geistiges leben 2011-1

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    SPENDENKONTEN

    Baden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-BissingenKto.: 7818500173 BLZ: 60050101BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73

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    IMPRESSUM

    Herausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / DeutschlandTel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294

    E-Mail-Anschrift: [email protected]: www.Lorber-Gesellschaft.de

    Schriftleitung: Klaus W. KardelkeRedaktion: Angelika Penkin

    INHALT

    Johann Scheffler Wo ist Jesus, mein Verlangen S. 2Klaus W. Kardelke Editorial S. 3Jakob Lorber Vom einzig wahren Schutzpatron S. 5Peter Keune Unsere Gedanken sind unser Schicksal S. 11Inge + Siegfried Starck Gotteserfahrung S. 21Jakob Lorber Gebet des Herzens S. 29Jakob Lorber Und htte der Liebe nicht S. 30Dan Millman Geheimnis zwischen Himmel und Hlle S. 31Jakob Lorber Sollen wir Swedenborgs Bchern glauben S. 36Alexis Carrell Das Gebet S. 37Jakob Lorber Das Zeichen des Menschensohnes S. 47Helen Roseveare Das Gebet eines kleinen Mdchens S. 49Gerald Jampolsky Jeder ist unser Lehrer S. 51

    Weisheitsgeschichten Der Bauer und der liebe Gott S. 52Die beste bersetzung S. 53Das Auge S. 53

    Verschiedenes S. 54Jahrestagung der Lorber-Gesellschaft S. 55

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung derSchriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint viermal jhrlich auf freiwilliger Spendenbasis.

    Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

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    Jahrgang 31 2011 Heft 1

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Mache dich auf und werde licht!

    denn dein Licht kommt,und die Herrlichkeit des HERRN

    geht auf ber dir.Denn siehe,

    Finsternis bedeckt das Erdreichund Dunkel die Vlker;

    aber ber dir geht auf der HERR,und seine Herrlichkeit erscheint ber dir.

    (Jesaja 60,1-3)

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    2 GL 1/2011Wo ist Jesus, mein Verlangen

    Wo ist Jesus, mein Verlangen

    Wo ist Jesus, mein Verlangen,mein Geliebter und mein Freund?

    Ach, wo ist Er hingegangen,wo mag Er zu finden sein?

    Meine Seele ist betrbetvon viel Snd und Ungemach:

    Wo ist Jesus, den sie liebet,den sie suchet Nacht und Tag?

    Er vertreibet Angst und Schmerzen,

    Er verteibet Snd und Tod,wenn sie Qulen in dem Herzen;Er hilft uns aus aller Not.

    Liebster Jesu, lass Dich finden!Meine Seele ruft nach Dir.

    Ach, vergib mir meine Snden,

    Heiland, zieh mich ganz zu Dir!Stille, Jesu, mein Verlangen!Sei und bleibe allzeit mein!

    Lass mich einzig Dir anhangenund dann ewig bei Dir sein!

    Johann Scheffler (1624 - 1677)

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    GL 1/2011 3

    EditorialEin neues Jahr lsst uns zurckblicken auf das vergangeneund wir beschauen unser Tun und Trachten im Lichte derchristlichen Lehre. Als Christen sind wir im Werden, sind aufdem Weg zur Vollkommenheit, zur Gotthnlichkeit. Dochnur allzu klar wird uns bewusst, wie unvollkommen wir nochsind und wie wir unter uns selbst und unseren Fehlern undSchwchen leiden.

    Kamen wir im letzten Jahr unserem Herzen, unseremgttlichen Wesen ein Stck nher, wurde unser Herz, unser inneres Wesen,liebevoller oder haben wir das Gefhl stillzustehen? Wer wird uns vor uns

    selbst erretten?Mge Gott uns doch endlich einmal verndern, mge Er uns

    vervollkommnen und unsere Schwchen und Fehler in Strken verwandeln.Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen,

    gewissen Geist. (Ps. 51,10) mgen wir mit David ausrufen, der ebenfallsimmer wieder an sich und Gott verzweifelte.

    Doch eben darin liegt das groe Geheimnis der Selbstgestaltung desMenschen! spricht der Herr,alles kann Ich dem Menschen tun, und er

    bleibt Mensch; aber das Herz ist sein eigen, das er vollkommen selbstbearbeiten muss,so er das ewige Leben sich selbst bereiten will. Du musstdaher zuerst die Hand an die Bearbeitung deines Herzens legen, sonst bist

    du verloren, und htte Ich dich tausendmal aus den Grbern ins Leben

    des Fleisches gerufen!(GEJ.2;75,7-9)Wir sind also selbst aufgerufen unser Herz und Gemt zu bilden. Gott

    kann dies nicht fr uns tun, wir selbst mssen nach der Lehre des Herrn undmit seiner Gnade und Hilfe unser Herz durch die Liebe zu Ihm und zumNchsten erneuern. So ruft uns Gott dann auch zu: Schaffet euch ein

    neues Herz und einen neuen Geist.(Hes. 18,31)Auf unsere Herzensbildung und nicht auf die Bildung des Verstandes

    kommt es letztendlich an. Denn wirhaben wohl den Verstandesglauben,spricht der Herr zu uns, aber weit entfernt ist noch von ihnen ein glubigesHerz. Statt das Herz durchs Gefhl verstndig und empfnglich zu ma-chen, fllen sie nur immer mehr und mehr den Verstand.Dieser ist ihnenvon lauter Lesen angeschwollen wie ein vollgefllter Ball. (HiG.1 S.96,2)

    Wenn wir uns ernsthaft selbst betrachten, finden wir uns hier wieder, wie

    wir selbst des Herrn Wort mehr mit unserem Kopfverstand aufnehmen undunser Wissen vermehren wollen, anstatt mit demselben unser Herz und seinGefhl in der Liebe zu erwecken.

    Editorial

    Klaus W. KardelkeGeschftsfhrender

    Vorsitzender derLorber-Gesellschaft

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    Vom einzig wahren SchutzpatronSo jemand an die Hilfe und Fhrung von gewissen Schutzgeistern und

    Engeln glaubt, der ist gleich dem, der da wohl kennt den Monarchen, dasser beraus gut ist, aber aus Furcht, es mchte dem Monarchen vielleichtdoch nicht recht sein, dass er ihn selbst belstigen wrde mit seinervermeintlichen Ungeschicklichkeit, so schlingt er sein Band um andereSchutz- und Hilfswesen und glaubt am Ende, dass diese ihm in allemErnste allein geholfen oder ihn vor Gefahren geschtzt haben, whrenddoch nur der Monarch als der Hauptbauherr dem Schwachglubigen seineHilfe und seinen Schutz durch diejenigen hat zuteil werden lassen, aufwelche sich der Schwachglubige berufen hat.

    Denket das einmal so recht in euch! Ihr wisset, dass alle Menschen undalle Geister und Engel nichts sind, als von Mir frei getragene Gedanken,die allezeit ihr Leben und ihr alles aus Mir haben, und zwar ein jeder soviel, als es Meiner ewigen Ordnung gem fr ihn gerade amzweckdienlichsten ist.

    Wenn aber nun einer kommt zu dem andern und sagt ihm: Helfe mir indiesem und jenem! und wenn dann der andere dem Anrufenden wie aussich helfen will, ist das nicht gerade so, wie wenn ein Blinder den andern

    fhren und ein Toter dem andern das Leben einhauchen oder einbertrauriger den andern bertraurigen trsten mchte?Ich sage euch, es hat jeder Mensch, Geist und Engel genug, dass er fr

    sich steht, und hat auch nicht ein Atom mehr, dass er aus sich fr einenanderen stehen knnte.

