geistiges leben 2012-4

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  • 7/29/2019 Geistiges Leben 2012-4

    1/60

    Der Grund der Menschwerdung GottesDer Grund der Menschwerdung Gottes

    Die Erweckung der GottesliebeDie Erweckung der Gottesliebe

    Wie sollen wir beten?Wie sollen wir beten?

    KontemplationKontemplation -- was ist das?was ist das?

    Der Akt der HingabeDer Akt der Hingabe

    Biblische BilderBiblische Bilder

    Die Liebe ist das LebenDie Liebe ist das Leben

    Von einem, der Gottes Liebe fandVon einem, der Gottes Liebe fand

  • 7/29/2019 Geistiges Leben 2012-4

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    SPENDENKONTEN

    Baden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen

    Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101

    BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70

    Kreisspark. Miesbach/Tegernsee Kto. 430 203 240 BLZ 711 525 70

    Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 12 000

    Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3

    IMPRESSUM

    Herausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.

    Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / Deutschland

    Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294

    E-Mail-Anschrift: [email protected]

    Internet-Seite: www.Lorber-Gesellschaft.de

    Schriftleitung: Klaus W. Kardelke

    Redaktion: Angelika Penkin

    INHALT

    Gottfried D. Krummacher Die Geburt Jesu S. 2

    Klaus W. Kardelke Editorial S. 3

    Jakob Lorber Der Grund der Menschwerdung Gottes S. 5

    Gerd Kujoth Die Erweckung der Gottesliebe (Schluss) S. 10Jrg Mller Wie sollen wir beten? S. 21Margitte Niederstucke Kontemplation - was ist das? S. 29

    Don Dolindo Ruotolo Der Akt der Hingabe S. 32

    Jakob Lorber Von den Schwchen der Gotteskinder S. 35

    Joh. Christoph Blumhardt Wenn unser Wille Gottes Wille ist S. 37

    Neue Kirche Biblische Bilder S. 38

    Jakob Lorber Die Liebe ist das Leben S. 47

    Maria Rathmann Von einem, der Gottes Liebe fand S. 48

    Weisheitsgeschichten Pass auf, was du sprichst S. 52So anstrengend S. 53

    Das Geheimnis des Friedens S. 53

    Jakob Lorber Gttlicher Gesundheitsrat S. 54

    Verschiedenes S. 55

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung der

    Schriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint viermal jhrlich auf freiwilliger Spendenbasis.Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

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    Jahrgang 32 2012 Heft 4

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben,dessen Herrschaft auf seinen Schultern ist, und Er heit:Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friede-Frst;

    auf dass seine Herrschaft gro werde und des Friedens keinEnde auf dem Stuhle Davids und in seinem Knigreiche,

    dass Er es zurichte und strke mit Gericht undGerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit!

    Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth. (Jes.9,5-6)

    Was ist das fr ein Kind, und was ist das fr ein Sohn, deruns gegeben ist? Sollte das nicht etwa doch jener zu

    Bethlehem in einem Stalle geborene Knabe sein? Denn esheit auch: ,Zu Bethlehem in einem Stalle wird den Juden

    ein Knig geboren werden; der wird ein neues Reichgrnden, dessen ewig kein Ende sein wird!

    (Drei Tage im Tempel 4,2-3)

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    2 GL 4/2012

    Die Geburt Jesu Christi

    O glckselige Seelen, die Jesus suchen!O dreimal glckselige Seelen, die Jesus finden!Ehrt und gebraucht alle Mittel der Gnade!Hrt, lest, betrachtet, erwgt das Wort Gottes!Aber bleibt dabei nicht stehen, sondern betrachtet esals einen Stern, der uns zu Jesus weist, und ruht mitden Weisen nicht eher, bis ihr Jesus selber gefunden

    habt, diesen Schatz, der im Acker des Wortsverborgen ist.bt euch mit allem Flei in allen guten Dingen, aberhaltet doch die Reise nicht fr Christus selbst, wie dieWeisen nicht nur bis nach Jerusalem und Bethlehem,sondern bis ins Haus gingen, wo sie nicht blo Maria,sondern auch das Kindlein fanden und nun erstruhten und durch einen anderen Weg heimzogen.Der Weg aber ist Christus. Lernt, aber lernt von ihm!Wirkt, aber solche Speise, die euch der Sohn Gottesdarreichen wird!Seid stark, seid frhlich, aber in dem Herrn!Achtet sie hoch und wert, alle Erquickungen, die euchzuteil werden, die Trostsprche, die euch einfallen,die Verheiungen, die ihr empfangt, die

    Aufmunterungen, die euch werden!Aber dringt weiter, dass ihr in Christus erfundenwerdet!Alle Welt sei stille vor dem Herrn und bete ihn an!Huldigt ihm, indem ihr ihm euer Herz gebt,und lasst euer Herz das Haus sein, worin er wohne!Er nehme Besitz von uns und mache sich alles in unsuntertnig, damit wir ewiglich vor ihm anbeten!

    Gottfried Daniel Krummacher 1774-1837

    Die Geburt Jesu Christi

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    GL 4/2012 3

    Editorial

    Und der Engel sprach zu ihnen: Frchtet euch nicht! siehe,ich verkndige euch groe Freude, die allem Volk widerfahrenwird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher istChristus, der HERR, in der Stadt Davids.

    Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind inWindeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

    Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischenHeerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in derHhe und Frieden auf Erden und den Menschen einWohlgefallen. (Luk. 2,10-14)

    Die Advents- und Weihnachtszeit naht und wieder geht ein Jahr demEnde zu. Wer sich von dem Treiben und der Hektik des Weihnachts-rummels loslsen kann, der wird eine besinnliche und friedvolle Zeit derRuhe und inneren Einkehr erfahren knnen.

    Ja, selbst Menschen, die der Religion und der Kirche und demchristlichen Leben ferne stehen, werden sich weihevoller rhrenderGefhle nicht verschlieen knnen.

    Denn in dieser weihnachtlichen Zeit werden viele Menschen wiederanfangen ber den Sinn ihres Lebens nachzudenken, denn gerade in dieserZeit wird die Frage nach dem Sinn und nach Gott wieder lebendiger. Sowerden zu Weihnachten die Kirchen und christlichen Gemeinden vollerMenschen sein, die dieser Zeit eine feierliche und besinnliche Stimmung inihren Herzen verleihen mchten. Die Herzen werden empfnglicher seinfr die frohe Botschaft, die Gott durch seine Geburt als Mensch auf dieseErde gebracht hat. Denn unbewusst sucht jeder Mensch nach den Friedenseines Herzens, den die Welt mit ihrem Getriebe nicht zu geben vermag,sondern der nur in unseren eigenen Herzen und in Gott zu finden ist.

    Frchtet euch nicht! siehe, ich verkndige euch groe Freude, wurdeden Hirten verheien. Wie die Hirten damals, so sollten auch wir unsaufmachen und das Kindlein in der Krippe aufsuchen, um unseren Friedenund unsere Freude wiederzufinden. Denn die Freude und der innereFrieden sind untrgliche Zeichen der Gegenwart des Herrn, denn es heit

    ja die Freude am Herrn ist unsere Strke. (Neh. 8,10). Und Jesus sprach:Meinen Frieden gebe Ich euch. (Joh. 14,27) und dass ihr in Mir Friedenhabet. (Joh, 16,33).

    Die Weihnachtsgeschichte ist demnach auch ein Bild unserer eigenenSuche nach Frieden, Freude und Liebe, die Suche nach der Krippe derewigen Liebe in unserer eigenen Herzensgrotte.

    Schon als Kinder trumten wir unbewusst davon, diese geistige

    Editorial

    Klaus W. KardelkeGeschftsfhrender

    Vorsitzender derLorber-Gesellschaft

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    4 GL 4/2012Editorial

    Schatzhhle zu suchen und zu finden. Als erwachsene Christen durftenwir sie nun finden. Denn nur in der Hhle unseres eigenen Herzens findenwir den Herrn der Herrlichkeit, in Windeln gewickelt, in einer Krippe

    liegend, den grten Schatz, den der Mensch in seinem Leben zu findenvermag, und den ihm keiner streitig machen kann.Die Geburt Christi ist nicht nur ein geschichtliches Ereignis, sondern

    sie vollzieht sich jeden Tag neu in den liebenden Herzen SeinerNachfolger. Christus mchte in uns neu geboren werden, mchte uns ganzmit Seinem Wesen, Seiner bedingungslosen Liebe erfllen und ganz in unsund durch uns leben. Er mchte die dunkle Hhle unseres Herzens mitSeinem Licht der Liebe und Seinem Frieden erfllen, mchte Anteil habenan unserem Leben.

    Dieses Licht der gttlichen Liebe will die Finsternis unseres Herzenserleuchten, und unsere Aufgabe ist es, unsere Herzenshhle demJesuskindlein zu ffnen.

    Nicht mehr soll es heien: Das Licht scheint in der Finsternis, und dieFinsternis hat's nicht begriffen. (Joh. 1,5) Sondern: Mache dich auf,werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN gehtauf ber dir. (Jes. 60,1)

    Folgen auch wir dem Stern von Bethlehem, diesem inneren Licht- und

    Leitstern unseres Herzens. Er wird uns den Weg in unsere Herzensgrotteweisen und dort werden wir in unserem Seelengrunde die Geburt und dasKommen des Geistes Gottes in unsere eigene innere Welt und die stille

    Nacht in uns selbst erleben.In diesem Sinne ist Christi Geburt das ganz persnliche Erlebnis jedes

    Einzelnen. Eine immerwhrende Geburt in den Herzen Seiner Nachfolger,um deren innere Finsternis mit der Liebe zu erleuchten.

    Uns ist heute der Heiland geboren und nicht nur vor zweitausend

    Jahren, sondern hier und jetzt kann es geschehen. Denn Weihnachten, diegeweihte Nacht der Geburt Gottes, kann immer und allerorten inErscheinung treten in den Gott liebenden Herzen der Nachfolger Christi.

    Die Lorber-Gesellschaft dankt allen Freunden und Frderern fr diefreundliche Untersttzung durch Spenden und Gebete in diesem Jahr.

    Wir wnschen euch ein frohes, besinnliches und gefhlvollesWeihnachtsfest und ein gesegnetes und gesundes Neues Jahr.

    Eure Geschwister der Lorber-Gesellschaft

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    GL 4/2012 5

    Der Grund der Menschwerdung Gottes

    Spricht der Herr zu Philopold: Aber da du schon einmal so ein echt

    platonischer Weiser bist, so entwickle uns nun auch den eigentlichenGrund Meiner Darniederkunft ins Fleisch dieser Erde!Was Ich im Geiste bin und war von Ewigkeit, das weit du; dass Ich

    aber auch einen Leib habe mit Fleisch und Blut gleich den andernMenschen, das siehst und fhlst du so gut wie alle hier am Tische.

    Warum zog denn Ich eine sterbliche Hlle an? Warum bekleidete sichder Urgrund alles Seins und Lebens mit der Hlle der offenbarstenSterblichkeit?! Muss das sein, oder ist dies etwa blo nur so eine Launedes ewigen Gottgeistes, der in Mir ist, weilt und wirkt? Kannst du Mirsolches ganz gengend entfalten, so sollst du einen Preis der Weisheit ausden Himmeln berkommen schon in diesem Leben!

    Sagt Philopold: In Deinem fr mich heiligsten Namen denn will ich'sversuchen, was ich aus mir heraus entfalten werde.

    Ich meine, wenn schon selbst irgendein einfltigster Mensch denn dochirgendeinen Grund zu irgendeiner noch so einfltigen Handlung habenmuss, ansonst er seine Glieder sicher nicht in eine Ttigkeit versetzt htte,um so mehr lsst sich voraussetzen, dass Gott einen gar beraus hchst

    triftigen Grund gehabt haben muss, als der ewig allein wahre und reinsteallmchtige Geist Sich in die begrenzte Form des Fleisches einzuzwngenund so als der Schpfer aller Dinge Seinen Geschpfen, wie wir Menschenes sind, ein Mitgeschpf zu werden.

    Wie aber schon bei uns Menschen nur die Liebe allein der mchtigeHebel zu allen wie immer gearteten Handlungen ist, so war eben die Liebeauch in Gott sicher das alleinige groe Motiv, durch welches, aus SichSelbst heraus gentigt, Er eben Sich dazu bequemte, wovon Du, o Herr, als

    heiligste Folge nun unter uns wandelst und uns lehrst, Deinen Willen freiin uns zu erkennen, ihn zu unserem vollen Eigentume zu machen unddanach selbstndig Dir, o Herr, wohlgefllig zu handeln.

