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Medizinische Hochschule Hannover Transfusionsordnung Qualitätssicherungshandbuch zum Umgang mit Blutprodukten

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Page 1: Transfusionsordnung der Medizinischen Hochschule Hannover · Transfusionsordnung Version 2001 7 Vorwort Im Jahre 2000 wurden an der Medizinischen Hochschule Hannover 40.000 Erythrozytenkonzentrate,

Medizinische Hochschule Hannover

Transfusionsordnung

Qualitätssicherungshandbuch zum Umgang mit Blutprodukten

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Transfusionsordnung Version 2001

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Hinweis für neueingestellte Ärztinnen und Ärzte

Jeder neu eingestellte Arzt erhält zu Beginn seiner Tätigkeit über die Personalabteilung ein Exemplarder Transfusionsordnung der Medizinischen Hochschule Hannover. Jeder transfundierende Arzt mußüber Grundkenntnisse in der Anwendung von Blutprodukten verfügen und hat bei der Vorbereitung undDurchführung von Transfusionen diese Transfusionsordnung zu beachten. Bei Unklarheiten oder Pro-blemen im Zusammenhang mit Transfusionen ist der Transfusionsbeauftragte der jeweiligen Abteilunghinzuzuziehen.

Hinweis zu Dosisangaben

Die im Text genannten Dosierungen gelten für Erwachsene. Bei Kindern und Jugendlichen sind al-tersentsprechende Dosierungen anzuwenden. Die Angaben zu Dosierungen wurden unter größtmögli-cher Sorgfalt überprüft. Für die Richtigkeit dieser Angaben kann jedoch keine Gewähr übernommenwerden. Jeder Anwender ist daher aufgefordert, die Empfehlungen des Herstellers zu Dosierungen,Nebenwirkungen und Kontraindikationen zu beachten.

Geltungsbereich

Die Transfusionsordnung gilt für den Umgang mit Blutprodukten, die an der Medizinischen HochschuleHannover im Verlauf einer Therapie für stationär oder ambulant behandelte Patienten angewendetwerden.

Zielsetzung

Diese Transfusionsordnung dient als Qualitätssicherungshandbuch zum Umgang mit Blutprodukten ander Medizinischen Hochschule Hannover. Mit dieser Transfusionsordnung werden die gesetzlichenForderungen zur Qualitätssicherung der Anwendung von Blutprodukten umgesetzt.

Inkrafttreten

Die Transfusionsordnung wird nach Verabschiedung durch die Transfusionskommission der Medizini-schen Hochschule Hannover durch den Klinikumsvorstand als Dienstanweisung in Kraft gesetzt.

Version 2001, Medizinische Hochschule Hannover, 30623 Hannover

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Inhaltsverzeichnis

VorwortAbkürzungsverzeichnisBegriffsbestimmungen

1 Kontaktadressen1.1 Telefonnummern, Faxnummern und Rohrpost der Abteilung Transfusionsmedizin1.2 Qualitätssicherung1.3 Internetadressen

22.12.22.32.3.12.3.22.3.32.3.42.3.52.3.62.3.72.3.82.3.92.3.102.42.4.12.4.22.4.32.4.42.5

Transfusionsmedizinisches QualitätsmanagementRechtliche GrundlagenRelevanz der Regelwerke für den Anwender von BlutproduktenVerantwortlichkeitenVorstandTransfusionsverantwortlicherKlinische AbteilungsleiterTransfusionsbeauftragteTransfundierender ArztQualitätsbeauftragterLeiter des PflegedienstesLeiter des Medizintechnischen DienstesLeiter des TransportdienstesAssistenzpersonalOrganisationTransfusionskommissionTransfusionsmedizinische KonferenzenTransfusionsmedizinisches QualitätssicherungshandbuchTransfusionsmedizinische Verfahrensanweisungen und FormblätterBerichtspflicht gegenüber der Landesärztekammer

33.13.23.33.3.13.3.23.3.2.13.3.2.23.3.33.3.3.13.3.3.23.3.43.3.4.13.3.4.23.43.4.13.4.23.4.33.4.3.13.4.3.23.4.43.4.53.53.6

Transfusion von BlutkomponentenVerantwortlichkeiten Aufklärungspflichten und Einwilligungserklärung Anforderung von BlutkomponentenAnforderungskartenProbenmaterial für LaboruntersuchungenBlutgruppenbestimmungVerträglichkeitsprobeIdentitätssicherung der ProbennahmeBei bekannten Personalien des PatientenBei unbekannten Personalien des PatientenNotfallanforderungen von Blutkomponenten ohne VerträglichkeitsprobeIdentitätssicherungProbennahmeDurchführung der TransfusionVorbereitende KontrollenBedside-TestTransfusionsbesteckTransfusionsbesteck mit AggregatfilternTransfusionsbesteck mit LeukozytenfilternAnwärmen von BlutkomponentenEinleitung, Dauer, Überwachung, NachsorgeBiologische Vorprobe nach OehleckerNotfallausweis

44.14.24.3

NotfalltransfusionDefinitionDurchführungTransfusion von Rh(D) inkompatiblen Blutkomponenten

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4.4 Massivtransfusionen

55.15.25.35.45.55.5.15.5.25.5.35.65.6.15.6.25.6.35.6.45.6.55.6.65.6.6.15.6.6.25.6.6.2.15.6.6.2.25.75.7.15.7.25.7.35.7.45.7.55.7.65.7.75.85.8.15.8.25.8.3

Unerwünschte WirkungenDefinitionVerantwortlichkeitenSofortmaßnahmenDokumentationAbklärung einer TransfusionsreaktionErforderliche MaterialienDurchgeführte UntersuchungenAbschluß der AbklärungÄtiologie und Klinik immunologischer TransfusionsreaktionenUrsachen immunologischer TransfusionsreaktionenSymptome immunologischer TransfusionsreaktionenHämolytische TransfusionsreaktionenVerzögerte hämolytische TransfusionsreaktionPosttransfusionspurpuraNichthämolytische TransfusionsreaktionFebrile, nicht-hämolytische TransfusionsreaktionAllergische ReaktionenUrtikariaAnaphylaktischer SchockÄtiologie und Klinik nicht-immunologischer TransfusionsreaktionenNicht-immunologische transfusionsassoziierte HämolysenTransfusionssepsisTransfusionsassoziierte akute LungeninsuffizienzLungenödem durch VolumenüberlastungZitratintoxikationAzidose und HypothermieHyperkaliämieÄtiologie und Klinik langfristiger unerwünschter Wirkungen von TransfusionenTransfusionssideroseTransfusionsassoziierte InfektionenTransfusionsassoziierte GvH Reaktion

66.16.26.2.16.2.26.2.36.2.3.16.2.3.26.3

MeldepflichtenUnterrichtungspflichten nach § 16 TFG bei unerwünschten ArzneimittelwirkungenUnterrichtungspflichten nach § 19 TFG zur RückverfolgungGesetzliche GrundlagenAllgemeine VerfahrensweiseDetaillierte VerfahrensweiseRückverfolgung vom Empfänger ausgehendRückverfolgung vom Spender ausgehendUnterrichtungspflichten nach § 21 TFG zum koordinierten Meldewesen

77.17.27.37.3.17.3.2

DokumentationRechtliche GrundlagenVerantwortlichkeitenVerfahrensweiseDokumentation von BlutkomponentenDokumentation von Plasmaderivaten

88.18.1.18.1.28.1.38.1.48.28.3

Transport, Lagerung und RücknahmeTransportVerantwortlichkeitenZuständigkeiten und DurchführungÜbernahme der BlutprodukteDokumentationLagerungRücknahme

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99.19.29.39.3.19.3.29.3.39.49.59.69.6.19.6.29.79.7.19.7.29.7.3

Verfügbare BlutkomponentenErythrozytenkonzentratGefrorenes FrischplasmaThrombozytenpräparateThrombozytapheresekonzentratThrombozytapheresekonzentrat – HLA/HPA kompatibelThrombozytenkonzentrat aus VollblutspendenGranulozytenkonzentratBlutstammzellkonzentratEigenblutpräparateAbsolute Kontraindikationen für die präoperative EigenblutspendeRelative Kontraindikationen für die präoperative EigenblutspendeSpezielle PräparationenBestrahlungWaschen zellulärer BlutkomponentenPortionieren

1010.110.1.110.1.210.1.310.1.410.210.310.410.510.5.110.5.210.5.310.5.410.5.510.5.610.5.710.5.810.5.910.5.9.110.5.9.210.5.9.310.5.1010.610.6.110.6.210.6.310.6.410.6.510.6.610.6.710.6.7.110.6.7.210.6.7.310.6.7.410.6.7.510.6.810.6.8.110.6.8.210.710.7.110.7.210.810.9

HämotherapieBerücksichtigung der Blutgruppen bei der Transfusion von BlutkomponentenABO SystemRhesus und Kell SystemÜbersicht zur Berücksichtigung der BlutgruppenABO inkompatible Blutstammzell-TransplantationAllgemeine Grundsätze zum Einsatz von Blutkomponenten und PlasmaderivatenKalkulation des TransfusionsbedarfsAlternativen zur Transfusion mit BlutkomponentenTherapie mit ErythrozytenkonzentratenIndikationen für EKIndikationen für bestrahlte EKIndikationen für anti-CMV negative EKIndikationen für gewaschene EKIndikationen für portionierte EKAustauschtransfusionIntrauterine ErythrozytentransfusionNotfalltransfusionAutoimmunhämolytische AnämieKälteautoantikörperanämie des ErwachsenenKälteautoantikörperanämie des Kindes (paroxysmale Kältehämoglobinurie)WärmeautoantikörperanämieUrsachen für einen inadäquaten Transfusionserfolg mit EKTherapie mit ThrombozytenkonzentratenThrombozytenbildungsstörungenVerdünnungsthrombozytopenieThrombozytenautoantikörperNotfalltransfusionenIntrauterine ThrombozytentransfusionUrsachen für einen inadäquaten Transfusionserfolg mit TKIndikationen für TKIndikationen für HLA/HPA kompatible TKIndikationen für bestrahlte TKIndikationen für anti-CMV negative TKIndikationen für gewaschene TKIndikationen für portionierte TKKontraindikationen für ThrombozytenkonzentrateRelative KontraindikationenAbsolute KontraindikationenTherapie mit Gefrorenem FrischplasmaIndikationen für GFPAbsolute KontraindikationenGerichtete TransfusionenPlasmaderivate

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Anhang 1 Tabellen zur TransfusionssicherheitKompatibilitätsregeln im AB0 BlutgruppensystemKompatibilitätsregeln im Rhesus und Kell BlutgruppensystemÜbersicht zur Berücksichtigung der BlutgruppensystemeFrequenz der wichtigsten Erythrozytenantigene in Mitteleuropa

Anhang 2 Arzneimittelrechtliche Zuständigkeiten

Anhang 3 Verzeichnis der verfügbaren Formblätter

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Vorwort

Im Jahre 2000 wurden an der Medizinischen Hochschule Hannover 40.000 Erythrozytenkonzentrate,23.000 Gefrierplasmen und 9000 Thrombozytapheresekonzentrate verbraucht. Von wenigen Ausnah-men abgesehen gehört die Transfusion von Blutkomponenten und Plasmaderivaten zum Arbeitsalltagjedes Arztes an der MHH.

Während die Herstellung von Blutzubereitungen in Deutschland im Arzneimittelgesetz geregelt wird, istdie Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen sowie die Anwendung von Blutprodukten im Transfusi-onsgesetz von 1998 erstmals gesetzlich geregelt worden. In § 15 schreibt das Transfusionsgesetz vor,daß Einrichtungen der Krankenversorgung, die Blutprodukte anwenden, ein System der Qualitätssi-cherung für die Anwendung von Blutprodukten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft undTechnik einzurichten haben. Dabei wird der Stand von medizinischer Wissenschaft und Technik in den„Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten(Hämotherapie)“ der Bundesärztekammer definiert.

Die Transfusionsordnung der MHH stellt zusammen mit den Musterverfahrensanweisungen und Mu-sterformblättern ein Qualitätssicherungssystem dar, das in Übereinstimmung mit den gesetzlichenAnforderungen und fachlichen Rahmenbedingungen erstellt und von der Transfusionskommissionverabschiedet wurde. Die Einhaltung dieses QM-Systems gewährleistet eine höchstmögliche Sicher-heit bei der klinischen Anwendung von Blutprodukten an der Medizinischen Hochschule Hannover. Wirdanken Herrn PD Dr. Hertenstein und Herrn PD Dr. Feickert für ihre ausgezeichnete Unterstützungbeim Kapitel Hämotherapie.

Hannover, im Juli 2001

Prof. Dr. Rainer Blasczyk Dr. Hans-Gert Heuft

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Abkürzungsverzeichnis

Ag AntigenAIHA Autoimmunhämolytische AnämieAk AntikörperALG AntilymphozytenglobulinAMG ArzneimittelgesetzAT III Antithrombin IIIATG AntithymozytenglobulinATM Abteilung für TransfusionsmedizinBÄK BundesärztekammerBGA BlutgasanalyseCD Cluster of DifferentiationCh-B ChargenbezeichnungDIC Disseminated Intravasal CoagulationE TransfusionseinheitEK Erythrozytenkonzentrat(e)F. Faktoren des GerinnungssystemsFAIT Fetale AlloimmunthrombozyteopenieFEIBA Factor Eight Inhibitor Bypassing Activity (Fraktion aus humanem Blutplasma,

die aktivierten Faktor IX enthält)FFP Fresh Frozen PlasmaFNHTR Febrile, nicht-hämolytische TransfusionsreaktionG-CSF Granulocyte Colony Stimulating FactorGFP Gefrorenes FrischplasmaGK Granulozytenkonzentrat(e)GvHD Graft-versus-Host DiseaseGvHR Graft-versus-Host ReaktionHAT Heparin assoziierte ThrombozytopenieHKT HämatokritHLA Human Leukocyte AntigenHPA Human Platelet AntigenHWZ HalbwertszeitITP ImmunthrombozytopenieI-Zahl Patienten-IdentifikationszahlKG KörpergewichtKMT KnochenmarktransplantationLÄK LandesärztekammerMHRZ Medizinisches HochschulrechenzentrumNDS NiedersachsenPEI Paul-Ehrlich-Institut, LangenPPSB Prothrombinkomplex aus Prothrombin (Faktor II), Proconvertin (VII), Stuart-

Faktor (X) und antihämophilem Faktor B (IX)PSZT Periphere StammzelltransplantationPTP PosttransfusionspurpuraTFG Transfusionsgesetz (Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens)TKR Thrombozytenkonzentrat aus einer VollblutentnahmeTKZ Thrombozytapheresekonzentrat vom Zellseparator TR TransfusionsreaktionTTP Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (Moschcowitz-Syndrom)TX TransplantationUAW Unerwünschte ArzneimittelwirkungZVK Zentralvenenkatheter

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Begriffsbestimmungen

Aus Blut hergestellte Arzneimittel

Blutkomponenten Nicht-gesetzlich bestimmter Begriff, der alternativ zu dem Begriff „Blutkonser-ven“ verwendet wird, um zu verdeutlichen, daß in der modernen HämotherapieKomponenten des Blutes anstelle von Vollblutkonserven verwendet werden.Blutkomponenten wurden daher früher auch als „Blutbestandteilkonserven“bezeichnet. Der Begriff „Blutkomponente“ wird heutzutage häufig synonym mitdem Begriff „Blutkonserve“ verwendet.

Blutkonserven Nicht-gesetzlich bestimmter Begriff, der im Gegensatz zum früher verwende-ten Begriff der „Blutbestandteilkonserve“ eine heute nicht mehr übliche Voll-blutpräparation beschrieb. Der Begriff „Blutkonserve“ wird heutzutage syn-onym mit dem Begriff „Blutkomponente“ verwendet.

Blutprodukte Gemäß § 2 des Transfusionsgesetzes sind Blutprodukte Blutzubereitungen imSinne des § 4 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes, Sera aus menschlichem Blutim Sinne des § 4 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes und Plasma zur Fraktionie-rung. Der im Transfusionsgesetz bestimmte Begriff „Blutprodukte“ ist somitweiter gefaßt als der im Arzneimittelgesetz bestimmte Begriff der „Blutzube-reitungen“.

Blutzubereitungen Gemäß § 4 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes sind Blutzubereitungen Arznei-mittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbe-standteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder enthalten.

Plasmaderivate Blutzubereitungen, die im Gegensatz zur Blutkomponente „Gefrorenes Frisch-plasma“ ausschließlich aus Plasma gewonnene Fraktionen enthalten. Der Be-griff schließt auch gentechnisch hergestellten Plasmaproteine zur Behandlungvon Hämostasestörungen ein.

Sera Gemäß § 4 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes sind Sera Arzneimittel, die ausBlut, Organen, Organteilen oder Organsekreten gesunder, kranker, krank ge-wesener oder immunisatorisch vorbehandelter Lebewesen gewonnen werden,spezifische Antikörper enthalten und die dazu bestimmt sind, wegen dieserAntikörper angewendet zu werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen imSinne des § 4 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes, jedoch als Blutprodukte imSinne des § 2 des Transfusionsgesetzes.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Nebenwirkung Unerwünschte Arzneimittelwirkung, UAW

Unerwartete, Unerwünschte Arzneimittelwirkung, die in der Zusammenfassung derunerwünschte Merkmale des Arzneimittels, der Gebrauchs- und Fachinformation, nicht er-Arzneimittelwirkung wähnt ist (Unerwünschte UAW).

Unerwünschte Nebenwirkung, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arznei-Arzneimittelwirkung mittels auftritt (UAW). Eine „schwerwiegende unerwünschte Arzneimittel-

wirkung“ beschreibt eine Nebenwirkung, die tödlich oder lebensbedrohlichverläuft, zu Arbeitsunfähigkeit oder einer Behinderung oder einer stationä-ren Behandlung oder Verlängerung der stationären Behandlung führt(Schwerwiegende UAW).

Unerwünschtes Unerwünschte Arzneimittelwirkung, die unabhängig davon auftritt, ob einEreignis bestimmungsgemäßer Gebrauch vorliegt oder nicht.

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1. Kontaktadressen

1.1 Telefonnummern, Faxnummern und Rohrpost der Abteilung Transfusionsmedizin

Blutdepot

Blutkonservenausgabe TelefonFaxRohrpost

207520761491

Notfalltelefon 9393

Diensthabender Arzt Pieper 74-2189

Probenannahme

TelefonFaxRohrpost

207520761491

Leitende MTA Inga Kleingärtner TelefonPieper

228574-2856

Stellvertreter Carola Wiechmann Telefon 6757

Immunhämatologie

BlutgruppenKreuzproben

Labor Telefon 20822075

Erythrozyten-Antikörper Labor Telefon 2084

Dr. Axel Seltsam TelefonPieper

670474-2190

OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonPieper

670374-2855

Thrombozyten-Antikörper Labor Telefon 2084

Dr. Axel Seltsam TelefonPieper

670474-2190

OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonPieper

670374-2855

HPA-Typisierungen Labor Telefon 2084

Dr. Axel Seltsam TelefonPieper

670474-2190

OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonPieper

670374-2855

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Immungenetik

HLA-Typisierungen Labor Telefon 3886

Dr. Ladislav T. Pastucha TelefonPieper

670874-2545

Dr. Holger-Andreas Elsner TelefonPieper

670974-2853

HLA-AntikörperCrossmatch

Labor Telefon 2047

Organspenderauswahl Dr. Ladislav T. Pastucha TelefonPieper

670874-2545

Spezialpräparate

Eigenblutpräparate Spenderzentrale TelefonFax

20738074

PD Dr. Roswita Müller TelefonPieper

206274-2680

Granulozytenkonzentrate Granulozytapherese Telefon 2077

Dr. Lilia Goudeva TelefonPieper

670774-2187

OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonPieper

670374-2855

Hämatopoetische Stamm-zellkonzentrate

Stammzellapherese Telefon 2088

Dr. Angela Schmitt-Thomssen TelefonPieper

670674-2155

OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonPieper

670374-2855

Transfusionsassoziierte Infektionen und Rückverfolgung

Stufenplanbeauftragter PD Dr. Roswita Müller TelefonPieperFax

206274-26802079

Stellvertreter Dr. Ladislav T. Pastucha TelefonPieper

670874-2545

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1.2 Qualitätssicherung

Transfusionsverantwortlicher

Prof. Dr. Rainer Blasczyk TelefonFax

67002079

Stellvertreter OA Dr. Hans-Gert Heuft TelefonFax

67032079

Qualitätsbeauftragter

PD Dr. Ernst-Rüdiger Kuse TelefonPieperFax

212574-23124010

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1.3 Internetadressen

www.baek.de Internetseiten der Bundesärztekammer

www.pei.de Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts

www.rki.de Internetseiten des Robert Koch Instituts

www.bdtev.de Internetseiten des Berufverbandes deutscher Transfusionsmediziner

www.dgti.de Internetseiten der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie

Die aufgeführten Internetseiten liefern transfusionsmedizinisch relevante Informationen für aktuelleNeufassungen von Gesetzen, Richtlinien, Leitlinien und Empfehlungen.

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2. Transfusionsmedizinisches Qualitätssicherungssystem

2.1 Rechtliche Grundlagen

Als Grundlage für die Anwendung von Blutprodukten gelten die nachfolgenden Regelwerke:

� Transfusionsgesetz (TFG; Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens vom 01.07.1998)� Richtlinien der Bundesärztekammer zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur An-

wendung von Blutprodukten (Hämotherapie) vom Juli 2000� Leitlinien der Bundesärztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten vom

April 2001

Die Anwendung von Blutprodukten ist im Transfusionsgesetz geregelt und hat nach dem anerkanntenStand von Wissenschaft und Technik zu erfolgen. Dabei wird der Stand von Wissenschaft und Technikin den Richtlinien definiert. Die Leitlinien sollen Handlungsanleitungen für einen kritisch reflektiertenEinsatz von Blutprodukten geben. Jeder Anwender von Blutprodukten muß mit diesen Regelwerkenvertraut sein. Sie sind auf den Web-Seiten der MHH als PDF-Dateien verfügbar.

2.2 Relevanz der Regelwerke für den Anwender von Blutprodukten

Das TFG ist ein Regelwerk, das alle Bereiche der Transfusionsmedizin von der Spendetauglichkeitüber die Anwendung von Blutkomponenten bis hin zur Erfassung von Komplikationen im Sinne einerumfassenden Qualitätssicherung regelt. Es ist in 12 Abschnitte gegliedert, von denen

� Abschnitt 1 (§ 2 Begriffsbestimmungen)� Abschnitt 3 (§§ 13-18 Anwendung von Blutprodukten)� Abschnitt 4 (§§ 19-20 Rückverfolgung)

für jeden transfundierenden Arzt von zentraler Bedeutung sind. Wesentliche anwenderbezogenePunkte sind:

� § 2 TFG Begriffsbestimmungen; danach sind Blutprodukte Blutzubereitungen im Sinne des § 4Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes, Sera aus menschlichem Blut im Sinne des § 4 Abs. 3 des Arz-neimittelgesetzes und Plasma zur Fraktionierung.

� § 13 TFG Anforderungen an die transfundierende Person (besondere Sachkunde) und an dieDurchführung der Transfusion (Einwilligung, Identitätssicherung)

� § 14 TFG Detaillierte Beschreibung des Umfangs der Dokumentation der Transfusion von Blutpro-dukten einschließlich datenschutzrechtlicher Belange

� §§ 15 und 16 TFG Qualitätssicherungssystem der transfundierenden Einrichtung� § 17 TFG regelt den Verbleib nicht angewendeter Blutprodukte� § 18 TFG nimmt Bezug auf den anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik im Rahmen der

Bluttransfusion� §§ 19 und 20 TFG Rückverfolgung von Blutprodukten

Darüber hinaus geben die Richtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) zur Gewinnung von Blut undBlutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) in den Abschnitten 3 (Her-stellung, Lagerung und Transport von Blutprodukten) und 4 (Anwendung von Blutprodukten) verbindli-che Richtlinien für den transfundierenden Arzt. Die Leitlinien befassen sich ausschließlich mit der An-wendung von Blutprodukten und bieten Handlungsanleitungen für einen kritisch reflektierten Einsatzvon Blutprodukten.

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2.3 Verantwortlichkeiten

Gemäß §15 TFG sowie Abschnitt 1.4 (insbesondere 1.4.1.3) und Abschnitt 1.6 der Richtlinien der BÄKhaben Einrichtungen der Krankenversorgung, die Blutprodukte anwenden, ein Qualitätssicherungssy-stem zu etablieren, das alle Qualitätssicherungsschritte für die Anwendung von Blutprodukten nachdem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik umfaßt. Das transfusionsmedizinische Qualitäts-sicherungssystem umfaßt alle von der MHH auf dem Gebiet der Transfusionsmedizin ergriffenen per-sonellen und organisatorischen Maßnahmen, die eine optimale Qualität der Bereitstellung, Anwendungund Dokumentation der an der MHH eingesetzten Blutprodukte gewährleisten.

Folgende Verantwortlichkeiten und Organisation gewährleisten die Funktion des Qualitätssicherungs-systems:

� Vorstand� Transfusionsverantwortlicher� Klinische Abteilungsleiter� Transfusionsbeauftragte� Transfundierender Arzt� Qualitätsbeauftragter� Leiter des Pflegedienstes� Leiter des Medizintechnischen Dienstes� Leiter des Transportdienstes� Assistenzpersonal� Transfusionskommission� Transfusionsmedizinische Konferenzen� Transfusionsmedizinisches Qualitätssicherungshandbuch� Transfusionsmedizinische Verfahrensanweisungen und Formblätter

2.3.1 Vorstand

Der Vorstand ist für die Umsetzung transfusionsmedizinischer Erfordernisse unter Beachtung der gel-tenden Regelwerke verantwortlich. Er bestellt den Transfusionsverantwortlichen, den Qualitätsbeauf-tragten und die Transfusionsbeauftragten auf Vorschlag der Abteilungsleiter.

2.3.2 Transfusionsverantwortlicher

Der Transfusionsverantwortliche ist für die Organisation aller transfusionsmedizinischen Aufgabender MHH zuständig. Er beruft die Sitzungen der Transfusionskommission ein und leitet sie. SeineAufgabe ist es, die Einhaltung der einschlägigen Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Leitlinien undEmpfehlungen sicherzustellen, eine einheitliche Organisation bei der Vorbereitung und Durchführunghämotherapeutischer Maßnahmen zu gewährleisten sowie das Qualitätssicherungssystem fortzuent-wickeln. Er sorgt für die qualitätsgesicherte Bereitstellung von Blutprodukten und ist konsiliarisch beider Behandlung der Patienten mit Blutprodukten tätig. Die Aufgaben des Transfusionsverantwortlichensind in einer Stellenbeschreibung festgelegt. Der Transfusionsverantwortliche wird vom Vorstand be-stellt.

2.3.3 Klinische Abteilungsleiter

Die Abteilungsleiter benennen dem Vorstand jeweils einen Mitarbeiter mit der erforderlichen Qualifika-tion als Transfusionsbeauftragten und dessen Stellvertreter. Sie benennen bei Ausscheiden des amtie-renden Transfusionsbeauftragten umgehend und unaufgefordert eine neue Person. Sie tragen dafürSorge, daß neu eingestellte Mitarbeiter nach Arbeitsanweisungen in das Qualitätssicherungssystemzur klinischen Anwendung von Blutprodukten eingewiesen werden und daß die Einweisung dokumen-tiert wird. Sie delegieren diese Aufgabe an den Transfusionsbeauftragten und statten ihn hierzu mit dererforderlichen Weisungsbefugnis aus. Die klinischen Abteilungsleiter zeichnen dafür verantwortlich,daß die in der Transfusionskommission verabschiedeten qualitätssichernden Maßnahmen in ihremVerantwortungsbereich umgesetzt und eingehalten werden.

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2.3.4 Transfusionsbeauftragte

Jede Blutprodukte anwendende Abteilung hat einen Transfusionsbeauftragten und Stellvertreter zubenennen, die ständige Mitglieder der Transfusionskommission der MHH sind. Transfusionsbeauf-tragte haben die Sachkenntnis gemäß anerkanntem Stand von Wissenschaft und Technik nachzuwei-sen. Die Aufgaben und Weisungsbefugnis der Transfusionsbeauftragten sind in einer Stellenbeschrei-bung festgelegt. Die Transfusionsbeauftragten werden vom Vorstand auf Vorschlag der Abteilungslei-ter bestellt.