    Wer aber zu Mir kommt, mit was immer fr einem Bedrfnisse undschlingt das lebendige Band des Glaubens um Mich, den alleinLebendigen, wie soll dem nicht werden, darum er sich mit Mir durch denlebendigen Glauben verband?

    Es gibt demnach auf dem Wege der reinen Wahrheit nur eineneinzigen wahren Schutzgeist und dieser bin Ich Selbst!

    Alle anderen Schutzgeister rhren her von einem durchgewinnschtige Anstalt der ueren Kirche hervorgerufenenSchwachglauben.

    Da sich aber Menschen darauf berufen haben, sich noch jetzt berufenund in die Zukunft berufen werden, so bleibt vorderhand, um die Freiheitder Menschen unbeschadet zu lassen, nichts anderes brig, als den

    Schwachglubigen auf dem Wege der vermeintlichen Dazwischenkunft(Mittlerschaft) Meine Hilfe und Vorsehung angedeihen zu lassen.

    Auf der andern Seite msset ihr aber nicht denken, dass darob die

    Vom einzig wahren Schutzpatron

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    Liebettigkeit der Seligen aufhrt. Sie ist nur nicht also beschaffen, wie esder Schwachglaube lehrt. Sondern weil alle die Seligen in Mir sind, wieIch in ihnen, so sind sie auch von einer und derselben Liebe ihres heiligen

    Vaters beseligt und fr alle ewige Zeiten belebt.Es lebt nicht ein Mensch auf dieser Erde, dem nicht Geister aus einerbesseren Welt beigegeben wren. Und diese Geister sind auch bestndigbemht, denjenigen, zu dem sie beschieden sind, zum Lichte und zum

    Leben alles Lebens zu fhren.

    Aber woher rhret und was ist dieses beraus liebttige Bestreben

    solcher Geister? Bin nicht Ich es, der alles dieses in ihnen wirket?

    Wie ist es hernach doch ungerecht, wenn der Mensch Mich umgeht undHilfe sucht bei denen, die aus sich nichts haben, sondern alles nur aus Mir!

    Was will aber der Mensch anderwrts suchen, wenn er wei, dass Ichals der Allerhchste mit ihm ein Mensch, ja ein Bruder sogar werdenmochte, damit er daraus ersehen sollte, dass Ich, mehr denn ein jederMensch, von ganzem Herzen demtig und sanftmtig und berausherablassend bin und nicht bin ein Gott in der Ferne, sondern ein Vaterund Bruder euch zuallernchst so dass euer eigenes Leben euch fernerist, als Ich Selbst.

    Es sei denn, dass der Mensch im Ernste lebensscheu geworden ist und

    hat sich mit dem Tode befreundet, dass er dann nicht mag das wahreLeben ergreifen und greifet in die Ferne und durch groe Umwege nachdem, was ihm doch zuallernchst ist und ihn bestndig sozusagen auf denHnden trgt. Denn auf eine andere Art mchte es wohl die hchsteWeisheit (gleichalso wie einen viereckigen Kreis) als rein unmglichfinden, dass ein Mensch, der das Leben liebt, es nicht vor allem (da er esdoch kann, so er es nur will) in der Wurzel erfassen mchte.

    Gehet aber zurck und fraget ein jegliches Evangelium, fraget alle

    Apostel und andere Verbreiter Meines Wortes und zeiget Mir irgendeineStelle, in welcher da gelehret wurde, sich auch an gewisse Schutzgeisterneben Mir zu halten. Oder heit es im Evangelium nicht vielmehr:

    Kommet alle zu Mir, die ihr mhselig und beladen seid, denn Ich willeuch alle erquicken!

    Ist in dieser Einladung jemand ausgenommen oder jemand dem Schutzeder Engel anbefohlen? Gewiss nicht! Was da gesagt ist, ist gesagt frdie ganze Unendlichkeit und fr die ganze Ewigkeit!

    Wer aber von euch mchte dann noch behaupten, dass dieses MeinWort nicht vollkommen ist, oder dass Ich damals nicht alles gehrigerwogen habe und Mich erst in spterer Zeit eines besseren besonnen? Eine solche Mutmaung wrde sogar jeden weltlichen Herrscher rgerlich

    Vom einzig wahren Schutzpatron

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    machen, der doch unvollkommen ist in jeglichem Worte aus sich. Wiemchte sie dann, auf Mich angewendet, sich ausnehmen!?

    Sehet, daher ist ein solcher (Schutzpatronen-)Glaube gleich einer

    Schmarotzerpflanze auf dem Baume des Lebens. Wer aber mchtebehaupten, dass die Schmarotzerpflanze von irgendwo anders, denn ausdem Baume, auf dem sie sitzt, ihr Leben saugt?

    Was aber ist die Frucht des Baumes, und was die Frucht derSchmarotzerpflanze? Nur auf dem Baume wchst die wahre Frucht. Wersie isst, dem gereicht sie zum Leben. Aber was die Frucht derSchmarotzerpflanze betrifft, so kann ihr Saft hchstens dazu dienen, um,wenn es mglich wre, selbst die Vgel des Himmels fr den Tod zufangen.

    Sehet, also geht es mit allem, was nicht mit Mir sich verbindet, d.h. dasnicht mit Mir vom Grunde aus auferbauet wird! Da ist das eine entwederein bertnchtes Haus oder es ist eine Schmarotzerpflanze auf dem Baumedes Lebens, wovon eines so viel ntze ist wie das andere.

    Ich allein bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! Wer nicht mitMir sammelt, der zerstreuet!

    Eine Rebe, die vom Weinstocke getrennt ist, wird sie nicht alsobaldverdorren und nie eine Frucht bringen? Wer daher etwas bentiget, der

    komme zu Mir und glaube, so wird er es erhalten!Wen irgendein Zweifel drckt, der denke, dass der Zweifel nur eine

    Folge dessen ist, dass jemand nicht mit Mir wandelt und sich nicht vonMir ziehen lsst. Wer aber einen Zweifel hat, der komme zu Mir undglaube, so wird ihm Licht werden in dem, worber er gezweifelt hat.

    Wer da blind ist und taub und lahm und gichtbrchig und stumm undbesessen, der komme zu Mir und glaube, so wird er gewiss dieallersicherste Hilfe finden!

    Aber wohlgemerkt, Ich bin kein kleiner, sondern ein bergroer Gott.Wer Mich daher erfassen will, der breite seine Arme weit aus, d.h. dermuss Mich vollkommen umfassen und nicht nur denken, dass Ich helfenknnte, so Ich wollte. Sondern er muss denken, dass Ich auch allezeit amallermeisten helfen will. Wenn er solches in sich vereinigen wird, sowird sein Glaube erst recht lebendig.

    Es drfte aber vielleicht, d.h. nach eurem Mastabe gesprochen, hieund da manchem beifallen, dass er seinen Glauben bezge auf so manche

    Schutzgeister-Erscheinungen, besonders auf die im Reiche des sogenannten Somnambulismus vorkommenden.Da sage Ich: Diese bei solcher Gelegenheit vorkommenden

    schutzgeisterhaften Erscheinungen sind nichts anderes als Schpfungen

    Vom einzig wahren Schutzpatron

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    8 GL 1/2011Vom einzig wahren Schutzpatron

    des eigenen Glaubens und haben groe hnlichkeit mit jenen Trumen, inwelchen dem Menschen unter allerlei Umstnden das bildlich und lebendigzu Gesichte kommt, worber er im wachen Zustande uerst lebhaft, nicht

    in seinem Verstande, sondern in seinem Gemte, gedacht hat.Wie aber auf der einen Seite diese Traumgebilde etwas sind, so ist auchsolche besagte Erscheinung bei den Somnambulen nicht blo eine leereErscheinung, sondern sie ist auch etwas Wirkliches. Aber was ist diesesWirkliche? Dieses Wirkliche ist nichts als eine Schpfung des eigenenGlaubens in Verbindung mit der alles realisierenden Liebe.

    Denn es kann kein Mensch bei was immer eine Hilfe suchen, dass ernicht zuvor glaubete und dann dasselbe mit seinem Gemte liebend undvertrauend umfassete. Und es kann schon ein materieller Bildner keineFigur zuwegebringen, die er nicht zuvor gewisserart in sich selbsterschaffen hat.

    Wie hat er es aber erschaffen? Er dachte sich zuerst irgendeinenGegenstand. Dieser Gegenstand behagte ihm. Da er ihm aber behagt, soerfasst er ihn in seinem Gemte und ward gewisserart verliebt in seineIdee. Wie er aber seine Idee mit der Liebe umfasst hat, so wird er sie auch,wenn er anders die Fhigkeit dazu besitzt, unfehlbar ins Werk setzen.

    Nun sehet, also geht es mit allen Erscheinlichkeiten, besonders in dem

    so genannten somnambulen Zustande, in welchem nur dann dieGesichtstuschungen aufhren und die Eigenschpfungen sich wie Nebelverflchtigen, wenn nicht nur die Seele, sondern der lebendige Geist derSomnambulen erwacht, in welchem Zustand (der freilich etwas seltenvorkommt) dann die Somnambulen gar wenig mehr von all den frher

    beobachteten Schutzgeistern usw. Erwhnung machen werden, da derGeist im klaren Schauen nur den einzigen und alleinigen groenSchutzgeist aller Schutzgeister sieht, hrt und anerkennt.

    Was aber neben den somnambulen (Schutzgeister-)Erscheinungen nochjene mnchschwrmerischen betrifft, da werdet ihr doch schon selbst soviel weise Klugheit besitzen und nicht, gleich den Heiden, desbertrichten Glaubens sein, alle diese Schwrmereien an der lichtvollstenSeite Meines Wortes als bare Mnze anzunehmen und am Ende gar nocheines Viertelsglaubens sein, als knnten sogar hlzerne, steinerne undgemalte Bilder von gewissen Schutzpatronen euch eine Hilfe leisten.

    Ich sage euch: Ein solcher Glaube ist nicht um ein Haar besser als jener

    der Baalsdiener! Wenn der lebendige Mensch, schon seinem Brudernicht helfen kann, und es in der Schrift heit, dass alle Menschenhilfenichts ntze was sollte da erst ein geschnitztes Holz oder eineandersartige tote Materie leisten?

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    Oder mchtet ihr etwa gar der Meinung sein, es stecken bei solchenhelfenden Gelegenheiten die Schutzgeister selbst in ihren materiellenAbbildern? Davon mag euch dieses wenige zur bergenge verneinend

    berzeugen.Nehmet z.B. das beste Bild, das Mich Selbst am Kreuze hngenddarstellt, zhlet alle die Kruzifixe in der katholischen und auch andernchristlichen Welt, deren es schon manchesmal in einem einzigen Hausemehrere Dutzende gibt von verschiedener Gre sollten nun alle dieseBilder zusammen mehr helfen als eines, oder sollten die greren mehrKraft haben als die kleineren?

    Oder sollten vielleicht die geweihten Christusse krftiger sein als dieungeweihten und das geweihte Bild in einem Hochaltar noch bei weitemkrftiger, als ein anderes in einer Seitenkapelle?! Sehet ihr die Albernheitnicht auf den ersten Blick?

    Wenn aber schon Ich, als der lebendige Helfer Selbst, keinesMenschen, ja nicht einmal eines Engels und noch viel weniger einesgeschnitzten Bildes bedarf (denn so Ich helfe, da helfe Ich im Geist und inder Wahrheit, nicht aber im Holze, im Stein und in der Farbe!) wasknnen demnach erst die Abbilder der Schutzgeister fr Kraft undWirkung haben, da die Schutzgeister selbst an und fr sich durchaus

    keine helfende Kraft und Wirkung haben?Setzen wir aber den Fall, sie htten nach dem Schwachglauben

    irgendeine helfende Kraft aus sich, wrden aber angefleht zu gleicher Zeitvon vielen hunderttausend Menschen, die da knien vor ihren Bildnissen wie msste da ein solcher unteilbarer Schutzgeist durch alle seineBildnisse herumblitzen, um mit seiner Hilfe nirgends zu spt zu kommen!

    Oder meinet ihr, ein Geist kann berall gleichzeitig gegenwrtig sein? Der ewige Geist kann solches wohl, da alle Dinge in Ihm sind. Aber ein

    geschaffener Geist wird solches ewig nie knnen, dieweil er, im Verhltniszu Mir, nur ein endlicher Geist ist.

    Welcher Mensch aber kann tausend Gedanken auf einmal denken? Esist aber das Denken ja nur ein Werk des Geistes und ein Schauen derSeele, die da in sich aufnimmt entweder die Gedanken oder, besser, diegeistigen Werke aus dem Geiste, wie uerlich die groen Gedanken odersichtbaren Werke des ewigen Gottesgeistes. So aber in euch der Geist nureinfach oder nacheinander einen Gedanken um den andern denken kann,

    so ist er ja selbst nur einfach und unteilbar und kann dadurch MeineWerke, die Ich mit einem Gedanken in der grten Klarheit festhalte, nurnach und nach erschauen und wird mit diesem Erschauen auch in alleEwigkeiten nicht fertig werden. Wie mchte er erst hernach als irgendein

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    Schutzpatron in all den Bildnissen gleichkrftig helfend und auchgleichzeitig zugegen sein?

    Es werden aber die (Menschen-)Geister, die in die andere Welt gelangt

    sind, nur mhsam geheilt von dieser Schutzgeister-Krankheit. Und esgeschieht sehr oft, dass ihnen alle die vermeintlichen Schutzgeistermssen aus dem Wege gerumt werden. Denn wenn solches nichtgeschhe, so wrden Mich die meisten Rmisch-Katholischen fliehen undsich zu ihren Schutzgeistern wenden.

    Ich darf nicht weit zurckgreifen, sondern gerade jetzt, da ihr diesesschreibet, rennen die armen Geister bunt durcheinander und suchen ihrePatrone mit allem Eifer. Mich aber, der Ich ihnen sichtbar wie einBruder und liebevollster Vater entgegenkomme und ihnen zurufe, dass nurIch es bin, den allein sie zu suchen und zu finden haben, Mich fliehen siein allem Ernste, und die Mutigeren bitten Mich sogar, Ich mchte sie zuihren Schutzgeistern bringen.

    Sehet, wenn solche Torheit sogar bei den Geistern, die schon jenseitswohnen, sich also stark vorfindet, welche Belege gegen solche Torheitmgen dann wohl all die (Schutzgeister-)Erscheinungen auf diesermateriellen Welt liefern, und zwar dem, der nach dem Geiste derlebendigen Liebe und der lebendigen Wahrheit im Glauben trachtet?

    Daher, so euer Haus schadhaft ist oder ihr irgendeinen Schadenbefrchtet, so wendet euch nur allezeit an Mich, der Ich bin derallerverstndigste Seelenhausbaumeister und der am sichersten helfendeSchutzgeist aller Schutzgeister und ihr knnet versichert sein, dass, wennIch ein Haus niederreie, Ich es auch zu den allerbilligsten Preisen und amallerehesten werde gewiss fest genug wieder aufzubauen vermgen.

    Und denket, dass ein Monarch wie Ich durchaus keine Vermittlerbentigt, sondern:Ich bin alles in allem Selbst!

    Und wer zu Mir will, der komme, und er wird Mich allzeit zu Hausetreffen, und zwar gerade also, wie wenn Ich nichts zu tun htte, als demMich Suchenden allein zu dienen.

    Also vertrauet und bauet auf Mich! Denn Ich bin ein fester Grund!Wer auf diesen Grund bauet, dessen Haus wird ewig nimmer leck

    werden. Denn wer das Material aus Mir nimmt, der hat es lebendig, wieIch Selbst der allein Lebendige bin und das Leben gebe jedem, der es beiMir sucht.

    Suchet es auch ihr bei Mir, so werdet ihr leben ewig! Amen. Das sagt,der allein das Leben hat und gibt. Amen. (HiG. 1_S.379)

    Vom einzig wahren Schutzpatron

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    Unsere Gedanken sind unser SchicksalPeter Keune

    Ein bekannter Spruch lautet:Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte.Achte auf Deine Worte, denn sie werden Deine Handlungen.

    Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.

    Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.

    Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

    Ich aber frage, was bestimmt eigentlich unsereGedanken? Es sind unsere Neigungen! Die Gedanken sindwie Ausdrucksformen unserer Gefhle oder noch exakter,

    der Liebe und der aus ihr hervorgehenden Willensstrebungen.Insofern ist unsere Gedankenwelt Ausdruck unseres Denkens, Fhlens undWollens und damit des eigentlichen Lebens in uns.

    Fr unser irdisches Leben ist es ntzlich, sich diesen Zusammenhangvon Neigung und Denken klar zu machen. Allzu oft halten wir unsereGedanken fr flchtige Gebilde, die keine unmittelbaren Konsequenzenhaben. Ganz anders sieht es in der jenseitigen Welt aus. Dort knnen wirden unmittelbaren Wirkungen unseres Denkens nicht entgehen. Nach den

    Aussagen des Herrn durch Jakob Lorber lebt ein Mensch, der ohne geistigeReife ins Jenseits kommt, in einer Art Traumleben, gebildet aus seinenNeigungen, Trieben und den daraus hervorgehenden Gedanken.

    Nachfolgend werden einige jenseitige Begebenheiten aufgezeigt, dieaus der Sphre des Bischof Martin entnommen sind, um die Tragweiteder Gedankenkrfte aufzuzeigen.

    Zum Verstndnis ist aber wichtig, sich zuerst einmal ber dieUnterschiede zwischen dieser und der jenseitigen Welt im Klaren zu sein.Im Allgemeinen herrscht die Vorstellung, Himmel und Hlle seien

    bestimmte rtlichkeiten. Diese Annahme rhrt von den Erfahrungen ausdieser Welt her, wo es eine vom Einzelnen unabhngige Natur gibt, die

    bestimmten Naturgesetzen gehorcht. Wenn jedoch Menschen die Naturbetrachten, wird diese von ihnen subjektiv wahrgenommen, d.h., je nachStimmungslage als schn, erhebend, bedrohlich, langweilig etc. Es istsicher auch nicht zu leugnen, dass es zwischen der objektiven Natur undder subjektiven Wahrnehmung eine Korrespondenz gibt, also einegegenseitige Beeinflussung, weil die Natur ja durchaus lebt und reagiert.

    Trotzdem stellen die Naturgesetze eine Vorgabe dar, die nichtvernachlssigt werden kann. Wenn ich beispielsweise aus 10 m Hhe aufeine Strae springe, werde ich mit ziemlicher Sicherheit tot sein. Hier

    Unsere Gedanken sind unser Schicksal

    Peter KeuneVortragredner undKenner der NO,

    lebt in Berlin

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    wirkt das Gesetz der Schwerkraft, das ich in einem solchen Fall nichtauer Kraft setzen knnte. Um es kurz zu sagen, im Diesseits haben wir esmit einer Welt zu tun, die Gott fr uns zur seelischen Ausreifung

    eingerichtet und gestaltet hat, im Jenseits ist es unsere eigene Welt, in derwir leben.Aus der Neuoffenbarung erfahren wir, wie anders als hier die geistigen

    Gesetzmigkeiten der jenseitigen Welt beschaffen sind. Diese Welt wirktwie eine Projektionsflche unserer Innenwelt. D.h., wir erschauen nichtuere, von uns mehr oder weniger unabhngige Gegebenheiten, sondern

    befinden uns inmitten der Spiegelbilder unserer eigenen Seelenwelt undunserer Phantasien. Wir knnen uns also nicht auf eine von unsunabhngige Realitt wie auf der Erde sttzen, sondern sind in unsererVorstellungswelt gefangen und damit fern jeder Objektivitt. In derdiesirdischen Welt gleichen wir uns den Gegebenheiten der Umwelt an,dort aber passt sich diese unserem Zustand an! In der jenseitigen Welt istes von daher wesentlich schwieriger, eine positive, auf die Liebe undWeisheit Gottes ausgerichtete Entwicklung zu machen, weil wir in unsereneigenen Gedankenbildern festgehalten werden. Wie schwer es ist, ausdiesen herauszutreten, um neuen Erkenntnissen gegenber aufgeschlossenzu werden, zeigen die dargestellten Situationen in der jenseitigen Fhrung

    von Bischof Martin. Htte der Herr nicht persnlich Hand angelegt, htteMartin niemals gerettet werden knnen.

    Allerdings muss man sich zum weiteren Verstndnis klar machen, dasswir schon in diesem Leben letztlich das Produkt unserer Gedankenweltensind. Auch hier leben wir mit unseren Meinungen, Vorurteilen undPhantasien. Besonders bei den Kindern ist dies noch leicht zu beobachtenund es braucht seine Zeit, bis sich die Realitt durchsetzt. Gelingt es uns,selbstschtige- und weltliebige Neigungen noch im irdischen Leben den

    hheren geistigen Wahrheiten unterzuordnen, haben wir uns viel Mheerspart. Anderenfalls werden sie in der geistigen Welt offenbar, also imwahrsten Sinn des Wortes sichtbar gemacht. Will der Herr dem Menschendie ewigen Wahrheiten nahe bringen, welche alleine Bestand haben,mssen zuvor diese Schlammschichten aufgedeckt und abgetragen werden,die die geistige Entwicklung verhindern. In diesem Sinn wirkt der Herr,modern ausgedrckt, wie ein Psychotherapeut, nur mit dem Unterschied,dass Er alleine in die verborgenen Tiefen unserer Seelenwelt blicken kann

    und die besten Mittel zur Heilung in der Hand hat. Die Wandlungenmuss der Mensch aber wollen und er muss selbst ttig sein. Dabei kannauch der Herr nicht mit der Tr ins Haus fallen, sondern muss unterBeachtung des freien Willens des Menschen ganz behutsam vorgehen.

    Unsere Gedanken sind unser Schicksal

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    Vor diesem Hintergrund spielen alle Jenseitsschicksale, auch unsereeigenen werden da keine Ausnahme machen! Am Beispiel des BischofMartins sollen verschiedene Entwicklungsstufen aufgezeigt werden.

    Der Herr: Wer diese speziell dargestellte Szene aus dem Jenseitsglubig und beherzigend liest, wird es sogar greifen knnen, wie es mitdem Menschen nach der Ablegung des Erdenleibes im Reiche der Geister

    aussieht; und er wird sich danach richten knnen.Obgleich durch diese Enthllung die Geisterwelt nahezu vllig

    erschpfend gezeigt ist ..., so msst ihr dies dennoch nicht als einen

    allgemeinen, sondern nur als einen speziellen, individuellen Fhrungsfall

    ansehen, ... (Vorrede)

    Die Textstellen wurden so ausgesucht, dass das, was Martin denkt undwill auf seine uere Umgebung direkt Einfluss hat. Die Selbstgesprchezeigen eindrucksvoll seinen jeweiligen Zustand.

    Bischof Martin war im irdischen Leben, das sei hier vorausgeschickt,sehr sinnlicher Natur und auerdem nicht eben allzu religis. Viel nherlagen ihm die Freuden des Lebens, wenngleich er kein schlechter Menschwar, sondern eher gutmtiger Natur.

    Er stirbt mit achtzig Jahren. Der Engel lst die Seele vom Leibe mit denWorten Epheta, d.h. Tue dich auf, du Seele; du Staub aber sinke zurckin deine Verwesung zur Lse durch das Reich der Wrmer und desModers. Amen. (Kap. 1,8)

    Der erste Zustand Martins ist ein mehr uerer. Er erlebt sich in seinemBischofskleid es bleibt also erst einmal manches so, wie es auf Erdenwar. Allerdings hat sich die Gegend uerlich schon seinem Zustandangepasst. Er schaut erstaunt um sich und sieht auer sich niemanden,auch den Engel nicht, der ihn geweckt hat. Die Gegend ist nur in sehr

    mattem Lichte gleich einer ziemlich spten Abenddmmerung, und der

    Boden gleicht drrem Alpenmoose. (Kap. 1,9) Diese Umgebung ist eineEntsprechung fr seinen geringen Glauben, wie dies spter noch deutlicherwerden wird.

    Martin erkennt immerhin, was keineswegs selbstverstndlich ist, dasser gestorben ist und ruft die Heiligen an. An Jesus Christus denkt er vorerstnicht, obgleich Er der einzige ist, der wirklich helfen kann.

    Nachdem es ihm vorkommt, als ob er schon viele Millionen Jahre aufein und demselben Fleck steht, geht er allmhlich in den zweiten, mehr

    inneren Zustand ber. In den folgenden Selbstgesprchen wird nundeutlich, dass in seinem Innersten eigentlich kein (fester) Glaubevorhanden ist. Martins innere Gedanken kommen nun allmhlich zumVorschein:

    Unsere Gedanken sind unser Schicksal

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    Wenn ich nicht so festen Glaubens wre, mchte ich beinahe an dem

    einstigen Eintreffen des Jngsten Tages zu zweifeln anfangen, wie

    berhaupt an der Echtheit des ganzen Evangeliums!...

    Und der Heilige Geist, der im Evangelium soll verborgen stecken,muss gar ein seltenster Vogel sein, weil er sich seit den alten Apostelzeiten

    nimmer irgendwo hat blicken lassen, auer im albernen Gehirn einiger

    protestantisch-ketzerischer Schwrmer `a la Tausend und eine Nacht!...

    Auch mit der in meiner Kirche beraus viel gepriesenen Maria, wie

    mit der ganzen heiligen Litanei scheint es seine sonderbaren Wege zu

    haben! Wre irgend etwas an der Maria, so htte sie mich doch schon

    lange erhren mssen; denn von meinem Absterben bis zum gegen-

    wrtigen Augenblicke sind nach meinem peinlichen Gefhl etwa ein paar

    Millionen Erdjahre verstrichen, ... (Kap. 2,5-8)Martins Zweifel haben sich offenbart und er kann nun weitere Schritte

    unternehmen. Er ist jetzt aber auch fest entschlossen, mit dieserfruchtlosen Komdie hier bald ein Ende zu machen. (Kap. 2,9)

    Ja, wo wird Martin sich hinwenden? Es liegt nahe, dass er sich indiesem Zustand gegen Abend wendet der Abend, die zunehmendeDunkelheit, in immer strkere Finsternis bergehend; dann die Nacht alsEntsprechung fr die Richtung zu seinem eigenen Bsen und Falschen.

    Er empfindet aber auch Hunger nach etwas Besserem als nur Moos undTau. Martin wird zwar nach der Richtung seiner Neigung gezogen, hataber gleichzeitig ein Bedrfnis nach besseren Erkenntnissen.

    Nun fixiert er gegen Abend einen Punkt, wo sich etwas zu bewegenscheint. Was sieht er da? Einen Mann, der ebenso wie er, ein Bischof ist.Dieses Bild ist eine Erscheinlichkeit, etwas, was nur Martin soerscheint. Tatschlich handelt es sich um den Engel, der schon die ganzeZeit unsichtbar um Martin war, und der der Geist Petri ist. Martin ist also

    auf einen Helfer gestoen.Spricht der Engel: Ich sage in des Herrn Jesu Namen: du sollst mir zu

    Jesus folgen! (Kap. 3,14) Petrus weist schon frh auf Jesus hin, denn hierscheiden sich die Geister!

    Nun entsteht ein Dialog zwischen Petrus und Martin, in dem es umeinen Kleiderwechsel geht. Das Kleid stellt in der Entsprechung dieGlaubenslehre dar. Es ist etwas, das nach auen in Erscheinung tritt, andem sich Gleich und Gleich erkennt. Martin ist durchaus kein

    Glaubensfels. Innen und Auen (hier die Kleidung) muss sich aberentsprechen. Ein Bauernrock wre schon passender. Die Bearbeitung desFeldes entspricht der Bearbeitung der Seele, denn das Feld ist eineEntsprechung fr die Seele. Insofern hat Martin auch nichts dagegen, sein

    Unsere Gedanken sind unser Schicksal

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    Bischofsornat mit einem Bauernrock zu vertauschen Nur her damit; hiervertausch ich dies langweilige Kleid gerne mit dem gemeinsten

    Fetzen! (Kap. 3,19)

    Nun geht es an die Reinigung und Bearbeitung der Seele Martins,welche Arbeit wie gesagt - durch den Wechsel vom Bischofskleid zumBauernrock angezeigt wird. Es wird ihm eine Arbeit als Schafhirteangeboten, dadurch ein allmhliches Emporkommen und Brot. Wir wissennun schon, dass es sich hier um Entsprechungsbilder handelt. Brot ist dieLiebe, die Liebe Gottes, die er in dem Mae, in dem er Nchstenliebe bt,

    bekommt. Ein allmhliches Emporkommen ist nicht das, was es hier aufErden ist. Keine Macht und Herrschaft ber andere, Reichtum undVorteile, sondern die Fhigkeit, zurckzutreten und der Letzte undGeringste sein zu wollen, also das Gegenteil von Hochmut.

    Nun beginnt die konkrete Arbeit! Sie gehen nun weiter, mehr gegenMittag gewendet, und kommen zu einem ganz gewhnlichen Bauernhof,

    ... (Kap. 4,1) Gegen Mittag bedeutet, dass Petrus ihn zu besserenErkenntnissen fhren mchte.

    Da siehe zum Fenster hinaus! Siehst du dort die vielen tausend Schafeund Lmmer, wie sie mutig durcheinander rennen und springen?(Kap. 5,8)

    Martin war Bischof, es war sein Beruf, Hirte zu sein. Die Lmmer, die

    da so durcheinander springen sind tatschlich Menschen, meist jungeMdchen, noch ohne geistige Fhrung und tiefere Erkenntnis. AllesMenschen aus seinem frheren Sprengel.

    Hier aber ist ein Buch, in dem ihre Namen verzeichnet sind; nimm eszu dir und rufe sie alle beim Namen daraus! So sie in deinem Rufe einesrechten Hirten Stimme erkennen werden, werden sie eiligst zu dir kommen.

    Erkennen sie aber in dir eines Mietlings Stimme, dann werden sie sich

    zerstreuen ... (Kap. 5,9)

    Ein rechter Hirte ist einer, der keinen Eigennutz bei seiner Arbeit kenntund ein Mietling, der nur fr Lohn arbeitet.

    Mit einem ziemlich dicken Buch geht Martin also auf die Weide, woihm die Herde gezeigt wird. Wichtig hierbei ist, dass sich die Herde inder geistigen Entfernung der Erscheinlichkeit nach wirklich als Schafe und

    Lmmer ausnahmen. In der geistigen Nhe aber bestand sie aus lauter

    frommen und sanftmtigen Menschen, zumeist aus weiblichen Seelen, die

    auf der Welt so recht kreuzfromm gelebt hatten, aber dabei auf die

    rmische Geistlichkeit doch bei weitem grere Stcke hielten denn aufMich, den Herrn, da sie Mich nicht kannten und jetzt auch noch nicht

    erkennen daher sie denn in einiger geistigen Ferne sich noch jetzt als

    Tiere sanftester Art ausnehmen. (Kap. 6,1)

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    Deren Namen rufen heit, das Wesen eines Menschen erkennen, ihnganz durchdringen und durchschauen erst dann kann der Hirte mit GottesHilfe an der geistigen Wiedergeburt der Menschen wirken. Nhe und

    Ferne sind hier etwas anderes als auf der Welt, denn Zeit und Raum inunserem Sinn gibt es nicht. Nah bedeutet, sich in hnlicher oder gleicherLiebe befinden. Die hnlichkeit bestand hier im gemeinsamenkatholischen Hintergrund.

    Martin lsst sich von den Reizen der jungen Mdchen betren, woraufdiese verschwinden. Er berlegt: Bin ich denn aber wirklich schongefallen? Mit dem Gedanken und bloen Willen freilich wohl, aber im

    Werke unmglich, weil die gewissen Engerln gar nicht zum Vorschein

    gekommen sind!(Kap. 8,10)Martin macht nun wieder einen Zustandswechsel durch und geht statt

    gegen Mittag schnurgerade gegen Abend. Es wird immer dunkler, derBoden ist nur mit etwas Moos bedeckt. Dieser mit sprlichem Moos

    bewachsene Boden und die Dunkelheit zeigen an, dass er wenig Liebe zumWort und zur Tat daraus hat. Solche Menschen kommen in die grteVerlassenheit und Nacht. Diese sichtlich zunehmende Dunkelheit machtihn etwas stutzen; aber es hlt ihn nicht davon ab, seinen Gang

    einzuhalten, wovon der Grund ist, weil seine Erkenntnis und sein Glaube

    so gut wie gar nichts sind. Was aber noch da ist, das ist falscheBegrndung wider das reine Wort des Evangeliums, somit barstes

    Antichristentum und ein im verborgenen Hintergrunde in humoreske

    Maske verhllter Sektenhass. (Kap. 10,2)Von sich aus wrde Martin jetzt schnurgerade in einen hllischen

    Zustand bergehen. Der Herr: Meiner Gnade aber sind freilich wohl vieleDinge mglich, die dem gewhnlichen Ordnungsgange unmglich wren!

    Daher wollet ihr eben bei diesem Manne praktisch beschauen, wohin er

    kommen kann mit dem, was da in ihm ist, und was am Ende, wennsozusagen alle Stricke reien, noch Meine Gnade bewirken kann, ohne in

    die Freiheit des Geistes einzugreifen. Solche Gnade wird diesem Manne

    auch zuteil, weil er einmal gebeten hatte, dass Ich ihn mit Meiner Hand

    ergreifen mchte! Aber eher kann ihn die ausschlieliche Kraft Meiner

    Gnade dennoch nicht ergreifen, als bis er all den eigenen Plunder von

    allerlei Falschem und Bsem aus sich hinaus geschafft hat, was sich durch

    den Zustand der dichtesten Finsternis, die ihn umgeben wird, kundtun

    wird. (Kap. 10,5)Der Boden wird nun sumpfig, was Martins Bsem und moorig, wasseinem Falschen entspricht. Hier ist darauf aufmerksam zu machen, dassGefhlszustnde auf dieser Welt geistigen Zustnden im Jenseits

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    entsprechen. Das deutliche Unbehagen, das glaubenslose und liebearmeMenschen empfinden, wenn jemand mit ihnen vom Geistes- undSeelenleben nach dem Tode zu reden beginnt, entspricht diesen sumpfigen

    und moorigen Bden, auf denen sie geistig stehen.Martin geht bis an das Meer seiner Geistesnacht, in dem alle Begriffechaotisch in einem Meer von Unsinn zusammenflieen. In vlligerFinsternis steht er am Rande des Meeres welcher sein letzter Begriff ist nur sich selbst erkennt er noch. Martin besa nur alles im Kopf, in seinerEinbildung, aber wenig im Herzen. Seine Einbildungen wurden ihmgenommen, nun scheint er am Rande des Untergangs zu stehen.

    Alles, was Martin bisher gedacht hat, entsprach seinem gefallenenZustand und war noch Hlle im eigentlichsten Sinn! Wo noch einFnkchen Selbstsucht, Eigendnkel, Beschuldigung anderer etc. zumVorschein kommt, da ist noch ein hllischer Zustand vorherrschend. DerHerr: Frage dein Herz, deine Liebe! Was sagt diese? Was ist ihreSehnsucht? Hat dir diese aus deinem Leben heraus ganz bestimmt

    geantwortet, so hast du dann schon in dir selbst dein Los entschieden:

    denn jeder wird von seiner eigenen Liebe gerichtet! (Kap. 16,2)

    Martin sieht ein Schiff, das ihn aufnimmt. Hier trifft er auf einenSchiffsmann und wieder auf Petrus. Seine Arbeit besteht erst einmal im

    Fischen von Seetieren und Meeresungeheuern. Aber vorher bekommt erSpeise und Trank in der einfachen Htte des Schiffsmannes. So, so; ach,das war gut! O der undenklichen Zeit meines Hungers, meines Durstes und

    meiner ununterbrochenen Nacht! O Dank, Dank dir, grter Dank Gott,

    dem Herrn, da Er es zugelassen hat, dass du mich rettetest und nun auch

    sttigtest, dass mir nun so wohl ist, als wre ich frisch geboren! Und

    siehe, siehe, es wird auch ganz hell wie an einem Frhlingsmorgen, so sich

    die Sonne dem Aufgange naht! O wie herrlich ist es nun hier! (Kap. 17,6)

    Martin hat Brot des Lebens und den Wein der Wahrheit aus der Handdes Herrn bekommen. Er wei es noch nicht, mit wem er es zu tun hat.Sein Hunger war das Bedrfnis nach Liebe, sein Durst nach geistigenWahrheiten. Er fhlt sich nun wie frisch geboren oder auch wiewiedergeboren in der Sphre Jesu. Nun aber muss er selbst Handanlegen an seiner geistigen Entwicklung. Der Herr: ...da aber nun auchdir der Tag angebrochen ist, so musst du auch arbeiten denn das

    Gottesreich ist ein Arbeitsreich und kein Faulenzer- und Brevier-

    beterreich! (Kap. 18,19)Mit ungeheurer Mhe werden die groen Seetiere undMeeresungeheuer aus dem Wasser geholt, wo sie dann in der Luftverschwinden. Martin ist darber erstaunt und rgerlich. Er erfhrt, dass

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    die Meerestiere seine auf der Welt begangenen Snden sind. Jede Snderuft einen Schaden an der Seele hervor. Durch seintierisches (triebhaftes) Leben verlor er viel von seiner Seele. Durch die

