geistiges leben 2012-1

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  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2012-1

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    Die Schiffspredigt des HerrnDie Schiffspredigt des HerrnDie Wiederkunft ChristiDie Wiederkunft Christi

    Worte, die das Herz ffnenWorte, die das Herz ffnen

    Anleitung zum JesusgebetAnleitung zum JesusgebetDie Anschauung Josefs ber das gttliche KindDie Anschauung Josefs ber das gttliche Kind

    Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?Alles ist in dirAlles ist in dir

    Vom tiefen Sinn der KrankheitenVom tiefen Sinn der Krankheiten

    Evangelium fr BeleidigteEvangelium fr Beleidigte

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    SPENDENKONTENBaden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen

    Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101

    BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70

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    Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 12 000Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3

    IMPRESSUMHerausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / Deutschland

    Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294E-Mail-Anschrift: [email protected]

    Internet-Seite: www.Lorber-Gesellschaft.deSchriftleitung: Klaus W. Kardelke

    Redaktion: Angelika Penkin

    INHALT

    Sebastian Franck Hier ist mein Herz S. 2

    Klaus W. Kardelke Editorial S. 3Jakob Lorber Die Schiffspredigt des Herrn S. 5

    Edith Mikeleitis Die Wiederkunft des Herrn S. 11Werner Krebber Worte, die das Herz ffnen S. 17Jakob Lorber Das Reich Gottes im Menschenherzen S. 22

    Ida Kling Neues Leben S. 22Ida Kling Gottes Stimme im Herzen S. 23

    Anselm Grn Anleitung zum Jesusgebet S. 24

    Jakob Lorber Die zwei ungleichen Brder S. 26Christoph Schindler Die Anschauung Josefs ber das gttliche Kinde S. 29

    Emanuel Jungclaussen Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig? S. 34Anselm Grn Alles ist in dir S. 39

    Jakob Lorber Des Kindes Fehler S. 40Hans Sterneder Vom tiefen Sinn der Krankheiten S. 41Josef Lthold Sinn und Ziel des Menschenlebens S. 45

    Josef Lthold Gebetsleben S. 46Jakob Lorber Evangelium fr Beleidigte S. 48

    Weisheitsgeschichten Die Reparatur S. 51

    Des Kaisers Schrank S. 51Seesterne retten S. 52

    Jakob Lorber Gttlicher Gesundheitsrat S. 53

    Verschiedenes S. 54

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung derSchriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint viermal jhrlich auf freiwilliger Spendenbasis.

    Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

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    Jahrgang 32 2012 Heft 1

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Du kannst aber, wenn du die Engel auch nicht siehst, mitihnen reden und kannst sie fragen um allerlei, und sie

    werden dir die Antwort in dein Herz legen, die du allzeit als

    einen klar ausgeprgten Gedanken im Herzen vernehmenwirst. Und das ist besser denn die uere Rede!

    Ich sage es dir: Ein Wort, das dir ein Engel in dein eigenesHerz gelegt hat, ist fr deine Seele heilsamer als tausende

    Worte, durch das Ohr von auen her vernommen!

    Denn was du im Herzen vernimmst, das ist schon deinEigentum; was du aber von auen her vernimmst, das

    musst du dir erst zu eigen machen durch die Tat nach demvernommenen Worte.

    (Gr.Ev.Joh. Bd. 2; 39,6)

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    2 GL 1/2012

    1. Hier ist mein Herz! Herr, nimm es hin,dir hab ich mich ergeben.

    Hinweg, o Welt, aus meinem Sinnmit deinem schnden Leben!Dein Tun und Tand hat nicht Bestand,wie mans auch mag beginnen;

    drum schwingt aus dir sich mit Begiermein freier Geist von hinnen.

    2. Gott ist mein allerbestes Gut,nach ihm steht mein Verlangen.

    Ach knnt ich doch mit frohem Mut

    nur meinem Gott anhangen!Ach wre doch der Snde Joch

    von mir hinweggenommen,dass ich einmal in seinen Saal

    des Himmels mchte kommen!3. Ich sehe doch, dass diese Weltmit allen ihren Sachen,was sie von Gtern in sich hlt,

    nicht kann recht glcklich machen.Es muss geschwind wie Staub und Winddie Lust der Welt zerstieben;nur Gott, mein Licht, verlsst mich nicht,ihn will ich ewig lieben.

    4. Gib, dass ich meinen Sinn zu dirhinauf gen Himmel schwinge

    mit Lieb und wahrer Heilsbegier,und mich in keinem Dinge

    erfreue hier als nur in dir,Gott, meiner Seele Leben!Nur du allein kannst mich erfreun

    und wahren Frieden geben.5. Drum fahre hin, was flchtig ist!Ich will es lassen fahren.Gott ist mein Teil zu jeder Frist,

    der wird mich wohl bewahren,dass ich die Pracht der Welt nicht acht,

    vielmehr nur ihn verlangemit festem Mut, das hchste Gut,und ewig an ihm hange. Sebastian Franck (1606 - 1668)

    Hier ist mein Herz

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    GL 1/2012 3

    Editorial

    Noch bevor das Jahr 2012 seinen Anfang nahm, war es

    bereits in aller Munde. Dstere Prophezeiungen undWeltuntergangsszenarien wurden in den Medien fr diesesJahr prognostiziert und in Szene gesetzt.

    Und wenn wir auf das tgliche Geschehen blicken, soknnten wir wirklich annehmen, dass die Welt, wie sie

    bisher bestand, ihrem Ende zugeht.Unsere sozialen und staatlichen Systeme sind

    betrchtlich ins Wanken geraten und selbst die Kinder Gottes harren derDinge, die da kommen werden.

    Denn von diesen Zeiten habt ihr wenig oder nichts zu erwarten,spricht der Herr dafr aber desto mehr von Mir, dem Herrn aller Zeiten,so ihr bei Mir verbleibet und alles Mir berlasset. (HiG. 3_48.12.30,01)

    Alles, was da geschieht und geschehen soll, geschiehtbedingungsweise, daher auch hinsichtlich des Geschehens nirgends einefeste, unabnderliche Voraussage geschehen kann.(Erde 71,1)

    Mit dieser Aussage werden alle terminlichen Berechnungen einesWeltunterganges zunichte gemacht.

    Dass wir in endzeitlichen Verhltnissen leben ist unbestritten, doch beiall den Weltgeschehnissen sehen wir zumeist nur auf dass, was imueren geschieht, klagen und murren ber die ueren Verhltnisse, berdie Misswirtschaft der Regierungen und ihrer Vertreter, nicht bedenkend,dass dieselben uns den Spiegel vorhalten.

    Denn viele sind, welche die Natur (und ihre Umwelt) mit ihrenAugen angaffen, aber wenige, die sich selbst in derselben finden.(Hi. IS. 173,35)

    Gewahren wir doch leider nicht, dass auch wir ein Teil des ganzenWeltgeschehens sind und unseren Beitrag zu den ueren Verhltnissenbeigetragen und diesen in uns selbst zu bereinigen haben.

    Nehmen wir doch unsere Auenwelt in uns wahr, geben ihr in unseinen entsprechenden Stellenwert, denn du siehst das Wirkliche inentsprechender lebendiger Abbildung in dir so, als wre es auer

    dir,(BM 44,6)da sich auer dir nichts befinden kann, das nicht schonlange in dir vorhanden gewesen wre, (BM 45,5) denn ein Geist siehtauf einmal nur das, was da seinem Innersten entspricht. (GEJ. 1_152,13)

    Demnach besteht eine bestndige Analogie, eine Entsprechung,zwischen unserer inneren geistigen Welt und unserer ueren Umwelt.

    Dennniemand kann in seiner natrlichen Sphre etwas erschauen,

    Editorial

    Klaus W. Kardelke

    GeschftsfhrenderVorsitzender der

    Lorber-Gesellschaft

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    4 GL 1/2012Editorial

    was er nicht ehedem in sich hat.(Ste 37,8)Und schon der MystikerJan Ruysbroekerkannte: Wir sehen, was wir

    sind, und wir sind, was wir sehen.

    In uns selbst liegt der Grund aller Geschehnisse in denen wir leben unddie wir wahrnehmen, wir alle haben Anteil an dem, was nun in der uerenWelt geschieht, denn alles uere hat seinen geistigen Grund, der auch inunserem Geiste seinen Ursprung hat, denn es kann unmglich eineWirkung in der Krperwelt also vor sich gehen, dass sie nicht fuen

    mchte auf dem Geistigen. (HiG.1_S. 375)So empfindet ein jederdas bel nur von auen; aber in sich selbst

    erschaut er es nicht.(EM 64)Es gilt aber nun unseren Anteil des ueren bels in unserer inneren

    geistigen Welt zu erkennen und in uns zur Heilung zu bringen, denn ihrsollet allzeit zuerst auf das merken, was in euch vorgeht, und das, wasihr auerhalb sehet und hret, zu fhren in euch zurck bis zur Wurzel

    alles Seins?! Liegt nicht der Grund aller Dinge lebendig in euch?!(HGt.1;S.116,6-7)

    Denn am uerlichen ist wenig gelegen, sondern alles an euch, wieihr es nehmet! So gut es sein kann und wahr, so schlecht aber kann esauch sein und falsch, wenn ihr es so gebrauchen wollet oder nicht. Wenn

    aber unter der Sonne heilsame und giftige Kruter wachsen, so denket: Esliegt nicht an der Sonne, so oder so, sondern allzeit an der jeweiligeninnern, entweder guten oder schlechten Beschaffenheit der Pflanze, ob daSegen oder Gift. Daher liegt es allezeit an euch, ob gut oder schlecht.(HiG.3_40.08.18,41)

    An uns selbst liegt es letztendlich, wie sich die uns umgebendenVerhltnisse gestalten und wie das Jahr 2012 fr jeden einzelnen endenwird, denn seid ihr einmal rein in eurem Innern, dann wird euch auch

    alles rein sein; denn dem Reinen sind alle Dinge darum rein, weil er denGrund von allem erschauen kann. (GEJ.5_133,03)

    Ein jeder von euch hat seine Mission auf Erden zu erfllen, und diesebesteht vor allem darin, dass er seine Seele errette vom Tode und sie freimache vom Gericht, dem sie verfallen ist durch die Snde, die im Fleischeruht. Sehet, diese groe Aufgabe als den eigentlichen Zweck eures Lebensan und arbeitet vornehmlich an der Besserung eures Ichs! Denn whrendihr euch selbst bessert, bessern sich auch die Verhltnisse durch euer

    Zurckkehren in Meine Ordnung. (Lebensworte S. 109)

    So mge in diesem Jahr der Segen des Herrn besonders auf uns ruhen,auf dass endlich die Welt in unseren Herzen abnehme und Sein Reich inuns erstehe.

    Euer Klaus Kardelke

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    GL 1/2012 5

    Die Schiffspredigt des Herrn(Zum Evangelium des Lukas, 5. Kapitel)

    Diese Predigt, aus 64 Versen bestehend, ging bei der ersten groenKirchenversammlung verloren. Hier aber wird sie von Wort zu Wortwiedergegeben zum Frommen der glubigen Liebhaber des Herrn. - DiePredigt aber lautete mit den 3 vorhergehenden Versen also:

    Es begab sich aber, dass sich das Volk zu Ihm drang, zu hren dasWort Gottes aus Seinem Munde, da Er am See Genezareth war und vordem groen Andrange des Volkes nicht Platz hatte, am Ufer zu stehen.

    Er sah aber zwei Schiffe am See(-Ufer) liegen, aus denen die Fischerausgestiegen waren, ihre Netze zu waschen.

    Da trat Er sobald in eines der beiden Schiffe, welches da des Simonwar, und bat ihn, dass er es ein wenig vom Lande fhrete. Als solches derSimon voll Ehrfurcht und geheimer Liebe getan, da setzte Sich der Herralsbald und begann aus dem Schiffe das Volk zu lehren. Und Er tatSeinen Mund auf und sprach laut zum Volke:

    Der Geist des Herrn ist ber Mir, darum hat Mich der Herr gesalbet.Er hat Mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzenzu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erffnung und den

    Die Schiffspredigt des Herrn

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    6 GL 1/2012

    Gebundenen eine Erledigung, wie es der Prophet Jesajas gesagt hat.So hret denn ihr Elenden und jauchzet! Denn euer Licht geht auf wie

    die Sonne aus dem Meere, und eure Herzen werden hell leuchten wie die

    Wogen des Meeres im Lichte der aufgegangenen Sonne.Denn siehe, Finsternis bedecket das Erdreich und ein groes Dunkel alldie Vlker; aber ber dir gehet auf der Herr, und Seine Herrlichkeiterscheinet ber dir!

    Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln und die Knige imhellen Glanze, der nun ber dir aufgeht.

    Freue dich, Zion, deinen Kindern und allen denen, die sich bekehrenwerden von der Snde, ist ein Erlser gekommen! Hre, also spricht nunder Herr:

    Wie lange ist es wohl, dass ihr gebunden seid?! Und wer aus euch magdie Jahre zhlen, die ihr schon von Uranbeginn her schmachtet?!

    Eure Vter weinten, als sie Knechte wurden zu Babel; und Mtterherzten ihre Kinder und wehklagten.

    Aber hier ist mehr als Babylon! - Ich habe die Kinder auferzogen; abersie haben ihre Heimat vergessen; ihren Vater kennen sie nicht mehr.

    Wehe euch, die ihr euch frei zu sein dnket! Denn ihr seid des TempelsKnechte geworden. Das ganze Haupt ist krank, und das Herz ist matt

    geworden.Was soll Mir die groe Menge eurer blinden Opfer? Solches spricht

    doch der Herr: Ich bin satt geworden der Brandopfer von Widdern unddes Fetten vom Gemsteten. Ich habe keine Lust zum Blute des Farren, derLmmer und Bcke.

    Wenn ihr aber hereinkommet, zu erscheinen vor Mir, saget, wer fordertsolches von euren Hnden, so ihr in Meinen Vorhof tretet? - Ich sage euch:

    Nicht Ich, nicht Der, der Mich gesalbt hat von Ewigkeit, sondern die

    Habsucht der Diener des Tempels und des Vorhofes.Bringet daher nicht mehr Speisopfer so vergeblich! Das Rauchwerk ist

    Mir ein Gruel und der Neumond und der Sabbat, da ihrzusammenkommet und habet nichts davon denn leere Mhe und toteAngst.

    Meine Seele ist feind geworden allen euren Neumonden, Jahreszeiten,Festen und Jubeljahren! Ich bin ihrer Leerheit berdrssig und bin mdegeworden, noch lnger zu schauen eure Torheit. Denn so ihr Gott nicht

    liebet, was sollen da eure toten Opfer Mir, dem Lebendigen! (Jes.1,11-14)Also sprach und spricht auch nun der Herr: So ihr aber den Vater vonHerzen lieb habet, wozu dann des Tierblutes und des Rauchwerkes?

    Und Er sagte ihnen darauf dieses Gleichnis:

    Die Schiffspredigt des Herrn

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    GL 1/2012 7

    Es war eine Witwe, die hatte zwei Shne. Der eine hie Levi und derandere Josua.

    Die Witwe aber war krank und chzte und sthnte auf ihrem Lager, und

    ihr Angesicht ward blass, und ihre Augen fingen an sich zu verdunkeln.Da rief sie ihre Shne zu sich und sprach zu ihnen: Meine geliebtenShne, hret mich, eure hinscheidende Mutter! Meine letzte Stunde istgekommen. Gehet aber hin und betet, ob der Herr Sich etwa meinererbarmen mchte oder mchte zu Sich nehmen meine Seele im Frieden.

    Da gingen die Shne hinaus und weinten. - Und der Levi sprach: Werwird sich unser erbarmen und uns versorgen, wenn die Mutter von unsgenommen wird?

    Aber Josua sagte: Mchte ich doch lieber nichts haben als Brot undWasser, wenn ich nur das Grab meiner Mutter nicht sehen msste! - LieberBruder, lass uns hingehen und beten, ob der Herr Sich unser erbarme undsende Seinen Engel, dass Er die Mutter strke und ihr Rettung bringe vonoben!

    Und Levi, der Erstgeborene, ging hierauf in den Tempel und sprach beisich selbst:

    Ich will dem Herrn ein Brandopfer tun zum sen Geruche, zwei jungeFarren, einen Widder, sieben jhrige Lmmer. Dazu als Speiseopfer drei

    Zehnten Semmelmehl mit l gemengt zu einem Farren, zwei Zehnten zudem Widder und je einen Zehnten zu einem der sieben Lmmer.

    Aber Josua ging hinaus unter die Palmen, kniete dort nieder, falteteseine Hnde und betete also:

    Ach! Der Du hrest das Seufzen der Betrbten und das Weheklagendes zerbrochenen Herzens, siehe an meine Trnen und mein verfallenesAngesicht und hilf mir, Du lieber, heiliger Vater im Himmel!

    Auf Dich allein hofft meine Seele! Erbarme Dich, du Trost der

    Elenden, erbarme Dich unser, o du lieber, guter, heiliger Vater!Ich kann Dir ja nichts geben als nur dies mein armes, zerbrochenes

    Herz, aber ich will Dich lieben mit unendlicher Liebe und auf dem Wegeder Gerechtigkeit wandeln mein Leben lang!

    Und sehet, ein heller Glanz verbreitete sich unter den Palmen und eineStimme sprach aus der strahlenden Wolke:

    Sie lebet! - Dein Bruder hat Mir Brandopfer gelobt; aber keine Trnehat seine Augen befeuchtet.

    Du aber hast vor Mir gebetet und geweint und hast Mir dein Herzgegeben. Darum gehe aber auch hin im Frieden!Und als er heimkam, da trat schon seine Mutter aus der Htte ihm

    entgegen, schloss ihn in ihre Arme und segnete ihn.

    Die Schiffspredigt des Herrn

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    8 GL 1/2012Die Schiffspredigt des Herrn

    Was meinet ihr, welcher Sohn da ein rechtes Opfer dem Herrn gebrachthat? - Ihr sprechet: Josua!

    Ich aber sage euch: Eben darum hnget auch ihr euer Herz nicht an den

    leeren Tempel und pochet nicht darauf! Denn er ist von Menschenhndengemacht und wird bald verwittern, da seine Zeit kommen wird, und seinePriester werden sterben.

    Was dnket euch? - der Tempel ist gro zu Jerusalem und das Herz istklein in der Brust. Aber dieses kleine Herz kann den groen, lebendigenGott lieben. Ist es darum nicht ein schneres und herrlicheres Werk alsdas, welches Salomo baute?

    Habt ihr gelesen, was der Prophet Jesaja spricht? - Das ist sein Wort:Ich will Gold anstatt des Erzes und Silber anstatt des Eisens bringen undErz anstatt des Holzes und Eisen anstatt der Steine und will machen, dassdeine Vorsteher den Frieden lehren sollen und deine Pfleger Gerechtigkeit

    predigen. (Jes.60,17)Aber wo ist der Friede auf Erden? Und wo hauset die Ruhe unter den

    Menschen?Sehet, das Leben gleichet dem Schifflein im Meere, das stets hin und

    her wanket und immerdar geschlagen wird von den zornigen Wellen. Siefahren stolz einher und bumen sich hoch auf. Aber bald fallen sie zurck

    ins Meer und werden da zu nichtigem Schaume.Ich bin von Gott gesandt, um Frieden zu bringen den Menschenkindern

    vom Aufgange bis zum Untergange; aber dem ungeachtet ruhet der Argenicht, und der Teufel hat seine Apostel bis zu seiner Zeit.

    Ich bin der Stein des Anstoes und ein Fels der rgernis dem HauseIsrael, zum Strick und Falle all den Heuchlern auf Erden, dass ihrer vielesich daran stoen, fallen, zerbrechen, verstricken und gefangen werden.

    Wehe euch Pharisern und Sadduzern, das Licht ist schon vormals

    dem Moses erschienen, als der Busch brannte im Feuer; aber ihr verbindeteuch selber die Augen!

    Das Gesetz des Herrn ist ewig und steht in eines jeden MenschenHerzen geschrieben; aber ihr, die ihr den Frieden predigen sollet, entzweietdie Menschen und verdammet da, wo ihr mit aller Liebe suchen sollet.

    Ihr seid verkehrte Leiter und Fhrer des Volkes, und eure Kinder undKindeskinder werden es noch rger machen!

    Ihr schlaget den Fels; aber er bleibet verschlossen. Ihr ksset noch die

    Rute Arons; aber sie grnet nicht mehr.Hret, die ihr pflanzet die Zeder unter dem Felsen und bindet die Rebean einen morschen Pfahl! Die Zeder wird dennoch grnen, und die Rebewird sich an dem Felsen hinaufranken.

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    GL 1/2012 9

    Hebet eure Augen auf und schauet ins Meer! Meinet ihr oft nicht: Diebergehohen Wogen wollen die Sonne verschlingen?

    Ich aber sage euch: Es ist nur der Sonne Bild, das sie brechen; aber die

    Sonne waltet ganz unbekmmert um dieses Meeres Wogen am hohenHimmel und freut sich ihres ewigen Tages.Darum sollet ihr die Herzen nicht binden und plagen mit vergeblichen

    Worten und nicht schreien: Hier ist eine Schlange und dort ist eine! - daihr doch selbst keine sehet und je gesehen habt.

    Hret daher auf zu lehren das Volk, ihr Heuchler, Hurer undEhebrecher, sondern lernet selbst von denen, die den Weg des Herrnsuchen in der Liebe und Einfalt ihres Herzens!

    Und Er sagte ihnen abermals ein Gleichnis:Nathan, der Alte, war gestorben und hatte zwei Shne hinterlassen

    und Malkah, seine Tochter.Diese Kinder befragten sich untereinander und sprachen: Was meinte

    doch unser Vater, als er starb und vor seinem Hinscheiden sagte, wir sollensein Gedchtnis im Segen erhalten?

    Und die Shne stritten und zankten darber miteinander von der Frhebis zum Untergange der Sonne.

    Sie wollten ein Denkmal setzen - der eine von Holz, der andere von

    Marmor. Der eine wollte, dass die berschrift lang, der andere aber, dasssie kurz sein sollte. Der eine wollte dieses Denkmal in den Garten, derandere aber an der Wegscheide setzen.

    Am nchsten Tage kamen sie wieder zusammen und fingen von neueman, miteinander zu hadern.

    Um die elfte Stunde aber, als es Abend ward und die Sonne sich neigte,ging Malkah allein zum Grabe und kniete da nieder, pflanzte einenRosenstock auf das Grab des Vaters und benetzte denselben mit den

    Trnen ihrer Liebe.Wahrlich, Ich sage euch: Sie hat das beste Denkmal dem Vater gesetzt

    und hat allein seinen Willen vollkommen erfllet!Ihr (Phariser und Sadduzer) seid gleich den beiden Shnen! Mit Holz

    und Steinen, mit Blut und Rauchwerk wollt auch ihr den Vater im Himmelehren; aber eure Herzen sind ferne von Ihm!

    Ihr knnet lange Gebete auswendig und noch lngere traget ihr auflangen Streifen bei euch, damit die Menschen von euch glauben sollen, als

    wret ihr gro, mchtig und angenehm vor Gott.Aber das lebendige kurze Gebet im Herzen ist euch fremd, da ihr denVater nicht kennet und Ihn noch nie erkannt habt.

    Ihr saget gleichwohl: Wenn ein ungereinigter Snder vor Gott betet,

    Die Schiffspredigt des Herrn

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    10 GL 1/2012

    so sndiget er noch rger! - O ihr habschtigen, mrderischen Betrger desVolkes! Was sollen demnach eure Gebete sein, da ihr doch stets vomAnbeginne schon voll Grueltaten, voll Hurerei und Ehebruches waret!

    Propheten habt ihr gemordet und gettet alle, die euch nicht opferten ingroen Massen, und ihr saget noch: Wir sind Kinder Abrahams, Isaaksund Jakobs!

    Abraham, Isaak und Jakob erkannten aber den Vater, als Er zu ihnenkam. Was ist's denn, dass ihr Ihn nicht erkennet, da Er zu euch gekommenist? - Weil ihr Kinder des Teufels, aber nicht Kinder Abrahams seid!

    Ich aber sage euch: Diesmal wird es der Vater mit euern Sndernhalten und wohnen in ihren Husern und wird Kost nehmen bei denZllnern. Euch aber wird Er schlagen mit der uersten Finsternis, damitan euch erfllet werde, was der Prophet Jesaja spricht, indem er sagt:

    Wer hat den Gerechten vom Aufgange erweckt, wer rief Ihn, dass Erging? Wer gab die Heiden und Knige vor Ihm hin, dass Er ihrer mchtigward, und gab sie Seinem Schwerte wie Staub und Seinem Bogen wiezerstreute Stoppeln? (Jes.41,2)

    Viele bekehrten sich durch diese Rede.Als aber darunter mehrere Phariser und Sadduzer gewaltig zu

    schmhen anfingen und Er darum auch aufgehrt hatte zu reden, da sprach

    Er zu Simon:Fahret auf die Hhe und werfet eure Netze aus, auf dass ihr einen

    guten Zug tuet!Das Fernere ist zu ersehen im Evangelium des Lukas, 5. Kapitel.

