geistiges leben 2007-5

Upload: alpharius-omegata

Post on 14-Apr-2018

219 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    1/60

    Die Schule der GotteskinderDie Schule der Gotteskinder

    Einatmen und Ausatmen II.Einatmen und Ausatmen II. Von der Bitte um HilfeVon der Bitte um Hilfe

    Selbsterkenntnis durch BittenSelbsterkenntnis durch Bitten Gewissensspiegel zur SelbsterkenntnisGewissensspiegel zur Selbsterkenntnis

    Stille und EwigkeitStille und Ewigkeit Bedingungen der Kindschaft GottesBedingungen der Kindschaft Gottes

    Das Lied von der SchpfungDas Lied von der Schpfung

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    2/60

    SPENDENKONTENBaden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen

    Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73

    Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70Kreisspark. Miesbach/Tegernsee Kto. 430 203 240 BLZ 711 525 70Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 12 000Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3

    IMPRESSUMHerausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / DeutschlandTel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294

    E-Mail-Anschrift: [email protected]: www.Lorber-Gesellschaft.deSchriftleitung: Klaus W. KardelkeRedaktion: Angelika Penkin, Michael Nolten

    INHALTIda Kling Folge Mir S. 2Klaus W. Kardelke Editorial S. 3Jakob Lorber Die Schule der Gotteskinder S. 5Erhard Gaiduk Einatmen und Ausatmen (Schluss) S. 9Jakob Lorber Von der Bitte um Hilfe S. 20Jakob Lorber Selbsterkenntnis durch Bitten S. 22Pilger Gewissensspiegel zur Selbsterkenntnis S. 23Meister Eckhart In allen Dingen suche ich Ruhe S. 26Emanuel Swedenborg Himmel und Hlle S. 26Johannes vom Kreuz Vom Stillschweigen S. 27Jakob Lorber Die innere Sichselbstbeschauung S. 28Iris Rohmann Stille und Ewigkeit S. 29Anthony de Mello Auch Entsagen ist keine Lsung S. 31Jakob Lorber Bedingungen zur Kindschaft Gottes S. 32Wilhelm Scharrelmann Das Lied von der Schpfung S. 35Jakob Lorber Der rechte Weg zu Gott S. 46Rick Joyner Die Begegnung mit Angelo S. 47Gebrder Grimm Was sagen die Leute? S. 52

    Weisheitsgeschichten S. 53Verschiedenes S. 55

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung der Schriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich auf freiwilliger Spendenbasis.Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    3/60

    Jahrgang 27 2007 Heft 5

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Frchte dich nicht, denn ich habe dich erlst;ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Denn so du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein,

    dass dich die Strme nicht sollen ersufen;und so du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen,

    und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der HERR, dein Gott, dein Heiland.

    Weil du so wert bist und vor meinen Augen geachtet,musst du auch herrlich sein, und ich habe dich lieb.

    So frchte dich nun nicht; denn ich bin bei dir. (Jesaja 43,1-5)

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    4/60

    2 GL 5/2007 Folge mir

    Folge Mir!

    Das merke dir, o Gotteskind: Hng nie den Mantel nach dem Wind!

    Es gibt nur eine einz 'ge Tr und einen Weg nur: Folge Mir!"Was dieses heit, du weit es wohl.

    Dem Haben folgt im Buch ein Soll.Wenn beides schn im Einklang steht,nur dann es glcklich vorwrts geht.

    Drum achte du, Mein Kind, darauf,dass lichtwrts geht dein Lebenslauf! Denn kurz ist, wie du weit, die Frist,

    die dir allhier gegeben ist.

    Beachte wohl die flcht'ge Zeit als einen Teil der Ewigkeit!

    Sie ist ein kostbares Geschenk aus deines Gottes Hand. - Bedenk, die Gnadenzeit kehrt nie zurck!

    Wer sie verscherzt, verscherzt sein Glck.

    Denn wer sich blind nicht daran kehrt,

    was ihn der Heil 'ge Geist belehrt,von dem wird sich die Gnade wendenund all sein Tun wird klglich enden.

    Doch wer dies bitterernste Wort zur rechten Zeit, am rechten Ort getreu beherzigt, hat den Segen,und Ich bin mit ihm allerwegen.

    Ida Kling(Vater und Kind S. 290)

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    5/60

    GL 5/2007 3

    EditorialPaulus sprach einst, die fr uns nur schwer zu

    verstehenden Worte: Wenn ich schwach bin, dann binich stark. (2.Kor. 12,10) Wie aber knnen wir stark sein in und mit all unseren

    Fehlern, Schwchen und Snden? Sind es nicht geradediese, die uns immer wieder niederdrcken undentmutigen? Ist uns doch nichts unangenehmer unddemtigender, als wenn sie offenbar werden, weshalb wir sie wohl zu verstecken suchen. Paulus jedoch rhmte sichsogar noch ffentlich seiner Schwachheiten und Fehler.

    Dies entspricht nun ganz und gar nicht unseren heutigen weltlichenGepflogenheiten, die doch meist nur die Strken und guten Seiten zur Schau tragen wollen, whrend die Schattenseiten unserer Seele weiterhinihr Schattendasein fristen sollen.

    Hier sehen wir einmal mehr, dass die Nachfolge Jesu ganz und gar demweltlichen Verstndnis zuwider luft.

    Als der Herr zu Paulus die Worte sprach: Lasse dir an Meiner Gnade gengen, denn Meine Kraft ist nur in den Schwachen mchtig! nahmsich Paulus diese Wort sehr zu Herzen, denn wenig spter erkannte er: Also will ich mich denn am allerliebsten rhmen meiner Schwachheit,auf dass allzeit die Kraft Christi bei mir wohne! (Hi.II, S.190,13; 2.Kor. 12,9)

    Wollen auch wir in der Kraft Christi leben, so werden auch wir nichtumhinkommen, unsere Fehler, Schwchen und Snden zu erkennen und zu bekennen. Erst dieses versetzt uns in die rechte Demut vor Gott und denMenschen, macht uns frei von Stolz und Hochmut und unser Herzempfnglich fr den Geist und die Kraft Gottes in uns.

    Doch der Weg dahin ist dornig und steinig, denn unserem stolzen undehrschtigem Wesen widerstrebt es gewaltigst seine Schwchen undFehler einzugestehen. Wlzen wir doch nur allzu gerne unsere Schuld auf andere ab, anstatt die Verantwortung selbst zu bernehmen und fr unsereFehler und Schwchen einzustehen.

    Viel lieber wollen wir uns doch auch als Christen stark und kraftvolldarstellen und das Leben, wenn auch nur scheinbar selbst im Griff haben, bemerken dabei aber nicht unseren versteckten Stolz und Hochmut.

    Doch zu den Starken, Stolzen und Gerechten ist der Herr nichtgekommen, sondern allezeit nur zu den Schwachen, Kranken, Demtigenund Sndern, denn Er spricht:

    Sieh, Ich bin nicht gekommen zu den Starken, sondern nur zu den

    Editorial

    Klaus W. KardelkeGeschftsfhrender

    Vorsitzender der Lorber-Gesellschaft

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    6/60

    4 GL 5/2007 Editorial

    Schwachen und Kranken kam Ich. So jemand gesund ist, bedarf er des Arztes wohl nicht; nur der Kranke und Schwache bedarf des Arztes. Denn nicht in deiner Strke, sondern in deiner Schwche, sollst du

    vollendet werden durch die alleinige Gnade von oben! (GEJ.01; 11,14) Erst wenn wir uns immer wieder selbst prfen und unsere eigeneSchwche und unseren kranken sndenvollen Zustand erkennen und vor Gott bekennen, machen wir den Weg frei fr das Einflieen Seiner Gnade.

    Solange wir aber aus uns heraus noch selbst stark sein und unser Lebenselbst in die Hand nehmen wollen, wird der Herr nicht zu uns kommenknnen, weil unsere eigene vermeintliche Strke Ihm den Weg in unsereHerzen versperrt.

    Wenn der Schwache fllt, da will Ich ihn aufrichten, spricht der Herr, wie oft er auch immer fllt. Aber der Starke mag sich selbst aufrichten, so er gefallen ist. (Hi. II, S. 191,18)

    Gott ist dem schwachen und dadurch demtigen Menschen stets nher als den starken oder sich stark dnkenden.

    Ist Er doch die Liebe und Demut in Person und gesellt sich nur zuseinesgleichen. Solange Er aber als die ewige Liebe selbst in uns noch denschwchsten Anteil an unserem Herzen hat, kann Er uns auch nur entsprechend unserer Liebe entgegenkommen und mit Kraft erfllen.

    Erst wenn die Liebe zu Gott und zum Nchsten in uns stark gewordenist und wir durch die Erkenntnis der eigenen Schwche und Sndhaftigkeitunsere Herzen frei gemacht haben zur Aufnahme der gttlichen Liebe,knnen wir in und durch Gott wahrhaft wirken.

    Wir mssen dann nicht mehr aus unserer eigenen Kraft heraus leben,sondern leben aus dem Geiste und der Kraft Christi in uns.

    Dann knnen auch wir mit Paulus ausrufen: Ich vermag alles, durchden der mich stark macht, Christus. (Phil.4,13)

    Das nachfolgende Gebet sei uns eine Sttze auf diesem Wege: Erflle uns und strke unsere Schwachheit! Mache zunichte unsere Schwche also, wie wir selbst unsere eigene Nichtigkeit und vllige Kraftlosigkeit in uns demtig erschauen!

    O belass uns ja nicht in unserer Schwachheit, in der wir wie Totehandeln, sondern erflle uns alle mit Deiner allein wahrhaft lebendigenTatkraft, damit wir dadurch ttig sein mchten, Dir wohlgefllig allzeit und ewig! Amen. (Hi. II, S. 165,40)

    Euer Klaus W. Kardelke

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    7/60

    GL 5/2007 5

    Die Schule der Gotteskinder Herr, ich wei zwar nun aus Deinem gttlichen Munde, warum auf der

    Welt alles also ist und geschieht, und kenne nun Deine gttlich weisestenPlne in Bezug auf die Erziehung der Menschen in allen Zeiten und inallen Zonen dieser Erde; aber es ist das wahrlich von Alpha bis Omegakeine Welt der Liebe und der Wahrheit, sondern eine recht arge Welt vollHasses und voll Lge und Falschheit und Unrechts! Sie knnte aber wohlauch anders sein! Aber es ist einmal also und wird nie anders werden, unddie Erde ist dazu verdammt, ein Haus des Jammers zu verbleiben, und ihreMenschenkinder mssen stets verschmachten auf ihrem Boden! Aber esknnte ja anders sein!

    (Der Herr:) Ja, ja, es knnte wohl anders sein, so wie es auch auf zahllos vielen andern Weltkrpern anders ist; aber dann wre eben dieseErde nicht ausersehen fr die Zucht jener Menschen, die bestimmt und berufen sind, Meine Kinder zu werden!

    Kann die wahre, mchtige Liebe sich als solche je vllig erkennen unter Menschen, die selbst pur Liebe sind?! Welchen Probierstein soll man zur bung in der Geduld, Demut und Sanftmut den schon von Geburt an mitaller Liebe erfllten Menschen geben?!

    So Ich aber schon jedes Menschen Natur also gestellt htte, dass er schon von der Geburt an in der hchsten Vollendung ohne sein Zutundastnde, welche bung des Lebens und Selbstfortschreitens wre fr ihnda wohl noch denkbar?!

    Zu welcher Ttigkeit knnten dann endlich solche Geister verwendetwerden? Ich sage es dir: Da wren ja die Bume des Waldes und dieFelsen der Gebirge in der zum freien Leben allerunentbehrlichstenSelbstttigkeit ums gar Vielfachste bevorzugter als ein schon von der

    Geburt an in jeder Beziehung ganz vollendeter Mensch!Ein Mensch, der einmal physisch vllig ausgebildet wre und stetseinen gedeckten Tisch mit allerlei der kstlichsten Speisen und Getrnkevor sich htte, dass alsonach bei ihm von einem Hunger oder Durste niedie Rede sein knnte, der dazu aber auch ein allerherrlichstesWohnzimmer htte, nebstdem auch alle die vollendetstenGeistesfhigkeiten, alles bis ins kleinste Detail, das Nahe wie das Ferne zuschauen und zu vernehmen, wie auch zu genieen und sich allenthalben

    mit allem zu verstndigen, und dem nie irgendeine noch so kleineUnannehmlichkeit in die Quere kommen wrde, ein solcher wrde wohlsicher kaum seine Ruhesttte einen Augenblick lang verlassen!

