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Werner Pepels

Einführung in das Marketingkonzept

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Einführung in das Marketingkonzept

2. AuflageBei diesem Text handelt es sich um die aktualisierte Version des Buches „Das Marketing-Konzept - Denkhaltung und Aktionsfelder“ des Autors, erschienen im Oldenbourg-Verlag München. Alle Inhalte wurden revisioniert und geben einen systematisch-analytischen, aber transferorientierten Überblick über das Thema.

© 2012 Werner Pepels & Ventus Publishing ApSISBN 978-87-7681-978-1

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Einführung in das Marketingkonzept

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Inhalt

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1 Die Marketingentwicklung im Überblick 71.1 Die Prozessentwicklung des Marketing 71.2 Die Strukturentwicklung des Marketing 8

2 Die Marketingdefinitionen 10

3 Die materiellen Methoden des Marketing 12

4 Das Relationship-Marketing 174.1 Die Privatkunden als Zielgruppe 184.2 Die Zwischenabnehmer als Zielgruppe 204.3 Die Lieferanten als Zielgruppe 234.4 Die Kapitalgeber als Zielgruppe 264.5 Die Konkurrenten als Zielgruppe 294.6 Die Medienöffentlichkeit als Zielgruppe 344.7 Die Mitarbeiter als Zielgruppe 38

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited, eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr Netzwerk von Mitgliedsunter nehmen. Jedes dieser Mitglieds­unternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns. © 2011 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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Inhalt

5 Das Broadening im Marketing 425.1 Das Marketing für nicht-kommerzielle Betriebe 425.2 Das Social marketing 485.3 Das Generic concept of marketing 53

6 Das Deepening des Marketing 556.1 Das Human concept of marketing 566.2 Das Corporate citizenship-Marketing 596.3 Das Ökologie-Marketing 60

7 Die konstitutiven Elemente des Marketing 627.1 Der Markenartikel 627.2 Die Marktsegmentierung 697.3 Zufriedenheitsmanagement 78

8 Der Markt und das Marketing 818.1 Das Mikromarketing 818.2 Das Makromarketing 86

9 Die institutionellen Aktionsfelder des Marketing 919.1 Das Konsumgütermarketing 919.2 Das Industriegütermarketing 939.3 Das Dienstleistungsmarketing 101

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Inhalt

10 Die funktionellen Aktionsfelder des Marketing 10910.1 Das Handelsmarketing 10910.2 Das Beschaffungsmarketing 11710.3 Das internationale Marketing 122

Literaturhinweise zu Veranstaltungen Marketing-Instrumentarium 130

Autorenhinweis 132

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Die Marketingentwicklung im Überblick

1 Die Marketingentwicklung im Überblick

Die Ursprünge der Marketingentwicklung liegen in Deutschland in der Handelsbetriebslehre begründet. In Leipzig und Köln gab es die ersten Lehranstalten, die sich mit dem, was man heute unter Marketing subsumiert, beschäftigten, als Handelshochschulen. Dies liegt auch nahe, wird doch die abstrakte Marktleistung kaum irgendwo sonst so konkret und alltäglich erlebbar wie im Handel. Aus diesen Anfängen zur Jahrhundertwende entwickelte sich dann etwa zwischen 1925 und 1970 die Absatzwirtschaftslehre, wesentlich verbunden mit dem Namen Erich Gutenberg. Im Mittelpunkt der Absatzwirtschaft stand die Distributionsfunktion als Vorbereitung und Durchführung des Verkaufsvorgangs, also die Verwertung der wie auch immer erstellten Unternehmensleistung zur Liquidierung bei wie auch immer gearteten Nachfragern am Markt. Zwischen etwa 1965 und 1985 ergab sich daraus, aufbauend auf wegweisenden amerikanischen Ansätzen (Philip Kotler, Theodore Levitt), die Marketinglehre, hierzulande wesentlich verbunden mit dem Namen Heribert Meffert (aber auch den Namen Bruno Tietz, Hans Raffée, Erwin Dichtl u.a.). Sie stellte erstmals ein in sich geschlossenes Konzept zur Marktbearbeitung dar, das die Ausrichtung aller Aktivitäten auf die Nachfrageseite postulierte, weil diese als Engpass für den Unternehmenserfolg identifiziert wurde. Ab etwa 1980 wurde dieser Ansatz entscheidend dadurch erweitert, dass eine Marketingsichtweise als Maßgabe für jede strategische Betriebsausrichtung angesehen wurde, eben als Marketing-Management, um damit entscheidende komparative Konkurrenzvorteile zu erreichen. Weitere Entwicklungen folgen bis zum heutigen Tag und sorgen für eine stetige Aktualisierung der Marketinginhalte.

1.1 Die Prozessentwicklung des Marketing

Zunächst gab es in der wirtschaftlichen Tätigkeit nur den Engpass der Leistungserstellung (Produktion), der durch massiven Technologieeinsatz jedoch bald überwunden werden konnte. Daran schloss sich der Engpass in der Beschaffung von Betriebsstoffen, Finanzen und Personal an. Auch dieser konnte durch pragmatische Maßnahmen wie Kolonialisierung, Gründung von Kapitalgesellschaften, duale Ausbildung etc. überwunden werden. Nunmehr erst ergab sich, im Zuge der Käufermarktsituation, ein Engpass in der Leistungsverwertung, der bis zum heutigen Tage den wirtschaftlichen Erfolg limitiert.