    Diese Rede aber haben von Mir auch bekommen: Geiring, Tauler,Tersteegen, Lavater, Stilling und einige andere euch weniger Bekannte;darunter euch nur der Witschel bekannt ist. - Rom und andere Hfe haben

    sie wohl auch; aber sehr entstellt. (Himmelsgaben Bd. 2 S. 202ff)

    Die sind Mir stets die Liebsten, die von selbst zu Mir kommen,Mich allezeit im Herzen aufsuchen und Mich dann von ganzem

    Herzen ber alles lieb haben. - Sie habe aber dann auch Ich beralles lieb und erffne ihnen alle Schtze Meiner Himmel!

    (Himmelsgaben Bd. 2 S. 333,8)

    Die Schiffspredigt des Herrn

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    GL 1/2012 11

    Die Wiederkunft Christi

    Edith Mikeleitis

    Niemals schien eine Zeit entfernter einer Wiederkunft Christi zu seinals die Gegenwart. Auf der einen Seite herrschen berfluss und Selbst-herrlichkeit, auf der anderen Seite Armut und Unterdrckung. Der Menschin der Welt hat Angst. Angst und Langeweile sind die Stigmata einerglaubenslosen Zeit. Die religisen Versprechungen, die die Kirchen demMenschen gegeben haben, werden nicht erfllt. Der Einzelne sieht sichdem ungerechten Treiben derer ausgesetzt, die die Macht an sich reien. Erfhlt sich inmitten sich berstrzender Ereignisse allein, denn unbewusst

    fhlt er, dass ihm eine Macht zur Verfgung stnde, wenn er sie zuergreifen wsste, nmlich eine geistige Macht der Liebe, die auch denEinzelnen zu schtzen vermag. Auch die klgsten Theorien knnen dieSuchenden nicht beruhigen. Sie verlangen nach tieferen und hhergelagerten Erkenntnissen, nach echten Wertmastben und Einsichten,doch es werden ihnen billige Zerstreuungen, Anleitungen zumVorteilsdenken und unverbindliche Sexualitt geboten. Fr den Wissenden

    jedoch enthllt gerade die extreme Gottlosigkeit unserer Zeit, dass

    die ,letzten Tage herbeigekommen sind. Im Evangelium Matthus sagtJesus: Des Menschen Sohn ist es, der den guten Samen st. Der Acker istdie Welt. Der gute Same, das sind die Kinder des Reiches. Das Unkrautdagegen, die Kinder des Bsen. Der Feind, der das Unkraut gest hat, istder Teufel. Die Ernte ist das Ende der Weltzeit, und die Schnitter sindEngel. Wie nun das Unkraut gesammelt und im Feuer verbrannt wird, sowird es auch am Ende der Weltzeit gehen. Der Menschensohn wird seineEngel aussenden. Die werden aus seinem Reiche alle Verfhrer undbeltter sammeln und sie in den Feuerofen werfen. Da wird lautesWeinen und Zhneknirschen sein. Dann werden die Gerechten im Reicheihres Vaters wie die Sonne leuchten.

    Da wir die Gnadenverlassenheit und Gottlosigkeit der Welt sinnflligererleben, als je eine Zeit zuvor, wird das Wort der Apokalypse uns immerdeutlicher. Wir beginnen zu ahnen, dass wir in der Endzeit stehen. Dennihilistischen Mchten ist das Christentum gegenbergestellt, das vonGrund auf neu erlebt und neu gesehen werden muss, um wirklich fr unsder Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein. Denn das eben war die

    berwltigende Neuheit, die das Christentum in die Geschichte derMenschheit brachte: ,dass der Mensch wahrlich Gott, und Gott wahrlichMensch ist. (Meister Eckehart) Die Offenbarung Jakob Lorbers ist voller

    Die Wiederkunft Christi

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2012-1

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    12 GL 1/2012

    Hinweise auf diese Endzeit. Vom siebenmaligen Kommen des Herrnspricht Gott schon in der Urschpfung: . . . Einmal war Ich schon da im

    Anfang der Welt, um alle Dinge euret- und Meinetwegen zu erschaffen.

    Bald werde Ich wiederkommen in groen Wasserfluten, um zu waschen dieErde von der Pest... Und Ich werde zum dritten Male vielfach kommen, wiejetzt ungezhlt zu euch, bald sichtbar und bald wieder unsichtbar im Wortedes Geistes, um vorzubereiten Meine Wege. Und Ich werde zum vierten

    Male kommen in groer Not krperlich in der groen Zeit der Zeiten. UndIch werde gleich darauf kommen zum fnften Male im Geiste der Liebeund aller Heiligung. (Ausgieung) Und Ich werde zum sechsten Malekommen innerlich zu jedem, der nach Mir in seinem Herzen ein wahres,ernstliches Verlangen tragen wird, und werde da sein ein Leiter dessen,der voll Liebe sich wird von Mir zum ewigen Leben ziehen lassen. Und Ichwerde dann aber auch der Welt fern sein. Wer aber dann aufgenommenwerden wird, der wird leben, und Mein Reich wird ewig mit ihm sein. Undendlich werde Ich zum siebenten Male wiederkommen im Feuer Meiner

    Heiligkeit. Wehe dann denen, die unlauter gefunden werden. Diese werdenfrder nicht mehr sein denn im ewigen Feuer Meines Zorns. Dieses letzteKommen wird allen ein bleibendes Kommen sein . . . Bleibt in der Liebe,denn diese wird euer Retter sein. Liebt Mich ber alles - das wird euer

    ewiges Leben sein ... Liebt euch aber auch untereinander, damit euch dasGericht erlassen wird.'(Haushaltung Gottes Bd. 1; 46,20-23)

    Die Frage der Menschheit: ,Wo befindet sich Gott in diesem schreck-lichen Geschehen' wird nicht dahin beantwortet, dass Gott seine Allmachtdazu benutzen wird, um schon vor der Ernte den Einzelnen die Freiheit zunehmen. Meine Allmacht kann und darf da nichts zu tun haben, wo sichin Meinen Kindern ein freies Leben entfalten soll. Ich darf jemandem nichtmehr tun, als ihr euch untereinander tut. Ich gebe euch den Acker, den

    Pflug und den Weizen und bestelle die Schnitter, aber arbeiten msst ihrselbst. Arbeitet ihr recht, und es gebricht euch an der ntigen Kraft, sowerde Ich euch allezeit damit ausrsten, wenn ihr Mich in euren Herzendarum angehen werdet. Ihr werdet dann mit erneuter Kraft zu arbeitenhaben, aber fr euch arbeiten kann und darf Ich nicht. Wrde Ich es tun,dann httet ihr fr die Freiheit und Selbstndigkeit eures Lebens keinen

    Nutzen, denn dann wret ihr pure Maschinen, aber keine freien, aus sichheraus lebenden, denkenden und handelnden Menschen. (Gr.Ev.Joh.4, 101,9)

    In der kalten, glcklosen Zeit, in der wir leben, kommt es auf denEinzelnen an, wieweit er zur Selbstverwirklichung kommt. Auch derSchpfer will sich durch das erstehende, selbstndige Gottesleben imMenschen berraschen lassen. Er, der Allwissende, kennt zwar alle dem

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    Geist innewohnenden Mglichkeiten des Seins, doch will er sie handelndin Erscheinung treten lassen, um sich selbst zu erleben. In ,Erde undMond erklrt er dieses Phnomen: Der Geist ist in sich zwar keine

    Form, aber er ist eben dasjenige Wesen, das die Formen schafft. Und erst,wenn die Formen geschaffen sind, kann er in diesen geschaffenen Formenselbst als Form wirkend auftreten. Jede Kraft, wenn sie sich als solchebeurkunden soll, muss sich eine Gegenkraft stellen. Erst zufolge diesesgeschaffenen Sttzpunktes kann die Kraft ihre Wirkungen uern und zurErscheinung bringen. Der Geist ist demnach gleich dem Licht, welches insich selbst zwar ewig Licht bleibt, aber als Licht so lange nicht bemerkbarauftreten kann, solange es keine Gegenstnde gibt, die es erleuchtet. Geistist das Licht, das aus seiner eigenen Wrme sich von Ewigkeit zu Ewigkeiterzeugt - und ist gleich der Wrme die Liebe, und gleich dem Lichte dieWeisheit. (Erde und Mond 52,9-11)

    Wir Menschen sind keine Apparaturen, die mechanistisch vomgttlichen Geist getrieben werden - wir sind die geistigen Baumeisterunserer Welt, ausgestattet mit den sieben gttlichen Eigenschaften: Liebe,Weisheit, Wille, Ordnung, Ernst, Geduld, Barmherzigkeit. Ist in einemeinzelnen Menschen die Kraft Gottes auferstanden, so kann er MillionenUnerweckter im ewigen Gericht zur Erntezeit vor Gott bringen, um fr sie

    Gnade und Erbarmung zu erbitten. Es wird fr die vielen Unentschiedenensolcher Frbitte bedrfen, denn diese Endzeit wird zugleich auch eineAnfangszeit der Gnade sein.

    Wenn die Menschen sich zu sehr in die Lustreize der Welt verrennenund verstricken und nur denken, dass sie blo darum da sind, um sich alsvernnftige und denkende Wesen von der mit allem Reichtum aus-gestatteten Welt auch alle erdenklichen Gensse zu bereiten und deseigentlichen Zweckes gar nicht gewahr werden, warum sie in die Welt

    gesetzt worden sind, und wer sie in die Welt gesetzt hat - da kann von einereigentlichen und hheren Offenbarung Gottes und Seines Liebewillens solange keine Rede sein, bis die Menschen durch allerlei Not und Elendwenigstens so weit zu denken anfangen, dass sie fragen und sagen: ,warummussten wir denn in diese elende Welt kommen, und warum mssen wiruns denn so plagen und martern lassen bis in den sicheren Tod als demelenden Schlusspunkt unserer Verzweiflung?' Dann ist auch die Zeit da, inwelcher sich Gott dem Menschen wieder von neuem zu offenbaren beginnt,

    zuerst durch den Mund geweckter Menschen, durch andere Zeichen undauch durch allerlei Gerichte an jenen Menschen,... die stolz und lieblosund voll bermut geworden sind und bei sich an keinen Gott mehr denkenund noch weniger im Herzen glauben ... Wenn das einmal auf der Welt

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    unter den Menschen das gewisse berma erreicht hat, dann kommt auchein groes Gericht und mit demselben auch eine groe und unmittelbareOffenbarung Gottes an die Menschen, die noch einen Glauben an Gott und

    ebenso auch eine Liebe zu Ihm und zum Nchsten in ihrem Herzenbewahrt haben. (Gr.Ev. Joh. 9; 23,3-5)In der Apokalypse des Johannes werden die Ereignisse, die nach dem

    Opfertod Jesu Christi in der Menschheit geschehen, als das ffnen dersieben Siegel im Lebensbuch geschildert, die mit den sieben gttlichenEigenschaften gefestet sind. Das menschliche Bewusstsein hat sich inunseren Tagen nach oben und nach unten schnell und bedeutend erweitert.Die Wiederkunft Christi geschieht unaufhaltsam. Der Menschen Herzensehen nun aus wie diese Zeiten mit ihren grauenhaften Erscheinungen,wodurch nun solche Trbsal ber die Menschheit gekommen ist, wieihresgleichen diese Erde noch nicht getragen und geschmeckt hat. Es istdaher ntig, dass dieser trbseligsten Zeit bald ein Ende gesetzt werde, dasonst noch jene, die bisher zu den Auserwhlten gezhlt werden,Schiffbruch leiden knnten . . . Die Zeit der Reinigung wird verkrztwerden, denn es wird Stunden geben, in denen mehr geschehen wird alsehedem in Jahren. . . denn es wird Tage geben, von denen einer mehrbedeuten wird als ehedem ein volles Jahrhundert, ... denn es wird nun in

    einer Woche mehr geschehen, als in der Vorzeit in siebenhundertJahren. (Himmelsgaben 3 S. 427,8-10) Gerade diese Angabe fr die Endzeiterweist sich als bedeutungsvoll, denn ist es uns allen nicht so, dass die Zeitrasend zu eilen scheint? Die Ereignisse berstrzen sich. Man knnte dasheutige Weltgeschehen mit der Abfahrt eines steuerlos gewordenenWagens vergleichen, der immer schneller rast, je nher er dem Abgrundkommt. Der Zeitbegriff hat sich gendert. Der Hochmut der Vlker hatalles Ma berschritten. Bis in den hchsten Himmel stieg schon der