    Ich sage es dir: Solch einem Menschen wrden selbst Meine grten

    Die Schule der Gotteskinder

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    8/60

    6 GL 5/2007

    Wunderwerke ebenso gleichgltig sein wie der Schnee, der zu AdamsZeiten die Berge mit dem Kleide der ewigen Unschuld umhllte! Oder meinst du, dass Mir Selbst Meine unendlichste, ewige Lebensvollendung

    zu etwas frommte und Mir eine Seligkeit abgbe? Wahrlich nicht! In dem zahllos vielen Mitwachsen in Meinen natrlich ebenso zahllosvielen unvollendeten Kindlein, in ihrem zunehmenden Erkennen und Vollkommenerwerden und in ihrer daraus wachsenden Ttigkeit liegt auch Meine eigene hchste Seligkeit. Ihre Freude ber eine mhsamerrungene, vollendetere Fhigkeit ist auch Meine stets jngste Freude,und Meine unendliche Vollkommenheit bekommt ja erst dadurch denunschtzbarsten Wert, so sie von den noch unmndigen Kindlein stets

    mehr und mehr angestrebt wird und sich teilweise auch in ihnenunverkennbar wachsend zu erkennen gibt. Du verstehst Mich, was Ichdir damit sagen will?!

    Wre es nicht also, meinst du, dass Ich je eine Welt und irgendeinlebendes Wesen auf ihr gestaltet htte? Alles das war Mir schon vonEwigkeiten her ein unerlssliches Bedrfnis gewesen, ohne welches nieeine Erde erschaffen und mit allerlei Wesen belebt worden wre.

    Wie es also ist, so muss es bleiben! Ich bin nicht gekommen, um der Erde den Frieden und eine tote Ruhe, sondern das Schwert, den Kampf imhheren Ttigkeitsmae zu geben. Denn erst dem Hasse gegenber wirddie Liebe zur wahren und lebendigen Tatkraft, und der ruhige Tod mussfliehen vor ihr. Die die Menschheit verfolgende Not macht sie ttig, mitder Zeit geduldig, sanft und in Meinen Willen ergeben. Gbe es keineLge mit ihren bitteren Folgen, welchen Wert htte da die Wahrheit fr sich?! Wer zndet am Tage sich ein Licht an, und wer achtet den Werteiner brennenden llampe beim Lichte der Sonne?!

    Alles, was demnach als zugelassen einmal da ist, muss da sein alsein Triebkeil zum Besserwerden der Menschen.Jedes Werden aber setzteine Ttigkeit voraus und diese den Beweggrund und den Hebel, der aber natrlich der Art und Weise der Ttigkeit allzeit vllig entsprechen muss.

    Es ist demnach alles, was man als moralgesetzwidrig, also auch als argund schlecht bezeichnet, nur als ein zugelassenes Hebelwerk zu betrachten,und dem Reinen ist demnach alles rein und gut. Dem Schwachen undUnreinen ist und muss es anders sein, weil er noch so manchesTtigkeitshebels bentiget.

    Als die Kinder Abrahams zu den Zeiten Mosis, Aarons, Josuas undnoch unter den ersten Richtern sich einer sichtbaren Gottesfhrung, einer unbegrenzten Weisheit und dabei eines allergrten irdischen Wohlstandeserfreuten, wurden sie trge gleich den Polypen und Austern im

    Die Schule der Gotteskinder

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    9/60

    GL 5/2007 7

    Meeresgrunde. Sie wurden von Mir aus durch den Mund der Propheten oftzur Ttigkeit und Wachsamkeit aufgemuntert und sogar aufgefordert; aber ihre Antwort war: ,Tun wir etwas, so knnen wir gar auch eine Snde

    begehen, die dann all das von uns Gutgetane verzehrt; tun wir aber nichts,so knnen wir auch nicht sndigen und stehen dann als sndefrei gerechtvor Dir, o Herr! - Also verphilosophierten sie sich stets mehr und mehr inallerlei Trgheit hinein. Die Folge davon war eine zunehmende Not undmit der Weile die physische und endlich auch moralische Schwche.

    In solchem Zustande wandten sie sich dann gleichwohl wieder an Michund gelobten Mir, in der rechten Lebensordnung ttig zu sein. EineZeitlang ging es auch wieder recht gut und recht vorwrts; als sich aber da

    wieder, als eine Frucht der Ttigkeit, der gesegnete Wohlstand einstellte,da fing der alte Trgheitstanz gleich wieder von vorne an. Man war reichan allem und wollte glnzen und verlangte einen irdischen Knig als denReprsentanten des physischen Reichtums und Wohlstandes.

    Es wurde ihnen ein Knig gegeben und gesalbt. Aber auch der Vertragzwischen Knig und Volk blieb nicht unterm Wege; und so war das bel,das das Volk verlangte und erhielt, wieder nichts anderes als ein frs Volk schmerzlicher Hebel zur neuen und erhhteren notgedrungenen Ttigkeit.

    Als bald darauf der Knig samt dem Volke in eine Lethargie verfiel,war es sogleich notwendig, ihm uere, sehr drohend aussehende Feinde inden roh und mchtig gewordenen Philistern zu erwecken. Da ward Kriegund allerlei denselben begleitende Not ins Land Meines Volkes gedrungen,weckte es, machte es ttig und dadurch stark.

    In der groen Not und Bedrngnis fand es wieder den Weg zu Mir undnahm zu an Gnade, Weisheit und Wohlstand im kaum denkbaren Mae.Dieser aber bewirkte schon zu der Regierungszeit Salomos eine starkeAbspannung der frheren Ttigkeit, und das Reich ging unter den ersten Nachkommen Salomos frmlich in Trmmer. Und so musste dieses Volk stets durch allerlei Elend und Not in einem fort bedrngt werden, damit essich nur in einiger Ttigkeit erhielt.

    Es ist nun im allgemeinen abermals tief unter dem Tierreiche, besonders der Priester- und Lehrstand. Darum aber bin Ich Selbst imFleische gekommen, um eben dem trgsten Teile des Volkes die grteVerlegenheit und Verwirrung zu bereiten; und sie suchen Mich darumauch zu fangen und zu tten, weil sie frchten, durch Mein regstes Tun

    und Treiben ihres Faulbrotes los zu werden. Aber ihre Mhe ist natrlicheine vergebliche.Es ist in ihnen der Keim zur vlligsten Trgheit schon zu stark

    wurzelnd geworden. Daher muss das Trgheitsgefhl ihnen erst

    Die Schule der Gotteskinder

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    10/60

    8 GL 5/2007 Die Schule der Gotteskinder

    genommen werden, und sie mssen nach allen Winden sich zerstreuen undein Wanderleben fhren oder in den neuen, von Mir nun gegrndetenLebens- und Ttigkeitsbund treten, in dem niemand seine Hnde wird im

    faulen Schoe halten drfen, um leben zu knnen.Wer es nicht tun wird, der wird hungern und drsten und in denwertlosesten und schmutzvollsten Lumpen, auf einen Bettelstab gesttzt,einhergehen mssen, und man wird ihm hartherzig zurufen: ,Wer nichtarbeitet, der soll auch nicht essen! Denn ein jeglicher Arbeiter ist seinesLohnes wert.

    Oh, da wird sich dann schon ein jeder bestreben, so ttig als mglich zusein! Wird jemand aber dennoch irgend trge und faul, so wird er, zum

    Muster fr viele andere, die Zuchtrute sogleich zur Schau zu tragenanfangen.Und Ich sage es dir: Jedes trge gewordene und verweichlichte Volk

    wird, so wie ein jeder Mensch fr sich, die bleibende Zuchtrute ber denRcken zu tragen bekommen und fr immer verlieren seinen Namen ausdem Buche des Lebens und seine Gre, Macht und Ansehen! Das wirddie Menschen stets mehr und mehr stutzig machen und sie antreiben zuallerlei ordentlichen Taten, was gut sein wird.(Gr.Ev.Joh. Bd. 5, 157,1-158,12)

    Gott will, dass sich die Menschen gleichfort und stets mehr und mehr die Liebettigkeit angewhnen sollen, um dereinst im andern Leben aller Arbeit und Mhe fhig zu sein und in solcher Ttigkeit auch allein diewahre und hchste Seligkeit zu suchen und zu finden! Sollten dieMenschen aber in sich das zu bewirken wohl je durch den Miggangimstande sein?! Ich sage es dir: Nimmermehr!

    Am Werktage bt sich der Mensch, ob er gleich arbeitet, nur in der Selbstsucht; denn da arbeitet er fr sein Fleisch und nennt das sein, was er sich erarbeitet hat. So nun die Menschen an den Werktagen nur ihreSelbstsucht pflegen und am Sabbat aber, als dem einzigen Tage, an demsie sich in der Liebettigkeit ben sollen, nur dem starrsten Miggangobliegen, so fragt es sich groernstlich, wann sich dann die Menschen indem allein wahren Gottesdiensteben sollen oder ben mgen, welcher Dienst lediglichin der liebevollen Bedienung des Nchsten besteht!

    Gott Selbst aber feiert keinen Augenblick, sondern ist gleichfort ttigfr die Menschen und nie fr Sich; denn Er bedarf fr Sich weder einer Erde, noch einer Sonne, des Mondes und all der Sterne und alles dessen,

    was darinnen ist und daraus hervorgeht. Gott bedarf alles dessen nicht;aber alle die erschaffenen Geister und Menschen bedrfen alles dessen,und der Herr ist also allein ihretwegen fort und fort unausgesetzt ttig.

    (Gr.Ev.Joh. Bd. 1, 50,7-9)

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    11/60

    GL 5/2007 9

    Einatmen und Ausatmen Die zwei Fe der Nachfolge Christi (Schluss)

    Erhard Gaiduk

    Selbstlose Nchstenliebe befreit vom EgoDer natrliche Mensch das niedere Seelen-Ego

    strebt stets nach ich-bezogenem Gewinn und Vorteil. Dashhere Geist-Selbst strebt aus dem selbstlosen Beweggrundder Liebe. Es erkennt das Gute und Wahre in den Dingen,weil es Teil seiner eigenen Natur ist. Es wei, dass seinStreben dem GANZEN dient und hilft.

    Unsere an uns selbst gerichtete Frage im geistigenStreben sollte also einmal sein: Warum tue ich dies berhaupt? Stellenwir uns einmal in einer stillen Stunde diese Frage und filtern oder blockieren nicht die Antwortenaus unserem Herzen , wenn sie uns auchnicht schmeicheln, sondern lassen einmal alles zu. Lassen den Selbstbetrugvon Kopf und Verstand einmal ganz beiseite. Handele ich aus einer ArtVorteilsdenken oder handele ich aus Liebe zu Gott und aus Liebe fr dasGANZE? Wir werden auch bei der Meditation und dem Gebet immer wieder erleben, dass sich nichts bewegt, dass sich keinerlei VerheiungenJesu an unserem Leben erfllen, dass Gott nicht zu uns spricht. Hier musssich ein jeder selbst prfen, was der eigentliche Beweggrund fr seinBeten oder Meditieren ist und was er in seinem Leben tut , um dieselbstlose Christusliebe in seinem Herzen zu erwecken und am Brennen zuhalten.

    Stille Einkehr Der Leibesstimme Hauchgewimmer Das dringt zu Meinem Ohren nimmer Und ein Gebet - nur von dem MundeSei niemals eurer Bitten Kunde. Im Herzen nur soll reden lernen, Auf Erden so wie in den Sternen,Wer da mit Mir will Rede fhren,

    Ansonsten wird er sich verirren. Denn einmal pfleg ich laut zu reden, Hrts wohl, ihr allzeit Herzenssprden!

    Einatmen und Ausatmen

    Erhard Gaiduk

    ist Sozialtherapeut undlebt mit seiner Familieam Bodensee.

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    12/60

    10 GL 5/2007

    Nur so in heiliger Stille leise Ich rede stets in liebster Weise.Und wenn ihr mchtt Mein Wort vernehmen,

    Sollt ihr an Stimme euch nie stemmen, Im Herzen msst ihr Worte bauenUnd nur in dessen Innres schauen. Ihr nehmt zum Beispiel: Unser Vater,Und sprecht es matt und immer matter, Am Ende lasst ihr weg die Stimme, Horcht nur noch auf des Geists Gewimme;Gleich einem Echo werd t ihr finden

    Sich Worte sanft dem Geist entwinden,Und gehts - wie schwer auch - im Beginnen, Nicht lasset ab, ihr werdt gewinnen!-Gleich wie die Kinder anfangs lallen,Um ihren Willen euch zu malen,So ist es auch mit innrer Sprache,Gewhnung klret wohl die Sache. Zu allem - hrt! - gehret Schule,Sonst wird gar Alls zu einer Nulle, Darum muss Obiges geschehen, Sonst knnt ihr nie den Geist verstehen.Und habt ihr das in euch gewonnen,Und seid zu beten gern gesonnen, Dann sollt derart im Geist ihr stehen, Ich werde euch gar wohl verstehen.Und wenn s dann euerem Geist wird gehen,Wohl fertig seine Zungzu drehen, Recht klar und deutlich All s zu sagen, Knnt ihr Mich auch um etwas fragen;Und nach der Kraft der reinen Liebe Ihr werdt gewahren heilge Triebe; Dann horchet ganz gelassen stilleWie sich da kndet Gottes Wille. Ihr werdets klar und deutlich hren,Was da nun ist Mein leichtes Begehren:

    Nur auszustreuen guten Samen, Das soll geschehen all zeit! Amen!(Psalmen und Gedichte Seite 75)

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    13/60

    GL 5/2007 11

    Dies ist eine Meditationsanweisung und der Aufruf, in eine lebendige,tgliche Kommunikation mit Gott zu treten. Vaterworte sind eigentlicheine absolute Normalitt fr ein Gotteskind und sollten nicht auf dem

    Jahrmarkt geistiger Eitelkeiten zur Schau getragen werden.Schauen wir uns einmal diese Hinweise und Ratschlge Jesu an undversuchen, unsere bisherigen Glaubensgewohnheiten mit ihnen abzu-gleichen.