In Zusammenarbeit mit dem Transfusionsverantwortlichen organisiert und überwacht er die Anwen-dung von Blutprodukten in seiner Abteilung. Er überwacht die Einhaltung der für die MHH festgelegtentransfusionsmedizinischen Standards und die Gewährleistung des Informationsflusses von der Trans-fusionskommission in die Abteilung. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere:

� Abteilungsbezogene Etablierung eines transfusionsmedizinischen Qualitätssicherungssystems� Abteilungsbezogene Organisation und Überwachung einer adäquaten Indikationsstellung für Blut-

produkte� Abteilungsbezogene Organisation und Überwachung adäquater Bedingungen zur autologen Hä-

motherapie� Abteilungsbezogene Organisation und Überwachung adäquater Bedingungen zur Vorbereitung

und Durchführung der Transfusion von Blutprodukten� Abteilungsbezogene Organisation und Überwachung der Dokumentation von Blutprodukten� Abteilungsbezogene Überwachung der unerwünschten Wirkungen der Transfusion von Blutpro-

dukten einschließlich der Beteiligung an Rückverfolgungsverfahren nach § 19 Abs. 2 TFG� Abteilungsbezogene Organisation und Überwachung einer adäquaten Lagerung von Blutprodukten� Abteilungsbezogene Fortbildungen und Schulungen zu transfusionsmedizinischen Fragen und

Problemen (Transfusionsmedizinische Konferenzen, Kapitel 2.4.2)� Organisation und Überwachung der jährlichen Selbstinspektion des transfusionsmedizinischen

Qualitätssicherungssystems der Abteilung

Jede Abteilung der MHH hat ihrem Transfusionsbeauftragten die zur Erfüllung seiner Aufgaben erfor-derliche zeitliche, räumliche und personelle Kapazität (z.B. Hilfspersonal) zur Verfügung zu stellen.

2.3.5 Transfundierender Arzt

Jeder Arzt, der eigenverantwortlich Blutprodukte anwendet bzw. an der Vorbereitung oder Durchfüh-rung von Bluttransfusionen beteiligt ist, muß ausreichende Erfahrungen in dieser Tätigkeit und dieerforderliche Qualifikation nach anerkanntem Stand von Wissenschaft und Technik besitzen. Er hatweiterhin mit den jeweils aktuellen Regelwerken zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderi-vaten sowie mit den in seinem Bereich relevanten Arbeitsanweisungen vertraut zu sein. Er ist für diejeweils von ihm ausgeführten bzw. beaufsichtigten hämotherapeutischen Tätigkeiten verantwortlich.

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Transfusionsordnung Version 2001

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2.3.6 Qualitätsbeauftragter

Der Qualitätsbeauftragte der MHH ist eine erfahrene ärztliche Person, die in dieser Funktion wei-sungsunabhängig ist und für die Überwachung des transfusionsmedizinischen Qualitätssicherungssy-stems der MHH zuständig ist. Der Qualitätsbeauftragte der MHH besitzt eine der Aufgabe entspre-chende Kompetenz und Qualifikation. Er informiert den Klinikumsvorstand über den Stand des transfu-sionsmedizinischen Qualitätssicherungssystems der MHH und unterstützt den Klinikumsvorstand beider Zertifizierung der MHH gegenüber der Landesärztekammer Niedersachsen (LÄK NDS) oder ande-rer Institutionen. Der Qualitätsbeauftragte führt einmal jährlich, erstmals zum 31.12.2001, gegenüberder LÄK NDS den Nachweis, daß die MHH ein adäquates transfusionsmedizinisches Qualitätssiche-rungssystem besitzt. Der Qualitätsbeauftragte nimmt die transfusionsmedizinischen Selbstinspektions-berichte der Abteilungen entgegen und wertet sie aus. Er erstellt den transfusionsmedizinischen Selb-stinspektionsbericht der MHH. Die Aufgaben des Qualitätsbeauftragten sind in einer Stellenbeschrei-bung festgelegt. Der Qualitätsbeauftrage wird vom Vorstand bestellt.

2.3.7 Leiter des Pflegedienstes

Der Leiter des Pflegedienstes regelt die Organisation und Dokumentation der Schulung und Einwei-sung von Pflegekräften nach Anweisung sowie die Bereitstellung von geschulten Pflegekräften alsAssistenzpersonal für hämotherapeutische Maßnahmen. Die Schulungsinhalte werden in Absprachemit dem Transfusionsverantwortlichen festgelegt.

2.3.8 Leiter des Medizintechnischen Dienstes

Der Leiter des Medizintechnischen Dienstes ist für die Regelung der Pflege und Wartung der techni-schen Geräte unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich. Er gewährleistet eine 24Stunden / Tag Betreuung durch einen Regel- und Notdienst.

2.3.9 Leiter des Transportdienstes

Der Leiter des Transportdienstes ist für die Organisation eines zuverlässigen Transportes von Probenund Blutprodukten verantwortlich. Er setzt die zusammen mit dem Transfusionsverantwortlichenschriftlich festgelegten Transportbedingungen um. Die Mitarbeiter des Transportdienstes müssen indie schriftlich festgelegten Erfordernisse eingearbeitet werden. Die Einarbeitung ist zu dokumentieren.

2.3.10 Assistenzpersonal

Die Vorbereitung von Transfusionen und die Betreuung der Patienten während der Übertragung vonBlutprodukten sowie die Nachsorge werden nur dem Assistenzpersonal übertragen, das von der Pfle-gedienstleitung in Kooperation mit dem Transfusionsbeauftragten der Abteilung oder von diesem direktin die relevanten Bereiche des Qualitätssicherungssystems eingewiesen wurde. Die Einarbeitung ist zudokumentieren.

2.4 Organisation

2.4.1 Transfusionskommission

Die Transfusionskommission untersteht dem Vorstand der MHH und arbeitet unter dem Vorsitz desTransfusionsverantwortlichen. Die Aufgaben der Transfusionskommission sind die Erstellung von Vor-gaben zur Umsetzung und Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Länderbzw. der Richt- oder Leitlinien der BÄK, die Erarbeitung und Überwachung von einheitlichen Standardszur Transfusion von Blutkomponenten, die kontinuierliche Sicherstellung der Verfahrensweisen nachanerkanntem Stand von Wissenschaft und Technik sowie die Festlegung von Verantwortlichkeiten. DieTransfusionskommission arbeitet in Kooperation mit der Arzneimittelkommission. Der Transfusions-kommission der MHH gehören an: der Transfusionsverantwortliche, die Transfusionsbeauftragten,

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ein Mitglied des Vorstands, der Qualitätsbeauftragte, der Leiter der Klinikapotheke, der Leiter desTransportdienstes, der Herstellungsleiter, der Informationsbeauftragte, der Kontrolleiter, der Stufen-planbeauftragte, die leitende Medizinisch-Technische-Laborassistenten der ATM und die Krankenpfle-geleitung.

2.4.2 Transfusionsmedizinische Konferenzen

Die transfusionsmedizinischen Konferenzen werden von allen transfundierenden Ärzten der jewei-ligen Abteilung der MHH gebildet. Vertreter des medizinischen Assistenzpersonals der jeweiligen Ab-teilung werden in die Konferenzen eingebunden. Die transfusionsmedizinischen Konferenzen werdenvom Transfusionsbeauftragten der Abteilung einberufen und geleitet. Sie finden mindestens zweimalpro Jahr, idealerweise kurz nach den Sitzungen der Transfusionskommission, statt. Sie dienen dertransfusionsmedizinischen Fortbildung der Mitarbeiter und der Umsetzung des Qualitätssicherungssy-stems in den Abteilungen.

2.4.3 Transfusionsmedizinisches Qualitätssicherungshandbuch

Die Transfusionsordnung der MHH dokumentiert das QM-System zur Anwendung von Blutproduk-ten. Sie stellt zusammen mit den Musterverfahrensanweisungen und Musterformblättern ein QM-System dar, das in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen und fachlichen Rahmenbe-dingungen erstellt worden ist.

2.4.4 Transfusionsmedizinische Verfahrensanweisungen und Formblätter

Jede Abteilung der MHH, die Blutprodukte anwendet, hat Verfahrensanweisungen und Formblätter zuführen, die die einzelnen Arbeitsschritte detailliert beschreiben und eine geregelte Dokumentation er-möglichen. Abteilungsspezifische Besonderheiten können hier berücksichtigt werden. Dies beinhaltetauch jährliche abteilungsspezifische Selbstinspektionen und deren Dokumentation. Der Inspektionsbe-richt ist dem Transfusionsverantwortlichen und dem Qualitätsbeauftragten der MHH zuzusenden. Fürdie Erstellung der Verfahrensanweisungen und Formblätter sind die dafür vorgesehenen Muster zuverwenden.

2.5 Berichtspflicht gegenüber der Landesärztekammer

Das transfusionsmedizinische Qualitätssicherungshandbuch sowie die Muster der Verfahrensanwei-sungen und Formblätter werden unter der Überwachung des Qualitätsbeauftragten der MHH regelmä-ßig aktualisiert. Sie sind die Qualifizierungsnachweise gegenüber der LÄK NDS und können für Zertifi-zierungen eingesetzt werden.

In einjährigem Abstand, erstmals bis spätestens zum 31.12.2001, hat der Qualitätsbeauftragte der LÄKNDS nachzuweisen, daß das Qualitätssicherungssystem der Anwendung von Blutprodukten den Vor-gaben der Richtlinien entspricht.

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3. Transfusion von Blutkomponenten

3.1 Verantwortlichkeiten

Blutkomponenten sind Blutzubereitungen, für deren Anwendung die jeweils aktuellen Regelwerke gel-ten. Blutkomponenten sind gemäß § 4 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes Arzneimittel, bei ungerichteterHerstellung nach § 4 Abs. 1 Fertigarzneimittel, die nach § 48 Abs. 1 nur nach Vorlage einer ärztlichenVerschreibung abgegeben werden dürfen.

Die Anwendung von Blutprodukten ist eine ärztliche Leistung. Der Arzt

� stellt die Indikation aufgrund des nicht auszuschließenden Restrisikos sehr streng,� beachtet bei der Durchführung der Transfusion die gesetzlichen Bestimmungen,� überwacht das vom ihm hinzugezogene Personal,� setzt die Aufklärungs- und Einwilligungspflicht um,� beachtet die Technik der Verabreichung,� erfasst und bewertet unerwünschte Transfusionsreaktionen. Soweit wie möglich werden ihre Ursa-

chen aufgeklärt und dokumentiert. Die erforderlichen Meldungen erfolgen nach § 16 und 19 TFG(Kapitel 6).

3.2 Aufklärungspflichten und Einwilligungserklärung

Der die Indikation zur Transfusion stellende Arzt bzw. der transfundierende Arzt muß gemäß § 13 Abs.1 und § 14 Abs. 1 TFG den Patienten zur Transfusion aufklären, seine Einwilligung einholen und diesdokumentieren. Gemäß Abschnitt 4.3.4 und 4.3.10 der Richtlinien der BÄK ist dies bei jeder Transfu-sionsserie erforderlich. Die Hinweise in den Gebrauchs- und Fachinformationen sind zu beachten. BeiMinderjährigen muß das Einverständnis des Sorgeberechtigten, bei Betreuten das des Betreuers ein-geholt werden. Aufklärung und Einwilligung sind so abzulegen, daß sich mitbehandelnde, die Transfu-sion ausführende bzw. überwachende Ärzte leicht von Ihrem Vorhandensein überzeugen können.

Bei planbaren Eingriffen mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit von 10 % ist der Patient nach § 13TFG rechtzeitig über die Möglichkeit autologer Hämotherapieverfahren aufzuklären (Kapitel 9.6). Unterder Voraussetzung, daß eine präoperative Eigenblutspende medizinisch sinnvoll ist und vom Patientengewollt ist, werden vom betreuenden Arzt die erforderlichen Schritte eingeleitet.

Für die Aufklärung und Einwilligung zur Transfusion von Blutkomponenten werden Dokumentationsbö-gen eingesetzt. Bei der Aufklärung zur Transfusion ist zu beachten, daß durch Transfusionen verur-sachte Schädigungen des Patienten einen Regreßanspruch zur Folge haben können, wenn der Patienthierüber nicht aufgeklärt wurde. Dabei spielt die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Schädigungnach derzeitiger Rechtsprechung keine Rolle. Das Aufklärungsgespräch muß mindestens beinhalten

� die Indikation zur Transfusion und mögliche Alternativen,� mögliche Komplikationen und unerwünschte Wirkungen der Transfusion.

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3.3 Anforderung von Blutkomponenten

3.3.1 Anforderungskarten

Die Anforderung von Blutkomponenten und der notwendigen Laborleistungen erfolgen mit den dafürvorgesehenen Anforderungskarten (Format 29,7 �11.5 cm):

Titel der Anforderungskarte ZweckAnforderung von Blutprodukten Anforderungskarte für alle Blutkomponenten

Laborleistung: Immunhämatologie Blutgruppenbestimmungen, Erythrozyten-, Thrombozyten-antikörperdiagnostik

Laborleistung: Immungenetik HLA- und HPA-Bestimmungen, HLA-Antikörper, Crossmatch

Für die Notfallanforderung von Blutkomponenten kann eine faxfähige Anforderungskarte im DIN-A4-Format verwendet werden:

Notfallanforderung von Blutprodukten(Kapitel 3.3.4 und Kapitel 4)

Anforderungskarte für EK, GFP und TK per Fax

Hinweis: Auch eine Fax-Anforderung von EK erfordert dieZusendung einer Blutprobe mit der gefaxten Anforderungs-karte zur nachträglichen Durchführung der Kreuzprobe. Hinweis: Bei Benutzung des Fax immer zusätzlich anrufen,damit die Anforderung in der ATM sicher registriert wird.

Die Einsenderkennzeichnung ist bereits barcodiert auf der Karte vorhanden und muß nicht ausgefülltwerden. Dadurch ist jedoch ein Kartenaustausch, z.B. bei Kartenmangel, zwischen verschiedenenStationen oder Abteilungen nicht möglich. Die Karten müssen daher rechtzeitig über die Poststelle derMHH nachbestellt werden.

Die Karten sind mit Ausnahme der „Notfallanforderung von Blutprodukten“ beidseitig auszufüllen. DieVorderseite ist auf allen Karten einheitlich. Sie dient der Identifikation des Einsenders, der Identifi-kation des Patienten und der Identitätssicherung der Probennahme. Die Anforderungskartenmüssen daher immer zusammen mit den Probenröhrchen verschickt werden.

Die Vorderseite enthält folgende Felder:

� Patientenetikett (barcodierte I-Zahl)� Einsenderkennzeichnung (barcodierter Einsender)� 4 abziehbare Etiketten mit Anforderungsbelegnummer (barcodierte Probennummer)� Entnahmetag (Strichmarkierungsfelder)� Diagnose (Strichmarkierungsfelder)� Abrechnungsinformationen (Strichmarkierungsfelder)� Patientenangaben für auswärtige Einsender (z.B. Praxen mit Transfusionsbedarf)� Feld für Arztunterschrift und Stempel oder Druckbuchstaben

Die Rückseite der Karten ist für die Art der Anforderungen vorgesehen.

Karte zur „Anforderung von Blutprodukten“:

� genaue Angabe der Transfusionsdringlichkeit (Strichmarkierungsfelder)� Vorbefunde� genaue Angabe der Produktart und der Menge (Strichmarkierungsfelder); bei Vorhandensein von

Eigenblutkonserven müssen diese zuerst angefordert und ggf. verbraucht werden� besondere Produkteigenschaften: bestrahlt oder Anti-CMV negativ (Strichmarkierungsfelder)

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Die Transfusionsdringlichkeit ist 3-stufig definiert:

1. NotfallTransfusion aufgrund einer vitalbedrohlichen Situation ohne abgeschlossene Verträglichkeitsprobe(Kapitel 3.3.4).

2. SofortTransfusion innerhalb von 2 – 4 Stunden notwendig nach Abschluß der Blutgruppenbestimmungund der Verträglichkeitsprobe.

3. Auf AbrufTransfusion ohne akute Dringlichkeit möglicherweise innerhalb von 72 Stunden notwendig nachAbschluß der Blutgruppenbestimmung und der Verträglichkeitsprobe.

Karte für „Laborleistung: Immunhämatologie“:

� genaue Angabe der Untersuchungsdringlichkeit (Strichmarkierungsfelder)� Vorbefunde� genaue Angabe der gewünschten Laboruntersuchungen (Strichmarkierungsfelder)

Blutgruppenbestimmungen, die im Zusammenhang mit einer Notfalltransfusion ohne abgeschlosseneKreuzprobe erforderlich werden, werden auf der Anforderungskarte „Laborleistung: Immunhämatolo-gie“ im Feld Dringlichkeit mit „Notfall“ gekennzeichnet.

Die angeforderten Leistungen auf der Rückseite sowie einige Angaben zur Patientenidentität auf derVorderseite werden durch Markierung strichförmiger Anforderungsfelder gekennzeichnet. Die Kartenmüssen mit Bleistift oder schwarzem Kugelschreiber ausgefüllt werden. Die Markierungsgrenzen müs-sen beachtet werden. Das Kartensystem wird elektronisch gelesen. Zur einwandfreien Funktion desSystems und damit zur schnellen Bearbeitung der Anforderungen ist es notwendig, die Kartensorgfältig zu handhaben. Neben der Beachtung der Markierungsgrenzen dürfen die Karten nicht ge-knickt werden. Jede unsachgemäße Handhabung kann die Bearbeitung der Anforderung verzö-gern.

3.3.2 Probenmaterial für Laboruntersuchungen

Blutproben für Blutgruppenbestimmungen und Verträglichkeitsproben sollten im Regelfall Mo-Frbis spätestens 14.00 Uhr verschickt werden. Außerhalb der regulären Dienstzeit steht nur ein Bereit-schaftsdienst zur Verfügung, der nur bei unaufschiebbarer Transfusionspflichtigkeit in Anspruch ge-nommen werden kann.

Laboruntersuchungen vor Transfusion

LaboruntersuchungBlutkomponente Blutgruppenbestimmung VerträglichkeitsprobeErythrozytenkonzentrat (EK) Ja JaGefrorenes Frischplasma (GFP) Ja NeinThrombozytenkonzentrat (TK) Ja NeinGranulozytenkonzentrat (GK) Ja Ja

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3.3.2.1 Blutgruppenbestimmung

Die Blutgruppenbestimmung ist im Regelfall Voraussetzung für die Transfusion aller Blutkomponenten,um die Notwendigkeit der blutgruppenidentischen Transfusion erfüllen zu können (Kapitel 10). DieBlutgruppenbestimmung wird aus Nativblut (Serummonovette) durchgeführt. Sie beinhaltet standard-mäßig die Bestimmung der ABO-, Rh- und Kell-Merkmale sowie einen Antikörpersuchtest. Um dieBearbeitung verzögernde Rückfragen nach zusätzlichem Material bei Auftreten unerwarteter Befunde(z.B. Antikörper) zu vermeiden, sollten die Probenröhrchen gut gefüllt sein:

� Erwachsene 10 ml pro Probenröhrchen� Kleinkinder 1-2 ml pro Probenröhrchen� Früh- und Neugeborene nicht unter 0,5 ml pro Probenröhrchen

Blutgruppenbestimmungen, die im Zusammenhang mit einer Notfalltransfusion ohne abgeschlosseneKreuzprobe erforderlich werden, werden auf der Anforderungskarte „Laborleistung: Immunhämatolo-gie“ im Feld Dringlichkeit mit „Notfall“ gekennzeichnet.

3.3.2.2 Verträglichkeitsprobe

Die Verträglichkeitsprobe ist im Regelfall Voraussetzung für die Transfusion erythrozytenhaltiger Blut-komponenten. Die Verträglichkeitsprobe wird aus Nativblut durchgeführt (Serummonovette). WennBlutgruppe und Verträglichkeitsprobe für Erythrozytenkonzentrate gleichzeitig angefordert werden,sollten 2 Nativblutröhrchen eingeschickt werden, damit die Proben an verschiedenen Arbeitsplätzengleichzeitig bearbeitet werden können und Verwechslungen durch Bildung von Sekundärröhrchenvermieden werden. Um die Bearbeitung verzögernde Rückfragen nach zusätzlichem Material bei Auf-treten unerwarteter Befunde (z.B. Antikörper) zu vermeiden, sollten die Probenröhrchen gut gefülltsein:

� Erwachsene 10 ml pro Probenröhrchen� Kleinkinder 1-2 ml pro Probenröhrchen� Früh- und Neugeborene nicht unter 0,5 ml pro Probenröhrchen

Das Ergebnis der Verträglichkeitsprobe wird auf dem Begleitschein für Blutkomponenten do-kumentiert. Die Gültigkeit von Verträglichkeitsprobe ist auf 72 Stunden begrenzt, um im Falleeiner Boosterung das Auftreten transfusionsrelevanter Antikörper zu erfassen. Der Ablauf derGültigkeit der Verträglichkeitsprobe ist mit Datum und Uhrzeit auf dem Begleitschein für Blutkompo-nenten und der Reservierungsliste ausgewiesen. Die Verträglichkeitsprobe muß für weitere Transfu-sionen oder bereits getestete Blutkomponenten spätestens 72 Stunden nach Probennahme mit einefrisch entnommenen Empfängerblutprobe durchgeführt bzw. wiederholt werden. Wer Blutproduktenach Ablauf dieser Frist ohne erneute serologische Verträglichkeitsprobe mit einer frischen Blutprobedes Empfängers transfundiert, handelt grob fahrlässig.

Bei Anforderung von EK auf Abruf wird eine Reservierungsliste erstellt. Sie enthält neben den Perso-nalien des Transfusionsempfängers die vollständige Blutgruppe und eine Auflistung der EK, die fürdiesen Patienten nach Durchführung der serologischen Verträglichkeitsprobe bereit stehen, aber nochnicht zur Transfusion abgerufen wurden. Sie wird der anfordernden Stelle unmittelbar nach Abschlußder Verträglichkeitsprobe zugesandt (Rohrpost), damit diese ein Dokument zur Verfügung hat, ausdem die bereitstehenden EK hervorgehen.

Für die Qualität des Ergebnisses ist eine sorgfältige Probennahme wichtig. Bei Manipulationen anZentralvenenkathetern (ZVK), bei intensivmedizinischer Betreuung mit parenteraler Flüssigkeitszufuhr(insbesondere parenteraler Ernährung) sowie bei schweren Blutungen mit massiver Volumensubstitu-tion kann es vorübergehend zu einer erheblichen Verdünnung des Probenserums kommen. Dies kanndurch Verdünnung eines Antikörpers zu falsch negativen Kreuzproben oder durch zugesetzte Medi-kamente zu falsch positiven Kreuzproben führen. Zur Vermeidung bzw. Erkennung dieser Fehler-quelle sollten

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� bei Abnahmen aus dem ZVK bei Erwachsenen zuvor ca. 10 ml Blut entnommen und verworfenwerden,

� bei Verdünnung der Serums nach massiver Volumensubstitution Probenröhrchen und Anforde-rungskarte entsprechend gekennzeichnet werden.

Da Heparin in vitro die Komplementaktivierung behindert, sollte eine Blutentnahme für Kreuzproben-zwecke nach Möglichkeit vor höher dosierter intravenöser Heparinapplikation (5.000 IE Na-Heparinund mehr i.v.) erfolgen.

3.3.3 Identitätssicherung der Probennahme

3.3.3.1 Bei bekannten Personalien des Patienten

Die eindeutige Kennzeichnung von Anforderungen für transfusionsmedizinische Zwecke umfaßt im-mer:

� Probenröhrchen: 1. Etikett mit barcodierter I-Zahl, Name, Vorname, Station2. Etikett mit barcodierter Probennummer der Anforderungskarte

� Anforderungskarte: 1. Etikett mit barcodierter I-Zahl, Name, Vorname, Station2. Angaben gemäß 3.3.1 auf der Vorderseite3. Angaben gemäß 3.3.1 auf der Rückseite. Die Angabe von blutgruppenserologischen Vorbe-

funden (z.B. Antikörperbefunde) sind hilfreiche fakultative Angaben, die die Bearbeitung derAnforderungen erheblich beschleunigen können. Falls besondere Produkteigenschaften derangeforderten Blutkomponenten (bestrahlt, Anti-CMV negativ) erforderlich sind, muß dies aufder Anforderung unbedingt angegeben werden, da es nicht automatisch erfolgen kann.

4. Entnahmedatum der Blutprobe. Die Blutentnahme muß nach der letzten Transfusion von Blut-komponenten erfolgt sein und darf nicht länger als 72 Stunden zurück liegen.

5. Name und Unterschrift des anfordernden Arztes

Das Probenröhrchen muß immer mit einer Anforderungskarte begleitet werden. Der unterschreibendeArzt haftet für die Übereinstimmung der Identität von Blutprobe und Patient.

Die Annahme von Untersuchungsmaterial mit unzureichend gekennzeichneten Röhrchen oder mitunvollständig ausgefüllten Begleitkarten muß wegen fehlender Identitätssicherung abgelehnt bzw.hieraus hervorgehende Befunde mit dem Vermerk ”ohne Gewähr” gekennzeichnet und herausgege-ben werden.

Blutgruppenbefunde dürfen wegen der Gefahr von Mißverständnissen nicht mündlich weitergegebenwerden. Sie werden als Duplikat an die anfordernde Station verschickt, sofern sie bereits in der ATMbekannt sind. Bei Zweifeln an der Patientenidentität müssen sie wiederholt werden.

3.3.3.2 Bei unbekannten Personalien des Patienten

Liegen bei Aufnahme des Patienten keine Personalien vor oder ist die Identität des Patienten unklar,dann erzeugt das Krankenhausinformationssystem der MHH (proKIM) für diese Person

� Etiketten mit barcodierter Notfall-I-Zahl.

Mit diesen Etiketten ist wie unter 3.3.3.1 zu verfahren. Zusätzlich werden das Probenröhrchen und dieAnforderungskarte gekennzeichnet mit:

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� dem Geschlecht der unbekannten Person� der Abnahmezeit einschließlich des Datums� einer ungefähren Altersangabe

da bei jüngeren Patientinnen auch bei großem Transfusionsbedarf nach Möglichkeit Rh(D) kompati-bles Blut zur Verfügung gestellt wird. Der unterschreibende Arzt haftet für die Übereinstimmung derIdentität von Blutprobe und Patient.

Sobald die Stammdaten des Patienten bekannt sind, werden diese der ATM mitgeteilt und eine Zweit-probe unter Bezug auf die Erstuntersuchung zur Befundkontrolle und Dokumentation zugeschickt.

3.3.4 Notfallanforderung von Blutkomponenten ohne Verträglichkeitsprobe

3.3.4.1 Identitätssicherung

Die Qualitätssicherung der Anwendung von Blutprodukten erfordert grundsätzlich eine schriftliche An-forderung. Diese dient der Identitätssicherung und einer lückenlosen Dokumentation. Bei telefonischenoder persönlichen Anforderungen von Blutprodukten treten häufig Übermittlungsfehler mit schwerwie-genden Fehltransfusionen im ABO System auf. So werden

� Patienten mit Namensähnlichkeiten verwechselt� Patienten mit falschen Geburtsdaten angegeben� Patientennamen bei der sprachlichen Übermittlung dermaßen verändert, daß sie in der EDV un-

auffindbar sind� I-Zahlen entweder falsch übermittelt oder nicht angegeben, da sie nicht bekannt seien.

Es muß daher im Interesse der Patienten und der transfundierenden Ärzte eine schriftliche Anforde-rung für Blutkomponenten vorliegen. Für die Notfallanforderung von Blutkomponenten ist der faxfä-hige Notfallanforderungsschein (Kapitel 3.3.1) vorgesehen. Die Benutzung dieses Formulars schütztden Patienten und den transfundierenden Arzt vor verhängnisvollen Irrtümern bei der Übermittlung vonPatientendaten und der damit verbundenen Bereitstellung von Blutprodukten ohne serologische Ver-träglichkeitsprobe. Parallel zum Versenden der Anforderung muß die ATM telefonisch über den Not-fall informiert und die Blutprobe für die nachträgliche Kreuzprobe mit der Originalanforderungskartezur ATM geschickt werden.

Falls aus technischen oder anderen nicht-vorhersehbaren Gründen keine Notfallanforderung gefaxtwerden kann, ist ausnahmsweise eine telefonische Anforderung mit nachträglicher schriftlicher An-forderung möglich (Notfalltelefon 9393). In diesen seltenen Ausnahmefällen muß die anfordernde Per-son, die möglichst eine ärztliche sein sollte, folgende Angaben durchgeben:

� Name des Patienten� Vorname des Patienten� Geburtsdatum + I-Zahl des Patienten (10-stellig), evtl. Notfall-I-Zahl� Station bzw. Op� Name der anfordernden Person

Zum Vermeidung von Irrtümern bzw. Mißverständnissen muß die das Telefonat entgegennehmendeMTA der ATM diese Angaben wiederholen. In der EDV der ATM wird die telefonische Anforderungdokumentiert. Falls bis zur Abholung der Blutkomponenten keine schriftliche Anforderung eingetroffenist, werden die Blutkomponenten bzw. die Begleitpapiere mit dem Warnhinweis „Ausgabe ohne Ge-währ, da Identität nicht gewährleistet“ gekennzeichnet. Die gleiche Regelung gilt für die Beschaf-fung von Blutkomponenten direkt an der Blutkomponentenausgabe der ATM.

In allen Ausnahmefällen der nicht-schriftlichen (telefonischen oder persönlichen) Anforderung vonBlutkomponenten ist eine umfassende Dokumentation erforderlich, insbesondere derjenigen Umstän-de, die dazu geführt haben, daß kein Notfallanforderungsbeleg gefaxt werden konnte. Diese Doku-mentation ist nachrichtlich dem Transfusionsverantwortlichen der MHH zuzusenden.

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3.3.4.2 Probennahme

Der minimale Zeitaufwand zur Durchführung einer Kreuzprobe für z.B. 8 EK beträgt mindestens 25Minuten nach Eintreffen der Blutproben in der ATM und kann auch bei geringeren Anforderungen (z.B.2-4 EK) nur um wenige Minuten verkürzt werden. Bei Notfalltransfusionen mit akutem Transfusionsbe-darf muß der transfundierende Arzt abschätzen, ob die Zeit für die Durchführung der Verträglichkeits-probe ausreicht. Wenn absehbar ist, daß diese Zeit nicht mehr zur Verfügung steht, muß der transfun-dierende Arzt das Risiko einer Transfusion ohne Sicherung durch die Verträglichkeitsprobe in Kaufnehmen. In diesem Fall erfolgt eine Notfallanforderung gemäß Kapitel 3.3.4.1 (Notfalltelefon 9393).Gleichzeitig muß eine Blutprobe mit Anforderungskarte für die Parallel- oder Nachkreuzung der EK andie ATM geschickt werden. Auf der Anforderungskarte für Blutkomponenten wird markiert „Notfall(ohne abgeschlossene Verträglichkeitsprobe)“. Die Blutkomponenten und der Begleitschein wer-den mit dem Warnhinweis „Ohne serologische Verträglichkeitskontrolle – Notfallanforderung“gekennzeichnet.

Blutgruppenbestimmungen, die im Zusammenhang mit einer Notfalltransfusion ohne abgeschlosseneKreuzprobe erforderlich werden, werden auf der Anforderungskarte „Laborleistung: Immunhämatolo-gie“ im Feld Dringlichkeit mit „Notfall“ gekennzeichnet.

3.4 Durchführung der Transfusion 3.4.1 Vorbereitende Kontrollen Der Arzt, der die Indikation zur Transfusion von Blutkomponenten stellt, ist in der Regel für die Trans-fusion einschließlich der Aufklärung und Einwilligung des Patienten verantwortlich. Falls der indikation-stellende Arzt die Transfusion nicht selber ausführt, muß sich der ausführende Arzt vergewissern, obdie Voraussetzungen zur Transfusion noch gegeben sind. Vorbereitende Kontrollen, die eine möglichstnebenwirkungsarme Transfusion von Blutkomponenten sicherstellen, werden vom transfundierendenArzt persönlich durchgeführt. Der transfundierende Arzt überprüft unmittelbar vor der Anwendung von Blutkomponenten: � die das Vorliegen der Einverständniserklärung� die korrekte Zuordnung der Präparate zum Patienten

� Abgleich Konservennummer auf der Konserve und dem Begleitschein� Abgleich Name, Vorname, Geburtsdatum zwischen dem Begleitschein und dem Patienten

� die Übereinstimmung bzw. Kompatibilität der ABO- und Rh (D)-Blutgruppe von Patient und Prä-parat

� den Verträglichkeitsbefund auf Unbedenklichkeit und Gültigkeit� das Verfallsdatum der Präparate� die Unversehrtheit der Präparate

� Beschädigung� Gerinnselbildung� Hämolysezeichen� Verfärbung� Kühlketteneinhaltung (Kapitel 8)� andere Auffälligkeiten

� die Bereitstellung von Eigenblutpräparaten, da diese zuerst angefordert und ggf. verbraucht wer-den müssen.

Bei Empfängern, die namentlich nicht identifiziert werden können, werden die Personalien durch ein-deutige Identifizierungsmerkmale gemäß 3.3.3.2 sichergestellt.

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3.4.2 Bedside-Test

Unmittelbar vor der Transfusion von Blutkomponenten, die ABO kompatibel transfundiert werden,muß vom transfundierenden Arzt oder vom Assistenzpersonal unter seiner direkten Aufsicht immerder Bedside-Test (AB0-Identitätstest) beim Empfänger von Blutkomponenten durchgeführt wer-den. Der Bedside-Test ist auch im Notfall unverzichtbar. Er dient der Bestätigung der zuvor bestimm-ten AB0-Blutgruppenmerkmale des Empfängers und der Überprüfung der Übereinstimmung bzw.Kompatibilität zwischen den ABO-Merkmalen des Empfängers und den zu transfundierenden Blut-komponenten. Das für den Bedside-Test verwendete Patientenblut wird unmittelbar vor jeder Transfu-sion direkt vor der Durchführung am Ort der Transfusion abgenommen. Das Ergebnis des Bedside-Tests wird schriftlich dokumentiert und in der Patientenakte archiviert.Nach adäquater Dokumentation kann die Bedside-Testkarte verworfen werden. Die Unterlassung desBedside-Tests und seiner Dokumentation gelten als Kunstfehler. Für Empfänger von Eigenblut wird der Bedside-Test sowohl mit dem Patientenblut als auch mit dem zutransfundierenden EK durchgeführt, dokumentiert und in der Patientenakte archiviert. (Abschnitt 4.6.1der Richtlinien der BÄK).

An der MHH sind Bedsidekarten der Fa. Medtro (Medtro-Karte NK4�) im Gebrauch. In den Vertiefun-gen der Bedsidekarten Vertiefungen sind monoklonale Antiseren (Anti-A in blau und Anti-B in gelb)unter einer durchstechbaren Celophanfolie vorgetropft. Es empfiehlt sich, die zu untersuchende Blut-probe vor Vermischung mit den Antiseren in physiologischer Kochsalzlösung mindestens 1:1 zu ver-dünnen. Dies erleichtert das Ablesen der Reaktionen. Nach Aufbringen der Erythrozytensuspensionwird die Karte zur Vermischung von Antiserum und Erythrozytensuspension kurz geschwenkt. Einepositive Reaktion ist an einer Agglutinationen der Patientenerythrozyten erkennbar.

Ableseschema:

Anti-A (blau) Anti-B (gelb) Blutgruppepositiv negativ Anegativ positiv Bpositiv positiv ABnegativ negativ 0

Der Patientenname und das Ergebnis der Ablesung werden handschriftlich auf der Karte fixiert. DieMedtro-Karte erleichtert die Dokumentation des Testes, da der Patientendokumentationsteil etiketten-artig abgezogen werden und leicht in die Patientenakte (z.B. Tageskurve) eingeklebt werden kann.Nach adäquater Dokumentation kann die Bedside-Testkarte verworfen werden.

3.4.3 Transfusionsbesteck

Die Transfusion von Blutkomponenten erfolgt nach Möglichkeit über einen eigenen venösen Zugangoder einen separaten Schenkel eines zentralvenösen Katheters. Die gleichzeitige Verabreichung vonMedikamenten oder Infusionslösungen über den selben Zugang ist wegen der Gefahr einer Gerin-nungsaktivierung oder Hämolyse zu vermeiden. Ist die Injektion von Medikamenten durch denselbenZugang unumgänglich, wird der Zugang vor und nach der Injektion des Mittels mit physiologischerKochsalzlösung gespült.

Die Zugabe von Medikamenten oder Lösungen ist ohne Ausnahme unzulässig. Das gilt aufgrundder Gefahr von Kontaminationen und Undichtigkeiten auch für den Zusatz physiologischer Kochsalzlö-sung zur Verdünnung von EK. Aufgrund der heutzutage üblichen Additivlösungen weisen EK nur nocheinen Hämatokrit von ca. 60 % auf und besitzen daher ausreichend gute Fließeigenschaften.

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3.4.3.1 Transfusionsbesteck mit Aggregatfiltern

Die Transfusion aller Blutkomponenten muß grundsätzlich über ein Transfusionsbesteck erfolgen.Transfusionsbestecke enthalten immer einen Aggregatfilter, der kleine Koagel oder Aggregate ausZellen bzw. Zelltrümmern zurückhalten kann. Aggregatfilter weisen eine Porengröße von 10-230 �mauf. Die heute übliche leukozytendepletierte Blutkomponenten erlauben den Einsatz der preiswerterenund großporigen 170 - 230 �m Transfusionsgeräte nach DIN 58360.

� Alle zellulären Blutkomponenten und GFP müssen über ein Transfusionsgerät mit Aggregatfilter(DIN 58360, Porengröße 170-230 �m) verabreicht werden.

� Mit einem Transfusionsbesteck eröffnete EK und TK müssen innerhalb von 6 Stunden transfun-diert werden.

� Mit einem Transfusionsbesteck eröffnete GFP müsen innerhalb von 2 Stunden transfundiert wer-den.

Die Vorbereitung einer Blutkomponente zur Transfusion (Versehen der Konserve mit dem Transfusi-onsbesteck, Bereitlegen der Begleitpapiere) kann durch qualifiziertes Assistenzpersonal erfolgen. Diesist in den „Pflegeleitlinien zum Umgang mit EK, GFP, und TK“ des Krankenpflegepersonals der MHHverbindlich festgelegt.

Plasmaderivate wie Albumin, Gerinnungsfaktoren, Immunglobuline werden nach Angaben der Her-steller appliziert und erfordern in der Regel kein Transfusionsbesteck. 3.4.3.2 Transfusionsbesteck mit Leukozytenfiltern

Transfusionsbestecke mit Leukozytenfiltern werden wegen der universellen Leukozytendepletion allerStandard-Blutkomponenten an der MHH seit Januar 2001 nicht mehr eingesetzt.

Im Gegensatz zu Mikroaggregatfiltern halten Leukozytenfilter Zellen mit großer Zuverlässigkeit und mitEinschränkung auch Zelltrümmer zurück. Die verfügbaren Leukozytenfilter senken den Leukozytenge-halt unter die für eine CMV Infektion oder eine Alloimmunisierung gegen Leukozytenantigene erforder-liche Dosis, den sog. CILL-Wert (critical immunological leucocyte level von 1�106 Leukozyten/Trans-fusionseinheit). Die Leukozytendepletion kann als Bedside- oder als Inline-Filtration durchgeführt wer-den.

� Bedside-Filtration: Entfernung der Leukozyten einer leukozytenhaltigen Blutkomponente bei derTransfusion. Bedside-Filter werden seit Einführung der universellen Leukozytendepletion allerStandard-Blutkomponenten an der MHH seit Januar 2001 nicht mehr eingesetzt.� Bedside-Filter für EK (in der Regel rot beschriftet) reduzieren Leukozyten und Thrombozyten

um den Faktor 104-105. � Bedside-Filter für TK (in der Regel blau beschriftet) entfernen Leukozyten und in geringem

Maße Thrombozyten (ca. 10 %). � Bedside-Filter für GFP gelten als ineffektiv.

� Inline-Filtration: Entfernung der Leukozyten einer Blutkomponente bereits während der Herstel-lung. Seit Januar 2001 werden EK und TK an der MHH ausschließlich leukozytendepletiert einge-setzt.

3.4.4 Anwärmen von Blutkomponenten

Im Regelfall werden Erythrozytenkonzentrate nicht angewärmt. Bereits nach 30 Minuten außerhalb derKühlung kann die Präparatetemperatur 10°C erreichen. Das Aufwärmen von Erythrozytenkonzentratenauf maximal 37°C bleibt auf spezielle Indikationen beschränkt. Wird ein erwärmtes Erythrozytenkon-zentrat innerhalb von 6 Stunden nicht transfundiert, wird es in der ATM verworfen. Eine längere odererneute Lagerung ist nicht möglich.

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Gefrorenes Frischplasma muß unmittelbar nachdem es vollständig aufgetaut ist, transfundiert werden.Eine Erwärmung über den Auftauprozeß hinaus reduziert die Aktivität lagerungslabiler Gerinnungs-faktoren wie F.VII (HWZ ca. 1,5-6 Stunden), F.VIII (HWZ 8-12 Stunden) und von Willebrand-/Risto-cetin-Cofaktor (HWZ 6-12 Stunden). In einigen Ausnahmefällen kann eine Erwärmung von Blutkomponenten indiziert sein:

� klinisch relevante Kälteautoantikörper (Kälteagglutinine)� paroxysmale Kältehämoglobinurie� Massivtransfusionen bei Neugeborenen und Kleinkindern� Massivtransfusionen mit einem Transfusionsvolumen von mehr als 50 ml EK/Minute� Patienten mit Unterkühlung (Erfrierungen)� Patienten, die auf Kältereiz mit einem Vasospasmus reagieren

Die Erwärmung von Blutkomponenten darf nur mit hierfür zugelassenen zertifizierten Anwärmgerätedurchgeführt werden, die Temperatur von 37°C wird nicht überschritten. Behelfsmäßige Maßnahmenzum Auftauen und Anwärmen von Blutkomponenten, z.B. Wasserbäder, dürfen wegen der Gefahr vonHämolysen und Kontaminationen durch Mikroorganismen nicht eingesetzt werden. Für das Auftauenvon GFP ist an der MHH das Gerät Plasmatherm� der Fa. Barkey etabliert. Für die Erwärmung von EKwird ein Gerät der Fa. Astotherm eingesetzt. Das Erwärmen von TK ist in der Regel nicht sinnvoll, dadieses Blutprodukt grundsätzlich bei Raumtemperatur gelagert wird.

Die Bedienungsanleitung ist zu beachten. Die Funktionstüchtigkeit der Geräte ist regelmäßig zu über-prüfen und zu dokumentieren. Alle verwendeten Geräte müssen den Vorschriften des aktuellen Medi-zinproduktegesetzes entsprechen. Sie müssen regelmäßig nach Plan gewartet werden. Störungen undReparaturen sind auf dafür vorgesehenen Protokollen zu dokumentieren. 3.4.5 Einleitung, Dauer, Überwachung und Nachsorge Jede Bluttransfusion muß durch den transfundierenden Arzt persönlich eingeleitet werden. DerArzt muß sich vergewissern, daß der Patient seine Einwilligung zur Transfusion nicht zurückzieht undsollte dies auf derm „Begleitschein für Blutkomponenten“ dokumentieren. Die Gebrauchs- undFachinformationen des Herstellers sowie die Hygienevorgaben der MHH zur Vermeidung von Konta-minationen der Anstechöffnung oder der Punktionsstelle sind zu beachten. Blutbeutel werden niemalszum Zwecke der Belüftung geöffnet oder mit einer Kanüle angestochen.

Der Patient ist, soweit möglich, über Anzeichen von Nebenwirkungen vor Einleitung der Transfusion zuinformieren und darauf hinzuweisen, sich bei Anzeichen von Nebenwirkungen zu melden. Es mußsichergestellt werden, daß es dem Patienten möglich ist, sich während der Transfusion zu melden.Während und nach der Transfusion stellt der transfundierende Arzt eine geeignete Überwachung si-cher. Die Überwachung kann engmaschig durch qualifiziertes Pflegepersonal erfolgen. Ein qualifizier-ter Arzt muß jedoch jederzeit so erreichbar sein, daß er bei Komplikationen sofort intervenieren kann.Bei Auftreten einer Nebenwirkung ist die Transfusion sofort zu unterbrechen bzw. abzubrechen undder transfundierende Arzt zu benachrichtigen. Auffälligkeiten, die im Zusammenhang mit der Transfu-sion stehen, werden diagnostiziert, bewertet und ggf. behandelt sowie dokumentiert (Kapitel 5 und 6).

Transfusionen sollten zügig durchgeführt werden. Für Patienten mit kardialen Erkrankungen kann esjedoch aufgrund der erheblichen Volumenbelastung angezeigt sein, die Transfusionen über vieleStunden durchzuführen. Die nachfolgenden Richtwerte gelten für kardial gesunde Erwachsene ohnebesondere Volumenbelastungsprobleme.

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Dauer der Transfusion

Produkt Zeit in MinutenErythrozytenkonzentrat (EK) 45Gefrorenes Frischplasma (GFP) 15Thrombozytapheresekonzentrat (TK) 15Granulozytapheresekonzentrat (GK) 60 Nach Beendigung der Transfusion wird auf unerwünschte Ereignisse durch den transfundierenden Arztoder durch geschultes Assistenzpersonal unter dessen Aufsicht geachtet. Patienten, denen Blutkom-ponenten transfundiert wurden, bleiben mindestens 1 Stunde nach Transfusion unter Beobachtung.Ambulanten Patienten sind für den Fall späterer Unverträglichkeitssymptome Verhaltensmaßregelnmitzugeben. Das Behältnis mit dem Restblut der übertragenen Blutkomponente ist zusammen mit dem Transfusi-onsbesteck, das vom Blutbeutel nicht getrennt wird, mit fest verknotetem Transfusionsschlauch min-destens 24 Stunden bei 2°C bis 8°C zur Abklärung später auftretender Transfusionsreaktionen auf-zubewahren. Alle transfundierten Blutprodukte – auch bei Abbruch der Transfusion – sind entsprechend § 14 TFGpatienten- und produktbezogen zu dokumentieren. Die Verträglichkeit, die Wirksamkeit sowie uner-wünschte Wirkungen werden vom transfundierenden Arzt oder von geschultem Assistenzpersonalunter seiner direkten Aufsicht auf dem „Begleitschein für Blutkomponenten“ und dem „Transfusionsbe-richt“ dokumentiert. � Begleitschein für Blutkomponenten für die Patientenakte

Für die Dokumentation der Transfusion in der Patientenakte. Es werden handschriftlich Ort, Datumund Uhrzeit der Transfusion dokumentiert und durch Unterschrift bestätigt. Das Feld „Bemerkun-gen“ steht zur Dokumentation von Auffälligkeiten während der Transfusion zur Verfügung.

� Transfusionsbericht für die ATMFür die zentrale EDV-Dokumentation der Transfusion in der ATM. Es werden Ort, Datum und Uhr-zeit der Transfusion durch Strichmarkierungen festgehalten und durch Unterschrift bestätigt. DieStrichmarkierung „Transfusion eingeleitet“ ist bereits vormarkiert (geschwärzt: � ).

Es ist sinnvoll, daß der transfundierende Arzt beide Karten (Begleitschein für Blutkomponenten undTransfusionsbericht) beim Anlegen der Transfusion sofort unterschreibt. Die Durchführung der Trans-fusion ist bei diesem Vorgehen in jedem Fall ausreichend dokumentiert. Kommt es nach der Unter-schrift zu einem auffälligen Ereignis im Sinne einer Transfusionsreaktion, so kann dies vom gleichenoder einem nachfolgenden Arzt nachträglich handschriftlich durch diesbezügliche Angaben im Bemer-kungsfeld der Karte „Begleitschein für Blutkomponenten“ dokumentiert werden. Die Dokumentation muß auch bei Abbruch der Transfusion erfolgen. Nichtangewendete Blutkompo-nenten sind zur lückenlosen Dokumentation ihres Verbleibs an die ATM zurückzuschicken. Die Maßnahmen bei Auftreten unerwünschter Ereignisse sind zu beachten (Kapitel 5). Zur Abklärungunerwünschter Ereignisse ist die Anforderungskarte „Transfusionsreaktion“ zu verwenden. Die Melde-pflichten sind zu beachten (Kapitel 6). 3.5 Biologische Vorprobe nach Oehlecker Auf Anordnung der ATM muß gelegentlich im Rahmen einer Transfusion eine biologische Vorprobenach Oehlecker erfolgen, wenn in vitro keine Verträglichkeit der Blutkomponente ermittelt werdenkann. Die Anordnung wird durch den Hinweis: „Konserven nach biologischer Vorprobe langsamunter ständiger Aufsicht transfundieren“ auf dem Begleitschein für Blutkomponenten schriftlichmitgeteilt.

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Dazu werden zunächst 10-20 ml der Blutkomponente rasch transfundiert. Der Transfusionsschlauchwird dann abgeklemmt und der Patient 15 Minuten auf subjektive und objektive Symptome einer mög-lichen Transfusionsreaktion beobachtet. Treten keine Symptome auf, werden erneut 20-30 ml Blutrasch transfundiert, danach wird die beabsichtigte Tropfgeschwindigkeit eingestellt und der Patientweitere 15 Minuten beobachtet. Bei Symptomfreiheit kann die Blutkonserve unter regelmäßiger Beob-achtung weiter transfundiert werden. Das Ergebnis dieser Probe ist in der Krankenakte zu dokumentie-ren. Mit diesem biologischen Testverfahren werden nur (hämolytische) Sofortreaktionen erkannt.

3.6 Notfallausweis

Bei zu erwartendem Transfusionsbedarf (z.B. bei Hämophiliepatienten) sowie bei Vorliegen von irre-gulären Erythrozytenantikörpern wird von der ATM ein Notfallausweis mit Blutgruppen- und ggf.Antikörperbefund ausgestellt und der Station zugesandt. Bei Vorliegen eines Antikörperbefundes istder Patient hierüber aufzuklären. Es soll darauf hingewiesen werden, daß

� er den Ausweis immer bei sich tragen soll,� Erythrozytenantikörper lebenslang bei Transfusionen berücksichtigt werden müssen,� der Ausweis daher bei absehbarem Transfusionsbedarf immer dem behandelnden Arzt vorgelegt

werden muß.

Bei erstmalig in der MHH behandelten Patienten muß der anfordernde Arzt diesen Befund bei der An-forderung von erythrozytenhaltigen Blutkomponenten auf der Anforderungskarte vermerken.

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4. Notfalltransfusion

4.1 Definition

Eine Transfusion, die keinen zeitlichen Aufschub oder keine Zeit für vorbereitende Untersuchungenzulässt, rechtfertigt die Bezeichnung „Notfalltransfusion“. Die Indikation für Notfalltransfusionen werdenvom behandelnden Arzt sehr streng gestellt. Die Verantwortung für das erhöhte Transfusionsrisikoeiner Notfalltransfusion liegt beim transfundierenden Arzt. Entsprechend der klinischen Situation sindfolgende Dringlichkeitsstufen möglich:

1. Die Blutprobe wird unverzüglich bearbeitet, die Blutkomponenten werden bei Vorliegen des Blut-gruppenergebnisses sofort zur anfordernden Stelle geschickt, das Ergebnis der Verträglichkeits-probe wird unverzüglich nachgereicht.

2. Erythrozytenkonzentrate der Blutgruppe O Rh(D) negativ werden sofort bereitgestellt und ohneVorliegen der Blutgruppenbestimmung und der Verträglichkeitsprobe transfundiert. Bei bekannterBlutgruppe des Patienten wird möglichst ABO, Rh(D) blutgruppengleich transfundiert.

4.2 Durchführung

� Die Anforderung von Blutkomponenten zur Notfalltansfusion erfolgt gemäß 3.3.4 unter besondererBeachtung der Maßnahmen zur Identitätssicherung.

� Der Probentransport und der Transport der Blutkomponenten haben unverzüglich durch denTransportdienst der MHH zu erfolgen. Die Mitarbeiter des Transportdienstes müssen in die beson-dere Situation des Notfalltransports von Probenröhrchen und Blutkomponenten dokumentiert ein-gewiesen sein.

� Die Ergebnisse der Verträglichkeitsprobe werden unverzüglich nachgereicht; bei Auffälligkeitenwird der transfundierende Arzt unverzüglich telefonisch unterrichtet und die Transfusion ggf. abge-brochen.

� Vor der Transfusion ist auch in Notfallsituationen ein Bedside-Test gemäß 3.4.2 durchzuführen.

4.3 Transfusion von Rh(D) inkompatiblen Blutkomponenten

Besteht in Notfallsituationen gleichzeitig ein Versorgungsengpaß oder bestehen Versorgungsengpäs-se, die durch Beschaffung von Blutkomponenten aus anderen Einrichtungen nicht gelöst werden kön-nen und eine medizinisch nicht vertretbare Verzögerung der Behandlung nach sich ziehen würde, wer-den nach Rücksprache mit dem transfundierenden Arzt Patienten mit der Blutgruppe Rh(D) negativ mitRh(D) positiven Erythrozytenkonzentraten versorgt.

Voraussetzung ist, daß

� soweit möglich, vor Transfusion ein Antikörperstatus vorliegt, der das Vorhandensein eines Anti-körpers der Spezifität Anti-D ausschließt,

� anamnestische Befunde, soweit vorhanden, keinen Hinweis auf ein Immunisierungsereignis oderauf das Vorliegen eines Antikörpers der Spezifität Anti-D geben,

� die Umstellung mit Angabe des Grundes in der Patientenakte dokumentiert wird,� der Patient sowie sein Hausarzt in Kenntnis gesetzt werden, da 2-4 Monate nach der Transfusion

ein Antikörpersuchtest veranlaßt werden muß.

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4.4 Massivtransfusionen

Bei Massivtransfusionen von > 10 EK innerhalb von 10 Stunden oder einer Transfusiongeschwindigkeit> 50 ml/min besteht die Gefahr der Unterkühlung. EK werden für Massivtransfusionen daher in dafürvorgesehenen Anwärmgeräten erwärmt (Kapitel 3.4.4).

Eine ausschließliche Versorgung Rh(D) negativer Patienten mit Rh(D) negativen EK ist bei Mas-sivtransfusionen häufig nicht möglich (Kapitel 4.3).

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5. Unerwünschte Wirkungen von Blutprodukten

5.1 Definition

Transfusionen können kurzfristig oder langfristig unerwünschte Wirkungen verursachen. Kurzfristigeunerwünschte Wirkungen, die innerhalb von Minuten bis einigen Tagen auftreten, werden unter demBegriff Transfusionsreaktion zusammengefaßt. Langfristige unerwünschte Wirkungen umfassen dieTransfusionssiderose, transfusionsassoziierte Infektionen und die transfusionsassoziierte GvHD.

� Unerwünschtes EreignisAlle Komplikationen, auch wenn ein Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten nichtunmittelbar erkennbar ist.

� Verdacht einer NebenwirkungZeitnaher Zusammenhang der Nebenwirkung mit der Verabreichung von Blutprodukten, Ursacheder Nebenwirkung durch die Gabe von Blutprodukten wahrscheinlich.

� Verdacht einer schwerwiegenden NebenwirkungDie Nebenwirkung ist tödlich oder lebensbedrohend, führt zur Arbeitsunfähigkeit oder einer Behin-derung, hat eine stationäre Behandlung oder eine Verlängerung der stationären Behandlung zurFolge.

5.2 Verantwortlichkeiten

Bei Auftreten einer unerwünschten Wirkung während der Transfusion ist diese sofort zu unterbrechenbzw. abzubrechen und der transfundierende Arzt zu benachrichtigen. Dieser entscheidet über weitereMaßnahmen. Bei jedem unerwünschten Ereignis bei oder nach der Applikation von Blutprodukten mußein Zusammenhang mit deren Anwendung in Betracht gezogen werden. Besteht der Verdacht einerKausalität, werden die weitere Abklärung sowie die Verfahren zur Umsetzung der Meldepflichten ein-geleitet (Kapitel 6).

Jede diagnostizierte UAW wird dem Transfusionsbeauftragten und dem diensthabenden Arzt derATM (Telefon 2075, Pieper 74-2189) gemeldet, die über das weitere Vorgehen entscheiden:

� Einleitung erforderlicher Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern und Verwechslungen� Einleitung gesetzlich vorgeschriebener Meldepflichten (Kapitel 6)

5.3 Sofortmaßnahmen

Bei Verdacht auf eine transfusionsassoziierte Nebenwirkung werden folgende Sofortmaßnahmen ein-geleitet:

� Unterbrechen bzw. abbrechen der Transfusion� Zugang belassen, symptomatische Therapie nach Klinik� Identitätssicherung des Patienten� Probennahme für Laboruntersuchungen und unverzügliche Weitergabe� Beurteilung des Zusammenhangs mit der Transfusion� Dokumentation auf dem Begleitschein für Blutkomponenten

5.4 Dokumentation

Die Dokumentation einer Transfusionsreaktion ist Aufgabe des transfundierenden Arztes. Die Sym-ptomatik muß so protokolliert werden, daß eine Klassifikation der Reaktion möglich ist und die Aufklä-rung der Reaktion erleichtert wird.

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Unerwünschte Wirkungen, die sich einem Blutprodukt zuordnen lassen, werden vom transfundieren-den Arzt auf dem „Transfusionsbericht“ dokumentiert und der ATM unverzüglich zusammen mit derAnforderung zur Abklärung der Transfusionsreaktion mit der Anforderungskarte „Transfusionsreaktion“zugesandt (Kapitel 5.5). Zusätzlich ist ein UAW-Berichtsbogen „Unerwünschte Arzneimittelwirkung“ zurSymptomatik, Diagnostik und Therapie ist zu führen, nach Abschluß der Dokumentation in der Patien-tenakte abzulegen sowie dem Transfusionsbeauftragten und dem Transfusionsverantwortlichen zuzu-senden. Die Dokumentation ist Voraussetzung zur Erfüllung der gesetzlichen Unterrichtungspflichten(Kapitel 6). Die Aufzeichnungen werden mindestens 15 Jahre aufbewahrt.

5.5 Abklärung einer Transfusionsreaktion

5.5.1 Erforderliche Materialien Zur Anforderung der Abklärung einer Transfusionsreaktion wird die Anforderungskarte „Transfusions-reaktion“ verwendet und der ATM mit den nachfolgende Materialien umgehend zugesandt:

� die betroffenen Blutkomponenten� prätransfusionelles Blut des Patienten� posttransfusionelles Blut des Patienten

� 7,5 ml EDTA-Blut (= 1 große rote Monovette)� 7,5 ml Nativblut (= 1 große weiße Monovette)

� Transfusionsbericht mit Angabe der Menge der transfundierten Blutkomponente Auch folgenlos gebliebene Fehltransfusionen müssen zur Verhütung „gepaarter Verwechslun-gen" unverzüglich der ATM mitgeteilt werden. So kann die z.B. bei Namensgleichheit versehentlicheTransfusion eines EK der Blutgruppe O auf einen Patienten der Blutgruppe A folgenlos bleiben, wäh-rend die Transfusion eines EK der Blutgruppe A auf einen Patienten der Blutgruppe 0 fatale Folgenhaben kann.

5.5.2 Durchgeführte Untersuchungen

Nach Symptomatik des unerwünschten Ereignisses erfolgt eine differenzierte Abklärung. Die Diagno-stik der ATM zur Abklärung des Zwischenfalls umfaßt: � Bei Urtikaria ohne weitere Reaktionen: � Registrierung des Zwischenfalls ohne weitere Diagnostik

� Bei febriler nicht-hämolytischer Transfusionsreaktion und Verdacht auf Transfusionssep-sis:

� Überprüfung der Blutgruppe des Patienten mit prä- und posttransfusionellem Blut � Überprüfung der Blutgruppe der Blutkomponente � Überprüfung der Verträglichkeitsprobe mit prä- und posttransfusionellem Blut � Überprüfung der Sterilität der Blutkomponente� Suche nach Antikörper-beladenen Erythrozyten im direktem Coombstest mit posttransfusionellem

Blut � Suche nach Anti-HLA-Antikörper mit posttransfusionellem Blut� Suche nach Anti-HPA-Antikörpern bei Thrombozytentransfusionen mit posttransfusionellem Blut

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� Bei hämolytischer Transfusionsreaktion: � Überprüfung der Blutgruppe des Patienten mit prä- und posttransfusionellem Blut� Überprüfung der Blutgruppe der Blutkomponente� Überprüfung des Serums auf Hämolyse (visuell), ggf. Bestimmung des freien Hämoglobins� Überprüfung der Sterilität der Blutkomponente� Überprüfung der Verträglichkeitsprobe mit prä- und posttransfusionellem Blut� Suche nach Antikörper-beladenen Erythrozyten im direktem Coombstest mit posttransfusionellem

Blut

� Bei Verdacht auf Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz: � Suche nach Granulozytenantikörpern beim Empfänger und Spender der Blutkomponente

� Bei Verdacht auf transfusionsassoziierte Hyperkaliämie: � Überprüfung des K+-Gehaltes und des freien Hämoglobins des EK� Überprüfung der Sterilität der Blutkomponente

5.5.3 Abschluß der Abklärung Die anfordernde Station erhält nach Abschluß der Untersuchungen einen Bericht über die Abklärungder Transfusionsreaktion. Dieser ist in der Patientenakte abzulegen. Die ATM nimmt in Absprache mitdem Transfusionsbeauftragten der jeweiligen Abteilung eine abschließende Bewertung vor. Die ATMentscheidet je nach Ursache des unerwünschten Ereignisses über: � Maßnahmen zur Vermeidung von Transfusionszwischenfällen gleicher Ursache� Art und Umfang der Meldung an den Hersteller bzw. die zuständige Bundesoberbehörde (Paul-

Ehrlich-Insitut, PEI)

5.6 Ätiologie und Klinik immunologischer Transfusionsreaktionen

5.6.1 Ursachen immunologischer Transfusionsreaktionen Immunologische Reaktionen im Sinne akuter hämolytischer Transfusionsreaktionen (Sofortreaktionen)sind fast immer vermeidbar. Verwechslungen von Patienten bzw. Blutproben, Mißachtung anerkannterRegeln im Umgang mit Blutprodukten (z.B. Bedsidetests), sowie technische Unzulänglichkeiten derAnwender stehen im Vordergrund. Alle anderen immunologischen Transfusionsreaktionen sind in der Regel nicht vermeidbar. Sie sindauf Reaktionspartner zurückzuführen, die vorübergehend unter der Nachweisgrenze liegen bzw. garnicht (z.B. Antikörper gegen IgA u.a. Plasmaproteine) oder nur sporadisch (z.B. Antikörper gegen Leu-kozyten- oder Thrombozytenantigene) getestet werden bzw. treten im Rahmen von unerläßlichenMassivtransfusionen auf. 5.6.2 Symptome immunologischer Transfusionsreaktionen Die Symptomatik von Transfusionsreaktionen ist vielgestaltig. Allgemeines Unwohlsein und Unruhe,Schwindelgefühl, Hautausschläge, meist gepaart mit Juckreiz, Schweißausbruch, Fieber mit und ohneSchüttelfrost, Übelkeit (gelegentlich auch Erbrechen), Kopfschmerzen, plötzliche Rückenschmerzen(Lendenwirbelbereich), bzw. diffuse (Unter)-Bauchschmerzen, Dyspnoe, Bronchospasmus, Tachyp-noe, Tachycardie, Blutdruckabfall (>20 mmHg), Kollaps, Schock, Hämoglobinurie, diffuse Blutungsnei-gung (vor allem bei operativen Eingriffen), Ikterus, Purpura, inadäquater oder ausbleibender Transfu-sionserfolg sind als Symptome beschrieben. Dabei lassen sich bestimmte Symptome bestimmtenTransfusionsreaktionen zuordnen.

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� Ikterus mit inadäquatem Transfusionserfolg: verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion� Plötzliche Rückenschmerzen oder (vor allem bei Kindern) plötzliche diffuse Bauchschmerzen wäh-

rend Transfusion evtl. Frühsymptom einer hämolytischen Sofortreaktion� Hämoglobinurie und diffuse Blutungsneigung bei operativen Eingriffen sind evtl. die einzigen

(Spät)Symptome einer hämolytischen Sofortreaktion 5.6.3 Hämolytische Transfusionsreaktionen (Sofortreaktion) Die hämolytische Transfusionsreaktion (HTR) tritt als Sofortreaktion während oder kurz nach derTransfusion von Erythrozyten auf. Sehr selten kommt es aufgrund hoher Isohämolysintiter des Spen-ders auch im Rahmen der Gefrierplasma- oder Thrombozytentransfusion zur Hämolyse. Die Inzidenztransfusionsassoziierter hämolytischer Ereignisse wird mit 1:30000 bis 1:80000 angegeben. Meisthandelt es sich um eine komplementaktivierende Fehltransfusion im ABO-System. Hämolytische So-fortreaktionen mit komplementaktivierenden irregulären Antikörpern wie Anti-Vel, Anti-Tja u.a. Antikör-perraritäten aus dem P-Blutgruppensystem, Anti-Lan und Anti-Kidd (meist Anti-Ika) lassen sich trotzsensitiver Kreuzprobentechnik nicht immer vermeiden. Die häufigsten klinischen Symptome beim wachen Patienten sind Fieber, Schüttelfrost, Schweißaus-bruch, Kopfschmerzen, Tachycardie, Tachypnoe, Brust-, Bauch- und/oder Flankenschmerzen, Blut-druckabfall (gel. auch Blutdruckkrisen) und Zyanose. In vielen Fällen werden die Kliniker allerdings erstdurch den roten Urin (Hämoglobinurie) auf die Fehltransfusion aufmerksam. In schweren Fällen kannes zur Ausbildung eines Schocks und Bewußtlosigkeit kommen, die relativ häufig zum Tode führen.Bei bewußtlosen (narkotisierten) Patienten können Blutdruckabfall, Hämoglobinurie, Blutungsneigung(z.B. diffuse Blutung im Operationsgebiet) infolge Gerinnungsstörung Zeichen einer hämolytischenSofortreaktion sein. Sofortmaßnahmen: � sofortige Beendigung der Transfusion unter Beibehaltung des venösen Zugangs (ggf. Legen eines

zentralen Venenkatheters)� Sicherstellung der Blutkonserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion,

Feststellung der Menge des transfundierten Blutes� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung, Blut-

bild, Gerinnungsstatus, Blutgasanalyse (BGA)� Bei Hypotension Volumenzufuhr (Infusion von 1000 ml einer Vollelektrolytlösung, weitere Volu-

mengaben je nach zentralvenösem Druck verabreichen)� bei Schock 1-3 ml einer 0,01%igen Adrenalin-Lösung langsam i.v. (5-10 µg/Minute), bei Herzstill-

stand werden 5-10 ml einer 0,01%igen Adrenalin-Lösung i.v. injiziert. Ggf. sind Adrenalininfusionen(10-100 ng/Minute) notwendig.

� Kortikosteroidgabe i.v. (250 mg Methylprednisolon)� Dopamin in Nierendosis (1-3 µg/kg KG/Minute)� Natriumbicarbonat-Gabe nach BGA� Heparingabe (2000 IE als Bolus i.v., danach 500 IE/Stunde)� Urinausscheidung sollte durch Volumengabe und Diuretika gesteigert werden� bei persistierender Oligo-/Anurie Dialysebehandlung� in besonders schweren Fällen (Fehltransfusion von � 6 EK) evtl. Austauschtransfusion (nur in Ab-

sprache mit der ATM)� Veranlassung der serologischen Nachuntersuchung in der ATM

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5.6.4 Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen sind in der Regel nicht vermeidbar und treten imLaufe von Tagen bis zu 2 Wochen nach der Transfusion von Erythrozyten auf. Sie werden meist durchAlloantikörper verursacht, die zum Zeitpunkt der Transfusion unter der serologischen Nachweisgrenzeliegen und daher bei der Kreuzprobe bzw. dem Antikörpersuchtest nicht auffallen. Differentialdiagno-stisch kommen Alloantikörper in Betracht, die im Bereich der serologischen Nachweisgrenze liegenund trotz (schwacher) Nachweisbarkeit serologisch nicht detektiert werden. Dies kann auf technischenUnzulänglichkeiten in der ATM beruhen. Allerdings muß man auch an Probleme bei der Probenent-nahme denken. So kann es bei Manipulationen an ZVK, bei intensivmedizinischer Betreuung mit er-heblicher parenteraler Flüssigkeitszufuhr (insbesondere parenterale Ernährung) sowie bei schwerenBlutungen mit massiver Volumensubstitution vorübergehend zu einer erheblichen Verdünnung desKreuzprobenserums (und damit des Antikörpers) kommen. Da Heparin in vitro die Komplementaktivie-rung behindert, sollte eine Blutentnahme für Kreuzprobenzwecke vor intravenöser Heparinapplikationerfolgen. Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen müssen daher als immunologisches (serologisches)Restrisiko der Transfusionsmedizin angesehen werden. Der Patient muß im Rahmen seiner Aufklä-rung hierauf hingewiesen werden. Auch Antikörper, die unter der Nachweisgrenze der serologischen Verträglichkeitsprobe gelegen ha-ben, erreichen ca. 2-7 Tage nach der Transfusion im Rahmen einer Boosterreaktion eine Konzentrati-on, die zum beschleunigten Abbau der jetzt nachweisbar inkompatiblen Erythrozyten führt. Die Sym-ptomatik der einsetzenden Hämolyse hängt in erster Linie von der Reaktionslage des Immunsystems(Stärke der Boosterreaktion) des Patienten, von der Zahl der Transfusionen mit dem betreffendenErythrozytenantigen, und dem komplementaktivierenden Potential des Antikörpers ab. Da die meistenErythrozytenantikörper, die verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen verursachen, kein odernur in geringem Maße Komplement aktivieren und da in der Mehrzahl dieser Fälle nicht mehr als 4 EKtransfundiert werden, ist die Hämolyse meist mild (leichter Anstieg der LDH und des indirekten Biliru-bins, meist nur Sklerenikterus) und erfordert keine intensivtherapeutischen Maßnahmen. Ein unzurei-chender Hb-Anstieg nach Transfusion, der durch sonstige klinische Befunde nicht erklärbar ist, kannu.U. der einzige klinische Hinweis auf eine Unverträglichkeitsreaktion vom verzögerten Typ sein. To-desfälle können vorkommen, wenn der Patient bereits vor der Transfusion intensivpflichtig war undgroße Mengen inkompatibler Erythrozyten in kurzer Zeit (> 8 EK in 24 Stunden) transfundiert wurden. Sofortmaßnahmen � Sofortige Information der ATM zur Einleitung der Antikörperdiagnostik� Sicherstellung der Blutkonserven (wenn noch vorhanden) und nach Möglichkeit von Blutproben vor

und nach Transfusion� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung,

Überwachung der Nierenfunktion, Blutbild, Gerinnungsstatus, evtl. BGA� Sicherung und Verlaufsbeobachtung der Hämolyse� Bei weiterer Transfusionspflichtigkeit sorgfältige Kontrolle der Transfusion und des Transfusi-

onserfolgs

Patienten mit stattgehabter verzögerter hämolytischer Transfusionsreaktion bilden zusätzlich zu dengeboosterten Antikörpern häufig weitere erythrozytäre Alloantikörper. Ein Teil der Patienten entwickeltaußerdem Autoantikörper, die noch nach 12-18 Monaten nach der Transfusion nachweisbar sein kön-nen. Diese Autoantikörper sind meist nur von geringer klinischer Bedeutung, können jedoch gelegent-lich hartnäckige Hämolysen mit längerem Verlauf unterhalten. Aus diesen Gründen sollte bei Patientenmit verzögerter hämolytischer Transfusionsreaktion die Indikation für weitere Transfusionen mit größ-ter Zurückhaltung gestellt werden. In diesen Fällen ist großzügige Eisensubstitution (auch i.v.), evtl.sogar die vorübergehende Anwendung von Erythropoetin angebracht.

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5.6.5 Posttransfusionspurpura

Die Posttransfusionspurpura (PTP) ist ein seltenes Krankheitsbild, das sich in der Regel 7-10 Tagenach EK-Substitution einstellt und mit einer intravasalen Thrombolyse einhergeht. Dabei kommt estransfusionsbedingt zur Induktion von Alloantikörpern gegen Thrombozytenantigene (Spezifität meistAnti-HPA-1a, Frequenz des Alloantigens ca. 98 %), die sich zusätzlich auch an die autologen Throm-bozyten des Transfusionsempfängers binden (Ursache unklar) und diese komplementabhängig lysie-ren. Klinisch manifeste Fälle von PTP verlaufen häufig mit schwerer Thrombozytopenie und ausge-prägter Blutungsneigung. Bei Verdacht auf PTP ist Zurückhaltung bei Thrombozytentransfusio-nen geboten, da sie über die Antikörperstimulation das Krankheitsbild erschweren und in der Regelklinisch ineffektiv sind. Ein Therapieversuch mit hochdosiertem Immunglobulin (mit oder ohne Cortico-steroide) ist gerechtfertigt. 5.6.6 Nichthämolytische Transfusionsreaktionen

Diese beruhen in der Mehrzahl der Fälle auf immunologischen Reaktionen, deren Reaktionspartnerentweder gar nicht (z.B. Antikörper gegen IgA u.a. Plasmaproteine) oder nur sporadisch (z.B. Antikör-per gegen HLA-, Granulozyten- oder Thrombozytenantigene) getestet werden.

5.6.6.1 Febrile, nicht-hämolytische Transfusionsreaktionen Febrile, nicht-hämolytische Transfusionsreaktionen (FNHTR) sind die häufigsten Transfusionsreaktio-nen überhaupt. Sie sind definiert als Temperaturanstieg von �1°C auf mindestens 38°C ohne Infekt-zeichen während oder bis zu 48 Stunden nach Transfusion. Sie gehen meist von Antikörpern gegenLeukozyten- (HLA-) bzw. Thrombozytenantigene des Spenders aus. Klinisch imponieren Fieberschübe mit oder ohne Schüttelfrost. Temperaturen von 39°C werden seltenüberschritten, was als Abgrenzung gegenüber Fieberschüben bei Infekten bzw. Transfusionssepsisherangezogen werden kann. Thrombozytentransfusionen sind häufiger von FNHTR betroffen. Neben Antikörpern gegen Leuko-zyten- (HLA-) bzw. Thrombozytenantigene spielt die lagerungsbedingte thrombozytäre Cytokinfreiset-zung eine Rolle. FNHTR mit älteren TK sind häufig Folge dieser Cytokinfreisetzung. AusbleibenderTransfusionserfolg im Zusammenhang mit einer FNHTR, nicht selten kombiniert mit einem gleichzeiti-gen Leukozytenabfall, sind wichtige klinische Hinweise auf das Vorliegen von Leukozyten- (HLA-) bzw.Thrombozytenantikörpern. Sofortmaßnahmen � Stopp der Transfusion, Untersuchung des venösen Zugangs (Infektion?)� Sicherstellung der Blutkonserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion,

Feststellung der Menge des transfundierten Blutes� Kortikosteroidgabe i.v. (250 mg Methylprednisolon) oder � Dolantin 20-50 mg langsam über 1-2 Minuten i.v.� evtl. Blutkulturen des Empfängers, Veranlassen einer Sterilitätskontrolle der Konserve durch die

ATM� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung� Bei TK ca. 60 Minuten nach der Transfusion Blutbild zur Beurteilung des Transfusionserfolgs

(wenn ausreichende Menge transfundiert)

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5.6.6.2 Allergische Reaktionen 5.6.6.2.1 Urtikaria Allergische Reaktionen gehen von Antigen-Antikörperkomplexen mit Plasmaproteinen aus. Die Mehr-zahl der Fälle ist mit einer harmlosen Urtikaria verbunden. Häufig beeinträchtigt der quälende Juckreizdie Patienten mehr als das makulo-papulöse konfluierende Exanthem. Sofortmaßnahmen � Stopp der Transfusion� Kortikosteroidgabe i.v. (250 mg Methylprednisolon)� Bei mildem Verlauf u.U. Fortsetzung der Transfusion unter ständiger Beobachtung des Verlaufs.

5.6.6.2.2 Anaphylaktischer Schock Bei diesem im Rahmen von Transfusionen seltenen Ereignis muß man in erster Linie an Anti-IgA beiausgeprägtem Mangel oder völligem Fehlen von Empfänger-IgA denken. Gefrorenes Frischplasmaund Thrombozytenkonzentrate sind häufiger Verursacher als Erythrozytenkonzentrate. AnaphylaktoideReaktionen können sich auch im Rahmen von FNHTR bei Vorliegen von Leukozyten- (HLA) bzw.Thrombozytenantikörpern entwickeln. Sofortmaßnahmen � sofortige Beendigung der Transfusion unter Inspektion (Infektzeichen?), ggf. Beibehaltung des

venösen Zugangs� 1-3 ml einer 0,01%igen Adrenalin-Lösung langsam i.v. (5-10 µg/Minute), bei Herzstillstand werden

5-10 ml einer 0,01%igen Adrenalin-Lösung i.v. injiziert. Ggf. sind Adrenalininfusionen über Perfu-sor (10-100 ng/Minute) notwendig.

� Kortikosteroidgabe i.v. (1000 mg Methylprednisolon)� Dopamin in Nierendosis (1-3 µg/kg KG/Minute)� Natriumbicarbonat-Gabe nach BGA� Heparingabe (2000 IE als Bolus i.v., danach 500 IE/Stunde)� Volumenzufuhr (Infusion von 1000 ml einer Vollelektrolytlösung, weitere Volumengaben je nach

zentralvenösem Druck verabreichen)� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung, Blut-

bild, Gerinnungsstatus, Blutgasanalyse� Sicherstellung der Blutkonserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion,

Feststellung der Menge des transfundierten Blutes, bei Verdacht auf Transfusionssepsis Blutkultu-ren des Empfängers, Veranlassen einer Sterilitätskontrolle der Konserve durch die ATM

5.7 Ätiologie und Klinik nicht-immunologischer Transfusionsreaktionen 5.7.1 Nicht-immunologische transfusionsassoziierte Hämolysen Diese beruhen meist auf nicht sachgerechter Lagerung von Blutprodukten (Erhitzen, Einfrieren vonEK), Zusatz von Aqua dest. statt physiolog. Kochsalzlösung sowie Beimengung von Medikamenten.Auch an mechanische Erythrozytenläsionen (inadäquate Blutentnahmetechnik, extracorporale Zirkula-tion, künstl. Klappenersatz) muß gedacht werden. Die sehr seltenen Fälle von Transfusionssepsis mitHämolyse sind in der Regel mit septischen Temperaturen assoziiert. Klinisch imponieren nichtimmunologische transfusionsassoziierte Hämolysen meist durch einen gutenklinischen Allgemeinzustand trotz massiver Hämoglobinurie.

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Sofortmaßnahmen � sofortige Beendigung der Transfusion unter Beibehaltung des venösen Zugangs� Sicherstellung der Blutkonserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion,

Feststellung der Menge des transfundierten Blutes, bei Verdacht auf a. Transfusionssepsis Blut-kulturen des Empfängers, Veranlassen einer Sterilitätskontrolle der Konserve durch die ATM

� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung, Blut-bild, evtl. Gerinnungsstatus, BGA.

� Urinausscheidung sollte durch Volumengabe und Diuretika gesteigert werden. 5.7.2 Transfusionssepsis Die bakterielle Kontamination von Blutprodukten wird mit 0,02 % für EK und mit bis zu 0,1 % für TK(jeweils homologe Blutprodukte) angegeben. Für autologe Blutkomponenten werden bis zu 5fach hö-here Raten angegeben, was mit dem reduzierten Gesundheitszustand vor allem älterer Patienten inZusammenhang gebracht wird. Bei EK handelt es sich meist um Erreger, die bei Kältelagerung noch wachsen können: Yersiniaenterocolitica, Pseudomonas aeruginosa, evtl. auch vergrünende Streptokokken. Bei kontaminiertenTK liegen meist Hautkeime vor: Staphylokkus epidermidis u.a. koagulase negative Staphylokokken.Die Symptomatik der Transfusionssepsis, vor allem die Initialsymptomatik, läßt sich von der FNHTRkaum abgrenzen. Jede fieberhafte Transfusionsreaktion muß auf Transfusionssepsis geprüft werden, die � bei der Transfusion von autologen Blutkomponenten auftritt� schon bei den ersten Millilitern zu einem schlagartigen und raschen Temperaturanstieg (> 39°C)

führt, meist kombiniert mit Schüttelfrost� zu septischen Temperaturen führt� trotz sofortiger ärztlicher Intervention (s. FNHTR) mit rascher Verschlechterung bis hin zum

Präschock / Schock einhergeht

Differentialdiagnostisch muß dem venösen Zugang Beachtung geschenkt werden. Periphere Venen-verweilkatheter können häufig schon makroskopisch als bakteriell infiziert beurteilt werden. Bei Ports,Hickman- u.a. zentralen Zugängen muß vor allem bei längerer Verweildauer ebenfalls an eine bakteri-elle Kontamination derselben gedacht werden. Sofortmaßnahmen � sofortige Beendigung der Transfusion unter Inspektion (Infektzeichen?), ggf. Beibehaltung des

venösen Zugangs� Sicherstellung der Blutkonserve, Blutkulturen des Empfängers, Veranlassen einer Sterilitätskon-

trolle der Konserve durch die ATM� Antibiotika: breite Abdeckung des Keimspektrums erforderlich; bei EK Substanzen, die gram ne-

gative Keime erfassen, bei TK Antibiotika mit Staphylokokkenwirksamkeit� ggf. Schockbehandlung (s. anaphyllaktischer Schock) 5.7.3 Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz Die Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI) wird durch aktivierte neutrophile Granu-lozyten hervorgerufen, die über ein pulmonales Capillary Leak Syndrom ein nicht-kardiales Lungenö-dem hervorrufen. Diese Reaktion fällt vor allen bei Patienten auf, die kardial gesund sind. Bei älterenPatienten mit kardialer Vorschädigung kann die Abgrenzung zum Lungenödem aufgrund hoher Volu-menbelastung schwierig sein. TRALI findet sich nach Gabe von GFP bzw. TK von Spendern mit hoch-titrigen Antikörpern gegen neutrophile Granulozyten des Empfängers. Granulozytenantikörper beiSpendern entwickeln sich gelegentlich nach Schwangerschaften oder Transfusionen. Obwohl die Re-aktion akut lebensbedrohlich sein kann, ist ihr Verlauf bei adäquater Therapie meist rasch regredient

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und die Prognose eher günstig. Intubation ist vor allem bei kardial gesunden Patienten selten erforder-lich. Sofortmaßnahmen � sofortige Beendigung der Transfusion unter Beibehaltung des venösen Zugangs (ggf. Legen eines

zentralen Venenkatheters)� Sicherstellung der Konserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion, Fest-

stellung der Menge des transfundierten Blutes� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung, Blut-

bild, Blutgasanalyse� Röntgen-Thorax zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose� Diuretikagabe: 125 mg Furosemid i.v.� Kortikosteroidgabe i.v. (250 mg Methylprednisolon i.v.)� Bei Hypotension Volumenzufuhr (Infusion von 1000 ml einer Vollelektrolytlösung, ggf. weitere Vo-

lumengaben je nach Ausscheidung)� evtl. Dopamin in Nierendosis (1-3 µg/kg KG/Minute)� Information der ATM zur Untersuchung des Spenders auf Granulozytenantikörper 5.7.4 Lungenödem durch Volumenüberlastung Diese Reaktion tritt häufiger nach Gabe von EK, seltener GFP oder TK auf. Sie tritt praktisch nie zuBeginn einer Transfusion auf. Ältere Patienten mit oder ohne bekannte cardiale Vorschädigung sindmeist betroffen. Die (an sich sinnvolle) zügige Transfusion kann zur klinischen Manifestation der Reak-tion beitragen. Ältere Patienten mit bekannter cardialer Vorschädigung und / oder bestehender Volu-menbelastung können daher ausnahmsweise von einer langsamen Transfusion über einige Stundenoder der Verteilung erforderlicher Transfusion über Tage profitieren. Die Diagnose ergibt sich aus der(Transfusions-) Anamnese (Art des Produkts, Transfusionsmenge, cardiale Vorschädigung) und demradiologischen Befund. Obwohl die Reaktion akut lebensbedrohlich sein kann, ist die Prognose beischneller und adäquater Therapie günstiger als bei einem cardialen Lungenödem ohne Transfusions-anamnese. Sofortmaßnahmen � sofortige Beendigung der Transfusion unter Beibehaltung des venösen Zugangs (ggf. Legen eines

zentralen Venenkatheters)� Sicherstellung der Konserve und nach Möglichkeit der Blutproben vor und nach Transfusion, Fest-

stellung der Menge des transfundierten Blutes� Überwachung der Vitalfunktionen des Patienten: Blutdruck, Puls, Atmung, Urinausscheidung, Blut-

bild, Blutgasanalyse� Röntgen-Thorax zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose� Diuretikagabe: z.B. 125 mg Furosemid i.v.� ggf. weitere medikamentöse Maßnahmen (evtl. Nitro i.v., Digitalisierung, K+ Substitution, Einsatz

eines ACE-Hemmers u.a.) 5.7.5 Zitratintoxikation Zitratintoxikationen sind mittlerweile sehr selten. Aufgrund verbesserter Präparationstechniken sindheutige EK derart zitratarm, daß es bei erwachsenen Patienten selbst bei Massivtransfusionen kaumnoch zur Zitratintoxikation kommt. Zitratintoxikationen können nach massiver EK Substitution bei Früh-geborenen, Säuglingen und Kleinkindern sowie bei Gabe großer Mengen GFP / TK vorkommen (meist>20 E/die) bei allen Patientengruppen vorkommen. Sie treten während oder kurz (nicht aber Stunden)nach Transfusion auf. Typische Symptome sind periorale Parästhesien, Pfötchenstellung der Hände,Muskelkrämpfe. Bei Kindern stehen plötzliche Unruhe, Weinen und diffuse Schmerzen im Vorder-grund.

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Sofortmaßnahmen � wenn bei Massivtransfusion möglich Reduktion der Transfusionsgeschwindigkeit, evtl. vorüberge-

hender Stopp der Transfusion; wenn nicht möglich weiter transfundieren� Ca2+ über 3-5 Minuten i.v.; bei Ineffizienz ggf. mehrfach wiederholen, bis Besserung oder Ver-

schwinden der Symptomatik eintritt.

5.7.6 Azidose und Hypothermie Die transfusionsassoziierte Azidose ist einerseits zitratassoziiert, andererseits Ausdruck von Lage-rungsschäden bei Blutprodukten. Die heutzutage übliche zitratarme Präparation von EK haben im Ver-ein mit besseren Erythrozytenkonservierungslösungen sowie verbesserten Thrombozytenlagerungs-bedingungen (ständige Agitation in modifizierten Lagerungsbeuteln) dazu beigetragen, daß selbst beimaximaler Lagerung entweder nur eine geringe oder keine Azidose im Blutprodukt auftritt. Eine trans-fusionsassoziierte Azidose tritt daher nach massiver EK Substitution nur bei Frühgeborenen, Säuglin-gen und Kleinkindern sowie bei Gabe großer Mengen GFP (meist >20 E/die) bei allen Patientengrup-pen auf. Sie entwickelt sich während oder kurz (nicht aber Stunden) nach Transfusion. Die Diagnosewird mittels Blutgasanalyse gestellt. Sofortmaßnahmen � Reduktion der Transfusionsgeschwindigkeit, evtl. vorübergehender Stopp der Transfusion� Natriumbicarbonat-Gaben nach BGA Status

Hypothermie Eine transfusionsassoziierte Hypothermie tritt während oder kurz nach Massivtransfusion vor allem beiFrühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern, selten bei Erwachsenen auf. Sie entwickelt sich wäh-rend oder kurz (nicht aber Stunden) nach Transfusion. Ihr klinischer Stellenwert ist gering. Sofortmaßnahmen � Wenn bei Massivtransfusion möglich, Reduktion der Transfusionsgeschwindigkeit, evtl. vorüber-

gehender Stopp der Transfusion� Wenn Zeitverhältnisse und Transfusionsumstände es erlauben, Installation eines Erwärmungsge-

rätes für Blutkomponenten

5.7.7 Hyperkaliämie Eine transfusionsassoziierte Hyperkaliämie kann sich nach Massivtransfusion von EK, nicht jedochnach massiver Transfusion von GFP bzw. TK entwickeln. Allerdings haben die verbesserten Erythro-zytenkonservierungslösungen auch den K+-Gehalt von EK am Verfallszeitpunkt reduziert. Wenn über-haupt, dann sind Frühgeborene und Säuglinge betroffen, (Klein)Kinder und Erwachsene nur bei beste-hender Niereninsuffizienz oder Hyperkaliämie anderer Ursache (Diuretika, Hämolyse, Rhabdomyolyseu.a.). Dem vermehrte K+-Gehalt von bestrahlten EK wird durch Begrenzung der Haltbarkeit auf max. 4Wochen gegengesteuert.

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Sofortmaßnahmen � Reduktion der Transfusionsgeschwindigkeit, wenn bei Massivtransfusion möglich vorübergehender

Stopp der Transfusion, K+ Kontrolle� Glucose 40 % + Altinsulin 20 IE über 30 Minuten i.v.� Ultima ratio: Dialyse 5.8 Ätiologie und Klinik langfristiger unerwünschter Wirkungen von Transfusionen

5.8.1 Transfusionssiderose

Patienten mit chronischen substitutionsbedürftigen Anämien, die über einen längeren Zeitraum (> 6Monate) größere Mengen an EK erhalten (> 50 E) erhalten, sind der Gefahr einer Transfusionssidero-se ausgesetzt. Bei Kindern kann diese unerwünschte Transfusionseffekt schon nach >10 EK nach-weisbar sein. Intensivmedizinische Patienten mit großem EK-Bedarf sind weniger betroffen, da sieaufgrund ihrer Blutverluste auch viel Eisen verlieren. Diagnostisch wegweisend sind pathologischeFerritinwerte (> 1000 mg/dL). Organschäden (unnatürlichen Hautbräune, pathologische Transamina-sen bis hin zur Leberzirrhose, Diabetes mellitus, Kardiomyopathie) sind immer Spätsymptome. Die therapeutischen Möglichkeiten zur Verhinderung einer Transfusionssiderose sind begrenzt. � So wenig transfundieren wie möglich� Desferoxamin (Initialdosis 0,5-1 g, therapeutische Tagesdosis 1-4 g i.v.)� Maschineller Erythrozytenaustausch

Die intravenöse Desferoxamintherapie gilt als schlecht verträglich (vor allem schwere gastrointest. NWwie Colitis, Augenschäden an Linse und Retina, Nierenfunktionsstörungen), kostenintensiv und nurmäßig effektiv. Die neuerdings propagierte subcutane Desferoxamintherapie soll verträglicher undeffektiver sein. Der maschinelle Erythrozytenaustausch kommt nur bei korpuskulären hämolytischenAnämien (homozygote Thalassämie, Sichelzellanämie u.a.) in Betracht. Das Verfahren kann bei ge-eigneten Patienten und adäquater Apheresetechnik eine Transfusionssiderose sicher verhindern. Auf-grund der Arbeits- und Kostenintensität des Verfahrens kommt es nur bei ausgewählten Patienten(meist Kindern) in Betracht. 5.8.2 Transfusionsassoziierte Infektionen Transfusionsassoziierte Infektionen können durch Erreger mit leukozytenständiger Vermehrung (z.B.CMV, EBV, HTLA, HIV, Toxoplasmose), erythrozytenständiger Vermehrung (z.B. Malaria), oder durchErreger mit in der Regel überwiegend plasmatischem Vorkommen (z.B. Bakterien, HAV, HBV, HCV,HIV) übertragen werden. Hieraus folgt, daß die Leukozytendepletion nur bei den überwiegend leuko-zytenständigen Erregern eine signifikante Reduktion übertragener Infektionen erbringt. Bei meist imPlasma vorkommenden Erregern kann nur ein wirksames Spenderscreening die Übertragung der ge-nannten Erreger verhindern. Diagnostische Fenster, menschliches Versagen (z.B. Probenverwechs-lung), Testversagen, Erregerwandel u.a. Faktoren beschränken jedoch die Effektivität des Spender-screenings. Obwohl die Rate übertragener transfusionsassoziierter HBV-, HCV- und HIV-Infektionenseit ca. 12 Jahren kontinuierlich rückläufig ist, muß derzeit (Stand 1998) für die BRD das Restrisikovon HBV, HCV und HIV wie folgt veranschlagt werden:

� HBV 1:80.000� HCV 1:110.000� HIV 1,2 1:500.000

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5.8.3 Transfusionsassoziierte GvH Reaktion Die transfusionsassoziierte Graft versus Host (GvH) Reaktion ist in Europa sehr selten. Dies beruhtzum einen auf immungenetischen Faktoren und zum anderen auf der Bestrahlung der Blutkomponen-ten als Standard-Verfahren bei Patienten mit ausgeprägter Immunsuppression. Die Indikationen für dieBestrahlung von Blutkomponenten zur Vermeidung einer GvH Reaktion durch Transfusionen sind inKapitel 10.5.2 aufgelistet. Gelegentlich kann es vorkommen, daß eine transfusionsassoziierte GvH Reaktion im Zusammenhangmit Transfusionen kurz (Tage-Wochen) nach der Transplantation eines soliden Organs klinisch ver-mutet wird. In solchen Fällen handelt es sich nahezu immer um eine GvH Reaktion, die vom Spen-derorgan und nicht von verabreichten Blutkomponenten ausgeht. Patienten mit Lebertransplantationoder kombinierter Herz-/Lungentransplantation bzw. Nieren/Pancreastransplantation sind hiervon häu-figer betroffen als Patienten mit reiner Nierentransplantation. Auch scheinen Organempfänger vonverwandten Lebendspendern für eine vom Spenderorgan ausgehende GvH Reaktion stärker gefährdetzu sein. Bei Verdacht auf ein transfusionsassoziierte oder spenderorganassoziierte GvH Reaktion mußdie ATM informiert werden. In vielen Fällen kann die ATM durch den Nachweis eines Chimärismus denVerdacht auf eine GvH Reaktion stützen.

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6. Meldepflichten

6.1 Unterrichtungspflichten nach § 16 TFG bei unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Alle unerwünschten Ereignisse bei der Anwendung von Blutprodukten unterliegen einer Meldepflicht,die bei schwerwiegenden UAWs auch an das PEI zu erfolgen hat, das im Rahmen der Hämovigilanzeine zentrale Registrierung und Auswertung sicherstellt. Bei transfusionsassoziierten Infektionserkran-kungen ist zusätzlich ein Rückverfolgungsverfahren durchzuführen (Kapitel 6.2). Bei UAWs durch Blut-komponenten werden die gesetzlichen Meldepflichten für die MHH zentral durch die ATM im Rahmender Abklärung der Transfusionsreaktionen wahrgenommen. Die Meldungen werden dem Transfusi-onsbeauftragten nachrichtlich zugesandt.

Nach § 16 TFG werden drei Arten von Nebenwirkungen bei der Anwendung von Blutprodukten unter-schieden:

� Unerwünschtes EreignisAlle Komplikationen, auch wenn ein Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten nichtunmittelbar erkennbar ist.

� Unverzügliche Unterrichtung des Transfusionsbeauftragten und des diensthabenden Arztesder ATM. Diese entscheiden ggf. über weitere Maßnahmen.

� Verdacht einer NebenwirkungZeitnaher Zusammenhang der Nebenwirkung mit der Verabreichung von Blutprodukten, Ursacheder Nebenwirkung durch die Gabe von Blutprodukten wahrscheinlich.

� Unterrichtung des Transfusionsbeauftragten und des diensthabenden Arztes der ATM und despharmazeutischen Unternehmers. Die Unterrichtung des pharmazeutischen Unternehmerserfolgt durch die ATM nach Rücksprache mit dem Transfusionsbeauftragten.

� Verdacht einer schwerwiegenden NebenwirkungDie Nebenwirkung ist tödlich oder lebensbedrohend, führt zur Arbeitsunfähigkeit oder einer Behin-derung, hat eine stationäre Behandlung oder eine Verlängerung der stationären Behandlung zurFolge.

� Unterrichtung des Transfusionsbeauftragten und des diensthabenden Arztes der ATM und despharmazeutischen Unternehmers und der zuständigen Bundesoberbehörde (Paul-Ehrlich-Institut, PEI). Die Unterrichtung des pharmazeutischen Unternehmers und des PEI erfolgtdurch die ATM nach Rücksprache mit dem Transfusionsbeauftragten.

Unerwünschte Wirkungen, die sich einer Blutkomponente zuordnen lassen, werden vom transfundie-renden Arzt auf dem „Transfusionsbericht“ dokumentiert und der ATM unverzüglich zusammen mit derAnforderung zur Abklärung der Transfusionsreaktion mit der Anforderungskarte „Transfusionsreaktion“zugesandt (Kapitel 5.5). Zusätzlich ist wie bei Plasmaderivaten ein UAW-Berichtsbogen „Uner-wünschte Arzneimittelwirkung“ zur Symptomatik, Diagnostik und Therapie zu führen, nach Abschlußder Dokumentation in der Patientenakte abzulegen sowie dem Transfusionsbeauftragten und demTransfusionsverantwortlichen zuzusenden. Die Aufzeichnungen werden mindestens 15 Jahre aufbe-wahrt.

Die gesetzlichen Unterrichtungspflichten werden zentral von der ATM wahrgenommen. Die Unterrich-tung erfolgt nachrichtlich an den zuständigen Transfusionsbeauftragten. Die Dokumentation und derDokumentenverteiler sind Voraussetzung für die Erfüllung der gesetzlichen Unterrichtungspflichtendurch die ATM und daher strikt zu beachten.

Die Meldung an die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft erfolgt durch den zuständigenTransfusionsbeauftragten (§ 30 Abs. 7 der Berufsordnung für Deutsche Ärzte).

Die Meldepflichten nach dem Bundesseuchengesetz (Gesundheitsamt) sowie nach der Laborberichts-Verordnung (Robert Koch Institut) sind zu beachten.

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6.2 Unterrichtungspflichten nach § 19 TFG zur Rückverfolgung

Rückverfolgungsverfahren werden eingeleitet, um transfusionsassoziierte Infektionserkrankungen mitHIV, Hepatitis-Viren oder anderen Erregern, die zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen führen kön-nen, bei Empfängern von Blutkomponenten und Plasmaderivaten frühzeitig zu erfassen. Die Erfassungist zum einen bedeutsam für die Behandlung des Patienten und zum anderen für die Risikobewertungvon Blutprodukten durch den Hersteller und die zuständige Bundesoberbehörde (Paul-Ehrlich-Institut).

6.2.1 Gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlagen für Rückverfolgungsverfahren sind:

� Arzneimittelgesetz� Transfusionsgesetz� Voten des Arbeitskreises Blut (Bundesgesundheitsblatt 12/1994; 7/1996; 9/1996; 9/1996; 11/1997;

11/1999; 12/2000)

6.2.2 Allgemeine Verfahrensweise

Rückverfolgung vom Empfänger ausgehend

Besteht bei einem Patienten der begründete Verdacht einer HAV-, HBV-, HCV-, HIV- oder einer ande-ren schwerwiegenden Infektion, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Blutprodukten steht,werden die verdächtigen Blutprodukte unverzüglich identifiziert und der Pharmazeutische Unternehmerinformiert. In diesem Fall geht eine Meldung vom Transfusionsbeauftragten an den Transfusionsver-antwortlichen und den Hersteller und das PEI.

Der begründete Verdacht einer Infektion beim Empfänger durch Blutprodukte ergibt sich, wenndurch Laboruntersuchungen eine Infektion nachgewiesen oder nicht ausgeschlossen werden kann undein Zusammenhang mit der Applikation von Blutprodukten besteht.

Rückverfolgung vom Spender ausgehend

Wird bei einem Blutspender eine HAV-, HBV-, HCV-, HIV- oder eine andere schwerwiegenden Infekti-on festgestellt oder besteht der begründete Verdacht einer Infektion und sind durch frühere Spendendieses Spenders möglicherweise Empfänger infiziert worden, unterrichtet der behandelnde Arzt dieEmpfänger unverzüglich und empfiehlt ihnen eine Testung. In diesem Fall geht eine produktbezogeneMeldung vom Hersteller an die klinische Einrichtung bzw. den Transfusionsbeauftragten.

Ein begründeter Verdacht einer Infektion beim Spender besteht, wenn ein reproduzierbar positiverScreeningtest im Bestätigungstest ein positives oder unbestimmtes Ergebnis aufweist.

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6.2.3 Detaillierte Verfahrensweise

6.2.3.1 Rückverfolgung vom Empfänger ausgehend

Wer muß melden ?

Wird bei einem Empfänger von Blutprodukten eine HAV-, HBV-, HCV-, HIV-, oder eine andereschwerwiegende Infektion (z.B. Malaria oder Syphilis) festgestellt oder liegt ein begründeter Verdachtauf eine solche Infektion vor, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Blutprodukten steht, istdie Einleitung eines Rückverfolgungsverfahrens durch den Transfusionsbeauftragten zu veranlas-sen.

Die Aufgaben des Transfusionsbeauftragten sind:

� unverzügliche Ermittlung der dem Empfänger verabreichten Blutprodukte� Präparatebezeichnung� Chargenbezeichnung� Pharmazeutische Unternehmer

� unverzügliche Meldung der Ergebnisse der Ermittlung� Dokumentation und Archivierung aller Verfahrensschritte, Aufklärungen und Einwilligungen

An wen muß gemeldet werden ?

Die Ergebnisse der Ermittlung sind unverzüglich

� im Falle von Blutkomponenten

� dem Stufenplanbeauftragten der ATM und � dem PEI

zu melden. Die Meldungen müssen schriftlich erfolgen. Der Stufenplanbeauftragte der ATM orga-nisiert das weitere Rückverfolgungsverfahren und informiert den Hersteller.

� im Falle von Plasmaderivaten

� dem Transfusionsverantwortlichen und � dem Hersteller und � dem PEI

zu melden. Die Meldungen müssen schriftlich erfolgen.

Was muß gemeldet werden ?

� Die Meldung an den Stufenplanbeauftragten der ATM ist mit der Aufforderung der Überprüfungder jeweiligen Blutspender verbunden und beinhaltet

� Name, Vorname und Geburtsdatum des Empfängers� Art der Infektion und Ergebnisse der Infektionsdiagnostik vor (wenn vorhanden) und nach

Transfusion� Bezeichnungen der involvierten Blutkomponenten (EK, GFP, GK, TK)� Konservennummern� Name des Herstellers� Datum der Transfusionen

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Transfusionsordnung Version 2001

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Wie muß gemeldet werden ?

� Die Meldung an das PEI (Paul-Ehrlich-Institut, Referat Arzneimittelsicherheit, Postfach 63207,63225 Langen) beinhaltet

� Geburtsdatum und Geschlecht des Empfängers� Art der Infektion� Bezeichnung der involvierten Blutprodukte� Chargenbezeichnung der Plasmaderivate bzw. Konservennummer der Blutkomponenten� Name des Herstellers

� Die Meldung an den Hersteller ist mit der Aufforderung der Überprüfung der jeweiligen Blutspen-der verbunden und beinhaltet

� Art der Infektion� Bezeichnung der involvierten Blutprodukte� Chargenbezeichnung der Plasmaderivate

� Die Meldung an den Transfusionsverantwortlichen beinhaltet

� Name, Vorname und Geburtsdatum des Empfängers� Art der Infektion und Ergebnisse der Infektionsdiagnostik vor (wenn vorhanden) und nach

Transfusion� Bezeichnungen der involvierten Plasmaderivate� Chargenbezeichnung� Name des Herstellers� Datum der Transfusionen

Die eventuelle Meldung an die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft durch den zuständi-gen Transfusionsbeauftragten ist zu beachten (§ 30 Abs. 7 der Berufsordnung für Deutsche Ärzte).

Die Meldepflichten nach dem Bundesseuchengesetz (Gesundheitsamt) sowie nach der Laborberichts-Verordnung (Robert Koch Institut) sind zu beachten.

Was passiert nach der Meldung ?

Der Hersteller hat zu veranlassen, daß die spendenden Personen ermittelt und eine Nachuntersu-chung empfohlen wird, daß die auf diese Spenden zurückzuführenden Blutprodukte ggf. ausgesondertund ggf. ein vom Spender ausgehendes Rückverfolgungsverfahren eingeleitet wird.

� Dazu veranlaßt der Stufenplanbeauftragte der ATM bzw. des Herstellers:

� unverzügliche Ermittlung der in das Verfahren involvierten Blutspender und deren Nachunter-suchung nach anerkanntem Stand von Wissenschaft und Technik (Voten des ArbeitskreisesBlut) zwecks Prüfung der Kausalität

� Überprüfung der Dokumentationen� bei Nachweis einer Infektion sind durch Analysen die Virus-Genomsequenzen von Patient und

Spender nach Möglichkeit zu vergleichen� Überprüfung, ob spätere Kontrolluntersuchungen im Rahmen von Spenden unter Berücksich-

tigung der Serokonversionszeiten eine entsprechende Infektion möglich machen � Bei Identifikation eines infektiösen Spenders Nachuntersuchung der anderen mit Produkten

dieses Spenders behandelten Empfänger (Kapitel 6.2.3.2).

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� Das durch den Stufenplanbeauftragten veranlaßte Verfahren wird abgeschlossen durch:

� unverzügliche schriftliche Mitteilung der Ergebnisse an den Transfusionsbeauftragten und denTransfusionsverantwortlichen

� unverzügliche schriftliche Übermittlung der Ergebnisse an das PEI

6.2.3.2 Rückverfolgung vom Spender ausgehend

Wer muß melden ?

Wird bei einem Blutspender eine HAV-, HBV-, HCV-, HIV- oder eine andere schwerwiegenden Infekti-on festgestellt oder besteht der begründete Verdacht einer Infektion und sind durch frühere Spendendieses Spenders möglicherweise Empfänger infiziert worden, ist die Einleitung eines Rückverfolgungs-verfahrens durch den Stufenplanbeauftragten der ATM bzw. des Herstellers zu veranlassen.

Die Aufgaben des Stufenplanbeauftragten sind:

� Aufklärung und eingehende Beratung des Spenders� unverzügliche Meldung und Aussonderung der Blutprodukte� unverzügliche Einleitung des Rückverfolgungsverfahrens

An wen muß gemeldet werden ?

� unverzügliche Meldung an den Transfusionsbeauftragten bzw. Transfusionsverantwortlichen� unverzügliche Meldung an das PEI

Die Meldungen haben schriftlich zu erfolgen.

Was passiert nach der Meldung ?

Der Transfusionsbeauftragte hat zu veranlassen, daß die Empfänger ermittelt, eine Nachuntersuchungempfohlen und der Stufenplanbeauftragte über die Ergebnisse unverzüglich unterrichtet wird.

� Dazu veranlaßt der Transfusionsbeauftragte:

� unverzügliche Benachrichtigung der betroffenen Patienten, ggf. über die behandelnden Ärzte� die Benachrichtigung beinhaltet die Empfehlung einer infektionsspezifischen Kontrolle der Pa-

tienten, eine eingehende Aufklärung über den Verdacht der Infektion und deren Auswirkung� bei Vorliegen der Einwilligungserklärung unverzügliche spezifische Kontrolluntersuchung des

Patienten� bei Weiterleitung der Abklärung an einen externen behandelnden Arzt unverzügliche Benach-

richtigung des Stufenplanbeauftragten des Herstellers mit Angabe der Adresse des behan-delnden Arztes

� unverzügliche Unterrichtung des Stufenplanbeauftragten des Herstellers, wenn- die Ergebnisse der Kontrolluntersuchung vorliegen- die Kontrolluntersuchung nicht möglich ist- die Kontrolluntersuchung abgelehnt wird

� Das durch den Stufenplanbeauftragten veranlaßte Verfahren wird abgeschlossen durch:

� schriftliche Unterrichtung des PEI durch den Stufenplanbeauftragten des Herstellers über denAusgang des Rückverfolgungsverfahrens

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6.3 Unterrichtungspflichten nach § 21 TFG zum koordinierten Meldewesen

Die Einrichtungen der Krankenversorgung melden jährlich gemäß § 21 TFG Daten über den Ver-brauch von Blutprodukten an die Bundesoberbehörde. Darüber hinaus wird die Anzahl der zu behan-delnden Personen mit angeborenen Hämostasestörungen gemeldet.

Die Meldungen erfolgen nach Abschluß des Kalenderjahres, spätestens zum 1. März des folgendenJahres. Verantwortlich für die Meldung ist der Transfusionsverantwortliche der Einrichtung.

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7. Dokumentation und Archivierung 7.1 Rechtliche Grundlage Rechtliche Grundlage für die Dokumentationspflicht und den Dokumentationsumfang sind � das Transfusionsgesetz, § 14, § 17 � die Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutpro-

dukten (Hämotherapie) der BÄK, Abschnitte 4.3.10, 4.5.8 und 4.6.6

Die Dokumentation umfaßt alle Blutprodukte und gentechnisch hergestellte Plasmaproteine zur Be-handlung von Hämostasestörungen zum Zwecke der Behandlung der von der Anwendung betroffenenPersonen und zum Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz. Auch der Verbleib nichtangewendeter Blutprodukte ist zu dokumentieren.

Die Aufzeichnungen, einschließlich der EDV-erfaßten Daten, müssen mindestens 15 Jahre aufbewahrtwerden. Die Dokumentation muß für Zwecke der Rückverfolgung unverzüglich und zur Verfolgung vonStraftaten, die im engen Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten stehen (§ 14 Abs. 4),auf Anforderung der zuständigen Behörden verfügbar sein. Die Aufzeichnungen sind zu vernichtenoder zu löschen, wenn eine Aufbewahrung nicht mehr erforderlich ist. Werden die Aufzeichnungenlänger als dreißig Jahre aufbewahrt, sind sie zu anonymisieren. 7.2 Verantwortlichkeiten Nach § 14 TFG ist die behandelnde ärztliche Person für die Dokumentation verantwortlich. Die Me-dizinische Hochschule Hannover hat sicherzustellen, daß die Daten der Dokumentation patienten-und produktbezogen genutzt werden können. 7.3 Verfahrensweise Die Dokumentation der Transfusion von Blutprodukten in der Patientenakte umfaßt gemäß §14 TFG: � Aufklärung und Einwilligungserklärung� Befund der Blutgruppenbestimmung und des Antikörpersuchtest, soweit Blutkomponenten ange-

wendet werden � eindeutige Identifikation des Transfusionsempfängers entweder

� über die I-Zahl oder� über Name, Vorname, Geburtsdatum und Adresse

� eindeutige Identifikation der verabreichten Blutprodukte� Präparatebezeichnung bzw. Bezeichnung der Blutkomponenten� Chargenbezeichnung bzw. Konservennummern� Pharmazeutische Unternehmer

� Menge (= Anzahl der Präparate) und Stärke (= Menge des Wirkstoffs bei Nicht-Blutkomponenten)� Datum und Uhrzeit der Anwendung� Anwender� Anwendungsbezogene Wirkungen � Unerwünschte Wirkungen (Kapitel 5)

Die Dokumentationspflicht des Verbleibs nicht angewendeter Blutprodukte ist zu beachten. Bei Eigen-blut sind diese Vorschriften sinngemäß anzuwenden.

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7.3.1 Dokumentation von Blutkomponenten

Die Dokumentation aller Blutkomponenten, einschließlich Eigenblut, muß patienten- und produktbezo-gen genutzt werden können und erfordert daher neben der Dokumentation in der Patientenakte zu-sätzlich eine EDV Dokumentation, die für Blutkomponenten zentral in der ATM erfolgt. Die Verträglichkeit, die Wirksamkeit sowie unerwünschte Wirkungen werden vom transfundierendenArzt oder von geschultem Assistenzpersonal unter seiner direkten Aufsicht auf dem „Begleitschein fürBlutkomponenten“ und dem „Transfusionsbericht“ dokumentiert. � Begleitschein für Blutkomponenten für die Patientenakte

Für die Dokumentation der Transfusion in der Patientenakte. Es werden handschriftlich Ort, Datumund Uhrzeit der Transfusion dokumentiert und durch Unterschrift bestätigt. Das Feld „Bemerkun-gen“ steht zur Dokumentation von Auffälligkeiten während der Transfusion zur Verfügung.

� Transfusionsbericht für die ATMFür die zentrale EDV-Dokumentation der Transfusion in der ATM. Es werden Ort, Datum und Uhr-zeit der Transfusion durch Strichmarkierungen festgehalten und durch Unterschrift bestätigt. DieStrichmarkierung „Transfusion eingeleitet“ ist bereits vormarkiert (geschwärzt: � ).

Der transfundierende Arzt sollte beide Karten (Begleitschein für Blutkomponenten und Transfusionsbe-richt) beim Anlegen der Transfusion sofort unterschreiben. Die Durchführung der Transfusion ist beidiesem Vorgehen dokumentiert. Kommt es nach der Unterschrift zu einem auffälligen Ereignis im Sin-ne einer Transfusionsreaktion, kann dies vom gleichen oder einem nachfolgenden Arzt nachträglichhandschriftlich durch diesbezügliche Angaben im Bemerkungsfeld der Karte „Begleitschein für Blut-komponenten“ dokumentiert werden. Die Dokumentation muß auch bei Abbruch der Transfusion erfolgen. Nichtangewendete Blutkompo-nenten sind zur sachgerechten Entsorgung und lückenlosen Dokumentation ihres Verbleibs an dieATM zurückzuschicken. Die Maßnahmen bei Auftreten unerwünschter Ereignisse sind zu beachten (Kapitel 5). Zur Abklärungunerwünschter Ereignisse ist die Anforderungskarte„Transfusionsreaktion“ zu verwenden. Die Melde-pflichten sind zu beachten (Kapitel 6).

7.3.2 Dokumentation von Plasmaderivaten

Die Dokumentation muß patienten- und produktbezogen genutzt werden können und erfordert daherneben der Dokumentation in der Patientenakte zusätzlich eine EDV Dokumentation, die für die An-wendung von Plasmaderivaten oder der gentechnisch hergestellten Plasmaproteine zur Be-handlung von Hämostasestörungen über ein Programm des MHRZ erfolgt. Der infundierende Arztoder geschultes Assistenzpersonal unter seiner direkter Aufsicht tragen die Chargenbezeichnung derverabreichten Plasmaderivate oder der gentechnisch hergestellten Plasmaproteine zur Behandlungvon Hämostasestörungen in die Patientenakte ein und füllen das Formblatt „Dokumentation von Blut-produkten“ aus, das den Stationsassistentinnen als Dokumentationsunterlage zur EDV-Erfassung desverabreichten Plasmaderivats dient.

Die Angaben auf dem Formblatt „Dokumentation von Blutprodukten“ beinhalten

� Patientenetikett mit I-Zahl� Station� Datum und Uhrzeit der Infusion (Applikationsdatum)� Präparatebezeichnung (Artikel) und Pharmazentralnummer (Pharm.-Nr.)� Menge � Chargenbezeichnung� Anwender (Name oder Pers.-Nr. des Arztes, Unterschrift des Arztes)

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8. Transport, Lagerung und Rücknahme von Blutprodukten

8.1 Transport

Blutkomponenten werden aus dem Blutdepot grundsätzlich nur zur unmittelbaren Anwendung am Pa-tienten abgeben. Eine Lagerung in Satellitendepots ist aus Gründen der Qualitätssicherung und Do-kumentation nicht möglich.

8.1.1 Verantwortlichkeiten

Der Transport von Blutkomponenten erfolgt in der MHH über einen internen Transportdienst, der vonder Abteilung Transportwesen (Leiter: Dipl.-Ing. Johannes Köhler) des Geschäftsbereich IV (Sprecher:Peter Bernhardi) und der Abteilung Logistik und Sicherheit (Leiter: Gerhard Klein) des Krankenpflege-dienstes (Leiter: Bernhard Schulz) organisiert wird.

Beide Abteilungen sind über die Erfordernisse des Transports von Blutkomponenten gemäß denRichtlinien zur Gewinnung und Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) der Bundesärztekam-mer informiert und sind für einen sachgerechten Transport von Blutkomponenten und Blutproben ver-antwortlich. Sie stellen sicher, daß die unterschiedlichen zeitlichen Zuständigkeiten, die Verantwortlich-keiten innerhalb der Abteilungen und die Schulung der Mitarbeiter eindeutig geregelt und dokumentiertsind.

Aus Gründen des Haftungsrechts, des Unfallversicherungsschutzes sowie aus datenschutzrechtlichenGründen erfolgt der Transport von Blutprodukten nur durch den dafür verantwortlichen Transport-dienst. Patienten, Angehörige oder Besucher transportieren in der Regel keine Blutprodukte.

8.1.2 Zuständigkeiten und Durchführung

� Transportzentrale 6.35 – 20.20 Uhr Tel. 2689(Abteilung Transportwesen)

� Krankentransport 20.20 – 6.35 Uhr Tel. 2097(Abteilung Logistik und Sicherheit) Pieper 74-2215 oder 74-2216

In Ausnahmefällen Tel. 2168 (Hauptwache) Pieper 74-2164 oder 74-2168

Im Notfall hat der Blutproben- und Blutproduktetransport Vorrang gegenüber allen anderen Transpor-ten. Der Transport von Blutproben und Blutprodukten erfolgt

� Unverzüglich� Ohne Umwege (Umwege i.S. festgelegter Touren sind nur statthaft, wenn keine Zeitnot besteht)� Nicht unbeaufsichtigt� Ohne Beschädigung des Transportguts

Die Übergabe der Blutprodukte erfolgt am Ausgabeschalter des Blutdepots. Während des Transportsbis zur Übergabe in den Verantwortungsbereich des Anwenders ist darauf zu achten, daß kein unbe-fugter Zugriff zu den Blutprodukten hat. Beim Transport ist sichergestellt, daß die für Blutproben unddie jeweiligen Blutprodukte notwendigen Transportbedingungen eingehalten werden.

Transportbedingungen für Blutproben

Kategorie Transportbehältnis Transport-temperatur

Transportzeit(maximal in min)

Blutprobenröhrchen Verschließbare Plastikfolie Raumtemperatur 60

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Transportbedingungen für Blutprodukte

Kategorie Lagerung Transport-behältnis

Transport-temperatur

Transportzeit(maximal in min)

Erythrozytenkonzentrat 2 bis 6°C Styropor,Aluminium

1 bis 10°C 30

Thrombozytenkonzentrat 20 bis 24 °Cunter ständigerAgitation

Styropor Raumtemperatur 30

Gefrorenes Frischplasma -30 bis –40°C Styropor,Plastik

tiefgefroren 30

Gefrorenes FrischplasmaAufgetaut zur sofortigenTransfusion

Keine Styropor Raumtemperatur 30

Granulozytenkonzentrat Keine Styropor Raumtemperatur 30Stammzellkonzentrat,frisch hergestellt

2 bis 6°C Styropor Raumtemperatur 30

Stammzellkonzentrat,in N2 gefroren

- 120°Cund tiefer

N2 Transport-behältnis

- 120°C und tiefer

bis zu 24 Stunden

Gerinnungsfaktoren 4 bis 6°C Styropor 1 bis 10°C 30

Blutkomponenten, die nicht gekühlt werden, dürfen nicht zusammen mit Blutprodukten transportiertwerden, die gekühlt werden müssen.

8.1.3 Übernahme der Blutprodukte

Die Ausgabe sämtlicher Blutprodukte wird mit Datum und Uhrzeit auf dem Begleitschein für Blutkom-ponenten dokumentiert. Bei Eintreffen am Bestimmungsort muß der sachgerechte Transport überprüftwerden.

� Sind die Blutprodukte unversehrt ?� Ist die Transportzeit eingehalten worden ?

- Die Unterbrechung der Lagerungstemperatur hat 2 Stunden nicht überschritten - EK müssen kalt sein- GFP, die tiefgefroren geliefert werden, dürfen nicht angetaut sein

Falls die Kühlkette unterbrochen wurde oder andere Transportmängel (z.B. Beschädigungen) aufge-treten sind, müssen die Blutkomponenten zur sachgerechten Entsorgung und zur Dokumentation ihresVerbleibs an die ATM zurückgegeben werden. Der Verbleib nicht mehr anwendbarer Plasmaderivateist vor ihrer sachgerechten Entsorgung zu dokumentieren (Kapitel 7.3.2).

Sachgerecht gelieferte Blutkomponenten sind möglichst ohne Zeitverzug so anzuwenden, daß dieUnterbrechung der Lagerungstemperatur einschließlich der Transportzeiten 2 Stunden nicht über-schreitet. Die nach dem Transport weiterhin lagerfähigen Blutprodukte müssen bei nicht sofortigerAnwendung sachgerecht gelagert werden (Kapitel 8.2).

GFP, die aufgetaut geliefert werden, sind nicht lagerfähig. Erwärmte GFP, die nicht innerhalb von 2Stunden transfundiert werden, sind zur Entsorgung an die ATM zurückzuschicken. Eine längere odererneute Lagerung ist nicht möglich. Erwärmte EK, die nicht innerhalb von 6 Stunden transfundiert wer-den, sind zur Entsorgung an die ATM zurückzuschicken. Eine längere oder erneute Lagerung ist nichtmöglich.

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8.1.4 Dokumentation

Die Ausgabe sämtlicher Blutprodukte wird mit Datum und Uhrzeit auf dem Begleitschein für Blutkom-ponenten von der ATM dokumentiert. Die Übergabe an den Transportdienst wird auf dem Lieferschein,der in der ATM verbleibt, dokumentiert. Die Transportdienste führen eine Dokumentationssystem, dasstatistische Aussagen hinsichtlich der Gesamtzahl der Transporte, der zeitlichen Verteilung derTransporte, der Anzahl der Transport pro Mitarbeiter sowie der häufigsten Transportziele erlaubt. DieDaten werden regelmäßige ausgewertet, um Schwachstellen (personelle Engpässe, Änderung derVerteilungsabläufe u.a.) im Sinne einer Gefahrenprävention erkennen zu können.

8.2 Lagerung

Blutkomponenten werden aus dem Blutdepot grundsätzlich nur zur unmittelbaren Anwendung am Pa-tienten abgeben. Sachgerecht gelieferte Blutkomponenten sind möglichst ohne Zeitverzug so anzu-wenden, daß die Unterbrechung der Lagerungstemperatur einschließlich der Transportzeiten 2 Stun-den nicht überschreitet. Blutkomponenten, die absehbar nicht verbraucht werden bzw. nicht benötigtworden sind, müssen unverzüglich an die ATM zurückgegeben werden.

Falls eine sofortige Anwendung nicht möglich ist, jedoch eine kurzfristige Anwendung so wahrschein-lich ist, daß ein Rücktransport der Blutprodukte an die ATM nicht sinnvoll erscheint, müssen die nachdem Transport weiterhin lagerfähigen Blutprodukte sachgerecht gelagert werden.

Lagerungsbedingungen für Blutprodukte

Kategorie Lagerung BesonderheitErythrozytenkonzentrat 2 bis 6°C

in einem erschütterungsfreien KühlschrankDauer der Gültigkeit derVerträglichkeitsprobe vonmaximal 3 Tagen

Thrombozytenkonzentrat 20 bis 24 °C auf einem Thrombozytenagitator

Maximale Haltbarkeit von 5 Tagen

Gefrorenes Frischplasma -30 bis –40°C Gefrorenes FrischplasmaAufgetaut zur sofortigenTransfusion

Keine

Granulozytenkonzentrat Raumtemperatur Maximale Haltbarkeit von24 Stunden

Stammzellkonzentrat,frisch hergestellt

2 bis 6°C in einem erschütterungsfreien Kühlschrank

Maximale Haltbarkeit von72 Stunden

Stammzellkonzentrat,in N2 gefroren

- 120°C und tiefer in einem Stickstofftank

Lieferung in N2 Transport-behältnis, maximale Küh-lung 24 Stunden

Gerinnungsfaktoren 4 bis 6°C

Blutkomponenten, die gekühlt werden müssen, dürfen nicht zusammen mit Blutprodukten gelagertwerden, die nicht gekühlt werden dürfen. Bei EK ist die Dauer der Gültigkeit der Verträglichkeitsprobevon maximal 3 Tagen zu beachten. Bei allen Blutkomponenten ist die Dauer der Haltbarkeit zu beach-ten.

Die Lagerung von Blutkomponenten außerhalb der ATM darf nur unter qualitätsgesicherten Bedingun-gen in dafür zugelassenen Geräten erfolgen. Die folgenden Parameter müssen überprüft und doku-mentiert werden.

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Prüfparameter für die Lagerung von Blutprodukten

� Reinigung des Blutproduktekühlschrankes nach Hygieneplan� Reinigung des Kühlbrutschrankes nach Hygieneplan� Kontinuierliche Temperaturüberwachung, Wechsel der Kreisblattscheiben� Regelmäßige Kontrolle des Alarmsystems� Regelmäßige Kontrolle des Blutkomponenten-Bestandes

Für die Organisation und Qualitätssicherung der Lagerung von Blutprodukten ist der Transfusionsbe-auftragte verantwortlich.

8.3 Rücknahme

Blutkomponenten werden aus dem Blutdepot nur zur unmittelbaren Anwendung am Patienten abge-ben. Eine Rücknahme von Blutkomponenten ist daher auf Ausnahmefälle beschränkt. Grundsätzlichkönnen nur solche Blutkomponenten zurückgenommen werden, deren sachgerechte Lagerung außer-halb der ATM durch die zurückgebende Abteilung auf der Belegkarte „Transfusionsbericht“ im Feld„Rückgabe von nicht transfundierten Blutprodukten“ durch Strichmarkierung dokumentiert und durchName und Unterschrift bestätigt worden ist.

Vor Rücknahme der Blutkomponenten in das Blutdepot und eventueller Weitergabe an andere Pati-enten werden folgende Parameter geprüft:

� Sachgerechte Lagerung außerhalb des Blutdepots � Transportzeiten� Haltbarkeitsdatum� Unversehrtheit von Beutel und Etikett� Temperatur � Hämolyse

Jeder Transfusionsbeauftragte hat in seiner Abteilung ein Qualitätssicherungssystem zu etablieren,daß einen sachgerechten Umgang mit Blutkomponenten und eine umgehende Rückgabe nicht benö-tigter Blutkomponenten sicherstellt, so daß ihre erneute Ausgabe an andere transfusionspflichtige Pa-tienten möglich wird. Eine erneute Ausgabe von Stammzell- oder Granulozytenkonzentraten an anderePatienten ist nicht möglich, da diese Präparate immer gerichtet für einen bestimmten Patienten herge-stellt werden.

Unabhängig von ihrer Wiederverwendbarkeit müssen grundsätzlich alle Blutkomponenten an die ATMzurückgegeben werden. Dies betrifft auch solche Blutkomponenten, deren Haltbarkeit abgelaufen istoder deren Zustand offensichtlich eine weitere Verwendbarkeit ausschließt. Die Rücknahme aller Blut-komponenten hat den Zweck ihre

� sachgerechte Entsorgung und� lückenlose Dokumentation ihres Verbleibs (§ 17 TFG)

sicherzustellen.

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9. Verfügbare Blutkomponenten

Blutkomponenten sind in der Medizinischen Hochschule Hannover ausschließlich über das Blutdepotder ATM verfügbar.

Verfügbare Blutkomponenten

Standardpräparate SpezialpräparateErythrozytenkonzentrat (9.1) Granulozytenkonzentrat (9.4)Thrombozytenkonzentrat (9.2) Blutstammzellkonzentrat (9.4)Gefrorenes Frischplasma (9.3) Eigenblutpräparate (9.6)

Im Gegensatz zu den Standardpräparaten, die 24 Stunden pro Tag zur Verfügung stehen und als Fer-tigarzneimittel hergestellt werden, können Spezialpräparate nur gesondert in Absprache mit den dafürverantwortlichen Ärzten der ATM (Kapitel 1) angefordert werden.

Plasmaderivate wie Albumin, Gerinnungsfaktoren, Immunglobuline werden über die Klinikapotheke derMHH bezogen. Albumin und Immunglobuline sind nur über die Apotheke erhältlich. Gerinnungsfakto-ren wie F. VIII, F. IX, F. XIII, AT III, PPSB, FEIBA werden von der Apotheke in der ATM für Notfallan-forderungen außerhalb der regulären Arbeitszeiten zwischengelagert und können mit dem Formular"Material- und Geräteanforderung" angefordert werden.

9.1 Erythrozytenkonzentrat

Erythrozytenkonzentrate (EK) werden ausschließlich leukozytendepletiert hergestellt. EK werden aus450-500 ml frischem Vollblut einer Einzelspende nach Standardmethoden hergestellt. Sie enthaltenden größten Teil der Erythrozyten einer einzelnen Blutspende. Ca. 2 Stunden nach der Vollblutent-nahme werden alle Einheiten einer Leukozyten-Filtration unterzogen (sog. Inlinefiltration). Dieser führtzu einer nahezu vollständigen Elimination der Leukozyten und Thrombozyten des Vollbluts. Der me-diane Restleukozytengehalt dieser inlinefiltrierten Blutprodukte liegt im Bereich der Nachweisgrenze(unter 1�105 /E), der mediane Restthrombozytengehalt unter der Nachweisgrenze. Diese niedrigenRestzellgehalte kontaminierender Leuko- und Thrombozyten schließen eine Immunisierung des Emp-fängers gegen Leukozyten (HLA-) oder Thrombozyten- (HPA-) Antigene sowie die Übertragung einerCMV-Infektion aus. Nach diesem Filtrationsschritt erfolgt eine Zentrifugation zur Trennung von EK undGFP. Anschließend werden die konzentrierten Erythrozyten in 80-100 ml Erythrozytenkonservierungs-lösung (additive Lösung) aufgeschwemmt, deren Bezeichnung (z.B. SAG-M*, PAGGS-M**.) auf demKonservenetikett deklariert wird (z.B. EK SAG-M NSOB = Erythrozytenkonzentrat des DRK Blutspen-dedienstes Niedersachsen; Oldenburg, Bremen (NSOB) in der Additivlösung SAG-M). Additive Lösun-gen sind optimierte Erythrozytenkonservierungslösungen, die der Aufrechterhaltung des Energiehaus-haltes sowie der Membranstabilität bei adäquater Lagerung (ununterbrochene Kühlkette bei 2-6°C)dienen. Sie gewährleisten eine Haltbarkeit des EK von 35-42 Tagen. Das Verfallsdatum ist auf jederKonserve ausgewiesen. Zur Transfusion muß ein Standard-Transfusionsset mit Aggregatfilter (170-230 �m Porengröße) verwendet werden (Kapitel 3.4.3).

*Inhaltsstoffe: Adenin, Glucose, Mannitol**Inhaltsstoffe: Phosphat, Adenin, Glucose, Guanin, Mannitol

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9.2 Gefrorenes Frischplasma

Gefrorenes Frischplasma (GFP) wird ausschließlich leukozytendepletiert hergestellt. Frischplasmawird entweder aus einer Vollblutspende durch Zentrifugation oder maschinell über eine geeignete Ma-schine (Zellseparator oder Plasmapheresegerät) vom Einzelspender gewonnen. Frischplasma enthältalle Gerinnungsfaktoren sowie auch deren Inhibitoren in wirksamer Form, wobei deren Aktivität minde-stens 70 % der ursprünglichen Aktivität im Spenderplasma beträgt. Das GFP ist grundsätzlich als Leu-kozyten- und Thrombozyten-frei anzusehen. Die Menge übertragener vitaler Leukozyten ist so gering,daß diese in der Regel nicht deklariert werden. Auch der CMV-Antikörper Status des Blutspenders wirdmuß daher nicht mehr ausgewiesen werden. GFP wird als Quarantäneplasma hergestellt (GFP mitSpendernachtestung für HBV, HCV und HIV nach 6 monatiger Quarantänelagerung). Zur Transfusionmuß ein Standard-Transfusionsset mit Aggregatfilter (170-230 �m Porengröße) verwendet werden(Kapitel 3.4.3).

9.3 Thrombozytenpräparate

9.3.1 Thrombozytapheresekonzentrat

Thrombozytapheresekonzentrate (TKZ) werden ausschließlich leukozytendepletiert hergestellt. DieATM stellt in großem Umfang TKZ mittels Zellseparator von meistens CMV Antikörper negativen Ein-zelspendern her. Diese enthalten im Median 2,8 �1011 Thrombozyten/Transfusionseinheit, die in ca.160 – 280 ml Plasma suspendiert sind. Der Herstellungsprozeß für TKZ ist aufwendig und teuer (Ko-sten bei Zukauf vom DRK derzeit 1175,-- DM/E). Da zwischen Herstellung und Freigabe 12 Stundenliegen können und TKZ nur 5 Tage haltbar sind, ist eine Bedarfsplanung durch die anfordernden Ärztenotwendig. TKZ sollten in den Vormittagsstunden bis ca. 12 Uhr angefordert werden. Anforderungenaußerhalb der Vormittagsstunden sowie nachts sollten auf Notfälle beschränkt werden. Der Restzell-gehalt liegt für kontaminierender Leukozyten im Median bei <1�105/E und kontaminierender Erythro-zyten im Bereich der Nachweisgrenze. TKZ-MHH sind daher immer als CMV negativ anzusehen.Rh(D) negative Patienten können in Absprache mit der ATM TKZ von Rh(D) positiven Spendern er-halten. Da der Herstellungsprozeß eine effektive Leukozytendepletion gewährleistet, ist eine zusätzli-che Leukozytenfiltration bei der Transfusion überflüssig. Zur Transfusion muß ein Standard-Transfusionsset mit Aggregatfilter (170-230 �m Porengröße) verwendet werden (Kapitel 3.4.3).

9.3.2 Thrombozytapheresekonzentrat - HLA / HPA kompatibel

Thrombozyten tragen 100-250 � 103 HLA Klasse I Antigene und >105 HPA Antigene auf ihrer Zellober-fläche. Bei Alloimmunisierung gegen diese antigenen Strukturen tritt der klinische Zustand der Throm-bozytenrefratärität ein, d.h. nach Thrombozytentransfusion bleibt der erwartete Anstieg aus. In diesenFällen kann die ATM TKZ von HLA bzw. HPA kompatiblen, gelegentlich auch HLA- bzw. HPA identi-schen Spendern bereitstellen. Wegen der eingeschränkten Spenderauswahl kann in diesen Fälleneine längere Bereitstellungsdauer nicht immer vermieden werden. Es empfiehlt sich daher, in solchenFällen kompatible TKZ ca. 24-48 Stunden im voraus anzufordern. Dies gilt insbesondere für Wochen-enden und die Sommermonate, da dann viele Spender nur schwer oder gar nicht erreichbar sind.

9.3.3 Thrombozytenkonzentrat aus Vollblutspenden

Thrombozytenkonzentrate aus einzelnen Vollblutspenden (TKR) werden nicht mehr verwendet. Eskann bei Versorgungsengpässen vorkommen, daß sog. Poolkonzentrate von anderen Blutspende-diensten zugekauft werden müssen. Dabei handelt es sich um Thrombozyten von vier Vollblutspen-den, die mittels eines aufwendigen präparativen Verfahrens in einem Beutel zusammengefaßt werden.Obwohl diese sog. Poolkonzentrate leukozytendepletiert sind, weisen sie ein schlechteres Lagerungs-verhalten auf und belasten den Patienten mit dem Alloimmunisierungs- und Infektionsrisiko von meh-reren Spendern. Aus diesen Gründen kommen sie an der MHH nur ausnahmsweise zum Einsatz.

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9.4 Granulozytenkonzentrat

Bei neutropenischen Patienten oder bei angeborenen Störungen der Granulozytenfunktion kann dieGabe von Granulozytenkonzentraten (GK) indiziert sein. Es wird die Übertragung von mindestens 2�1010 Granulozyten/E angestrebt. Aus technischen Gründen können keine reinen GK hergestellt wer-den. GK enthalten immer auch Erythrozyten (Hämatokrit je nach Präparation ca. 0,04 - 0,20), Lympho-zyten (ca. 5-15 %), Monozyten (ca. 5 %) und Thrombozyten (der Thrombozytengehalt kann einemregulären Thrombozytapheresekonzentrat entsprechen).

GK können nur nach einer medikamentösen Vorbehandlung des Granulozytenspenders gewonnenwerden. Prinzipiell stehen hierfür Cortisonpräparate oder der Wachstumsfaktor G-CSF (Neupogen�,Granocyte�) zur Verfügung. Während unverwandte Spender meist Cortisonpräparate vor der Separa-tion erhalten, wird bei der Verwandtenspende zunehmend G-CSF als vorbereitendes Medikament ver-wendet. Im Rahmen von Studien der ATM können auch unverwandte Spender G-CSF zur Mobilisationvon Granulozyten erhalten.

Beide Substanzen steigern die Anzahl der Leukozyten und den Anteil der Granulozyten im Blut (Mobili-sation) und gewährleisten damit einen angemessenen Zellertrag. Die Vorbereitung zur Granulozyten-spende bei unverwandten Spendern wird von der ATM, bei Familienspendern von der Abteilungdurchgeführt, in der der Patient behandelt wird. Aufgrund der aufwendigen Vorbereitungen ist für dieBereitstellung von GK in der Regel ein Vorlauf von mindestens 24 Stunden erforderlich. Weiterhin istzu beachten:

� Aufgrund der großen Anzahl vitaler Lymphozyten müssen GK zur Prophylaxe einer GvHD immerbestrahlt werden.

� Es besteht das Risiko einer CMV Übertragung durch CMV-seropositive Granulozytenspender.� Aufgrund des Erythrozytengehalts sollte der Spender AB0 kompatibel sein. Von dieser Regel kann

in Absprache mit der ATM u.U. abgewichen werden, wenn statt eines ABO kompatiblen, aberCMV-Antikörper positiven Spenders ein ABO inkompatibler, aber CMV-Antikörper negativer Spen-der zur Verfügung steht (Pieper 74-2189 oder 74-2855).

� Aufgrund des hohen Erythrozytengehalts ist eine serologische Verträglichkeitsprobe erforderlich.� Aufgrund des hohen Lymphozytengehalts ist ein HLA Crossmatch erforderlich.

9.5 Blutstammzellkonzentrat

Allogene oder autologe Apheresen für Blutstammzellkonzentrate bzw. Knochenmarkkonzentrate wer-den von der ATM im Rahmen einer Kooperation zwischen der MHH und der Fa. Cytonet (CytonetGmbH, Feodor-Lynen-Str. 21, 30625 Hannover) durchgeführt. Die ATM führt dabei die Leukapheresezur Gewinnung des Blutstammzellkonzentrats oder die Prozessierung des Knochenmarkkonzentratsdurch. Die Mobilisation der Blutstammzellen ins periphere Blut bzw. Knochenmarkentnahme ist Aufga-be des behandelnden internistischen oder pädiatrischen Hämatologen. Die Weiterverarbeitung desKonzentrats (Einfrieren, Selektion bestimmter Zellfraktionen), die Lagerung und Ausgabe des fertigenArzneimittels erfolgen durch die Fa. Cytonet.

Die Anmeldung des Patienten oder Spenders erfolgt grundsätzlich immer schriftlich mit dem For-mular ”Anmeldung zur Apherese und Verarbeitung von hämatopoetischen Zellpräparaten” (Anhang).Zusätzliche sollte eine telefonische Anmeldung erfolgen, um die notwendigen Arbeitsschritte sinnvollzu koordinieren. Auf dem Anmeldeformular finden sich bereits die wesentlichen Informationen wieDiagnose, Art und Beginn der Mobilisation, weitere Bearbeitungsschritte durch die Fa. Cytonet, Emp-fänger und Empfängerzentrum bei allogenen Spendern. Die Anmeldung zur Apherese und Verarbei-tung von hämatopoetischen Zellpräparaten wird von der Stammzellaphereseabteilung der ATM perFax an die Fa. Cytonet zu deren frühzeitigen Information weitergeleitet. Nach Eintreffen der Anmel-dung setzt sich der Arzt der ATM mit der anmeldenden Station in Verbindung und bespricht das weite-re Vorgehen. Bei Patienten mit Plasmocytom bzw. Immunocytom, bei denen es häufig aufgrund derPlasmahyperviskosität zu einem schlechtem Ertrag an CD34 positiven Zellen durch die Stammzella-pherese kommen kann, ist mit dem Arzt der ATM die Notwendigkeit einer vorherige Plasmapherese zubesprechen.

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Die Probenentnahme für das CD34 Monitoring erfolgt durch die behandelnde Abteilung. Diese ent-nimmt die Blutproben am Nachmittag oder Abend des Vortages oder am Apheresetag vor 7.45 Uhrmorgens und schickt sie zur ATM. Dort werden sie im Stammzellkühlfach der ATM gelagert undwerktäglich (Mo-Fr) um 8.00 Uhr von einer MTLA des Stammzelllabors der Abteilung Hämatologieabgeholt. Das Stammzelllabor teilt die CD34 Befunde einschließlich der Gesamtleukozytenzahl in derRegel bis 11.00Uhr vormittags per Fax oder telefonisch dem Arzt der Stammzellabteilung der ATM mit.Nach Vorliegen der Befunde organisiert der Stammzellarzt das weitere Vorgehen (weitere CD34-Messungen, Abbruch der Mobilisation bei Ausbleiben adäquater CD34 Werte, Initiierung der Aphere-se) telefonisch mit dem behandelnden Arzt oder direkt mit der stammzellspendenden Person. Er in-formiert auch die Fa. Cytonet. Eine Stammzellapherese wird initiiert, wenn die Anzahl der CD34+ Zel-len im peripheren Blut den Wert von 20/�L übersteigt. Bei Patienten bzw. allogenen Spendern, dieschlecht mobilisieren, kann der CD34 Trigger zur Stammzellapherese ausnahmsweise auf 10/�L ge-senkt werden. Falls der Wert von 10 CD34+ Zellen/�L nicht erreicht oder unterschritten wird, erfolgt inder Regel keine Apherese, da ein transplantationsfähiges Produkt in der Regel nicht erzielt werdenkann.

9.6 Präoperative Eigenblutspende

Die ATM führt auf Anforderung die präoperative Eigenblutspende durch. Hierfür sollte der Patient tele-fonisch zur Terminvereinbarung angemeldet werden. Eigenblutentnahmen werden Mo - Fr von 11.00 -13.30 Uhr nach vorheriger Terminvereinbarung durchgeführt. Anmeldungen und Terminvergabekönnen unter der Telefonnummer 2073 erfolgen. Da nach stationärer Aufnahme erfahrungsgemäßkeine Zeit zur Eigenblutentnahme verbleibt, sollte sie schon im Vorfeld der stationären Aufnahme, z.B.durch die betreuende Ambulanz der Kliniken oder in Absprache mit dem Hausarzt organisiert werden.Für Patienten, die von Hannover weit entfernt wohnen, ist ggf. eine Eigenblutspende in einem näheram Wohnort gelegenen Blutspendedienst ratsam. Bei der Anmeldung in der ATM sind zu berücksichti-gen:

� Operations-Termin� Anzahl der geplanten Eigenblutkonserven� Haltbarkeit - Eigen-EK sind maximal 42 Tage, Eigen-TK maximal 5 Tage haltbar� Spenderhythmus - in der Regel eine Eigenblutspende pro Woche

Präoperativ können bis zu 4 Eigenblutspenden gewonnen werden, d.h. in der Regel sollten zwischenAnmeldung und Operations-Termin nicht mehr als 4 Wochen liegen. Die Aufklärung des Patientenüber die Möglichkeit zur Eigenblutspende, die Indikation zur Eigenblutentnahme; aktuelles Blutbild unddie Anzahl der herzustellenden Blutprodukte sind Aufgaben der anfordernden Abteilung. Die Indika-tion zur Eigenblutspende ist in der Regel gegeben,

� wenn der perioperative erwartete Blutverlust �1000 ml bzw. die Transfusionswahrscheinlichkeit�10 % betragen.

Hämostasestörungen bzw. Antikoagulantientherapie müssen unbedingt angegeben werden, da in die-sen Fällen das Eigenplasma verworfen wird. Die Kontraindikationen sind zu beachten (Kapitel 9.6.1und 9.6.2). Die endgültige Beurteilung der Spendefähigkeit eines Patienten erfolgt in der ATM.