    Fischzge wird seine Seele wieder in ihre ursprngliche Vollkommenheitgesetzt. Martin mchte wissen, wann es in seinen Gewssern bleibendeTaten geben wird? Der Herr: Erwache in der Liebe zu Gott und arbeite inrechter Reue, Demut und Geduld!(Kap. 20,12-13) Martin will jedoch nichtalle Schuld an seinen Snden auf sich sitzen lassen und fhrt Grnde an,seine Kindheit und Erziehung betreffend, der Strom der Zeit, gegen denman nicht schwimmen knne etc.. Der Herr: Siehe, was deinervermeintlich vernachlssigten Erziehung zur Last fllt, das hat nun Bruder

    Petrus auf sich genommen. Und was dem Schpfer du zur Last legst, das

    habe Ich auf Meine Schulter genommen! (Kap. 20,22) Jesus handelt alsoimmer aus den Vorstellungswelten der Menschen heraus. Er holt sie daab, wo sie stehen. Dann fhrt Er Martin weiter. Glaubst du aber frdeinen Teil wirklich ganz schuldlos zu sein? (Kap. 20,23)

    Martin fngt den vermeintlichen Schiffsmann in sein Herz zu schlieenan. Da verschwindet das Meer und statt der kleinen Fischerhtte steht einPalast da. Der Herr: Siehe, Bruder, das gebar schon ein kleinster Funkerechter Liebe zu uns, deinen Brdern und Freunden! Das Meer deiner

    Snden trocknete er aus samt all den bsen Wirkungen, und den Schlammdeines Herzens verwandelte er in ein fruchtbares Land. Die rmliche

    Htte deiner Erkenntnis verwandelte dieser Liebesfunke in einen

    Palast. (Kap. 22,3) Er ermahnt Martin, dass seine Liebe im Herzen jetztfrei walten msse, wodurch auch die Bume Frchte tragen wrden, dennin der Welt der Geister wchst alles im Lichte und in der Liebe desmenschlichen Herzens. Noch ist der Palast nur auen schn, innen aberunrein. Warum? Der Palast entspricht dem Inneren des Herzens Martins.

    Der vermeintliche Schiffsmann rt Martin, einen ganzen Strom der Liebedurch den alten Sndenstall seines Herzens zu leiten. Das Fnklein derLiebe nmlich, das das Meer austrocknete und den Schlamm in fruchtbaresLand umwandelte und das kleine Haus in einen Palast verwandelte, warnur durch die Rede Jesu erzeugt, also uerlich. Dies entspricht in etwaunserem Lesen und Hren Seines Wortes, ist also ein ueres Mittel, umdie Tatliebe anzufachen. Das Innere des Herzens mssen wir jedoch selbstreinigen durch die wahre ttige Gottes- und Nchstenliebe.

    In einem spteren Stadium, in dem Martin sich in der Nchstenliebebewhrt hat, ist der Palast in seinem Inneren zwar noch relativ einfach,aber sehr geschmackvoll und rein. Der Herr: Siehe, dieses Gemachbesteht nun lediglich aus deiner nun schon frei werkttigen Liebe zum

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    Nchsten. Aber es ist noch ganz einfach zierlich (noch nichtausgeschmckt), weil in dir das Gotteslicht noch nicht Wurzel gefasst undtief in dein Leben getrieben hat. (Kap. 25,6)

    Martin erfhrt von den Leuten, die er gerettet hat, dass sein Freund (derSchiffsmann) Jesu Selbst sei. Er ist also nun in einem Zustand, wo er dieGttlichkeit Jesu unmittelbar ertragen kann. Erst jetzt bekommt er auchmit denjenigen Menschen zu tun, die er auf der Erde direkt beeinflusst hatund an denen einiges gutzumachen ist. Der Herr: ...Siehe, alle diese hiernun in unserem Gewahrsam Befindlichen, die wir aus den Flammen

    gerettet haben, sind Schafe deines Sprengels und Jnger deiner

    Lehre! (Kap. 29,5)Im Lichte des Himmels sieht Martin verschiedene Menschen als

    Tiere, in der Erscheinlichkeit ihres geistigen Zustandes. Er versucht sienun zu belehren und erzhlt dabei einen wichtigen Punkt aus seinemErdenleben: Das einzige, das aber an und fr sich gar nichts ist, war zuZeiten bei mir, dass ich mir in einer Art luftigen Phantasie Jesus den

    Herrn so vorstellte, wie Er beschrieben war, und dabei dachte: Ja, wenn

    ich Ihn so haben knnte und mit Ihm gemeinschaftlich wirken unter dem

    berzeugenden Bewusstsein, dass Er mglicherweise wirklich das

    allerhchste Gottwesen wre, da wre ich freilich das glcklichste Wesen

    in der ganzen Unendlichkeit. Denn frs erste wre das doch die hchsteEhre aller Ehren, frs zweite die sicherste Versorgung und

    Lebensversicherung fr die ganze Ewigkeit, frs dritte der hchste und

    mchtigste Schutz, und endlich knnte ich in solcher Gesellschaft doch

    Wunderdinge zu Gesicht bekommen, die bisher noch kein menschlicher

    Gedanke gedacht hat. (Kap. 36,21) Jesus hat Sein Erlsungswerk an Martindort begonnen, wo Martin eine wenn auch nicht ganz selbstlose Sehnsucht nach Gott hatte. Immerhin war aber ein auf Gott gerichteter

    Wille da, eine geheime Liebe, auf der Jesus aufbauen konnte.Im weiteren Erleben trifft er auf einen Bekannten, der auf der Erde

    Buchhndler war und der ber Martins Stckchen genau Bescheidwusste. Auf der Erde hat Martin ihn verachtet, aber hier muss er ihn zuseiner Demtigung als geistigen Fhrer ertragen. Der Buchhndler hat inseinem Leben schon Swedenborg gelesen und ist Martin weit voraus.

    Martin macht nun viele Erfahrungen, die seine Gottes- undNchstenliebe strken, Vorurteile abbauen und Falsches und Bses

    abden. Die positiven Wirkungen zeigen sich durch die zunehmendeVernderung seiner Umgebung. Ein Phnomen ist beispielsweise, dasssein Palast auen viel kleiner als innen ist. Das Innere aber wird nochstets grer, je mehr du in der wahren Weisheit aus Meiner Liebe wachsen

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    wirst. Denn hier lebt ein jeder seiner Weisheit aus seiner Liebe zu Mir,

    welche aber die eigentliche Schpferin alles dessen ist, was dir hier so

    wunderbar vorkommt. (Kap. 38,15)

    Nun steigt Martin zu immer neuen herrlichen Sphren auf. Er ersiehtherrliche Welten, Menschen, Gegenden aus anderen Weltkrpern undSonnen. Der Herr erklrt ihm, dass dies alles nur in ihm selbst sei.: Wirstdu aber in dir selbst zur Vollreife des ewigen Lebens gelangen, dann wirst

    du auch die groe Schpfung auer dir schauen knnen, wie Ich Selbst sie

    schaue was aber auch ntig ist. Denn so Ich Meinen vollendeten

    Kindern, die da Engel sind, eine ganze Welt zur Hut und Obsorge

    anvertraue, so mssen sie so eine Welt doch auch genauest sehen. Denn

    ein Blinder kann kein Hirte sein. Aber zur Beschauung der wirklichen

    groen Schpfung auer dir bist du noch lange nicht reif genug! Daher

    musst du nun schon dich mit dem begngen, was du nun siehst; denn du

    siehst das Wirkliche in entsprechender lebendiger Abbildung in dir so, als

    wre es auer dir. (Kap. 44,6) Dass Martin alles auerhalb erblickt, isthnlich wie im Traum, nur dass es in dem jenseitigen Zustand wirklich ist

    denn erst war der Geist (Gedanke), dann die Materie - das innere Bild istalso lter als die uere Form. Daraus aber kannst du leicht entnehmen,dass, so du dich selbst vollkommen erkennen wirst, du auch all das

    erkennen wirst, was sich da befindet auer dir; da sich auer dir nichtsbefinden kann, das nicht schon lange zuvor in dir vorhanden gewesen

    wre. Ebenso wie auch in der ganzen Unendlichkeit sich nichts befinden

    kann, das nicht schon von Ewigkeit zuvor in Mir in vollster Klarheit

    vorhanden gewesen wre! (Kap. 45,5)Nun soll der Herr mit einem Wort abschlieen, das uns Seinen groen