    Gebetspraxis

    So ihr beten wollt, so geht in euer stilles Kmmerlein und verschliet alle Tren und Fenster. Und so ihr betet, so macht nicht viele Worte wie

    die Heiden, die sich in der ffentlichkeit gerne produzieren. Euer Vater schaut doch in euer Herz. Was bemht ihr da noch mit wohlklingendenund ausgesuchten Worten die eigenen eitlen Ohren. (Mt. 6,6-8)

    Hier wird uns inhaltlich schon in der Bibel die Stellungnahme Jesu zumBeten und zur Verinnerlichung gegeben. Schaut man dagegen die heutigeGebetspraxis in den Kirchen und vor allem Freikirchen an, so sehen wir hier einen inflationren Gebrauch des ueren Lippengebetes. Natrlichkommt hier vieles auch von Herzen und ich glaube, Jesus hat hier vor

    allem gegen die Selbstdarstellung und die Ehrsucht der Phariser gesprochen. Doch liegt in jedem laut gesprochenen Gebet unter Menschenimmer die Gefahr, dass man nicht das Herz Gottes, sondern die Ohren der Zuhrer anspricht. Man bemht sich dann mit ausgewhlten Worten einegute Nachricht rberzubringen. Hier sollte man sehr vorsichtig mit demueren Gebet umgehen, denn geistige Eitelkeiten religiser Natur sind ein beliebtes Bettigungsfeld des Hochmutes. In der stillen Einkehr sollen wir uns vielmehr im inneren Herzensgebet ben, durch welches wir mehr undmehr die Stimme Gottes in uns wahrnehmen drfen.

    Natrlich knnen wir auch Bittgebete fr andere Menschen sprechen.Doch auch dies sollte in aller Stille und Demut getan werden. LauteMassengebete und Litaneien sind nicht im Willen Jesu und erreichenfolglich nicht sein Ohr. Wir sollten uns darber im Klaren sein, dass diefalschen Christusse oder Christusbilder, die fr die Endzeit prophezeitsind, nicht aus einer anderen Religion kommen, nein, es sindGedankenkonstrukte von Christen, welche hier durch die Endzeit geistern.Jesus sagt uns in Matth.7,21-23.

    Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Es werden viele zu mir sagen an jenem Tage: Herr, Herr,

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    14/60

    12 GL 5/2007

    haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht indeinem Namen bse Geister ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wunder getan? Dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe

    euch noch nie gekannt; weicht von mir, ihr beltter. (Mt. 7,21-23)Ein hartes aber ehrliches Wort des Herrn, in dem er uns verdeutlicht,dass es noch gar nichts besagt, Seinen Namen im Munde zu fhren oder inSeinem Namen Wunder zu tun. Alleine die Befolgung des geoffenbartenWillens Gottes und nicht das Ausleben unserer frommen Liebeleien zeugtvon der Kindschaft.

    Meditationspraxis

    Kommen wir nun aber einmal zur Selbstbeschauung, Versenkung;Meditation oder Kontemplation. Hier sollte sich niemand an dieverschiedenen Begriffe stren, die zum Teil kulturbedingt sind, aber alledas gleiche meinen. Wer sich schon einmal in der Meditation versucht hatoder diesen inneren Weg geht, der wei, dass es hier eine anfnglicheBarriere gibt, ber die man ohne einen Bergfhrer kaum hinweg kommt.Es ist die Schwierigkeit, die Gedanken zu kontrollieren. Setzt oder legtman sich hin, um im stillen Kmmerlein abseits des Medienrummels und

    der Sinneswelt den Weg nach Innen zu gehen, so kommt man recht schnellvor folgende Situation: Da wo man Ruhe und Entspannung sucht, ffnetsich vor dem inneren Auge pltzlich ein bestndig drehendes Gedanken-Karussell. Man sitzt oder liegt nun da und bekommt aus demUnterbewusstsein allerhand Bilder und Situationen meist desTagesablaufes vor das Auge gestellt. Nimmt man auch nur den kleinstenGedanken auf, sitzt man unversehens auf einem der wippenden Pferdchenund macht seine Runden auf diesem Gedanken-Karussell. Diese Fahrtkann sich dann viele Minuten hinziehen, bevor man nicht etwa vomKarussell absteigt, nein man springt auf ein anderes Pferd, einen anderenGedanken, um mit ihm einige neue Runden zu machen. Und so baut sicheine Geschichte um die andere in unsere Gedankenwelt, mit uns alsKutscher ohne Zgel. Wie knnen wir diesem Spiel ohne Ende entgehen?

    Zuerst sollten wir Frieden mit uns und dem vergangenen Tag machen,indem wir unsere Gedanken und Werke des Tages betrachten. Sehen wir hier Disharmonien, Unachtsamkeiten, gedachte oder vollzogeneVerletzungen, dunkle Gedanken usw., so sollten wir uns neu auf dieGottesordnung ausrichten und uns vornehmen, es Morgen besser zumachen. Was wieder gut zu machen ist, sollten wir uns vornehmen amnchsten Tag auch zu vollbringen. Wir sollten alles vor Gott legen und um

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    15/60

    GL 5/2007 13

    Vergebung bitten. Alles Verkehrte, das wir noch nicht angeschaut undentdeckt haben, wird uns sonst unermdlich in der Meditation bedrngen,weil es gelst werden will. Denken wir an das Sndenmeer, in welchem

    Bischof Martin fischen musste, bis alles mit Untersttzung des Herrn ansLicht gekommen ist. Erst wenn wir Frieden mit Gott und dem Taggemacht haben, knnen wir auch in die tieferen Bereiche unseres Herzens-Tempel eintreten.

    Der zweite Schritt ist nun, uns in einer entspannten Konzentration auf nur einen Gegenstand zu richten oder bestndig nur ein Wort im Herzen zusprechen, so wie uns dies im obigen Gedicht Stille Einkehr angeratenwird.

    Ihr nehmt zum Beispiel: Unser Vater,Und sprecht es matt und immer matter, Am Ende lasst ihr weg die Stimme, Horcht nur noch auf des Geists Gewimme.

    Auch das Anschauen einer Kerzenflamme, oder eines Bildes kann hier hilfreich sein, bis man durch jenes Gedankenmeer in tiefere Bereicheabgesunken ist. Eine von mir praktizierte Methode ist die Nennung des Namens Jesus in der Form, dass man beim Einatmen wortlos die Silbe JEsagt und beim Ausatmen das SUS. Oder CHRIS einatmen, TUS ausatmen.Hierbei kann man seinen Atem als Fahrstuhl durch das Gedankenmeer gebrauchen. Man macht es so, dass man beim Einatmen (JE) dieLebenskraft (Gottes Atem der alles durchflutet) als Kraft aufnimmt undsich mit dem Ausatmen (SUS) wie in einem Fahrstuhl nach unten gleitenlsst. Jetzt kommt das Wichtigste, wenn ihr nun erneut einatmet, msst ihr unbeteiligt in der erreichten Tiefe sitzen bleiben und nicht wieder mit nachoben steigen. Erst mit dem nchsten Ausatmen lasst euch wieder weiter hinabgleiten in euer Inneres. Konzentration auf den still gesprochenenLebensatem JE-SUS verhindert die Gedankenttigkeit. Ihr knnt euch auchdas Antlitz Jesu aus eurer Liebe visualisieren und dieses unverrcktanschauen, auch ein sehr starkes Arkanum.

    Manche haben es morgens schwerer mit dem Wachwerden undWachbleiben in der Meditation. Auch ich gehre in diese Kategorie. Sofllt bei mir die Morgenmeditation auch krzer aus. Meine Stunde ist danneher der Abend. Wichtig ist jedoch, dass wir den Tag mit Gott beginnen.Die Welt wird das Ihrige schon frh genug fordern. Darum sollte man

    beim Erwachen nicht gleich auf die Uhr schauen und auf die Beinespringen. Begrt erst einmal euren himmlischen Vater und bedankt euchfr die Nacht und den neuen Tag, der vor euch liegt. Verbindet euch im

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    16/60

    14 GL 5/2007

    Geiste mit Ihm und dann erst steht auf. Verlasst Ihn aber nicht im Geiste,sondern bleibt in Ihm. Ladet Ihn zum Frhstck ein und sprecht mit Ihm ineurem Herzen. Das Ziel ist es, den Bewusstseinszustand Seiner Gegenwart

    mit in den Tag zu nehmen und so lange wie mglich zu halten. Dies isteine lebenslange bung IN CHRISTUS zu sein. So wird das Reich Gottesmehr und mehr in uns und um uns herum Gestalt annehmen.

    Und gehts - wie schwer auch - im Beginnen, Nicht lasset ab, ihr werdt gewinnen!- Zu allem - hrt! - gehret Schule,Sonst wird gar Alls zu einer Nulle, Darum muss Obiges geschehen,

    Sonst knnt ihr nie den Geist verstehen.Denn hat der Mensch einmal durch bung irgendeine Fertigkeit in

    der Beschauung seines Innern erreicht, so findet er in sich auch nur zuleicht und zu bald, welche Fallen ihm der Satan gelegt hat, und kann danndiese weidlichst zerstren und zunichte machen und aller knftigen Arglist desselben Feindes auf das energischste vorbauen. Das wei der Satan nur zu gut und ist daher alleremsigst beschftigt, durch allerlei die Seelenach auen ziehende Gaukeleien eben die Seele selbst zu beschftigen,

    und er hat dann hinter der Wand ein ganz leichtes, unvermerkt der Seeleallerlei Fallen aufzurichten, in die sie sich am Ende derart verstrickenmuss, dass sie dann frder zu einer Sichselbstanschauung gar nicht mehr gelangen kann, was sehr schlimm ist.

    Denn dadurch wird die Seele dann stets mehr von ihrem Geiste getrennt und kann denselben nicht mehr erwecken, und das ist dann schonder Beginn des zweiten Todes im Menschen. (Gr.Ev.Joh. Bd.1, Kap. 224,11-12)

    Meditation ist Erweckung des inneren Geistes und ist darum einwesentlicher Bestandteil des Weges zur Wiedergeburt des Geistes.

    In der Folge des obigen Textes machen nun alle Jnger mit dem Herrnam See Genezareth eine einstndige bung in der Selbstbeschauung, alssich pltzlich das Wasser teilt und ein Leviathan (Seeungeheuer) an Landtritt, um sich auf die Jagd nach allerlei Landtieren zu machen, um diesedann auch vor den Augen der Jnger zu verschlingen. Auch wir habendiesen See Genezareth in uns, es ist unser Unterbewusstsein, in welchemalle Sinneseindrcke abgespeichert sind. Aus ihm steigen bei der Meditation auch so mancherlei Ungeheuer an die Oberflche unseresTagesbewusstseins und machen dort ihr Spektakel, um uns abzulenkenoder gar zu ngstigen. Die Jnger sind natrlich beim Erscheinen des

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    17/60

    GL 5/2007 15

    Ungeheuers beunruhigt, werden ngstlich und wollen ihreSelbstbeschauung abbrechen. Doch Jesus sagt ihnen:

    Lasset euch nicht im geringsten stren. ...Eine Stunde noch, und ihr

    habt des Todes Schranken und Grenzfesten durchbrochen, und die Herrschaft ber alle Hlle und deren Heer soll euer Lohn sein(Prophezeiung). (Gr.Ev.Joh. Bd.1, Kap. 225,5)

    Hier geht es um die inneren Todesschranken und Begrenzungen jedeseinzelnen Jngers (auch wir sind gemeint), welche kurz davor sind, ihreseelische Angst und ihren Zweifel und ihre seelischen Begierden,Leidenschaften und andere Gefhlsstrme (ihre innere Hlle) zu beherrschen.Es geht um die Herrschaft des gttlichen Geistes ber die

    Seele. Und genau das ist der Sinn jeglicher Verinnerlichung und geistigenArbeit am inneren Menschen. Jesus hat Seine ausgewhlten Jnger inkrzester Zeit an diesen Punkt des bergewichtes ihres inneren Geistesgebracht. Doch Vorsicht, das Seelische kann bis zur endgltigen undvollen Wiedergeburt des Geistes auch wieder bestimmend undvorherrschend in das Leben eingreifen, wenn man es zulsst wie beiPetrus, der Jesus dreimal verleugnete. Hier hilft nur beharrliches Festhaltenan der Liebe zu Gott in Jesus und das Festhalten am Glaubensguten und wahren. Das Bse oder die Versuchung hat nur Macht ber uns, wenn wir es anschauen und in unser Inneres aufnehmen.

    Lsst man seine alte Natur wieder gegen die Snde und eigeneSchwche kmpfen, ist das ein aussichtsloser Kampf! Was hat Jesus denJngern geraten, als der Leviathan in ihr Gesichtsfeld treten wollte?Beachtet ihn nicht, kmmert euch nicht um seine Grimassen. Bleibt imGeist verankert und lasst eure Gefhlswelt nicht verunsichern! Reit eureSinne mit Gewalt und Bestimmtheit von ihm ab und bleibt im Vertrauenan Mich in eurer Lebensmitte.

    Wir sind ja immer ganz groe Glaubenshelden, wenn wir auf sicheremund trockenem Boden stehen, dann sind wir wie Petrus, bereit fr Jesus zusterben. Doch wenn uns dann das Leben bedrohlich seine Zhne zeigt,offenbart sich schnell unsere wahre, kleinglubige Natur. Doch das ist gutso, hierdurch werden wir wieder auf den eigenen Boden unserer nochunvollkommenen Seele geworfen und drfen uns wieder in der Demutben.

    Was kann uns aber in solch einer Situation helfen im Glauben zu

    erstarken? Als die Jnger einmal in einem Fischerboot ohne Jesus auf demSee waren und es ein wenig strmte, sahen sie pltzlich Jesus auf demWasser gehend auf sich zukommen. Petrus war begeistert und wollte diesnun auch einmal probieren. Er sagte: Meister lass mich zu Dir kommen.

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    18/60

    16 GL 5/2007

    Jesus erwiderte: So komm! Solange nun Petrus seine Konzentration auf Jesus richtete und dem Herrn in die Augen schaute, konnte er tatschlichohne Probleme auf dem Meer des Lebens laufen und war sicher. In dem

    Moment aber, als eine Welle an ihm hochschlug und er abgelenkt auf dieGefahr schaute, fing er an zu sinken. Wenn wir also unsereAufmerksamkeit und Konzentration auf Jesus halten, kann uns keinWeltsturm aus der Bahn oder dem inneren Gleichgewicht werfen. Erstwenn wir unser Leben wieder selbst bestimmen und in die Hand nehmenwollen, fangen wir an in der Welt zu versinken und knnen nur mit Petrusrufen: Herr rette mich! Das ist unsere Lebensaufgabe und bung, stetsmehr und mehr in dieses Bewusstsein der Gegenwart Gottes hineinzu-

    wachsen und unser inneres Auge in einer ruhigen Lebenskonzentration auf Ihn zu richten.Ruhe, die wahre, innere Gemtsruhe ist fr jeden Menschen das

    notwendigste geistige Element, ohne das er nichts wahrhaft Inneres und geistig Groes zu fassen vermag.

    Es ist aber solch eine Ruhe, in der dem Leibe und seinen Gliedern dieTtigkeit vorenthalten wird, dennoch keine Ruhe, sondern vielmehr eineinnere groe Ttigkeit der Seele danach und darin, sich mit ihrem Geiste,den sie wahrzunehmen angefangen hat, mehr und mehr zu einen. Und sodu eine solche Ruhe verlangst, so tust du, wie auch ein jeder andere, wohl daran, und nach fortgesetzter und tglich einmal vorgenommener solcher innerer Ruhe, oder besser Seelenttigkeit, wirst du erst zu fhlen anfangen,welch einen groen wahren Lebensnutzen du daraus gewonnenhast. (Gr.Ev.Joh. Bd.5, Kap. 218,01-02)

    Erst durch diese Seelenttigkeit, dieses verweilen in der inneren Weltdes Geistes, bekommen wir die Erkenntnis und einen Mastab fr dasTreiben des Weltgeistes. Wir erkennen mehr und mehr die Mastbe undSichtweise Gottes fr unser Leben und knnen uns so unter Seiner Fhrung von den Fesseln der weltlichen Gebundenheiten lsen; wenn wir dies wollen! Die Ablenkung vom inneren Weg durch Stress, finanzielleSachzwnge, krperliche Schwche (oft nervenbedingt), Krankheit usw.,wird den einen oder anderen sicherlich noch eine ganze Zeit begleiten,doch Beharrlichkeit fhrt hier zum Ziel und zu seelischer und krperlicher Genesung. Solange aber der Welt- und Zeitgeist magebend fr die eigeneMeinung und Lebensbetrachtung ist, werden wir auch diesem Weltgeist zu

    ehren, unser Leben im Abseits der Gottesferne fhren und SeineSegnungen und Verheiungen knnen sich nicht an uns erfllen. Die Erdeist schwanger mit dem Segen Gottes, der ber unseren Huptern schwebt,wir mssen uns jedoch diesen Segnungen auch ffnen, um sie in unserem

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    19/60

    GL 5/2007 17

    Leben wirksam werden zu lassen. Es liegt wahrlich nicht an Gott, dass wir heute so wenig Geistfeuer, Segnungen und Erfllung der Verheiungenunter den Wohlstandschristen haben. Gott will ja das Fllhorn Seiner

    Segnungen ber uns ausgieen, es liegt alleine an uns und unserer Kleinglubigkeit, wenn wir nicht empfangen. Haben wir den Mut Ihm zufolgen auf Seinem Weg in das Reich der wahren Freiheit undGotteskindschaft. Befleiigen wir uns Seine Ratschlge zu befolgen, dieuns zu wahren Shnen und Tchtern des Allerhchsten machen.

    Der Seelenspiegel und die wahre Sabbatruhe

    Wenn ihr aber sehet einen ganz ruhigen Wasserspiegel, und es scheint

    die Sonne darein, so wird sie aus dem Wasserspiegel in derselben Majestt und Wahrheit widerstrahlen, als wie ihr sie sehet am Himmel. Und ebenso gehrt ein ruhiges, leidenschaftsfreies Gemt, das nur durch eine gnzliche Selbstverleugnung, Demut, Geduld und reinste Liebeerreicht werdenkann, dazu , damit das Ebenma Gottes im Geiste des Menschen ebensorein und wahr widerstrahle wie die Erdsonne aus einem ruhigstenWasserspiegel.

    Ist das bei einem Menschen der Fall, so ist in ihm alles zur Wahrheit

    gediehen, und seine Seele ist dann fhig, ihren Blick in die Tiefen der Schpfungen Gottes zu richten und alles schauen zu knnen in aller Flleder reinsten Wahrheit. Aber sowie es in ihr zu wogen anfngt, so werdendie Urbilder zerstrt, und die Seele befindet sich dann schon notwendig auf dem Felde des Truges und der Tuschungen aller Art und Gattung und kann nicht zur reinen Anschauung gelangen, bis nicht in ihr die vllige Ruhe in Gott eingetreten ist.

    Und das ist die wahre Sabbatruhe in Gott , und die Feier des Sabbats ist darum von Gott verordnet worden. Der Mensch soll sich da von jeder schweren, anstrengenden Arbeit enthalten, weil jede schwere Arbeit dieSeele ntigt, dem Fleische ihre Krfte zu leihen, und dabei mit demselbenerregt wird, was den Spiegel ihres Lebenswassers in eine starke Bewegung versetzt, dass sie darum die rein gttliche Wahrheit in sich nimmer klar erkennen kann.

    Die wahre Sabbatruhe besteht demnach in einer vernnftigen Feier vonaller schweren Arbeit; ohne Not soll man nicht die Hand an sie legen, aber in der Not ist jeder Mensch verpflichtet, seinem Bruder zu helfen.

    Mehr aber noch, als sich von aller schweren Arbeit enthalten, soll eine jede Seele jede Leidenschaft zur Seite schaffen! Denn die Leidenschaftensind Strme der Seele; sie whlen ihr Lebenswasser auf, und Gottes

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    20/60

    18 GL 5/2007

    Ebenma wird dann in der Seele also zerrissen, wie das Ebenma der Sonne auf den Wogen des Meeres zerrissen wird. Es blitzt wohl das Bild der Sonne aus den Wogen, aber in welcher Verzerrtheit! Und so der Sturm

    lange whrt, so entsteigen dem bewegten Meere bald schwere Dnste und fllen die Himmelsluft der Seele mit schweren Wolken; diese hindern danndas Licht der Geistessonne vllig, an das Lebensgewsser der Seele zu gelangen, und die Seele wird finster, kann nicht mehr unterscheidenWahres vom Falschen und hlt das Blendwerk der Hlle fr ein Himmelslicht. (Gr.Ev.Joh. Bd.2, Kap. 148,09-13)

    Wir haben gesehen, in welch groem Umfang und in welcher Deutlichkeit uns der Herr in der Offenbarung einen ganz praktischen Weg

    nach Innen aufgezeichnet hat. Wollen wir dem Heiland und Erlser JesusChristus wirklich auf Seinem Weg folgen, wie wir ja immer beteuern, sosollten wir hier aus Liebe zu Ihm auch Seine Gebote und Ratschlge zuunserem Heil befolgen. Denn erinnern wir uns, was Er uns sagte: Der ist es der Mich liebt, der Meine Gebote befolgt . (Joh. 14,21)Hier istGlaubensgehorsam der bessere Weg, als geistiger Eigendnkel, der es malwieder besser wissen will.

    Ohne diesen Glaubensgehorsam aus dem Motiv der Liebe werden wir immer wieder auf die feinen Fallstricke des Antichristen hereinfallen.

    In diesem Sinne wollen wir uns befleiigen, den Spuren unseresMeisters auf Seinem Weg zu folgen, um das Ziel des Lebens zu erreichen.Denn auch auf dem Weg mit Jesus heit es im bertragenen Sinne: Wer sein eigenes Leben an Seiner Seite zu verwirklichen sucht, der wird dasgeistige Leben verlieren. Doch wer sein Leben und seine Freiheit fr Christus aufgibt, der wird das wahre Leben finden.

    Die Kommunion im Herzen:

    Das Liebesmahl mit dem Heiland Jesus ChristusWo deine Liebe ist, da ist auch dein Herz. Liebe kann man nichtverordnen, aber man kann sie erwecken. Benutzt man die zwei Fe der Nachfolge und erweckt und nhrt die LiebeVON AUSSEN durch dasselbstlose Dienen am Nchsten und am Ganzen, und erweckt man sieVON INNEN durch Meditation und Herzensgebet, so wird man innerhalbseiner inneren Pilgerreise irgendwann einmal vor der goldenen Herzenstr des Allerheiligsten anlangen. In diesem Innersten des Menschentempels

    findet die Vereinigung des Christus mit dem menschlichen Geist statt, diewahre Kommunion der Herzen. Hier trifft der Jnger seinen Meister, dasKind den Vater, die Braut den Brutigam. Hier ist vollkommene Ruhe und

    Einatmen und Ausatmen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    21/60

    GL 5/2007 19

    Frieden, hier ist die Seligkeit an der Brust des Geliebten. Und hier verlieren sich alle Worte und Gedanken in der absolutenBedeutungslosigkeit. Hier ist nur das SEIN. Hier ist das ICH BIN. Und

    weil es so ist, kann man es nicht beschreiben, sondern nur erfahren. Darumendet an dieser Stelle mein schriftlicher Beitrag mit einem Wort ausmeinem geistigen Tagebuch.

    lter geworden am Blhen der Erde komme ich zu Dir an einem Tag im Herbst.

    Hoch wandern die Gestirne - Stille in dieser Nacht.Verzaubernd spielt Deine Flte an meinem Mund.

    Ich habe die Sprache vergessen - die Worte verloren die Rede verlernt. lter geworden am Blhen der Erde liebe ich Dich.

    Meditationsstufen durch den inneren Tempel

    Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prfe mich und erkenne, wie ich's meine.

    Und siehe, ob ich auf bsem Wege bin,und leite mich auf ewigem Wege. (Ps. 139,23-24)

    Einatmen und Ausatmen

    KRPER = Mentalbewusstsein

    (technisches Verstndnis)

    VORHOF = Weisheitsebene

    Anschauung, Erkenntnisse

    SEELE = religises Bewusstsein (Sphre geistiger Belehrung und Ttigkeit)

    INNENRAUM = Weisheit mit ttiger Gottes-und Nchstenliebe

    GEIST = ICH BIN, Geistbewusstsein(Einheit, Gegenwart Gottes)

    ALLERHEILIGSTES = Kommunion der LiebeWeisheitsflle aus der Liebe

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    22/60

    20 GL 5/2007

    Von der Bitte um HilfeDer Herr ist zwar berall der allmchtige Helfer und Besieger aller

    Hindernisse, aber Er muss auch nach dem Grade und Mae desHindernisses zu Hilfe gerufen werden, sodann erst wird es geschehen, wasda geschehen soll.

