vortrag business decision makers
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Business decision makers –
a different animal? Qualitative Methoden in der Business-to-Business
Marktforschung Kay–Volker Koschel
Department Manager Ipsos Marketing/Qualitative
Research&Results, München, 21. November 2007

Business Decicion Makers…Kay-Volker Koschel 3
Intro
Qualitative Marktforschung = Offenheit und Flexibilität
Qualitative Tools, Techniken, Methoden sollen
hinter die Fassade schauen,
Tiefen erforschen und
unbewusste Motivationen und Emotionen aufdecken
Beobachtung in der Forschungspraxis: Ist die Zielgruppe aber ein gewerblicher Entscheider (von „white collar“ bis „blue collar“) -> führen wir oft nur rein verbale, rationale Leitfadengespräche!

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Gibt es hier eigentlich keine weiteren Möglichkeiten zur Generierung von Insights?

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Inhalt
Warum ist B2B anders?
Blitzlicht: aktuelle Entwicklungen in der qualitativen Marktforschung
Der Einsatz von
Beobachtung & Ethnographie
Non-verbalen Methoden
Projektive Techniken
Ausblick: Der Entscheider unterm Hirnscanner?

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Warum ist B2B anders?

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Warum ist B2B anders?
Unterschiede im Prozess der Kauf- und Investitionsentscheidung
B2C B2B
spontan
habitualisiert
eher low involvement
strategisch
komplex
high involvement

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Warum ist B2B anders?
B2B-Fragestellungen sind häufig wesentlich komplexer und spezifischer (als die Befragung von Endverbrauchern)
Zumindest glaubt das der Befragte… und möchte, dass der Forscher es auch so sieht!
B2B-Fragestellungen erfordern mehr Expertise und Vorbereitung vom Interviewer (als beim typischen Endkundeninterview)

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Warum ist B2B anders?
Die befragte Person ist häufig Manager, Geschäftsführer, leitender Mitarbeiter/Techniker etc.
d.h. wichtig/selbstbewusst/ selbstgefällig/gestresst
und sie kann meist tief analysieren und ausführlich berichten, Geschichten und Anekdoten erzählen.
Ergo meistens: Rationale Ansprache (Kopf) methodisch zumeist mit Einzel/ Tiefeninterviews üblicherweise Face-to-Face, gelegentlich auch (Mini)Gruppen-diskussionen/Workshops.

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Blitzlicht: aktuelle Entwicklungen in der qualitativen Marktforschung

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Entwicklungen in der qualitativen Marktforschung
Nicht nur Meinung/Einstellung verstehen, sondern auch das Verhalten in die Analyse integrieren
Was tut der Konsument wirklich?
- Nicht das, was gesagt wird ist wichtig, sondern auch das was getan wird
Ethnographie Beobachtung

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Entwicklungen in der qualitativen Marktforschung
Unbewusste Antreiber verstehen
d.h. welche biologischen, emotionalen & kulturellen Faktoren treiben/ beeinflussen unser Handeln?
Semiologie Hirnforschung Projektive Techniken

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Der Einsatz von Beobachtung & Ethnographie

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B2B-Beobachtung
(Teilnehmende) Beobachtung hat als Feldforschung eine lange Tradition im Bereich der Wissenschaft und Organisationsforschung
Betriebliche Produktion
Organisationsverhalten/-entwicklung

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Beobachtung
Bedarf der Zustimmung der Zielgruppe/Zielperson
hoher Zeitaufwand komplexe Auswertung vertraulich teuer
Pluspunkte Schwachpunkte
sehen/verstehen, was wirklich passiert
unauffällig, dezent kann automatisiert
durchgeführt werden z.B. mit Filmkamera

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B2B-Ethnographie
Das zentrale Ziel der Ethnographie bei B2B-Fragestellungen besteht darin, durch authentische Einblicke in die Arbeitswelt das Umfeld der Entscheider mitzuerleben und Handlungen etc. dadurch besser zu verstehen.