    Dampf der Hlle. Die Erde selbst bat Mich, dass Ich die arge Brut desSatans doch endlich ausmerzen solle. Seht, die Zeit ist da, enthllt voreuren Augen. Bevor Ich aber als der Herr und Schpfer alles Lebenswiederkommen kann, muss der Erdboden von allem Unkraut gereinigtwerden, und das geht nunmehr auf allen Punkten der Erde vorsich. (Himmelsgaben 3 S. 483,63) Das Christentum ist der Strahlungspol frdie gesamte Menschheit geworden. Aus der Leiderfahrung des Opfers desselbstischen Ich fr das grere Ganze hat das Christentum den hchsten

    Anspruch an den Menschen gestellt. Es hat die Erde dadurch zumSpannungsfeld widerstreitender Krfte gemacht und im Menschen niegeahnte Fhigkeiten und gefhrliche Verirrungen geweckt. DieApokalypse schildert die Passionsgeschichte der Menschheit in

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    Entsprechungsbildern, die ein tiefgeistiges Geschehen deutlich zu machensuchen. Die einzelnen Zeiten werden durch die ffnung von siebenSiegeln auf der Erde wirksam. Unverkennbar stehen wir heute vor der

    Erffnung des siebenten Siegels, wo trotz aller Plagen und trotzverzehrendster Reinigungsfeuer dieBarmherzigkeitihr Werk vollendet. Immenschlichen Bewusstsein werden als Frucht des harten und langenPassionsweges Vernderungen vor sich gehen. Nicht nur der Eintritt derErde in das kosmologische Frhlingszeichen Wassermann, was erhhteSchwingungsfrequenzen aller kosmischen Strahlungen bedeutet, wird sichals Belebung und Erweiterung bemerkbar machen, sondern ungeahnteMglichkeiten und Fhigkeiten im Menschen selbst werden erwecktwerden. Die Barmherzigkeit bringt alles zuwege. Sie ordnet alle die

    frheren Geister und bewirkt die rechtzeitige Reife einer Welt sowohl wiealler Geschpfe auf ihr. Fr alles hat sie einen bestimmten Zeitraumgestellt, und die reif gewordenen Wesen knnen demnach bestimmt dervollen Erlsung gewrtig sein und in ihre Freiheit eingehen und in dievollste Lebensselbstndigkeit. Dieser siebente Geist in Gott bewirkte auch,dass Gott Selbst Fleisch annahm, um dadurch alle die gefangenen Geisteraus dem harten notwendigen Gericht der Materie in mglichster Krze zuerlsen. Deshalb kann auch Sein Werk - die Erlsung - die Neuschaffung

    der Himmel und Welten und somit das grte Werk Gottes genanntwerden, weil in diesem alle die sieben Geister Gottes vollkommengleichgewichtig wirken. (Gr.Ev.Joh.VII 18,15-16) Oft wird in der Neu-offenbarung davon gesprochen, dass Christus zu erst unsichtbar ,in denWolken des Himmels kommen wird, was soviel heien soll, als dass ersich im Wort verhllen wird, das nur denen offenbar wird, die dafr reifsind. Wenn auf diese Art Meine Lehre unter die Menschen, die einesguten Willens und ttigen Glaubens sind, gebracht sein wird und zum

    wenigsten ein Drittel der Menschen davon Kunde haben werden, so werdeIch dann auch hier und da persnlich und leibhaftig sichtbar zu denenkommen, die Mich am meisten lieben und nach Meiner Wiederkunft diegrte Sehnsucht und dafr auch den vollen und lebendigen Glaubenhaben werden. Und Ich werde aus ihnen Selbst Gemeinden bilden, denenkeine Macht der Welt mehr einen Trotz und Widerstand zu bieten vermag.

    Denn Ich werde ihr Heerfhrer und ihr unberwindlicher Held sein undalle toten und blinden Weltmenschen richten. Und so werde Ich die Erde

    reinigen von ihrem alten Unflate. (Gr.Ev.Joh. IX 94,6-7)Nirgends in allen Prophezeiungen wird von einer Vernichtung der Erdegesprochen, immer nur von einer Reinigung. Wenn Christus, derDemtigste und Erbarmungsvollste, uns Erdenmenschen den hrtesten

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    Kampf verordnet hat, konnte es nur zum hchsten Liebeszweck ge-schehen. Er sagt: Wenn auf diese Art Meine Lehre und ihrem Geiste nachso gestellt, dass sie Kinder Gottes werden knnen, wodurch sie dasselbe

    vermgen, was Ich Selbst vermag. .. Ihr seid Meine Kinder und somitGtter, wie Ich als euer Vater Gott bin. Um aber eine Seele so zu stellen,bedarf es der hrtesten Lebensschule ... In solcher Hrte findet sie abernur auf dieser Erde statt und auf keinem anderen Weltkrper sonst. Derganze Mensch wird dadurch Gott in allem hnlicher und hnlicher inberschwnglicher Flle. Diese Erde entspricht Meinem Herzen. IchSelbst besitze aber auch nur ein Herz und nicht mehrere Herzen. Darumkann es auch nur einen Weltkrper geben, von Mir aus gestellt, der

    Meinem Herzen, und zwar dessen innerstem Lebenspunkte, vlligentspricht. (Gr.Ev.Joh. X 184,2+7) Hat Gott nicht seinen gefallenenLichtgeist Luzifer ins Innerste der Erde - also in sein Herz verbannt?Knnte es einen festeren und sichereren Ort fr den Widersacher gebenals im Mittelpunkt der Liebe? Der Sieg des Christus nimmt der Bosheit

    jede Waffe. Schritt fr Schritt geht der verlorene Sohn dem Vaterhausentgegen, noch widerwillig, doch schon im Bewusstsein, dass er seinesWirkungsfeldes entkleidet worden ist. Er wei seit dem Kreuzestod JesuChristi, dass keine Snde so gro ist, dass sie nicht in Jesu Opfer Tilgung

    fnde. Niemand soll diese Endzeit fr eine unglckliche halten, wenn erChristus liebt. Soll euch solche Weisheit zum lebendigen Nutzen sein, somuss sie entweder zu einem lebendigen Gefhl im Herzen werden, oder -was das Bessere ist - sie muss aus der Lebendigkeit des Herzenshervorgehen. Ist eines oder das andere der Fall, so wird eure dadurcherweckte Lebenskraft als steter Zeuge zur Bekrftigung auftreten und vor

    jedermann laut verknden, dass Gott wirklich die reinste und heiligsteLiebe selbst ist, in welcher kein Wesen und am wenigsten ein wahres Kind

    dieser Liebe je zugrunde gehen wird. Wer Gott nicht auf diese Weisegefunden hat, fr den ist so gut wie kein Gott vorhanden, da Er fr ihnkein Gott des Lebens ist, sondern nur ein Gott menschlicherVerstandesklgelei, welche nur so lange Bestand hat, bis sie von eineranderen verdrngt wird. Wer aber Gott in und aus seinem Lebensgrunde,d. h. mit seinem Herzen gefunden hat, der hat Ihn gefunden wesenhaft,und keine Macht wird Ihn je mehr aus ihm verdrngen. (HGt II 164,16-19)

    Die Lichter der Himmel werden sich begegnen, erkennen und sich

    untersttzen. Aus diesen Lichtern wird sich die Sonne des Lebens, also dasneue, vollkommene Jerusalem, gestalten, und in dieser Sonne werde Ichauf diese Erde wiederkommen. (Gr.Ev.Joh. IX 94,14)

    (Quelle: Der Plan Gottes, Lorber-Verlag)

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    Worte, die das Herz ffnen

    Vorboten und Wegweiser zur Heilung

    Werner KrebberIm Anfang war das Wort... - so beginnt das Johannes-Evangelium des

    Neuen Testaments. Fr den Apostel Johannes sind Wort und Gottuntrennbar miteinander verbunden. Sprich nur ein Wort, so wird meineSeele gesund, heit es in der katholischen Messfeier. In denverschiedenen Weltspiritualitten hat sich die mentale Kraft heilenderWorte immer wieder neu manifestiert. Doch was fr Worte sind es, dieVorboten der Heilung werden knnen? Welche Worte haben jene so

    eindringliche Initialwirkung, dem Menschen neue Wege aufzuzeigen, ihnzu Heil und Heilung zu fhren?

    Worte, die heilen knnen, haben oft mit dem zu tun, was als Gebetbekannt ist. Das Wort stammt von dem althochdeutschen gibet undbedeutet Bitte. Gebete knnen Lobpreisung ebenso formulieren wie Bitte,Bue oder Dank. Fr uns heute sind wohl vor allem jene Gebete wichtig,die eine Beziehung zur eigenen Mitte und ber diesen Weg zu Gott suchen- also das innere Gebet'. Auf seiner meditativen Grundlage findet sich

    hier eine groe Nhe zu der in den stlichen Religionen gebtenMeditationspraxis.

    Worte, die helfen

    Meine Erinnerungen an Bitte und Beten sind eng mit der katholischenLiturgie verbunden. Nach der Wandlung von Brot und Wein in Leib undBlut Christi ldt der Priester dort die Glubigen zur Kommunion ein, diedarauf unter anderem antworten: ...aber sprich nur ein Wort, so wirdmeine Seele gesund. Ich erinnere mich auch an ein Treffen mit einemPastoraltheologen. Der berichtete von einem Gesprch, das er mit einemMann gefhrt hatte, der ihm von seinen Problemen berichtete. Am Endedes Gesprchs sagte der Mann zu dem Theologen: Sie haben mir sehrgeholfen. Gesagt hatte der Theologe ihm allerdings nichts, er hatte ihmkeinen Rat erteilt oder hnliches. Aber er hatte der Not des Manneszugehrt - er hatte ihm den ntigen Raum gewhrt, damit dieser seinenSchmerz in seinen eigenen Worten ausdrcken kann. Ganz nach derErfahrung von Selbsthilfegruppen: Wernicht spricht, zerbricht.

    Wir sind, was wir denken...

    Gerade in der westlichen Kultur sind die Menschen auerordentlich

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    Schild geschrieben und erwartet, dass sich das Positive und das Negativegegenseitig aufheben. Aber es kam trotzdem ein schner Kristall heraus.

    Auch am Institut fr Statik und Dynamik der Luft- und

    Raumfahrtkonstruktionen (ISD) der Universitt Stuttgart wird seit einigenJahren an der Informationsbertragung im Wasser geforscht. Hier war denWissenschaftlern aufgefallen, dass sich schwache Feldwirkungen, die mitblichen Messmethoden sonst nicht feststellbar sind, im Wasser abbildenund unter dem Mikroskop betrachtet und dokumentiert werden knnen.

    Die Kraft des Gebets

    Der Einfluss von positiv wirkenden Worten kann aber nicht nurvermutet, sondern auch bewiesen werden. Dies haben Forscher umLuciano Bernardi verifiziert, indem sie Versuchsgruppen mitunterschiedlichen Gebeten untersuchten. Sie haben die Wirkung deslateinisch gesprochenen Rosenkranzes und die Rezitation von Mantren beiPatienten berprft, die an Herzproblemen litten. Ihr Ergebnis zeigte, dass

    beide Gebetsbungen bei den Patienten hervorragende psychische wiephysische Effekte mit sich brachten, und sich das Wohlbefindenverbesserte.

    Besttigt werden damit auch Untersuchungen wie jene, die 1999 in der

    amerikanischen Zeitschrift ''Demography verffentlicht wurden. Die dortpublizierte reprsentative Studie hatte 204 Personen neun Jahre langbegleitet. Das Ergebnis war, dass 20-jhrige US-Amerikaner eine um gutsechseinhalb Jahre hhere Lebenserwartung haben, wenn sie ''einmal proWoche zur Kirche, Synagoge oder Moschee gehen.

    Der Religionspsychologe Bernhard Grom ist deshalb der Fragenachgegangen, ob ''Gebet, Meditation und Gottesdienst innerhalb des

    Immunsystems die Produktion von Abwehrkrften frdern knnen. Seine

    Antwort klingt plausibel: Die ,Kraft des Gebets liegt vermutlich nichtdarin, dass es irgendwelche ,Heilungskrfte' mobilisiert, sondern dass esgesundheitsschdigenden Stress mindert; nicht darin, dass es das

    Immunsystem anregt, sondern darin, dass es das Immunsystem schont -und damit Erkrankungen eher verhindert und Heilungsprozesse entstrt.Seiner Meinung nach ist diese stresstheoretische Erklrung jene, dieden gemachten Beobachtungen sowie dem heutigen medizinischen Wissenam besten gerecht wird: ''Starke emotionale Belastungen, psychischer

    Stress', wie er aus Verlusterfahrungen, Zukunftsngsten, rger undEnttuschungen entsteht, lst oft krperlichen Stress aus, der lngerfristigsowohl die Gefahr von Thrombosen und Herzinfarkten als auch das Risikovon Infektionen und Krebserkrankungen steigert. Nun knnen religis

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    motivierte Bewltigungsformen die emotionalen Belastungen verringern,abpuffern und damit eine Ursache von krankheitsfrderndem Stressverringern. Der Glaube kann dazu einladen, sich wegen Misserfolgen,

    Krankheit und altersbedingter Einschrnkung nicht minderwertig zufhlen, weil man sich ja von der hchsten denkbaren Instanz als Ebenbild'und ,Freund' geachtet wei...