    Schpfungsgedanken offenbart:Wie Ich aber der ewige Urgrund und Trger aller Wesen bin, so sind

    nun auch Meine Kinder in Mir Selbst der Grundstoff von allem, was nunerfllt die Unendlichkeit fr ewig. Wie aber in Mir Unendliches ist, so ist

    es auch in euch aus Mir. Denn Meine Kinder sind die Kronen Meiner

    ewigen Ideen und groen Gedanken! (Kap. 45,6)Unsere Gedanken sind unser Schicksal so lautete das Thema dieser

    Ausarbeitung, aber in einem hheren Sinn sind Gottes Gedanke unserewiges, wunderbarstes Leben in und aus Gott! So bleibt nur zu danken frdie groe Gnade, die niemanden ausschliet, sondern jeden fr ewig selig

    machen will. Amen.

    Warum denkt ihr so Arges in euren Herzen?(Mt. 9,4)

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    GotteserfahrungInge und Siegfried Starck

    Fr Friedrich Hebbel, den deutschen Dichter (1863) ist dieGemeinschaft Gottes mit den Menschen eine Wirklichkeit, die sich nichtbeweisen, aber erfahren lsst.

    Und Friedrich Nietzsche kommt uns mit der gerade von ihm nichtunbedingt erwarteten uerung: Eigentlicher Zweck alles Philso-

    phierens: die intuitio mystica.Seit jeher gab es Menschen, denen traditionelle Glaubensformen und

    eingepauktes religises Wissen nicht gengten. Sie suchten nach mehr,

    nach darber Hinausgehendem und fanden es in einer persnlichenGotteserfahrung. Man nennt sie Mystiker. Der Begriff Mystik wirdabgeleitet von griech. myein = Augen oder Lippen schlieen (vor denToren der Sinne und der Logik des Verstandes). Dadurch wird das normaleAlltagsbewusstsein und die verstandesmige Erkenntnis transzendiert.Die Seele erhebt sich und gelangt in einen hheren Bewusstseins-zustand, wo sie die niederen Dinge der Sinnen- und Verstandeswelthinter sich gelassen, ihr inneres Auge auf die gttliche Welt richtend,Impulse von dieser erhlt, und - was freilich immer ein Akt der Gnade ist -

    in Kontakt mit ihr treten und damit in eine unmittelbare Erfahrung mit demGttlichen geraten kann. Je nach Veranlagung mag sich dieseBegegnung in den verschiedensten Formen ausprgen: von der Ekstase(Stigmatisation, Elevation, Levitation und dergl.) bis hin zurkontemplativen oder auch spekulativen Art; wobei die bergnge flieendsein knnen.

    Die Mystik ist in allen Religionen beheimatet: Im Alten gypten undim Alten Griechenland waren es die Mysterienkulte, in der Sptantike der

    Neuplatonismus, im Judentum die Kabbala und der Chassidismus, imIslam der Sufismus, in Indien der Vedanta und in China der Taoismus. ImChristentum tritt die Mystik auf u.a. als Herz-Jesu-Mystik, als Braut- undFrauen-Mystik (z.B. Bernhard von Clairvaux, 1153; Mechthild vonMagdeburg, 1282/97; Gertrud die Groe, 1301 etc.), aber auch als

    philosophisch-spekulative Mystik des mystischen Dreigestirns MeisterEckhart, 1328; Johannes Tauler, 1361 und Heinrich Seuse, 1366.

    In einer Zeit, in der die Menschen mehr nach religisen Erfahrungen

    suchen als nach (dogmatischen) Glaubensstzen, ist das wesentlicheMoment moderner Religiositt nicht das einfach fr wahr gehaltene Wasdes Glaubens, sondern das vielfltig selbst erfahrene Wie. Im Osten derWelt fhrt der mystische Weg dahin, dass das Individuum aufgeht im All-

    Gotteserfahrung

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    Einen, in der Gottheit - wie ein Regentropfen im Ozean. In derabendlndischen, christlichen Mystik dagegen verspricht man sich, dassder Mensch zu seinem vollen Sein erwacht, was so viel heit, als dass der

    in jedem Menschen ruhende Gottesfunke, das Fnkeli, von dem MeisterEckhart spricht, zur vollen Flamme entfacht werde; so dass die alteadamitische Natur verzehrt wird und die gttliche Natur - der Christus imMenschen - auferstehen kann. Vergleichen lsst sich dieser Prozess miteinem Samenkorn, das in die Erde gelegt wird, wo es absterben muss, umschlielich Frucht zu bringen. Wenn dies gelingt und der Christus, diegttliche Natur im Menschen, die Herrschaft bernimmt, hren Sorgen,Elend und Kummer auf. Denn der Christus, die Gttlichkeit, ist immersiegreich und wei von keiner Niederlage. Wenn Gott fr uns ist, wermag dann wider uns sein, so drckt dies Paulus aus. Allerdings gilt es,hierfr einen Preis zu bezahlen. Dieser Preis ist die Selbstbergabe an Gottund bedeutet: nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe. Das istkeine einfache Sache, denn nicht jedermann ist bereit, sein Ego, seinenEigenwillen zu kreuzigen. Darauf kommen wir im Laufe dieses Buchesnoch ausfhrlich zurck. Nur so viel: Wer nicht bereit ist, diesen Preis zuzahlen, kommt natrlich auch nicht in den Genuss eines von Gottgefhrten und damit mit Erfolg gekrnten Lebens. Partielle Erfolge mgen

    dem Menschen beschieden sein, aber der volle Erfolg, ein vollaufgesegnetes Leben ist nur in der Verbindung mit Gott mglich. Wie heit esso schn: An Gottes Segen ist alles gelegen! Nach diesem kleinenSchlenker zurck zu unserem Thema Mystik. Versuchen wir, sie etwasgenauer unter die Lupe zu nehmen, dann lsst sie sich folgendermaen

    beschreiben. Sie ist: ein intuitives Erfassen (man wei pltzlich), ein unmittelbares

    Innewerden. (Schopenhauer)

    das Bestreben des Menschen ber alles Wissen hinaus zu einerunmittelbaren Anschauung der geistigen Wirklichkeit, zu eineminneren Erleben des Zusammenhangs mit den letzten Grnden derDinge zu gelangen. (Windelband)

    ein Seelenzustand ... in welchem man sich zur geheimnisvollenVereinigung mit dem All hingezogen fhlt und das Unwissbare zuwissen glaubt ber solche Vereinigung.

    das Aufhren allen Unterschieds. (Fritz Mauthner, sterr.

    Schriftsteller und Philosoph;

    1923) Ekstatisches Identifikationswissen in Anschauung und Gefhl.

    Sprache ist nur ein unzureichendes Darstellungsmittel desGedankens und des in der mystischen >unio< und >exstasis