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Gebräuchliche Methoden im B2B-Bereich z.B.
Shadowing (Befragte auf Schritt und Tritt begleiten)
Living their life (mit der Zielgruppe zusammenleben oder -arbeiten)
Life/Work-Books (Diaries schriftlich per Audio/Video, Blog, Podcast)
B2B-Ethnographie

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Ethnographie
Bedarf der Zustimmung der Zielgruppe/Zielperson
hoher Zeitaufwand komplexe Informations-
erhebung & -auswertung vertraulich kostenintensiv
Pluspunkte Schwachpunkte
sehen/verstehen, was wirklich passiert
Analyse von Tiefe & Detail hohes Verständnisniveau

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Ethnographie: Beispiel – Arzneimittel-Vertreter
Challenge
Das Arbeitsumfeld der Vertreter kennen lernen und verstehen
ihre Leistung messbar machen
Treiber und Barrieren aufzeigen
eine Wettbewerbsanalyse durchführen

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Ethnographie: Beispiel – Arzneimittel-Vertreter
Perspektive 1:
Researcher verbringt einen Tag mit
einem Vertreter
1. Beobachtung des Arbeitsalltags.
Dokumentation aller Tätigkeiten wie z.B.
Arztbesuche, Wege, Pausen, Telefonate,
Mails, etc.
2. Beobachtung der Arztbesuche
3. Abschlussinterview: Reflexion des
Arbeitstages
Perspektive 2:
Researcher verbringt einen Tag in
einer Arztpraxis
1. Beobachtung des Arbeitsalltags des
Arztes und seiner Mitarbeiter. Interviews.
Dokumentation der Anzahl der behandelten
Patienten, Telefonate, sonst. Tätigkeiten etc.
2. Beobachtung des Vertreterbesuchs
3. Abschlussinterview: Reflexion des
Arbeitstages und des Vertreterbesuchs
Solution: Methodenkombination aus „Living their Life“/Shadowing/Einzelinterviews

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Ethnographie: Beispiel – Arzneimittel-Vertreter
Dokumentationsmöglichkeiten z.B. Videos, Fotos, Diaries
Researcher protokolliert, fotografiert und filmt
Arzt (und Mitarbeiter) und/ oder Vertreter stellen eigene Videotagebücher her
- “Ein Tag im Leben eines Allgemeinmediziners”
- “Ein Tag im Leben eines Vertreters”

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Der Einsatz von non-verbalen Methoden

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Non-verbale Methoden
B2B basiert fast immer auf einem verbalen, rationalen Interview (Kopf!).
Aber manche Menschen (auch B2B-Entscheider!) können sich bei einigen Fragestellungen gleichgut oder sogar besser visuell ausdrücken.
Kann auch im Voraus oder in Tagebuchform über einen bestimmten Zeitraum eingesetzt werden.

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Vorteil: Es bedarf keiner spezifischen Fähigkeiten und bringt dennoch komplexe Sachverhalte auf den Punkt
wie z.B. die Komplexität einer innerbetrieblichen Problembeschreibung…
Non-verbale Methoden: Beispiel - Skizzen

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Non-verbale Methoden: Beispiel - Collagen
Ermöglicht jedem auch eine lebendige Darstellung seiner Gefühle und Stimmungen.
z.B. Aufgabe an einem Telekommunikations-Entscheider: “Wie fühlen Sie sich momentan in Ihrem Job?”

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Non-verbale Methoden: Beispiel - Skizze
Wie sähe das perfekte Business-Handy für Sie aus?
Kamera
Spracherkennung
Schutzhülle
Mikrophon
Touch-Screen
Großer Speicher
Kontrollfunktion

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Non-verbale Methoden – Emoti*Scapes
„Emotionale Landkarte“ zur Stützung der emotionalen Reaktion der Entscheider

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Der Einsatz von projektiven Techniken

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Projektive Techniken
Projektive Techniken sind Befragungstechniken, die dem Befragte dazu ermuntern seine Gedanken, Gefühle, Motivationen auf einen Vorgabereiz zu übertragen (projizieren).
Hat sich besonders bewährt für das Herausarbeiten von Unterschieden zwischen Produkten, Unternehmen und Marken

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“Ich guck nur auf Funktion und Preis, die Marke ist egal…”
Projektive Techniken
„Banken sind eh alle gleich – da nehm ich doch eher die, die ich
schon kenne…“
„Bei Kurzstrecken gehts mir nur darum, von A nach B zu kommen…“
Einige typische (rationale) Antworten…