    Der Schweizer Psychiater Jakob Bsch geht noch weiter: ''GeistigesHeilen und Spiritualitt gehren zusammen und bedeuten Globalisierungvon Religion und Medizin. Die zentralen, spirituellen Botschaften dergroen Weltreligionen sind weitgehend deckungsgleich. Die Besinnung aufdieses gemeinsame Wissen berschreitet die Grenzen von Nationen,

    Religionen und Rassen. Geistiges Heilen ist der Teil der Heilkunde, derarmen und reichen Menschen auf dieser Erde gleichermaen zurVerfgung steht. Er fand heraus, dass die Hlfte von befragtenKrankenhauspatient den Wunsch uerten, ihre rzte mchten amKrankenbett mit ihnen beten. Doch sie stoen damit auf ein Dilemma.Solche Ergebnisse bringen die rzteschaft in Verlegenheit, wird doch aneinem der groen Tabus gerttelt. Anders als die Sexualitt habenSpiritualitt und Religiositt der Enttabuisierung bis heutestandgehalten. Dabei sieht er in seiner Praxiserfahrung und dem

    Vergleich mit internationalen Studien, dass religis-spirituelle Menschenber bessere krperliche und seelische Gesundheit verfgen; wenigeProzent der Studien haben bei religisen Menschen mehrGesundheitsprobleme gefunden.

    Vielfalt und Individualitt

    Im Hinduismus ist davon die Rede, dass es tausend Namen Gottes gibt.Im Islam hat Allah 99 Namen. Deutlich wird hier die Vielfalt dessen, was

    wir als Gott ansehen und annehmen. Und ebenso vielfltig sind dieFormen und Worte, die wir im Gebet verwenden. Beten und damit dieWahl jener Worte, mit denen wir beten, ist ein Sehnen des Herzens, wieSophy Burnham meint. Im Gebet manifestiert sich der unwiderstehliche

    Drang unserer Menschennatur, mit der Quelle der Liebe, mit der Energiedes Universums, Kontakt aufzunehmen und zu kommunizieren. Im Gebetbitten wir in jenen Momenten um Hilfe, wo wir uns einer Situation absolutnicht gewachsen fhlen.

    Sind es aber bestimmte, spezielle, nur Insidern bekannte Worte, diedorthin fhren knnen? Ich glaube nicht. Ich folge da lieber JacquesGaillot, der sagt: Jeder hat seinen Weg. Das Gebet hat einen

    persnlichen Stil so, wie jeder eine besondere Stimme, ein besonderes

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    Gesicht hat; und der Krper ist mit einbezogen. Es ndert sich mit demAlter, den Ereignissen, der Verantwortung. Mir fllt an dieser Stelle einBild ein: Wenn es darum geht, heilende Worte auf ihre Authentizitt zu

    prfen, muss man sie wie beim Goldwaschen behandeln. Immer wiedersieben, schtteln, den Schmutz und Dreck durch das klare Wasser vonihnen absplen. Und dann den Goldkern nehmen und drauf beien: Ist erwirklich echt? Gaillot sagt daher: Das Gebet macht solidarisch. Es fhrt

    zum Wesentlichen. Es erweitert die Herzen. Und mir scheint: nur dann,wenn ein Gebet die Herzen zu erweitern vermag, ist es echt.

    Von der Kraft des GebetesAusgewhlte Stze

    Wer von der Erde ist, heit es, redet Irdisches, und wer vom Himmel ist,der sagt, was er gesehen hat. Und was von dem, was Christi, des Herrn ist,wre nicht himmlisch? So auch die Anweisung zum Gebet.

    Tertullian (160 - 220)

    Das Gebet, das ein Mensch nach bestem Knnen verrichtet, hat groeKraft. Es macht ein bitteres Herz s, ein trauriges froh, ein armes reich,ein trichtes weise, ein verzagtes khn, ein schwaches stark, ein blindessehend, ein kaltes brennend. Es zieht den groen Gott in das kleine Herz;es trgt die hungrige Seele empor zu Gott, dem lebendigen Quell und

    bringt zusammen zwei Liebende: Gott und die Seele.Die Begine und Mystikerin Gertrud von Helfta (1256 - 1302)

    Gott ist in unserem Innersten auf eine unvergleichliche Art gegenwrtig.

    Eine verborgene Quelle murmelt in jedem von uns. In einer Welt, in derdas Ntzliche und Effiziente ber alles andere gesetzt werden, stellt dasGebet die Zweckfreiheit wieder her. Auf dem Grunde unserer Seele warteteine enge Tre auf ihre Entdeckung, damit wir den Ruf hren, den derHeilige Geist in uns aufsteigen lsst.

    Jacques Gaillot, Bischof von Partenia (*1935)

    Alle Schwierigkeiten im Gebet knnen zurckverfolgt werden auf eine

    Ursache: zu beten, als wre Gott abwesend.Teresa von Avila (1515-1582)

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    Das Reich Gottes im Menschenherzen

    Mein Reich ist in eines jeden Menschen kleines Herz gelegt. Wer dahineinkommen will, muss also in sein eigenes Herz eingehen und sich daein Pltzchen der Ruhe grnden, die da heit Demut, Liebe undZufriedenheit. Ist er damit in der Ordnung, ist auch sein Glck fr ewiggemacht. Er wird dann bald sehr viel mehr finden, als er je erwartet hatte.Denn ein kleines Huschen ist gewiss leichter mit allem Ntigeneinzurichten als ein groer Palast, der noch immer leer aussieht, wenn sichauch schon tausende Einrichtungsstcke darin befinden.

    Ihr msst euch daher auch von Meinen Himmeln keine zu breitenGedanken, sondern ganz enge und kleine Vorstellungen machen, dann

    werdet ihr darinnen die wahre Glckseligkeit finden. - Ein Herz voll Liebezu Mir und zu den Brdern und Schwestern, sowie ein ttigkeitslustigerund ttigkeitsvoller Sinn, das wird jedem von euch die wahre, ewigeSeligkeit begrnden.

    So sollt ihr euch Meine Himmel auch nicht irgendwo als recht weitentfernt vorstellen, sondern ganz nahe. Der ganze Weg betrgt hchstensdrei Spannen Ma: die Entfernung vom Kopf bis ins Zentrum desHerzens! Habt ihr diese kleine Strecke zurckgelegt, so seid ihr auch

    schon drinnen. Denkt ja nicht, dass wir etwa eine Auffahrt ber alle Sternehinauf und hinaus machen werden, sondern eine Niederfahrt nur in unserHerz. Da werden wir unsere Himmel und das wahre, ewige Leben finden!

    (Von der Hlle bis zum Himmel Bd.2, Kap. 278,4-6)

    Neues Leben

    Was suchest du denn auer dir, was allein in dir zu finden ist -nmlich das reine Wort und Wesen des Herrn, deines Gottes und Vaters!?Kehre in dich und wende dein Herz zu Mir, so wirst du alsbald die

    Stimme deines heiligen Vaters vernehmen oder - was dasselbe ist - indeinem Herzen fhlen, was Sein Geist dir kndet.

    Allezeit setze dich so mit Mir in Verbindung, dass du Mein Naheseinsprst und deutlich die Gegenwart deines Gottes empfindest. Denn du

    sollst immer mehr lernen, dein eigenes Wesen zu erforschen durch das

    Eingehen in dich selbst.Je tiefer du in dein Inneres dringst, desto tiefer dringst du in Mich, weilIch ja in der Tiefe deines Herzens wohne, lebe und regiere.

    Verstehst du erst dich selbst, so wirst du auch Mich verstehen und

    Das Reich Gottes im Menschenherzen

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    Mich erkennen als Den, der Ich bin und der Ich nun mit dir rede.Ich bin der allmchtige Gott und Schpfer aller Kreatur; aber auch euer

    aller Vater, Herr und Meister von Ewigkeit! Das ist es, was du immer mehr

    in dir erkennen lernen sollst.Denn solange du Mich nicht wahrhaft und lebendig erkannt hast alsdeinen Gott-Vater im Sohne Jesus Christus, ist dein Glaube keinlebendiger und wird die Finsternis nicht weichen von dir noch von denen,die mit dir sind. (Ida Kling - Lebensworte der Ewigen Liebe S. 73)

    Gottes Stimme im HerzenMein Kind, der Wunsch ist in dir aufgestiegen, doch auch einmal

    Meine Stimme in deinem Herzen zu vernehmen. - Siehe, da sage Ich dir:Warum hast du es denn noch nicht versucht, Meine Stimme in dir zuvernehmen? - Glaube nicht, dass Ich nur mit einzelnen Meiner Kinderunmittelbar verkehre, weil nur einzelne dafr geeignet seien! - O nein,nicht darum werden nur einzelne berufen, denn geeignet ist ein jedes dazu;sondern nur darum, weil sich nicht ein jedes so hingibt, wie sich da

    hingeben muss ein Kind, welches Ich zu Meinem Boten erwhle.So du aber Mein Wort in dir vernehmen willst, dann versenke dich in

    dein Innerstes und lasse alles uere um dich als nicht daseiend vordeinen Blicken verschwinden und erhebe dein Herz zu Mir mit dem festenVertrauen eines Kindes! Dann wirst du die Worte in deinem Herzenfhlen, wie sie da fhlt ein jedes Meiner Kinder - nur verschieden durchdie Individualitt des Herzens, zu welchem Ich spreche. Doch derGrundton wird berall derselbe, nmlich: Meine Liebe sein.

    Siehe, so habe Ich dir nun das Tor geffnet, durch welches du nurschreiten darfst! - Doch darfst du jetzt nicht meinen, dass du dadurchgentigt oder gar von Mir zur Mittlerin erwhlt seiest! - O nein, denn Icherwhle niemanden, der Mir nicht seine ganze Zeit oder wenigstens soviel, als Ich beanspruche, leicht und gerne schenken kann. - Du sollst nursehen, dass der Weg zu Mir einem jeden frei und offen steht.

    Und nun, Mein Kind, sage Ich dir nochmals:Komme zu Mir! Kommeselbst und gib Mir ganz dein Herz! - Dann will auch Ich dir ganz dasMeine geben und will dich mit Liebe und Licht erfllen, damit du erstrecht verstehen lernest Meine groe Liebe und den wahren Grund dieserMeiner abermaligen Darniederkunft. Der Friede sei mit dir! Amen.

    (Ida Kling - Vater und Kind S. 27)

    Gottes Stimme im Herzen

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    Anleitung zum Jesusgebet

    Anselm Grn

    Das Jesusgebet atmet das Vertrauen, dass dieser Jesus Christus in mirist. Er ist nicht der, der in ferner Vergangenheit gelebt hat, sondern er ist inmir. Die Mnche geben den Rat, beim Einatmen den Atem in das Herzstrmen zu lassen und im Atem Christus selbst im Herzen zu spren.Christus ist in mir. In der Wrme, die der Atem im Herzen erzeugt, kannich seine liebende und barmherzige Gegenwart erahnen. Das Spren desAtems im Herzen entlastet den Kopf, der sich normalerweise beim Gebetimmer wieder strend meldet und uns mit immer neuen Gedanken inUnruhe versetzt. Im Herzen, das vom Atem warm wird, knnen wir inJesus Christus zur Ruhe kommen. Wir begegnen ihm nicht nur in einemkurzen Augenblick, sondern wir bleiben in der Begegnung. So hilft dasJesusgebet, stndig in der Begegnung mit Christus und aus der Beziehungzu ihm heraus zu leben. Mein Herz ist von Christus angerhrt. Ich spredie Wrme in ihm.

    So wie der Liebende den Geliebten in seinem Herzen sprt und andersseinen Alltag lebt, so erzeugt das Jesusgebet in uns eine Atmosphre vonLiebe, von Erbarmen, von Wohlwollen, in der es sich gut leben lsst. Der

    Raum, in dem wir leben, ist kein kalter und einsamer Raum, sondern einvon Jesus Christus bewohnter Raum, ein Raum, der von seiner liebendenund heilenden Gegenwart erfllt ist und seine zrtliche Intimitt atmet. Indiesem Raum lebe ich immer aus der Begegnung mit Jesus Christus. DieBegegnung im persnlichen Gebet wirkt nach und prgt auch meinArbeiten. Und das Jesusgebet erinnert mich stndig an diese Begegnungim Gebet und ruft sie immer wieder wach. Und so wird mein ganzes Lebenzu einem Leben aus der Begegnung. In allem, was ich tue und denke, bin

    ich auf Jesus Christus bezogen, ich bin gebunden, daheim. Aus und inBeziehung leben macht unsere Existenz erst wertvoll.Beim Ausatmen sollen wir in unserem Atem Jesus Christus selbst den

    ganzen Leib durchdringen lassen. Der Ausatem strmt nach unten, in denBeckenraum. Wir lassen den barmherzigen Geist Jesu in alle unsereGefhle dringen, die in den inneren Organen ihren Sitz haben, in rgerund Enttuschung, Wut und Bitterkeit, und in unsere Triebe, die fr dieGriechen im begehrlichen Teil des Menschen, im Unterleib angesiedelt

    sind. Wenn Christi Geist da berall hinstrmt, dann knnen wir uns mitallem, was in uns ist, ausshnen. So kann uns das Jesusgebet immer mehrmit Barmherzigkeit und Gte zu uns selbst und zu allen Menschenerfllen.

    Anleitung zum Jesusgebet

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    Nach dem Ausatmen ist ein kleiner Augenblick, in dem nichtsgeschieht, in dem wir weder ausatmen noch einatmen. Dieser Augenblickist fr die Lehrer der Meditation ganz entscheidend. Da zeigt es sich, ob

    ich mich wirklich loslasse und Gott bergebe oder ob ich an mir festhalte.Wenn ich diesen Augenblick nicht aushalte, sondern sofort selber denAtem einziehen will, dann lasse ich mich eben nicht in Gott hinein los.Dieser kostbare Augenblick des reinen Schweigens und reinen Nichtstunsist der Ort, wo wir uns in die barmherzigen Arme Gottes fallen lassen unddarin den Geschenkcharakter unserer ganzen Existenz erahnen.

    Und es gibt mir die Gewissheit, dass Jesus Christus selber in mir istund mit mir geht. Wenn das Gebet in mir ist, ist auch Jesus Christus in mir

    und bei mir. Und dann lebe ich stndig aus der Begegnung mit ihm. DieseBegegnung gibt meinem ganzen Leben einen anderen Geschmack. Sie hltin alles, was ich tue, etwas von der liebenden Barmherzigkeit Gotteshinein. Sie macht das ganze Leben zu einem bestndigen Gebet, zu einerBegegnung mit Gott in meinem Herzen. Das immerwhrende Gebet istdann auf einmal einfach da.

    Das Leben aus der Begegnung muss aber ganz konkret eingebtwerden. Es ist uns nicht in den Scho gelegt. Die Mnche ben es, indemsie das Jesusgebet berall und jederzeit beten. Aber um es immer beten zuknnen, muss ich es erst einmal an bestimmten Punkten des Tages beten,ich soll es an bestimmte Ttigkeiten knpfen. Wenn ich z. B. morgensaufwache, soll ich bewusst das Jesusgebet sprechen. Wenn ich aus demHaus gehe, wenn ich zur Arbeit fahre, wenn ich ein Haus betrete, wenn ichzu Menschen komme, beim Stundenschlag der Turmuhr, beim Klingelndes Telefons, berall knnte ich das Jesusgebet sprechen.

    Die ueren Dinge wren fr mich Erinnerungszeichen, die dann mitder Zeit von selbst das Jesusgebet in mir hervorlocken. Wenn mich so die

    ueren Dinge an die Gegenwart Jesu Christi erinnern, der sich meinererbarmt, dann wird mein Leben anders. Es wird nicht mehr geprgt vonden ueren Ereignissen, sondern in allem begegne ich Jesus Christus.berall und bei allem, was geschieht, lebe ich dann aus der Begegnung mitChristus. Und aus der Begegnung mit Christus heraus begegne ich dannden Menschen und Situationen meines Alltags auf neue Weise. Nicht dieueren Geschehnisse bestimmen dann meine Gefhlslage, sondern JesusChristus, dem ich in allem begegne. Die Nhe Jesu drngt die oft

    aufdringliche Nhe von Menschen oder von Problemen zurck. Und ichkann ihnen dann den Stellenwert geben, den sie brauchen. Ich lasse michvon ihnen nicht erdrcken, sondern ich begegne ihnen mit einem innerenAbstand. (Quelle: Gebet, 77ff.82f, Herder)

    Anleitung zum Jesusgebet

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    Die zwei ungleichen Brder

    Der Herr: Glaube es, wer Gutes im Sinne hat, wird stets von einem

    guten Winde geleitet sein; wer aber Schlechtes im Sinne hat, wird voneinem schlechten Winde geleitet sein.Es waren einmal zwei Brder; die hatten eine Mutter, die viele Schtze

    hatte. Beide liebten ihre Mutter beraus, sogestaltig, dass die Mutter nichtwissen konnte, welcher von beiden sie mehr liebte, dass sie ihm darumgbe das grere Erbe. Es liebte sie aber nur der eine wahrhaft; der anderehatte aber nur das groe Erbe im Auge und bezeigte der Mutter darum stetsdie grte Aufmerksamkeit und kam nicht selten dem Bruder, der dieMutter wahrhaft liebte, zuvor.

    Der gute Sohn, weil er die Mutter wahrhaft liebte, hatte auf seinenBruder auch nicht den geringsten Verdacht und hatte nur eine groeFreude daran, so sein Bruder der geliebten Mutter recht viel Freudemachte. Die Sache ging einige Jahre also gut vor sich.

    Es ward aber die Mutter lter und schwcher und berief zu sich diebeiden Shne und sprach: ,Ich kann nicht erfahren, wer von euch beidenmich mehr liebt, dass ich ihm darum gbe das grere Erbe; ich willdarum also, dass ihr nach meinem Ableben das Erbe zu gleichen Teilen

    haben sollet!Da sprach der gute Sohn: ,Mutter, durch deine Sorge habe ich arbeiten

    gelernt und kann mir das Brot verdienen, soviel ich dessen bedarf; ich willaber Gott mit aller Glut meines Herzens bitten, dass Er dich solange alsmich leben lassen mchte und du deinen Schatz verwalten sollst zumBesten des ganzen Hauses! Denn so ich das Erbe haben msste ohne dich,da wre es mir zur Qual und wrde mich allzeit traurig machen, sooft iches anshe. Darum behalte du, liebste Mutter, das Erbe und gib es, wem du

    willst! Mir ist dein Herz das beste Erbe; wolle es Gott lange am Lebenerhalten!Als die Mutter solche Rede ihres guten Sohnes mit dem gerhrtesten

    Herzen vernommen hatte, sprach sie, ihren innern Sinn verhllend:,Liebster Sohn, wohl macht mir dein Bekenntnis eine unbeschreiblicheFreude; aber darum kann ich das dir bestimmte Erbe nicht Fremdenvermachen. So du durchaus keinen Teil haben willst, so soll der Bruderdas ganze Erbe nehmen nach meinem Ableben, und du sollst ihm dienen

    und dir dein Brot im Schweie deines Angesichts verdienen!Sagt der gute Sohn: ,Liebste Mutter, so ich dienen und arbeiten werde,da wird mein Herz sich stets deiner dankbarst erinnern und sagen: ,Siehe,also hat dich deine liebe, zarte Mutter arbeiten gelehrt! Htte ich aber das

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    Erbe, da wrde ich am Ende arbeitsscheu, begbe mich ins migeWohlleben und verge am Ende wohl gar noch deiner selbst dabei!Darum will ich deinen erworbenen Geldschatz nicht, der nicht deines

    Herzens Geprge, sondern nur das der Macht des Kaisers auf seinenFlchen vorweist; aber das, was ich von deinem Herzen genommen habe,das fhrt auch dessen Geprge und hat seinen festbleibenden Sitz inmeinem Herzen. Und darum ist mir diese Erbschaft, die du, liebe Mutter,mir schon von der Wiege her reichlich gegeben hast, und durch die ich mirschon viel Gutes und Kostbares erworben habe, ums unbeschreiblichelieber als die, welche du dir durch deiner Hnde Arbeit und Mheerworben hast! Ihr Anblick knnte mich nur trbe machen, da ich mirdabei stets denken msste: ,Siehe, das hat deiner geliebten Mutter groeMhe und Arbeit gekostet; vielleicht hat sie wohl oft vor Schmerz geweintdabei, da sie darum besorgt war, dir ein Erbe zu bereiten! Und sieh,liebste Mutter, da knnte ich doch unmglich heiter sein, weil ich dich soberaus lieb habe!

    Die Mutter, zu Trnen gerhrt, beruft den andern Sohn und sagt ihm,wie sein Bruder denkt, und was er will.

    Da antwortet dieser: ,Ich habe es mir ja immer gedacht, dass der Bruderzwar ein edler Mensch, aber in gewissen Punkten ein Sonderling ist! Da

    bin ich wieder ein ganz anderer Mensch! Ebenso sehr ich dich, liebeMutter, ehre und achte, ebenso sehr achte ich auch alles, was du mir gebenwillst und wirst, und nehme daher das ganze Erbe mit demdankerflltesten Herzen an, und die Dienste, die mir mein Bruder tun will,sollen ihm nicht unbelohnt bleiben. So du, liebe Mutter, aber wolltest, daknntest du mir wohl das halbe Erbe zum voraus herausgeben, auf dass ichmir einen Grund kaufen und ein Weib nehmen knnte?!

    Sagt die Mutter etwas wehmtig auf die Antwort des zweiten Sohnes:

    ,Was ich ausgesprochen habe, bei dem bleibt es! Erst nach meinemAbleben berkommst du das Erbe!

    Da ward der zweite Sohn trbe und ging hinaus.Nach einem Jahre aber ward die Mutter sehr krank, und als die beiden

    Shne auf dem Felde arbeiteten, kam eine Magd und berief beide zurMutter, auf dass der Wrdigste von ihr den Segen nehme nach der MutterWillen.

    Da ward der gute Sohn sehr traurig und betete laut am Wege zu Gott,

    dass Er der Mutter Leben erhalten mchte.Der schlechte Sohn aber ward darob rgerlich und sagte zum betendenBruder: ,Willst du denn im Ernste durch dein Gebet der Natur Gesetzevorschreiben?! Wer einmal reif ist, ob Vater, Mutter, Bruder oder

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    Schwester, muss sterben; da ntzt kein Bitten und Beten mehr! Darum istmein Wahlspruch: Was Gott will, das ist auch mir recht!

    Der gute Bruder aber ward darob noch trauriger und betete noch

    glhender ums Leben der teuren Mutter.Als sie ins Zimmer kamen, da die Mutter krank lag, da sagte derschlechte Sohn: ,Ich wusste ja, dass du so schnell nicht stirbst! Darauffing er an ihr vorzureden, wie sie den Tod nicht frchten solle!

    Aber der gute Sohn weinte und betete laut. Gott aber erhrte des gutenSohnes Seufzen, sandte einen Engel an das Lager der kranken Mutter, unddieser hat sie vllig gesund gemacht.

    Da erhob sich die Mutter bald vom Lager, da sie wohl vernahm, dasseine hhere Macht ihr die Gesundheit gegeben hatte. Und als sie zu gehen

    begann und merkte, wie ihre Fe voll Kraft waren, da sagte sie: ,Das habeich dem heien Flehen jenes meines Sohnes zu verdanken, der dasangebotene Erbe aus wahrer Liebe zu mir nicht annahm! Wahrlich, sageich dir, du mein geliebtester Sohn: Weil du aus wahrer Liebe zu mir nichtshaben wolltest, so sollst du nun alles haben; was mein ist, das ist auchdein! Du aber, der du mich nur des Erbes wegen geliebt hast und meinEnde mit Sehnsucht erwartetest, da ich so gut war, dir alles zu vermachen,sollst nun nichts bekommen und sollst immerdar ein Knecht der Menschen

    sein! Sehet nun dieses Gleichnis! Was meinet ihr nun, welcher von den

    beiden Shnen den guten, und welcher den schlechten Wind hatte?Sagen die Jnger: Offenbar der, welcher seine Mutter wahrhaft

    liebte!Sage Ich: Ganz richtig geantwortet! Aber Ich sage euch: Gerade also

    wie diese Mutter da gehandelt hat, also wird auch der Vater im Himmeldereinst tun!

    Wer Mich nicht liebt Meiner Selbst willen, der wird nicht dahinkommen, wo Ich sein werde!