Das entnommene Eigen-Vollblut wird in Eigen-EK und Eigen-GFP, in besonderen Fällen nach Abspra-che auch in Eigen-TK aufgetrennt. Die Eigenblutprodukte werden zusätzlich mit Name, Vorname undGeburtsdatum des Patienten gekennzeichnet. Eigen-EK ist 42 Tage, Eigen GFP 2 Jahre und Eigen-TK5 Tage haltbar. Eigenblut darf auch bei Konservenengpässen nicht an andere Patienten weitergege-ben werden. Eigen-EK und Eigen-GFP werden nach 42 Tagen Lagerung verworfen.

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Sollten bei der Eigenblutentnahme von den verbindlichen Freigabekriterien abweichende Laborbefun-de erhoben werden, so wird

� bei positivem HIV-Antikörper Befund das Eigenblut grundsätzlich verworfen� bei positivem HBsAg-, anti-HCV, TPHA Befund der behandelnde Arzt schriftlich benachrichtigt. Die

Eigenblutkonserven werden mit einem Begleitschein ausgegeben, der den kritischen Befund bein-haltet.

Werden auswärts entnommene Eigenblutkonserven bei der stationärer Aufnahme mitgebracht, sosind diese unverzüglich in der ATM abzugeben. Auf dem Anforderungsbeleg für Blutprodukte mußvom anfordernden Arzt vermerkt werden, daß Eigenblut verfügbar ist. Nativblut des Patienten ist mit-zuschicken, damit die serologische Verträglichkeitsprobe durchgeführt werden kann.

Gemäß Abschnitt 4.6.1 der Richtlinien zur Gewinnung und Anwendung von Blutprodukten der BÄKmuß vor jeder Eigenblut-Transfusion ein AB0-Bedside-Test beim Empfänger der Konserve undden Eigen-EK durchgeführt werden (Kapitel 3.4). Zur Transfusion muß ein Standard-Transfusionsset mit Aggregatfilter (170-230 �m Porengröße) verwendet werden (Kapitel 3.4.3).

9.6.1 Absolute Kontraindikationen für die präoperative Eigenblutspende

� Erythrozytendefekte: Membrandefekte, Enzymo-, Hämoglobinopathien.� Anämie: Hämoglobin (Hb <11.0 g/dL; HKT 33 %)� Fieberhafter Infekt� Dekompensierte Herzinsuffizienz� Instabile Angina pectoris� Coronare Hauptstammstenose (�70 %)� Aktuelle ergometrische Belastbarkeit (�50 W)� Aktuelle linksventrikuläre Auswurffraktion (�40 %)� Aortenstenose mit Druckgradient (�70 mmHg)� Respiratorische Globalinsuffizienz� HIV-Infektion

9.6.2 Relative Kontraindikationen für die präoperative Eigenblutspende

� Hohes Alter (�80-85 Jahre)� Gewicht: Erwachsene sollten 50 kg; Kinder ca. 25 kg erreichen; Abweichungen sind in Absprache

mit der ATM möglich� Schwangerschaft� Psychische Erkrankungen� Zerebrale Durchblutungsstörungen� Kardiale Erkrankungen: Kompensierte Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen� Leberinsuffizienz� Niereninsuffizienz� Chronische Lungenerkrankung� Epilepsie� Ausgeprägte Hypotonie� Reduzierter Allgemeinzustand� Tumorerkrankungen

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9.7 Spezielle Präparationen

9.7.1 Bestrahlung

EK und TK werden auf Anforderung, GK immer mit einem speziellen Blutkonservenbestrahlungsgerätin der ATM bestrahlt (Cs137 Gammastrahler, Dosis 30 Gy). Die einzige Indikation zur Bestrahlung istdie Proliferationshemmung kernhaltiger Zellen zur Vermeidung der transfusionsassoziierten Graft ver-sus Host Reaktion. Die Bestrahlung von EK erfolgt bis zum 14. Tag nach der Herstellung. Nach Be-strahlung sind EK 6 Tage, portionierte EK (Kapitel 9.7.3) 2 Tage haltbar. Die Haltbarkeit von GK undTK wird durch die Bestrahlung nicht beeinträchtigt. Blutstammzellkonzentrate (Kapitel 9.5) und Eigen-blutpräparate (Kapitel 9.6) werden grundsätzlich nicht bestrahlt.

9.7.2 Waschen zellulärer Blutkomponenten

Zelluläre Blutkomponenten können durch Zugabe von 0,9%iger NaCl-Lösung, Zentrifugation und Ver-wurf der Waschlösung und anschließender 2-3maliger Wiederholung dieses Vorgangs effektiv vonihrer Plasmabeimengung befreit werden. Gewaschene Blutkomponenten sind nach dem ”Wasch-vorgang” nahezu frei von Plasma und enthalten die zelluläre Blutkomponente in isotoner Kochsalzlö-sung oder in einer Additivlösung. Während Erythrozyten diese Manipulationen relativ gut vertragen,führt die intervallartige Zentrifugation bei Thrombozyten zu einer deutlichen Thrombozytenaktivierungund damit zu einer Qualitätsminderung des Produkts. Darüber hinaus kann das Risiko einer bakteriel-len Kontamination durch die genannten Bearbeitungsschritte zunehmen. Aus diesen Gründen ist dieHaltbarkeit gewaschener Blutkomponenten auf 24 Stunden begrenzt. Der Einsatz gewaschener Blut-komponenten kommt heute nur noch bei sehr wenigen Indikationen in Betracht.

9.7.3 Portionieren

EK und TK können in Teilmengen mit niedrigerem Volumen aliquotiert werden (EK 45-90 ml, TK 30-120 ml). Dadurch wird gewährleistet, daß z.B. ein Frühgeborenes über einen längeren Zeitraum mitder Blutkomponente nur eines Spenders versorgt werden kann. Um die Teilmengen sinnvoll nutzen zukönnen, sollten zum Zeitpunkt der Portionierung EK nicht älter als 7 Tage und TK nicht älter als 3 Tagesein. Die Bestrahlung von Teilmengen aus EK erfolgt bis zum 14. Tag nach Herstellung des EK. NachBestrahlung sind Teilmengen aus EK 2 Tage haltbar. Die Haltbarkeit von Teilmengen aus TK wirddurch die Bestrahlung nicht beeinträchtigt und entspricht der Haltbarkeit des TK, aus dem die Teil-mengen hergestellt wurden.

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10. Hämotherapie 10.1 Berücksichtigung der Blutgruppen bei der Transfusion von Blutkomponenten

Die Blutgruppenbestimmung ist im Regelfall Voraussetzung für die Transfusion aller Blutkomponenten,um die Notwendigkeit der blutgruppenidentischen Transfusion erfüllen zu können.

Primär berücksichtigte Blutgruppen zur Bereitstellung von Blutkomponenten

Frequenz1 (%) der wichtigsten ErythrozytenantigeneBG-System ABO Rhesus KellAntigene O A B AB D C c E e KFrequenz1 38 48 9 5 86 72 83 32 98 8

1 Mitteleuropa

Frequenz1 (%) Rhesus positiver und Rhesus negativer SpenderRh(D) positiv Rh(D) negativ (dd)

O Rh(D) pos 32.7 O Rh(D) neg 5.3A Rh(D) pos 41.3 A Rh(D) neg 6.7B Rh(D) pos 7.7 B Rh(D)neg 1.3AB Rh(D) pos 4 AB Rh(D) neg <1

1 Mitteleuropa

10.1.1 ABO System

Die Verabreichung von Blutkomponenten erfolgt ABO-gleich. Bei Konservenengpässen kann es not-wendig werden, ABO-ungleich, majorkompatibel zu transfundieren. Die ABO Transfusionsregeln fürEK, GFP und TK sind unterschiedlich.

ABO Kompatibilitätsregeln für EK(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles EK0 0A A und 0B B und 0AB AB, A, B, 0

ABO Kompatibilitätsregeln für GFP(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles GFP0 AB, A, B, 0A A und ABB B und ABAB AB

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ABO Kompatibilitätsregeln für TK(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles TK0 0, B, AA A, AB, ggf. 0B B, AB, ggf. 0AB AB, A, BTK können in Absprache mit der ATM ABO inkompatibel transfundiert werden.

10.1.2 Rhesus und Kell System

Rhesus-Merkmal D (Rh(D) positiv)

Die Verabreichung von EK erfolgt Rhesus (D)-blutgruppengleich. Dies gilt vor allen für weibliche Per-sonen bis zur Menopause, für männliche Kinder bzw. Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und fürlangfristige Transfusionsempfänger. Von dieser Regel darf nur bei vitaler Indikation abgewichen wer-den.

Berücksichtigung von Rh(D) (Rhesus (D) „Blutgruppenumstellung“ Rh(D) pos � Rh(D) neg)

Bei Konservenengpässen kann das Merkmal Rh(D) nicht immer berücksichtigt werden. Die Transfusi-on von Rh(D) positiven EK auf Rh(D) negative (dd) Patienten (sog. Rhesus (D)-Blutgruppen-umstellung) darf nur bei

� Erwachsenen männlichen Patienten � Weiblichen Patienten jenseits des gebärfähigen Alters

ohne langfristigen Transfusionsbedarf durchgeführt werden. Die Umstellung geschieht in Absprachezwischen dem diensthabenden Arzt der ATM und dem behandelnden Arzt. Der Patient sowie seinHausarzt müssen unbedingt in Kenntnis gesetzt werden, da 2-4 Monate nach der Transfusion ein Anti-körpersuchtest veranlaßt werden muß. Selbst bei älteren Patienten (> 70-75 Jahre) muß mit einerWahrscheinlichkeit von mindestens 50 % mit der Induktion von Anti-D bzw. Anti-CD gerechnet werden.Die Transfusion Rh(D) positiver Patienten mit Rh(D) negativen (dd) EK ist prinzipiell möglich, muß aberwegen der relativen Seltenheit Rh(D) negativer (dd) Konserven in der Regel unterbleiben.

Weitere Rhesus-Merkmale (Rh C/c und E/e)

Weitere Rh-Merkmale wie Rh C/c und E/e werden bei weiblichen Personen bis zur Menopause, beimännlichen Kindern bzw. Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr und bei langfristigen Transfusi-onsempfängern berücksichtigt. Bei erwachsenen männlichen Patienten ohne langfristigen Transfusi-onsbedarf sowie bei weiblichen Personen jenseits des gebärfähigen Alters werden diese Rhesus-merkmale in der Regel nicht berücksichtigt, da die transfusionsassoziierte Bildungswahrscheinlichkeitvon Antikörpern gegen diese Rhesusmerkmale gering ist (isoliertes Anti-C 2 %o, Anti-E 3,4 %, anti-c4,1 % und Anti-e 1,1 %).

Kell (K)Für das Kell Blutgruppensystem gelten die gleichen Transfusionsregeln wie für den Rh-Faktor D.

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10.1.3 Übersicht zur Berücksichtigung der Blutgruppen

Kompatibilität Frauen bisMenopause

Männliche Patientenbis 18. Lebensjahr

Langfristige Trans-fusionsempfänger

Sonstige Patienten

ABO ja ja ja ja

Rh(D) Faktor ja ja ja ja,außer bei Konserve-

nengpässenRh-C/c u. E/e ja ja,

außer bei Konser-venengpässen

ja,außer bei Konser-

venengpässen

nein

Kell (K) ja ja,außer bei Konser-

venengpässen

ja,außer bei Konser-

venengpässen

nein

10.1.4 ABO inkompatible Blutstammzell-Transplantation

Das Transfusionsregime bei ABO inkompatibler Blutstammzell-Transplantation orientiert sich an denGrundsätzen Sicherheit und Praktikabilität. Generell sollte bei absehbarer ABO inkompatibler Blut-stammzell-Transplantation schon vor der Transplantation die EK Versorgung mit Blutgruppe O durch-geführt werden.

Versorgung mit Blutkomponenten

Empfänger-BG Spender-BG EK GFP TK0 A 0 A, AB A, AB0 B 0 B, AB B, AB0 AB 0 AB A, ABA B 0 AB B, ABA AB A oder 0 AB A, ABB A 0 AB A, ABB AB B oder 0 AB B, AB

AB O 0 AB, A AB, AAB A 0 AB, A AB, AAB B 0 AB, B AB, B

Dieses Schema sollte während der ersten 3 Monate nach ABO inkompatibler Blutstammzell-Transplantation verwendet werden. Bei stabiler Etablierung der Spenderhämatopoese kann früher zuden üblichen Transfusionsregeln zurückgekehrt werden. Von diesen Empfehlungen muß im Hinblickauf die Thrombozytensubstitution gelegentlich abgewichen werden, insbesondere wenn eine HLA-oder HPA-Kompatibilität zusätzlich berücksichtigt werden müssen.

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10.2 Allgemeine Grundsätze zum Einsatz von Blutkomponenten und Plasmaderivaten Die Gabe von Blutprodukten ist nur angezeigt, wenn Patienten ohne Transfusion einen gesundheitli-chen Schaden erleiden und eine andere gleichwertige Therapie nicht möglich ist. Eine Entscheidungfür eine Transfusion muß daher außer Laborwerten, den klinischen Zustand, das Geschlecht, Alter undPrognose des Patienten berücksichtigen. Wegen der mit der Transfusion von Blutkomponenten ver-bundenen unvermeidbaren blutgruppenserologischen und infektiösen Risiken muß die Indikation zurTransfusion stets streng gestellt werden. 10.3 Kalkulation des Transfusionsbedarfs Wesentliche Variablen für die Kalkulation des Gesamtblutvolumens (GBV) und des Plasmavolumens(PV) sind Alter, Geschlecht und vor allem das Körpergewicht. Im folgenden sind realistische Schätz-werte für die genannten Größen sowie Formeln für den abzuschätzenden Transfusionsbedarf angege-ben. Gesamtblutvolumen Frühgeborene 100-105 ml/kg Reife Neugeborene 80-90 ml/kg Kleinkinder 75 ml/kg Erwachsene 70 ml/kg

Formel zur Berechnung des Plasmavolumens (Erwachsene) PV = 70 ml/kg � (1-HKT)

Die bekannten Formeln zur Berechnung des EK- bzw. TK-Bedarfs für die Erzielung therapeutisch er-wünschter Hämatokrit- bzw. Thrombozytenwerte gehen von der Annahme aus, daß derzeit kein er-höhter Zellverbrauch (beispielsweise durch Blutung, Hypersplenismus, Autoantikörper) vorliegt. Dadiese Verhältnisse häufig gerade nicht vorliegen, sind sie zur vorherigen Berechnung des tatsächlichenTransfusionsbedarfs oft nur von geringem Nutzen. Sie können jedoch nachträglich eine wichtige Hilfebei der Verlaufsbeobachtung bzw. Therapiekontrolle sein, da der inadäquate Transfusionsanstieg u.U.einziges Symptom klinisch inapparenter Blutungen, das Vorliegen von Allo- und Autoantikörpern u.a.m. sein kann. Formel zur Berechnung des EK - Bedarfs, um einen gewünschten HKT zu erzielen (Erwachse-ne) (HKTerwünscht - HKTPat) � GBV HKTKonserve

= Erythrozytenvolumen [ml]

Zur Vereinfachung der Berechnung kann der HKT der Konserve einheitlich mit 60 % und das Erythro-zytenvolumen eines EK mit 300 ml veranschlagt werden.

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Formel zur Berechnung des TK - Bedarfs, um ein gewünschtes Increment zu erzielen (Erwach-sene)

(TpostTx - TpraeTx �109 /L) � KO[m2] TKonz �1011

= CCI

T post TX = Thrombozytenwert nach Thrombozytentransfusion, T prae TX = Thrombozytenwert vorThrombozytentransfusion, T Konz = Thrombozytenwert im Konzentrat, KO = Körperoberfläche, CCI =corrected count increment Die Formel korrigiert den Thrombozytenanstieg (Increment) um die Körperverhältnisse des Patientensowie um den Thrombozytengehalt des Konzentrats (MHH-Standard 2.8�1011 /E). Der CCI sollte 18-24Stunden nach Transfusion �7500/µl über dem Ausgangswert vor Thrombozytensubstitution liegen. AlsFaustregel für einen adäquaten Transfusionserfolg gilt, daß bei Patienten ohne erhöhten Thrombo-zytenumsatz der Thrombozytenwert 24 Stunden nach Thrombozytentransfusion um �12000/�L überdem Thrombozytenwert vor Transfusion liegen sollte. Eine Formel zur Berechnung des Granulozytenbedarfs gibt es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht.Erfahrungsgemäß entwickeln sich vital bedrohliche Infektionen trotz adäquater Therapie, wenn derperiphere Granulozytenwert des Patienten dauerhaft 500 /�L unterschreitet. 10.4 Alternativen zur Transfusion mit Blutkomponenten Transfusionen sind nicht indiziert: � zur Besserung des Allgemeinbefindens � zur Förderung der Wundheilung� zur Volumensubstitution� prophylaktisch

Die prophylaktische Gabe von EK trifft vor allem Patienten mit chronischer Anämie. Patienten mit lee-rer cardiovasculärer Anamnese tolerieren jedoch häufig Hb-Werte um 5 g/dL ohne erhöhte Morbiditätund Mortalität. Patienten, deren chronische Anämie einer kausalen Therapie zugeführt werden kann(z.B. Beseitigen der Blutungsquelle, des Eisen-, B12-, Folsäuremangels, adäquate Behandlung einerchronischen Infektion wie z.B. TBC, Osteomyelitis, Gambliasis) dürfen nur bei vitaler Indikation mit EKtransfundiert werden. Leider ist auch die prophylaktische Gabe von TK weit verbreitet. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, daßmit vital bedrohlichen Blutungskomplikationen in den meisten Fällen erst bei Thrombozytenwerten umbzw. unter 5000 /�L gerechnet werden muß. Dies gilt vor allem für Patienten, die sich in der hämatolo-gischen Regeneration nach Chemotherapie befinden. Die Eigenblutspende kann als prae- bzw. intraoperativen Hämodilution, als intraoperatives maschi-nelle Autotransfusion (Cell-Saving) und als praeoperative Eigenblutentnahme (Kapitel 9.6) durchge-führt werden. Der Vorteil der Hämodilution bzw. der maschinellen Autotransfusion sind der geringeorganisatorische, logistische und finanzielle (Hämodilution) Aufwand. Allerdings kommt es nur bei derpraeoperativen Eigenblutentnahme zu einem echten Erythrozytengewinn, der sich aus der Hämato-poese des Eigenblutspenders über die u.U. mehrwöchige Periode der Eigenblutentnahme ergibt. 10.5 Therapie mit Erythrozytenkonzentraten Der einzige Zweck der Erythrozytentransfusion ist die Steigerung der O2-Transportkapazität. Universellanwendbare Grenzwerte für Hb oder HKT als Transfusionstrigger lassen sich nicht festlegen. Bei kar-dial und angiologisch unauffälligen Patienten mit länger bestehender Anämie (mehrere Wochen) ge-währleisten Adaptationsprozesse eine normale Gewebsoxygenation noch bei Hb-Werten von 6,0-7,0g/dL (HKT 20-25 %). Ältere Patienten, vor allem solche mit Vorerkrankungen des Herz-/Kreislauf

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systems, wird man hingegen frühzeitig substituieren. Bei akutem Blutverlust mit Absinken des Hb unter6,0-7,0 g/dL ist die Entscheidung zur Transfusion von EK individuell anhand des klinischen Gesamtzu-standes zu treffen. Ein Abfall des Hb-Wertes auf 4,5-5,0 g/dL (HKT � 15 %) gilt allgemein als kritisch;in diesem Fall läßt sich eine Substitution mit EK auch bei Patienten mit bereits länger bestehenderAnämie und klinischer Adaptation kaum vermeiden. 10.5.1 Indikationen für EK � Patienten mit akuter oder chronischer Anämie

10.5.2 Indikationen für bestrahlte EK

Gesicherte Indikationen: � alle Patienten mit Blutstammzelltransplantation � alle Patienten vor autologer Blutstammzellentnahme. Der Patient muß ab dem Beginn der letzten

konventionellen Chemotherapie vor der Hochdosis-Chemotherapie mit bestrahlten Blutkompo-nenten versorgt werden.

� intrauterine Transfusionen� Transfusionen bei Frühgeborenen und Neugeborenen� Austauschtransfusionen� Kinder jünger als 6 Monate� Kinder mit jeglicher Form eines Immundefekts� Transfusion bei schwerem Immundefektsyndrom� alle (gerichteten) Verwandtenspenden� alle Granulozytentransfusionen

Der vorliegende Indikationskatalog entspricht den Leitlinien der BÄK zur Therapie mit Blutkomponen-ten und Plasmaderivaten (2. überarb. Aufl., April 2001). Da es bei Beachtung dieses Indikationskatalo-ges vorkommen kann, daß Patienten zeitweise bestrahlte Blutprodukte und zeitweise unbestrahlteBlutprodukte erhalten, obliegt der / dem anfordernden Ärztin/Arzt hinsichtlich der korrekten Anforde-rung eine große Verantwortung. 10.5.3 Indikationen für anti-CMV negative EK Anti-CMV negative Blutkomponenten haben durch die Leukozyten-Filtration ihre frühere Bedeutungverloren. Die einzige verbliebene Indikation ist die � Intrauterine Transfusion bei anti-CMV negativer Mutter.

Falls anti-CMV negative Patienten mit allogenem anti-CMV negativen Knochenmark-/ Blutstammzell-spender CMV-seronegative Blutkomponenten erhalten sollen, ist telefonische Rücksprache mitder/dem diensthabenden Ärztin/Arzt der ATM in jedem Einzelfall erforderlich. 10.5.4 Indikationen für gewaschene EK � schwere anaphylaktoide Unverträglichkeitsreaktionen gegen Plasmaproteine unklarer Genese� IgA-Mangel mit nachgewiesenen Antikörpern gegen IgA 10.5.5 Indikationen für portionierte EK � Transfusionen bei Früh- und Neugeborenen� Kinder jünger als 6 Monate

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Portionierte EK sollten Rh-Formel und Kell kompatibel sein. 10.5.6 Austauschtransfusion Austauschtransfusionen beschränken sich heute auf � Morbus hämolyticus neonatorum (MHN)� ABO Fehltransfusionen (nur bei Fehltransfusion einer höheren Anzahl von EK und nur nach Klä-

rung der Indikation durch die ATM)� Malaria (nur bei ausgeprägter Parasitämie)� Sichelzellanämie, Thalassämie u.a. korpuskuläre hämolytische Anämien

Austauschtransfusionen beim Morbus haemolyticus sind in der Regel mit Rhesusantikörpern (vor al-lem Anti-D, Anti-c), gelegentlich auch mit Anti-K assoziiert. Selten kann auch eine ABO Erythroblastosezum Erythrozytenaustausch führen. Bei reifen Neugeborenen kommen 2-3 leukozytendepletierte EKder Blutgruppe 0 (nicht älter als 7 Tage) zum Einsatz. Die genannten EK werden bestrahlt abgegebenund sollen unverzüglich transfundiert werden. � Es kommt nicht in jedem Fall 0 Rh(D) negatives Blut zum Einsatz. Die Wahl der Rh-Formel

bei der MHN-Austauschtransfusion richtet sich nach dem vorliegenden Rh-Antikörper (z.B. bei an-ti-c Gabe von O Rh(D) pos CCD.ee).

Bei ABO Fehltransfusion ist eine Austauschtransfusion selten indiziert, da die inkompatiblen Erythro-zyten in der Regel innerhalb von maximal 30-60 Minuten komplett hämolysiert werden. Dies trifft vorallem bei Fehltransfusion von nur 1-2 EK zu. Hinzu kommt, daß Austauschtransfusionen erst bei ei-nem Anteil von mindestens 20 % inkompatibler Erythrozyten mit vertretbarem Aufwand durchführbarsind. Daher kommt sie bei dieser Indikation nur in Frage, wenn: � große Mengen inkompatibler EK (mindestens 6 EK) transfundiert wurden� der direkte Coombstest nach Fehltransfusion eindeutig positiv ist

(negativer oder nur schwach positiver direkter Coombstest sprechen für eine (nahezu) Totalhä-molyse der inkompatiblen Erythrozyten)

� eine schwere Hämolyse vorliegt (bei z.B. altersbedingt niedrigem Isoagglutinintiter kann die Hämolyse schwach ausgeprägt seinoder sogar ausbleiben)

Bei Malaria ist ein maschineller Erythrozytenaustausch erfahrungsgemäß nur bei massiver Parasitämie(� 30-40 %) indiziert. Bei Parasitämien von 10-30 % reicht eine großzügige EK Substitution meist aus.Ein maschineller Erythrozytenaustausch bei Sichelzellanämie, Thalassämie u.a. hämolytischen An-ämien dient der Behandlung von (Schmerz)Krisen bzw. zur Homöostase des Eisenhaushalts (Verhin-derung der Transfusionshämosiderose). Erfahrungsgemäß ist ein maschineller Erythrozytenaustauschnur dann mit vertretbarem Aufwand durchführbar, wenn der Anteil pathologischer Erythrozyten 15-20% der Erythrozytenmasse des Patienten übersteigt. 10.5.7 Intrauterine Erythrozytentransfusion Bei der intrauterinen Transfusion werden

� bestrahlte Erythrozytenpräparationen (meist O Rh(D) negativ, anti-CMV negativ und leukozyten-depletiert),

� mit niedrigem Konservenvolumen (meist 10-30 ml) � sowie erhöhtem Konservenhämatokrit (in der Regel 70-80 %)

eingesetzt. Die entsprechenden Werte werden von der neonatologischen Abteilung vorgegeben. Dabeiist zu beachten, daß der erhöhte HKT nach Verwurf der Erythrozytenkonservierungslösung eine deutli-che Qualitätsminderung und eine Begrenzung der Haltbarkeit auf 24 Stunden bedingt. Erythrozyten-präparationen zur intrauterinen Transfusion werden nur nach Rücksprache mit der ATM bereitgestellt.

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Transfusionsordnung Version 2001

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10.5.8 Notfalltransfusion Bei akuter lebensbedrohlicher Blutung kann es erforderlich sein, EK unverzüglich zu transfundieren. Indiesem Fall können EK ohne abgeschlossene Kreuzprobe von der ATM ausgegeben werden (Kapitel3.3.4 und Kapitel 4). Falls die Blutgruppe des Notfallpatienten nicht bekannt ist, werden � EK der Blutgruppe 0 Rh(D) negativ und GFP der Blutgruppe AB ausgegeben

Falls ein Versorgungsengpaß mit Rh(D) negativem Blut besteht, kann es notwendig werden, bereitsvor Kenntnis der Rh-Blutgruppe O Rh(D) positive EK auszugeben. Nach Bestimmung der Blutgruppewerden möglichst AB0, Rh(D) gleiche EK ausgegeben. Das Rh(D) Merkmal kann bei Notfall-Massivtransfusionen häufig nicht berücksichtigt werden (Kapitel 4.3).

Für alle EK wird parallel zur Notfalltransfusion eine serologische Verträglichkeitsprobe durchgeführt.Bei auffälliger Verträglichkeitsprobe wird die anfordernde Stelle unverzüglich von dem Befund inKenntnis gesetzt. Angesichts des erhöhten Risikos einer inkompatiblen Transfusion muß die Indikationzur Bereitstellung von EK ohne Kreuzprobe strikt auf vitale Indikationen beschränkt bleiben. Nicht be-nötigte Notfallkonserven sollten unverzüglich an die ATM zurückgegeben werden. 10.5.9 Autoimmunhämolytische Anämie (AIHA)

Autoimmunhämolytische Anämien gehören mit einer Inzidenz von 1:80.000 zu den häufigsten Au-toimmunerkrankungen überhaupt. Entsprechend den Temperaturoptima der beteiligten Autoantikörperunterscheidet man AIHA vom Kältetyp und vom Wärmetyp. AIHA kommt primär idiopathisch sowiesekundär nach Infektionen bzw. im Rahmen von Autoimmun-/Tumorerkrankungen vor. AIHA vomWärmetyp können auch durch Medikamente ausgelöst werden.

10.5.9.1 Kälteautoantikörperanämie des Erwachsenen

Diese ist seltener als die durch Wärmeautoantikörper bedingte AIHA und führt in der Regel nur zueiner milden Anämie (Hb-Werte meist >9,0 g/dl). Eine Transfusionspflichtigkeit tritt nur ein, wenn

� bereits vorher eine Anämie aus anderer Ursache bestand� gleichzeitig andere Erkrankungen bestehen, die schon bei milder Anämie symptomatisch werden

(z.B. relative Koronarinsuffizienz)

Vorgehen bei Transfusionspflichtigkeit:

Wenn unumgänglich, erhält der Patient ABO, Rh-Formel und K blutgruppengleiche erwärmte Erythro-zytenkonzentrate. Die Transfusion muß über ein zugelassenes Bluterwärmungsgerät durchgeführtwerden (Kapitel 3.4.4). Der Patient muß dabei warm gehalten werden (insbesondere Hände, Ohren,und Nase). Cortison ist als Primärtherapeutikum bzw. zur Unterstützung einer Transfusion nicht indi-ziert.