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Projektive Techniken - Marken-Persönlichkeit
Wenn Lufthansa jetzt durch die Tür käme, wie sähe Lufthansa aus? Männlich, weiblich? Alt oder jung etc. …was für ein Typ wäre das?
männlich, mittleres Alter, Businesstyp, erfolgreich, deutsch, förmlich, distanziert, Typ:
männlich oder weiblich, jung, erfolgreich, deutsch, fröhlich, günstig, Typ:

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Projektive Techniken - Marken-Party (Wettbewerbsanalyse)
Wer ist da?
Air Berlin
Lufthansa
LTU
Germanwings
Wer macht was?
Air Berlin flirtet
Germanwings hat eine coole Zeit
LTU amüsiert sich
Lufthansa ist zurückhaltend
Zwischenfall Lufthansa übernimmt das Kommando, reagiert ruhig und gelassen Die anderen Airlines geraten in Panik etc.

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Ausblick: Der Entscheider unterm Hirnscanner?

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Neuromarketing
Neuromarketing ist ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, in dem psychologische und neuro-physiologische Erkenntnisse für das Marketing interpretiert werden. Beispiel:
Der Weg zum Belohnungssystem des Managers:
Im Auftrag von Daimler Chrysler wurde eine Studie durchgeführt, die die positiven und belohnend wirkenden Eigenschaften von Automobiltypen auf unser Gehirn untersuchte.
Ergebnis: Limousinen erzielen höhere Aktivität in den Gehirnbereichen für „Belohnung“ und „Selbstbestätigung“ als Kleinwagen.
Sportwagen: Bei Männern leuchteten die gleichen Hirnareale auf, die auch bei sexueller Erregung aktiv sind.

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Neuromarketing
Stichwort Belohnungssystem: Ärzte, die von Berufs wegen sehr rational an ihre Aufgaben herangehen müssen, stellten ihre Diagnosen schneller und präziser, wenn sie vorher ein kleines Geschenk erhalten hatten.
Erkenntnis des Neuromarketings:
Belohnungsgefühle forcieren –
Störgefühle (z.B. unbekannte Muster) vermeiden

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Neuromarketing
Jedoch: Bildgebende Verfahren der Hirnforschung (z.B. Kernspin) sind als Erhebungsmethode für die B2C und die B2B-Marktforschung derzeit unpraktikabel.
Aber: Die Erkenntnisse des Neuromarketing können sehr hilfreich sein.

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Neuromarketing
Obsolet ist die Auffassung (Hemisphären-Modell der 60er Jahre) einer getrennten rationalen und emotionalen Gehirnhälfte, und dass es dadurch sachlich-rationale oder emotional-bildhafte Zugänge zum Konsumenten gibt.
Aktueller Forschungsstand: Ratio und Emotio sind vielmehr komplex miteinander verzahnt.
Und wirklich alle Informationen werden im Gehirn emotional bewertet bevor sie ins Bewusstsein gelangen. (-> Das Bauchgefühl sitzt im Kopf!)

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Neuromarketing
Weiter: Die allermeisten Entscheidungen fallen unbewusst (d.h. durch implizites Wissen) und werden erst nachträglich (wenn überhaupt!) vom Verstand gerechtfertigt. Das ist bei Managern/ Investitionsgüterentscheidungen nicht anders.
In den Forschungsfokus geraten so immer mehr
- das Bauchgefühl (implizites Wissen)
- die Rolle der Intuition
- die Routine
Die gute Nachricht zum Schluss:
Qualitative Forschung hat Zugang zu Intuition und implizierten Wissen!

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Sum-up
Business-Entscheider sind auch nur Menschen. Und viele Business Entscheidungen haben auch einen emotionalen, intuitiven Hintergrund!
Deshalb: Entscheidern nicht immer nur mit verbalen, rationalen Interviews begegnen (Kopf), sondern auch der emotionalen, intuitiven Seite (Bauch) Aufmerksamkeit schenken.
Ergo: Mehr Mut beim Einsatz projektiver, expressiver und kreativer Techniken. Diese tragen häufig zur Generierung von relevanten Insights in der B2B-Marktforschung bei.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !