungsergebnisses erfolgenmuss.

Zum ersten Mal wird ein Marstall in einerUrkunde von 1418 über einen Burgfriedenzwischen den Schwarzburger Grafen genannt.(Vgl. Abschnitt 5.) Er befand sich am Schloss-aufgang VI, etwa an der Stelle, an der dieservon der Einmündung in die Kirchgasse kom-

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mend, in einem Bogen seine Richtung ändert.Auffällig ist, dass der Marstall nicht auf derBurg, sondern an der Zufahrt zur Burg lag. Zudieser Zeit gehörte er zweifelsfrei zum slosse,das durch die Schwarzburger auf dem Hei-decksburgplateau errichtet worden war. Daauf diesem Areal kein Mangel an geeigneterFläche bestand, kann der Marstall ursprüng-lich nur für das „obere Haus“, für das nur einekleine Fläche zur Verfügung stand (vgl. Ab-schnitt 3), gebaut worden sein. Dem „oberenHaus“ lag er auch wesentlich näher. Anfangdes 16. Jhs. gibt es noch den „Alten Marstall“am Fuß der Schlossauffahrt sowie einen „Mar-stall auf dem Schloss“.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist der ur-kundlich erstgenannte Marstall unmittelbarunter dem Standort des 1345 zerstörten „obe-ren Hauses“ infolge des dort herrschendenPlatzmangels entstanden. Er wurde nach des-sen Zerstörung durch das auf dem Heidecks-burgplateau errichtete sloss ungeachtet dernunmehr größeren Entfernung weiter genutztund schließlich später durch einen neuen Mar-stall auf dem Plateau ersetzt. Lage und zeitli-che Abfolge entsprechen dem Zuordnungser-gebnis.

Diese drei Exkurse haben das Zuordnungs-ergebnis bestätigt.

3. Zu einigen grundsätzlichen Fragen desBurgenbaus auf dem Zechsteinsporn

Grundsätzlich müsste, vorausgesetzt dieschriftlichen Quellen über die Burgen sindvertrauenswürdig, die potentiellen Standortesind geeignet und die Methodik ist verlässlich,das dargestellte Ergebnis eine hinreichend si-chere Zuordnung liefern. Nun wird aber einerder Standorte, die Schlossgartenterrasse, nichtvon allen als geeignet angesehen. Einerseits istes die tiefere Lage dieses Standortes gegenüberdem Heidecksburgplateau und andererseitsdas als sehr gering beurteilte Flächenangebotim ursprünglichen Zustand dieses Standortes.Man könnte dazu anmerken, Wolrad vonWaldeck hat 1548 Relikte der alten Burg eben-dort gesehen und deren Lage so genau ge-schildert, dass man sich diesem Problem nichtmehr zuwenden müsse. So einfach möchte es

sich der Verfasser nicht machen, sind es dochernsthaft zu prüfende Einwände.

Zwei Fragen soll im Folgenden nachgegan-gen werden: War es notwendig, den gesamtenBurgberg, d.h. Gartenterrasse und Heidecks-burgplateau zusammen, von Anfang an zubefestigen? Und: Bot die ursprünglich zur Ver-fügung stehende, wesentlich kleinere Flächeals die heutige Fläche der unteren Gartenter-rasse, genügend Platz für eine mittelalterlicheBurg?

Das ursprüngliche Relief des Zechstein-sporns und seine Bedingungen für den Bur-genbau

Stützt man sich auf die schriftlichen Quel-len, dann lagen unter der Oberfläche der seitdem 17. Jh. als Schlossgarten gestalteten unte-ren Terrasse im 16. Jh. die Ruinen der „AltenBurg“, die von dem im 14. Jh. genannten „obe-ren Haus“ stammten. Die untere Schlossgar-tenterrasse befindet sich etwa 15m unter demNiveau des Heidecksburgplateaus.39

Eine solche Burg ist schwerer zu verteidigenals eine höher liegende. Das meinte sicher auchHorst Fleischer als er folgende Annahme for-mulierte: „[…] muss aus Gründen der Sicher-heit die Befestigung des gesamten Burgbergesvon Anfang an angenommen werden“.40 Unterdieser Voraussetzung schreibt er dem heutigenSchlossgarten die Funktion eines Fluchtplatzesfür die Bevölkerung zu und vermutet sowohldas „niedere Haus“ als auch das „obere Haus“auf dem Heidecksburgplateau, das eine aufder Süd-, das andere auf dessen Nordseite.Wenn auch diesen Vermutungen nicht gefolgtwird41, so ist doch die fortifikatorische An-nahme hinsichtlich der Befestigung des gesam-ten Burgberges von Anfang an gründlich zuprüfen.

39 Heutige Höhenmaße: Schlossgartenterrasse 230 m

üNN, Hof der Heidecksburg 245 m üNN. Die ursprüngli-chen Höhen lagen vermutlich geringfügig niedriger. DieDifferenz zwischen beiden Höhen dürfte etwa gleichgeblieben sein. – Unter Schlossgartenterrasse wird hierimmer die untere verstanden.40 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 106f.41 Der Höhenunterschied zwischen der Süd- und derNordseite des Zechsteinrückens an der angegebenenStelle beträgt zwar in der Tat etwa 9 m, aber man müsstesich weit in Richtung Saale bewegen, um bei gleich hohen

Gebäuden eine Differenz feststellen zu können, die An-lass zu einer entsprechenden Benennung gegeben hätte.

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Abb. 2. Geologische und morphologische Bedingungen für den Bau mittelalterlicher Burgen in Rudolstadt.

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Abb. 3. Südlicher Austritt des ursprünglichen Gelände-einschnittes im Bereich Kanonenhaus/Schlosscafé.Oben: Vereinfachte ursprüngliche Ansicht aus gleichemBlickwinkel wie unten. Uunten: Heutige Ansicht miteingeblendetem Schüttkörper.

Lenkt man den Blick auf jenen ursprüngli-chen Zustand, den diejenigen vorfanden, diedie erste Höhenburg errichteten, bedeutet dies,die geologischen und morphologischen Bedin-gungen für den Burgenbau näher zu betrach-ten bzw. zu rekonstruieren. Auf dem Berg-sporn, den man heute als Schlossberg bezeich-net, standen dafür zwei hinter einander lie-gende Höhenflächen zur Verfügung, die, wiedie geologische Karte ausweist, dem Zechsteinzu zuordnen sind. (Vgl. Abb. 2 oben.) Das Ur-sprungsrelief muss einen anderen Anblick ge-boten haben, als ihn der heute in seiner gesam-ten Länge bebaute oder mit hohen Stützmau-ern umwehrte Zechsteinsporn vermuten lässt.Dort, wo der Sporn jetzt mit einem schmalenDamm an den Hain angebunden ist, befandsich ein natürlicher schluchtartiger Einschnitt.Der östliche, kleinere und niedrigere Teil desSporns war von dem westlichen, größeren undhöheren ebenfalls durch einen Einschnitt ge-trennt, der aber mehr senkenförmig ausgebil-det war. Beide bildeten sich deutlich als voneinander getrennte Erhebungen ab, von denendie östliche die Gestalt einer Kuppe und diewestliche die eines Rückens besaß. (Vgl. Abb. 2Mitte.) Allerdings darf man sich weder dieKuppe, noch den Rücken als regelmäßig ge-formt vorstellen. Ihre Ränder zu den steileren

Partien waren eingebuchtet. Der Rücken besaßsein höchstes Areal unter dem heutigen Nord-flügel der Heidecksburg und fiel von dort nachWesten und Süden bis zu den äußeren Rän-dern sowie nach Osten bis zum Übergang indie Senke ab.

Während der natürliche Einschnitt zwi-schen Hain und Sporn sich in Gedanken aufeinfachem Wege rekonstruieren lässt, in demman sich den geschütteten Fahrdamm zwi-schen der Schlossstraße am Jägerhof und demPlatz vor den Remisen ‚wegdenkt’, versagteine so einfache Vorstellung bei der Senke zwi-schen Rücken und Kuppe, weil hier keinschmaler Damm geschüttet wurde, sondernhinter hohen Stützmauern die mittlere und dieuntere Gartenterrasse aufgefüllt wurden. Dader letztgenannte natürliche Einschnitt abereinen bedeutenden Einfluss auf die Fortifikati-on ausgeübt hat, ist es erforderlich, ihn soweitals möglich zu rekonstruieren.

Diese senkenförmige Vertiefung trat amSüdhang des Sporns in dem Bereich aus, derdurch die Stützmauer unterhalb des Kanonen-hauses und durch das Schlosscafé gebildetwird. (Vgl. Abb. 3.) Vor dem Ersatzneubau desletzteren war es erforderlich, Baugrundunter-suchungen vorzunehmen.42 Dazu wurdenRammkernsondierungen vorgenommen, mitderen Hilfe man u. a. feststellen kann, bis zuwelchen Tiefen Auffüllungen vorgenommenwurden, wie stark die Schicht der Abtragungs-relikte ist und in welcher Tiefenlage schließlichFestgestein erreicht wird. Die Rammkernson-den belegen eindeutig, dass sich in dem ge-nannten Bereich die ursprüngliche Oberflächeunter einem Schüttkörper verbirgt, der an derSohle des Ursprungsreliefs eine Mächtigkeitvon 7 m erreicht. (Vgl. den Sohlpunkt mit 223m üNN in Abb. 3.)

Die Senke fällt, beginnend auf dem heuti-gen Heidecksburghof mit einer Höhe von 245m üNN, bis zu dem Sohlpunkt und steigt dannwieder bis in die Nähe des Schallhauses aufetwa 230 m üNN an. Sie setzt sich offenbar innördlicher Richtung fort, wobei die Sohllinienicht geradlinig verlaufen sein muss. Der Aus-

42 Der Verfasser dankt Herrn Architekt Dieter Zapfe,Rudolstadt, für die Möglichkeit, das Baugrundgutachtendes Ingenieurbüros für Baugrund Siegfried Jacobi, Erfurt,

vom 20.07.1995 unter den hier relevanten Gesichtspunk-ten einsehen zu können.

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tritt der Senke ist im Bereich des Horentempelszu erwarten. Hier befindet sich eine auffälligebreite Stützmauer.43

In frühester Zeit wird die Senke, die im Be-reich der Sohllinie möglicherweise grabenför-mig ausgearbeitet wurde, der Burg auf deröstlichen Zechsteinkuppe Schutz vor Angriffenaus westlicher Richtung geboten haben. NachVerlagerung der Kernburg infolge der Brand-schatzung 1345 auf den fortifikatorisch günsti-geren westlichen Zechsteinrücken schützte sie,nunmehr gleichmäßig vertieft und ringsumvon Mauern umgeben, als Zwinger die östlicheFlanke der neuen Burg. Auf dem ältestenStadtplan von 1748 ist er noch deutlich zu er-kennen.44 (Vgl. Abb. 4.)

Abb. 4. Der „Zwinger“ genannte Graben im erstenStadtplan von Rudolstadt 1748.

Lage und bauliche Gestaltung des Zwingersähnelten dem heute als Brunnengraben be-zeichneten Abschnittsgraben der Burg Grei-fenstein in Bad Blankenburg. 45 Auch diesertrennte einen tiefer gelegenen älteren von ei-nem höheren jüngeren Teil der ursprünglichals Blankenburg bezeichneten Höhenbefesti-gung. Bei aller Unterschiedlichkeit beider An-lagen vermittelt der Greifenstein, der seit Endedes 16. Jhs./Anfang des 17. Jhs. dem baulichenVerfall preisgegeben war, eine gewisse Vor-stellung von der Befestigungsstruktur auf demZechsteinsporn in Rudolstadt.

43 Die mit Säulenstümpfen gezierte Krone dieser Stütz-mauer ist von der kleinen Terrasse aus, die sich vor demHorentempel befindet, gut wahrzunehmen. Von ihrenAusmaßen kann man sich aber am besten überzeugen,wenn man wenige Stufen zu dem Weg hinabsteigt, der

sich am Fuße dieser Mauer entlang zieht.44 ThStAR, Karten, Pläne, Risse Nr.966 Stadtplan Rudols-tadt 1748, Digitalisat.45 Nicht als Vergleich herangezogen wurden die alsZwinger bezeichneten Gräben auf Burg Greifenstein, von

denen einer hinter dem Burgtor liegt und ein weitererringförmig die höhere Kernburg umgibt.

Auch die auf der Westseite der Hei-decksburg gelegene Fläche (oft als Schutte be-zeichnet) wird ursprünglich ein anderes Bildgeboten haben. Auf die Neigung zum westli-chen Rand hin wurde bereits verwiesen. Au-ßerdem könnte sie durch eine natürliche Rinnevon Ost nach West durchzogen worden sein,die später für die Anlage eines Burggrabensgenutzt wurde. Im Zusammenhang mit denBurggräben wird darauf noch näher eingegan-gen werden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen,dass der Zechsteinsporn als Ganzes ursprüng-lich durch einen natürlichen Einschnitt vomHain getrennt war. Dessen Steilhängen kanndie gleiche Schutzwirkung zugesprochen wer-den wie jenen, die den Sporn im Norden, Os-ten und Süden umgeben. Eine weitere Einsen-kung, die sich zwischen dem westlichen Rü-cken und der östlichen Kuppe befand, bot bei-den natürlichen Schutz, wobei im Südwestender Kuppe mit steilen Flanken und im Nord-westen mit flacheren Hängen zu rechnen ist.Den Erbauern des „oberen Hauses“ auf deröstlichen Kuppe reichte dieser Schutz offenbaraus. Auf dem flacher ansteigenden Hangkönnte sich die Auffahrt befunden haben. EineBefestigung des gesamten Bergsporns von An-fang an zum Schutz der tiefer gelegenen Burghätte unangemessen hohe Investitionen erfor-dert. Dann wäre es, wie Horst Fleischer vermu-tet, folgerichtig gewesen, die erste Höhenburgauf dem höheren und größeren Rücken zuerrichten. Einer solchen Vermutung wider-spricht aber das Ergebnis der Analyse derschriftlichen Quellen.46

Es spricht also vieles dafür, dass denOrlamündern die Lage auf der Zechsteinkuppefür die Errichtung einer Burg geeignet erschie-nen sein muss. Damit drängt sich die Frageauf, ob es sich um eine Einzelfallentscheidunghandelt oder ob es weitere Burgen gibt, die aufeiner tiefer gelegenen Spornspitze unterhalbeines höheren Bergrückens errichtet wurden.Im angrenzenden Raum von Saale und Ilm

46 Außerdem wäre zu bedenken, ob eine Burg in dieserGrößenordnung auf dem Zechsteinrücken (mindestensdoppelte Mauerlänge und damit Verfünffachung derFläche im Vergleich zu einer Burg auf der Kuppe) für die

Orlamünder, die bereits eine große Burg in Orlamündebesaßen, überhaupt erforderlich war.

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gibt es in der Tat eine Reihe von Burgen inähnlicher Lage.

Die von den Orlamündern erbaute BurgSchauenforst liegt auf einer Spornspitze (etwa395 m üNN) mit dem Reitersberg im Rücken(Anstieg bis über 450 m üNN) getrennt durcheine halsförmige Senke (etwa 390 m üNN).Burg Ehrenstein, von den Schwarzburgernerrichtet, befindet sich ebenfalls auf einerSpornspitze (etwa 420 m üNN). Hinter einemHalsgraben erreicht der die Burg tragendeBuchberg bereits eine Höhe von 425 m üNN,um danach bis auf 469 m üNN anzusteigen.Ähnliche Verhältnisse liegen bei der schwarz-burgischen Ehrenburg (etwa 370 m üNN) vor.Unmittelbar hinter der Burg besitzt derPlauensche Berg bereits eine Höhe von 375 müNN. Danach wächst er um weitere 15 m an.Nur ein Halsgraben beschützt die Burg.Schließlich sei noch die ursprünglichkäfernburgische Burg Liebenstein erwähnt.Auch sie besetzt eine Spornspitze (etwa 385 müNN) und hat hinter sich den Ausläufer desHahn (mit einer Höhe von 395 m bis über 425m üNN). Von diesem scheidet sie nur ein Ab-schnittsgraben.