    Ihr saget hier freilich: Ja, warum aber das? So wir den Herrn um Hilfeanflehen, da wird Er uns wohl nicht weniger helfen, als wir es vonntenhaben. Ich sage euch: Ihr habt in einer Hinsicht zwar wohl recht, aber nur insoweit, als ihr daneben irrigerweise anzunehmen gentigt seid, demHerrn sei wenig oder gar nichts daran gelegen, wie euer eigenesErkenntnisvermgen bestellt ist. So etwas aber anzunehmen, meine ich,drfte doch ein wenig zu tricht sein.

    Der Herr aber will ja vor allem die Selbsterkenntnis der Kinder erheben; daher lsst Er auch alles von ihnen (selbst) eher beurteilen und bemessen, also auch ihre Not, auf dass sie Ihm dann dieselbe nach ihrer Erkenntnis vortragen sollen, und Er ihnen dann helfe nach ihrer eigenen Erkenntnis und Verlangen.

    Aus diesem Grunde aber, meine lieben Freunde und Brder, soll da auf der Erde auch niemand ein sndiges Hindernis auf der eben sein sollenden

    Bahn seines Lebens mit einem leichtfertigen Mastabe bemessen, sonstmuss er es sich selbst zuschreiben, wenn ihm nach vielen Gebeten nichtdie erwnschte vllige Hilfe wird.

    Denn der Herr ist zwar beraus liebevollst gut und freigebig mit Seiner Gnade und Erbarmung, aber dabei dennoch stets im vollkommenstenGrade respektierend die freie Ttigkeit des Geistes in jeder Beziehung,sowohl in der Willens- als in der Erkenntnissphre.

    Unter uns aber gesagt, tut (daher) ein jeder Mensch fr sich genommen

    besser, wenn er in Anbetracht seiner selbst, wie ihr zu sagen pfleget, auseiner Mcke einen Elefanten macht, als umgekehrt, und es wird dann sein,dass derjenige, der von solch einem Standpunkte aus um vieles bittet, auchviel empfangen wird; wer aber um weniges bittet, der erwarte ja nicht, dassihm der Herr ein unerkanntes und unverlangtes Plus auf den Rckennachwerfen wird.

    Tut ihr ja auch das gleiche auf der Erde untereinander. Warum sollte esder Herr nicht tun, der dafr den liebeweisesten Grund hat? Wird wohlselbst ein allerbestgesinnter reicher Mann einem, der ihn bittet, ihmzweihundert Taler zu leihen, allenfalls streng bentigte zweitausend Taler geben? Ich sage euch: Solches wird er nicht tun, und wsste er es auchaugenscheinlichst, dass der bittende Entleiher unumgnglich notwendig

    Von der Bitte um Hilfe

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    23/60

    GL 5/2007 21

    der greren Summe vonnten hat.Er wird wohl, ebenfalls aus dem edlen Grunde seines Herzens, zum

    Entleiher sagen: Ich leihe dir recht gerne die verlangte Summe, wenn sie

    dir in deinem Bedrfnisse nur gengen wird. Wenn bei solch einemStupfer der Entleiher noch immer in seinen blindtrichtenSchchternheitsschranken sich bewegt und bleibt bei seiner ersten Petition,saget euch selbst, wer dann die Schuld trgt, wenn dem Entleiher mit 200Talern nicht gedient ist.

    Aus dem Grunde aber soll sich ein jeder genau erforschen und seine Not genau bemessen, und dann erst an den heiligen, allmchtigen Helfer sich wenden, so wird ihm schon sicher die gerechte Hilfe werden, wenn er

    dieselbe glaubensfest, vertrauensvoll und liebeernstlich von Ihm erwartet.(Geistige Sonne Bd.2, Kap. 30,10-18) Um was ihr den Vater in Meinem Namen bitten werdet, das wird euch

    denn auch gegeben werden, und wo auch nur zwei oder drei von euch inMeinem Namen vollglubig sich versammeln werden, da werde Ich imGeiste Meiner Liebe, Macht und Kraft mitten unter euch sein. Um was ihr dann volltrauig bitten werdet, werde Ich euch denn auch geben, so das, umwas ihr bittet, frs Heil eurer Seelen gedeihlich ist.

    Wrdet ihr aber um eitle Dinge dieser Welt bitten, so werden sie euchnicht gegeben werden, gleichwie auch ihr einem Kinde, so es euch noch so bitten wrde, kein scharfes Messer zum Spielen in die Hnde gebenwerdet, aus dem Grunde, da ihr es wohl wisset, dass sich eure Kinder mitdem scharfen Messer nur zu bald und zu sicher beschdigen wrden.

    Ihr seid aber nun in den geistigen Dingen auch noch mehr oder weniger unerfahren, und Ich allein wei es am allerbesten, was euch Not tut zur Erreichung des ewigen Lebens. Darumsuchet nur vor allem Mein Reichund seine Gerechtigkeit, alles andere wird euch schon hinzugegebenwerden; denn Ich wei es allzeit und ewig, wessen ihr bedrfet.

    So ihr Mich in der Folge aber schon um eines oder anderes bittenwerdet, da bittet Mich um etwas Gerechtes, Gutes und Wahres!

    (Gr.Ev.Joh. Bd. 10, Kap. 108,11-14)Bittet sonach vor allem stets um das, was zum wahren Wohle eurer

    Seele dienlich ist, und sehr selten und wenig um das, was eurem Leibedienlich ist! (Gr.Ev.Joh. Bd. 10, Kap. 109,11)

    Ihr habt nicht, darum dass ihr nicht bittet;ihr bittet, und nehmet nicht, darum dass ihr bel bittet.

    (Jak. 4,2-3)

    Von der Bitte um Hilfe

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    24/60

    22 GL 5/2007

    Selbsterkenntnis durch Bitten

    Schon der schuldige Dank, den wir fr die zahllosen Wohltaten dem

    Schpfer darbringen, ist ein heilig groes Privilegium fr uns freie Wesen.Wir anerkennen dadurch Gott gegenber das, was wir haben undempfangen, als freie und nicht als gerichtete Gabe. Aber die Bitte stehtdennoch viel hher, da uns eben durch die Bitte nicht nur die Erkenntniszukommt, dass wir eine Gottesgabe als eine freie anerkennen drfen,sondern auch sogar die freie Wahl der Gabe!

    Zur vollkommenen Freistellung des Geistes gehrt nicht nur die freie Erkenntnis dessen, was der Herr als fr uns Lebensnotwendiges frei gibt, sondern hauptschlich die freie Wahl dessen, was uns Not tut.Dazuaber gehrt doch offenbar mehr Selbsterforschung und freie Selbst-erkenntnis als nur zur Wahrnehmung, das alles, was wir sind, haben undempfangen, freie Gaben aus Gott dem Herrn sind.

    Wer fr eine empfangene Gabe dankt, fhlt aber dabei kein Bedrfnisnach einer fr die Folge weiter ntigen Gabe, ist in seiner Lebenssphrenoch sehr stumpfsinnig und hat noch viel Tierisches in sich. Denn auchTiere danken durch ihren frohen Genuss instinktmig dem Geber, wennsie Ihn auch nicht zu erkennen imstande sind. Begehren aber kann keinTier etwas, weil es seine Bedrfnisse nicht erkennen kann! Wenn eshungrig ist, da sucht es Speise. Hat es diese gefunden und sich gesttigt,dann ruhet es so lange, bis es wieder hungrig wird. Diese Ruhe ist einstumpfer Dank fr die Speise, die es zur Sttigung gefunden hat; aber wenn das stumpfe Tier satt ruht, hat es keine weitere Erkenntnis, dass esknftig wieder hungrig werden knnte und einer Nahrung bedrfte. Nichtso ist es bei dem Menschen, denn dieser wei, was ihm Not tut. Hat der Mensch sich gesttigt, so wei er, dass er wieder wird essen mssen, um

    sich zu sttigen. Er kennt aber auch den Geber. Daher soll er nicht nur danken, wenn er sich gesttigt hat, sondern soll vielmehr noch mit demschuldigsten Danke die Bitte vereinen. Durch sie legt er dem Schpfer umso mehr an den Tag, und bezeugt, dass er alles nur von Ihm bekommt undauch fr die Zukunft das Gute und Notwendige von Ihm erwartet. Zugleichaber stellt der Mensch sich seinem Meister eben durch die Bitte auch sodar, wie ihn eben der Meister haben will: als ein vllig freies Wesen, demnicht nur das Recht des Empfangens, sondern auch das demtig freie

    Recht des Begehrens zusteht. Dieses Recht aber setzt doch sicher bei jedem Menschen eine mchtige Selbsterkenntnis voraus, ohne die keinMensch ein vollkommener Mensch werden kann! (BM 179,4-8)

    Selbsterkenntnis durch Bitten

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    25/60

    GL 5/2007 23

    Gewissensspiegel zur SelbsterkenntnisEin Bekenntnis, das den inneren Menschen zur Demut fhrt

    Wenn ich mich selbst aufmerksam betrachtet und meinen innerenZustand erkannt habe, muss ich wirklich feststellen, dass ich Gott nichtliebe, auch keine Liebe zum Nchsten habe, keinen religisen Glauben besitze und beraus erfllt bin von Stolz und Sinnlichkeit. Das alles findeich in mir tatschlich vor, und zwar aufgrund einer eingehenden Prfungmeiner Gefhle und Handlungen:

    1. Ich liebe Gott nicht. Denn htte ich ihn geliebt, so htte ichununterbrochen und mit innerer Freude ber Ihn nachgesonnen. Jeder

    Gedanke an Gott htte mir ein inneres Entzcken bereitet. Ich dagegen denke viel hufiger und viel lieber an weltliche Dinge. DasDenken an Gott ist fr mich mit Anstrengung und Trockenheit verbunden.Wenn ich Ihn geliebt htte, so wre das Zwiegesprch mit Ihm im Gebetmir Nahrung gewesen, htte mir Freude bereitet und mich zur ununterbrochenen Verbundenheit mit Ihm gefhrt. Ich dagegen empfindenicht nur keine Freude beim Gebet, sondern wenn ich mich damit abgebe,spre ich nur die Anstrengung, nur das Mhsame und habe mitUnlustgefhlen zu kmpfen. Die Trgheit lhmt mich, und ich bin gern bereit, mich mit etwas Nebenschlichem zu beschftigen, nur um dasGebet abzukrzen oder gar ganz aufzugeben. Whrend der eitlenBeschftigungen verfliegt die Zeit fr mich unmerklich, aber wenn ichmich mit Gott beschftige, beim Wandel in Seiner Gegenwart, kommt mir jede Stunde wie ein Jahr vor.

    Wer jemanden liebt, der denkt im Laufe des Tages ununterbrochen anihn, stellt ihn sich vor Augen, ist um ihn besorgt und bei all seinenBeschftigungen weicht der geliebte Freund nicht aus seinen Gedanken.Ich aber nehme mir im Laufe des Tages kaum eine volle Stunde Zeit, ummich tiefer in die Betrachtung Gottes zu versenken und mich an Seiner Liebe zu entznden. Dreiundzwanzig Stunden lang dagegen opfere ichgern und eifrig den Gtzen meiner Leidenschaft!

    Bei den Unterhaltungen ber nichtige Gegenstnde, ber dieGegenstnde, die fr den Geist eigentlich zu niedrig sind, bin ich munter und habe mein Vergngen; bei Unterhaltungen ber Gott aber bin ichtrocken, gelangweilt und trge. Wenn ich unwillkrlich von anderen in ein

    Gesprch ber gttliche Dinge verwickelt werde, trachte ich danach, balddas Gesprch auf Themen zu lenken, die meinen Leidenschaftenschmeicheln. Ununterbrochen bin ich auf Neuigkeiten erpicht, auf Anordnungen der Behrden, auf politische Ereignisse. Gierig suche ich die

    Gewissensspiegel zur Selbsterkenntnis

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    26/60

    24 GL 5/2007

    Befriedigung meiner Wissbegierde in weltlichen Wissenschaften, Knstenund Erfindungen. Die Belehrung ber die Gebote des Herrn dagegen, ber die Gotteserkenntnis, ber die Religion berhaupt, macht auf mich keinen

    Eindruck; sie nhrt meine Seele nicht. Ich betrachte diese Beschftigungnicht nur als unwesentlich fr einen Christenmenschen, sondern als einenso abseitigen und nebenschlichen Gegenstand, dass ich mich damit nur inder freien Zeit, in Muestunden also befassen sollte.