    So aber kommt es mir in meinem Herzen ganz natrlich und lebendigmenschlich vor: Du hast einmal von Ewigkeit her Deine Ideen zu wirklichfesten Formen umstaltet. Zuerst waren die Formen starr und steif, wie nunnoch alles, was vor unseren Sinnen als vllig leblos scheinend dasteht. Ausdiesen groen und scheintoten Formen entwickeltest Du von Periode zu

    Periode stets mehr und mehr weichere und ihrer selbst bewusstereLebensformen mit weniger oder mehr freier Bewegung und Ttigkeit. Diesalles ist und war nur eine Vorschule und Vorprobe zum vllig freien Lebenim darauf aus allen den Vorgngen hervorgehenden vllig freien

    Der Grund der Menschwerdung Gottes

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    Menschen, dem Du, o Herr, die Haupt- und Grundform Deines eigenenGrundseins gabst.

    Der Mensch war nun da, erkannte sich und seine gttliche Freiheit,

    hatte eine groe Freude an seinem Dasein, an seiner schnen Form undkonnte unterscheiden und zhlen die Dinge, die ihn umgaben.Er fing aber auch bald in sich an, nach dem Ursprung seiner selbst, wie

    nach dem der ihm dienenden Dinge zu forschen; und als Du, o Herr,solches sahst, ward Dir freudig um Dein gttliches Herz, und Duverschafftest ihm die Gelegenheit,Dich mehr und mehr zu fhlen und zu

    denken.Durch die innere stille und geheime Offenbarung im Herzen des nun

    frei dastehenden Menschen, der in allem Dein Ebenma war, fhrte Deinewiger Geist ihn zuerst darauf hin, dass er zu erkennen beginne, dass ersamt allem, was ihn umgab, das Werk eines allmchtigen und hchstweisen und guten Wesens sein msse. Durch solche stets steigende undheller werdende Erkenntnis musste der neue, herrliche Mensch nicht nurmit der hchsten Hochachtung und Ehrfurcht vor dem stets lebendigergefhlten Schpfer aller Dinge, sondern auch mit einer sehnenden Liebezu Ihm dahin im Herzen erfllt werden, Ihn nur einmal zu sehen und zusprechen, um dadurch treu zu erkennen, dass seine groe, Ehrfurcht und

    Liebe erweckende Ahnung vom Dasein eines solchen hchsten Wesenskein eitles Phantasiebild sei!

    Diese groe Sehnsucht stieg und stieg hher und hher, und heier undheier ward das geheiligte Verlangen nach Dir, o Herr, in Deinem Geistein des ersten Menschenpaares reiner und noch vllig unverdorbener Brust.

    Diese ersten Menschen liebten sich zwar; aber sie erkannten sich nicht,und es einigte sich darum ihre Liebe zu Dir, o Herr, und zeugte in beidendie stets grere und bestimmtere Zuversicht, dass es einen groen,

    heiligen und allmchtigen Schpfer geben msse, der den Menschen zumHerrn ber die ganze Erde und ber alle Dinge gesetzt habe, weil sich vorseinem Willen alle anderen Geschpfe der Erde beugten.

    Als solche Sehnsucht, Dich gewisserart persnlich kennen zu lernen,den hchsten Kulminationspunkt erreicht hatte, da wardst Du denn aucherregt in Deinem Gottesherzen und erffnetest des Menschen innere Sehe,schufest Dir fr den Moment eine therische Menschenform und zeigtestDich also dem nach Dir lechzenden Menschen.

    Da erst ersah der Mensch die groheiligste Wahrheit und vollsteWirklichkeit seiner Ahnung und hatte eine groe Freude an Dir, aber aucheine rechte Furcht vor Dir, der Du ihm, wie allen Dingen, das Daseingegeben hast.

    Der Grund der Menschwerdung Gottes

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    Damals war der Mensch gut und rein wie eine Sonne; nichts trbteseine Sinne, und das, was man nun Leidenschaft nennt, war ferne seinergeheiligten Brust.

    Aber Du, o Herr, wusstest wohl, dass also nur des Menschen Formdurch Deines Willens Odem belebt und nun fhig war, an seiner eigeneninneren Ausbildung zu arbeiten anzufangen, um die freie Selbstndigkeitzu erlangen.

    Du unterwiesest ihn und zeigtest ihm die beiden Wege, den einen,fhrend zur gotthnlichen, freiesten Selbstndigkeit, und den andern,fhrend zum gerichteten, also im vollsten Mae unselbstndigsten Sein.

    Ein Gebot war der verhngnisvolle Wegweiser und der fraglicheDoppelweg selbst.

    Damit aber das Gebot fr den neuen Menschen das wrde, was es seinsollte, so musstest Du ja dem Menschen einen Versucher beigesellen,damit dieser ihn zur Nichtbeachtung des Gebotes anreizte und der Menschdann aus dem eigenen festesten Willen das Gebot hielte und treu

    beachtete.Dies ging auch eine Weile; aber Du Selbst sahst, dass der Mensch

    durch die strenge Haltung dieses einen Gebotes am Ende dennoch nicht zujenem hohen Grade der vollsten Selbstndigkeit gelangen knne, der ihm

    von Dir aus vorgesteckt war.Um das zu erreichen, musste der Mensch zuvor noch tiefer und weiter

    von Dir getrennt werden; er musste fehlen und fallen und dann erst insolcher hchsten Abgeschiedenheit von Dir hchst mhsam und unterallerlei Verlockungen und Beschwerden sich ganz von neuem zu sammelnanfangen und forschen nach Dir mit gedrcktem und reuigem Herzen.

    Als der also gefallene Mensch sich auf solche mhevolle Weise ausseiner tiefsten Tiefe wieder zu Dir emporgerichtet hatte, kamst Du ihm

    wieder entgegen, zeigtest ihm Dich abermals in einer schon um sehr vielesgediegeneren Form und ebenso auch umfangreicher in der den Menschen

    belehrenden Offenbarung, und machtest ihm die groe Verheiung dessen,was Du nun vor unsern Augen ins vollste und gediegenste Werk gesetzthast dadurch, dass auch Du dem Menschen ein vollkommenster

    Mitmensch wrdest, auf dass er in alle zuknftigen Ewigkeiten alsallervollkommenst selbstndig Dir gegenberstehen knne und Du Selbstdadurch den greren, herrlicheren und sicher seligeren Genuss httest,

    Deinen Kindern nicht gleichfort als ein in aller Unendlichkeit ausgedehnterund dadurch nie schau- und fhlbarer Gott, Herr und Vater, sondern als einschaubarer lieber Vater, den die Kinder lieben knnen, gegenberzustehen,und alle die guten Kinder persnlich zu fhren in alle Deine

    Der Grund der Menschwerdung Gottes

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    8 GL 4/2012Der Grund der Menschwerdung Gottes

    Wunderhimmel.Welche Seligkeit knnte das fr einen unendlichen Gott auch sein, so

    Er wohl Seine lieben Kinder sehen knnte, diese Ihn aber nie irgend anders

    denn als ein unendliches Lichtmeer zu Gesichte bekommen knnten?! Soaber hast Du den Menschen wohl die hchste Seligkeit bereitet unddadurch auch als wahrer, einziger und liebevollster Vater Deiner Kinderauch Dir Selbst!

    Denn welche Lust wohl knntest Du selbst an dem besten undherzensreinsten aller Deiner Kinder haben in dem sicher hellstenBewusstsein, dass sie Dich ewig nie sehen und reden hren sollen?!

    Also, Deiner und der Menschen willen hast Du, o Herr, alles das getan,auf dass die Reinen in Dir glckseligst wrden und Du in ihnen auch diehchste Wonne und Glckseligkeit genieen knntest!

    Und wenn nun alle Engel aus den Himmeln herabsteigen und mir einenandern Hauptgrund Deiner nunmaligen, vllig und sogar materiellformellen Menschwerdung angeben knnen, so leiste ich auf ewig aufmeine Menschheit Verzicht und will aufhren zu sein, oder ich will frewig irgendein Tier sein!

    Httest Du, o Herr, die Liebe nicht in Dir, so httest Du ewig nie auchnur eine Deiner allerherrlichsten Ideen ins beschauliche und formelle

    Dasein gerufen; dadurch aber, weil Du Selbst ein groes Wohlgefallen inDeinem Gottesherzen zu (an) Deinen wunderbarst herrlichen und groenIdeen fandest und sie schon liebtest, bevor sie Deine endlose Weisheit undMacht ins auen beschauliche und durch Deine Kraft gefestete formelleDasein rief, zwang Dich Deine Liebe, die auch stets glhender und ttigerward, nun denn auch Deinen Ideen ein Dasein wie auer Dir und darumauch ein nachfolgendes Leben zu geben.

    Dies Leben aber ist ja noch nichts anderes als Deine hchste,

    mchtigste und reinste gttliche Liebe!Alle Geschpfe atmen ihr Leben aus und in dieser Deiner Liebe, ja, ihr

    ganzes Wesen ist ja nur Deine Liebe, und alle Formen sind auch nurDeine Liebe! Alles, was wir hren, sehen, wahrnehmen, empfinden, fhlenund schmecken, ist nur Deine Liebe! Ohne diese htte nie eine Sonneirgendeine Erde erleuchtet und ihre Gefilde befruchtend erwrmt!

    Wenn aber das alles nur Deine Liebe getan hat mit Deinen herrlichenUrideen, sollte sie hernach fr sich selbst nichts tun, um eben in allen

    durch sie gewordenen Wesen das in aller Flle zu erreichen, was sieuranfnglich in sich selbst zwang, den Ideen Form und ein freies,selbstndiges Leben zu bereiten?!

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    Ich bin nun der Meinung, dass ich die volle Wahrheit geredet habe, ausder da klarst hervorgeht, dass Du, Gott von Ewigkeit, auch notwendig inder Zeit ein Mensch gleich uns, durch Dich Selbst gentigt, werden

    musstest!Und ich glaube dadurch auch, insoweit es einer menschlichen Weisheitmglich ist, Deine an mich gestellte Frage im allgemeinen erschpft zuhaben!

    Ich (der Herr) aber sage zu ihm: Siehst du, Mein lieber Freund undBruder, wie es dir recht gut gegangen ist und du mit deiner herrlichenBeantwortung Meiner an dein Herz gestellten Frage den Nagel auch aufden Kopf getroffen hast!

    Ich sage es dir, dass du nun die vollste Wahrheit in Meinem Namenallen Meinen Jngern, Freunden und Brdern getreust, wahrst und sehrleicht begreiflich geoffenbart hast und Ich dazu nun nichts anderes zusagen brauche als: Also ist es, und also stehen von Ewigkeit her alleSachen, Dinge und Wesen!

    Siehe, darin ist mehr Weisheit als im ganzen Hohenliede Salomos, deres sowenig als irgend jemand anders im Grunde des Grundes verstandenhat.

    Darum suchet ihr alle nur im Herzen die Weisheit und die rechte

    Offenbarung aus Mir, so werdet ihr sie leicht begreifen und fr euer ganzesLeben und fr ewig behalten! (GEJ.03_182,03-5 + 183,1-29 + 184,3-6)

    Der arme Stall zu Bethlehem mit Jesus war herrlicherals alle Palste der Welt. So ist heute noch der rmste,verlassenste und einfltigste Mensch, der mit Jesusvereinigt ist, hher zu schtzen, als alle Mchtigender Erde, die in dieser Verbindung nicht stehen.Darum halte es fr lauter Ehre und Herrlichkeit,

    wenn du wegen der Vereinigung mit Christusals ein Tor verachtet wirst.

    Wir sind Narren um Christi willen.Johann von Bernieres-Louvigni (1602-1659)

    Der Grund der Menschwerdung Gottes

    JKJKJKJKJK

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    Die Erweckung der Gottesliebe(Fortsetzung und Schluss)

    Gerd Kujoth14. Die bung der Ruhe in Gott

    Wer Jesus sucht, der soll Ihn nur in sich suchen undkann Ihn auch nur in sich finden. Wer das Feuer der Liebezu Jesus anznden mchte, der kann es nur im eigenenHerzen anznden. Jesus sagt: So du mich suchest, damusst du Mich aber bei dir und nicht bei andern suchen!

    Denn kann Der in der Fremde gesucht werden, der da

    bestndig in dir zuhause ist und deiner harret!? Wie dudein Leben nicht lebest in einem fremden Leibe, sondern in deinemeigenen, so musst du auch Mir in dir zu leben beginnen und Mich in dirsuchen! Da wirst du Mich sicher finden! Denn fr dich lebe Ich nur indir! (1.Hi. S. 408)

    In der Kundgabe Der krzeste Weg zur Wiedergeburt hat uns Jesusdie bung der Ruhe in Gott gezeigt, durch die wir in kurzer Zeit denlebendigen Brand der Liebe in uns entfachen knnen. Diese zweite bung

    geht im Grunde wie die erste, nur dass sie intensiver ausgefhrt wird. Waswir in der ersten bung den Tag ber zwar oft aber nur kurz ausben, daswird jetzt lngere Zeit gebt. Es heit in der Kundgabe: Dann muss ersich ganz fest vornehmen, mit der Welt ganz zu brechen, und sich ganz Mirbergeben und in seiner Liebe eine groe Sehnsucht haben nach Mir - undmuss in dieser groen Sehnsucht tagtglich sich von der Welt und allenGeschften in ihr zurckziehen und wenigstens 7 Viertelstunden lang beiverschlossenen Tren und Fenstern weder beten noch etwas lesen, sondern

    er muss diese Zeit in der vlligen Ruhe, blo nur sich in seinem Innerstenmit Mir beschftigend, zubringen. - Und allzeit aber, sooft sich jemand indiese Ruhe begeben hat, soll er folgende kleine anregende Rede halten inseinem Herzen an Mich im allerfestesten Ernste und sagen:

    Herr! - Hier bin ich. Ich lie Dich, o liebevollster heiliger Vater, langewarten, da Du mir schon seit meiner Kindheit unablssig zugerufen hast:Komm zu Mir, Ich will dich erquicken! - Nun, o Vater, ist die Zeitgekommen, dass sich mein Ohr geffnet und mein sonst starrer Wille ganzin den Deinigen ergeben hat voll Demut und Gehorsam vor Dir, wie auch

    nach Deinem Willen zu allen meinen besseren Brdern. Daher komme Du,mein allerliebster Jesus, zu mir und erquicke meine kranke Seele mit dem

    Balsam Deiner unendlichen Liebe.

    Die Erweckung der Gottesliebe

    Gerd KujothSchweizer Kenner des

    Lorberwerks

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    GL 4/2012 11

    Herr, lasse Dir ja nicht Zeit, denn ich habe Deiner unendlich ntig; ichkann ja nicht mehr ohne Dich sein, da Du mir Alles und alles andere aus

    Liebe zu Dir zunichte geworden ist! Ohne Dich kann ich nicht mehr leben;

    daher, o mein liebster Jesus, komme alsobald zu mir! - Doch wie allezeit,so geschehe auch diesmal Dein heiliger Wille Amen.Nach dem begebet euch zur Ruhe und wachset in der Sehnsucht und

    Liebe zu Mir. So ihr das nur eine kurze Zeit ben werdet, so sage Ich: Ihrwerdet bald blitzen und donnern hren; aber dann erschrecket nicht, undwerdet auch nicht ngstlich; denn nun komme zu jedem Ich erst als Richterunter Sturm, Blitz und Donner, und hernach erst in sanftem, heiligenWehen als Vater!

    Seht, das ist der krzeste und wirksamste Weg zur reinen Wiedergeburt,in welcher allein das ewige Leben zu gewinnen ist. Jeder andere Wegdauert lnger und ist unsicherer, da es sehr viele Diebeswege gibt, allwohinter dem Straengebsche arglistige Diebe, Ruber und Mrder lauern;wer da nicht wohl gepanzert ist und bewaffnet kreuz und quer, der wirdhart ans Ziel gelangen. - Bedenket wohl, wer Der ist, der euch dassagt! (3.Hi. S. 63)

    In dieser bung begeben wir uns in die Ruhe, wir beten nicht, nochlesen wir und denken auch nicht mehr ber alles Mgliche nach. Dafr

    erwecken wir die Sehnsucht und Liebe zu Jesus, indem wir, wie in derersten bung beschrieben, unsere Liebesgefhle fr Jesus erwecken undnach Ihm ausstrahlen lassen. Diese Liebesbung wird stndig wiederholt,und wenn uns andere Gedanken dazwischenkommen und diese uns

    bewusst werden, so fhren wir wiederholt diese Liebesbung aus, bis dieZeit, die wir uns gesetzt haben, vorbei ist.

    15. Der innere Widerstand

    Wie schwer ist es fr viele, so still dazusitzen und sich gesammelt zuhalten. Da taucht bald einmal der Wunsch auf, sich mit etwasunterhaltsamerem zu beschftigen, mit etwas, das einem Freude macht.Wer solch eine Unlust zur Ruhe in Gott in sich versprt, dessen Lust zurWelt ist noch sehr gro.

    Jesus sagt: O ja, - ihr leset fleiig, ihr schreibet auch fleiig, ihrbesprechet euch auch gerne von Mir; aber wenn Ich sage: Widmet Mir anStelle eurer gewissen Weltgedanken und an Stelle eurer so manchen

    Welterheiterungen nur eine volle Stunde am Tage; heiliget sie dazu, dassihr euch in derselben mit nichts als nur mit Mir in euerm Herzenabgebet!, - oh, da werdet ihr hundert Anstnde fr einen finden, und

    Die Erweckung der Gottesliebe

  • 7/29/2019 Geistiges Leben 2012-4

    14/60

    12 GL 4/2012

    hundert weltliche Gedanken werden sich um einen einzigen schwachengeistigen wie ein Wirbelwind drehen!

    Allerlei weltliche Rcksichten werdet ihr da zum Vorschein bringen;

    und wenn sich auch jemand fr eine solche Stunde entschlieen mchte, sowird er sich sicher nicht zu sehr freuen auf dieselbe, sondern wirdvielmehr eine kleine unbehagliche Scheu vor derselben haben und wirddabei fleiig die Minuten auf dem Zifferblatte seiner Uhr zhlen und nichtselten mit Ungeduld auf das Finale des Mir geweihten Stndleins harren!

    Und kme da nur irgendein unbedeutendes Weltgeschftleindazwischen, so wird das Stndlein entweder gar kassiert oder wenigstensin eine solche Periode des Tages versetzt, in welcher sich schongewhnlich der wohlttige Schlaf ber die Sterblichen senkt, und inwelcher keine angenehmen Besuche mehr zu erwarten und keinenervenstrkenden Promenaden mehr zu unternehmen sind.(Schr. 5)

    Etwas anderes wre es, wenn gerade whrend der Zeit der Ruhe in Gottein armer, in irgendeine Not geratener Mensch zu uns kme und bte unsum Hilfe. Da steht dann die Not dieses armen Menschen hher als diebung der Ruhe in Gott und da gebietet es die Nchstenliebe, die bungzu unterbrechen, um diesem armen Menschen zu helfen.

    Wer nun Jesus schon mehr liebt als alle Weltinteressen und Ihn mehr

    liebt als allen Wissensdurst nach geistigen Erkenntnissen, fr den ist esnicht schwer, die Ruhe in Gott zu ben, denn er wird sich nur zu gerne indie Stille seines Gemtes begeben, um dort Jesus begegnen zu knnen.

    Jesus sagt: So du nun Gott ganz sicher ber alles liebst und ebendarum auch ber alles ehrst, - wirst du dich da nicht gerne, und das sehroft, von dem weltlichen Tagesgeschft zurckziehen und dich mit demGegenstand deiner heiesten Liebe beschftigen? Ja, ganz ungezweifeltwahr und sicher! Und siehe, darin besteht ja auch die wahrste und

    rechteste und vor Gott allein gltige Feier des Sabbats, die Mosesbefohlen hat! Denn an dem Tage selbst liegt wenig oder auch gar nichts,sondern allein daran, dass du am Tage oder in der Nacht in der Liebe und

    Ruhe deines Herzens gern an Gott denkst und dich mit Ihmunterhltst.(7.GEJ 28)

    Die tgliche bung der Ruhe in Gott sollte mit der Zeit von einerpflichtgemen Handlung in eine sehnlich erwartete Freude bergehen.Dann werden wir uns durch nichts mehr von ihr abbringen lassen.

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    16. Wann, wie oft und wie lange soll die Ruhe in Gott gebt werden?

    Manch einer wrde ja gerne die Ruhe in Gott einhalten, wenn er nurZeit dazu htte. Vielleicht hat er sich aber auch, trotz knapper Zeit, schon

    einige Male die Zeit dazu genommen, aber weil er gar keine Wirkungdabei gesprt hat, ist er zu der berzeugung gekommen, das sei eineverlorene Zeit. Man sitze nur herum, sei unttig und knne die Zeitntzlicher verbringen. Aber da sagt Jesus: Die wahre, innere Gemtsruheist fr jeden Menschen das notwendigste geistige Element, ohne das ernichts wahrhaft Inneres und geistig Groes zu fassen vermag. Es ist abersolch eine Ruhe, in der dem Leibe und seinen Gliedern die Ttigkeitvorenthalten wird, dennoch keine Ruhe, sondern vielmehr eine innere

    groe Ttigkeit der Seele die darin besteht, sich mit ihrem Geiste, den siewahrzunehmen angefangen hat, mehr und mehr zu einen. Nachfortgesetzter und tglich einmal vorgenommener solcher innerer Ruhe,oder besser Seelenttigkeit, wirst du erst zu fhlen anfangen, welch einengroen wahren Lebensnutzen du daraus gewonnen hast. (5.GEJ 218)

    Das Ziel der bung ist die geistige Wiedergeburt, die Einung der Seelemit dem Geiste, der im Seelenherzen wohnt und der nach fortgesetzterbung anfngt, sich in der Seele auszubreiten. Wir knnen daswahrnehmen, wenn sich der Geist auszubreiten anfngt, indem unser Herzimmer mehr mit Frieden, Liebe und Seligkeit erfllt wird.

    Andere sind wieder der Meinung, dass sie die Zeit, die ihnen am Tagnoch brig bleibt, fr ihre Erholung brauchen. Doch Jesus sagt: Daherbemhet euch, aus euren Erholungsstunden in stiller Ruhe und

    Zurckgezogenheit eures Gemtes Mir geweihte Stunden zu machen - soknnet ihr frh erfahren, wie beraus gut und voll Liebe Ich, euer Vater,bin. Und wahrlich, in einer Minute mchte Ich euch da mehr geben, dennalle Welt in tausend Jahren.

    So euch aber eure Erholungsstunden zu was anderem dienen, so werdetihr auch ebenso sicher erfahren, wie fremd, unerforschlich undunerbittlich Ich jenen zu bleiben pflege, die den Unrat der Welt und allenTrug des Satans Mir vorziehen.

    Schlielich denket wohl gar sehr darber nach, von Wem diese Wortezu euch kommen! Machet euch frhzeitig bekannt mit Mir! (1.Hi. Seite 295)

    Nun hat sich jemand vorgenommen, die Ruhe in Gott einzuhalten undfragt sich, wie lange er denn nun ben soll? - Da kann ihm, falls er noch

    nie die innere Gemtsruhe gebt und auch noch nie meditiert hat,empfohlen werden, am Anfang nur wenige Minuten zu ben und diese Zeittglich etwas zu steigern. Denn sobald sich jemand in die Stille begibt,

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    knnen verdrngte ungelste Probleme oder nicht berwundene seelischeVerletzungen, falls solche vorliegen, pltzlich heftig aus demUnterbewusstsein, oder besser gesagt, aus der Tiefe des Herzens

    hervorbrechen und an die Oberflche kommen. Diese mssen dann zuerstverarbeitet werden, bevor die Zeit weiter gesteigert werden kann.Wie viel Zeit sollen wir nun pro Tag fr die Ruhe in Gott verwenden? -

    Jesus hat uns gesagt, dass eine Viertelstunde am Tag zu wenig ist. EineStunde tglich sollte es wohl mindestens sein. Wer es aber mit der Liebezu Jesus und mit seiner geistigen Wiedergeburt ganz ernst nehmen willund er sich die Zeit dazu nehmen kann, der versenke sich tglich siebenViertelstunden in die Liebe zu Jesus. Diese Zeit kann pro Tag aber auchaufgeteilt werden. Jesus Selbst verwendete tglich eine Zeit von dreiStunden fr die Ruhe in Gott.

    Nun knnte vielleicht noch die Frage gestellt werden, welches diegeeignetste Tageszeit ist, in der wir uns in die Ruhe in Gott begebensollen? - Jesus sagt darauf: Ich bin stets zu Hause, gehe niemals aus, undhabe nicht nur gewisse Stunden oder Zeiten bestimmt, in welchen man zu

    Mir kommen kann wie zu den Knigen der Erde und allen Groen derWelt. Also nicht nur am Sabbate oder Feiertage, sondern zu jeder Minuteist Mir ein liebendes Herz angenehm, und in der Nacht selbst habe Ich

    noch nie vor jemandem die Tre verriegelt; wann immer ihr also klopfenwerdet, will Ich Herein! sagen. (1.HG 3)

    Ja, wird jetzt vielleicht jemand sagen, ich be schon lange jedenTag die Ruhe in Gott, aber ich spre noch keinen inneren Frieden, keine

    Liebe und noch keine Seligkeit. Kann das berhaupt in diesem Lebenerreicht werden?

    Darauf sage ich: Es kommt darauf an, wie viele Totengefngnisse sichum seinen Geistfunken befinden, denn wenn jemand jahrzehntelang seinen

    Geschlechtstrieb ausgelebt hat, so hat er auch bei jedem Mal ein neuesTotengefngnis um seinen Geist errichtet. Dazu kommen auch noch andereHllen, wie das genieerische Essen und Trinken, Geld- undBesitzstreben, Herrschlust, Stolz, Neid, Vergeltungssucht und noch andere.Deswegen dauert es jetzt so lange, bis alle Hllen des Geistes wiederentfernt sind.

    Wenn z.B. jemand im Laufe der Zeit einige Tausend Totengefngnisseum seinen Geist errichtet hat, und er baut jeden Tag eines ab, indem er

    jeden Tag intensiv sieben Viertelstunden die Ruhe in Gott bt, so dauert esauch einige Tausend Tage, bis alle Hllen abgebaut sind und der Geist sichin der Seele ausbreiten kann. Dann erst kann der Friede, die Liebe und dieSeligkeit empfunden werden. Deshalb sollte mit Geduld fleiig

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    weitergebt werden, denn dann werden auch zur rechten Zeit die Hllenabgebaut sein.

    Wer aber nicht jeden Tag bt, weniger lang oder nicht so intensiv bt,

    d.h. kaum ein Liebesgefhl aus seinem Herzen auf Jesus ausstrahlen lsst,dafr aber mehr mit den Gedanken umherschweift, der muss natrlichauch mit einer noch lngeren Zeit rechnen.

    17. Der Kampf gegen die zahllosen Gedanken

    Nun hat jemand schon fter die Ruhe in Gott gebt und sagt: Ich kannmeine Gedanken nicht zum schweigen bringen. Immer wieder kommen mirirgendwelche Gedanken, und bis ich gemerkt habe, dass ich mit meinen

    Gedanken woanders, aber nur nicht bei Jesus bin, ist schon wieder vielZeit vergangen. - Darauf kann ihm geantwortet werden, dass dies wohlallen gleich geht. Jedes Mal, wenn wir uns in die Ruhe in Gott begeben,

    beginnt der Kampf gegen die zahllosen Gedanken, die uns zerstreuen. Einsich schnell drehendes Rad kann nicht mit einem Ruck angehalten werden.Selbst wenn es abgebremst wird, braucht es seine Zeit, bis es still steht. Soist es auch mit unseren Gedanken, sie knnen nur langsam zur Ruhegebracht werden. Auch ein Gebter braucht jedes Mal eine gewisse Zeitdazu. Beherrschen wir unsere Gedanken auch nicht gleich, so sollten wirdeshalb aber doch nicht aufgeben, sondern es immer wieder neu versuchenund geduldig auf Gottes Wirken warten.

    Die bung in allem aber macht erst den Meister, sagt Raphael,durch eine zu geringe bung aber bleibt der Mensch ein ewiger Stmperund kann zu nichts Groem und Auerordentlichem verwendetwerden. (10.GEJ 17)

    Die Gedanken mssen zum Schweigen gebracht werden, denn hinterdem Schleier endloser Gedankenketten finden wir Jesus. Wo unser Herz

    ist, da sind auch unsere Gedanken. Sorgen, Interessen und Wnsche,welche die strenden Gedanken verursachen, mssen uns einerlei werden,indem wir sie Jesus bergeben. Tauchen diese Gedanken auf und werdenuns bewusst, mssen wir sofort unser ganzes Verlangen wieder auf Jesusrichten. Indem wir uns in liebender Sehnsucht Jesus zuwenden, werden diestrenden Gedanken vertrieben. Das gelingt zunchst nur fr Augenblicke,aber diese Augenblicke der Gedankenleere mit dem Gefhl der Liebe zuJesus sind wichtig, denn in dieser Zeit nimmt unsere Seele mehr

    Geistigkeit an, das hhere Ich oder der Geist in uns kann wachsen und sichin der Seele ausbreiten. Mit fortschreitender bung werden dieAugenblicke der Gedankenruhe ausgedehnter, bis dann kein strender

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    Gedanke mehr die Stille unterbricht. Schlielich kann man sich so tief indie Liebe zum himmlischen Vater versenken, dass man von nichtsuerem mehr abgelenkt werden kann.

    18. Die Gefahren bei der Durchfhrung der bung

    Die bung der Ruhe in Gott ist, wenn man sich genau an dieAnweisung hlt, vllig ungefhrlich. Fasst man jedoch einiges von derAnweisung falsch auf und bt dadurch auf falsche Weise, so bleibt derersehnte Erfolg aus und man kann sogar in groe Schwierigkeiten geraten.Ein Geistesfreund nahm es sehr ernst und bte zwei Stunden am Tag. Weilnun der Geistfunke der Liebe im Herzen wohnt und weil Jesus sagte, dass

    wir Ihn im Herzen aufsuchen und uns in unserem Innersten mit Ihmbeschftigen sollen, so konzentrierte er sich whrend der bung auf seinHerz. Nach Jahren des bens berichtete er, dass nun in der Zeit der Ruhesein Herz zu brennen anfange. Nach weiterer lngerer bungszeit mussteer sich der warmen Kleidungsstcke entledigen, denn das Brennen wurdestrker und gab ihm eine groe Hitze. Als die Hitze unertrglich wurde,musste er schlielich mit dem ben aufhren. Er glaubte auf dem richtigenWeg zu sein, weil er das Wort brennen wrtlich nahm, obwohl es nur diebergroe Liebe und Freude versinnbildlicht.

    Gopi Krishna, ein Inder, hatte keinen Lehrer, der ihm das Meditierenbeibrachte. Er hatte von der Meditation gehrt und gelesen und fasste denEntschluss, diese zu ben. Er setzte sich jeden Morgen vor seiner Arbeithin und konzentrierte sich dabei auf sein Gehirn. Nach Jahren der bungwar es dann soweit, dass er ein helles Licht aufflammen sah. Aber diesesLicht erwies sich nicht als wohltuend und beseligend, sondern bereiteteihm groe Qual. Es verursachte ihm schwerste Strungen, bis ihm nachlangem Suchen ein in Yoga erfahrener Mann helfen konnte.

    Was haben nun diese beiden, die so intensiv ihre bung durchfhrten,falsch gemacht? - Sie verstanden die Worte sich nach innen wendenrumlich anstatt geistig und richteten ihre Aufmerksamkeit auf Teile ihresKrpers. Auch der Ausspruch Das Herz zu Gott emporheben, bedeutetnicht, dass wir es in unserer Vorstellung ber alle Sterne hinausemporheben sollen. Das Missverstehen solcher Worte hat schon manchen,die sich auf den Weg zur Innerlichkeit begeben haben, viel Irrtum undSelbsttuschung eingebracht.

    Worauf sollen wir denn nun unsere Aufmerksamkeit richten? - Wennwir in Gedanken versunken sind und ber ein Problem nachdenken, richtenwir unsere Aufmerksamkeit weder auf das materielle Herz, noch auf das

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    materielle Gehirn noch rumlich sonst wohin, sondern auf das Problem,worber wir nachdenken wollen. Genauso machen wir es auch bei derRuhe in Gott. Wir richten unsere Aufmerksamkeit mit aller Sehnsucht und

    Liebe auf Jesus und das ist geistig. Sind wir aber im Geiste, so sind wir inunserer Vorstellung krperlich und rumlich nirgendwo.

    19. Nur einen Gedanken unverwandt betrachten

    Johannes gibt uns den Ratschlag, den Namen Jesu in unserem Herzenauszusprechen, um die brennende Liebe zu Ihm zu erwecken. Er sagt: Esgengt zur Erweckung unserer Liebe zu Jesu ja doch sicher schon eineinziger Gedanke - nur Sein Name (oder Vater 2.GS 50,17) in unseren

    Herzen ausgesprochen sollte ewig genug sein, um in aller Liebe fr Ihn zuerbrennen! Daher sprechet auch ihr in euren Herzen diesen Namenwrdig aus, und ihr werdet es selbst erschauen, in welcher Flle dasFeuer der Liebe aus euren Herzen hervorbrechen wird. (2.GS 13,16)

    Wenn Johannes sagt, dass wir den Namen Jesu in unserem Herzenaussprechen sollen, so meint er, dass schon ein Gedanke der Liebe zuJesus gengen sollte, um das Herz in einen hellen Brand der Liebeversetzen zu knnen. Bei den allermeisten Menschen gengt aber dieeinmalige gedankliche Nennung des Namens Jesu nicht, weshalb er auchimmer wieder, den ganzen Tag ber, wiederholt werden kann. Dabei sollteder Name Jesu nicht nur in Gedanken, sondern auch mit und in demHerzen, das heit, mit der ganzen Kraft unseres Liebegefhls zu Jesusausgesprochen werden.

    Nach lngerer bungszeit sollte die gedankliche Nennung des Namensweggelassen werden und in eine andere Art der bung bergehen. Dazugibt uns Johannes die Anweisung, wie das durchgefhrt werden kann. Indieser Anweisung wird der Name Jesu nicht stndig gedanklich

    wiederholt, sondern im Geiste festgehalten und unverwandt betrachtet.Johannes sagt: Also muss ja notwendig ein jeder, der in das Leben

    seines Geistes eingehen will, sich tagtglich auf eine Zeitlang in dievollkommene Ruhe seines Geistes begeben und muss in dieser nicht etwamit allerlei Gedanken umherschweifen, sondern er muss einen Gedankennur fassen und diesen als ein bestimmtes Objekt unverwandt betrachten.

    Der beste Gedanke ist hier freilich der Herr. Und wenn jemand solchesmit Eifer und aller mglichen Selbstverleugnung fort und fort tun wird, so

    wird dadurch die Sehe wie das Gehr seines Geistes stets mehr und mehran innerer Schrfe gewinnen. (2.GS 44,16-17)

    Der Name Jesus oder das Wort Vater muss stndig im Geiste, d.h.

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    mit dem Herzen festgehalten werden. Dabei sollte gleichzeitig auch ausdem Herzen ein liebendes Sehnen zur ewigen Liebe, bzw. zum Vater Jesushinstrmen.

    20. Die Wahrnehmungen beim ben

    Es wird sich durch die bung der Ruhe in Gott unsere geistige Seheund das Gehr schrfen. Da geschieht es bei manchen, dass sie schon nachkurzer bungszeit Licht, Musik oder angenehme Dfte wahrnehmen. Aufsolche Wirkungen sollten wir keinen groen Wert legen und sie unbeachtetlassen, denn es geht in dieser bung um die Erweckung der Gottesliebeund das ist mehr als Licht, Musik und angenehme Dfte. Sind sie da, so

    lassen wir es gut sein und erfreuen uns daran, sind sie nicht da, so lassenwir es auch gut sein. Auch Visionen und Stimmen knnen wahrgenommenwerden. Diese mssen geprft werden, ob sie von Gott kommen.

    Wir mssen uns immer bewusst sein, dass es nicht unser Ziel ist,besondere Gaben zu bekommen, sondern fortzuschreiten in der Liebe,Demut, Sanftmut und Geduld. Sind wir in diesen Eigenschaften festgeworden, dann wird auch die Gabe echt sein, die wir dann bekommen. -

    Nach einer Gabe aber sollen wir streben, welche die grte Gabe ist, die

    Jesus uns geben kann nach Seiner Liebe.

    21. Die Entzndungszeit

    Wann aber ist es soweit, dass die Liebe zu Jesus, unserem himmlischenVater, sich zu einem Brand entznden kann? - Wenn jemand schon lngereZeit die Ruhe in Gott in richtiger Weise gebt hat, wird in seinem Herzendie innere Freude und Liebe wachsen und er wird sich immer leichter undfrhlicher fhlen. Da wird es dann eines Tages geschehen, dass die Freude

    und Liebe so berschumend wird, dass er die ganze Welt umfassenknnte. Da hat seine Hingebung an Jesus Frucht getragen, denn in demMae, wie unsere Sehnsucht nach Ihm ber allem steht, gibt Er uns SeineLiebe zum Geschenk.

    Der Vater sagt: Wenn ihr aber gewahren werdet, dass es da in euremHerzen heier und heier wird, dann achtet auf euer Herz; denn dann istdie Entzndungs- und Lichtzeit auch schon da. Und so dann eure Herzenalle erbrennen werden zu Gott, dem allerheiligsten, liebevollsten Vater,da schauet in euch, und ihr werdet die Wunder des ewigen Lebens in eucherschauen! Solche ewige Liebe ist erst das lichte Wachwerden desewigen Geistes, der da selbst nichts als pur Liebe ist. (2.HG 56)

    Wenn der ewige Geist im Menschen seine Fesseln sprengt und in den

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    ganzen Menschen bergeht, dann ist es soweit, dass die Liebe zu Jesussich zu einem Brand entzndet.

    22. Die TrockenheitAber noch kann der bende die Liebe nicht stndig in seinem Herzen

    erhalten, und nach einer gewissen Zeit ist die groe Freude und heieLiebe wieder verschwunden. Da empfindet er seinen alten Zustand als eineTrockenheit, deren Ursache im Nachlassen des Verlangens nach Gott liegt,weil die weltlichen Interessen und Wnsche, wenn vielleicht auch nurwenige, wieder sein Herz erfllen.

    Jesus sagt: Ich aber bin ein gar allwissender Brutigam! - Daher sehe

    Ich es auch genau, wie jemandes Herz bestellet ist! Und Ich sage daher:Wer zu Mir kommen will Meiner Selbst willen, der komme, und er wirdsogleich die ewige Aufnahme finden. Aber ein jeder prfe sein Herz genau!

    Denn solange nur noch ein Fnklein fremder Liebe darinnen hauset,werde Ich nicht einziehen und Mich vllig finden lassen!(2.Hi. Seite 181)

    Fngt er aber wieder an, sich Jesus zuzuwenden und steht geduldigdiese Trockenheit durch, so wird er den gttlichen Trost wieder finden.Wenn nun sein Sehnen nach Jesus wieder strker wird, so kann er eine

    Beklemmung seines Herzens empfinden, die sich wie durch eine innereZusammenschnrung seiner Brust kundgibt. Dieser demtigende Schmerzist das Erschrecken der Seele, die nun in sich die groe Zahl ihrer Sndenwahrgenommen hat. Das ist dann ein Zeichen, nicht nachzulassen in demBestreben, Jesus ber alles zu lieben. Da erwacht dann die Liebe wiederund erfllt die ganze Seele. Gttliche Trstungen, Zeiten der Trockenheitund der Beklemmung des Herzens wechseln einander so lange ab, bis eskeinen Rckfall zur Welt mehr gibt und die Liebe fest geworden ist.

    Der Vater sagt: Aber solches merket euch gar wohl hinzu, dass eureLiebe nicht also sich gestalte, als mchte sie nur dauern von heute bismorgen; denn mit einer sich nur zeitlich gestaltenden Liebe ist ja nichteinmal das schwache Weib zufrieden, geschweige erst der ewigeGott! (2.HG 56)

    23. Die Liebe das Ziel des Lebens

    Seid fleiig, sagt Jesus, dieweil es Tag unter euch geworden ist, undsammelt euch des les viel von Meinem lebendigen lbaume... Denn die

    Liebe ist das wahre l des Lebens. Wenn ihr dieses l in die Lampe euresHerzens gieet, so werde Ich es anznden mit Meiner Gnade. Und wennnun dadurch die Nacht eurer Seele erleuchtet ist, dann erst werde Ich

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    kommen als wahrer Brutigam des Lebens und Wohnung nehmen in eurenHerzen. (1.Hi. Seite 88,35-36)

    Das l der Liebe sammeln mssen wir, denn das Gebot der Gottes- und

    Nchstenliebe gebietet es uns, aber die Lampe anznden kann nur Jesusund das ist Seine Gnade. Dann ist die Liebe durch Seinen Geist in unsererSeele aufgeflammt, so dass es in ihr Licht geworden ist, und das ist diewahre Erleuchtung.

    Wenn wir die Liebe des himmlischen Vaters unerschtterlich inunserem Herzen haben, so haben wir alles in allem. Sie ist die Taufe mitdem heiligen Geist und mit Feuer, sie ist das wahre Beten ohne Unterlass,die wahre Anbetung Gottes und das wahre Abendmahl. Sie ist das Zielunseres Lebens, unsere Wiedergeburt und Vollendung. Das wollte uns einvon der Liebe begeisterter klarmachen, indem er sprach: Wohldemjenigen, ja unendlichmal wohl, der auf der Erde sich die Liebe zum

    Herrn zum einzigen Bedrfnisse gemacht hat; denn der hat zu solcherVollendung des Lebens den krzesten Weg eingeschlagen!(1.GS 7)

    Aber nicht nur uns bedeutet die Liebe zu Jesus alles, sondern auch Ihm,unserem himmlischen Vater. Die Seligkeit fr einen seine Braut ber allesliebenden Brutigam ist gro, wenn er wei, dass er von seiner Brautebenfalls ber alles geliebt wird, aber die Seligkeit Jesu ber ein Kind, das

    Ihn ber alles liebt, ist unermesslich grer.Er sagt: Ein demtiges, Mich allzeit liebendes Herz ist Mir ein

    unschtzbar kstlicher Edelstein in der unendlichen Krone Meiner ewigengttlichen Macht und Herrlichkeit und ist Mir auch wie ein Balsamtropfenin Mein liebeheies Vaterherz gegossen, der Mich ber die Maenerquickt und die Freude Meiner ganzen unendlichen Gottheit ums fr dichund vor dir Unaussprechliche erhht!(1.GS 98)

    Kein fleischlich Auge hat es je geschaut und kein Herzempfunden, was Gott denen, die Ihn lieben, alles fr Seligkeiten

    bereitet hat. Ihr wrdet in diesem eurem irdischen Zustande auchnicht eine kleinste zu ertragen vermgend sein; aber wenn

    einmal Mein Geist euch ganz durchdrungen haben wird, dannwerdet ihr schon vermgend sein, auch den Morgen Meiner

    Himmel mit berschwnglicher Wonne zu ertragen!(GEJ Bd 7, Kap.129, 3)

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    JKJKJKJKJK

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    Wie sollen wir beten?Jrg Mller

    Es ist eine leidige Tatsache, dass sich viele Christenschwer tun im Beten, dass sie darin eher eine lstigePflichtbung sehen, kaum eine Mglichkeit, Gott nher zukommen und seine Nhe zu spren, geschweige denn, ihmeine Freude zu machen. Das Beten bedarf einer langenbung, das heit einer jahrelangen, lebenslnglichentglichen bung, wenn es zu einer befreienden undunverzichtbaren Orientierung in meinem Leben werden

    soll. Hier mangelt es vielen an Geduld, an Mut vor persnlichen, intimenuerungen, am Vertrauen in Gottes Anwesenheit. Es ist vielmehr so, dasseine groe Anzahl von Christen bemht ist, durch Gesprch und Medita-tion mit Gott in Verbindung zu treten, jedoch nur eine begrenzte Zeit. Esist ein quantitatives Beten, das sich vom Alltag in besonderer Weiseabsetzt. Die betende Haltung durch den ganzen Tag fehlt; ich meine dieGewissheit der Nhe Gottes, die stetige Orientierung an seinem Willen,das Gefhl seiner zeitlich unbegrenzten Fhrung. Wer also morgens einkurzes Gesprch mit Gott hat, beim Mittagessen noch einmal betet und

    eventuell abends im Bett noch einen Gedanken an Gott widmet, ist gewissein Christ und vermutlich kein schlechter; dennoch bleibt in vielen einEmpfinden der Leere, der formalen Gesetzeserfllung. Das Feuer fehlt.Zwischen diesen Gebetsmomenten tut sich nichts. Es besteht eine Kluftzwischen dem Beten und dem Arbeiten. Dennoch erhoffen sie sich allevon Gott eine Antwort. Bleibt nun dieses Zeichen aus, geben viele auf undfangen nun an, mit ihrem Gott zu hadern. Das wre ja nicht negativ zu

    bewerten, solange der Zorn auf Gottes Schweigen das Beten und Ringen

    lebendig erhlt. Aber sie laufen Gefahr, das Gebet vollends einzustellenund das Schweigen Gottes als Abwesenheit, ja als gewollte Peinigung zudeuten, mitunter als Beweis seiner Nichtexistenz. Sie lassen ab von ihm,werfen nicht selten smtliche Moral ber Bord und rchen sich somit un-

    bewusst an Gott, dem sie mit diesem Trotzverhalten doch noch eineExistenz zugestehen. Sie benehmen sich wie kleine Kinder, die mit ihrerBettelei nicht ankommen. Wie lange soll ich denn noch beten, Herr Dr.Mller? Wenn Gott angeblich so gut ist, wie es immer heit, und uns liebt,

    wieso tut er nichts? Nein, nein. Ihr persnlicher Glaube in Ehren; ich fragemich schon seit geraumer Zeit, ob es Gott berhaupt gibt und wenn ja, ober uns hrt. Jener junge Mann, der so zu mir sprach, litt unter der Krank-heit seiner Frau, die mit einer Multiplen Sklerose an den Rollstuhl

    Wie sollen wir beten

    Dr. Jrg MllerPallottiner und

    klinischer Psychologe

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    gebunden war. Er geriet angesichts des Schweigens Gottes in eine religiseKrise und verlor allmhlich eine wesentliche Sttze in seinem Leben. Errutschte in eine fatalistische Lebenshaltung und zeigte mitunter eine

    beiende, ja zynische Kritik an allem, was irgendwie kirchlichen oderreligisen Charakter hatte. Sein Verhalten war menschlich verstndlichund entsprach in seinem Werdegang dem typischen Wandel vielerChristen: In Not geraten bitten sie Gott um Hilfe, erfahren keinerleiReaktion im erwnschten Sinn, beten noch eine Zeit lang weiter bis zurtrotzigen Resignation mit dem Hintergedanken: Wenn du mich nichtendlich erhrst, hre ich auf zu beten und nach deinen Geboten zu leben.Du bist selber schuld, wenn ich nichts mehr von dir hren und wissen will.Warum lsst du mich zappeln, mit welchem Recht habe ich das verdient?Du bist kein lieber Gott, sonst wrdest du wenigstens ein bisschen helfen!Dein Verhalten ist unmenschlich...

    Diese selbstqulende Trotzreaktion hat Folgen fr das ganze weitereLeben des Betreffenden. Offener oder versteckter Zorn auf Gott und seineKirche, auf alle Beter und frommen Tanten, Gereiztheit undUnzufriedenheit mit sich selbst, Schuldgefhle, die in einer hektischen,lauten und geschftigen Lebensweise verdrngt werden, verdeckte ngsteund am Ende doch noch eine unterschwellige Hoffnung auf bessere Tage,

    auf einen richtig starken Glauben. Doch dann ist meist der Zugang zumBeten blockiert. Helfen Sie mir, ich kann nicht mehr beten ist die spteErkenntnis derer, die sich im Sterben oder in einer groen Not noch einmalihres Schpfers besinnen.

    Kennen Sie Hiob? Er, ein zutiefst glubiger Mensch, wurde erst nachjahrelangem Drngen und Hadern mit Gott erhrt. Selbst Jesus bekam amlberg nicht, was er erbat. Nun werden Sie mich vielleicht fragen, warumdenn Jesus so oft gesagt hat: Bittet und es wird euch gegeben! Hlt Gott

    sein Versprechen etwa nicht? Oder sind seine Aufforderungen anders zuverstehen? Nun, nirgends steht, wann und auf welche Weise unsereGebete erhrt werden. Was immer ihr in meinem Namen erfleht, wirdeuch gewhrt werden! (Joh 15,7) Was immer ihr erfleht, heit: Was ihr

    beharrlich erfleht, bekommt ihr. Wir mssen Gott also stndig, wiederholtdarum bitten. Der Glaube beweist sich auch in der Beharrlichkeit. Wirknnen gewiss sein, dass Gott uns hrt. Er ist bereit, unsere unermdlichenBitten anzunehmen und im fr uns richtigen Moment und in richtiger

    Weise zu erfllen; also nicht immer so, wie wir uns das vorstellen.Schlielich wei er besser, was fr unser Heil, fr unsere Heilung gut ist.Das wre mir ein schner Vater, der jede Bitte seiner Kinder sofort erfllt!

    Natrlich ist ein Vater eher geneigt, einen Wunsch zu gewhren, wenn das

    Wie sollen wir beten

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    Kind gehorsam ist, aufrichtig, sozusagen reinen Herzens (Mt 5,8).Darum ist es gut, wenn wir unsere Anliegen im Zustand der Wahrheit undGnade vor Gott bringen. Allzu oft treten wir im Zorn vor Gott hin, im

    Streit mit Kollegen oder Nachbarn. Deshalb ist es angeraten, zuerst umVergebung zu bitten bzw. Vergebung zu ben. Wenn du daher deineGabe bringst und dich erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, solass die Gabe liegen, geh und vershne dich zuerst und dann komm. (Mt5,2.2.) Denn wenn ihr den Menschen ihre Fehler vergebt, so wird aucheuch euer himmlischer Vater vergeben ... (Mt 6,14)

    Gut ist es auch, mit anderen gemeinsam zu beten, vor allem mit solchenMenschen, von denen wir glauben, dass sie reinen Herzens sind unddadurch Gott nher stehen. Wo zwei oder drei in meinem Namenversammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Mt 18,20) Wir knnenunsere Anliegen ebenso einem Mitmenschen anvertrauen, der siestellvertretend fr uns vor Gott hinbringt. Hier liegt eine der heilsamenAufgaben unserer Klster und Gebetsgemeinschaften. Auch in der Cha-rismatischen Erneuerung ist es eine feste Einrichtung, dass jeder fr jeden

    betet und dass auch mehrere sich zusammentun und fr Einzelne um derenHeilung beten. Das gemeinsam vorgebrachte Gebet, natrlich auch dasLob- und Dankgebet, ber das ich nachher noch ausfhrlich sprechen

    werde, bekommt vor Gott ein besonderes Gewicht. Es empfiehlt sich hier,stets konkret zu formulieren und sich nicht in allgemeinen, abstrakten unddaher unbrauchbaren Formulierungen zu verlieren. Die Bitte um denSegen Gottes fr alle Familien in der Gemeinde ist gut. Die Bitte um Kraftund Trost fr die Familie N., die einen schwerkranken Sohn hat, ist besser,weil konkreter. Nennen wir also die Dinge und die Personen, fr die wir

    beten, beim Namen! Solche persnlichen Frsprachen unterstreichen dieSolidaritt in der Gemeinschaft und schrfen den Blick fr die Anliegen

    unseres Nchsten. Wir drfen Gott auch um Kleinigkeiten bitten; es istnicht so, dass wir meinen mssten, Bagatellen htten im Angesichte Gottesnichts zu suchen. Er will, dass wir uns freuen und das Leben in Fllehaben! Gewiss ist das edelste Gebet immer die Bitte um Vergebung derSchuld anderer. Wenn wir bei einem Mitmenschen einen Mangelentdecken, sollten wir sofort fr ihn beten, auf dass dieser Fehler abgebautwerde. Das Beten fr unsere Nchsten, fr unsere Gegner und Feinde,

    bleibt niemals ohne Wirkung. Im brigen urteilen wir immer milder ber

    diejenigen, fr die wir beten. Wir entwickeln dadurch ein sensiblesVerstndnis fr ihre Probleme und Verhaltensweisen. Die Ver-gebungsbereitschaft wchst.

    Seit Jahren erhalte ich regelmig anonyme Telefonanrufe, hufig des

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    Nachts. Die betreffende Person sagt am Telefon kein Wort; ich hre ihrenAtem; sobald ich zu sprechen beginne, legt sie den Hrer auf. Anfangsrgerte mich dieses Benehmen. Dann lernte ich, gelassener und ruhiger zu

    bleiben. Heute empfinde ich fr diese Person Mitleid. Sie leidet zweifellos.Immerhin opfert sie ihren Schlaf, um mich nachts anrufen zu knnen. Siekennt meine Nummer auswendig und ist wohl die einzige Person auf derWelt, die um diese Zeit an mich denkt. So besehen, kann ich ihr nichteinmal bse sein. Das einzige, das ich fr sie tun kann, ist beten. Und hierkomme ich zum Inhalt dessen, was wir erbitten knnen. Es istverstndlich, aber auch sehr mhselig und langwierig, um tausend Dingezu bitten, um -zig Anliegen besorgt zu sein. Viel einfacher ist es daher, umHeiligkeit zu bitten, um den Geist der Liebe. In der Liebe ist allesenthalten: Wenn ich jeden Tag vor Gott hintrete, so bitte ich ihn immerwieder um ein und dasselbe, nmlich um die Fhrung durch seinenHeiligen Geist und darum, dass ich stets das erkenne und tue, was seinWille ist. Dann bitte ich um seinen Beistand fr meine Patienten; ichnenne die Namen und die konkreten Anliegen, die diese Menschen haben.Zugleich bedanke ich mich fr die Gte des Herrn, die mit dem Gebet

    bereits zu wirken beginnt. Schlielich bin ich still und lausche eine Zeitlang in mich hinein; denn Gott antwortet manchmal in sehr deutlicher und

    direkter Weise. Pltzliche Eingebungen, spontane Gedankenimpulse,sogenannte Aha-Erlebnisse oder ein Gedrngtsein zu einem bestimmtenHandeln folgen mitunter dieser lngeren Stille. Es ist das Hren auf GottesAntwort, das mir in den Anfngen meines Betens sehr zu schaffen ge-macht hat. Immer noch sind wir verfhrt, zu wenig zu lauschen, stattdessen den Lrm und die Geschftigkeit aufzusuchen. Aber Gott antwortetleise; er kommt auf Zehenspitzen zu uns. Wer nicht hellhrig ist undStille um und in sich hat, wird ihn kaum hren. Dieses Hinhren kann uns

    nmlich sehr ntzlich sein, wenn es zum Beispiel darum geht, von Gott zuerfahren, um was wir eigentlich bitten sollen. Ist beispielsweise einMensch sehr krank, neigen wir spontan dazu, um seine Heilung zu beten.Manchmal aber kann es besser sein, um seinen sanften Tod zu beten oderum Kraft fr sein Leiden oder um Geduld auch fr die Angehrigen.Immer nur und ausschlielich um seine krperliche Genesung zu bitten, istalso nicht in jedem Fall angezeigt. Wir knnen Gott daher bitten, dass eruns mitteilen mge, fr was wir eintreten sollen.

    Hier zur Verdeutlichung ein Vorfall, der erst drei Wochen zurckliegt.Eine junge Frau von 40 Jahren lag mit Krebs im Krankenhaus und war vonden rzten aufgegeben worden, was sie jedoch nicht wusste. Sie sprach biszum Schluss von besseren Zeiten und wollte von einem mglichen Tod

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    nichts wissen. Regelmig kamen Freunde zu Besuch, um mit ihr umHeilung zu beten. Diese Gebete machten sie jedes Mal stark und froh.Doch die Krankheit wucherte indes ungestrt weiter. Als ich sie besuchte,

    fand ich sie in einem heiteren Zustand vor; ich glaubte an eine baldigeGenesung und betete mit ihr darum. Doch whrend des Betens berfielmich ein eigenartiges Gefhl: Ich ertappte mich dabei, wie ich mitten imBeten die Formulierung gib ihr die Kraft, vor ihrem Tod noch alles zuregeln benutzte und erschrak ein wenig. Zu Hause bat ich Gott um mehrKlarheit in dieser Angelegenheit und bekam zunehmend das Empfinden,dass er die Patientin zu sich nehmen wrde. Dies deutete ich alsFingerzeig, jetzt nur noch um ihren guten Tod zu beten. Zwei Tage spterstarb sie. Sie schlummerte friedlich hinber, ohne Schmerzen.

    Es ist nicht leicht, auf Gottes Wirken zu hren. Aber wir knnen imLauf unseres Betens ein Gespr dafr entwickeln, vor allem, wenn wir unstglich fnf bis 30 Minuten Zeit nehmen, mit ihm meditierend inVerbindung zu treten. Hier empfiehlt es sich, nach Mglichkeit tglicheine fixe Zeit, am besten abends, zu reservieren und an einem fixen Ort inder Wohnung. Diese Stelle sollte ausschlielich fr unsere Gebetszeitenvorbehalten sein: Hier ziehen wir uns zurck, wenn wir mit Gott etwas zu

    besprechen haben. Wer dies beharrlich praktiziert, wird bald merken, dass

    dieser Ort seine ganz bestimmte Atmosphre entwickelt. Ein Kreuz,frische Blumen und eine Kerze gengen. Wer solches jedoch fr sen-timentales Getue hlt, wird schwer begreifen, dass Gegenstnde und Orteim Lauf der Zeit jenen Charakter annehmen und ausstrahlen, den wir ihnengeben. Ein derartiger Fixpunkt in unserem Alltag bedeutet Ruhe,Besinnung, Stillhalten vor Gott; er fhrt schlielich zu einer vertieftenGelassenheit und intimen Gottesbeziehung. Tgliche Hektik, Flucht inBetriebsamkeit und Lrm fhren von Gott weg. Auch Jesus zog sich jeden

    Tag in die Stille zurck, so dass ihn seine Jnger manchmal lange suchenmussten. (Lk 4,42 + 5,16) Als die Jnger Jesus fragten, wie sie betensollten, gab er ihnen ein sehr schnes Gebet, das wir das Vater unsernennen. Wer diesen Text genauer betrachtet, stellt fest, dass er eine

    bestimmte Gliederung aufweist. Zuerst wird das Anliegen Gottes erwhntin einer dreifachen Bitte: Dein Name sei heilig, dein Reich komme, deinWille geschehe. Dann folgen vier Anliegen zugunsten des Menschen:Unser tgliches Brot gib uns heute, vergib uns unsere Schuld (wie auch

    wir den anderen vergeben), fhre uns nicht in Versuchung, erlse uns vondem Bsen. In der Tat sind hier alle Grundbedrfnisse des Menschenzusammengefasst. Fr unser persnliches Beten heit das: Zuerst mssenwir danach trachten, den Willen Gottes zu erkennen und zu erfllen. Seine

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    Ehre ist wichtiger. Wir mssen uns fragen, was er von uns will und was erdurch uns will. Dann machen wir uns als seine Werkzeuge sein Anliegenzu eigen. Im Grunde ganz einfach und doch fr viele so schwer. Wer so

    betet, kommt nicht daran vorbei, stndig nach dem Willen Gottes zufragen und fr dessen Erfllung mitzusorgen. Auf diese Weise steht nichtder Mensch mit seinen meist ngstlichen und kleinkarierten Bitten imVordergrund, sondern Gott. Natrlich darf jeder sein Anliegen vortragen,um Heil und Heilung bitten. Er darf aber nicht die Bitte um Heiligungunterschlagen. In Gott zu bleiben ist eine unerlssliche Bedingung fr dieGewhrung unserer Bitten. Nun meinen viele Beter, Gott htte sie nichterhrt, solange er nicht ihre Bitten so erfllt, wie sie es sich vorstellen. Sieverharren lange in einer ganz konkreten Vorstellung von Gebetserhrungund merken nicht, wie Gott auf andere Weise kommt, sozusagen durch einHintertrchen oder Seitenfenster. Sie entbehren jener Hellhrigkeit, vonder ich oben sprach.

    Eine junge Frau leidet seit Geburt an epileptischen Anfllen und antausend ngsten. Sie bittet Gott instndig um Hilfe und krperlicheHeilung. Nach einem Jahr sind die Anflle immer noch unverndert da; esscheint keinerlei Heilung erfolgt zu sein. Mir fiel aber auf, dass sie kaumnoch Angst hatte und eine wesentlich grere Gelassenheit zeigte. Ja, sie

    war ausgesprochen heiter und beschwingt an manchen Tagen. ImGesprch kam zutage, dass sie ihre Krankheit angenommen hatte imWissen um die Liebe Gottes, die gar nichts anderes zum Ziel haben kannals Heil. Sie bat immer um krperliche Heilung und erhielt eine innere,seelische Heilung. Ihre Bitte wurde also anders erfllt. Und diese innereHeilung ist immer auch Voraussetzung fr eine krperliche, uereGenesung. Die Angehrigen dieser jungen Patientin sind fest des Glau-

    bens, dass die psychotherapeutischen Manahmen, die ich an ihr vollzog,

    jene Besserung des Gemts verursacht htten. Ich selbst aber begreifemich lediglich als ein Werkzeug Gottes, als sein Beauftragter.

    Halten wir fest: Beten ist nicht ein quantitatives Herunterplappern vonfrommen Texten, sondern ein vertrauensvolles Hinwenden an die GteGottes. Es geschieht am besten durch persnliche, konkrete Formulier-ungen, beharrlich und tglich; es zieht Konsequenzen nach sich, nmlichein entsprechendes Verhalten whrend des ganzen Tages. Wer bereit ist,zu vergeben, fr andere zu beten, besonders fr diejenigen, die ihm rger

    machen; wer sich im Alltag, am Arbeitsplatz, in der Familie, im Umgangmit seinen Nchsten und bernchsten nach den Geboten Gottes richtet,wird mit der Gte Gottes rechnen drfen. Er darf darauf hoffen, dass Gottseine Wnsche erfllt. Der Herr hat gut an mir gehandelt und mir

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    vergolten, weil ich gerecht bin und meine Hnde rein sind (Ps 18,21).Bisher sprach ich vom Gebet ausschlielich als Bittgebet. Dies ist

    wahrscheinlich auch die unter Christen gebruchlichste Gebetsform.

    Leider ist es wohl so, dass der Dank und das Lob fr Gottes Erbarmen undLiebe in unserem Leben viel zu kurz kommen. Bringet alle Tage imGebet und Flehen eure Anliegen mit Danksagung vor Gott sagt Paulus(Phil 4,7). Wenn es uns zu gut geht, vergessen wir schnell unseren Wohl-tter; erst in Stunden der Not wenden wir uns wieder an ihn und bitten ihnum dies und jenes. Das wirklich existentielle Zeichen unserer Hingabe anGott ist aber das Dank- und Lobgebet.