Wie diese vier Spornburgen aus dem 13.und dem beginnenden 14. Jh. zeigen, hielten esihre Erbauer nicht für erforderlich, die Befesti-gungen auf einem höheren Niveau anzulegen.Das wird als hinreichender Beleg dafür ange-sehen, dass die Errichtung des „oberen Hau-ses“ auf der tiefer gelegenen Kuppe an derSpitze des Zechsteinsporns durchaus den Ge-pflogenheiten des regionalen Baus von Höhen-burgen sogar noch bis zu Beginn des 14. Jhs.entsprach, also jener Zeit, ab der mit dem Ein-satz von Feuerwaffen bei der Belagerung zurechnen ist.47

Die ursprüngliche Flächengröße und –formder östlichen Zechsteinkuppe und ihre Eig-nung für den Burgenbau

Wendet man von der Stadt aus den Blickzum Schlossberg, so fällt die am Schlosscafébeginnende, durch Strebepfeiler gesicherteStützmauer der Gartenterrasse auf. Sie besitztunterschiedliche Höhen oder anders ausge-drückt, ihre Fundamentlinie passt sich demRelief des Festgesteins an. Die Mauern sind ein

47 STRICKHAUSEN, Burgenbau (wie Fn. 7), 81.

untrügliches Zeichen für dahinter befindlicheHohlräume, die aufgefüllt worden sind. DieHöhe der Mauern ist ein Indikator für dieHöhe des Schüttkörpers unmittelbar hinter derMauer. Betrachtet man nun den Verlauf derMauern, die zur Stadtkirche und zur Lenge-feldstraße zeigen, so muss man auch hier Auf-schüttungen in unterschiedlicher Höhe vermu-ten. Besonders hohe Schüttkörper sind in derSüdost- und in der Nordostecke der Gartenter-rasse zu erwarten. Auf Aufschüttungen imBereich Kanonenhaus – Schlosscafé sowie inder Nähe des Horentempels wurde bereitseingegangen. Das Schallhaus in der Mitte derGartenterrasse dürfte auf Festgestein gegrün-det sein. So darf man annehmen, dass dieHöhe des Schüttkörpers zur Mitte hin immergeringer wird. Die zu erwartenden hohen Auf-schüttungen wurden in einem Luftbild derGartenterrasse farbig markiert. Die im Zent-rum vermutete Fläche ohne Aufschüttungenwurde, die Proportionen der Gartenterrasseaufnehmend, näherungsweise als Ellipse ein-gezeichnet.48 (Vgl. Abb. 5.)

Nach diesem Rekonstruktionsversuch istfür die auf Festgestein zu gründende Burg eineviel kleinere Fläche zu erwarten, als sie dieheutige untere Gartenterrasse bietet. Das wirftdie Frage auf, ob die Fläche groß genug gewe-sen wäre, eine Burg zu tragen. Für die fiktiveEllipse lässt sich eine Fläche von 1450 m² be-stimmen. Wie eine Gegenüberstellung mit derFlächeninanspruchnahme anderer kleinflächi-ger Höhenburgen im Raum von Saale und Ilmzeigt, entspricht das näherungsweise bestimm-te Flächenangebot auf der Zechsteinkuppedurchaus dem Flächenanspruch einer ganzenReihe von Burgen im Vergleichsraum. (Vgl.Tabelle 1.) Dagegen könnte der Einwand erho-ben werden, dass die reale Oberfläche derKuppe eine unregelmäßige Form besessen ha-ben und diese vom idealisierten Umriss derRekonstruktion abgewichen sein wird. Dasdürfte tatsächlich so gewesen sein. Doch eineFläche von der Größe, wie sie z.B. für dieEhrenburg bei Plaue angegeben wird, dürftemit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-keit zur Verfügung gestanden haben. In Bezug

48 Dieser Rekonstruktionsversuch der Zechsteinkuppeunter dem Niveau der Gartenterrasse wurde durch den

Verfasser erstmals in einem Vortrag am 7. März 2013 inRudolstadt öffentlich vorgestellt.

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Abb. 5. Rekonstruktion der Zechsteinkuppe unter dem heutigen Niveau der Gartenterrasse, Rekonstruktionsversuch derKuppenfläche auf empirischer Grundlage.rotes Oval = vermutetes oberflächennahes Festgestein; rostbraune Flächen = vermutete bzw. erbohrte hohe Schüttkörper;gelbe Punkte = Rammkernsonden, Höhen üNN, Wertedifferenzen = Höhe Schüttkörper

Tabelle 1. Flächeninanspruchnahme kleinflächiger Kernburgen im Raum von Saale und Ilm

Burg (Ort) Abmessungen der Kernburg Quellen

Länge(max.)

m

Breite(max.)

m

Fläche

Umfang

m

Wintberg (Jena, Hausberg)Burg auf der östlichen KuppeBurg auf der westlichen Kuppe

29,339,8

10,39,1

(300)(400)

(80)(100)

[1][1]

Ehrenburg (Plaue) 30 25 500 105 [2]

Liebenstein (Liebenstein) 50 (?) 25 (?) 1.250 (?) 150 (?) [3]

Ehrenstein (Ehrenstein) 50 35 1.450 160 [3]

Wespenstein (Gräfenthal) 60 40 2.000 185 [3]

Oberes Schloss (Kranichfeld) 65 25 1.400 165 [3]

Lauenstein (Lauenstein) 60 (?) 60 (?) 1.800 (?) 170 (?) [3]

Zahlenwerte: Proximale Messwerte; in Klammern Schätzwerte; Werte mit (?) nicht sicher, infolgeunvollständiger Infomation. .Quellen: [1] RUPP, Wehranlagen (wie Fn. 49), 96. [2] STRICKHAUSEN, Burgenbau (wie Fn. 7), 71. [3]Strecken- und Flächenmessungen des Verfassers in der digitalen Karte TOP10, CD7, TLVermGeo1999.

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auf die räumliche Situation der Burg Greifen-berg auf dem Jenaer Hausberg stellt Rupp fest:„Gerade im hohen und späten Mittelalterwurden abgelegene, schroffe Felspartien fürbefestigte Anlagen genutzt.“49

Die Untersuchungen zu den zwei eingangsdieses Abschnittes aufgeworfenen Fragen ha-ben ergeben, dass der Zechsteinsporn nichtunbedingt von Anfang an als Ganzes befestigt

worden sein muss und dass die Kuppe anseiner östlichen Spitze mit hoher Wahrschein-lichkeit geeignet war, eine kleine mittelalterli-che Burg zu tragen. Demzufolge kommt dieKuppe auch aus geomorphologischer Sicht alsStandort für das „obere Haus“(1334) in Frage.Bauliche Relikte, wie sie in der Form der „Al-ten Burg“ noch 1548 bezeugt sind, müssten imUmfeld des Schallhauses zu finden sein.

4. Zum Zeitpunkt der Errichtung der erstenHöhenburg Rudolstadts

Nicht nur über die Lage der ersten HöhenburgRudolstadts gibt es unterschiedliche Ansich-ten, sondern auch über den Zeitpunkt, ab demman mit ihr rechnen kann. Ein Beleg für dieExistenz einer derartigen Befestigung kann dieErsterwähnung in schriftlichen Zeugnissensein.

Die schriftlichen Quellen und die Datie-rung einer Höhenburg

Aus der Erwähnung eines castrum in derReinhardsbrunner Chronik für das Jahr 1222kann, wie bereits erläutert, erstmals auf eineHöhenburg zu diesem Zeitpunkt geschlossenwerden. Ausdrücklich erwähnt wird ihre Lagenicht. Wie ebenfalls bereits erwähnt, wird 1264erstmals von zwei Burgen in Rudolstadt be-richtet und 1334 eine davon „oberes Haus“genannt. Die letzte Angabe ist die erste sichereErwähnung einer Höhenburg in Rudolstadt.Der erste schriftliche Existenznachweis ist aberkeinesfalls mit der Zeit der baulichen Fertig-stellung gleich zu setzen.

Zur Zeit der Ersterwähnung waren Rudols-tadt und die beiden „Häuser“ im Besitz derOrlamünder. Deubler/Kühnert gehen davon

49 Matthias RUPP, Die vier mittelalterlichen Wehranlagenauf dem Hausberg bei Jena, Jena 1995, 110.

aus, dass die Orlamünder Anfang des 13. Jhs.das Reichsgut Rudolstadt mit einem dazu ge-hörigen castrum als Belohnung erhalten ha-ben.50 Diese Burg soll aus dem fränkischenKönigshof hervor gegangen und mit dem im14. Jh. erwähnten „unteren Haus“ identischsein, während das „obere Haus“ erst durch dieOrlamünder errichtet worden sein soll undzwar „alsbald, nachdem sie in den Besitz vonRudolstadt gekommen waren, also zu Anfangdes 13. Jahrhunderts“.51

Dieser Vermutung ist in jüngster Zeit durchLange/Lange eine andere Annahme für dieEntstehungszeit der orlamündischen Burg ent-gegen gehalten worden. Sie rechnen dagegenmit hoher Wahrscheinlichkeit, dass bereitsnach 1002 ein Gebiet im mittleren Saaletal zwi-schen Rudolstadt und Kahla aus ottonischemReichsbesitz an das Grafenhaus Weimar ge-langt ist und schreiben: „Von diesem Zeit-punkt an dürfte man an den Burgen Rudols-tadt, Orlamünde und Kahla intensiv gebauthaben.“52 Orlamünde und Kahla warenHöhenburgen, deshalb dürfte es sich in diesemKontext auch bei Rudolstadt um eine solchegehandelt haben.

Geht man davon aus, könnte der Bau deroberen Burg schon 200 Jahre früher begonnenworden sein. Sollte die Annahme von Lan-ge/Lange stimmen, dann müsste die vonDeubler/Kühnert vermutete Schenkungdurchaus nicht verworfen werden, könnte essich doch um eine Bekräftigung der ottoni-schen Belehnung der vormals Weimarer undnunmehr Orlamünder Grafen durch das jetztherrschende Königshaus der Staufer handeln.

Drei plausibel aus den historischen Zu-sammenhängen abgeleitete Hypothesen, dieallerdings urkundlich nicht belegbar sind. Dakaum noch mit dem Auffinden neuer schriftli-cher Quellen zu rechnen ist, sind diesbezügli-che Informationen nur von der Archäologie zuerwarten.

Die Diskussion der schriftlichen Quellenabschließend, wird noch auf eine chronikali-sche Mitteilung eingegangen, die oft zitiert,aber kaum mit anderen zeitgeschichtlichenEreignissen in Verbindung gebracht wird. Ge-

50 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1), 16.51 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1), 18.52 LANGE/LANGE, Kemenate (wie Fn. 6), 8.

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rade die aber lassen Schlüsse auf die Lokalisie-rung der aus der Mitteilung erschließbarenBurg zu. Es wurde bereits erwähnt, dass aufeine Burg in Rudolstadt schon für das Jahr 939aus der Querfurter Chronik des CyriakusSpangenberg geschlossen werden kann. Erberichtet über eine Auseinandersetzung zwi-schen Kaiser Otto I. und dessen Bruder Hein-rich, in der dieser den Kaiser in Lothringenangegriffen hat. Vorher aber besetzte Heinrichseine Heuser mit Kriegsvolk: Salfellt, Rudellstatt,Arnstatt, Dornberg, Allstett, Marßburg, Scheidin-gen etc.53 Aus der Chronik Spangenbergs istnicht ersichtlich, auf welche Quelle er sich da-bei stützt. Als Chronist werden ihm Akribie,Maßgeblichkeit und Glaubwürdigkeit beschei-nigt, was auch von der zitierten Mitteilungerwartet wird.54

Bekannt ist die Darstellung der geschilder-ten Auseinandersetzung in der Sachsenge-schichte des Widukind, die zeitnah (967/968)niedergeschrieben wurde.55 Nach Widukindgaben die Vasallen Heinrichs ihm den Rat,seine sächsischen und thüringischen Burgengut zu besetzen und dann nach Lothringen zuziehen. Die Burgen selbst werden namentlichnicht aufgeführt. Nach dem Heinrich geschla-gen wurde, eilt der Thüringer Dadi zurückund bewegt die Burgenbesatzungen Heinrichszur Aufgabe. Widukind nennt allerdings nurjene, die sich nicht zur Übergabe entschlossen:Merseburg (Mesburg) und Burgscheidungen(Scithingi).

Da diese beiden Burgen auch in der Aufzäh-lung Spangenbergs genannt werden (Marß-burg, Scheidingen), dürften die anderen darin

53 Cyriakus SPANGENBERG, Quernfurtische Chronica,

Erfurt 1590. Auf die Nennung Rudolstadts bei Spangen-berg hat bereits HESSE, Rudolstadt (wie Fn. 1), 26, auf-merksam gemacht.54 Auch wenn Spangenberg seine Quellen nicht im Ein-zelnen mitteilt, so dürfte er doch ein umfangreiches Quel-

lenstudium betrieben haben. Zu einem anderen Thema,der Authentizität des Sterbehauses von Martin Luther,werden ihm „akribisch gesammelte Zeugnisse“, die eine„fundamentale Quelle“ darstellen, bescheinigt. Er wird„als Chronist sowohl maßgeblich wie glaubwürdig“

angesehen; Andreas STAHL, Cyriakus Spangenberg alsChronist, in: Reformatoren im Mansfelder Land – Eras-mus Sarcerius und Cyriakus Spangenberg, Leipzig 2006,191ff.55 Die Sachsengeschichte des Widukind von Korvei II

c.15, c.18, MGH SS rer. Germ. 60 ed. Paul HIRSCH, HansLOHMANN, Hannover 1935, 79f, 83.

erscheinenden Burgen, eingeschlossen Rudell-statt, ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeitzu den Heusern Heinrichs gehört haben. Soerscheint es gerechtfertigt, bereits im 10. Jh.von einer Burg in Rudolstadt auszugehen. Al-lerdings kann man Spangenberg nicht ent-nehmen, ob es sich um eine Niederungs- odereine Höhenburg gehandelt hat. Bei den in sei-ner Aufzählung genannten Heusern dominie-ren zwar ganz offensichtlich Höhenburgen,aber z. B. bei Arnstadt ist eine solche Zuord-nung fraglich. Deshalb wird nach zeitge-schichtlichen Ereignissen gefragt, die Einflussauf die Lage einer Burg in Rudolstadt gehabthaben können. Es fällt auf, dass die Ungarnein-fälle am Anfang des 10. Jhs. in der Literaturzur Geschichte Rudolstadts keine Erwähnungfinden.

Die für das Jahr 939 genannte Burg könntemit nicht geringer Wahrscheinlichkeit mit ei-nem Komplex von Maßnahmen in Verbindungstehen, der sich gegen die häufigen Ungarnein-fälle richtete und auf einem Hoftag zu Worms926 durch König Heinrich I., den Vater Ottos I.,verkündet wurde. Ein Teil dieser Maßnahmenwird seit Mitte des 20. Jhs. als BurgenordnungHeinrich I. bezeichnet.56 Das Ziel der Burgen-ordnung war, der Bevölkerung bei kriegeri-schen Einfällen in Burgen Schutz zu bieten. Eswaren folglich keine kleinräumigen Adelsbur-gen, sondern Volksburgen, hinter deren Wälle,Gräben, Pfahlhindernisse und Mauern die Be-völkerung des umliegenden Gebiets sich mitihrem wertvollen Vieh zurückziehen konnte.Sie werden Notunterkünfte und Proviantlagerumfasst haben und besaßen keine ständigeBesatzung.57

Eine solche Burg könnte es in Rudolstadtgewesen sein, die Herzog Heinrich vor derAuseinandersetzung mit seinem Bruder Otto I.durch eigene Leute besetzen ließ. Entspre-chend der Burgenordnung käme in erster Liniein Rudolstadt der großflächige fränkische Hofinfrage, der alle geforderten Eigenschaftenaufwies und nach 926 noch stärker befestigtworden sein könnte. Nicht auszuschließen,aber mit wesentlich geringerer Wahrschein-lichkeit behaftet, ist eine Befestigung nach der

56 Carl ERDMANN, Die Burgenordnung Heinrich I, in:Deutsches Archiv für Geschichte des Mittelalters, Wei-

mar 1943, 59-101.57 ERDMANN, Burgenordnung (wie Fn. 56), 73.

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Burgenordnung auf dem Zechsteinsporn, wo-bei nur der westliche größere Rücken die benö-tigte Fläche geboten haben dürfte, wie aus derErörterung im vorhergehenden Abschnittdeutlich hervorgeht.

Die Nachricht in der Querfurtischen Chro-nik des Cyriakus Spangenberg über eine Burgauf Reichsgut in Rudolstadt für das Jahr 939 inVerbindung mit den entsprechenden Passagenin der Sachsenchronik Widukinds kann nachAnsicht des Verfassers als Ersterwähnung ei-ner Burg angesehen werden. Eine Identifikati-on als Niederungsburg mit Zuordnung zumStandort Ludwigsburgareal besitzt eine we-sentlich größere Wahrscheinlichkeit als dieAnnahme einer Höhenburg, die auf dem west-lichen Rücken des Zechsteinsporns stand. Esmuss aber weiteren Untersuchungen vorbehal-ten bleiben, sie diesem oder jenem Standortzuzuordnen.