    Kurz zusammengefasst: Wenn die Liebe zu Gott sich in der Erfllungseiner Gebote zeigt - Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote, -spricht Jesus Christus - und ich Seine Gebote nicht nur nicht erflle,sondern mich darum berhaupt nur sehr wenig kmmere, so muss man

    wahrhaftig den Schluss ziehen, dass ich Gott nicht liebe. Das behauptet auch Basilios der Groe, wenn er sagt: Ein Beweisdafr, dass der Mensch Gott und seinen Christus nicht liebt, besteht darin,dass er seine Gebote nicht beachtete.

    2. Ich habe keine Liebe zu meinem Nchsten;ich bin nicht nur nicht bereit, fr das Wohl meines Nchsten mein Leben hinzugeben (gem demEvangelium), sondern ich will nicht einmal meine Ehre, meinWohlergehen und meine Ruhe zum Wohl des Nchsten opfern. Wenn ichihn - nach Magabe des Evangeliums - wie mich selbst liebte, so wrdesein Unglck mich treffen, sein Wohlergehen mich in Entzckenversetzen.

    Ich dagegen hre lieber mit Neugier Unglcksnachrichten ber meinen Nchsten, werde aber davon nicht erschttert, sondern bleibe gleichgltig,oder was noch verwerflicher ist, ich finde darin irgendwie ein Vergngen.Und die schlechten Taten meines Bruders decke ich nicht mit dem Mantelder Liebe zu, sondern posaune sie aus und spreche dabei ber ihn dasUrteil. Sein Wohlstand, seine Ehre und sein Glck entzcken mich nicht,wie meine eigenen es tten, sondern rufen in mir - wie alles Fremde -absolut kein Gefhl der Freude hervor, sondern im Gegenteil: sie erweckenin mir auch noch irgendwie Neid und Verachtung.

    3. Ich glaube an nichts Religises;weder an die Unsterblichkeit nochan das Evangelium. Wenn ich fest berzeugt wre und ohne Zweifel darangeglaubt htte, dass es jenseits des Grabes ein ewiges Leben gibt, einLeben mit der Vergeltung fr die irdischen Taten, dann htte ichununterbrochen darber nachgedacht. Schon der Gedanke an die

    Unsterblichkeit wrde mich erschreckt haben, und ich htte ein Leben wieein Pilger gefhrt, der sich bereitet, in sein Vaterland heimzukehren. Ichdagegen denke nicht an die Ewigkeit, und das Ende des gegenwrtigenLebens halte ich fr die Endstation meiner Existenz.

    Gewissensspiegel zur Selbsterkenntnis

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    27/60

    GL 5/2007 25

    Ein geheimer Gedanke nistet in mir: wer wei, was nach dem Tode seinwird? Wenn ich auch sage, dass ich an die Unsterblichkeit glaube, so sageich das lediglich mit dem Verstand; mein Herz aber ist weit entfernt von

    einer festen berzeugung hiervon; das bezeugen offenkundig meineHandlungen und meine stndige Sorge um mein irdisches Wohlbefinden.Wenn mein Herz das heilige Evangelium glubig als Gottes Wortaufgenommen htte, so wrde ich mich ununterbrochen mit ihm befassthaben. Ich htte es mir eingeprgt, htte mich daran erfreut, ja htte es mitgrter Ehrfurcht und Andacht meditiert: Die Weisheit, die Gte und dieLiebe, die in ihm verborgen sind, htten mich in Entzcken versetzt, ichhtte mich mit Freuden im Gesetz Gottes Tag und Nacht unterweisen

    lassen; ich htte es zu mir genommen wie das tgliche Brot und htte michzur Erfllung seiner Vorschriften von Herzen hingezogen gefhlt. NichtsIrdisches wre imstande gewesen, mich von ihm abzulenken. Im Gegenteil jedoch, wenn ich, was selten vorkommt, das Wort Gottes lese oder hre, sogeschieht das nur aus dieser oder jener Notwendigkeit heraus oder einfachaus Wissbegierde; und ohne grere Aufmerksamkeit aufzubringen,empfinde ich nur Trockenheit, Langeweile, und wie bei irgendeiner gewhnlichen Lektre lege ich es ohne jede Bereicherung beiseite und lesedafr lieber etwas Weltliches, was mehr Vergngen bereitet und worin ichinteressantere Dinge finde.

    4. Ich bin beraus erfllt von Stolz und sinnlicher Eigenliebe;allemeine Handlungen besttigen das: wenn ich in mir etwas Gutes sehe, habeich das Verlangen, es herauszustellen, sei es um mich dadurch vor anderenzu rhmen oder innerlich mich selbst zu bewundern. Obwohl ich nachauen Demut zeige, schreibe ich alles meinen eigenen Krften zu und haltemich fr vortrefflicher als die anderen oder wenigstens nicht fr schlechter. Stelle ich bei mir einen Fehler fest, so bemhe ich mich, ihn zuentschuldigen, ihn als naturgegeben oder harmlos zu bemnteln. Ich binaufgebracht ber Menschen, die mich nicht respektieren, und halte sie fr unfhig, ihre Mitmenschen richtig einzuschtzen. Ich bin eitel in Bezugauf meine Begabungen; Versager in meinen Unternehmungen empfindeich als persnliche Beleidigung. Ich murre darber, freue mich aber ber das Missgeschick meiner Feinde. Sogar wenn ich etwas Gutes anstrebe,habe ich dabei Eigenlob, geistlichen Egoismus oder weltlichen Trost imAuge.

    Mit einem Wort: ich mache aus mir bestndig meinen eigenen Gtzen,dem ich ununterbrochen diene, indem ich in allem die Befriedigung meiner Sinne und Nahrung fr meine Leidenschaften und Begierden suche.

    Gewissensspiegel zur Selbsterkenntnis

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    28/60

    26 GL 5/2007

    Auf Grund von all dem, was ich aufgezhlt habe, sehe ich mich alseinen stolzen und unglubigen Menschen, der Gott nicht liebt und den Nchsten hasst. Welcher Zustand knnte sndiger sein? Der Zustand der

    Geister der Finsternis ist besser als meiner; zwar lieben sie Gott nicht,hassen den Menschen, nhren sich vom Stolz, aber wenigstens glauben sieund zittern wegen ihres Glaubens. Aber ich? Kann es ein traurigeres Losgeben als jenes, welches mich erwartet? Wofr knnte mich ein hrteresGerichtsurteil erwarten als fr eine solche Gleichgltigkeit und solchsinnentleertes Leben, wie ich es in mir selbst wahrnehme?'

    (Quelle: Aufrichtige Erzhlungen eines russischen Pilgers)

    In allen Dingen suche ich die RuheMeister Eckhart (1260-1328)

    Wir hren viel, aber wir hren erst eigentlich, wenn wir die wirrenStimmen haben sterben lassen und nur noch eine spricht.

    Wir sehen viel, doch wir sehen erst eigentlich, wenn wir die wirrenLichter alle ausgeblasen haben und nur das eine klare, groe in der Seeleleuchtet, das fern ist aller Geschaffenheit, aller Gespaltenheit.

    Wenn du mich fragst, was Gott in allen Dingen suche, so antworte ichdir aus dem Buche der Weisheit, wo er spricht: In allen Dingen suche ichdie Ruhe. Es ist aber nirgends ganze Ruhe als allein in demabgeschiedenen Herzen.

    Himmel und Hlle

    Emanuel Swedenborg (1688-1772)Im irdischen Leben denken die Menschen in Rumen und stellen sich

    vor, die Hlle und der Himmel seien vom Menschen weit entfernt. InWirklichkeit befinden sie sich nahe beim Menschen, ja in ihm drin, dieHlle in bsen, der Himmel in guten Menschen.

    Ein jeder kommt nach dem Tod dahin, wo er schon in der Weltgewesen ist, in die Hlle oder in den Himmel. Doch dann verndert sichder Zustand: die Hlle, die in der Welt nicht wahrgenommen wurde, wird

    jetzt spr- und sichtbar, genau wie der Himmel. Dieser berflieend vonGlckseligkeit, jene voll von Jammer. Dass der Himmel in uns ist, lehrtder Herr bei Lukas(17,20). (Himmlische Geheimnisse 8918)

    In allen Dingen suche ich die Ruhe

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    29/60

    GL 5/2007 27

    Vom StillschweigenJohannes von Kreuz (1542-1591)

    Ein Wort hat der ewige Vater gesprochen, und dieses Wort war seinSohn, und er spricht zu uns dasselbe in ewigem Schweigen. Und imSchweigen soll die Seele dieses Wort vernehmen.

    Rede wenig und mische dich nicht in Dinge, ber die du nicht gefragt bist!

    Beklage dich ber niemand, frage um nichts, und musst du eine Fragestellen, so geschehe es mit wenigen Worten! Widersprich nicht und redenie ein Wort, das nicht aufrichtig ist!

    Deine Rede sei so beschaffen, dass sich niemand beleidigt fhlt, und betreffe Dinge, die alle hren knnen, ohne dass du darber Reueempfinden musst!

    Bewahre den geistigen Frieden mit einer liebenden Aufmerksamkeit auf Gott, und wenn du reden musst, so geschehe es mit derselben Ruheund demselben Frieden!

    Bewahre Schweigen ber die Gunstbezeugungen Gottes und denke andas Wort der Heiligen Schrift: Mein Geheimnis ist fr mich. (Is. 24,16).

    Mchten doch die Menschen bedenken, wie sehr sie sich selbstberwinden und in der heiligen Strenge der Vollkommenheit wandelnsollten, und nicht vergessen, dass Gott sie ber jedes Wort zur Rechenschaft ziehen wird, das sie, ohne sich nach dem Gehorsam zurichten, sprechen!

    Der Verkehr mit Menschen ber die Grenzen der Notwendigkeit undBilligkeit hinaus ist noch keinem, so heilig er auch sein mochte, heilsamgewesen. Es ist unmglich, Fortschritte zu machen, wenn man sich beiseinem Handeln und Leiden nicht in Schweigen hllt.

    Um den Tugenden zum Wachstum zu verhelfen, muss man schweigenund ttig sein. Denn Reden zerstreut, Schweigen und Handeln fhrt zur Sammlung.

    Kennt einmal jemand den Rat, der ihm bezglich seines geistigenFortschrittes gegeben wurde, so hat er nicht ntig, noch um weiterenAufschluss zu bitten. Er soll schweigen und sich mutig, still und sorgfltigans Werk machen, und zwar in Demut, Liebe und Selbstverachtung.

    Das Wichtigste und dem Menschen am meisten Zutrgliche ist, Gott

    in der Stille zu dienen, d. h. sowohl den Gelsten als auch der Zunge Schweigen gebieten; nur so vernimmt man die Worte der Liebe.Ich habe folgende Beobachtung gemacht: Eine Seele, die Neigung hat

    zum Reden und zur Unterhaltung, merkt wenig auf Gott; achtet sie aber

    Vom Stillschweigen

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    30/60

    28 GL 5/2007

    auf Gott, dann fhlt sie einen mchtigen Drang, sich in ihr Innereszurckzuziehen, der sich im Schweigen und in der Flucht vor jeder Unterhaltung kundgibt.

    Es gefllt Gott mehr, wenn die Seele an ihm ihre Freude findet als anirgendeinem Geschpfe, mag es auch noch so vollkommen und wertvollfr die Seele sein.

    Die innere SichselbstbeschauungWahrlich sage Ich euch: Nichts ist dem ganzen Menschen heilsamer

    als eine zeitweilige innere Sichselbstbeschauung!Wer sich und seine Krfte erforschen will, der muss sich zu fteren Malen selbst erforschenund innerlich beschauen.

    Ruhet und denket im Stillen lebendig nach ber euer Tun und Lassen,ber den euch wohlbekannten Willen Gottes, und ob ihr demselbennachgekommen seid zu den verschiedenen Zeiten eures Lebens, so habt ihr euch innerlich selbst beschaut und dadurch stets mehr und mehr demEindringen des Satans in euch den Weg erschwert. Denn dieser suchtnichts emsiger, als durch allerlei uere, nichtssagende Gaukeleien denMenschen an seiner inneren Sichselbstbeschauung zu verhindern.

    Denn hat der Mensch einmal durch bung irgendeine Fertigkeit in der Beschauung seines Innern erreicht, so findet er in sich auch nur zu leichtund zu bald, welche Fallen ihm der Satan gelegt hat, und kann dann dieseweidlichst zerstren und zunichte machen und aller knftigen Arglistdesselben Feindes auf das energischste vorbauen. Das wei der Satan nur zu gut und ist daher alleremsigst beschftigt, durch allerlei die Seele nachauen ziehende Gaukeleien eben die Seele selbst zu beschftigen, und er hat dann hinter der Wand ein ganz leichtes, unvermerkt der Seele allerlei

    Fallen aufzurichten, in die sie sich am Ende derart verstricken muss, dasssie dann frder zu einer Sichselbstanschauung gar nicht mehr gelangenkann, was sehr schlimm ist.

    Denn dadurch wird die Seele dann stets mehr von ihrem Geiste getrenntund kann denselben nicht mehr erwecken, und das ist dann schon der Beginn des zweiten Todes im Menschen.

    Nun wisset ihr, worin die innere Sichselbstanschauung besteht. Machetdarum eine solche bung im Stillen und lasset euch durch keine uere

    Erscheinung stren! Denn der Satan wird sicher nicht unterlassen, euchdurch irgend ein oder das andere uere Spektakel davon abzuziehen. Aber dann erinnert euch, dass Ich euch solches vorausgesagt habe, und kehret jawieder schnell in euch selbst zurck!(Gr.Ev.Joh. Bd. 1, Kap. 224,08-13)

    Die innere Sichselbstbeschauung

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    31/60

    GL 5/2007 29

    Stille und EwigkeitEine Einfhrung zu Meister Eckhart

    Iris Rohmann

    Eckhart wird als Meister einer fernen Zeit verehrt, in der die christlichenBilder den meisten Menschen noch so vertraut waren wie die Luft, die sieatmeten. Viele haben Meister Eckhart als erleuchteten Mystiker, alsreligises Genie bezeichnet, als einen gewaltigen Schpfer der deutschenSprache gepriesen, wie nur Goethe es vergleichbar war - whrend unsgleichzeitig kein Abbild berliefert ist, wie er ausgesehen hat und kaum jemand die Essenz seiner Lehre kannte oder kennt. Eckharts Gottesweg

    scheint schwer verstndlich zu sein fr einen Menschen des 21.Jahrhunderts - und doch kann gerade dieser Meister noch heute mit einemeinzigen Wort das Herz unmittelbar berhren und die Selbst-Tuschungendes Ego mit einem einzigen Satz zerschlagen. Die Worte der Wahrheit sindewig, der Meister hat es gewusst:Worte haben groe Kraft, man kannWunder wirken mit Worten.

    Eckhart ist in seinen etwa 60 Lebensjahren (ca. 1260-1328) viel gereist,er lebte und lehrte an verschiedenen Orten wie Straburg, Paris und Kln.Es war eine Zeit nicht unhnlich der unsrigen! Elementare Sinnfragendrngten mit Macht an die Oberflche, politische Umbrche brachten dasGefge der Weltordnung ins Wanken. Orientierungslosigkeit und Unruheherrschten und Scheiterhaufen loderten in Eckharts Nachbarschaft. Mittenaus diesem geschichtlichen Chaos heraus spricht seine Stimme das Ewigein die Welt. Immer sind seine Worte Jetzt. Und noch immer verweisen sienur auf dieses einzige Jetzt. Eckhart nannte es:Gottes ewiges Nun.

    Eckhart hat Gott erfahren, und was er erfahren hat, ist einzig und allein:Gott und Mensch sind im tiefsten Grunde EINS . Diese Wahrheit ist dieunerschpfliche Quelle all seines Sprechens, und wieder und wieder ringter um Worte, Gott dem Menschen begreiflich zu machen als sein innerstesInnen. Es ist die eine Wahrheit, die fr jeden gilt. Es ist die eine Wahrheit,die die Wrde der menschlichen Natur offenbart. Aus der Einheit - undausschlielich aus ihr - entfaltet sich gottgeflliges Leben, auf welcheWeise auch immer. In der Einheit des Momentes stirbt die Geschichte der Person, sterben Merkmale und Eigenschaften, Snden und Wohltatengleichermaen:Frchte nicht die Hlle und hoffe nicht auf den Himmel,

    so ruft er unermdlich,denn dein Gott ist ein Gott der Gegenwart. Radikal holt Eckhart alles, was ist, inGottes ewiges Nunzurck -radikaler als jeder andere christliche Theologe vor ihm. Niemand hat esgewagt, den Abgrund zwischen Gott und Mensch so radikal aufzuheben

    Stille und Ewigkeit

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    32/60

    30 GL 5/2007

    wie er. Was bleibt, ist ein Sein in der Einheit des Grundes - blo, nackt,entkleidet aller Namen. Selbst Christus ist nur noch ein Name. Ja,manchmal kann man Eckhart kaum noch mit dem Etikettchristlich

    belegen, so intensiv taucht sein Sprechen ein in die nicht-duale Realitt desUrsprungs, verwandt der Mystik Asiens, dem buddhistischen Zen, demhinduistischen Advaita oder dem Taoismus. Sicherlich ist dies ein Grund,warum der Erzbischof von Kln ihn gegen Ende seines Lebens fr einengefhrlichen Ketzer hielt. Vielleicht zu recht: Niemand vor Eckhart hat die Einung des Menschen mit sich Selbst so przise beschrieben, niemand sieso khn Vergottung genannt. Wer dies aufnimmt, dem muss schwindelnvon dem Abgrund Gottes, aus dem Eckharts Worte aufsteigen.

    Wir wissen, dass Eckhart Intellektueller war und Seelsorger und somitin seiner Person zwei Krfte vereinte - eine, die nach innen forschte, undeine, die sich nach auen verstrmte. Aus der unterschiedslosen,ungeschaffenen Gottheit (deitas), dem reinen Sein, der lauteren Stilleoder der stillen Wste geht fr Eckhart der persnliche Gott(deus)hervor, ausgestattet mit allen gttlichen Qualitten wie Allmacht,Allwissen, Gerechtigkeit und Gte. Bewusstheit allein dringt in die tiefstenTiefen der Gottheit vor, Denken ohne Bilder und Worte. In den leerenGeist allein gebiert Gott seinen Sohn in jedem Moment. Doch EckhartsHhenflge werden von seinen Zuhrer(inne)n immer wieder gebremst -als Seelsorger mchte er nicht nur Lesemeister, sondern Lebemeister sein.Vorzugsweise sind seine Schler geistliche Frauen, die, von Sehnsuchtnach einem Leben mit Gott getrieben, zu Tausenden in die Klster der Dominikaner eintreten. Ihre aufgewhlten Herzen lieben den Herrn, sielechzen nach Erfllung, nach Ekstase. Ihre Fragen betreffen diealltglichsten Nte des geistlichen Lebens: Gebet, Bue, Askese, Nchstenliebe. Zwar schimpft Eckhart immer wieder ber die unmigeGier nach Gott, ber den ausgedachten Gott in den Kpfen seiner Zuhrerinnen, und er reit den weitverbreiteten Glauben in Fetzen, dassman Gott durch gute Werke oder ein Leben im Kloster bestechen knnte -doch zugleich ist er stndig bemht, ihnen die Angst vor Gott zu nehmenund die Angst vor dem eigenen Versagen. Fr sie wendet Eckhart dieLeere des Nichts in die Flle des Nichts und lsst die Gottheit berflieenins menschliche Tagesleben: Du kannst Gott berall haben. An allenOrten und auf allen Straen, in der Kirche und Einde, berall.

    Du kannst Gott haben - so lautet die gute Botschaft Meister Eckharts,wenn du dich zuvor Ihm ganz berlassen hast- so setzt er mahnenddazu - damit Er allein durch dich wirke, damit du dich als Gott erkennst. Dies allein gibt wahre Freiheit - jetzt, hier und ewig. Mgen

    Stille und Ewigkeit

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    33/60

    GL 5/2007 31

    seine Worte das lauschende Herz berhren aus der Tiefe der Zeitlosigkeit.Mgen sie fruchtbar werden in einem empfnglichen Geist. Denn ist auchdie Person Eckharts in der Zeit vergangen, so lehrt doch der Meister auch

    in diesem Moment die einzige Wahrheit und das Erbarmen Gottes.Quelle: Stille und Ewigkeit, advaita media)

    Auch Entsagen ist keine Lsung

    Immer wenn Sie Entsagung ben, machen Sie sich etwas vor. Wasmeinen Sie dazu? Ja, Sie machen sich etwas vor. Worauf verzichten Sie

    denn? Immer, wenn Sie auf etwas verzichten, werden Sie daran gebunden. Ein Weiser hat einmal gesagt: Immer, wenn eine Prostituiertezu mir kommt, spricht sie nur von Gott. Sie sagt, ich habe mein Leben satt,es stt mich ab. Ich suche Gott. Aber immer, wenn ein Priester zu mir kommt, spricht er nur von Sex.

    So ist es:Wenn man etwas entsagt, ist man ihm fr immer verhaftet.Wenn man gegen etwas ankmpft, ist man mit ihm fr immer verbunden. Solange man gegen etwas ankmpft, gibt man ihm Macht.

    Man gibt ihm soviel Kraft, wie man dafr aufwendet, es zu bekmpfen. Das gilt ebenso fr eine politische Richtung wie fr alles sonst. Deshalb heit es, die eigenen bsen Geister anzunehmen, dennkmpfen Sie gegen sie an, geben Sie ihnen Macht.Hat Ihnen das nochniemand gesagt? Wenn Sie etwas entsagen, hlt Sie das, dem Sieentsagen, fest. Die einzige Mglichkeit, dies zu durchbrechen, liegt darin, es zu durchschauen. Entsagen Sie etwas nicht, sonderndurchschauen Sie es. Versuchen Sie, seinen wahren Stellenwert zu ver-stehen, und Sie werden ihm nicht mehr zu entsagen brauchen; Siewerden sich aus eigener Kraft davon lsen.Wenn Sie das nicht so sehen,wenn Sie der Gedanke gefangen hlt, dass Sie ohne dieses oder jenes nichtglcklich sein knnen, kommen Sie natrlich nicht weiter. Was wir fr Sietun mssen, ist nicht, was die so genannte Spiritualitt zu tun versucht,nmlich Sie Opfer bringen zu lassen: Dingen zu entsagen. Das bringtnichts. Sie schlafen weiter. Was wir tun mssen, ist, Ihnen helfen zuverstehen, verstehen, und nochmals zu verstehen.Wenn Sie verstehenwrden, wrden Sie nicht erst versuchen, auf etwas zu verzichten,sondern einfach aufhren, danach zu verlangen. Genauso gut kann mansagen: Wenn Sie aufwachen wrden, wrden Sie einfach das Verlangendanach fallen lassen. (Anthony de Mello - Der springende Punkt)

    Auch Entsagen ist eine Lsung

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    34/60

    32 GL 5/2007

    Bedingungen zur vollen Erreichungder wahren Kindschaft Gottes

    Ihr werdet auf euren Wegen und Stegen als Mitarbeiter am ReicheGottes gar oft in die Gelegenheit kommen, dass euch eure Jnger dringlichfragen werden und sagen: ,Eure Lehre ist wohl sehr erhaben, schn undergreifend; aber die uns von euch gemachte Verheiung geht noch immer nicht in irgendeine Erfllung. Wir sollen in uns die Stimme des Vatersvernehmen, ja den Vater sogar zu sehen und zu sprechen ward unsverheien; aber von all dem haben wir bis jetzt noch nichts in Erfahrunggebracht. Wenn eure Lehre Wahrheit enthlt, so mssen sich auch eure unsgemachten Verheiungen an uns erwahren (bewahrheiten). Wir beachtenalles, und immer noch verspren wir nichts an uns von einer Erfllung der uns von euch gemachten Verheiungen! Gebt uns Rede und Antwort, undsagt es uns treu und offen, worin es da liegt, dass sich eure Verheiungenan uns nicht und nimmer erwahren (erfllen) wollen! Was werdet ihr indiesem Falle zu ihnen sagen?

    Weil ich aber sehe, dass ihr die von mir euch gegebene Frage inkeinem Falle mir beantworten knntet, so will ich sie euch denn selbst fr euer gewecktes Verstndnis als gengend beantworten. Ihr aber mssetsolche meine Beantwortung euch wohl merken und recht tief in eureHerzen schreiben, denn es liegt daran gar vieles, ja am Ende alles, dass ihr die Bedingungen genauest kennt, die zur vollen Erreichung der wahrenKindschaft Gottes notwendig sind, weil sie nach der unwandelbarengttlichen Ordnung notwendig sein mssen.

    Ihr wisset, dass ein jeder Mensch sich selbst, ganz unabhngig von der Allmacht des gttlichen Willens, frei aus sich nach der anerkanntengttlichen Ordnung ausbilden und ausformen muss, um auf diese Art ein

    freies Gotteskind zu werden.Das angeratene, krftigste und somit wirksamste Mittel dazu ist dieLiebe zu Gott und im gleichen Mae die Liebe zum Nchsten, sei er einMann oder ein Weib, jung oder alt, das ist eins.

    Der Liebe zur Seite steht die wahre Demut, Sanftmut und Geduld, weildie wahre Liebe ohne diese drei Nebenstcke gar nicht bestehen kann undkeine wahre und reine Liebe ist.

    Wie aber kann der Mensch in sich erfahren, dass er in der reinen Liebenach der gttlichen Ordnung sich ganz getreulich befindet?