Das Kennzeichen der Verkäufermarktsituation war, dass die Anstrengungen, die Nachfrager unternehmen müssen, um in den Besitz von ihnen gewünschter Güter zu gelangen, größer sind als die Anstrengungen der Anbieter, verfügbare Güter loszuschlagen. Diese Phase ist in den entwickelten Gesellschaften der westlichen Welt jedoch längst der Phase der Käufermarktsituation gewichen. Dabei müssen Anbieter im Parallelwettbewerb zueinander versuchen, Nachfrager für die von ihnen angebotenen Güter zu finden, während diese ihrerseits bequem verschiedene Angebote vergleichen und das bevorzugte auswählen können. In einer solchen Situation ist Marketing jedoch überlebenswichtig für jeden Anbieter. Allerdings bedurfte es erst der weitgehenden Sättigung der Märkte, um diesen Engpass entstehen zu lassen.

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Die Marketingentwicklung im Überblick

Dem wurde zunächst durch die Betonung des Verkaufsvorgangs (Marketing als Distributionsfunktion) entsprochen. Als dies nicht mehr ausreichte, kam es zur Betonung der Endabnehmer (Marketing in Pull-Funktion) als Nachfrager von Leistungen. Nachdem sich auch dies immer mehr Anbieter zueigen gemacht hatten, wurde, vor allem im Bereich der schnelldrehenden Konsumgüter (FMCG´s), der für die Marketingentwicklung trendsetzend ist, eine Betonung der Absatzmittler erforderlich (Marketing in Push-Funktion), um den Absatzkanal zu steuern. Danach kam es angesichts stagnierender Marktvolumina, die den eigenen Erfolg nur noch zu Lasten des direkten Mitbewerbs erlauben, zu einer Betonung der Wettbewerbssicht (Marketing als Konkurrenzverdrängungsfunktion).

Mit jeder dieser Phasen änderte sich notwendigerweise auch das Selbstverständnis des Marketing. Waren zu Beginn das dynamische „Aufreißen“ von Kunden, der schnelle Abschluss, das clevere Manipulieren dominant, so wird nunmehr die Verantwortung des Marketing für das Gemeinwohl postuliert. Dieser Wandel ist nicht nur ethisch-moralisch fundiert, sondern vor allem dadurch bedingt, dass stagnierende Märkte und restriktive Umfeldbedingungen die Bedeutung der Akquisition neuer Kunden hinter die der Pflege der Beziehungen zu bestehenden Kunden zurücktreten lassen. Denn unter diesen Vorzeichen ist es unmittelbar einsichtig, dass es zunächst einmal der Absicherung der bestehenden Kunden bedarf, bevor man sich an die Gewinnung neuer Kunden macht, denn ansonsten kommt es nur zum kostenaufwendigen Tausch von Abnehmern im Nullsummenspiel. Das heißt, der Fokus der Aktivitäten ist von der Transaktion und dem Vorkauf-Marketing längst auf das Nachkauf-Marketing gewandert, verbunden etwa mit zentralen Begriffen wie Kundenzufriedenheit, Beschwerdeverhalten, Kundenlebenszeitwert, Beziehungsmanagement etc.

Mehr noch, bereits früh hatte Kotler festgestellt, dass eigentlich jegliche Form sozialen Austausches Marketingüberlegungen zugänglich ist, Marketing also keineswegs auf geschäftliche Zwecke begrenzt bleibt, sondern ebenso gut auch im privaten oder gemeinwirtschaftlichen Bereich instrumentalisiert werden kann. Da Werte transferiert werden, und die Marketingdomäne in der Gestaltung solcher Austauschprozesse liegt, wird modernes Marketing ganz zwangsläufig zum Beziehungsmanagement.

1.2 Die Strukturentwicklung des Marketing

Die Ausbreitung des Marketing in der betrieblichen Organisationspraxis erfolgte im Zeitablauf in verschiedenen Stufen. Zunächst gab es noch verteilte Marketingaufgaben, d.h. vermarktungsrelevante Aufgaben waren verschiedenen Funktionen im Unternehmen zugeordnet. So waren etwa im Produktionsbereich Produkt- und Packungsgestaltung, Qualität und Kundendienst angesiedelt, im Finanzbereich Konditionen, Absatzkreditwesen, Inkasso und Mahnwesen, im Personalbereich Schulung und Training von Verkaufsmitarbeitern, im Verwaltungsbereich Vertriebskostenrechnung und Auftragsabwicklung. Der Absatzpolitik kam insgesamt in Relation zu anderen Unternehmensbereichen eher untergeordnete Bedeutung zu.

Im Rahmen des zunehmenden Stellenwerts der Absatzfunktion für den Unternehmenserfolg wurde bald klar, dass es sinnvoll war, zumindest die unmittelbar absatzvorbereitenden Funktionen in einem Bereich Marketing zusammenzufassen. Marketing entwickelte sich so zu einer systematischen Hilfsfunktion des Vertriebs. Weiterhin waren jedoch wichtige Teilfunktionen in anderen Bereichen angesiedelt, wie etwa Produktentwicklung (in der Produktion), Absatzerfolgskontrolle und Preisfindung (im Rechnungswesen), Marktforschung (in der Information) etc. Darüber hinaus dominierte weiterhin die Absatzfunktion (im Verkauf).