Archäologische Funde und Befunde und dieDatierung einer HöhenburgBleibt zu fragen, welchen Beitrag archäologi-sche Funde zur Datierung einer Höhenburgleisten können. So berichtet Deubler überKeramikfunde an der südlichen Stützmauerder Schlossgartenterrasse. Bei einem Wolken-bruch im Jahre 1975 waren Teile der Mauereingestürzt. Aus dem Erdaushub wurdenScherben geborgen. Nach der Untersuchungder Funde kam er zu folgendem Ergebnis: „DieBodenfunde bestätigen die urkundliche Aus-sage über das Bestehen des Wohnschlosses im13. und 14. Jahrhundert, lassen aber zugleicheinen Siedlungsplatz schon im 12. oder sogarschon im 11. Jahrhundert annehmen.“58 Wieweiter oben dargelegt wurde, ist hinter dersüdlichen Stützmauer über die gesamte Längemit einer Aufschüttung zu rechnen, die in derNähe des Schlosscafés und in der Südosteckebesonders hoch ist. (Vgl. Abb. 5.) Die Herkunftdes Füllmaterials ist unbekannt. Die Keramikkann sowohl von einer Burg auf der darüberliegenden Kuppe, als auch zusammen mit demFüllmaterial unbekannter Provenienz hinterdie Südmauer gelangt sein. Diese Funde kön-nen also weder die Existenz einer Burg auf derKuppe bestätigen, noch können sie diese infra-

58 Heinz DEUBLER, Bodenfunde im Rudolstädter Schloss-garten, in: RHH 22(1976), H. 7/8, . 137-142, 140.

ge stellen. Demzufolge können sie, obwohldatiert, keinen Beitrag zur Datierung derHöhenburg leisten. Die zitierte Aussage vonDeubler kann deshalb nicht zur Klärung desProblems herangezogen werden.

Anders dürfte es sich mit Funden verhalten,die Müllerott 2001 in einer Baugrube auf derSchlossgartenterrasse hinter dem Schlosscafégemacht hat. Der Aufschluss zeigte deutlicheine Brandschicht, die Müllerott der Zerstö-rung des „oberen Hauses“ im Jahre 1345 zu-ordnet.59 Seine Funde hat er nicht im Aushub,wie es aus der Mitteilung über die Funde vonDeubler hervorgeht, sondern in der Wand desAufschlusses geborgen. Dabei lässt die Brand-schicht eine Trennung in vor und nach demBrand zu. Unterhalb der Brandschicht, d.h.auch unterhalb der Verfüllungen, hat er Ton-scherben gefunden, die er in das 13. Jh. da-tiert.60

Diese Funde werden im Kontext mit dermehrfach bezeugten Brandschicht als Belegdafür angesehen, dass das durch die schriftli-chen Quellen auf der Zechsteinkuppe lokali-sierbare „obere Haus“ hier im 13. Jh. gestan-den hat und durch Brand, mit hoher Wahr-scheinlichkeit während der Grafenfehde imJahre 1345, zerstört wurde.

Zu den Funden auf oder in unmittelbarerNähe der Schlossgartenterrasse gehören auchzwei Kapitelle, die im Thüringer Landesmuse-um zu besichtigen sind (Abb. 6).

An einem dieser Säulenköpfe ist an derOberseite ein Fundzettel aufgeklebt, den Ar-chivrat Prof. Dr. Anemüller am 14. Juni 1891beschriftet hat.61 Die ersten drei Zeilen lassensich wie folgt lesen: [Aus] den Grundmauern des

59 Der Verfasser hat diesen Aufschluss ebenfalls in Au-genschein genommen und eine sich deutlich abzeichnen-de Schicht verkohlter Substanzen beobachtet. Auch beider Einbringung von Rückverankerungen für die Stütz-mauern ist durch am Bau Beteiligte an mehreren Stellen

eine derartige Schicht festgestellt worden. Diese Brand-schicht kann, muss aber nicht von der Burg darüberheruntergespült sein. Sie kann auch von einem Palisa-denring stammen, der die Burg als Zwinger umgebenhaben könnte; vgl. Otto PIPER, Burgenkunde, München

1912, 11 u. 14 (zum Zwinger), 15 (zu Kohleresten vonPalisaden).60 KAHl/MÜLLEROTT, Vor- und Frühgeschichte (wie Fn. 1),88f., Abb. 91 u. 92.61 Der Verfasser dankt Herrn Jens Henkel, TLM

Heidecksburg Rudolstadt, für die Möglichkeit, das Eti-kett an Ort und Stelle aufzunehmen.

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unteren / Schlosses zu Rudolstadt zerstört {in Feh-de} durch Brand / im Febr. 1349; abgetragen imJun[i] 1891 / […].“62 Weitere sechs Zeilen bein-halten Altersvergleiche, u. a. mit dem KlosterPaulinzella, sowie die Datierung des Zettels.Von diesen Zeilen sind so große Teile nichtmehr lesbar, dass der Text mit traditionellenMitteln nicht rekonstruiert werden kann.

Abb. 6. Romanische Kapitelle (Fundstücke). (Foto: TLMHeidecksburg, Rudolstadt.)

Anemüller war studierter Historiker, Biblio-thekar und Archivar.63 Sachkunde und Genau-igkeit darf man folglich auch bei der kurzenBeschreibung des Fundortes und der Fundum-stände des Kapitells als selbstverständlich vo-raussetzen. Demnach können wir mit Sicher-heit davon ausgehen, dass bei Bau- oderPflanzarbeiten im Juni1891 bis zu Grundmauernvorgedrungen wurde, diese als Reste des unte-ren Schlosses identifiziert und Brandspurenfestgestellt wurden, die zu der Bemerkungzerstört durch Brand führten. In diesem Befundwurde das Kapitell geborgen. Bleibt nur, deneindeutigen Nachweis zu erbringen, um wel-che Burg es sich bei dem „unteren Schloss“handelt und auf welchem Standort es gestan-den hat. Zwei Standorte kommen für ein zer-störtes Schloss infrage: zum einen die Schloss-gartenterrasse und zum anderen das Lud-wigsburgareal. Hätte Anemüller den Vorgän-ger der Ludwigsburg gemeint, so hätte er dasauch namentlich zum Ausdruck gebracht. Die

62 Darin bedeuten: [ ] = Ergänzungen für nicht mehr les-bare Worte oder Buchstaben; { } = nachträglicher Ein-schub in den Text von gleicher Hand mit gleicher Tinte.63 Vgl. Michael SCHÜTTERLE, Die historische Bibliothek derStadt Rudolstadt, Rudolstadt 1995, 41.

Bezeichnung Schloss wurde zu ZeitenAnemüllers, wie ein Blick in die Findbücherdes Thüringer Staatsarchivs Rudolstadt zeigt,ausschließlich für die Heidecksburg gebraucht.Bei dem „unteren Schloss“ kann es sich dem-zufolge nur um das ehemalige Schloss ,dieRuine der „Alten Burg“ des 16. und 17. Jhs.,handeln, die ausweislich der schriftlichenQuellen auf der Schlossgartenterrasse zu su-chen ist. Das Kapitell gehört demnach zu dem„oberen Haus“ des 14. Jhs. Darin bestärkt unsauch Lundgreen, wenn er noch genauer mit-teilt: „Es wurde dieses Stück [das Kapitell,H.S.] auf der heutigen dritten Terrasse in derNähe des Schallhauses gefunden und stamm-te fraglos von der dort einst stehenden AltenBurg […]“.64, 65

64 LUNDGREEN, „Rudelstadt“ (wie Fn. 1), 9.65 Kurz vor Abschluss des Manuskriptes dieses Beitragserhielt der Verfasser durch einen freundlichen Hinweisvon Herrn Jens Henkel (TLM Heidecksburg) Gelegenheit,fünf Blätter aus dem Nachlass von Bernhard Anemüller

(ThStAR) einzusehen, in denen sich dieser mit dem „un-teren Schloss“ beschäftigt. Bei zwei der Blätter im Längs-format scheint es sich um die Abschrift eines Briefesseines Vorgängers im Amt Hesse zu handeln. Der Adres-sat wird nicht mitgeteilt, die Nachricht ist undatiert. Aus

einigen Stellen im Text sowie aus einer Handskizze kannman entnehmen, dass Hesse das „untere Schloss“ (=„niederes Haus“) an der Stelle des Schlossaufganges VIvermutet, an der das städtische Malzhaus stand. Langevor dem Malzhaus befand sich aber dort der (erste, unte-

re) Marstall als Zubehör zu dem auf der Kuppe errichte-ten „oberen Haus“. Offensichtlich kannte Hesse die Ur-kunde von 1418 Dezember 6 (ThStAR A.C. 235) nicht, ausder die Lage des Marstalls an dieser Stelle zweifelsfreihervorgeht. Der Standplatz war für eine Burg völlig un-

geeignet. Ein Kommentar von Anemüller dazu ist nichtzu erkennen. – Anemüller hat folglich diese VermutungHesses gekannt, als das Kapitell auf der Gartenterrassegefunden wurde. Ob er nun meinte, ein Relikt vom „un-teren Schloss“ (= „niederes Haus“) gefunden zu haben

oder vom „oberen Haus“, welches „unterm Schloss“gestanden hatte, muss offen bleiben. An der Lage desFundortes ändert die Bezeichnung nichts.Es sei hier auch am Rande erwähnt, dass zwei Blätter imQuerformat die Abschrift eines Briefes von Büchner ent-

halten, den dieser 1814 in Seebergen geschrieben hat. DerAdressat wird nicht genannt, möglicherweise ist es Hes-se. Büchner erwähnt bekanntlich in seinem Buch von1804 die Ruine des Turms auf dem späteren Ludwigs-burgareal; vgl. BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1). In der

Abschrift seines zehn Jahre später geschriebenen Briefesliest man nun, dass dieser Turm kein Überrest vom „altenSchloss“ (= „niederes Haus“) gewesen zu sein scheint,denn seine Kuppel soll mit Schiefer gedeckt gewesen sein. –Dächer eines über mehrere Jahrhunderte genutzten Bau-

werks unterliegen schon wegen ihres Verschleißes mehr-fachen Veränderungen, ganz abgesehen von Umbauten

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Anemüller muss kurz nach dem Auffindendes Kapitells den Fundzettel verfasst und esmuss ihn gedrängt haben, sofort eine zeitlicheEinordnung vorzunehmen. So kam es, dass er,offenbar ohne die einschlägigen Quellen ein-zusehen, den Brand auf Febr. 1349 und nichtauf März 1345 legte. Aus dem nachträglichenEinschub {in Fehde} ist aber ersichtlich, dass erdie Grafenfehde meinte. Der zweite, unleserli-che Teil des Etiketts erweckt den Eindruckeiner Arbeitsnotiz, gedacht, erste Überlegun-gen zum historischen Vergleich festzuhalten,um sie später zu bearbeiten. Dazu ist er nichtmehr gekommen, 1893 schied er aus dem fürst-lichen Amt aus und weitere zwei Jahre danachverstarb er.

Im Jahre 1908 wurde ein zweites gleicharti-ges Kapitell in die Sammlungen derHeidecksburg eingestellt. Sein letzter Aufbe-wahrungsort war ein als Holzstall benutzterRaum des Archidiakonats am Fuße derSchlossgartenterrasse.66 Unzweifelhaft gehörenbeide Säulenköpfe (Abb. 6) zusammen undwaren ursprünglich im gleichen Raum ver-baut. Im „oberen Haus“ ist 1326 erstmals eineGregoriuskapelle bezeugt.67 Mit hoher Wahr-scheinlichkeit könnte es sich bei den zwei Ka-pitellen um Bauteile dieser Burgkapelle han-deln. Die Kapitelle lassen sich nach Unbehaunin die 2. Hälfte des 13. Jhs. stellen.68 Sollten dieOrlamünder tatsächlich, wie Deubler/Kühnertvermuten, Anfang des 13. Jhs. begonnen ha-ben, eine Höhenburg zu gründen, dann ließensich die Kapitelle zeitlich mit dem Baufort-schritt in Übereinstimmung bringen.

Die Funde der Kapitelle gestatten folgendesResümee. Nach den Informationen auf demFundzettel von Anemüller69 ist das von ihm

im Dachbereich von Wehranlagen. So besitzt z.B. dieOrlamünder Kemenate das dritte, wenn nicht sogar dasvierte Dach, dabei ist die Dachform mindestens einmalgeändert worden; vgl. LANGE/LANGE, Kemenate (wie Fn.

6), 26. Büchners Zweifel dürften deshalb gänzlich unbe-gründet gewesen sein. Die in seinem Buch mitgeteilteInformation ist deshalb nach wie vor wertvoll.66 TLM Heidecksburg Rudolstadt, Inventarbuch der Al-tertumssammlung, Nr. 339, Eintragung vom 12. August

1908.67 BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1), 102f., Nr. 3.68 Lutz UNBEHAUN, Zeugen und Zeugnisse, in: DieSchwarzburger (wie Fn. 15), 273-317, hier 279.69 Es wird hier nur der originale Fundzettel von

Anemüller, ausgefertigt unmittelbar im sachlichen undzeitlichen Zusammenhang mit dem Fund, herangezogen.

1891 registrierte Kapitell ein wichtiger Sach-zeuge für die Existenz des im 14. Jh. genannten„oberen Hauses“ auf der Zechsteinkuppe. AufGrund des mit Sicherheit festzustellenden Zu-sammenhangs beider Kapitelle trifft dieseAussage auch auf das 1908 gefundene zu. Diekunsthistorische Datierung der Kapitellemacht die Errichtung der Höhenburg im Laufedes 13. Jhs. sehr wahrscheinlich.

In jüngster Zeit sind durch Ines Spazier ar-chäologische Funde am Südhang des Schloss-berges gemacht worden, die den Schluss aufeine frühe Siedlung auf dem westlichen Zech-steinrücken zulassen. Es handelt sich um frän-kische Keramik aus der Zeit um 900 sowie mitHilfe von Kohlenstoff-14 datierte Röhrenkno-chen, die als Abfall vom darüber liegendenPlateau an den Fundort gelangt sein müssen.Dieser befindet sich am Rand des Schlossauf-ganges zwischen Alter Wache und dem Tunneldurch den Südflügel. Ines Spazier sieht dieHerkunftsstelle als befestigte Höhensiedlungan.70

Die Siedlung wird durch diesen wichtigenFund zweifelsfrei bestätigt, ihre Befestigungkann nur vermutet werden. Ein Beobach-tungsposten dürfte an dieser Stelle zu dieserZeit eher zu erwarten sein. Auch dies kann nureine Annahme sein. Von dem Zechsteinrückenkonnten, vorausgesetzt der ursprünglicheWald in der Saaleaue war bereits soweit gero-det, was für die Zeit um 900 aber erwartetwerden darf, beide Furten sowie die zu ihnenführenden Wege rechts und links der Saale guteingesehen werden.71 Für eine Warte sprichtnicht nur die Lage, die wäre für eine befestigteHöhensiedlung durchaus auch von Vorteilgewesen, sondern der sich aus der Datierungder Keramik und der Speiseabfälle ergebenderelativ kurze Belegungszeitraum. Zu beachtenist außerdem, dass die für Thüringen regis-trierten Einfälle der Ungarn in einem derdurch die C-14-Datierung ermittelten zeitli-chen Bereiche vollständig und in dem anderenzur Hälfte liegen.72

Die Vermerke auf der Karteikarte Kg. 22/1-2 aus den1960er Jahren enthalten keine zusätzlichen Informatio-nen, wohl aber Deutungen.70 SPAZIER, Untersuchungen (wie Fn. 4), 243.71 SCHMIGALLA, Spuren (wie 1), 104.72 Nach SPAZIER, Untersuchungen (wie Fn. 4), 243 wurdenfolgende C-14-Bereiche festgestellt: AD 918-962 und AD

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Diese auffällige Korrelation könnte folgen-dermaßen entstanden sein. Bereits beim zwei-ten Ungarneinfall im Jahre 908 fiel der thürin-gische Herzog Burchard. Möglicherweise wardas der Anlass, Beobachtungsstellen einzurich-ten und mit Warnposten zu besetzen. Einesolche Warte am Saaleübergang Rudolstadtdürfte nicht nur lokal, sondern darüber hinausfür das Innere Thüringens Bedeutung besessenhaben. Die weiter oben angeführte Burgenord-nung Heinrich I. wird dann mit hoher Wahr-scheinlichkeit nicht nur zur Verstärkung derBefestigung des Königshofes in Rudolstadt,sondern auch zur Verbesserung des Warnsys-tems, eingeschlossen den vermuteten Höhen-posten, geführt haben. Mit den Siegen beiRiade an der Unstrut 933 durch Heinrich I.und auf dem Lechfeld 955 durch Otto I. wardie Ungarngefahr gebannt. Beobachtungspos-ten waren nicht mehr erforderlich.