    Der Mensch muss Gott lieben ohne Gewinnsucht, wie Gott ihn liebt,ansonst er Gottes vllig unwrdig ist! (GEJ.Bd.1; 204,4-26)

    Darum, wer sich lsst dnken, er stehe, mag wohl zusehen,dass er nicht falle. Es hat euch noch keine denn menschliche

    Versuchung betreten; aber Gott ist getreu, der euch nicht lsst versuchen

    ber euer Vermgen, sondern macht, dass die Versuchung so ein Endegewinne, dass ihrs knnet ertragen.

    (1. Kor. 10,13)

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    Die Anschauung Josephs ber das gttliche Kind

    Christoph Schindler

    Trotz der vielen auerordentlichen Wunder, die sich ereignen, nachdemJoseph das Mdchen Maria durch die Entscheidung des Hohenpriesters inJerusalem zur weiteren Erziehung und Pflege anvertraut wird, bleibt er beiseiner gesetzestreuen Rechtglubigkeit. Er erkennt in dem Kinde Jesus denverheienen Messias, also den Sohn Gottes. Es ist aber fr ihn unmglich,dem Gedanken und dem Gefhl in sich selbst Raum zu verschaffen, dassGott Zebaoth in seiner unendlichen Liebe und Herablassung zu seinerSchpfung und seinen Menschen sich selbst als wehrloses Geschpf durch

    die Geburt der Jungfrau Maria in Bethlehem in eine Futtergrippe gelegthat. Sicherlich ist dieser Gedanke und die daraus folgende, allessprengende, Erkenntnis so auerordentlich, dass ein gesetzestreuer und ge-rechter Gottesglauben, wie ihn Joseph besitzt, hierzu nicht ausreicht.Joseph erkennt zwar in dem Kind den lange verheienen und erwartetenMessias des jdischen Volkes, aber er klammert aus - oder besser -relativiert alle deutlichen Hinweise der Propheten die unmissverstndlichund eindringlich darauf hingewiesen haben, dass unser aller Gott in der

    Gestalt des Jesuskindes fr unsere Erlsung und Befreiung zu unsgekommen ist.Zu einer anderen Anschauung gelangen die gtter- und wunder-

    glubigen Rmer und gypter, die notwendigerweise unter allerstrengsterVerschwiegenheit ber die Person des verheienen Messias in der Gestaltdes Jesuskindes eingeweiht werden mssen. Sie befinden sich nicht in denSchwierigkeiten, mit denen Joseph zu kmpfen hat, der nicht nur felsenfestdaran festhlt, dass niemand leben kann, der Gott sieht (2. Mos. 33,20),sondern auch den unverrckbaren Glauben besitzt, in stndigerGottesfurcht leben zu mssen, um nicht in Versuchung zu geraten, dasGesetz zu bertreten.

    Der Konflikt tritt offen zu Tage, als die drei bekehrten Unterpriester,die in dem Jesuskind schon ihren unbekannten Gott erkannt haben, Josephfragen: Welchem Gotte dankest denn du ? Ist denn nicht dieses Kind dererste rechte Gott? Wie dankest du da noch einem anderen?! (Jugend Jesu,90,21).

    Jesus empfindet die berforderung von Joseph durch diese Frage und

    hilft seinem Ziehvater aus der Not, indem er ihn in Schutz nimmt undklarstellt, dass erdennoch nur zu einem Gott und Vater bete (Jug. 90, 22).

    Eine hnliche Situation wiederholt sich zu einem spteren Zeitpunkt alsCyrenius die Familie Joseph zum Passahfest in seinen Burgpalast in

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    Ostrazine einldt. Joseph lehnt diese Einladung mit der Begrndung ab,dass er sich den bittersten Vorwurf machen msste, wenn er das ersteseines Gesetzes verletzen wrde,... daher kann ich dir in dieser Hinsicht

    wirklich nichts versprechen. So du aber zu mir kommen willst und deinbevorhabendes Fest in meinem Hause feiern, das eigentlich auch dirgehrt, so wird es mir beraus angenehm sein (Jug. 121,12-14).

    Im Gegensatz zur ersten Behauptung greift hier Jesus zugunsten derEinladung von Cyrenius ein und sagt von sich: Wo Ich bin, da sind auchdie wahren Ostern, denn Ich bin der Befreier der Kinder Israels aus

    gypten (Jug. 121, 20).Zur allgemeinen Erluterung sei gesagt, dass Moses das ursprngliche

    Passahfest zum kulturellen Gedchtnistag des Auszuges der Kinder Israelaus gypten erhob.

    Im Verlauf des Festes soll das nachgebildete Allerheiligste des Tempelsin Jerusalem, das auf Gehei des Jesuskindes mit armen, kranken,verkrppelten und blinden Menschen aus Ostrazine angefllt wurde,

    besichtigt werden. Das Kind erhebt Einspruch gegen eine vorzeitigeVisitation mit der Begrndung, dass zunchst ein wissbegierigerHauptmann belehrt werden solle. Dagegen opponiert Joseph mit denWorten: Das sieht gut aus, so das Kindlein mir jetzt Gesetze gibt, wo Es

    seine Fe noch in den Windeln hat! Was wohl wird Es dann tun, wenn Eszehn Jahre zhlen wird, und was, wenn zwanzig? (Jug. 144,11-12).

    Durch Vermittlung von Mutter Maria kann eine Missstimmungvermieden werden und der Hauptmann erhlt vorab seine gewnschteBelehrung durch Joseph, die ihre Grenzen in der Anschauung des Zieh-vaters von Jesus und dem allseits bekannten Rahmen findet.

    Im Verlauf der Begebenheiten in Ostrazine und im Landhaus am Meerist Cyrenius von den Worten und Taten des Gotteskindes so tief

    beeindruckt, dass er gegenber Joseph uert: Das Kind ist der alleinige,ewige, wahrhaftige Gott und Schpfer der Welt und aller Dinge aufihr! (Jug. 153,4).

    Diese Bemerkung berrascht Joseph, denn er hlt Jesus fr denverheienen Messias, aber fr die Gottheit Selbst hlt er Ihn nicht... Erspricht daher nach einer Weile: ,Das Kind fr Gott selbst zu halten, drfteetwas gewagt sein!

    Es ist aber bei den Juden also, dass sie Kinder Gottes sind und sind

    demnach auch Shne Gottes. Und das datiert sich schon seit dem VaterAbraham her, der auch ein Sohn Gottes war, und also sind es auch seineNachkommen. Zudem hat es bei uns noch allzeit groe und kleinePropheten gegeben, und wenn sie redeten, so redeten sie aus Gott, und

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    Gott rechtete und redete aus ihnen stets in der ersten Person.'Also spricht einmal der Herr durch Jesajas: ,Denn Ich bin der Herr,

    dein Gott, der das Meer bewegt, dass seine Wellen wten; mein Name

    heit: Herr - Zebaoth. Ich lege mein Wort in deinen Mund, bedecke dichunter dem Schatten Meiner Hnde, auf dass ich den Himmel pflanze unddie Erde grnde und zu Zion spreche: Du bist Mein Volk!' Und siehe, alsowird es auch hier sein; Gott erweckt in diesem Kinde einen gar mchtigenPropheten und redet nun schon durch seinen Mund frhzeitig, wie einstdurch den Mund Samuel! (Jug. 153, 6-14).

    Mit dieser Erklrung von Joseph begngt sich Cyrenius und derMeinungsaustausch scheint beendet zu sein. Da aber spricht das Jesuskindzu Joseph und Cyrenius: Joseph, du weit wohl, dass der Herr durch den

    Mund der Propheten geredet hat wie in der ersten Person zumeist; aberweit du nicht, was der Herr eben einmal bei Jesaja spricht, da Er sagt:

    ,Wer ist Der, der von Edom kommt, mit rtlichen Kleidern von Bozra? Derso geschmckt ist in Seinen Kleidern und einher tritt in Seiner groenKraft?' ,Ich bin Es, der Gerechtigkeit lehrt und ein Meister bin zuhelfen.' ,Warum ist denn dein Gewand so rotfarben und Dein Kleid wieeines Keltertreters?' ,Ich trete die Kelter allein, und ist niemand unter denVlkern mit Mir. Ich habe sie gekeltert in Meinem Zorn und zertreten in

    Meinem Grimme. Daher ist ihr Blut auf Meine Kleider gespritzt und Ichhabe all Mein Gewand besudelt. Denn Ich habe einen Tag der Rache Mirvorgenommen; das Jahr, die Meinen zu erlsen, ist gekommen!' ,Denn ichsah mich um, und da war kein Helfer; und ich verwunderte mich, undniemand stand Mir bei; sondern Mein Arm musste Mir helfen, und Mein

    Zorn stand mir bei. Und Ich habe die Vlker zertreten in Meinem Zorn undhabe sie trunken gemacht in Meinem Grimme und ihr Blut auf die Erdegeschttet.' Joseph! - Kennst du Den, der von Edom kommt und nun

    gekommen ist und nun zu dir spricht: Ich bin Es, der Gerechtigkeit lehrtund ein Meister bin zu helfen!? (Jesaja, 63. Kapitel Vers 1-6; J.J. 153,16-26).

    Obwohl sich das Jesuskind durch die vorstehenden Prophezeiungenvon Jesaja deutlich als Derjenige zu erkennen gibt, der Er tatschlich ist,nmlich als Gott Zebaoth Selbst, ist dennoch Joseph nicht innerlich davonzu berzeugen.

    Joseph steht hier fr die orthodoxe Rechtglubigkeit Israels bis auf denheutigen Tag und zeigt eindrucksvoll und anschaulich, mit welchen

    Schwierigkeiten jeder rechtglubige Jude zu tun hat, um zu Jesus Christuszu finden.In diesem Zusammenhang ist es interessant und wichtig zu wissen, dass

    sich in spterer Zeit Jesus immer nur als der Menschen- bzw. Gottessohn

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    gegenber seinen Jngern und Mitmenschen zu erkennen gibt. Er beruftsich nicht mehr auf Prophezeiungen, die ber Ihn etwas aussagen undberlsst es der Erkenntnis der Menschen selbst, sich ein Bild von Ihm zu

    machen.Diejenigen, denen Er in Bruchteilen von Sekunden ihre lebenslangenBeschwerden und Krankheiten abnimmt, sind die einzigen, die Ihn als GottZebaoth erkennen. Er widerspricht einer solchen Einsicht der Menschennicht, aber bedroht sie, diese Wahrheit an niemanden weiterzugeben;stattdessen ermahnt Er sie nur, bei den Priestern eine Opfergabe fr ihrestattgefundene Heilung zu entrichten. Damit erkennt Er die bestehendeOrdnung an und unterwirft sich ihr.

    Um noch einmal auf Joseph und seine nicht zu verndernde Ansichtber das Jesuskind zurckzukommen, so ist zu erwhnen, dass seinIrrglauben ihm selbst groe innere Schmerzen bereitet, da er auf Grundseiner Einstellung Jesus wie ein normales Kind behandelt.

    Die Wundergabe, dass Jesus schon mit 14 Monaten vollendet sprechenkann, wird als etwas ganz Normales hingenommen und von Ihm verlangt,wie von allen anderen auch, dass man vor dem Essen zu beten habe. Wernicht betet, der soll auch nicht essen!

    Mit Recht hlt Cyrenius ihm sein widersprchliches Verhalten

    gegenber dem Jesuskind mit folgenden stichhaltigen Worten vor:Freund! Ich wei wirklich nicht, wie du mir manchmal vorkommst!Einmal lehrst du mich im Kindlein Selbst das allerhchste Wesen Gotteserkennen, gleich darauf verlangst du wieder vom Kindlein, dass Es einenGott anbeten solle! Sage mir, wie sich das zusammenreimt? Ist dasKindlein das Gottwesen Selbst, wie solle Es dann zu einem Gotte beten?Kommt dir nicht solche deine Forderung ein wenig unsinnig vor? Und ichsetze den Fall, das Kindlein wre nicht Das, als was ich Es nun ganz

    ungezweifelt erkenne und allzeit anbete, da meine ich als ein wahrerKinderfreund, drfte dein Begehren von einem Wiegenkinde denn dochetwas tricht sein, denn wer wird da von einem neun Vierteljahre altenKinde ein strenges Gebet verlangen? Darum musst du mir nun das schon

    zugute halten, so ich als ein Heide dir sage: Freund, du musst mitdreifacher Blindheit geschlagen sein, wenn du das Kindlein nicht allzeitgleich zu wrdigen imstande bist. Frwahr, diesmal esse auch ich keinen

    Bissen, so das Kindlein mit Seinem Jakob nicht hier an meiner Seite Sich

    befinden wird. Ist es nicht lcherlich sogar, so du um die Segnung derSpeise Gott den Herrn anflehst und schaffst dann eben Denselben einenGott und Herrn vom Tische weg, darum Er nicht gebetet hat nach deinerangewohnten Art?! Darum fragte dich auch sicher das Kindlein, zu wem

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    Es so ganz eigentlich beten solle, und zu wem du betest, und zu wem auchder Jakob htte beten sollen. Du aber hast nach meinem Dafrhalten nichtgemerkt, was das Kindlein dir dadurch hat sagen wollen! (Jug. 213, 8-20).