    Ich besuchte einmal einen Gottesdienst in einer fremden Gemeinde. Alsdie Frbitten an der Reihe waren, traten die jeweiligen Sprecher ansMikrofon und trugen ihre persnlichen Bitten vor. Das war nichtsBesonderes. Der eine bat um Vergebung seiner Snden; ein anderererflehte den Beistand Gottes in einer wichtigen Sache; der dritte beschworGottes Erbarmen fr eine kranke Verwandte. Schlielich trat ein jungerMann, etwa 17 Jahre alt, hinzu und sagte sinngem: Vater, ich danke dirfr die vielen guten Menschen und Erfahrungen, die ich von dir

    bekommen habe. Ich danke dir auch fr die schlechten Erfahrungen inmeinem Leben. Sie haben mich stark gemacht. Gib allen meinen Freunden

    Kraft, damit sie auch ihre Misserfolge und Probleme als Chancenverstehen. Es entstand eine groe Stille in der Kirche; tiefe Betroffenheitmachte sich breit. Da kommt ein Jugendlicher daher, spricht seinen ganz

    persnlichen Dank an Gott aus und bittet um Kraft fr seine Freunde. Eswar eine Lektion fr viele, die sich im Gebet nur um sich und nur umWnsche drehen. Er dankte fr die schlechten Erfahrungen, die er alsChancen verstand.

    Menschen, die lobend und dankend ihre Gebete beginnen und beenden,

    werden feinfhliger, wenn es darum geht, Gottes Liebe und Nhe imAlltag zu spren. Sie sehen viel hufiger als alle anderen das Wirken desHerrn in irgendwelchen zuflligen Ereignissen, scheinbar banalenGesprchen und beilufigen Geschehnissen. Indem sie nach Grnden ihrerDankbarkeit suchen, finden sie sie. Indem sie bewusster leben und dieZeichen der Zeit deuten, werden sie dankbarer. Sie knnen dann gar nichtanders, als Gott zu danken und zu loben. Das ergibt sich von selbst undfhrt zu einer befreienden, heiteren Grundstimmung, auch in Momenten

    religiser Trockenheit und seelischer Schwerflligkeit. Manche von Ihnen,liebe Leser, werden jetzt vielleicht etwas unwirsch sagen: Das ist alles gutund schn. Aber wer meine Krankheit und Not hat, wer meine Schmerzenund ngste ertragen muss, wird wohl kaum einen Grund zum Jubilieren

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    haben. Solche uerung ist begreiflich. Wer so spricht, sollte wissen,dass er mit Gott getrost hadern und zrnen darf. Er darf ihn anklagen und

    beschwren; Gott lsst mit sich ringen; er kann das Leid verantworten und

    wendet sich keineswegs von einem solchen zornigen Beter ab. Hiob hatgenauso gehandelt. Mit Gott hadern weckt Lebensgeister und ist ein Be-weis fr Treue zu Gott. Christlicher Glaube kann dann zur Aggression

    befreien, deren Verdrngung in einer dumpfen Schicksalsergebenheitbestenfalls Resignation hervorbringen wrde. Das aggressive Beten in denKlagepsalmen fhrt zur Aussprache mit Gott, vielleicht auch zurVerarbeitung seines Leidens. Es ist weitaus besser, seinen Zorn gegen Gottzu richten, ohne Rache anzudrohen, als ihn gegen seine Mitmenschen zurichten. Diese Art von Zorn, die nicht von Gott lsst, zeugt von demverzweifelten Interesse eines geschlagenen Kindes an seinem Vater.Aggressive Regungen sind Ausdruck einer lebendigen Beziehung und derGleichgltigkeit vorzuziehen; denn Gleichgltigkeit ist Stillstand, ist derTod jeder Beziehung. Wir brauchen also keine Schuldgefhle zu be-kommen, wenn wir in der Verzweiflung unserem Gott zrnen: Warum hastdu mich im Stich gelassen? Wo sind deine Worte von Erbarmen undHeilung geblieben? Warum schlgst du mich so? Bin ich Hiob? Ich habees satt zu betteln, weil du nicht hrst. Und trotz allem und schon wieder

    flehe ich dich an: Erbarme dich meiner! Denn ich gestehe, dass ich nichtloslassen kann von dir. Wer knnte mir helfen auer dir?

    Beten ist ein lebenslngliches Ringen mit unserem Schpfer. Es ist einEintreten fr uns, fr andere, fr Gott. Der Geist selbst tritt fr uns ein mitunaufhrlichem Seufzen (Rm. 8,26). Wer nicht nachlsst, darf aufseinen Lohn hoffen; Gott hlt seine Treue ber unser irdisches Lebenhinaus.

    (Jrg Mller - Gott heilt auch dich, J.F. Steinkopf Verlag)

    Wenn ihr Gott suchen wollet und wollet Ihn auch erschaulich finden,da msset ihr mit der grten Bestimmtheit hinaustreten und Ihn auchso suchen. Ihr msset ohne den allergeringsten Zweifel fort glauben,

    dass Er ist, und wenn ihr Ihn auch noch so lange nicht irgend zuGesichte bekommen solltet, und msset dann auch mit eurer Liebe Ihnebenso bestimmt ergreifen, als wie bestimmt ihr an Ihn glaubet. Sodannwird es sich erst zeigen, ob ihr in eurem Denken, Glauben, Wollen und

    Lieben die grtmglichste Bestimmtheit erlangt habt. Habt ihr dieselbeerlangt, wird sich Gott euch auch sicher zeigen, so Er einer ist.

    (GS.2_74,11-12)

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    Kontemplation - was ist das?

    Margitte Niederstucke

    Was ist Kontemplation? Dieses Wort zeigt bereits den Weg und dasZiel. Kontemplation kommt von dem lateinischen Wort Kon-templare =Kontakt aufnehmen, in Kontakt kommen, in Kontakt sein mit dem Tempel.

    Warum wird der Raum in der Mitte unseres Herzens Tempel genannt,als innerstes Heiligtum unseres Krpers, Allerheiligstes, Grund,Wesensnatur oder auch als der Ort, in dem Gott in uns Zuhause ist -

    beschrieben?Es ist ein Hinweis auf die andere Ebene der einen Wirklichkeit, die sich

    jedem Zugriff entzieht und weder mit Intellekt noch Gefhl auszuloten ist.Sie geht ber die Person hinaus, ist das ganz Andere. Diese Ebene hat

    keine Form und keinen Namen. Aber um diese Wirklichkeit und den Wegdahin zu beschreiben, braucht es Worte und Begriffe. Diesertranspersonale Raum gehrt zum Menschen: Nie getrennt vom Hier undJetzt, fliet es stndig ber. Suchst du es, so kannst du es nicht finden./ Dukannst es nicht ergreifen und doch kommst du nicht los davon./ Weil du esschon hast, kannst du es nicht erlangen. (Shodoka V. 39)

    Die mystische Literatur ist voll vom Jubel ber die Erfahrung, dass dieFlle des Lebens in jedem Augenblick im Menschen strmt. In seinemBuch Der cherubinische Wandersmann beschreibt der Mystiker AngelusSilesius (17. Jhdt) in jedem seiner ber 350 Verse die Erfahrung des Einen.Drei Kostproben aus meinen Lieblingsversen:

    Mensch, nichts ist unvollkomm'n./ Der Kies gleicht dem Rubin./ DerFrosch ist ja so schn/wie Engel Seraphim.

    Gott liebt und lobt sich selbst/ so viel er immer kann./ Er kniet und

    neiget sich./ Er bet't sich selber an.Gott tut im Heil'gen selbst./ All's was der Heil'ge tut, Gott geht, steht,

    liegt, schlft, wacht,/ isst, trinkt, hat guten Mut.Wir haben den Zugang zu dieser lebendigen Flle in uns verloren. Wie

    finden wir den Weg in die Erfahrung dieser Wirklichkeit?Unser Wesensgrund wird erfahrbar, wenn unsere Aufmerksamkeit voll

    und ganz auf ein Tun ausgerichtet ist; beispielsweise auf diesen einenAtemzug, oder dieses eine Krpererleben, oder diesen einen Schritt, diesen

    einen Ton, ohne Vorher und Nachher, ganz im Hier und Jetzt. Diesbedeutet jahrelanges Praktizieren der bung, denn sie ist einfach, aber sieist nicht leicht. Wir brauchen die achtsame Wiederholung auf dem Weg.Warum ist das so? Mit ihr unterbrechen wir den Lauf der Gewohnheit in

    Kontemplation - was ist das?

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    unserem Umgang mit den Dingen. Indem wir innehalten und unserzerstreutes Bewusstsein auf ein Tun sammeln, z. B. auf den Atem (ichspre mein Einatmen, ich atme aus; spre wo mein Einatmen Raum in mir

    gibt, atme wieder aus...) kommen wir im Augenblick an; wir greifensozusagen in die Speichen des Rades unseres automatisch ablaufenden,grtenteils unbewusst bleibenden Lebens.

    Der christliche Mystiker Johannes Tauler (14. Jhdt) gibt uns einenHinweis fr die bung der inneren Einkehr:

    Der Mensch lasse die Bilder der Dinge ganz und gar fahren und macheund halte seinen Tempel leer. Der Zugang zur Erfahrung der einenWirklichkeit wird blockiert durch die Begrenzung unseres Bewusstseins,das konzentriert ist auf die Bilder, die wir uns von den Dingen der Weltgemacht haben. Johannes Tauler meint: lasse die Bilder los, halte nichtfest, hafte nicht an deinen Vorstellungen, sie entsprechen nicht der anderenEbene der Wirklichkeit - von der du eine Ahnung hast, die dich ruft undlockt und dein Sehnen verstrkt - lass los, werde leer. Das Sitzen in derStille whrend der Kontemplation entleert die Gedanken, fhrt in dasinnere Schweigen. Johannes Tauler fhrt fort: Denn wre der Tempelentleert, und wren die Bilder und Phantasien, die den Tempel besetzthalten, drauen, so knntest du ein Gotteshaus sein, und nicht eher, was du

    auch tust. Hier wird es ganz deutlich: wir haben die Fhigkeit zurGottesbegegnung in uns.

    In der Flut der Bilder, im berma der Worte ist es notwendig, dieOrientierung nicht zu verlieren. Orientierung, Halt, Boden unter denFen. Klarheit und Einfachheit kommen aus der Erfahrung innererWirklichkeit, aus ihr entsteht eine neue Sichtweise: sie bahnt einen Wegdurch Verwirrung, Verstrickung und Leiden.

    Wir wissen: den Weg finden wir nur, wenn wir uns auf den Weg

    machen. Was hindert uns, unsere bung im Alltag gerade in denMomenten einzusetzen, die wir als problematisch erleben - in denen sichkrperlich auswirkt, dass wir Angst haben, berfordert sind, in denen unsPanik ergreift oder wir erstarren?

    Sind wir uns dessen berhaupt bewusst, was in einem solchen Momentgeschieht? Haben wir genug Distanz, zu beobachten? Setzen wir unsereninneren Zeugen ein? Oder die bung des achtsamen Atmens?

    Zunchst vertrauen wir auf unsere Ich-Strke, die uns hilft, unsere

    Arbeit zu bewltigen, die akzeptierte, gesellschaftliche Formaufrechtzuerhalten; und wir setzen all unsere Fhigkeiten ein, um dasjeweilige Problem, mit dem wir konfrontiert sind, zu lsen. Das ist gut so.

    Wir wissen: das Leiden entsteht in dieser Welt durch Anhaften und

    Kontemplation - was ist das?

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    Festhalten, Gier, Zorn und Verblendung. Grundstzlich scheint es so zusein, dass unser Ich seine eigene Gier und den Hang zur Macht undAggression gar nicht bewusst erkennen kann.

    Die Verblendung - die alte Sichtweise entstanden durch unserjeweiliges psychisches und physisches Muster - ist oft noch eng, einseitig,undurchlssig fr Licht und Einsicht.

    Auf dem kontemplativen Weg praktizieren wir achtsames Atmen undkommen allmhlich im gegenwrtigen Augenblick an. Indem wir immerwieder hartnckige Gedanken und Gefhle mit dem Ausatmen loslassenund uns begleiten lassen von unserer Silbe - unserem Gebetswort -,konzentrieren wir uns auf das EINE, kehren immer neu - geduldig,ausdauernd zur bung zurck: so entwickelt der innere Laut einedynamische Kraft in unserem Bewusstsein.