Zusammenfassend wird festgestellt, dassvon den näher betrachteten Quellen folgendeeinen Beitrag zur Datierung der schriftlichnachgewiesenen Höhenburg auf der Zech-steinkuppe, dem späteren Schlossgarten, leis-ten können. Zum einen sind das die vonMüllerott an einem Aufschluss im Schlossgar-ten unterhalb einer Brandschicht gemachtenScherbenfunde, die er in das 13. Jh. legt. Zumanderen sind das die beiden Kapitelle, vondenen eines, ausgehend von dem Fundzettelvon Anemüller, auf dem Schlossgarten imBrandschutt gefunden wurde, die beide offen-bar zusammengehören und sich ebenfalls indas 13. Jh. stellen lassen. Das „obere Haus“kann danach mit hoher Wahrscheinlichkeit imLaufe des 13. Jhs. durch die Orlamünder er-richtet worden sein. Ob die Errichtung bereitsAnfang dieses Jahrhunderts erfolgte, wieDeubler/Kühnert vermuten, kann damit zwarnicht gestützt, aber auch nicht ausgeschlossenwerden.

868-981. Einfälle und Raubzüge der Ungarn in Thürin-gen, seinem östlichen Vorland und dem nur über Thü-ringen erreichbaren Sachsen fanden 906, 908, 912/915,918, 919, 924,934 und 938 statt; vgl. Mechthild SCHULZE,

Das ungarische Kriegergrab von Aspres-lès-Corps. Un-tersuchungen zu den Ungarneinfällen nach Mittel-, West-und Südeuropa (899-955 n. Chr.) mit einem Exkurs zurMünzchronologie altungarischer Gräber, in: Jahrbuch desRömisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 31

(1984), 473-514, hier Abb. 6, 7 (Püchau falsch lokalisiert)und 8.

5. Zum Verlauf der mittelalterlichen Burg-gräben und Burgwege

Bei der Untersuchung der vorstehend abge-handelten Probleme ist der Verfasser auf eineReihe weiterer offener Fragen der frühen Ru-dolstädter Burgengeschichte gestoßen. Sie sindz. T. eng mit dem eigentlichen Problem derZuordnung von Burgen zu Standorten ver-knüpft. Dazu gehören der Verlauf von Gräbenund Wegen sowie die Lage von Brücken überdie Gräben. Die uns heute entgegentretendegeschlossene Bebauung des Sporns, im Hin-blick auf ihre architektonische Wirkung gestal-tet, überdeckt die frühen Strukturen, die zwarauch Macht demonstrierten, aber doch vorran-gig funktionell der Verteidigung dienten, völ-lig. Im Folgenden wird versucht, deren Spurenaufzudecken.

Zuwegungen zum BurgbergDer Bau, die Nutzung und die Erhaltung einerHöhenburg bedurften einer Zufahrt. Die For-schung sieht ziemlich einhellig in dem heuti-gen Schlossaufgang VI diese Zuwegung. Gehtman davon aus, dass die erste Höhenburg aufder östlichen Zechsteinkuppe errichtet wurde,dann brauchte der Weg zunächst nur bis aufHöhe des heutigen Aufzugs- und Treppenhau-ses des Schlosscafés zu reichen. Diese Zufahrtwar ursprünglich Teil eines Straßenzuges, dermit der Straße Am Gatter begann, den Kir-chenplan (heute Schulplatz) querte und sich ingerader Linie fortsetzte. Bereits bei der Analy-se der Stadtpläne, die die Lagesituation verein-facht wiedergeben, fällt die Flucht auf, in derder Schlossaufgang VI und die Straße Am Gat-ter liegen. Zieht man die genaueren Kataster-pläne zu Rate, dann ist die Fluchtlinie eindeu-tig zu belegen. Bei der Begehung des Quartierskann man die Linie nicht erkennen. Gebäudeverstellen sie, sowohl am Schulplatz, als aucham Schlossaufgang. Verursacht wurde dieseUnterbrechung durch den Bau der Stadtmauerund des Grabens Ende des 13. / Anfang des14. Jhs. Die Mauer zieht von der Südosteckeder Schlossterrasse, wo heute noch Reste gutzu erkennen sind, südwärts. Auf diese Weisegetrennt, musste die Auffahrt nun innerhalbdes Mauerzuges von der Kirchgasse aus neugeführt werden.

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Entsprechend den Platz- und Steigungsver-hältnissen wurde die neue Auffahrt zunächstein kurzes Stück gegenläufig und dann in einerspitzen Kehre geführt, bis sie wieder in denvorhandenen geradlinigen Verlauf einschwen-ken konnte. Im Laufe der Zeit wurden die vorund hinter der Mauer stehenden Gebäude er-richtet. Obwohl der Graben dabei überbautwurde, hielten sich diesbezügliche Straßenbe-zeichnungen (Der obere Graben, Am Graben)noch lange.73 In dem Abschnitt, in dem dieursprüngliche Schlossauffahrt unterbrochenwurde, hat sich zwischen Schlossaufgang VINr. 3, Kirchgasse 13 und Schulplatz 10 eineStützmauer erhalten, die Teil der Stadtmauerwar.

Die ursprüngliche, geradlinig verlaufendeAuffahrt geht nach dem oben Gesagten spätes-tens auf den Beginn des 13. Jhs. zurück. Sie istvermutlich die einzige frühe Straße Rudols-tadts, die mit beträchtlichem Aufwand gebautwurde. Als Erschließungsstraße musste sie vordem Bau steinerner Mauern und Gebäude aufder Kuppe in die Bergflanke gehauen werden.Die Aufschlüsse sind im Zechsteinhang anmehreren Stellen noch deutlich zu erkennen.

Die Straße Am Gatter wird sich an der Stel-le, wo sie heute die Ludwigstraße erreicht, inöstlicher Richtung fortgesetzt haben. In dieserRichtung gelangte man nicht nur zur östlichenSaalefurt, sondern auch über den Mittelwegnach Kirchhasel und über den Unteren Wegnach Redwitz (wüst).74 Darüber hinaus wiesdiese Richtung auch nach Orlamünde, demStammsitz der mit dem Bau der Höhenburgbefassten Herrschaft.75 An der Burgauffahrt

73 Gisela BÄHRING, Ellen JAHN, Maria-Luise KROHN, Ru-

dolstädter Straßen – gestern und heute, Rudolstadt 2006,136.74 LUNDGREEN, „Rudelstadt“ (wie Fn. 1), 11 hat bisher alseinziger die Ansicht vertreten, dass die Straße Am Gatternicht stumpf auf die heutige Ludwigsstraße stieß, son-

dern darüber hinaus ging und „nach dem Mittelwegführte“.75 Es würde hier zu weit führen, die Wege ausführlich zuerörtern, auf denen man zu dieser Zeit von Rudolstadtnach Orlamünde gelangen konnte. Es waren drei, aber

jeder mit Beschwernissen verbunden: im Saaletal durchdie Feuchtgebiete zwischen Kirchhasel, Etzelbach undWeißen sowie die Furten bei Weißen und Oberkrossen;über die Heide, zunächst durch die östliche Furt in Ru-dolstadt, vorbei an Hangeiche und Töpfersdorf (wüst)

und schließlich durch die Furt in Naschhausen sowieüber Kirchhasel, Benndorf (wüst) sowie Ab- und Aufstieg

lagen der Marstall und eine dazu gehörigeScheune. Deubler/Kühnert lokalisieren denMarstall „am Fuße des Schlossaufgangs VI“.76

Die Scheune stand nach Trinckler an der Stelledes Hauses Schlossaufgang VI Nr. 3.77 Sie istfolglich erst nach Bau der Stadtmauer an dieserStelle errichtet worden. Der Marstall könntebereits in früher Zeit, als die Burgauffahrt nochgeradlinig verlief, entstanden sein, möglicher-weise infolge der Platzknappheit auf der Kup-pe.

Nachdem die Burgzufahrt bis zum Errei-chen der Sohle des Einschnittes zwischenKuppe und Rücken des Sporns (vgl. Abb. 3)geradlinig geführt wurde, wird sie dann indiese Senke in ähnlicher Weise gegenläufigeingeschwenkt sein, wie noch heute an demspäter verlängerten Schlossaufgang VI beimEintritt in die Unterführung unter den Südflü-gel der Heidecksburg zu beobachten ist.78 Al-lerdings dürfte sie sich danach der Sohle desEinschnittes angepasst haben, zunächst nachWesten und dann erst nach Osten auf dieKuppe gezogen sein. Da die Errichtung des„oberen Hauses“ den Orlamündern zuzu-schreiben ist, muss auch der Bau der Zufahrtihr Werk gewesen sein. Als Erschließungsstra-ße wird sie demnach die erste Bauaufgabe An-fang des 13. Jhs. gewesen sein.

Eine weitere Zufahrt zum Zechsteinspornwurde aus westlicher Richtung nötig, nachdem die Schwarzburger 1340 endgültig in denBesitz von Rudolstadt und seiner Burgen ge-langt waren. Mussten sie doch bestrebt sein,von ihren Herrschaftssitzen an der Schwarza,der Ilm und der Gera auf kurzen Wegen zuihrer neuen Burg zu gelangen. Durch eine An-bindung an den über den Hain verlaufendenHerrenweg wurden die Höhenwege erreicht,welche auf dem Schönen Feld in mehrerenKnoten zusammentrafen. Kontrolle und Siche-rung der Wege auf dieser mittelalterlichen‚Drehscheibe’ des Verkehrs oblag der schwarz-burgischen Feste Ehrenstein.

im Hexengrund. Die Entscheidung wird in Abhängigkeit

vom jahreszeitlichen Wegezustand und dem gewähltenMittel der Fortbewegung getroffen worden sein.76 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1), 109.77 TRINCKLER, Häuserchronik (wie Fn. 1), 160.78 LUNDGREEN, „Rudelstadt“ (wie Fn. 1), 10 hat als erster

diesen voraussichtlichen Verlauf der Auffahrt auf dieerste Höhenburg beschrieben.

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Möglich wurde die westliche Zufahrt, indem der natürliche Einschnitt, der Hain undSporn trennte, überbrückt wurde. Ob gleichvon Anfang an ein Damm geschüttet wurde,der mittels Halsgraben und Zugbrücke gesi-chert wurde, oder ob zunächst eine Holzkon-struktion mit einer einziehbaren Brücke errich-tet wurde, muss offen bleiben. Jedenfalls musses sich Anfang des 16. Jhs. um einen Dammgehandelt haben, denn es wird vom „äußers-ten Graben“ gesprochen.79 (Vgl. Tabelle 2.)

Gräben, Brücken und Tore auf dem BurgbergBurggräben und -wege haben ein ambivalentesVerhältnis zu einander. Der Hauptzweck vonGräben ist es, den Zugang zur Burg zu ver-wehren. Sie sind Sperrwerke. Dort, wo zeitwei-lig und kontrolliert der Zugang gewährt wer-den soll, werden Zugbrücken über die Gräbengeschlagen. An sie binden die Zugangswegeund die inneren Burgwege an. Andererseitslassen sich auch in der Sohle von Gräben Wegeführen. Diese Dualität der Gräben tritt auchauf dem Rudolstädter Burgberg auf. Will manden Verlauf der inneren Burgwege aufklären,muss man sich zunächst mit den Burggräbenbefassen.

Über das Grabensystem auf dem Zechstein-sporn gibt es keine das gesamte Areal umfas-sende Untersuchung. Zu einzelnen Gräbenfindet man verstreut meist kurze Hinweiseoder Vermutungen. Im Folgenden wird ver-sucht, auf der Grundlage verschiedener Infor-mationen und Spuren ein Gesamtbild zuzeichnen, welches den tatsächlichen Verhält-nissen nahe kommen dürfte.

Über die Burggräben lassen sich aus mehre-ren Quellen Informationen gewinnen. Haupt-quelle ist die Nennung von Gräben im Zu-sammenhang mit der Abrechung von Bauar-beiten im Rahmen von Jahresrechnungen ausder 1.H. des 16. Jhs. Darin erscheinen sie nur ineinem sehr geringen Umfang als abzurechnen-des Objekt, da sie zu diesem Zeitpunkt schonlängere Zeit bestehen. Am häufigsten werdensie als Lagebezeichnung für andere Objekte

79 Erst nach dem der Einschnitt zwischen Hain und Spornüberbrückt war, bot es sich an, eine westliche Auffahrtvon der Stadt zum Burgberg in Form des Heckewegesanzulegen. Ebenso begünstigte diese Zufahrt später den

Transport von Baumaterial aus dem Steinbruch an derSchlossstraße auf den Schlossberg.

herangezogen. Die zweite Quelle sind Restevon Gräben und ähnliche Befunde, wie z.B.Stützmauern von Grabenverfüllungen. WeitereInformationen lassen sich aus historischenBauplänen sowie zum geringen Teil aus Unter-lagen geologischer Bohrungen gewinnen.

Im Folgenden wird versucht, durch Ver-schnitt der genannten Quellengattungen eineÜbersicht über die Lage der Gräben und derzu ihnen gehörenden Brücken und Tore zuerhalten. Der Versuch orientiert sich haupt-sächlich am fortifikatorischen Zweck der Grä-ben. Die späte schriftliche Überlieferungzwingt dazu, die Übersicht zunächst für denÜberlieferungszeitraum zu entwickeln. Siebeschreibt folglich die Grabenstruktur beimÜbergang der mittelalterlichen Burg zum früh-neuzeitlichen Schloss. Auf die mögliche zeitli-che Abfolge der Entstehung dieser Strukturkann erst in einem zweiten Schritt eingegan-gen werden. Das Ergebnis ist in Tabelle 2 zu-sammengestellt. Einige Erläuterungen sollendas Verständnis dieser Übersicht erleichtern.80

Gräben und Brücken auf der westlichen SeiteAuf der Süd-, Nord- und Ostseite sichertensteile Flanken den Bergsporn. Besondere Ge-fahr drohte dem Burggelände vom Westen,vom Hain her, von dem Zeitpunkt an, ab demder natürliche Einschnitt überbrückt wurde.Zur Sicherung wird der bereits erwähnte Hals-graben angelegt worden sein, dem sich mithoher Wahrscheinlichkeit die Bezeichnungen

„äußerster Graben“ (= G1) und „äußersteBrücke“ (=B1) zuordnen lassen.81 (Vgl. Abb. 7.)

Man darf annehmen, dass dieses Sperrwerkzu den ersten Bauaufgaben gehörte, die dieSchwarzburger zu lösen hatten, bevor sie mitder Bebauung des Heidecksburgplateaus be-gannen. Wie weiter vorn dargelegt, ist damitfrühestens 1331 und spätestens 1345 zu rech-nen. In diesem Schutz konnten dann die sichüber eine lange Zeit hinziehenden weiterenBefestigungsarbeiten ausgeführt werden.

80 Aus Gründen der Eindeutigkeit macht es sich, wegen

der Vielzahl der Objekte und der unterschiedlichen Be-nennungen für ein und dasselbe Objekt, erforderlich,formale Bezeichnungen in der Tabelle 2, im Text und inAbbildungen zu verwenden.81 Diese Zuordnung steht in einem bestimmten Grad in

Konkurrenz zu G2.3 und B2.3, auf die weiter unten ein-gegangen wird.

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Tabelle 2. Gräben, Brücken und Tore auf dem Rudolstädter Burgberg – ein Versuch der Verortung schriftlich überlie-ferter Bezeichnungen

Nr. Sachverhalt / Befund Bezeichnung (Jahr)

G1 Halsgraben an der engsten Geländeeinschnürung / südliche

Stützmauer zum Abfangen der Verfüllung

„äußerster Graben“ (1515/16)

B1 Brücke über G1 / ohne Befund „äußerste Brücke“ (1515/16)G2

G2.1

G2.2

G2.3

Oberer Graben durch das gesamte westliche Burgplateausüdlicher Abschnitt, erhalten als „Tiefer Keller“ unter demWestflügel;

nördlicher Abschnitt, verfüllt und mit Stützmauer abgefangenwestlicher Abzweig von G2.1 – G2.2, verfüllt

„der Graben“ (1515/16, 1530/31)

„Hundegraben“ (18. Jh.)