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Die Marketingentwicklung im Überblick

Es ist einleuchtend, dass es angesichts solcher organisatorischer Bedingungen zu keinem konsistenten, schlagkräftigen Marketingkonzept kommen konnte. Vielmehr war eine eindeutige Zusammenfassung aller Marketingfunktionen in einem gemeinsamen Bereich erforderlich. Dies führte zu einer gleichberechtigten Stellung des Marketing und des Vertriebs neben die übrigen betrieblichen Funktionen. Weiterhin blieben jedoch wichtige Teilfunktionen in anderen Bereichen angesiedelt, und weiterhin wurde die traditionelle, aber zunehmend unzweckmäßige Trennung zwischen Vermarktung und Vermarktungskonzept beibehalten. Dies ist im bis zum heutigen Tage in vielen Branchen verbreitet, die noch nicht durch eine rigorose Kundenorientierung gekennzeichnet sind (z.B. Industriegüter, Finanzdienstleistungen, Kulturbetriebe).

Im Zeitablauf wurde jedoch überwiegend rasch deutlich, dass durch diese künstliche funktionale Trennung eine Reihe von Nachteilen bedingt waren. Also kam es zunehmend zu einer Integration von Marketing und Vertrieb, allerdings unter Führung der konzeptionellen Marketingfunktion, wobei die absatzrelevanten Teilfunktionen aus anderen Bereichen gleich mit abgezogen und in die vereinte Funktion eingebracht wurden. So entstand erstmals eine ganzheitlich führbare Marketingfunktion, die gleichberechtigt neben den anderen betrieblichen Teilfunktionen angesiedelt war.

Im Zuge zunehmend restriktiver Vermarktungsbedingungen wurde es jedoch offensichtlich, dass dem Marketing ein Primat für den Unternehmenserfolg zukam. Dem wurde eine zu anderen betrieblichen Funktionen nur gleichberechtigte Stellung nicht angemessen gerecht, insofern kam es zu einer vorrangigen Stellung (Primat des Marketing), wie sie heute zumindest in marktorientierten Unternehmen gültig ist. Die relevanten Teilfunktionen waren damit nicht nur im Zuge eines integrierten Marketing umsetzbar, sondern auch eindeutig gegenüber den internen Unternehmensfunktionen priorisiert.

Die strikte Kundenorientierung führt aber nunmehr dazu, dass die Marketing-Denkweise aus dem Marketingbereich wieder herausgelöst und auf alle betrieblichen Funktionen ausgeweitet wird. Denn die Etablierung eines, zudem kraftvollen, Marketingbereichs legt für die anderen internen Unternehmensfunktionen nahe, dass auf sie eine Marketing-Denkweise nicht appliziert werden kann, denn dafür ist ja offensichtlich eine eigenständige Abteilung zuständig. Genau das Gegenteil ist aber richtig („Everybody´s in marketing“). Das heißt, die Kundenorientierung wird zunehmend eine selbstverständliche Zielgröße auch für eher marktfern agierende Bereiche. Besonders deutlich wird dies im Rahmen der Produktion mittels Qualitäts- und Prozessorientierungskonzepten. Insofern ist nunmehr eine verteilt vorrangige Stellung des Marketing in allen Funktionen gegeben.

Für außenstehende Beobachter wird daraus teilweise der Schluss einer geringeren Bedeutung des Marketing gezogen, weil Unternehmen konsequenterweise so weit gehen, die Marketingabteilung in der Managementspitze nicht mehr zu besetzen. Es verhält sich aber gerade entgegengesetzt. Die Implantierung der Marketing-Denkweise in alle betriebliche Funktionen (etwa im Rechnungswesen durch kundenfreundlich aufgemachte Formulare oder repräsentative Geschäftsberichte, im Finanzwesen durch Roadshows bei institutionellen Investoren, in der Personalwirtschaft durch internes Marketing etc.) bedeutet vielmehr einen enormen Bedeutungsgewinn des Marketing. Nicht zuletzt als Produktionskonzepte angesehene Aktivitäten (wie Total quality management, Kanban, Business process reengineering) sind im Kern Marketingkonzepte, bestärken also dessen Schlüsselstellung für den Unternehmenserfolg.

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Die Marketingdefinitionen

2 Die MarketingdefinitionenMarketing ist damit eine Grundhaltung, die sich mit der konsequenten Ausrichtung aller unmittelbar und mittelbar den Markt berührenden Entscheidungen an den Bedürfnissen der Abnehmer umschreiben lässt. Durch planmäßiges Vorgehen und institutionalisierte Wahl von Alternativen kommt es so zu einer systematischen Entscheidungsfindung. Absicht ist die Schaffung von Präferenzen und damit Wettbewerbsvorteilen durch planvolle Marktbeeinflussung mittels absatzpolitischer Instrumente und deren kombinierten Einsatz.

Zur Systematisierung bietet sich eine Unterscheidung in vier Marketing-Denkkategorien an:

• Marketing I betrifft das Marketing als Absatzpolitik von Unternehmen (traditionelle Absatzwirtschaft). Dies führt zu einer Sichtweise des absatzpolitischen Instrumentariums (Produkt- und Programmpolitik, Preis- und Konditionenpolitik, Kommunikations- und Identitätspolitik sowie, mit einem gewissen Schwerpunkt, Distributions- und Verkaufspolitik). Es geht bei Marketing I um die Stimulierung des Flusses von vor allem Waren, aber auch Geldern und Informationen im Absatzkanal.