    Der Mensch prfe sich, so er einen armen Bruder oder eine armeSchwester sieht oder diese gar zu ihm um einen Beistand kommen, ob esihn in seinem Herzen ganz offenliebig zum Geben freudigst und malos,

    Bedingungen zur vollen Erreichung der wahren Kindschaft Gottes

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    35/60

    GL 5/2007 33

    seiner selbst ganz vergessend drngt! Versprt er solches in sich, und dasnatrlich ganz vollkommen ernstlich und lebendig, so ist er als ein wahresGotteskind schon reif und fertig, und die gemachten Verheiungen, die ein

    sogestaltig fertiges Gotteskind zu gewrtigen hat, beginnen da in die volleRealitt zu treten und sich als wunderbar in Rede und Tat zu zeigen, undihr werdet dadurch gerechtfertigt als Lehrer vor euren Jngern erscheinen.

    Jene Jnger aber, bei denen die Verheiungen nicht offenbar werden,werden sich danach zu richten und es sich selbst zuzuschreiben haben, so bei ihnen die gemachten Verheiungen noch immer nicht zur Sichtgekommen sind; denn sie haben ihr Herz noch nicht vllig geffnet der armen Nchstenmenschheit.

    Die Liebe zu Gott und die freiwillige Befolgung Seines erkanntenWillens sind das eigentliche Element der Himmel im Menschenherzen.Es ist das die Kammer und die Wohnstube des gttlichen Geistes in einem jeden Menschenherzen; die Nchstenliebe aber ist das Tor in diese heiligeWohnstube.

    Dieses Tor muss ganz geffnet sein, damit Gottes Lebensflle in solcheStube einziehen kann, und die Demut, Sanftmut und Geduld sind die dreiweit geffneten Fenster, durch die vom mchtigsten Lichte aus denHimmeln die heilige Wohnstube Gottes im Menschenherzen allerhellsterleuchtet und mit aller Lebensflle aus den Himmeln durchwrmt wird.

    Alles liegt demnach an der freien und freudigst offensten Nchstenliebe; die hchstmgliche Selbstverleugnung ist die Offenbarungder Verheiungen selbst. Da habt ihr nun die rechte Antwort auf dieallerwichtigste Lebensfrage. berdenket sie und tut danach, so werdet ihr gerechtfertigt vor euch selbst, vor euren Brdern und vor Gott dastehen!Denn was nun der Herr Selbst tut, das werden auch die Menschen tunmssen, um Ihm hnlich und also Seine Kinder zu werden.

    Mit diesem Mittel werdet ihr allezeit jedem begegnen knnen, der dakommen und sagen wird: ,Freund, wohl habe ich bisher alles getan undgeglaubt, was du mich gelehrt hast; aber von den verheienen Wirkungenhat sich bis zur Stunde keine einzige eingestellt! Was soll ich denn nochtun? Ich habe meine gute, alte Lehre meiner Vter verlassen, in der sie gar oft allen Trost, den besten Rat und die ntige Hilfe in allerlei Ntenfanden, und diese neue Lehre lsst mich samt meinem Nachbar als Waise;keine Bitte wird irgend erhrt und kein finsterer Zweifel erhellt! Wo ist

    dein so herrlicher Gott, von dem aus du uns alles Glck verheien hast undanderes Wunderbares?!Du aber wirst ihm dann leicht also antworten knnen: ,Freund, daran

    Bedingungen zur vollen Erreichung der wahren Kindschaft Gottes

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    36/60

    34 GL 5/2007

    schuldet nicht die Lehre, sondern dein Unverstand! Wohl hast du die Lehrein deinen Verstand aufgenommen, und hast auch versuchsweise sogar streng danach gehandelt und wartetest auf die vorteilbringende Erfllung

    der Verheiung; du tatest jedoch das Gute der Lehre nur der vorteilbringenden Verheiung, nicht aber des Guten willen! Du warst nur ttig aus deinem Verstande, nie aber noch aus deinem Herzen!Dieses blieb in sich hart und kalt wie vor dem Empfange der rein gttlichenLehre; daher auch gelangtest du weder durch die Tat noch durch den totenund blinden Glauben zu einer Erfllung der dir gegebenen Verheiungen!

    Erwecke nun dein Herz! Tue alles, was du tust, aus dem wahrenLebensgrunde! Liebe Gott Seiner Selbst willen ber alles und ebenso

    deinen Nchsten!Tue das Gute des Guten willenaus deinem Lebensgrunde heraus, undfrage nicht ob deines Glaubens und ob deiner Tat nach der Erfllung der Verheiung, ob sie wohl kommen werde oder nicht! Denn die Erfllung isteine Folge dessen, dass du lebendig im Herzen glaubst, fhlst und aus demlebendigsten Liebesdrange heraus ttig wirst. So aber, wie du bis jetztgeglaubt hast und ttig warst, warst du gleich einem Menschen, der imTraume geackert und gest hat und wollte dann im wachen Zustandeernten, fand aber weder Acker noch die geste Frucht.

    Des Menschenverstandes Wissen, Glauben und Handeln ist eine eitleTrumerei und ist kein Lebensnutz darin. Alles muss der Mensch sich zum Herzen nehmen, in dem das Leben weilet; was er ins Herz legt, wird aufgehen und die verheienen Frchte tragen.

    Wer da nicht also sein Leben zu ordnen versteht oder verstehen willund ist selbstschtig auch durch den Glauben und durch sein Denken, der wird nie zu einer Erfllung der Verheiung gelangen; denn sie ist dieFrucht der Ttigkeit des Herzens!

    Wenn ihr dem, der euch nach der noch nicht erfolgten Erfllung der Verheiung fragen wird, also antworten werdet, so wird er euch dann inFrieden lassen und zu trachten anfangen, in seinem Herzen wahrhaft ttigzu werden.

    Wird er das, so wird sich dann bei ihm selbst schon zu zeigen anfangen,dass die Verheiung der Gotteslehre kein eitel leeres Versprechen ist; wirder aber fortfahren, nur allein seinen Verstand zu Rate zu ziehen und danachttig zu sein, so wird er es sich selbst zuzuschreiben haben, so er zu keiner

    Erfllung der gemachten Verheiung sein ganzes Erdenleben hindurchgelangen wird und auch jenseits sehr schwer!(Gr.Ev.Joh. Bd.3, Kap. 240,2-10+243,2-9)

    Bedingungen zur vollen Erreichung der wahren Kindschaft Gottes

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    37/60

    GL 5/2007 35

    Das Lied von der SchpfungWilhelm Scharrelmann (1875-1950)

    Vor dem Beginn der Dinge, da die Erde nicht war nochder Himmel, weder oben noch unten, weder Anfang nochEnde und weder Licht noch Finsternis, und nichtsErschaffenes war und nichts Unerschaffenes, denn alleinder Eine, der da ist von Ewigkeit zu Ewigkeit - ruhte Gottin sich selber, gleich wie ein Meer in seinen Tiefen ruht,und war nichts auer Ihm und dem verborgenen Leben inIhm selber.

    Siehe da stand eine Sehnsucht auf in Gott, dass alle Tiefen in Ihmdarunter erschauerten, wie die Seele eines Menschen erschauert unter der Einsamkeit seines Herzens und findet keine Ruhe Tag und Nacht. Und war ihr beigemengt eine gttliche Traurigkeit wie eine unausgesprocheneKlage, ohne Stimme oder Laut, und tiefer in ihrem Schweigen denn die Nacht, wenn die Schatten der Finsternis das Erdreich bedecken.

    Aber wie sich ein Beben erhebt in den Tiefen des Meeres und lsst dieWogen sich heben und ist doch kein Wind in den Lften, der das Wasser erregte, also erhob sich die Sehnsucht im Herzen des All-Einen undschwoll an und gewann an Macht, und sie war ein Seufzen, voll Weh undLust zugleich und in ihrem Verlangen wie die Sehnsucht eines Menschennach einem Geschpf aus dem Blut und Fleisch seines Leibes, in dem er sein Angesicht erkenne.

    Und es erbebten alle Abgrnde Gottes unter dem Unausgesprochenen,das Ihn erfllte. Also sehnte sich Gott nach einem, das auer Ihm sei - auf dass er es an sich ziehe in Liebe.

    Da nun der Ewige sich aus seiner Ruhe erhob und erkannte sich als denEinen, fand Er nichts um sich noch in sich denn allein die Bilder der Welten, die vor dem waren und die vor seinem Angesicht erloschen wieFeuer der Hirten, als ihre Zeit erfllt war und Gott sie wieder einsog mitseinem Munde, wie ein Mensch die Luft einzieht in ihrer Se, wenn der Abend kommt und die Zeit der Ruhe. Und sie wogten in den Tiefen seinesGeistes wie Nebel in den Tlern vor dem Aufgang der Sonne.

    Und es entstand ein Rauschen und Brausen in Gott, und das Brausenwuchs und ward zum Ton, und der Ton ward zum Wort.

    Und Gott sprach: Ich bin, der da ist und der da war und der da seinwird in Ewigkeit!

    Zugleich aber erhob sich die Liebe in Ihm, strker denn zuvor, und

    Das Lied von der Schpfung

    Wilhelm ScharrelmannDeutscher Schriftsteller

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    38/60

    36 GL 5/2007

    begann zu klagen: Wohin soll ich strahlen und wohin soll Ich scheinen,finde Ich doch nichts, dass auer mir wre? Was soll Ich ergreifen undwas soll Ich umfangen, ist doch nichts vor Mir noch um Mich, dass Ich es

    gewinne und zge es zu Mir?Und Gott tat nach ihrem Verlangen und hob die Schatten der Welten,die vordem waren, aus ihren Tiefen und erbaute sie um sich zu einemGewlbe gleich einem hohlen Kristall und geschlossen wie der Innenraumeiner gewaltigen Kugel und weit wie die Grenze aller Welt. Da jubelte dieLiebe in Ihm und durchdrang alle Weiten. Als sie aber sah, dass all ihr Licht zu ihr zurckgestrahlt wurde wie von einer Schale aus rubinrotemKristall, trauerte sie und sprach zu Gott: Siehe, wir sind eines, Du der

    Vater, Ich der Sohn - wo aber ist eines, dass auer uns wre und empfingedein Licht und die Wrme aus Dir und erkenne Dein Angesicht?Da neigte sich die Weisheit in Gott zu der Liebe in Ihm und sprach:

    Ich will Dir geben nach Deinem Verlangen und will Dir erschaffen einBild Meiner selbst, dass Du es liebest und erkennest Mein Angesicht inIhm.

    Und Gott schuf den ersten aller Erschaffenen und berantwortete ihmden Raum in dem kristallenen Gewlbe des Himmels und sprach zu der Liebe:

    Lichttrger soll sein Name sein! Er selbst aber soll ohne Licht bleiben,damit er allein das Deine empfange und Du Dein Genge an ihm hast.

    Und die Liebe sah an den Erschaffenen und erkannte das Angesicht desVaters in ihm und erfllte sich darber mit Freude.

    Der aber war ein Trumender und noch ohne Willen und Leben aussich, von dem Schlaf seiner Frhe umfangen. Doch die Liebe bergoss ihnmit ihrem Licht, dass sie ihn erwrme mit ihrer Glut und erwecke ihn zusich selber und der Herrlichkeit des unerschaffenen Lichts.

    Danach wurden dem ersten hinzugesellt der zweite und dritte,erschaffen als die Urengel Gottes, und standen vor Gott, noch unbewusstihrer selbst und noch ohne Macht und Herrschaft ber sich selber.

    Und Gott sprach:Ich habe ihnen gegeben den Geist und das Leben aus Mir, auf dass sie

    eins seien mit Mir. So aber ihr eigener Wille erwacht, wird sich einer unter ihnen von Mir wenden und sich die Finsternis erwhlen. Und Gott zog siein seine Arme, dass sie an seinem Herzen erwachten.

    Die Liebe aber betrbte sich ber das Wort: Einer wird sich dieFinsternis erwhlen! Die Weisheit aber trstete sie und sprach: Ich habesie Dir gegeben, auf dass sie eins seien mit Dir. So Dich nun der eineverlassen wird, wirst Du hingehen, dass Du ihn errettest und fhrst ihn

    Das Lied von der Schpfung

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-5

    39/60

    GL 5/2007 37

    wieder zu Mir. Denn er ist Mein, wie Du Mein bist!Also offenbarte sich Gott vor sich selber und ward begonnen das Reich

    der Himmel als ein Reich seiner Liebe und des Lichtes und alles Lebens

    aus Ihm.Also ruhten die ersten aller Erschaffenen in den Armen Gottes wieKinder an der Brust ihres Vaters, und waren noch nicht erwacht und dieWelt der Himmel nur wie ein Traum in ihren Herzen.

    Aber die Glut der Liebe durchdrang sie strker und strker underweckte sie zu sich selber, dass sie ihre Augen aufschlugen und sahen dieHerrlichkeit