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10.5.9.2 Kälteautoantikörperanämie des Kindes (paroxysmale Kältehämoglobinurie)

Im Gegensatz zur Kälteautoantikörperanämie des Erwachsenen verläuft die Kälteautoantikör-peranämie des Kindes in der Regel schwer. Hb-Werte um 4,0 g/dL werden häufig erreicht und auchunterschritten. Trotz dieser dramatischen Verläufe tritt in der Regel eine rasche Besserung des klini-schen Zustandes ein und die Prognose ist günstig.

Vorgehen bei Transfusionspflichtigkeit:

Wenn unumgänglich, erhält der Patient erwärmte ABO, Rh-Formel und K blutgruppengleiche Erythro-zytenkonzentrate. In der Regel reicht 1 EK aus. Die Transfusion muß über ein zugelassenes Bluter-wärmungsgerät durchgeführt werden (Kapitel 3.4.4). Der Patient muß warm gehalten werden (insbe-sondere Hände, Ohren, Nase). Cortison ist als Primärtherapeutikum bzw. zur Unterstützung einerTransfusion nicht indiziert.

10.5.9.3 Wärmeautoantikörperanämie

Wämeautoantikörper kommen viermal häufiger vor als Kälteautoantikörper. Sie sind im Gegensatz zuKälteautoantikörpern häufiger mit Transfusionspflichtigkeit assoziiert.

Vorgehen bei Transfusionspflichtigkeit:

� Einschlägige Medikamente? Wenn ja, Transfusion erst nach Absetzen der Noxe.� Anhalt für Infektion? Wenn ja, Vorsicht mit Cortison.� Bei Verdacht auf primär idiopathische Genese oder Komplikation im Rahmen einer Autoimmun-

oder Tumorerkrankung Transfusion erst nach Cortisonapplikation (Methylprednison 1-3 mg/kg).� Zunächst Rh-gleich transfundieren; bei inadäquatem oder ausbleibendem Transfusionserfolg in

jedem Fall Kontakt mit der ATM aufnehmen. Bei Vorliegen spezifischer Autoantikörper (meistensAuto-anti-e und/oder Auto-anti-C) EK mit Rh-Merkmalen transfundieren, denen das spezifischeAntigen fehlt, gegen das der Autoantikörper gerichtet ist (z.B. bei Auto-anti-e EK mit den Rh-Merkmalen ccD.EE).

10.5.10 Ursachen für einen inadäquaten Transfusionserfolg mit EK Bei inadäquatem Transfusionserfolg müssen in Betracht gezogen werden: � Blutungen � Hämolysen verschiedener Ursache, z.B. mechanische Klappen, mikroangiopathische hämolyti-

sche Anämie (MAHA, vor allem bei Transplantationspatienten unter Cyclosporin und Cyclospo-rinanalogatherapie), TTP, Zieve-Syndrom, Sepsis

� Erythrozytenallo- und/oder Erythrozytenautoantikörper, medikamentös induzierte Immunhämolysen� Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion (Kapitel 5.6.4)� Vorangegangene ABO inkompatible Thrombozytentransfusionen

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10.6 Therapie mit Thrombozytenkonzentraten 10.6.1 Thrombozytenbildungsstörungen

Thrombozytentransfusionen sind zur Prophylaxe und Therapie von Blutungen bei Patienten mitThrombozytenbildungsstörungen angezeigt. Allgemein gilt, daß

� eine HLA-A,B Typisierung erfolgen sollte, wenn mit längerfristiger Substitutionpflichtigkeit zu rech-nen ist.

Ähnlich wie bei Erythrozytentransfusionen gibt es keine universell anwendbaren unteren Grenzwerteals Transfusionstrigger. Eine allgemeine und zu großzügige Festlegung eines unteren Thrombozyten-grenzwerts führt zu einem großen Thrombozytenverbrauch ohne meßbar positiven Einfluß auf dasBlutungsrisiko. Sie kann im Gegenteil über eine Sensibilisierung des Patienten gegenüber Leukozyten-(z.B. HLA) oder Thrombozyten- (z.B. HPA) Antigenen dazu führen, daß das Ansprechen auf weitereThrombozytentransfusionen reduziert wird und das Blutungsrisiko im Falle einer nachfolgenden wirk-lich kritischen klinischen Situation steigt. Bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen unter The-rapie konnte gezeigt werden, daß das Absenken des früher üblichen unteren "Triggers" zur Thrombo-zytentransfusion von 20.000/µl auf 10.000/µl zu einer deutlichen Reduktion des Thrombozytenver-brauchs ohne Steigerung des Blutungsrisikos führte. Eine prophylaktische Thrombozytentransfusionsollte daher nur bei einem Abfall der Thrombozytenzahl unter diesen Wert erfolgen. Von dieser Regelbestehen einige wichtige Ausnahmen:

� Patienten mit neu diagnostizierten Leukämien oder Leukämierezidiven� Patienten unter Therapie mit ATG oder ALG� Patienten mit schwerster Mukositis nach Blutstammzelltransplantation� Patienten, bei denen aufgrund einer speziellen klinischen Situation mit einem erhöhten Blutungsri-

siko zu rechnen ist

Bei ernsthaften Blutungen können entsprechend der klinischen Gefährdung höhere Thrombozyten-zahlen erforderlich sein. Bei großen Operationen, Lumbal- oder Epiduralpunktionen, Organbiopsieno.ä. Eingriffen wird eine Thrombozytenzahl über 50.000/µl, bei ausgedehnten oder besonders risiko-behafteten Operationen (Auge, Gehirn) sogar über 80.000/µl angestrebt. Therapieziel Bei hämatologischen Patienten werden in der Regel eine Einheit TK (=1 Thrombozytapheresekonzen-trat mit ca. 2,8 �1011) Thrombozyten übertragen. Dies sollte bei normalgewichtigen Patienten ohnesignifikante Blutung oder anderer Ursachen für gesteigerten Thrombozytenumsatz ausreichen, um denperipheren Thrombozytenwert um mehr als 12.000/µl noch am Folgetag zu steigern (Kapitel 10.3 und10.6.6). Wichtiger als der numerische Thrombozytenanstieg ist jedoch der klinische Erfolg. Bei vorlie-genden Blutungszeichen ist das minimale Therapieziel, eine Ausdehnung der Blutung zu verhindern.Erfahrungsgemäß reichen 1 bis 2 TK bei nicht sensibilisierten hämatologischen Patienten mit mäßigerBlutung (z.B. Epistaxis, orale Sickerblutung) zur Besserung der Symptomatik oder zur Blutstillung aus.Bei gravierenderen kreislaufwirksamen Blutungen (wie z.B. gastrointestinalen Blutungen) reicht dieThrombozytensubstitution allein häufig nicht zur Blutstillung aus, auch wenn 2 oder mehr TK transfun-diert werden. In diesen Fällen muß zusätzlich eine lokale Blutstillung (z.B. über Gastroskopie, Co-loskopie oder operativ) erfolgen. Bei operativem Vorgehen muß der Thrombozytenwert des Patientenauf Werte über 50.000/µl angehoben werden. Hierunter lassen sich auch operative Eingriffe in derRegel überraschend problemlos durchführen. Bei ZNS Blutungen muß mit hoher Letalität selbst beisofortiger notfallmäßiger Transfusion gerechnet werden.

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10.6.2 Verdünnungsthrombozytopenie

Bei Thrombozytopenie infolge starken Blutverlusts und Massivtransfusion (Verdünnungsthrombozyto-penie, meist bei Polytraumen) verschärft der Thrombozytenabfall die ohnehin bestehende Blu-tung(sneigung), ohne daß eine einigermaßen verläßliche Thrombozytengrenze definiert werden kann,oberhalb derer die Blutung zum Stehen kommt. Therapieziel

Therapieziel ist die Eindämmung der Blutungsneigung. Da solche Patienten häufig chirurgisch versorgtwerden müssen, werden Thrombozytenwerte von �50.000/µl angestrebt. Dies kann jedoch selbst beimassiver Thrombozytensubstitution im Einzelfall sehr schwierig sein.

10.6.3 Thrombozytenautoantikörper (ITP)

Hierbei steigt die Mehrzahl der Patienten erfahrungsgemäß nicht oder nur inadäquat auf Thrombo-zytengabe an. Prophylaktische Thrombozytentransfusionen sind daher auch bei sehr niedrigen Wertennicht indiziert. Bei Blutungszeichen kann unter gleichzeitiger Therapie mit Cortison ein Therapiever-such mit Thrombozytentransfusion(en) gemacht werden. In Notfallsituationen mit schwerer, evtl. le-bensbedrohlicher Blutung ist ein Therapieversuch mit kombinierter Gabe von hochdosiertem Immun-globulin (z.B. 0,4 bis zu 2 g /kg i.v.) und bis zu 2-4 TK gerechtfertigt.

Therapieziel Therapieziel ist die Eindämmung einer Blutung. Der Transfusionserfolg ist ungewiß.

10.6.4 Notfalltransfusion Vital bedrohliche Notfallindikationen bei hämatologischen Patienten mit Thrombozytopenie sind dieLungenblutung (Pilzinfektion), die cerebrale Blutung sowie die kreislaufwirksame gastrointestinaleBlutung. In diesen Fällen ist eine Anhebung der Thrombozytenwerte auf > 50.000/µl (gastrointestinaleBlutungen) bzw. > 80.000/µl (Lungen-, ZNS-Blutungen) indiziert. Hierzu sind bei nicht sensibilisiertenPatienten in der Regel 2-4 Thrombozytapheresekonzentrate erforderlich. Bei alloimmunisierten Pati-enten und bei Patienten mit Immunthrombozytopenie kann die Notfallversorgung mit TK schwierig oderaussichtslos sein. In diesen Fällen kann versucht werden, durch Gabe mehrerer TK kombiniert mitpolyvalenten Immunglobulinen einen Thrombozytenanstieg zu erreichen. Therapieziel

Kapitel 10.3 und 10.6.6 10.6.5 Intrauterine Thrombozytentransfusion Die intrauterine Thrombozytentransfusion ist indiziert bei fetaler Alloimmunthrombozytopenie (FAIT). Inder Regel (ca. 80 % der Fälle) liegt ein Anti-HPA-1a Antikörper vor, der zur Lyse der fetalen Thrombo-zyten führt. Schon Erstschwangerschaften können betroffen sein. In schweren Fällen können intraute-rine Transfusionen schon ab der 22.-24. Schwangerschaftswoche erforderlich werden. Es werden 10-35 ml eines möglichst hoch konzentrierten leukozytendepletierten, bestrahlten, nach Möglichkeitauch anti-CMV negativen TK benötigt, das die kindlichen Thrombozyten auf hochnormale bis leichterhöhte Werte (> 450.000/µl) bringt. Abhängig vom kindlichen Blutvolumen und vom Plazentavolumenwerden hierfür meist >1�1011 Thrombozyten/Einheit benötigt. Da die intrauterine Transfusion mit Risi-ken für Mutter und Kind verbunden ist, wird angestrebt, diesen Eingriff auf einmal pro Woche zu be-grenzen. Wenn keine kompatiblen Thrombozyten eines homologen Spenders zur Verfügung stehen,muß man auf mütterliche Thrombozyten zurückgreifen. Aufgrund unklarer Thrombozytenaktivierungs-phänomene bei mütterlichen Thrombozyten kann die Thrombozytengewinnung bei Schwangerenschwierig oder ineffektiv sein.

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Therapieziel

Therapieziel ist die Verhinderung der Hirnblutung, der häufigsten intrauterinen Todesursache bei FAIT.

10.6.6 Ursachen für einen inadäquaten Transfusionserfolg mit TK Ein inadäquater Transfusionserfolg nach Thrombozytentransfusion (Thrombozytenrefraktärität) ist einehäufige Komplikation. Sie erfordert eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen Kliniker undTransfusionsmediziner. Formel zur Berechnung des TK - Bedarfs, um ein gewünschtes Increment zu erzielen (Erwach-sene)

(TpostTx - TpraeTx �109 /L) � KO[m2] TKonz �1011

= CCI

T post TX = Thrombozytenwert nach Thrombozytentransfusion, T prae TX = Thrombozytenwert vorThrombozytentransfusion, T Konz = Thrombozytenwert im Konzentrat, KO = Körperoberfläche, CCI =corrected count increment Die Formel korrigiert den Thrombozytenanstieg (Increment) um die Körperverhältnisse des Patientensowie um den Thrombozytengehalt des Konzentrats (MHH-Standard 2.8�1011 /E). Der CCI sollte 18-24Stunden nach Transfusion �7.500/µl über dem Ausgangswert vor Thrombozytensubstitution liegen. AlsFaustregel für einen adäquaten Transfusionserfolg gilt, daß bei Patienten ohne erhöhten Thrombo-zytenumsatz der Thrombozytenwert 24 Stunden nach Thrombozytentransfusion um �12.000/µl überdem Thrombozytenwert vor Transfusion liegen sollte.

Vorgehen bei inadäquatem Transfusionserfolg

� Kontaktaufnahme mit dem diensthabenden Arzt der ATM� Bei Verdacht auf Thrombozytenalloimmunisierung 10 ml Nativblut zur Antikörpersuche und ggf.

Differenzierung einschicken (Anforderungskarte „Laborleistung: Immunhämatologie“)

Es ist jedoch davon auszugehen, daß weniger als die Hälfte aller Refraktärzustände eindeutig diagno-stisch geklärt werden können. Immunologische oder nicht-immunologische Faktoren können den Er-folg der Thrombozytentransfusion begrenzen. Bei Nachweis von Antikörpern gegen HLA- oder HPA-Antigene sind Thrombozyten von kompatiblen Spendern indiziert. Da HLA-Antikörper etwa dreimalhäufiger sind als Antikörper gegen HPA-Antigene, kommen meist HLA kompatible TK zum Einsatz(Kapitel 9.3.2).

Die Ermittlung des “1-Stunden-Thrombozytenwertes” nach Transfusion kann die Differentialdiagno-se bei inadäquatem Thrombozytenanstieg zwischen Leukozyten- oder Thrombozytenantigenalloimmu-nisierung und nicht-immunologischer Ursachen mit hohem Verbrauch (Thrombozytenumsatz) erleich-tern.

� Ein geringer 1 Stunden-Thrombozytenwert gefolgt von einem Abfall auf das Ausgangsniveauschon 24 Stunden nach Transfusion spricht für eine Alloimmunisierung.

� Ein normaler 1 Stunden-Thrombozytenwert Wert gefolgt von einem deutlichen Abfall (> 60 % des1-Stunden-Wertes) nach 24 Stunden spricht für einen hohen, nicht antikörperbedingten, Thrombo-zytenverbrauch.

Mögliche und häufige nicht-immunologische Faktoren für einen inadäquaten Transfusionserfolg mit TKsind: � Hohe Körpergröße gepaart mit hohem Körpergewicht (>2,2 m2 KO)� Verwendung von Leukozytenfiltern� Blutungen� Verbrauchskoagulopathie u.a. Gerinnungsstörungen

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� Hepato-, Splenomegalie� Fieber (� 38°C)� Infektionen, vor allem unter Therapie mit Ciprofloxazin, Vancomycin, Amphotericin B� Sepsis� Neutropenie (< 500 Granulozyten/µl über Tage; vor allem, wenn Komplikationen wie Stomatitis,

Blutungen oder Infektionen auftreten)

In einigen Fällen ist eine Optimierung der Therapie der zugrundeliegenden Ursache erforderlich. InAbsprache mit dem diensthabenden Arzt der ATM können Optimierungsschritte der Transfusionsthe-rapie erfolgen: � Gabe ABO kompatibler TK� Versuch mit HLA kompatiblen TK auch ohne Antikörpernachweis� Bei Blutstammzell-Transplantation Verwendung von Thrombozyten des Blutstammzell-Spenders

Die Durchführbarkeit dieser Optimierungsschritte kann nicht immer gewährleistet werden. Sie erfor-dern häufig einen Vorlauf von ca. 24 Stunden. 10.6.7 Indikationen für TK 10.6.7.1 Indikationen für HLA/HPA kompatible TK � Patienten mit Antikörpern gegen HLA- oder HPA-Antigene� Unklarer Refraktärzustand auf Thrombozytensubstitution

Die Bereitstellung HLA/HPA kompatibler Thrombozyten ist in der Regel mit einem zeitlichen Vorlaufvon 24 Stunden verbunden.

Bei unklarem Refraktärzustand kann u.U. die Gabe HLA kompatibler TK erfolgreich sein. Da der Be-stand HLA-typisierter Spender begrenzt ist, kann die Versorgung eines Patienten mit HLA kompatiblenThrombozyten schwierig sein. In diesen Fällen können Angehörige des Patienten als Thrombozyten-spender in Frage kommen. Diese Möglichkeit gilt als ultima ratio, insbesondere bei einer Verwandten-Blutstammzell-Spende. Ist der fehlende Anstieg auf Thrombozytenkonzentrate auf einen erhöhtenVerbrauch zurückzuführen, haben HLA kompatible TK keine Vorteile gegenüber HLA inkompatiblenTK. 10.6.7.2 Indikationen für bestrahlte TK � Kapitel 10.5.2 10.6.7.3 Indikationen für anti-CMV negative TK � Kapitel 10.5.3

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Transfusionsordnung Version 2001

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10.6.7.4 Indikationen für gewaschene TK Das Waschen von TK muß aufgrund der zusätzlichen Zentrifugation und der damit verbundenen Qua-litätsminderung unbedingt vermieden werden.

� Kapitel 10.5.4

10.6.7.5 Indikationen für portionierte TK � Kapitel 10.5.5 10.6.8 Kontraindikationen für Thrombozytenkonzentrate

10.6.8.1 Absolute Kontraindikationen

Nicht indiziert sind Thrombozytenkonzentrate in der Regel bei � Posttransfusioneller Purpura (PTP)� Transfusion des Blutstammzell-Empfängers mit Thrombozyten des Blutstammzell-Spenders vor

Blutstammzell-Transplantation

10.6.8.2 Relative Kontraindikationen

Bei bestimmten Indikationen ist trotz einer Thrombozytopenie und einer Blutungsneigung aus ver-schiedenen Gründen Zurückhaltung gegenüber Thrombozytentransfusionen geboten. � Aplastische Anämie� Erworbene Plättchenfunktionsstörungen (Urämie, plättchenschädigende Medikamente)� Angeborene Thrombozytopathien/-penien, z.B. Thrombasthenie Glanzmann, Bernard Soulier-

Syndrom)� Autoimmunthrombozytopenien� Thrombotisch thrombozytopenische Purpura (TTP)� Heparin assoziierte Thrombozytopenie (HAT) u.a. medikamentös induzierte Immunthrombozyto-

penien� Patienten mit bekanntem Anti-IgA (nur Einsatz gewaschener TK möglich)� Präfinale Patienten

10.7 Therapie mit Gefrorenem Frischplasma 10.7.1 Indikationen für GFP Von speziellen Indikationen wie z.B. TTP abgesehen, ist die Blutungsneigung bei Abfall von Gerin-nungsfaktoren der entscheidende Transfusionstrigger. Erfahrungsgemäß nimmt die Blutungsneigungbei Reduktion auf Quick-Werte um 30 % stark zu. Die Gabe von GFP ist angezeigt bei: � Patienten mit komplexen Störungen des Hämostasesystems, insbesondere bei schwerem Leber-

parenchymschaden oder im Rahmen einer disseminierten intravasalen Koagulation (DIC), Leukä-mie-Patienten unter Therapie mit Asparaginase

� Verlust- und/oder Verdünnungskoagulopathie

Bei Massivtransfusion ist die prophylaktische Gabe von 1 E GFP pro 4 EK zur Verhinderung einerschweren Verdünnungskoagulopathie gerechtfertigt.

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� Substitution bei Faktor V- oder Faktor XI-Mangel

Bei diesen Mangelzuständen ist der Einsatz von GFP unumgänglich, da es hierfür keine Einzelfakto-renkonzentrate gibt. � Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)� Austauschtransfusion Die Gabe von GFP ist nicht angezeigt als: � Volumenersatz� Albumin- oder Eiweißersatz zur Beeinflussung des kolloidosmotischen Drucks� Parenterale Ernährung� Substitution von Immunglobulinen 10.7.2 Absolute Kontraindikation � Patienten mit bekannten Antikörpern gegen IgA 10.8 Gerichtete Transfusionen Gerichtete Transfusionen mit Blutkomponenten von Angehörigen oder Freunden des Patienten sindproblematisch, da sie mit psychischem Druck auf den Spender einhergehen können. Dieser kann sichgenötigt fühlen, z.B. hinsichtlich seiner Lebensgewohnheiten falsche Angaben zu machen und damitseinen Status als Risikospender zu vertuschen. Bei Angehörigen 1. Grades besteht darüber hinaus einerhöhtes Risiko für eine GvH Reaktion. Gerichtete Transfusionen sind nur indiziert: � Bei Patienten mit Antikörpern gegen hochfrequente Erythrozytenantigene� Bei Patienten mit breiter Sensibilisierung gegen Leukozyten- oder Thrombozytenantigensysteme

ohne kompatible allogene Thrombozytenspender� Bei Blutstammzell-Empfängern mit Blutkomponenten des Spenders nach Transplantation� Bei Granulozytentransfusionen, wenn eine G-CSF Mobilisation durchgeführt wird

Gerichtete Transfusionen werden grundsätzlich mit 30 Gy bestrahlt. Gerichtete Transfusionen mit Blut-komponenten des Blutstammzell-Spenders vor Transplantation sind kontraindiziert. 10.9 Plasmaderivate Plasmaderivate wie Humanalbumin, Immunglobuline, Gerinnungsfaktoren werden über die Apothekeder MHH bezogen. Die Indikationsstellung erfolgt in Anlehnung an die jeweils aktuellen Leitlinien zurTherapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten der BÄK. Albumin und Immunglobuline sind nurüber die Apotheke erhältlich. Gerinnungsfaktoren wie F. VIII, F. IX, F. XIII, AT III, PPSB, FEIBA werdenvon der Apotheke in der ATM nur für Notfallanforderungen außerhalb der regulären Arbeitszeit zwi-schengelagert und können mit dem Formular "Material- und Geräteanforderung" bestellt werden. Plasmaderivate wie Albumin, Gerinnungsfaktoren, Immunglobuline werden nach Angaben der Her-steller appliziert.

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Anhang 1: Tabellen zur Transfusionssicherheit

Tabelle 1: Kompatibilitätsregeln im AB0 Blutgruppensystem

ABO Kompatibilitätsregeln für EK(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles EK0 0A A und 0B B und 0AB AB, A, B, 0

ABO Kompatibilitätsregeln für GFP(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles GFP0 AB, A, B, 0A A und ABB B und ABAB AB

ABO Kompatibilitätsregeln für TK(außer ABO-inkompatible KMT, Kapitel 10.1.4)

Patient Kompatibles TK0 0, B, AA A, AB, ggf. 0B B, AB, ggf. 0AB AB, A, BTK können in Absprache mit der ATM ABO inkompatibel transfundiert werden.

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Tabelle 2: Kompatibilitätsregeln im Rhesus und Kell Blutgruppensystem

Rhesus System

Rh-Formel desEmpfängers

Häufigkeit (%) KompatibleSpender

Häufigkeit (%) Gesamthäufigkeitder kompatiblenSpender (%)

CcD.ee 33,97 CcD.eeCCD.eeccD.eeccddeeCcddeeCCddee

33,9717,182,1715,340,740,01

69,41

CCD.ee 17,18 CCD.eeCCddee

17,180,01

17,19

CcD.Ee 12,42 Träger allerRh-Formeln

100

ccD.Ee 11,89 ccD.EeccD.EEccD.eeccddeeccddEeccddEE

11,892,182,1715,340,490,07

32,14

ccD.EE 2,18 ccD.EEccddEeccddEE

2,180.490,07

2,74

ccD.ee 2,17 ccD.eeccddee

2,1715,34

17,51

CCD.Ee 0,19 CCD.EeCCD.eeCCddee

0,1917,180,01

17,38

CcD.EE 0,06 CcD.EE ccD.EE

0,062,18

2,24

ccddee 15,34 ccddee 15,34 15,34Ccddee 0,74 Ccddee

CCddeeccddee

0,740,0115,34

16,09

CcddEe 0,49 ccddEeccddEEccddee

0,490,0715,34

15,90

Kell System

Kk 91,0 kk 91,0 91,0Kk 8,8 Kk

kk8,891,0

99,8

KK 0,2 KK 0,2 0,2

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Transfusionsordnung Version 2001

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Tabelle 3: Übersicht zur Berücksichtigung der Blutgruppen

Kompatibilität Frauen bisMenopause

Männliche Patientenbis 18. Lebensjahr

Langfristige Trans-fusionsempfänger

Sonstige Patienten

ABO ja ja ja ja

Rh(D) Faktor ja ja ja ja,außer bei Konserve-

nengpässenRh-C/c u. E/e ja ja,

außer bei Konser-venengpässen

ja,außer bei Konser-

venengpässen

nein

Kell (K) ja ja,außer bei Konser-

venengpässen

ja,außer bei Konser-

venengpässen

nein

Tabelle 4: Frequenz der wichtigsten Erythrozytenantigene in Mitteleuropa:AB0, Rhesus und Kell Blutgruppensysteme

Frequenz1 (%) der wichtigsten ErythrozytenantigeneBG-System ABO Rhesus KellAntigene O A B AB D C c E e KFrequenz1 38 48 9 5 86 72 83 32 98 8

1 Mitteleuropa

Frequenz1 (%) Rhesus positiver und Rhesus negativer SpenderRh(D) positiv Rh(D) negativ (dd)

O Rh(D) pos 32,7 O Rh(D) neg 5,3A Rh(D) pos 41,3 A Rh(D) neg 6,7B Rh(D) pos 7,7 B Rh(D)neg 1,3AB Rh(D) pos 4,0 AB Rh(D) neg <1

1 Mitteleuropa

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Anhang 2: Arzneimittelrechtliche Zuständigkeiten an der Medizinischen Hochschule Hannover

Die Herstellung von Arzneimitteln aus Blutbestandteilen ist nach deutschem Recht im Arzneimittelge-setz und im Transfusionsgesetz geregelt. Die ATM der Medizinischen Hochschule Hannover unterliegtallen gesetzlich geregelten Verpflichtungen, die sich aus der Herstellung von Arzneimitteln ergeben.Dazu gehören u.a. die Sicherung der pharmazeutischen Qualität der hergestellten und vertriebenenBlutprodukte sowie der lückenlose Nachweis der Herkunft und des Verbleibs jedes einzelnen Blutpro-duktes (Rückverfolgungsverfahren, Kapitel 6.2).

Ärztlicher Leiter nach TFG

Ärztlicher Leiter Prof. Dr. Rainer BlasczykStellvertreter OA Dr. Hans-Gert Heuft

Zuständigkeiten nach AMG

Pharmazeutischer Unternehmer Medizinische Hochschule Hannover, vertreten durch denVorstand der Medizinischen Hochschule Hannover

Herstellungsleiter OA Dr. Hans-Gert HeuftStellvertreter Dr. Lilia Goudeva

Dr. Marlena Robin-Winn

Kontrolleiter Dr. Angela Schmitt-ThomssenStellvertreter Dr. Ladislav T. Pastucha

Vertriebsleiter OA Dr. Hans-Gert HeuftStellvertreter Dr. Lilia Goudeva

Dr. Marlena Robin-Winn

Informationsbeauftragter Dr. Angela Schmitt-ThomssenStellvertreter Dr. Lilia Goudeva

Stufenplanbeauftragter PD Dr. Roswita Müller Stellvertreter Dr. Ladislav T. Pastucha

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Anhang 3: Verzeichnis der verfügbaren Formblätter

1. Anforderungskarten

Anforderung von Blutprodukten

Notfallanforderung von Blutprodukten

Transfusionsreaktion

Laborleistung: Immunhämatologie

Laborleistung: Immungenetik

2. Begleitschein für Blutkomponenten und Transfusionsbericht

3. Reservierungsliste

4. Anmeldung zur Eigenblutspende (MHH-8350-16-FB-03.027)Mit Informationen zum organisatorischen Ablauf und zu Kontraindikationen der präoperativen Ei-genblutspende.

5. Anmeldung zur Apherese und Verarbeitung von hämatopoetischen Zellpräparaten

6. Vorbereitung auf ärztliches Aufklärungsgespräch und Einwilligungserklärung zur Transfu-sion von Blut- und Blutbestandteilkonserven (MHV 1100/1047-7/93 L)

7. Anforderungsformular für Gerinnungsfaktoren (MHV 1200 / 748-05/00L)Für Anforderungen außerhalb der regulären Arbeitszeit.

8. Dokumentationsbogen für die Anwendung von Plasmaderivaten und gentechnisch herge-stellten Plasmaproteinen für die Behandlung von Hämostasestörungen

9. Dokumentationsbögen für die Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkungen� an den Transfusionsverantwortlichen� an den Transfusionsbeauftragten� für die Krankenakte

10. Checkliste zur jährlichen transfusionsmedizinischen Selbstinspektion der Abteilungen