Teil des „Hundegrabens“(18.Jh.)B2.1 Brücke über G2.1 / ohne Befund

(wahrscheinliche Lage: Schlossdurchfahrt)

„hintere Zugbrücke“ (1515/16)

„hintere Brücke“ (1533/34; 1543/44)„Brücke im Schloss“ (1554/55)

T2.1 Tor, zu B2.1 gehörig und in der Nähe des Vorgängers desheutigen Schlossturms gelegen / ohne Befund

„hinteres Tor“ (1518/19; 1533/34; 1540)„Tor bei dem Turm“ (1518/19)

B2.2 Brücke über G2.2, gelegen nahe des Zwingers im Nordbereich

sowie in d. Nähe des Kellers / ohne Befund

„Brücke, wo man in den Keller geht“

(1515/16)„Brücke vor dem Keller“(1544/45)„hintere Zugbrücke hinter dem Schloss“(1556/57)

T2.2 Tor, zu B2.2 gehörig, etwa an der Stelle des heutigen nördli-chen Schlosstores gelegen / ohne Befund

„Tor, wo man in den Keller geht“(1515/16)

B2.3 Brücke über G2.3/ Rest der steinernen Brücke: östliche Stirn-mauer (heutige Funktion: Begrenzungsmauer)

„später verschüttete, steinerne über denHundegraben führende Brücke“ (1735)

„Brücke“ (in Plan von 1752)G3 Kurzer Graben vor dem Torhaus (Vogtei) / ohne Befund [Graben ohne belegte Bez., seine Existenz

wird bezeugt durch B3]B3 Brücke über G3 / ohne Befund „vordere Zugbrücke“ (1515/16)

„Brücke bei der Vogtei“

(1527/28)T3 Tor, zu B3 gehörig / Tor des Torhauses „Tor in der alten Vogtei“

(1515/16)G4 Unterer Graben durch das gesamte östliche Burgplateau /

südlicher Austritt am Treppen-Aufzug-Trakt des Schlossca-

fés; verfüllt vom Schlosscafé bis hinter den Horentempel;Verfüllung abgefangen durch nördliche Stützmauer

„Zwinger bei der alten Burg“ (1529/30)

Quellen für die Spalte „Bezeichnung/Jahr“: DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1) pas-sim). Zu B2.3 (1735): ANEMÜLLER, Geschichtsbilder (wie Fn. 91), 9. ThSTAR, Kammer Rudolstadt,CXXIV 5b Nr.5, Anhang A.

Abb. 7. Graben 1. Abb. 8. Graben 2.1 – Südaustritt. Abb. 9. Graben 2.2 – Nordaustritt.

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Das Schutzbedürfnis an der westlichen Seitedes Bergsporns war damit aber keineswegsvollständig befriedigt. Davon zeugen dieAusmaße eines weiteren Sperrwerks, das inden Jahresabrechnungen einfach nur als „derGraben“ (= G2) bezeichnet wird. Er reichte vonder Stelle, an der später der Südgiebel desWestflügels der Heidecksburg errichtet wurde,bis zu der Stützmauer nördlich des späterenNordflügels. Heute ist G2 nicht mehr sichtbar.Im südlichen Abschnitt (G2.1) ist er mit Teilendes Westflügels überbaut worden82, wobei der„Tiefe Keller“ entstand. Ohne diesen zu betre-ten, kann man sich von der Breite und Tiefedes ehemaligen Grabens G2.1 einen Eindruckverschaffen, wenn man vom Schlossaufgang IIher die Südwestecke des Schlosses betrachtet.(Vgl. Abb. 8.)

Für den Verlauf dieses Grabens sprichtauch, dass seine dem Innern der Burg zugehö-rige östliche Flanke sich in der Stadtmauerfortsetzte, die den Berg hinab zog und auf dasAlte Tor der Stadt traf, welches im Pflaster derStiftsgasse markiert ist. Reste der Stadtmauer,die an der beschriebenen Stelle an den Südflü-gel anbindet, sind noch deutlich zu erkennen.Überdies befand sich der Vorgänger des heuti-gen Schlossturmes in der Ecke, die durch dieinnere Grabenkante und den Steilabfall zurStadt gebildet wurde.83 Auf Grund seiner forti-fikatorischen Bedeutung, seiner Länge, Breiteund Tiefe war G2.1 schlechthin „der Graben“.Ein Beiwort, welches die Lage beschrieb, wirdsich aus diesem Grund erübrigt haben.

Bei der „hinteren Zugbrücke“ (= B2.1) wirdes sich um die Überbrückung von G2.1 han-deln, die die Zufahrt zum Burghof von Westenermöglichte. Das Beiwort „hintere“ wird aufdie der Stadt abgewandte Seite Bezug nehmen.Diese Brücke musste von den Flanken her ver-teidigt werden können. Das spricht für einePlatzierung zwischen dem im Norden vermu-teten Hausmannsturm und dem im Süden ge-standenen Vorgänger des heutigen Schloss-turmes. In dieser Lage befindet sich die heuti-ge Tordurchfahrt. Von Horst Fleischer wissenwir, dass der erste Abschnitt der Überbauungdes Grabens von Süden her bis zur Tordurch-fahrt reichte.84 Man hat also ganz offensichtlich

82 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 106.83 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), Plan auf 109.

zunächst bis zur vorhandenen Brücke gebautund dann erst diese durch eine Durchfahrt imweiteren Bauablauf ersetzt. Mit hoher Wahr-scheinlichkeit hat die Zufahrt zum Burghofvon hinten, vom Hain her, an der gleichen Stel-le gelegen wie die heutige Tordurchfahrt.Nicht zuletzt spricht dafür die Bezeichnung„Brücke im Schloss“ von 1554/55. 84

Der nördliche Abschnitt G2.2, zeitweiligHundegraben genannt, ist heute zugeschüttet.Dieser verfüllte Teil des oberen Grabens wirdunmittelbar an der nördlichen Hangkantedurch eine Stützmauer abgefangen, auf der eineisernes Geländer entlangläuft. Das Graben-profil lässt sich in groben Umrissen auf dieStützmauer projizieren, die von der Fischtrep-pe aus erkennbar ist. (Vgl. Abb. 9.) Die Längeder Stützmauer macht bereits deutlich, dass essich um einen sehr breiten Grabenaustritt han-delt. Dieser Eindruck wird bestätigt, wennman Bohrprotokolle und Bauzeichnungen her-anzieht.

Mit Hilfe der Messergebnisse von Bohrun-gen, die 1975 parallel zur Stützmauer nieder-gebracht wurden85, sowie unter Einbeziehungdiesbezüglicher Maßeintragungen des Archi-tekten Krohne in Bauzeichnungen von 1754 fürdas neue Waschhaus86 ist es möglich, an insge-samt elf Stellen die Tiefe des Festgesteins unterdem heutigen Niveau der Fahrbahnoberflächezu bestimmen.87 Auf der Grundlage dieserWerte wurde approximativ eine Schar vonHöhenlinien für das Festgestein bestimmt. Sieermöglichen, sich ein angenähertes Bild vondiesem Grabenaustritt zu machen. (Vgl. Abb.10, linkes Bild.) Zu allen Zeiten dürfte aber diesichtbare Erdoberfläche, auch ohne Einwir-kung des Menschen, infolge einer über demFestgestein lagernden Schotterschicht, gering-fügig höher gelegen haben.

Nach Errichtung des neuen Waschhauses88

wird der Raum zwischen der vermutlich be-reits vorhandenen Stützmauer und dem Neu-bau verfüllt worden sein, um den vorher schon

84 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 109 und 112.85 TLUG Jena, Bereich Geologie Weimar, BohrarchivIngenieurgutachten Ig-5234-Bohrungen, Nr. 39 – 41.86 TLM Heidecksburg, Ordner Bauzeichnungen BZ 001-150, Nr. BZ 054 – BZ 063.87 Bei der Umrechnung der Teufen wurde die mehrfache

Fahrbahnerhöhung von dem Niveau von 1754 bis zumheutigen berücksichtigt.

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Abb. 10. Graben 2.2 – Nordaustritt mit Relief des Festgesteins und Hangrutsch von Lockermassen.links: Isohypsen des Festgesteins unter dem Niveau der heutigen Oberfläche (OF); bestimmt teils aus Teufen von Boh-rungen (TLUG 1975), teils aus Maßen in Bauplänen (Krohne 1754); rechts: Hangrutsch am 10.07.1978, 6:15 h, mitZerstörung der Stützmauer (Foto: TLMH)

vorhandenen Fahrweg89 wieder zu erhalten.Der ehemalige Grabenaustritt und seine nunum einiges höhere Verfüllung mit Lockermate-rial brachten sich 1978 nachdrücklich in Erin-nerung, als die Stützmauer die talwärts wir-kenden Schubkräfte der Verfüllmassen, die aufder geneigten Fläche des Festgesteins auflagen,nicht mehr abfangen konnte. (Vgl. Abb. 10,rechtes Bild.) 88 89

Möglicherweise hat es vor dem genanntenFahrweg über den Austritt des Grabens G2.2an dieser Stelle eine Brücke gegeben. Um diesemöglichst kurz zu halten, wird sie nahe derdamaligen Bebauung gelegen haben. Vor demBau des neuen Waschhauses ragte am weites-ten nach Norden die Mauer des Zwingers her-vor, dessen Grundmauern sich unter dem süd-lichen Teil dieses Gebäudes befinden. Dem-nach wäre die Brücke unter dem nördlichenTeil des neuen Waschhauses zu suchen.

(Vgl. Abb. 12.) Sie trägt mehrere Bezeich-nungen, von denen „hintere Zugbrücke hinterdem Schloss“ (= B 2.2) die Lage am treffends-ten beschreibt. (Vgl. Tabelle 2.)

88 Auf einer der Bauzeichnungen von Krohne (BZ 055) ist

der geplante Baubeginn mit folgenden Worten vermerkt:wozu mit Gott der erste Stein den 15. Juli 1754 geleget werdensoll. G.H. Krone. (Vgl. Fn. 86.)89 In einem Plan von 1740 wird er mit Fahr-Weg hinter das

Schloß bezeichnet. ThSTAR, 5-98-0100 Karten, Pläne,Risse; Nr. 1102 (alt: St 23, ursprünglich: No. IId).

An der Stelle, an der die beiden GräbenG2.1 und G2.2 ineinander übergingen, zweigtein westlicher Richtung ein Graben ab, der hiermit G2.3 bezeichnet wird. Die Abzweigungbefindet sich hinter dem Nordgiebel des West-flügels, der Graben lief nördlich des heutigenTeehäuschens vorbei. Über den Graben führtedie Brücke B2.3. (Vgl. Abb. 11 und 12.)

Abb. 11. Graben 2.3 mit Brücke 2.3.

Graben und Brücke sind in einem Plan vonKrohne aus dem Jahr 1752 eingezeichnet, indem das Bauwerk ausdrücklich als Brücke be-nannt ist.90 Sie war offenbar als gewölbter

90 ThSTAR, Kammer Rudolstadt, CXXIV 5b Nr. 5, An-hang A).

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Steinbau ausgeführt, dessen zum Schloss zei-gende Stirnmauer heute, vom Weg her gese-hen, als Umfassungsmauer erscheint. Wahr-scheinlich meinte Anemüller in seiner Mittei-lung für das Jahr 1735 dieses Bauwerk, als erschrieb: „[…] die später verschüttete, steinerne,über den Hundegraben führende Brücke.“91

Ob der Graben natürlichen Ursprungs ist oderob er erst während des Burgenbaus gezogenwurde, muss offen bleiben. Auch seine Wirk-samkeit als Annäherungshindernis kann aufder Grundlage der vorhandenen Informatio-nen nicht beurteilt werden. Für die Verteidi-gung der Burg wäre an dieser Stelle ein schwerzu überwindender Graben durchaus vorteil-haft gewesen. Weder zu dem Graben, noch zueiner dann notwendigen Zugbrücke lassen sichaber aus den weiter oben genannten Jahres-rechungen aus dem 16. Jh. zuordenbare Be-zeichnungen finden. Es sei denn, man ordnetdieser Stelle die Bezeichnungen „äußersterGraben“ und „äußerste Brücke“ zu und nichtG1 und B1. Allerdings wird die Zuordnung zuden letztgenannten mit einer höheren Wahr-scheinlichkeit bewertet, denn diese befandensich tatsächlich in „äußerster“ Lage, währendbei G2.3/B2.3 nur die Prädikate „äuße-rer/äußere“ gerechtfertigt erscheinen. Letzt-lich können hier nur archäologische Fundeund Befunde zu gültigeren Aussagen führen.

Das Vertiefen und das Ausformen dervermutlich natürlich vorgeformten Gräbenlieferte mit hoher Wahrscheinlichkeit einennicht geringen Teil des Materials für den Bauder neuen Mauern und Gebäude. Deshalbwird das Brechen dem Bauen zwar voraus ge-gangen sein, aber keineswegs in der Weise,dass zunächst der Graben vollständig fertiggestellt und danach erst gebaut wurde. An Ortund Stelle gewonnener Stein ersparte den imMittelalter besonders teuren Schwertrans-port.92 Noch 1508 wird bei der Anlage einesKellers auf der Heidecksburg gefordert allenützlich steinwerck, […], auß dem bau [zu]brengen vnd im schloß zcu guten raum [zu] le-gen.93 Gegen Ende des 14. Jhs. wird mit dem

91 Bernhard ANEMÜLLER, Geschichtsbilder aus der Ver-gangenheit Rudolstadts, Rudolstadt [1888], 9. Anemüllersieht demnach diesen Graben als Teil des „Hundegra-bens“ an.92 Jean GIMPEL, Die Kathedralenbauer, Holm 1996, 58.93 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 119.

neuen Schloss am neuen Standort zu rechnensein.94 Die Gräben auf der westlichen Seite(vgl. Abb. 11) dürften dann ebenfalls soweitfertig gestellt worden sein, dass sie den erfor-derlichen Schutz boten.

Abb. 12. Gräben, Brücken und Tore im Westteil derHeidecksburg. Kurzbezeichnungen vgl. Tabelle 2rot = Gräben (schematisiert als Sohllinien); gelb = Brü-cken (schematisiert); hellblau = Tore (im schematisiertenMauerzug)

Gräben und Brücken auf der östlichen SeiteEin kurzer Graben, hier mit G3 bezeichnet,muss sich auf der Stadtseite des Torhauses,auch als Vogtei oder Kanzlei bekannt, befun-den haben. Er wird in den schriftlichen Quel-len nicht genannt, wohl aber die dazugehörige„vordere Zugbrücke“ (= B3) und die damitidentische „Brücke bei der Vogtei“. Von diesenBezeichnungen kann man berechtigt auf dasVorhandensein eines Grabens schließen. Mit„vordere“ wird die von der Stadt erreichbareBrücke bezeichnet. Der Graben G3 unterbrachdie heute Schlossaufgang VI genannte Zufahrtauf der Südseite des Bergsporns unmittelbarvor dem Torhaus. (Vgl. Abb. 13.)95

94 DEUBLER/KÜHNERT, Burgengeschichte (wie Fn. 1), 102,gehen von 1378 aus.95 Die Lage des Grabens G3 lässt sich nur relativ zumTorhaus angeben, er muss außen, d. h. unterhalb diesesGebäudes, den Fahrweg unterbrochen haben. In Abb. 13

ist der dem Torgebäude am nächsten gelegene möglicheVerlauf eingezeichnet. Die südwestlichste Rammkern-

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Der Graben G3 dürfte im Vergleich mit G2.1– G2.2 erst beträchtlich später entstanden sein.Er setzt die Weiterführung der Schlossauffahrtan der Südseite voraus. Aus einer Urkundevon 1418 könnte man den Schluss ziehen, dassdies zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgtwar. Denn die Aufzählung von Bestandteilender Burg folgt ganz augenscheinlich dem ur-sprünglichen Weg von der Kernburg auf demoberen Plateau in die Stadt, wenn sie in dieserReihenfolge genannt werden: uff dem slosse –die vorburgen (dazu würde der Zwinger gehö-ren) – den borger nedir als der marstall[in]begriffen had.96 97 Für die Weiterführung derSchlossauffahrt, eingeschlossen das Torhausmit Graben G3 und Brücke B3, könnte deshalbdie Zeitspanne zwischen 1418 und 1515 veran-schlagt werden.

Abb. 13. Graben 3.

Ein weiterer Graben, dessen frühe Bennen-nung nicht überliefert ist, wird hier mit G4bezeichnet. Es handelt sich um jenen Graben,der sich in der Sohle des bereits mehrfach ge-nannten natürlichen Einschnitts zwischen öst-licher Kuppe und westlichem Rücken desSporns befand. (Vgl. Abb. 3.) Er durchquertewie G2.1 – G2.2 den Bergsporn von Süd nachNord, ist das älteste Annäherungshindernisauf dem Rudolstädter Burgberg, diente ver-schiedenen Zwecken und hat umfangreicheVeränderungen erfahren. Vor 1345 wird er, als

sonde weist auf eine bis zu 30 m vom Torhaus entferntemögliche Lage hin. (Vgl. Abb. 5 und Fn. 42.)96 Ich danke Herrn Hans Herz für die Einsichtnahme ineine noch nicht publizierte Studie „Rudolstadt 1417/18 –Amt und Schloss“ (Juni 2014), in der er u. a. den Burg-frieden von 1418 diskutiert.97 Der Marstall befand sich zu jener Zeit etwa an der

Stelle des Schlossaufganges VI, an der dieser auf dieKirchgasse trifft.

ausgebautes natürliches Hindernis, das „obereHaus“ auf der Kuppe, danach, umgebaut zueinem regulären Graben, „die Feste“ auf demRücken des Sporns geschützt haben. Bereits beiseinem ersten Ausbau dürfte Baumaterial fürdas „obere Haus“ gewonnen worden sein.Durch ihn verlief die Zufahrt zum „oberenHaus“, nach 1345 fungiert er zunächst als Er-schließungsweg, später als Zufahrt zur „Fes-te“. In dieser Funktion wird er als Zwingerumgebaut worden sein. (Vgl. Abb. 4.) In derJahresabrechnung 1529/30 trägt er die Be-zeichnung „Zwinger bei der alten Burg“, wo-bei mit der „alten Burg“, wie weiter oben er-läutert, das zu dieser Zeit nur noch als Ruineexistierende ehemalige „obere Haus“ gemeintist.