• Marketing II betrifft Marketing als marktorientierte Unternehmensführung (Marketing-Management). Alle betrieblichen Aktivitäten, und nicht nur die Absatzpolitik, stehen damit im Dienste einer umfassenden Kunden- und Wettbewerbsorientierung. Marketing II ist Unternehmensführung als Marktgestaltung, also Beeinflussung der Vermarktungsbedingungen über Instrumentaleinsatz mit der Absicht, diese den eigenen Zielvorstellungen anzupassen.

• Marketing III betrifft das Management von Austauschprozessen und -beziehungen (Beziehungsmarketing). Es geht um Prozesse von Einzelpersonen, Personengruppen und Organisationen. Dies führt zu einer Weiterung der einzelbetrieblichen Sichtweise um makroökonomische Aspekte. Marketing III führt zum „Management von Austauschprozessen und -beziehungen mit unternehmensinternen und -externen Partnern, insbesondere mit Partnern auf Absatz- und Beschaffungsmärkten sowie im Bereich der allgemeinen Öffentlichkeit.” (Fritz/von der Oelsnitz).

• Marketing IV ist nicht mehr nur auf ökonomische Aktivitäten begrenzt, sondern betrifft jegliche Art sozialer Beziehungen (Generic marketing). Damit ist das ganze Leben durchsetzt von Marketing und nichts anderes als Ausdruck weithin normalen menschlichen Verhaltens. Dies wird durch neuere Theorien, wie die Institutionenökonomik, theoretisch fundiert. Immer dann, wenn vor einem Transaktionsprozess bedacht wird, wie ein individuelles Ziel unter Einbezug der Interessen beteiligter anderer besser erreicht werden kann, handelt es sich um Marketing IV.

Für diesen Begriffswandel im Marketing ist neben dem Broadening als institutionelle Sichtweise auch das Deepening des Marketing ursächlich. Ersteres bewirkt eine Ausweitung des Geltungsbereichs marketingpolitischer Denkweise, Letzteres eine funktionale Ausweitung der Marketinginhalte. Denn zunehmend wird die, zumindest implizite, Einschränkung auf die Sichtweise des kommerziellen Marketing aufgegeben und vom reinen Absatzaspekt auf humanitäre Aspekte (menschliche Bedürfnisse im Mittelpunkt des Human concept of marketing), gesellschaftliche Aspekte (ethisch-moralische Anforderungen an Anbieter im gesellschaftlichen Rollenspiel/Corporate citizenship) und schließlich ökologische Aspekte (Umweltschutz) vertieft.

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Die Marketingdefinitionen

Diese fundamentalen Veränderungen sind ganz typisch für eine vergleichsweise junge Wissenschaft wie die des Marketing, die in relativ kurzer Zeit die Entwicklungen, die „traditionelle“ Zweige der Betriebswirtschaftslehre bereits lange hinter sich gelassen haben, nachvollziehen muss (erst 1972 wurde der erste Lehrstuhl für Marketing an der Universität Münster gegründet, davor hießen derartige Studienschwerpunkte noch „Absatz“). Die noch junge Marketingtheorie ist durch zahlreiche Paradigmenwechsel gekennzeichnet, also keineswegs so gefestigt wie andere etablierte Betriebswirtschaftsdisziplinen. Ein Paradigmawechsel entsteht nach einer Phase, in der eine Erkenntnisberuhigung eingetreten ist und alle Probleme hinreichend gelöst scheinen, bis Anomalien auftauchen, die sich auf Basis der bestehenden Theorien nicht erklären lassen. Theorie ist dabei ein durch Empirie untermauertes (verifiziertes) System von Hypothesen als Verallgemeinerung von in Begriffen gefassten, auf Wahrscheinlichkeit beruhenden Aussagen für alle gleich gelagerten (homologen) Fälle. Dann wird eine wissenschaftliche Revolution eingeleitet, die in einem Paradigmawechsel mündet und damit in einer neuen Phase der Erkenntnisberuhigung, bis der Wandel wieder von neuem startet.

Marketing beruht dabei im Kern auf zwei Prinzipien:

• Dem Gratifikationsprinzip, das besagt, dass ein solcher Austausch zwischen Marktpartnern nur stattfindet, wenn dieser für beide Parteien vorteilhaft ist. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Gratifikationen die maßgeblichen Antriebskräfte menschlichen Verhaltens sind.

• Dem Knappheitsprinzip, das besagt, dass beim Streben nach Austauschprozessen die Kapazitätsengpasssituation in der Bereitstellung von Tauschobjekten das Verhalten der Parteien bestimmt (z.B. in Form der Preisbildung). Es gibt jeweils mehrere mögliche Tauschpartner, aber nur ein Partner, durchaus auch als Personenmehrheit oder juristische Person, kann Eigentümer werden.

Marketing ist ein Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre, die wiederum zu den Sozialwissenschaften gehört. Diese beschäftigen sich mit der Analyse menschlicher Handlungsalternativen als angewandte Wissenschaft bzw. der Erklärung empirischer Wirklichkeitsausschnitte als reine Wissenschaft. Sie gehören zu den Geisteswissenschaften, die gemeinhin mit den Naturwissenschaften (Physik, Chemie, Biologie) gemeinsam die Realwissenschaften bilden, im Unterschied zu Logik, Mathematik etc., die zu den Formalwissenschaften gehören, und Philosophie, Theologie etc., die zu den Metawissenschaften gehören. Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre gehört Marketing zu den Querschnittsfunktionen, wie etwa auch Controlling, Personal, Finanzen, Führung, Wirtschaftsinformatik etc., im Unterschied zu speziellen Fächern wie etwa Handelsbetriebslehre, Tourismus, Bankwesen, Versicherungswesen, Verkehr etc.