    Diese Worte gehen Joseph sehr zu Herzen und er geht weinend hinaus,um Jesus und Jakob zu suchen. Und da von Jakob und Jesus keine Spur zufinden ist, bittet er seine vier Shne die Suche aufzunehmen. Aber auchdiese kommen nach einstndigem Herumirren unverrichteter Dinge wiederzur Villa zurck. In seinem qualvollen Zustand ist er sehr weit vomLandhaus abgekommen und weint dort bitterlich.

    Erst jetzt wird er durch Jesus, Dessen Stimme er in sich vernimmt,getrstet und ein Weg gezeigt, wie er Ihn und Jakob finden knne. AlsJoseph nach weiteren Mhen endlich beider Kinder auf einem Bergeansichtig wird, lehrt ihn Jesus das wahrhaftige Gebet mit den Worten:Das wahre Gebet ist die Liebe zu Mir, hast du diese, dann kannst dudeinen Lippen allzeit die Mhe ersparen! (J.J. 214, 26)

    (Quelle: Ein Geheimnis Gottes, Buchverlag, BVK)

    Gott ist in Sich ein Geist, voll Liebe, Wahrheit, Weisheitund Macht unvernderlich von Ewigkeit her und kann

    daher auch nur im Geiste und in der Wahrheit, die inwendigim Menschen ist, angebetet werden.

    So jemand denn ein Anliegen hat, dass ihm Gott als derallein wahre Schpfer und Vater aller Menschen und Engel

    in diesem oder anderem helfen mchte, so gehe er mit

    seinem Anliegen nicht in einen Tempel oder in eineSynagoge und auch zu keinem Priester, sondern sperre sichin ein Kmmerlein, und besonders in das ganz stille seinesHerzens, ein und bete darin zu Gott und bitte Ihn als den

    liebevollsten Vater um eine rechte Hilfe.Und der Vater, der alles im noch so Verborgenen hrt

    und sieht, wird dem also allein recht und im Geiste derWahrheit lebendig Bittenden allzeit gerne geben, um was er

    rechtlich gebeten hat, dessen ihr alle vllig versichert seinknnet.

    (GEJ Bd.9; 209,5-6)

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    Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?

    Emanuel Jungclaussen

    Wenn Glubige einem Prediger nur unwillig zuhren,dann liegt es meistens daran, dass er nicht um ihreeigentlichen Nte wei oder diese nicht in der Sprache desVolkes auszudrcken versteht oder aber seine Zuhrererheblich berfordert.

    Anders liegen die Dinge bei dem bedeutenden Predigerund Redner Johannes Tauler (nach 1300-1361). Immerhatte er das Ringen der Menschen vor Augen. Deshalb geht

    es in seinen 84 Predigten und Ansprachen - das einzige, was wir von ihmhaben - nicht um theologische Spekulationen, sondern um die religisePraxis. In einer bewegten und zerrissenen Zeit lebend, war JohannesTauler bemht, die Menschen aus ihrer bloen Arbeits- undVergngungswelt in die Welt des Geistes zurckzufhren. Dabei kam esihm einerseits auf die innerliche Loslsung von den Weltdingen an undandererseits auf das Sichverlieren in Gott durch die Anpassung deseigenen Lebens an den gttlichen Willen. Was diesen Prediger besonders

    sympathisch macht, ist seine Abgeklrtheit. Seine Forderungen sind stetsmavoll und klug. So lesen wir in seiner 6. Predigt einen Vergleich, dersich in seiner Anschaulichkeit wohl nicht berbieten lsst:

    Das Pferd macht den Mist in den Stall, und obgleich der MistUnsauberkeit und blen Geruch an sich hat, so zieht doch dasselbe Pferddenselben Mist mit groer Mhe auf das Feld; und daraus wchst der edleschne Weizen und der edle se Wein, der niemals so wchse, wre derMist nicht da. Nun, dein Mist, das sind deine eigenen Mngel, die du nicht

    beseitigen, nicht berwinden noch ablegen kannst, die trage mit Mhe undFlei auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheitdeiner selbst. Streue deinen Mist auf dieses edle Feld, daraus spriet ohneallen Zweifel in demtiger Gelassenheit edle, wonnigliche Frucht auf.

    Wir htten dieses Gleichnis gewiss nicht richtig verstanden, wolltenwir einfach sagen: Ich berlasse meine Mngel und Fehler Gott; er wirddamit schon fertig. Es stimmt: wir bewltigen unsere Schwchen letztlichnicht aus eigener Kraft; das Letzte tut immer Gott. Doch Gott verzichtetnicht auf unsere Mitarbeit. Zunchst mssen wir selbst mit Mhe und

    Flei an uns arbeiten. Was uns dann nicht gelingen will, das drfen wirgetrost Gott berlassen. Daher unsere Frage: Wie werde ich mit meinenFehlern fertig?

    Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig

    Emanuel Jungclaussen

    Benediktinerpater undspiritueller Autor

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    Versetzen wir uns einmal in die Lage, da ein Ratsuchender mit dieserFrage zu uns kommt und uns sagt: Ich mchte an mir arbeiten; wo soll ichanfangen? Welchen Weg sollten wir ihm weisen? Wir htten ihm gewiss

    nicht den schlechtesten Wink gegeben, wrden wir ihm antworten: Fangean, wo du willst. Vielleicht bist du ein Egoist, vielleicht kannst du dichschlecht beherrschen, vielleicht gehst du immer wieder leichtfertig mit derWahrheit um, vielleicht verlangst du von anderen mehr als von dir selbst,vielleicht lsst du andere stndig wegen deiner Unpnktlichkeit auf dichwarten, vielleicht bist du geizig, eiferschtig, geschwtzig, berheblichund verchtlich. Dann fange irgendwo an; entscheidend ist nicht, wo wiransetzen, sondern der ehrliche und entschlossene Wille, hier oder dortOrdnung zu schaffen. Wenn du das tust, dann wird sich von diesem Punktaus dein ganzes Leben in irgendeiner Weise ndern. Unser Leben setztsich ja nicht aus Teilen zusammen, die nichts miteinander zu tun htten; esist vielmehr ein lebendiges Ganzes, und alles hngt zutiefst miteinanderzusammen.

    Ich denke hier an einen jungen Mnch, der zu einem alten kam undfragte: Was soll ich tun? Mich belstigen viele Gedanken, und ich weinicht, wie ich ihnen widerstehen soll. Der Befragte sagte ihm: Streitenicht wider alle, sondern bekmpfe nur einen! Hast du diesen berwunden,

    werden auch die anderen gedemtigt: sie haben ja alle nur ein Haupt.Fangen wir also an einer Stelle mit Entschiedenheit an; dann wird sich

    unser Bemhen auf unser ganzes Leben auswirken. Es wird lichtvoller,durchsichtiger und kraftvoller, genauso wie ein Fehler in diesem oder

    jenem Lebensbereich sich berall geltend macht, indem er seinen Schattenber unser ganzes Leben wirft, es lhmt und undurchsichtig erscheinenlsst. Denn jeder Fehler setzt uns eine neue Maske auf. Mit jedem

    bewltigten Fehler nehmen wir hingegen eine Maske von uns weg. Auf

    diese Weise gelangen wir zur menschlichen Gre.Wenn der Mensch gro ist, so nicht deswegen, weil er die Kanone, das

    Flugzeug oder das berseeschiff mit Turbinenantrieb erfunden hat,sondern weil er zur berwindung seiner Leidenschaften und zur Zhmungseiner Triebe fhig ist (Georges Duhamel).

    Bei der Arbeit an einem dunklen Punkt in unserem Leben knnen unsdrei Regeln eine groe Hilfe sein.

    Die erste Regel: Fass in stiller Betrachtung vor Gott einen bestimmten

    Fehler genau und ohne jede Beschnigung ins Auge. Warum fllt uns dasso schwer? Weil wir um keine Ausrede verlegen sind, um uns vor demNachdenken zu drcken; vor allem dann, wenn es gilt, sich ber einenpersnlichen Fehler Klarheit zu verschaffen. Wo wir aber unseren Fehlern

    Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig

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    keine Aufmerksamkeit schenken, wo wir vor ihnen davonzulaufen suchen,da verdrngen wir sie und stoen sie ins Unterbewusste ab. So wird unsereSeele zu einer Rumpelkammer, deren Unordnung sich in irgendeiner

    Weise in all unserem Denken, Reden und Tun bemerkbar macht. Davonspricht bereits Augustinus (Sermo 19, 2-3): Menschen, die keineHoffnung haben, achten nicht auf ihre eigene Snde, um so mehr auf dieSnde der anderen. Sie sind nicht auf der Suche nach dem, was sie

    bessern, sondern nach dem, was sie verwunden knnen. Weil sie sich nichtentschuldigen knnen, sind sie bereit, andere zu beschuldigen. Nicht soDavid: er hat uns ein Beispiel gegeben, wie wir beten und Gott genugtunsollen, da er sagt: 'Meine bsen Taten erkenne ich, meine Snde steht mirimmer vor Augen!' Er blickte nicht auf die Snde der andern. Er richteteseine Augen auf das eigene Ich. Er schlug sich nicht, sondern drang in sichein und stieg tief in sein Selbst hinab. Sobald sich jemand gengend Zeitnimmt, um seine Fehler klar zu erkennen, wchst er ber dumpfe undverworrene Grbeleien heraus; er hrt auf, sie in anderen zu entdecken;seine innere Beunruhigung verflchtigt sich im Licht der gewonnenenErkenntnis, und er erfhrt eine neue Hoffnung.

    So gilt auch hier: Ein klar erkanntes Problem ist immer ein halbgelstes Problem. Daher gibt uns Johannes Tauler in seiner 80. Predigt den

    Rat, einmal in Ruhe den Vers zu betrachten: Offenbare dem Herrn deinenWeg, und hoffe auf ihn; er wird es schon gut machen. Dann fhrt er fort:Der erste Schritt dieser Betrachtung ist der Anblick und die wahre undtiefe Erkenntnis deiner Fehler. Auf diese Weise beginnen alleauserwhlten Gottesfreunde.

    Die zweite Regel: Versuche, den Wurzelgrund deines Fehlersaufzudecken. Wir Menschen handeln ja immer aus etwas. Das heit: wirhaben ein Motiv. Oft tuschen wir uns selbst und auch dem anderen ein

    edleres Motiv vor, um unser Verhalten besser zu rechtfertigen. Haben wiralso den Mut, uns so zu sehen, wie wir im tiefsten wirklich sind. Gehenwir nun fehl, wenn wir sagen, dass an der Wurzel fast jeden Fehlers undsittlichen Versagens immer irgendeine Art von Selbstsucht sitzt? Wirhaben irgendwie Angst, etwas entbehren, versumen oder erleiden zumssen. Deshalb drngt es uns, nach Mitteln und Wegen zu suchen, demabzuhelfen. Was wir dann erleben, lsst uns aber nicht selten nocheinsamer werden. Hier stellt sich die Frage: Wie werde ich Herr ber

    diese oder jene Form von Selbstsucht, wie werde ich innerlich weit undsomit frei? Ich glaube, dass uns darauf ein Wort von C. G. Jung eine guteAntwort geben kann. Er beschreibt einmal, wie einige seiner Patienten ihrenahezu unlsbaren Probleme dadurch berwanden, dass sie durch die

    Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig

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    Entwicklung einer neuen Bewusstseinsebene aus ihnen herauswuchsen:Irgend ein hheres und weiteres Interesse trat in den Gesichtskreis, unddurch diese Erweiterung des Horizontes verlor das unlsbare Problem die

    Dringlichkeit. Es wurde nicht in sich selber logisch gelst, sondernverblasste gegenber einer neuen und strkeren Lebensrichtung. Was wirbrauchen, ist ein Interesse, das hher und weiter ist als das Interesse ameigenen Ich. Dazu kommen wir, wenn wir von uns selbst absehen, umhinzusehen auf ein mitmenschliches oder auf das gttliche Du. Sollten wirwirklich kein mitmenschliches Du haben, dem wir uns persnlichzuwenden knnen, das gttliche Du ist immer fr uns da. In den Schriftenzum Chassidismus von Martin Buber findet sich ein Lied, das derBerditschewer immer wieder zu singen pflegte. W