Der Graben G4 ist völlig verfüllt und einge-ebnet worden. Auf der Südseite wird er imBereich des Schlosscafés ausgetreten sein. (Vgl.Abb. 3.) Seine nördliche Austrittsstelle muss inder Nähe des Horentempels gelegen haben.Die Verfüllung wird an der Nordseite durcheine Stützmauer abgefangen, worauf an ande-rer Stelle bereits eingegangen wurde. (Vgl.Abb. 14.)

Abb. 14. Graben 4 – Nordaustritt.

Die Burggräben sind mit hoher Wahrschein-lichkeit in nachstehender zeitlicher Reihenfol-ge entstanden: G4 – G1 – G2 – G3. Für ihreFertigstellung lassen sich keine Zeitpunkte,sondern lediglich Zeiträume und diese nur mitteilweise großer Spannweite angeben: G4 vonAnfang bis Mitte des 13. Jhs. (mit hoher Wahr-scheinlichkeit vorhanden 1264), G1 von 1331bis 1350 (mit hoher Wahrscheinlichkeit vor-handen 1515), G2 von 1331 bis 1378 (mit hoherWahrscheinlichkeit vorhanden 1378) und G3von 1418 bis 1515 (sicher vorhanden 1515). –Diese Zeitangaben können nicht mehr als eineerste Näherung sein, die relative zeitliche Rei-henfolge der Entstehung der Gräben auf die

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Zeitachse zu projizieren. Da mit dem Auffin-den unbekannter schriftlicher Dokumentekaum zu rechnen ist, dürften sicherere Aussa-gen nur von künftigen archäologischen Unter-suchungen zu erwarten sein.

BurgwegeDie befahrbaren Wege auf dem Burgberg sind,zusammen mit den Gräben, die sie unterbre-chen, und den Brücken, die sie verbinden, imVerlaufe eines langen Zeitraums, der vom An-fang des 13. Jhs. bis zum Beginn des 16. Jhs.reichte, entstanden. Sie besitzen eine wechsel-volle Geschichte. An dieser Stelle sollen nureinige Grundzüge erläutert werden.98

Auf den ältesten Burgweg, den die Orla-münder anlegten, wurde ausführlich bei denZuwegungen zum Burgberg eingegangen. Ererschloss die Kuppe des Sporns von der Ost-seite her und nutzte dazu die südliche Flankesowie die Senke zwischen Kuppe und Rücken.Als nun die Schwarzburger daran gingen ihre„Feste“ auf dem Zechsteinrücken zu errichten,bot es sich an, diesen Weg zu verlängern. Dazuwurde er in der Senke (Graben G4) in einemBogen auf die nördliche Flanke des Spornsgeführt. Da die Reithalle noch nicht im Wegestand, sie ist erst viel später errichtet worden,konnte dieser Bereich dafür genutzt werden.Auf der Höhe des jetzigen Westgiebels derReithalle wurde der heute noch vorhandeneAbschnitt der ehemaligen Auffahrt aus demGraben erreicht. Der in unmittelbarer Nähebefindliche Turm, heute größtenteils einge-baut, wird den oberen Burghof als Eckbastiongesichert haben.

Diese Auffahrt durch den Graben G4 aufden Zechsteinrücken, war eine wichtige logis-tische Voraussetzung für die Erschließung desoberen Plateaus von der Stadtseite her. Sie warallerdings keine repräsentative Schlosszufahrt.Eine solche wurde erst zwischen 1418 und1515 auf der Südseite geschaffen, in dem derSchlossaufgang VI geradlinig ansteigend wei-ter geführt wurde, geschützt durch den Gra-ben G3 und das Torhaus. Während der GrabenG4 als Zwinger ausgebaut und mit einem Torversehen, auch noch eine untergeordnete Zu-fahrt ermöglichte. Seit der Verfüllung des

98 Ausführlicher wird auf die inneren Burgwege inSCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1) eingegangen.

Zwingers blieb von dieser Auffahrt nur nochein Stichweg, der vom Heidecksburgplateaunördlich an der Längsseite der Reithalle ent-lang die Gartenterrasse auch heute noch er-reichbar macht.

Auf die Zufahrt vom Hain her sowie diesich anschließenden inneren Burgwege wurdeebenfalls bereits eingegangen. An dieser Stellesoll lediglich angemerkt werden, dass wäh-rend der Zeiten im 16. und 17. Jh., in der dieBurg zum Schloss umgebaut wurde, die west-liche Zufahrt eine besondere Bedeutung er-langte. Über eine kurze Distanz konnten dieSteine vom heute noch sichtbaren Steinbruchin der Schlossstraße auf die Baustelle transpor-tiert werden.

Zur Lage der „Feste“ auf dem Rücken desZechsteinsporns und die GräbenWie dargelegt, wird die erste Höhenburg Ru-dolstadts, das „obere Haus“, durch dieOrlamünder auf der im Osten des Zechstein-sporns gelegenen schmalen Kuppe errichtetworden sein. Längere Zeit bevor diese in derGrafenfehde (März 1345) gebrandschatzt wur-de, dürfte mit der Errichtung einer weiterenHöhenburg möglicherweise noch durch dieOrlamünder, mit Sicherheit aber durch dieSchwarzburger (seit 1331), auf dem westlichenRücken des Sporns begonnen worden sein.Dabei ist anfangs mit einer kleinen Kernburgzu rechnen, die so platziert war, dass sie einer-seits ihrer Funktion sofort gerecht werdenkonnte und andererseits dem Ausbau und derErweiterung nicht im Wege stand.

Bei der Wahl des Platzes für die unter denSchwarzburgern als „Feste“ (Juli 1345) bzw.„Haus“ (1361, 1398) bezeichneten Anlage wirdman vom damals zu Tage liegenden Relief desZechsteinrückens ausgegangen sein. Heutekann man das ursprüngliche Relief nur nochim Bereich der steil abfallenden Flanken er-kennen. Dem Besucher der Heidecksburg bie-tet sich, beginnend am westlichen Vorplatz,über den großen Schlosshof hinweg bis zurBalustrade, hinter der die mittlere Terrasseangelegt wurde, der Eindruck eines Plateaus.Die ebenen und in der Waage liegenden Flä-chen sind durch Auffüllung und Planierungeines ehemals gegliederten, von einigen Rin-nen durchzogenen und nach allen Seiten inunterschiedlichem Maße geneigten Areals ent-

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standen. Durch einen geologischen Schurfwurde mit 246,6 m unter dem Nordflügel inder Nähe der Stelle, an der er an den Westflü-gel grenzt, der höchste Punkt, an dem Festge-stein zu Tage tritt, ermittelt.99

Die Grundfläche des Nordflügels zeigt fürdie Randbebauung einer frühen Burg eine be-sondere Standortgunst. Nach Norden fiel dasGelände steil ab, nach Nordwesten und Wes-ten schützte ein natürlicher Grabeneinschnitt.Die noch heute erhaltene bogenförmigeBaukante belegt, dass man hier einer natürli-chen Geländekante gefolgt ist. (Vgl. Abb. 10.)Die Lage auf dem höchsten Areal des Rückensbot nicht nur aus fortifikatorischer Sicht Vor-teile, sondern auch unter dem Gesichtspunktder Beobachtung des Umfeldes.

Legt man einen Schnitt senkrecht zurLängsrichtung des Sporns durch diese Flächeund markiert die Mitte der Schnittlinie zwi-schen den beiden Punkten, an denen sie dieHöhenlinien 205 m (am Übergang vom Steil-hang zur Talaue) im Süden und im Nordenschneidet, so erhält man näherungsweise jeneStelle, an der es sinnvoll ist, einen Turm zuerrichten, von dem aus sich beide Flanken ein-sehen lassen. Die festgestellte Mitte dieserSchnittlinie stimmt auffällig mit der Lage einesTurms überein, der in einem von Horst Flei-scher publizierten Plan der Heidecksburg ein-gezeichnet ist.100

Der Turm in dieser Lage lässt sich auch auseinem Bauvertrag für einen Keller von 1508erschließen.101 In dem Vertrag werden Bauauf-gaben unter Verwendung von Lageangabenwie pey dem thorm, durch dye Zcwengmauer undin der kurtzen seiten nach dem born beschrieben.Ankerpunkt für die Lokalisierung ist der born,es gibt nur einen auf der Burg, den TiefenBrunnen im Nordflügel. Der Nordflügel warauch von einem in Bauplänen belegten, bogen-förmig geführten Zwingergang umgeben. DerTurm gehört wie Brunnen und Zwinger zumgleichen Baustellenbereich und kann sichdemzufolge nur im Nordflügel befunden ha-ben. (Die Angabe zcu alterenn wird nicht zurLokalisierung herangezogen, weil es sich so-

99 TLUG, Bohrarchiv (wie Fn. 85), Nr. 70 = A14/92.100 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), Plan auf 109,Legenden-Nr. 4. Horst Fleischer bezeichnet den Turm als

Hausmannsturm.101 FLEISCHER, Residenzstadt (wie Fn. 1), 115 und 118f.

wohl um einen Kasus von „alter“ = Altar, alsauch um den Komparativ von „alt“ handelnkann. Der erste Fall würde ebenfalls auf denNordflügel deuten, in dem sich bereits vor1508 eine Burgkapelle befand.)

Im Erdgeschoss des Nordflügels ist an zweiStellen ein bogenförmiger Wandverlauf zubeobachten, der nach Augenschein als Teileines Kreisbogens angesehen werden kann.Beide Stellen befinden sich im Westteil des„Gewölbes“ (bisherige Waffenhalle) an derSüdwand. Ein größerer Bogen (etwas mehr alsein Achtel eines Vollkreises von etwa 9,5 mDurchmesser) ist durch eine nicht ganz senk-recht dazu stehende Wand von einem kleine-ren Bogenstück (etwa ein Sechzehntel einesVollkreises) getrennt. Das über der bogenför-migen Fußlinie aufgehende Mauerwerk neigtsich etwa in der Mitte der Raumhöhe leicht inRichtung des vermuteten Kreismittelpunktes,wie man es auch bei manchen anderen Rund-türmen beobachten kann. Auf der Rückseitedieser Mauer befindet sich die 1571 errichteteHofkirche. Im Scheitelpunkt der Apsis stoßenSandstein und Ziegelmauerwerk an einersenkrechten Naht aneinander. An dieser Stelleist eine solche Naht nach zeichnerischer Re-konstruktion zu erwarten. Im Kellergeschossfällt in einer kleinen Kammer ein unverputztesMauerstück auf, das auf Grund des vom Erd-geschoss in den Keller projizierten rekonstru-ierten Turmgrundrisses als ein Stück der In-nenseite der Turmmauer interpretiert werdenkann. Diese Bauspuren machen es sehr wahr-scheinlich, dass genau an der Stelle, an derHorst Fleischer in seinem Plan den runden„Hausmannsturm“ eingezeichnet hat, einRundturm stand.

Außer dem Turm dürften zur Erstbebauungzwei Massivbauten gehört haben, die ihn ineinem nach Süden offenen Winkelbau umga-ben. Der Burghof könnte in der Ausdehnungetwa dem westlichen Teil des heutigenSchlosshofes bis zur Durchfahrt entsprochenhaben. Die Westseite des Hofes wurde durchden Graben G2.1 und eine Mauer gesichert.Die Südseite wird durch eine Mauer geschütztworden sein. Ihr Verlauf könnte mit dem derhofseitigen Mauer des heutigen Südflügelsübereingestimmt haben. Von der Westseite derspäteren Durchfahrt unter dem Südflügel zurSüdostecke des Nordflügels wird eine Mauer

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verlaufen sein, die den Burghof von derVorburg trennte. Diese Mauer wird ein Tor inder Nähe des Nordflügels besessen haben, andem die Zufahrt endete, die auf der Nordflan-ke die Höhe erreichte, nach dem sie durch denGraben G4 hindurch von der Süd- auf dieNordseite gewechselt war. Ab der späterenDurchfahrt unter dem Südflügel ist in östlicherRichtung mit einem Absinken des ursprüngli-chen Höhenniveaus zu rechnen, sodass derfrühe Burghof das Terrain etwas überragte.Deshalb ist die Frage, ob die Mauer zwischenBurghof und Vorburg zusätzlich durch einenGraben gesichert war, eher zu verneinen.

Die rekonstruierten Burggräben, -brückenund -wege ordnen sich nicht nur wider-spruchsfrei in die aus den schriftlichen Quellenabgeleiteten Zuordnungen von Burgen zuStandorten ein, sondern machen auch deutlich,dass ihre Anlage auf dem Zechsteinrücken,insbesondere die der Gräben G2.1 – G2.2, einenwesentlich größeren Aufwand erforderte alsder Ausbau eines Grabens (G4) in der natürli-chen Senke zum Schutze des „oberen Hauses“auf der Zechsteinkuppe. Auch das dürfte er-klären, warum sich die Orlamünder zunächstmit der kleinen Kuppenfläche begnügten. DieSchwarzburger hingegen verfügten offenbarüber die Mittel, die Befestigung des größerenoberen Plateaus vorzunehmen.

6. Zu Befestigungen am Standort Ludwigs-burg – Episoden oder Kontinuität vom 8. bis16. Jh.?

Akzeptiert man die chronikalische Mitteilungdes Cyriakus Spangenberg als Erstnennungeiner Burg in Rudolstadt für das Jahr 939 undmisst man dem Standort Ludwigsburg für die-se Befestigung, wie erläutert, eine größereWahrscheinlichkeit als dem Standplatz Zech-steinsporn zu, dann ließe sich diese Burg in derersten Hälfte des 10. Jhs. als ein Zwischengliedzwischen dem befestigten fränkischen Hof inder zweiten Hälfte des 8. Jhs. und dem „niede-ren Haus“ in der ersten Hälfte des 14. Jhs. an-sehen. Nach der Brandschatzung während derGrafenfehde im Jahre 1345 erscheint das „nie-dere Haus“ nicht mehr als Herrschaftssitz.

Spuren von Vorgängerbauten in Gebäudender LudwigsburgUngeachtet dessen kann die Befestigung andieser Stelle weiter bestanden haben. ZweiBaureste scheinen sich erhalten zu haben.

Abb. 15. Ludwigsburg – Torhaus (undatierter Ent-wurfsplan, vermutlich vor 1734; Ausschnitt aus einerhofseitigen Ansicht.)

Zunächst soll auf jenen runden Turm nocheinmal ausführlicher eingegangen werden, derbereits mehrfach erwähnt wurde. Er wird teilsin der Durchfahrt, teils im Treppenhaus desTorhauses der Ludwigsburg zu suchen sein.Dafür gibt es zwei Anhaltspunkte. Zum einenist auf einer Entwurfszeichnung, die nebenanderen baulichen Anlagen auch das Torhausenthält, ein solcher Turm, der im oberen Be-reich polygonal ausläuft, zu sehen. Mit hoherWahrscheinlichkeit handelt es sich um ein da-mals bestehendes Bauwerk, welches der Archi-tekt aufgestockt in das Torhausensemble integ-rieren wollte. (Vgl. Abb. 15.)102 Dieser Entwurfwurde nicht ausgeführt und der vorhandeneTurm offenbar abgerissen. Es handelt sich sehrwahrscheinlich um jenen Turm, dessen Spren-gung Büchner mitgeteilt hat.103 Der zweite An-haltspunkt sind die Reste des runden Turmes,die auf einer Umbauzeichnung des Torhausesaus dem Jahr 1896 zu erkennen sind. Damalswurde geplant, den westlichen Flügel des Tor-hauses abzureißen und das Obergeschoss

102 ThStAR, 5-98-0100, Karten, Pläne, Risse; Nr. 1582,Entwürfe zum Bau der Ludwigsburg vermutlich vor1734; Blatt „Profil vom ganzen Garten […]“. – Die gleicheDeutung bereits bei Horst FLEISCHER, Zur Geschichte der

Ludwigsburg, in: Die Ludwigsburg Rudolstadt – Fest-schrift anlässlich der Fertigstellung des Thüringer Rech-nungshofes 1998, Rudolstadt [1998], 14-25, hier 16.103 Vgl. BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1). Allerdings dürf-te Büchner bei der Lageangabe „nordwestlich des Schön-

feldischen Hofes“ ein Fehler unterlaufen sein, es hätte„südwestlich“ lauten müssen.