Nach derzeitigem Stand kann Marketing wie folgt umschrieben werden: Marketing bedeutet die

• bewusste Beeinflussung der Vermarktungsbedingungen über den Instrumental-Mix mit der Absicht der Erreichung quantitativer und qualitativer Zielvorstellungen über die Nutzenstiftung für Kunden und deren Kunden durch die zielgerichtete Gestaltung absatzrelevanter Geschäftsbeziehungen mittels deren Aufbau, Unterhalt, Ausbau, Wiederherstellung oder Aufkündigung.

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Die materiellen Methoden des Marketing

3 Die materiellen Methoden des Marketing

Die Bestimmung der Marketinginhalte hängt ganz entscheidend von den zur Analyse zugrunde gelegten materiellen Methoden ab. Chronologisch lassen sich dabei die folgenden, wichtigsten Ansätze unterscheiden:

• Institutionenorientierter Ansatz. Dabei werden in der Praxis vorgefundene absatzwirtschaftliche Organe beschrieben, klassifiziert und ihre Konzentration, Kooperation und Wandlung erklärt. Es handelt sich um einen der ältesten Ansätze, der zu einer umfassenden Typisierung führt (z.B. Schäfer, Seyffert). Von Bedeutung ist dieser etwa bei den Betriebsformen des Handels und deren Wandel. Ziel ist die Beschreibung beobachtbarer Absatzinstitutionen und die Ableitung kosten- und ertragswirtschaftlicher Aussagen daraus. Alle denkbaren Typen werden hinsichtlich verschiedener Ausprägungen beschrieben und auffällig häufig zusammentreffende Einzelausprägungen zu einem Typ verdichtet. Die Vielfalt der Realität mit dem Wunsch, gerade von dieser Typisierung ab- und zu einer Individualisierung hinzukommen, stellt jedoch dabei ein schwerwiegendes Hindernis dar.

• Warenorientierter Ansatz. Dabei werden einzelne Produkte und Produkttypologien in den Mittelpunkt gestellt (z.B. Koppelmann). Ausgehend von den Besonderheiten der Produktkategorien werden Besonderheiten in der Ausgestaltung des Marketing postuliert. Es wird also unterstellt, dass verschiedene Güterarten auch verschiedene Vermarktungskonzepte nach sich ziehen. Dem liegt die Hypothese zugrunde, dass in Abhängigkeit von der Ware ein abweichendes Markt- und Käuferverhalten vorliegt. Dies spielt vor allem bei der Behandlung von Konsumgütern, Industriegütern und (selbstständigen) Dienstleistungen ein Rolle. Im Ergebnis entsteht ein „Bindestrich“-Marketing, das bei näherem Hinsehen jedoch offenlegt, dass die Markt- und Nachfragemechaniken für alle Angebotsarten grundsätzlich gleich sind und lediglich einige Abwandlungen ergänzen, von denen fraglich ist, ob sie den Anspruch eines eigenständigen Marketing rechtfertigen.

• Funktionenorientierter Ansatz. Dabei geht es um die Beschreibung und Strukturierung der einzelnen Funktionen des Marketing, die in einer Vielzahl von Systematisierungsansätzen mündet. Forschungsgegenstand ist dabei ein Gut, wobei Marketing Spannungen zwischen dessen Produktion und Konsumtion überwinden hilft (z.B. Oberparleitner, Leitherer). Dieser Ansatz ist vor allem im Handelsmarketing verbreitet. Dies geschieht etwa durch Aufzählung der Handelsfunktionen zur Systematisierung der Absatztätigkeit. Erkenntnisse über die Setzung der Marketingparameter sollen durch die vollständige Erfassung dieser Funktionen erreicht werden. Je vielfältiger verflochten sich jedoch reale Maßnahmenbereiche darstellen (Komplexitäten), desto schwieriger wird es, alle Funktionen angemessen zu charakterisieren. Zumal diese Funktionen situativ stark abweichend ausgeprägt sind.

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Die materiellen Methoden des Marketing

• Systemorientierter Ansatz. Hier geht es um die Erfassung und Beschreibung komplexer Marketingsysteme und den Ausweis der Verhaltensweise ihrer Teilnehmer, verbunden mit Gestaltungsempfehlungen für das Marketing (z.B. Ulrich). Im Mittelpunkt steht die Beschreibung der Austauschbeziehungen zwischen den Systemelementen in Regelkreisen. Insofern können auch mehrdimensionale und ganzheitliche Beziehungen analysiert und mit Verhaltensnormen für ihre optimale Gestaltung versehen werden. Nicht alle Verknüpfungen von Unternehmen und Umwelt finden tatsächlich statt, sondern nur ausgewählte. Ein System besteht aus solchen ausgewählten Verknüpfungen, der Knüpfung neuer Verbindungen bzw. dem Abbau bestehender Verbindungen. Weil aus der Ausblendung anderer Verknüpfungen Risiko (Kontingenz) resultiert, ist die richtige Wahl des relevanten Umweltausschnitts entscheidend (Selektionszwang). Systeme sind lernfähig, d.h., das Risiko wird im Zeitablauf geringer, allerdings werden Systeme dadurch auch immer komplexer (Eigenkomplexität). Ein Beispiel ist der Warenkreislauf. Dabei wird dargestellt, welche Beteiligten in welchem Umfang, wie, wann und wo Waren, Gelder und Informationen austauschen. Bereits kleine Abweichungen von der zugedachten Rolle können jedoch durch einander aufschaukelnde Prozesse große Soll-Ist-Abweichungen provozieren und damit einschneidende Korrektureingriffe gegen Fehlentwicklungen indizieren. Zudem handelt es sich dann lediglich zum Feedback-Schleifen, wohingegen Feedforward-Schleifen zur zielgerichteten Beeinflussung zukünftiger Aktivitäten sinnvoll wären.