    Wir spren es oft: unser Ich, das es gewohnt ist, festzuhalten,anzuhaften, sich mit seinen Gedanken und Gefhlen, dem Wollen undWnschen, zu identifizieren, verhindert die Kraft des WEGES. Esverstrickt sich leicht und immer mehr, wenn es in der Fixierung auf der

    psychischen Ebene beharrt. Das kann uns in krperliche und auchpsychische Schmerzen fhren, in eine dramatische Sichtweise derBeurteilung unserer augenblicklichen Lebenssituationen, - wir hngen fest

    und leiden.Um im unumgnglichen Schmerz des Lebens Orientierung zu finden,

    darum praktizieren wir achtsames Atmen. Es geht um die Ernsthaftigkeitunserer Entscheidung: entweder im Festhalten zu verharren oder mit jedemAtemzug loslassend in den Kontakt zu unserem Wesensgrund zu kommen.So entsteht der Weg in uns.

    Wenn wir uns entscheiden, Kontemplation zu praktizieren, und unsnach innen wenden, lassen wir uns ausatmend los (mit Du, Shalom,

    Jesus, o. a.), geben uns hin an das Wort. Innen und auen will das Ichnichts mehr, auer dem einen: EINS zu werden mit dieser einen Silbe imAtem, will nichts, als ankommen im Wesensgrund. Oder wie es MeisterEckhart ausdrckt: Nun wnscht das abgeschiedene Herz gar nichtsweiter, als einfrmig zu sein mit Gott, das macht sein ganzes Gebet aus.

    In dieser tiefen Erfahrung verschwindet das Ich und wird neuaufgerichtet. Erschttert und staunend schauen wir unseren groenReichtum an, als Mensch in der Welt da zu sein. Die kontemplative bung

    entfaltet alles Leben und eine neue Sichtweise.(Quelle: Kontemplation und Mystik 1/2001, Via Nova Verlag)

    Kontemplation - was ist das?

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    Der Akt der Hingabe

    Don Dolindo Ruotolo, ein neapolitanischer Priester, hat diese Lehre

    ber die Hingabe an Gott aufgeschrieben, die ihm von Jesus selbsteingegeben wurde.

    Jesus spricht: Warum lasst ihr euch beunruhigen undverwirren? berlasst Mir eure Sorgen und alles wird sich

    beruhigen. Wahrlich, Ich sage euch, dass jeder wahre,vertrauensvolle und totale Akt der Hingabe an Mich dieWirkung hervorbringt, die ihr so sehr wnscht, und dieeure dornenvollen Situationen lst.

    Sich Mir hingeben heit nicht: sich ngstigen, sich beunruhigen und

    verzweifeln, um erst dann ein erregtes Gebet an Mich zu richten, damit Icheuch beistehe. Sich Mir hingeben heit vielmehr: gleichsam die Augen derSeele ruhig schlieen und sich Mir berlassen, damit Ich allein euch ansandere Ufer trage, wie schlafende Kinder auf den Armen der Mutter.

    Das, was euch durcheinander bringt und sehr schadet, ist euerGrbeln, Nachsinnen, euer Sich-Sorgen und Abqulen in der Annahme,um jeden Preis alles selbst tun zu mssen.

    Wie vieles bewirke Ich doch, wenn die Seele sich in ihren geistigen und

    auch materiellen Bedrfnissen an Mich wendet, und Mich anzuschauensich bemht, whrend sie voller Vertrauen sagen kann: ,,Sorge Du!, dieAugen schliet und in Mir ruht! Wenn ihr euch zu sehr abqult, werdet ihrwenige Gnaden erhalten. Wenn eure Gebete dagegen ein vollkommenesSich-Mir-Anvertrauen sind, dann werdet ihr viel Gnaden erhalten.

    Im Leiden betet ihr, dass Ich es euch nehmen soll, dabei jedoch nurganz so, wie ihr es euch vorstellt. Ihr wendet euch zwar an Mich, wolltaber, dass Ich Mich euren Vorstellungen anpasse. Ihr seid wie Kranke, die

    den Arzt um eine Behandlung bitten, die Art und Weise der Behandlungdem Arzt jedoch selbst vorschreiben.Macht es nicht so, sondern betet, wie Ich es euch im Vaterunser gelehrt

    habe: ,,Geheiligt werde Dein Name, das heit: ,,Sei Du verherrlicht inmeiner Not und Bedrngnis. ,,Dein Reich komme, das heit: ,,Allestrage dazu bei, Dein Reich in uns und in der Welt aufzubauen. ,,DeinWille geschehe, wie im Himmel so auf Erden, das heit: ,,Verfge Du indieser meiner Angelegenheit, wie es Dir besser erscheint fr meinzeitliches und ewiges Leben. Wenn ihr Mir wirklich sagt: ,,Dein Willegeschehe oder ,,Sorge Du, dann greife Ich mit Meiner ganzen Allmachtein und lse die schwierigsten und aussichtslosesten Situationen.

    Und wenn du siehst, dass das bel sich verschlimmert, statt sich zu

    Der Akt der Hingabe

    Don Dolindo Ruotolo

    (1882-1970)

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    bessern? Beunruhige dich nicht! Schliee wiederum die Augen deinerSeele und sprich zu Mir mit vollem Vertrauen: ,,Dein Wille geschehe,

    sorge Du, o Herr.Und Ich sage dir, dass Ich sorge, dass Ich wie ein Arzt

    eingreife mit Meiner gttlichen Allmacht, und dass Ich auch ein Wunderwirke, wenn es ntig ist. Siehst du dann, dass sich dein Zustand etwa alsKranker verschlimmert, so beunruhige dich dennoch nicht, sondernschliee die inneren Augen und sprich: ,,Sorge Du. Ich sage dir, Ichsorge!

    Die Besorgnis um eine Sache, die Unruhe und das Selbstdenken und -tun sind gegen die wahre Hingabe. Es ist wie das Ungestm der Kinder,die verlangen, dass die Mutter fr ihre Bedrfnisse sorge, aber dann dochselbst sorgen wollen, und so durch ihre Ideen und Launen die Arbeit derMutter nur stren.

    Schliet die Augen eures Ichs, und lasst Mich wirken. Schliet ruhigdie Augen, richtet eure inneren Blicke ganz auf Mich, und legt eureGedanken an die Zukunft wie bei einer Versuchung ab. Ruht in Mir!Glaubt an Meine Gte, und Ich versichere euch bei Meiner Liebe, dass,wenn ihr in dieser Verfassung zu Mir sagt: ,,Sorge Du, Ich dann voll undganz sorge, euch trste, euch befreie, euch fhre. Und wenn Ich euch einenanderen Weg fhren muss als den, den ihr meint, gehen zu mssen, dann

    trage Ich euch trotzdem auf Meinen Armen, denn es gibt keine heilsamereMedizin als das Eingreifen Meiner Liebe. Doch bedenkt: Ich sorge nur,wenn ihr eure Augen innerlich auf Mich ausrichtet, das heit, wenn ihrwirklich wollt und Mir vollkommen vertraut, ja euch Mir fest anvertraut!

    Ihr werdet schlaflos, wenn ihr alles abschtzen und erwgen wollt, alleserforschen, an alles denken wollt. Dabei berlasst ihr euch doch nur denmenschlichen Krften des eigenen Ichs oder noch schlimmer: DenMenschen schlechthin, indem ihr auf ihr Eingreifen vertraut. Das ist ein

    Hindernis fr Meine Absichten. Oh, wie sehr wnsche Ich Mir von euchdiese Hingabe, um euch beschenken zu knnen, und wie betrbt es Mich,euch so beunruhigt und verzweifelt zu sehen!

    Gerade dies aber strebt Satan an: Euch in Unruhe und Verzweiflung zubringen, um euch so Meinem Wirken und Meiner Liebe zu entziehen,damit ihr euch ganz menschlichem Denken und Handeln hingebt. Deshalbvertraut Mir allein, ruhet in Mir! Gebt euch in allem Mir hin! Ich wirkeWunder in dem Mae eurer vollkommenen Hingabe an Mich und des

    gnzlichen Misstrauens euch selbst gegenber. Keiner, der alles errtertoder selbst erwgt, hat je ein Wunder gewirkt. Nur der wirkt mit Gott, dersich Gott total hingibt und bergibt.

    Wann immer ihr seht, dass alles sich noch mehr verwickelt, sprecht mit

    Der Akt der Hingabe

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    den geschlossenen Augen eures Herzens: ,,Jesus, sorge Du. Und lenkteure Gedanken weg von eurem Ich, denn euer ruheloser Verstand macht eseuch schwer, Mir zu vertrauen. Macht es so mit all euren Bedrfnissen;

    macht es alle so, und ihr werdet groe, fortgesetzte und stille Wundererleben, die uerlich nicht sensationell erscheinen, fr euch aber grosind und berdies das rechte Vertrauen und eure Liebe zu Mir strken. Ich,euer Gott, werde sorgen. Ich versichere es euch!

    Betet immer in dieser inneren Haltung und Hingabe, und ihr werdetgroen Frieden haben und wahre Frchte Meiner Liebe ernten, selbst dann,wenn Ich euch die Gnade des Opfers, der Shne und der Liebe zumute,

    besser gesagt schenke, die ein Leid als Kreuz auferlegt. Scheint euch diesunmglich zu sein? Schliet die Augen, blickt nach innen und betet mitganzem Herzen: ,,Jesus, sorge Du.

    Habt keine Angst, Ich sorge frwahr! Dann werdet ihr Meinen Namenpreisen, indem ihr euch selbst verdemtigt. Eure Gebete gelten nicht soviel wie ein einziger Akt vertrauensvoller Hingabe. Bedenkt es wohl. Esgibt keine wirksamere Andacht als diese: O Jesus, ich gebe mich Dir

    ganz hin, sorge Du!

    Vertraue nur ganz allein auf Mich, denn Ich wei es allezeit ambesten, wo jemanden der Schuh drckt, und bin auch ein sehrverlssiger Wegweiser. Mir sind alle Wege wohl bekannt. Und Ich bin

    der nchste und krzeste Weg Selbst! Wer darauf wandeln wird, derwird das rechte Ziel nicht verfehlen ewiglich! Denn wen Ich fhre, der

    hat wahrlich einen sicheren Geleitsmann. Und wer auf Meinen Wegenwandelt, der verfolgt ein sicheres Ziel, ja ein Ziel, das ein Ziel aller Zieleist. Denn Ich bin der Wegweiser, der Weg und das ewige, lebendige Ziel

    Selbst!Siehe du sorgst und bekmmerst dich eitel, wenn du Mich liebst, treu

    rufst und ungezweifelt glaubst, dass Ich, dein allmchtiger, groer undheiliger Vater, es bin, der dir solches sagen lsst. Tue daher nur sovielals du magst und kannst, alles brige berlasse im vollsten Vertrauennur Mir! Und du kannst versichert sein, dass Ich alles zu einemgerechten Ziele fhren werde.

    Wahrlich, so du Mich eine Stunde lang geliebet und ebenso lange

    Mir vertraut hast, so hast du mehr getan, als so du dich zehn Jahrevergeblich sorgtest und in solchen Sorgen fr nichts und um nichts garoft von Meinen Gnadenwegen dich abwendetest! Siehe, die Ich versorge,die sind wohl versorgt, zeitlich und um desto mehr noch ewig.

    (HiG. Bd.1_41.01.26,02-04)

    Der Akt der Hingabe

    JKJKJKJKJK

  • 7/29/2019 Geistiges Leben 2012-4

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    GL 4/2012 35

    Von den Schwchen der Gotteskinder

    Du aber suchest Gott, darum bist du auch ein Gotteskind. Die

    Kinder der Welt aber suchen nur die Welt und sind darum auch derenKinder. Sie fliehen das Gttliche und suchen nur die Ehre und dasAnsehen der Welt.

    Wenn sie die Welt gro, herrlich und schn nennen, so ist ihreGlckseligkeit auch schon beisammen; so man aber anfinge, ber gttlicheDinge mit ihnen zu reden, da wissen sie nichts, und damit sie ihre Schandeverbergen, umhllen sie sich mit allerlei Flitter der Welt, mit Hoffart undmit Hochmut und verfolgen mit Zorn, Hass und Hohn alle Weisheit, dieaus Gott in die Herzen der Gotteskinder gegossen wird.

    Sagt die Helena: O ja, aber dass ich ein Gotteskind wre, das kommtmir wohl als etwas sehr Gewagtes vor! Wir sind wohl alle sicherGeschpfe eines und desselben Gottes; aber von der sicher endlosestenErhabenheit der wahren Gotteskinder kann ja doch bei uns keine Redesein, die wir als grobe und schwerfllige Materiemenschen dochersichtlich mit allerlei Schwchen und daraus hervorgehenden zahllosenUnvollkommenheiten behaftet sind! Da wirst du, liebster und sonstweisester Freund, dich wohl ein wenig zu hoch verstiegen haben!

    Sagt Mathael: Oh, mitnichten; denn siehe, das, was ich dir gesagthabe, habe ich von dem groen Einen! Was aber Er mich gelehret, ist und

    bleibt ewige Wahrheit!Siehe, du habest eine Taube, die da wohl fliegen kann