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durch eine gewendelte Treppe zu erschließen.(Die Situation vor dem Teilabriss ist in Abb. 17zu erkennen.) Ein Vergleich mit dem heutigenBestand zeigt, dass dieser Entwurf bis auf ge-ringfügige Details verwirklicht wurde.104 Deut-lich ist im Bestand die Integration der Restedes Turms im Erdgeschoss zu erkennen. EinTeil befindet sich hinter der westlichen Wandder Tordurchfahrt unter dem dort angelegtenTreppenaufgang, der andere ist im Fundamentder Tordurchfahrt zu suchen.105

Seiner Randlage nach muss dieser Turm ur-sprünglich im Bering gestanden haben. Esdürfte sich folglich um einen seit dem 13. Jh.oft anzutreffenden Flankierungsturm gehan-delt haben.106 Möglicherweise besaß er nachAufgabe des „niederen Hauses“ als Herr-schaftssitz, eine Funktion bei der Kontrolle derhier vorbeiführenden Fernstraße. Im Jahre 1397wird durch König Wenzel ein altes Privilegerneuert, in Rudolstadt Zoll zu erheben. DerZoll wird sogar erhöht, damit Graf Günthervon Schwarzburg „des Reiches Straße inner-halb seines Gebiets desto besser beschirmenkann“.107 Bei der Ersterwähnung des Koch-bergischen (des späteren Schönfeldischen) Ho-fes im Jahre 1428 wird auf „die Straße“ dahin-gehend Bezug genommen, dass dieser nichtunmittelbar an ihr liegt.108 Der Turm aber lagan der Straße. Noch nach dem Bau der Lud-wigsburg hatte im Torhaus, gegenüber derStelle, wo ehemals der runde Turm stand, derChausseegeldeinnehmer seinen Sitz.109 Es gibthier, an der Engstelle zwischen Burgberg undDebrahöhe, ganz offensichtlich eine Kontinui-tät der Kontrolle über die Fernstraße, bevor siedie Saale überschritt. Sie reicht von der fränki-schen bis in die Neuzeit hinein.

104 ThStAR, 5-35-1260, Thür. Kreisbauamt Nr. 09/164,Pläne Ludwigsburg Nr. 44 und 46.105 Auf Grund der Pläne (vgl. Fn. 104) lässt sich der In-nendurchmesser des Turmes mit etwa 3,4 m rekonstruie-

ren. Der Außendurchmesser wird mit ca. 7,6 m abge-schätzt. In der westlichen Seite der Tordurchfahrt ist ineiner halbrunden Nische ein Wappen derer v. Schönfeldangebracht. Es ist nicht auf dem Turmmauerwerk, son-dern auf einer davor geblendeten Mauer angebracht. Der

Turm maß am Fuß etwa 1,6 m mehr im Durchmesser alsder ebenfalls unten runde Turm der Kirche in Kirchhasel.106 Michael LOSSE, Kleine Burgenkunde, Euskirchen 32011,75.107 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9), 43, Nr.58.108 Vgl. SCHMIGALLA, Spuren (wie Fn. 1), 84.109 ThStAR (wie Fn. 104), Plan Nr. 17.

Ebenfalls bereits erwähnt wurden Hinweiseauf einen rechteckigen Bau, die hier näher er-örtert werden sollen. In der Baustruktur desKellergeschosses der heutigen Ludwigsburgfällt der Bereich im Mittelrisalit durch seineAbgeschlossenheit und ungewöhnlich starkeMauern auf. (Vgl. Abb. 16. Der Keller ist in derMitte des Plans dargestellt, sein Querschnittlinks oben.) Es könnte sich um den Keller einesVorgängerbaus handeln, der beim Bau derLudwigsburg in der ersten Hälfte des 18. Jhs.wieder verwendet wurde. Auf ein festes Hausdeutet insbesondere die Mauerstärke von 3,3m an der Straßenfront hin. Die Außenabmes-sungen von 11,5 m mal 14,2 m lassen einenWohnturm möglich erscheinen. Die Art undWeise der zeichnerischen Darstellung verweistauf ein vorhandenes Bauobjekt, das man demneuen Bau dienlich machen wollte. (Das giltauch für den Keller unter dem Nordflügel, deraber vermutlich jünger ist.)110

Abb. 16. Ludwigsburg – Grundriss des Kellergeschossesim Mittel- und Nordflügel mit Querschnitten (undatier-ter Entwurfsplan, vermutlich vor 1734).

Der an der Stelle des Mittelrisalits der Lud-wigsburg vermutete Wohnturm mag in dieHände der Kochberger gelangt sein, nach demsie bereits seit langem den sich östlich an-schließenden Wirtschaftshof besaßen. Anfangdes 16. Jhs. sitzt die verwitwete Katharina vonKochberg in Rudolstadt in „ihrem festen Hofe‚zur Pucht’“. Ernst von Schönfeld, der dies ineiner kurzen, handschriftlichen Geschichte derHerren von Kochberg bzw. der von Schönfeld

110 ThStAR, 5-34-1260, Thür. Kreisbauamt 09/164, PläneLudwigsburg Nr. 23 und 43. – Auf diese Möglichkeit hat

bereits Horst Fleischer vor geraumer Zeit hingewiesen.(Vgl. Fn. 102.)

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mitteilt, erklärt die Bezeichnung Pucht nicht.111

Die Formulierung „fester Hof“ weist zweifels-frei auf eine bewehrte Anlage hin und Puchtbezeichnet sehr wahrscheinlich das dominie-rende Gebäude, von dem man annehmenkann, dass es sich um den vermuteten Wohn-turm handelt. Dieser Bau muss wenig wohn-lich gewesen sein, denn es „sollte ein neuesangemessenes Haus erbaut werden“.112 DieBezeichnung Pucht könnte ein mundartlicherAusdruck sein, der eigentlich „Bucht“ lautet.113

Katharina von Kochberg dürfte damit ironischdie mangelnde Wohnqualität bezeichnet ha-ben. Für einen mittelalterlichen Wohnturm mitdicken Mauern und winzigen Fenstern dürftedie Benennung treffend gewesen sein. Nachvon Schönfeld war die „Pucht […] übrigensgut befestigt“ und er erwähnt das „Herunter-lassen der Zugbrücke zur Zeit der Bauern-kriege“.114

Der Platz an der Straßenpassage amWüstebach dürfte vom fränkischen Hof im 8.Jh. über die Burg Heinrichs im 10. Jh., das„niedere Haus“ der Orlamünder im 14. Jh. biszur befestigten Pucht der Kochberger Anfangdes 16. Jhs. eine befestigte Anlage gewesensein. Der Name Ludwigsburg für den Neubauim18. Jh. bewahrt offenbar die zu diesem Zeit-punkt noch wache Erinnerung an diese Funk-tion.

Zur Zweiteilung des Standortes LudwigsburgDort, wo sich Zechsteinsporn und Debrahöheam nächsten kommen, liegt jener Burgen-standort, der in dieser Arbeit nach der Lud-wigsburg benannt wird. Die Fläche im Bogendes Wüstebaches ist aber wesentlich größer alsdie von der Ludwigsburg heute belegte. Es istdeshalb erforderlich, sie zu differenzieren.Durch den mit großer Wahrscheinlichkeit be-

111 ThStAR, Archiv Großkochberg 5-97-1400, F. 755, 3 und5.112 Dieses Haus wurde tatsächlich errichtet, allerdings aneiner anderen Stelle der Stadt. Bald nach der Fertigstel-lung wurde es aber an die Stadt verkauft. Es handelt sichum das Alte Rathaus in der Kirchgasse.113 Vgl. Stichwort „Bucht“ in: Karl SPANGENBERG, Kleines

Thüringisches Wörterbuch, Rudolstadt & Jena 1994.114 Brief des Herrn von Schönfeld an Herrn von Stein vom01.05.1883. (Auszug, maschinenschriftliche Abschriftohne Datum). TLM Heidecksburg; Ordner H VI b. 44,Unterordner Großkochberg/Heilingen [zum] Aktenband

LA [=ThStAR] Grk. I, 5, Nr. 8 [=Archiv Großkochberg 5-97-1400, F132].

reits in fränkischer Zeit gezogenen Mühlgra-ben wurde eine Begrenzung des Terrains ge-schaffen, auf das sich die Bebauung konzen-trierte. Nach ihrer Errichtung vor der Mitte des18. Jhs. nahm die Ludwigsburg zusammen mitihrer Gartenanlage und Nebengebäuden mitmehr als 8.500 m² den größten Teil dieses Ter-rains ein. Für eine Schlossanlage durchausnicht ungewöhnlich, wohl aber für ein Ritter-gut, das nach allgemeiner Auffassung vor derLudwigsburg auf dieser Fläche gestanden ha-ben soll. Da dieses Bild sich heute nicht mehrbietet, sei auf Abb. 17 verwiesen, die eine zwarundatierte, auf Grund bestimmter Merkmaleaber in das letzte Viertel des 19. Jhs. zu verwei-sende Katasterzeichnung wiedergibt.115

Abb. 17. Ludwigsburg – Lageplan mit Grundstücks-nummern (undatiert, vermutlich letztes Viertel 19. Jh.).

Die auffällige Flächengröße nährt den Zwei-fel an der Belegung mit nur einem Hof undwirft die Frage auf, ob nicht neben dem Hofmit weiteren Nutzungen zu rechnen ist. Beider Suche nach einer Antwort stieß der Verfas-ser auf eine chronikalische Mitteilung, die inder regionalgeschichtlichen Literatur bishernicht diskutiert wurde. Aus einer Notiz in denAkten des Geheimen Archivs geht hervor, dassdie fürstliche Kammer zu Rudolstadt im Jahre1707 das Crac[k]auische Guth mit dem Schönfeld-ischen Hof in der Altstadt von der Erbengemein-schaft Crackau-Heidenreich für 10.000 Guldenerworben hat.116 Danach kann kein Zweifeldarüber bestehen, dass das Areal auf dem dieLudwigsburg zwischen 1734 und 1742 mitdem Garten und weiterem Zubehör entstand,

115 ThStAR, Karten, Risse, Pläne Nr. 09-164, Bl.41.116 ThStAR, Geh. Archiv A VIII 1c, Nr. 8, S.417f.

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ursprünglich zwei Hofanlagen Platz bot. Nochzweihundert Jahre später zeichnet sich auf deroben erwähnten Katasterkarte diese Zweitei-lung ab. (Vgl. Abb. 17.) Der westliche Teil desAreals wird durch das Grundstück 1193 undder östliche durch die Katastereinheiten 1191und 1192 gebildet. Die moderne Nummerie-rung der Grundstücke darf nicht darüber hin-wegtäuschen, dass diese Teilung lange vorErrichtung der Schlossanlage erfolgte.

Welcher Hof lässt sich nun welcher Teilflä-che zuordnen? – Ein Weg zur Beantwortungdieser Frage führt über die Besitzerabfolge: dieSchönfelder haben die Liegenschaften von denKochbergern übernommen. Als die Kochber-ger 1428 mit einem Siedelhof belehnt wurden,heißt es czu Rudolfstat yren Sedelhof meher dannhalb gein der Straße.117 Eine ungewöhnlicheOrtsangabe für ein Gut: mehr als halb gegen dieStraße. Mit Straße kann hier nur die Fernstraßegemeint sein, keinesfalls die heutige Burgstra-ße, die vor dem 19. Jh. den Status einer Gassebesaß.118 Der Siedelhof der Kochberger kannalso nicht unmittelbar an der Fernstraße gele-gen haben. Die Ortsangabe lässt sich aber alsNeigung gegen die Straße in einem Winkelinterpretieren, der mehr als halb so groß ist,wie ein rechter. Das trifft in der Tat auf diesüdliche Grenze des Grundstückes 1192 zu.(Vgl. Abb. 17.)119 Folglich kann man berechtigtannehmen, dass der Kochberger Siedelhof aufdem östlichen Teil des Areals lag und wahr-scheinlich auch das Grundstück 1191 ein-schloss. Anfang des 16. Jhs. gelangte er zu-sammen mit dem Kochbergischen Besitz in dieHand Siegfried von Schönfelds. Als Schönfel-der Hof lag er demnach an eben dieser Stelleim östlichen Bereich des Areals.

Folgt man dieser Zuordnung, dann mussdas Crackauische Gut die östliche Teilfläche(Grundstück 1193) eingenommen haben. Demließe sich entgegenhalten, auch das Crackau-ische Gut wäre vordem ein SchönfeldischerHof gewesen und könne diese Benennung be-anspruchen. Seitens der Crackauer wäre esallerdings unverständlich gewesen, gerade an

117 ThStAR, Großkochberger Urkunden, Nr.1.118 BÄHRING/JAHN/KROHN, Straßen (wie Fn. 73), 46.119 Die „Straße“ lief damals noch unmittelbar auf dieUntermühle zu, um in dieser Richtung weiterziehend die

östliche Saalefurt zu erreichen; vgl. SCHMIGALLA, Spuren(wie Fn. 1), Abb. 1 auf 83 sowie 98f.

dem Sitz ihrer Grundherrschaft, der, wie ausder zitierten Formulierung hervorgeht, denHauptgegenstand des Besitzwechsels an diefürstliche Kammer bildet, den Namen derVorbesitzer haften zu lassen. So erscheint esfolgerichtig, das Crackauische Gut auf der be-deutenderen Westseite, auf der in der Folgeauch das Hauptgebäude der Ludwigsburgerrichtet wurde, zu lokalisieren und den An-nex mit der übernommenen BezeichnungSchönfeldischer Hof auf der östlichen Neben-fläche.

Dieser Rangunterschied der Teilflächenwird auch deutlich, wenn man nach demMerkmal „Sitz von Grundherrschaft“ fragt.Aus der Häuser-Chronik Trincklers erfährtman, wem die Häuser Rudolstadts zu Zins,Lehen oder Frohne verpflichtet waren.120 Kar-tiert man diese grundherrschaftlichen Verhält-nisse, so gewinnt man für die hier interessie-rende Fragestellung aufschlussreiche Erkennt-nisse. (Vgl. Abb. 18. Die Abgaben und Leis-tungen werden unter dem Begriff Zinspflichtzusammengefasst.) An das Crackauische Gutist noch im 17. Jh. umfangreicher Besitz in derAltstadt gebunden, während dem Schönfeld-ischen Hof nur ganz wenige Häuser zinspflich-tig waren.

Ursprünglich wird das später „Altstadt“genannte Quartier, eingeschlossen die erst inFolgezeiten heraus getrennten und zuletztSchönfelder und Heißen-Hof genannten Flä-chen, ungeteiltes Gebiet des Fränkischen Hofesgewesen sein. Dazu wird auch der später sobezeichnete Ascherhof gehört haben, der in derFrühzeit den Zugang zur westlichen Saalefurtsicherte. (Vgl. Abb. 18. Gebiet des Ascherhofes:in der Südostecke der Mauer der erweitertenStadt.) Die fränkische Grundherrschaft wirdvon einem befestigten Hof aus ausgeübt wor-den sein, der an der Stelle gelegen haben wird,an der sich 900 Jahre später das CrackauischeGut befand, an dem noch immer bedeutendeAnteile des ursprünglichen Grundbesitzes haf-teten. Dagegen dürfte die Fläche, auf der derSchönfeldische Hof stand, bereits in fränki-scher Zeit vorrangig Wirtschaftsaufgaben ge-dient haben.121

120 TRINCKLER, Häuserchronik (wie Fn. 1), passim.

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121 Die Teilung des Areals dürfte auf funktiona-le Ursachen zurückzuführen sein. So war esoffenbar nicht erforderlich, das gesamte Ter-rain in gleicher Weise zu bewehren. Gefährdetwar vor allem der westliche Teil mit seinerlangen Flanke entlang der „Straße“ und derkürzeren Nordseite, die eine besondere An-griffsfront bot. Diese Annahme wird, wie imVorhergehenden dargelegt, durch baulicheReste von Befestigungen bestätigt, die vermut-lich aus dem hohen Mittelalter stammen. Fürden östlichen Teil dürfte ein geringeresSchutzbedürfnis bestanden haben. Aus diesenGründen wird sich die Funktionsteilung „hierHerrschaftssitz, dort Wirtschaftshof“ über dieZeit des Mittelalters erhalten haben. Schon ineiner Urkunde von 1331, in der es um die Mo-dalitäten der Verpfändung des OrlamünderBesitzes in Rudolstadt an die Schwarzburgergeht, werden „die Vesten und die Stadt“ sowie„das Gut“ genannt. Bei dem „Gut“ handelt essich sehr wahrscheinlich um den Wirtschafts-hof an der unteren Veste.122 Büchner rechnetausdrücklich mit einer Zweiteilung: „das unte-re Schloß mit seiner Meierei“ und „der vonSchönfeldische Hof vor dem Eingang in diefürstliche Ludwigsburg“.123 Lundgreen ist sichzumindest nicht sicher, ob „wir in dem späte-ren Schönfeldschen Hofe ganz oder teilweise“das große fränkische Gut wieder finden.124 Dieeindeutigen Aussagen Büchners und die Be-denken Lundgreens wurden durch die For-schung, soweit dem Verfasser bekannt, nichtreflektiert. Sie bestärkten ihn in den eigenenZweifeln an der undifferenzierten Betrachtungdes Terrains.