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Die materiellen Methoden des Marketing

• Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz. Dabei stehen Erkenntnisse über das Verhalten von Konsumenten und Organisationen im Mittelpunkt (z.B. Kroeber-Riel, Vershofen). Dies betrifft vor allem die Kaufentscheidungsprozesse, die durch partielle und totale Modelle zu erklären versucht werden. Dazu werden verschiedene Kaufentscheidungstypen zugrunde gelegt. Bedeutsam ist dieser Ansatz im Rahmen des Relationship-Marketing für dauerhafte Kundenbeziehungen. Zu denken ist aber auch an Käufermodelle für den Individual- und Kollektiventscheid in der Privat- oder Organisationssphäre. Demnach sind weitgehend hypothetische Konstrukte für den Erfolg von Marketingmaßnahmen bedeutsam. Ein großes Problem liegt jedoch darin, dass die Mittel zur Aufbrechung der Black Box und zur Offenlegung von Input-Output-Kausalitäten durchaus unvollkommen und angreifbar sind. Meist wird dabei auf vielfältige intervenierende Variable zurückgegriffen, die über Indikatoren messbar gemacht (operationalisiert) werden sollen. Dennoch wird hiermit eine wichtige Erweiterung der rein betriebswirtschaftlichen Sichtweise auf Nachbardisziplinen angestoßen.

• Entscheidungsorientierter Ansatz. Dabei werden marketingbezogene Problemstellungen als Entscheidungsprozess verstanden, die aus Situationsanalysen, Zielen, Strategiealternativen, Umweltzuständen, Instrumentaleinsätzen und Konsequenzen bestehen. Es geht um die Erklärung des Ablaufs von Entscheidungsprozessen sowie Verhaltensempfehlungen dafür (z.B. Heinen). Zur Ergebnisfindung stehen Modelle zur Kalkülisierung von Prozessen und Zuständen mit Entscheidungsregeln und -hilfen bereit. Durch Quantifizierung, Bestimmung funktionaler Zusammenhänge und Determiniertheit sollen hier sowohl Beschreibungen als auch Prognosen ermöglicht werden. Dieser Ansatz ist offen für die Integration auch a priori betriebswirtschaftsfremder Bezüge, wie gesellschaftlicher, humanistischer und ökologischer Aspekte. Gerade deren qualitative Elemente lassen sich jedoch nur schwerlich quantifizieren. Daher werden subjektive Bewertungsverfahren wie Analytic hierarchy process, Nutzwertanalyse, Conjoint measurement etc. eingesetzt.

• Situativer Ansatz. Dabei stehen situative Gestaltungsempfehlungen im Vordergrund, die anstelle fester Programme kontextbezogene Anpassungsnotwendigkeiten sehen. Es gibt also nicht ein Optimum, sondern mehrere, von der jeweiligen Situation abhängige Optima (z.B. Kast, Rosenzweig). Basis dafür sind Umweltmodelle (Situations-Cluster), die eine flexible Ausrichtung von Strategien an den jeweils gerade gegebenen Marktsituationen ermöglichen. Ein wichtiges situativ-basiertes Modell ist das des Produktlebenszyklusses, das in Abhängigkeit von den Phasen der zeitlichen Präsenz am Markt aufeinanderfolgend Gestaltungsempfehlungen hinsichtlich unterschiedlicher Aktivitäten in Bezug auf Marketing und andere betriebliche Funktionen gibt. Die dabei entstehenden kasuistischen Ergebnisse bergen jedoch ein Willkürelement und erschweren die Übertragung von Erkenntnissen über Erfolge und Misserfolge in gesichertes Wissen. Allerdings wird damit auch der Vielfalt einer multioptionalen Gesellschaft Rechnung getragen.

• Informationsökonomischer Ansatz. Hier steht die Bewältigung von marktbezogenen Informations- und Unsicherheitsproblemen wie Informationsasymmetrien, Informationsdefiziten und Transaktionskosten für Informationen im Vordergrund (z.B. Coase). Daraus resultieren Verhaltensunsicherheiten und Entscheidungsdefekte. Käufe werden danach etwa auf Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften hin untersucht. Dementsprechend gibt es Inspektions-, Erfahrungs- und Vertrauensgüter, die ein unterschiedliches Maß an Unsicherheit, Informationseinholung und Risiko auszeichnet. Das zugrunde liegende Prinzip des Opportunismus geht jedoch von einem bestimmten (egoistischen) Menschenbild aus, von dem meist behauptet wird, es träfe auf die Wirtschaftswirklichkeit so nicht zu, wenngleich die Beobachtung realer Märkte da durchaus Zweifel aufkommen lässt.

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Die materiellen Methoden des Marketing

• Interaktiver Netzwerk-Ansatz. Hier liegt explizit die Idee des Beziehungsmarketing zugrunde, das prozessual, ganzheitlich, evolutorisch, dynamisch und langfristig angelegt ist. Ziel ist eine Partnerschaft zwischen externen und internen Anspruchsgruppen. Beabsichtigt wird die Individualisierung, Kundenorientierung und Kundenbindung durch Wertgestaltung etwa in Form Strategischer Allianzen, Prosumerismus, Nachkaufmarketing etc. Dazu ist der Aufbau von Vertrauen eine Grundvoraussetzung jedweder dauerhaften Beziehung, wie er etwa im Industriegütermarketing eine große Rolle spielt, weil es sich um langfristige Lieferanten-Kunden-Bezüge mit hoher Budgetbindung und großer Erfolgswirkung handelt (z.B. Gummesson).

• Prozessorientierter Ansatz. Er geht davon aus, dass durch eine Zergliederung der Unternehmensaktivitäten Schnittstellenprobleme, Zeitverluste, Intransparenzen und damit Ineffizienzen entstehen, die vielfache Koordinationskosten verursachen, um diese zu überwinden bzw. abzuschwächen. Diese Perspektive wird vom Markt auf interne Aktivitäten erweitert und führt so zur Sichtweise des Internal marketing. Allerdings ist die trennscharfe Abgrenzung zum Personalmarketing einerseits und zur internen Kommunikation andererseits nur schwerlich möglich (z.B. Grönroos).

• SDL-Ansatz. Service dominant logic (Vargo/Lusch) geht nicht, wie beim traditionellen Ansatz, von Gütern, sondern von Transaktionswerten aus. Danach handelt es sich bei allen Gütern um immaterielle Dienstleistungen zum Zweck der Nutzengenerierung bei Kunden. In dem Maße, wie der Kunde diesen Leistungen einen Wert beimisst, entsteht eine Preisbereitschaft dafür bei ihm (denn der Kunden braucht keinen 8-mm Bohrer, sondern ein 8-mm Loch in der Wand). Der Nutzen entsteht also erst durch die Nutzung des Guts. Daher wirken Anbieter und Abnehmer symmetrisch daran zusammen. Dies erfordert seitens des Anbieters ein Netzwerk von Leistungen und eine Wissensverbreitung über seine Fähigkeiten und das Nutzenversprechen. Daraus entsteht Wettbewerbsvorteil und daraus wiederum Return on investment.

Daneben gibt es weitere Ansätze, die jedoch bisher nur geringeren Einfluss auf die Marketingentwicklung genommen haben:

• Evolutions-Ansatz: Ausgangspunkt sind hierbei die zunehmenden Instabilitäten und Diskontinuitäten der Realität, die jede überwiegend mechanistische Grundhaltung durch immer neue Herausforderungen überfordern. Rationales, analytisches Denken, vollständige Beherrschbarkeit und Überspezialisierung bergen daher Risiken. Dem sollen Lern- und Entwicklungsfähigkeit zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit entgegenwirken. Diesem Prinzip folgt etwa das Konzept des organisationalen Wandels.

• Strategie-Ansatz: Er geht durch die Phasen Planung, Organisation, Implementierung und Kontrolle von einem Managementansatz aus. Die Auswirkungen dieser Entwicklung zeigt deutlich ein Blick in die Marketinglehrbücher, wo strategische Aspekte früher nur einen bescheidenen Raum einnahmen, nunmehr jedoch oftmals sogar den Schwerpunkt ausmachen. Allerdings darf über die strategische Ausrichtung nicht das operative Erfordernis des Handelns vergessen werden. Dies gilt gerade bei zeitgerichteter Führung (Time based management).

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Die materiellen Methoden des Marketing

• Instrumental-Ansatz: Hier wird die gerade gegenteilige Entwicklung zugrunde gelegt. Der Akzent wird auf die operativen Marketinginstrumente gelegt. Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass Instrumente zu wenig ineinander greifen und die langfristige Perspektive vernachlässigt wird. So kann ein Mehraufwand bei der Konzeption (Zeitnachteil) sich durchaus in einen Zeitvorteil bei der Umsetzung im Markt wandeln.

• Prognose-Ansatz: Hier werden Simulationen und Szenarios eingesetzt, die auf Extrapolation bestehender Faktoren beruhen und versuchen, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren. Dabei werden durchaus alternative Ausprägungen berücksichtigt (Trendkanal). Die Realität zeigt jedoch zahlreiche in Art und Stärke unvorhersehbare Trendbrüche (Diskontinuitäten), die den Wert solcher Prognosedaten stark relativieren.

• Human-Ansatz: Er geht davon aus, dass Unternehmen ihre Aktivitäten stärker als zuvor an humanitären Zielen ausrichten, und zwar gegenüber Arbeitnehmern durch Schaffung humaner Arbeitsbedingungen, durch Investitionen in Resozialisierung, durch Einräumung von Mitbestimmungsrechten etc., im Absatzbereich etwa durch Verhinderung von Gesundheitsrisiken, durch Eindämmung der Umweltverschmutzung, durch Verhinderung negativer Sozialeffekte etc. Dies mag zwar an naiv-soziales Harmoniebedürfnis erinnern, darin liegt jedoch gewiss eine Zukunft des Marketing.