121 Es würde hier zu weit führen, die kartierte Verteilungvon grundherrschaftlichem Besitz ausführlich zu kom-mentieren. Neben der weltlichen Grundherrschaft, diehier allein von Interesse ist, wird deutlich, welch umfang-reicher Grundbesitz der Kirche in dem später als „Vor-

stadt“ bezeichneten Quartier eigen gewesen sein muss.Hinter den Mauern der erstmals 1326 genannten stadtRudolstadt wurde hauptsächlich Amtszins erhoben, derden Stadtherren, zunächst den Orlamündern, danach denSchwarzburgern zufloss. (Die dem Amt zinsenden Häu-

ser wurden der Übersichtlichkeit halber nicht kartiert.)122 DEVRIENT, Saaletal (wie Fn. 9), 30, Nr.9.123 BÜCHNER, Geschichte (wie Fn. 1), 45, 28.124 LUNDGREEN, „Rudelstadt“ (wie Fn. 1), 9. Lundgreenschreibt „Schönfeldischer Hof“, meint aber ganz sicher

nicht den Wirtschaftshof, sondern den Sitz der Grund-herrschaft, also das Crackauische Gut.

Die chronikalische Notiz von 1707 lässt mitSicherheit auf eine Zweiteilung des Areals, aufdem die Ludwigsburg als Gesamtanlage er-richtet wurde, schließen. Sie lässt sich aus einerfunktionellen Gliederung der Fläche erklären.Der bewehrte Westteil war nachweislich Sitzvon Grundherrschaften, der Ostteil fungiertevorrangig als Wirtschaftshof. Die Teilungscheint bis in das hohe Mittelalter zurückzu-reichen. Für die ottonische und die fränkischeZeit kann eine differenzierte Nutzung des Ter-rains zwar erwogen, aber nicht belegt werden.

Der Nachweis der Teilung ist nicht trivial,macht er doch darauf aufmerksam, dass nichtjeder in schriftlichen Quellen erwähnte Koch-berger oder Schönfelder Hof auf dem Platz des„niederen Hauses“ gestanden haben muss. Vorallem aber weist die differenzierte Betrachtungdes Terrains nachdrücklich auf den Westteilhin. Hier erscheinen gezielte archäologischeund bauhistorische Untersuchungen besondersertragreich. Insbesondere die Bauforschungkönnte dazu beitragen, zu klären, ob der Kellerunter dem Mittelrisalit der Ludwigsburg mitder Pucht der Kochberger (Anf. 16. Jh.) und mitdem Wohn-„Turm auf dem niederen Haus“(1.H. 14 . Jh.) zusammen hängt.125

7. Ein Resümee

Am Beginn dieses Beitrages stehen Fragen, diedie regionalhistorische Forschung seit langembeschäftigen. Beginnend mit Büchner (Anf. des19. Jhs.) über Hesse (Mitte des 19. Jhs.) undLundgreen (1. H. des 20. Jhs.) bis zu Deubler/Kühnert (2. H. des 20. Jhs.) wurden sie aus derjeweiligen Sicht und gestützt auf zunehmendbessere Quellenlagen beantwortet. Das zeit-weilige Schweigen der schriftlichen Quellenund der geringe Umfang verwertbarer archäo-logischer Funde führte aber zwangsläufig zueiner Reihe von Annahmen, deren Unsicher-heit neue Fragen gefolgt von anderen Annah-men hervorrief (Fleischer, Ende des 20. Jhs.).

125 Der Verfasser hat an anderer Stelle (SCHMIGALLA, Spu-ren [wie Fn. 1], 85) versucht, für jede der beiden Teilflä-chen Bebauungsfolgen auf zu stellen. Die dabei gewählteschematisierte Kurzform hat sich als ungeeignet erwie-sen, die komplizierten und mit Wahrscheinlichkeiten zu

bewertenden Zusammenhänge treffend genug darzustel-len. Deshalb wird hier darauf verzichtet.

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Abb. 18. Verteilung von grundherrschaftlichem Besitz in der frühen Neuzeit über das heutige Stadtgebiet Rudolstadts.(Zinspflicht nach TRINCKLER, Entstehungsgeschichte [wie Fn. 1}. Amts-Zins nicht kartiert.)

Jüngste archäologische Funde werden mitneuen Interpretationen verbunden (Spazier,Anf. des 21. Jhs.).

Bezüglich des Kernproblems, der Zuord-nung von Burgen zu Standorten, bestätigt dasErgebnis dieser Arbeit die Resultate vonDeubler/Kühnert. Es dürfte nicht unerheblichsein, dass es auf einem anderen Wege gewon-nen wurde. Dieses Vorgehen folgt insbesonde-re einem logischen Ansatz, mit dem versuchtwird, einerseits Identitäten von benanntenBurgen und andererseits Zuordnungsrelatio-nen von Burgen zu Standorten zu ermitteln.Zur Überprüfung der auf Grundlage schriftli-cher Quellen gefundenen Zuordnungen wirddas ursprüngliche Relief des Zechsteinspornssoweit als möglich rekonstruiert. Die darausableitbaren geomorphologischen Eigenschaf-ten werden mit denen einer Reihe nahe gele-gener Burgen verglichen. Die Vergleiche bestä-tigen aus Sicht des Verfassers die Machbarkeitfür die Errichtung einer Burg auf der östlichenKuppe des Zechsteinsporns. Damit dürfte einwichtiges, bis in jüngste Zeit kontrovers disku-tiertes Teilproblem einer Lösung zugeführtsein. Außerdem werden Burggräben, -brückenund -wege in ihrer zeitlichen Abfolge rekon-struiert, um zu überprüfen, ob sich aus ihrer

räumlichen Struktur und ihrer wahrscheinli-chen zeitlichen Abfolge Widersprüche zu denBurgenzuordnungen ergeben. Schließlichwurde versucht, einen Beitrag zur Belegungdes Standortes Ludwigsburg mit befestigtenAnlagen zu leisten, um Widersprüche zu denHauptaussagen auszuschließen.

Da das Ergebnis aus einer Reihe isoliertdargestellter Teilergebnisse besteht, wird inAbb. 19 versucht, diese in einer zeitlichen Fol-ge von Darstellungen des Burgberges und sei-ner näheren Umgebung zu kartieren. Wie allederartigen Karten hat die Abbildung den Vor-teil der Anschaulichkeit. Sie teilt aber auch mitihnen den Nachteil der Vereinfachung, sodassim Zweifelsfalle der Text herangezogen wer-den muss.126

Die vorliegende Arbeit will als Diskussi-onsbeitrag verstanden werden. Die Lösungeines Problems hängt in der Regel von derAussagekraft der Fakten ab, die einbezogenwerden können. Obwohl in diesem Beitragverschiedene Lösungsansätze verfolgt werden,von denen einige neue Fakten erschlossen ha-ben, ist der Verfasser keineswegs davon über-zeugt, dass damit das Rudolstädter Burgen-problem ein für allemal gelöst ist. Währendkaum noch mit neuen schriftlichen Zeugnissen

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Abb. 19. Phasen der Bebauung des Burgbergs in Rudolstadt im Kontext der Siedlungsentwicklung (8. bis Anf. 16. Jh.).

zu rechnen ist, darf man von der Archäologieund der historischen Bauforschung durchausnoch neue Funde und Befunde erwarten, diezu neuen Bewertungen führen können. 126

126 In Abb. 19 wird der Begriff „Baumgarten“ verwendet,ohne ihn dort oder im Text näher zu erläutern. Er bedarfaber der Erklärung, denn es handelt sich nicht etwa umeinen üblichen Obstgarten oder eine Parkanlage. Die

meisten fränkischen Königshöfe besaßen unmittelbarangrenzend eine ausgedehnte Fläche, die als zeitweiligerLagerplatz für durchziehende Truppen diente, folglichnicht bebaut war, aber als Wiese mit Obstbäumen ge-nutzt wurde. Bei Rübel, der sich mit den fränkischen

Höfen näher beschäftigte, lesen wir von einem „‚campus,ubi dicitur Paumcartun’ (772/775) […], also der Königs-camp oder das Pomerium, das oft bei den fränkischenCurtes lag“; Karl RÜBEL, Fränkische Siedlungen, in: Zeit-schrift des Vereins für thüringische Geschichte und Alter-

tumskunde NF 21, 249-282, hier 270, Fn. 1. Aus der Lagezum ehemaligen fränkischen Hof und zur alten Fernstra-ße sowie aus der Flächengröße lässt sich mit hoher Wahr-scheinlichkeit schließen, dass es sich beim Rudolstädter„Baumgarten“ um ein solches frühmittelalterliches ‚Mili-

tärcamp’ handelte, aus dessen Benennung, die bis heuteerhalten geblieben ist, aber die ursprüngliche Funktionnicht hervorgeht. Der ursprüngliche Baumgarten kannsich über die kartierte Fläche hinaus noch weiter nachNorden erstreckt haben. – Es sei noch angemerkt, dass

die Benennung „Pomerium“ bei den Römern eine freigelassene Fläche an der Stadtmauer bezeichnete, die aus„post“ und „moerus = murus“ entstanden war und sovielwie „Hinter der Mauer“ bedeutete. „Pomerium“ hatseine deutsche Entsprechung in dem Wort „Maueranger“

gefunden. Wegen der Ähnlichkeit der Lautung mit demWort „Pomarium“, gleichbedeutend mit Obstgarten,

BildquellennachweisAbb. 6 mit freundlicher Genehmigung desTLM Heidecksburg Rudolstadt.Alle anderen Abbildungen wurden vom Ver-fasser digital erzeugt bzw. bearbeitet. Dabeiwurden verwendet:- für die Abbildungen 1, 2 und 18 Höhenreliefs

aus Top 50, Version 6.3 (2007), CopyrightGeobasis DE/TLVermGeo,

- für die Abb. 2 (obere Karte) ein Ausschnittaus der digitalen Geologischen Karte 5234Rudolstadt, TLUG,

- für die Abb. 4 ein Ausschnitt aus dem Stadt-plan Rudolstadt 1748, ThStAR , Karten, Plä-ne, Risse Nr. 966, Digitalisat,

- für die Abb. 15, ThStAR, Karten, Pläne, RisseNr. 1582

- für die Abb. 16, ThStAR, Karten, Pläne, RisseNr. 09-164, Bl. 42

- für die Abb. 17, ThStAR, Karten, Pläne, RisseNr. 09-164, Bl. 41

- für die Abbildungen 5, 10 (links) und 12Ausschnitte aus digitalen Orthophotos,Geoproxy, TLVermGeo ,

scheint in der fränkischen Zeit eine Gleichsetzung beiderWorte erfolgt zu sein. Diese führte zu „Baumgarten“ oderauch „Bongart/Bongard/Bungart/Bungert“ mit der

Bedeutung „Feldlager“.

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- für die Abb. 10 (rechts) ein Foto aus demFotoarchiv des TLM Heidecksburg und

- für die Abbildungen 3, 7, 8, 9, 11, 13 und 14Fotoaufnahmen des Verfassers.

- Die Karten in den Abbildungen 2, 5, 18 und19 wurden vom Verfasser georeferenziert mitArcViewGIS erzeugt.

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Beiträge zur Frühgeschichte und zum Mittelalter Ostthüringens

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Inhalt: V. Schimpff & H.-J. Beier: Zum Geleit - Schriftenverzeichnis Gerhard Werner(zusammengestellt von V. Schimpff) – U. Beye & Th. Weber: Ein Blattspitzenfragment

von Barleben (Adamsee) bei Magdeburg – aus dem Schweifgebiet der Raniser Jäger? –Th. Schwämmlein: Fernstraßen und Landesherrschaft – Überlegungen zum Alter der

direkten Fernstraßenverbindung zwischen Coburg und Saalfeld – V. Schimpff: Saalfeld im Itinerar der Ottonenund Salier – H. Schmigalla: Verkehrsgeographische Spuren in und um Rudolstadt – Komplemente zur mittelalter-

lichen Burgen- und Siedlungsgeschichte – S. Berner: Brücken als Zeugnisse historischer Verkehrswege – R. Kon-rad: Die Grafen von Henneberg und das Reichsgut am Obermain – W. Führ: Saalfelder Wege – aber welches Saal-

feld? – Ph. Jahn: Zwischen „Romanik“ und „Gotik“. Anmerkungen zu Lettner und Triumphkreuzgruppe in Wech-

selburg – G. Hummel: Betrachtungen um den Flügelaltar aus Niebra – N. Dutschmann: Wege zwischen Kunst undKunstgeschichte. Julius Meier-Graefe, seine „Spanische Reise“ und die El Greco-Rezeption in der Moderne

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Inhalt. P. Sachenbacher: Auf dem Wege zur mittelalterlichen Stadt in Thüringen – P. Ettel: Burgen und frühe Städte

in Mitteleuropa – V. Schimpff: Thüringen, bevor es Städte gab – M. Hardt: Zwischen Bardowick und Erfurt – K-

Hengst: Die Namen der Städte in Ostthüringen im sprachgeschichtlichen Überblick – Ch. Müller: Alte Dörfer –neue Burgen – alte Märkte. Vorgängersiedlungen thüringischer Städte – H. Wittmann: Frühes Christentum und

frühe zentrale Orte in Thüringen – H. T. Porada & A.-K. Schultz: Stadtentwicklung im Mittelalter in der verglei-chenden Perspektive der Landesgeschichte – R. Müller: Frühe Stadtkirchen in Thüringen – V. Schimpff: In wel-

chem Stockhausen urkundete Heinrich III. im Jahre 1043 (DH 307)? – G. Werner: Saalfeld – Von der fränkischenCurtis zur Reichsstadt – I. Spazier: Die verkehrsmäßig und strategisch günstige Lage von Saalfeld - Die Entwick-

lung der ottonischen Pfalz zum Kloster St. Peter und Paul – H.-J. Beier: Vom Dorf zur Stadt – Die EntwicklungWerdaus vom ausgehenden 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts – M. Stock: Ergebnisse zur Strukturentwicklung

von Magdeburg und Leipzig – J. Müller: Zur frühen Stadtentwicklung in Brandenburg – G. Hummel, B. Löwe & F.

Reinhold: Pilgerzeichen auf Glocken in Ostthüringen unter besonderer Berücksichtigung von Altenburg – H.Nikolausberg bei Göttingen und nicht Wersdorf bei Apolda? Zu den rätselhaften Pilgerzeichen mit einem stehen-

den Bischof auf dem Drachen

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Inhalt: P. Sachenbacher: Gera und das nördliche Vogtland im Mittelalter – eine Einführung – H.-J.- Beier: Die sla-

wische Besiedlung im Gebirgsvorland zwischen Weißer Elster und Zwickauer Mulde – K. Hengst: Gera und nörd-liches Vogtland aus sprachhistorischer Sicht – P. Weigel: Zur Geschichte der Klöster und geistlichen Gemeinschaf-

ten des Vogtlandes – M. Werner: Die Anfänge von Burg und Stadt Greiz und die Herrschaftsbildung der Vögtevon Weida im mittleren Elsterraum - P. Neumeister: Gera an der Weißen Elster, die so genannten Herren von Gera

und die Vögte von Plauen/Weida – R. Müller: Die Veitskirche auf dem Veitsberg bei Wünschendorf – R. Altwein:Archäologische Untersuchungen zur alten Johanniskirche in Gera – M. Petermann: Die archäologischen Ausgra-

bungen auf dem Oberen Schloss in Greiz 2006 – M. Mattern & G. Wolf: Vorbericht zur Untersuchung des Klosters

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zum heiligen Kreuz der Magdalenerinnen in Altenburg, archäologische und historische Forschungen – U. Moos:

Bergerkloster – Rote Spitzen – R. Schmitt: Das so genannte Abtshaus des Klosters Posa bei Zeitz – C. Bergstedt: DieBischofsresidenz Burg Ziesar und ihr Museum – F. Reinhold: Bemerkungen zur Mundart des nördlichen Vogt-

lands um Greiz – G. Hummel & B. Löwe: Spätgotische Plastik im thüringischen Vogtland – H. Herz: Die Entste-hung der Schwarzburg im Rahmen der Herrschaftsbildung der Grafen von Käfernburg-Schwarzburg – W. Schnei-

der: Historische Impressionen längs der Weißen Elster von Gera bis Plauen – Autorenverzeichnis

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Queck: Die Oppurger Kirche und Ihre Vorgängerbauten – T. Montag: Gedanken zur Neustädter Stadtbefestigung– M. Werner: Burg und Stadt Ranis im Mittelalter. Zur Entstehung einer kleinen Schwarzburgischen Herrschaft

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