• Modell-Ansatz: Er geht von der Untersuchung der Organisation, der Absatzplanung und -kosten aus und zielt auf eine Optimalkombination der Instrumente ab. Dazu dienen meist marginalanalytische Kalküle, deren Aussagekraft aber an dem mangelnden Zutreffen der modelltheoretischen Prämissen in der Praxis scheitert. Dabei dominiert noch stark die mikroökonomische Analyse der, zwischenzeitlich wohl weitgehend überholten, (Neo-)Klassik.

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Einführung in das Marketingkonzept

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Das Relationship-Marketing

4 Das Relationship-MarketingDer letzte entscheidende Paradigmawechsel betrifft die Verlängerung der Betrachtung der Austauschprozesse von einer Episode auf mehrere Episoden (eine Transaktionsperiode).

Relationship-Marketing umfasst die Auswahl und den Aufbau von Beziehungen (Beziehungsinitiierung), die Ausgestaltung und Erhaltung (Beziehungspflege), die Analyse der Erfolgswirksamkeit und des Erfolgspotenzials sowie die darauf abgerichtete Steuerung von Beziehungen (Beziehungs-Controlling). Zielgruppen sind vor allem Kunden, aber auch Lieferanten, Kapitalgeber, Konkurrenten, Öffentlichkeit, Management etc. (Stakeholders). Stakeholders sind Handlungsträger, die in der Lage sind, den Organisationserfolg positiv oder negativ zu beeinflussen. Sie leisten Beiträge (Stakes) für den Geschäftserfolg des Anbieters und leiten daraus Ansprüche an den Beitragsempfänger ab. Diese Ansprüche sind materieller und/oder immaterieller Natur. Sie bestehen in bilateralen Transaktions- und Interaktionsbeziehungen mit einem Fluss von Leistungen und Gegenleistungen.

Primäre Stakeholders haben eindeutige und offensichtliche Bindungen, die meist formell, offiziell und/oder vertraglich ausgeprägt sind. Sekundäre Stakeholder verfügen demgegenüber eher über informelle, wenngleich aber dennoch vorhandene und damit entscheidungsrelevante, Ausprägungen von Bindungen an einen Anbieter.

Wichtig ist dabei, die 7 I´s des Relationship-Marketing einzuhalten:

• Information der Aktionspartner, • Interaktion der Beteiligten, • Individualisierung der Beziehungsgestaltung, • Integration der Kundeninteressen, • Investition in Selektion, Anbahnung, Steuerung und Kontrolle der Beziehungen, • Instrumentalisierung der Beziehungen (oft über Netzwerke),• Institutionalisierung in Instanzen und Stellen.

Anspruchsgruppen tangieren damit den Unternehmenszweck und die Überlebensfähigkeit, im Unterschied zu Bezugsgruppen, die verhaltensbeeinflussend wirken, oder Interessengruppen, die keine direkten Beiträge zum Erfolg leisten. Sie bedürfen daher eines bewussten Management für einen bestmöglichen Interessenausgleich zwischen ihnen und dem Unternehmen.

Zunächst sind dazu die im Einzelfall in Frage kommenden Stakeholders zu identifizieren. Diese werden dann in Gruppen zusammengefasst und hinsichtlich ihrer Anspruchslage geordnet, zumeist in Endkunden, Zwischenabnehmer, (aktuelle, potenzielle, substitutive) Konkurrenten, Lieferanten, Medienöffentlichkeit, Kapitaleigner und Mitarbeiter. Diese Stakeholders werden jeweils in Bezug auf ihre wichtigsten Merkmale charakterisiert. Dann erfolgt die Bewertung nach Chancen-Risiken-Potenzialen und die Ermittlung der Wichtigkeit dieser Stakeholders nach festgelegten Kriterien. Darauf aufbauend werden Normstrategien zur Nutzengenerierung bei den Anspruchsgruppen festgelegt. Auf dieser Basis werden die einzelnen Stakeholders betrachtet und spezifische strategische Führungsentscheidungen gestaltet. Diese müssen abgestimmt, umgesetzt und auf ihre Wirksamkeit hin durch Indikatoren/Kennzahlen kontrolliert werden.

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Das Relationship-Marketing

Die Machtbasis der Stakeholders ist allgemein um so größer, je geringer der Vertrautheitsgrad mit ihren Verhaltensdeterminanten ist, je höher der Abhängigkeitsgrad von diesen Stakeholders ist und je größer ihr Einflussgrad auf Unternehmensentscheidungen ist.

4.1 Die Privatkunden als Zielgruppe

Die Beziehung zu Endkunden (Consumer relations) wird nicht mehr nur als Folge von Einzelkaufakten verstanden, sondern als langfristige Geschäftsbeziehung, deren Attraktivität sich aus allen realisierten und potenziellen Kaufakten ergibt (Lebensertragswert des Kunden/Customer lifetime value). Dazu können Relationship-Programme für besonders erfolgversprechende Kunden etabliert (Kunden-Portfolio) und während des Lebenszyklusses der Geschäftsbeziehung verfolgt werden, vor allem über Dialogprogramme. Dies gilt besonders für Industriegüter mit konstitutiv langen Kontaktintervallen, hohem Kaufwert und mehrpersonalen Entscheidungen. Die Kommunikation der Kundenorientierung und Problemlösungskompetenz erfolgt durch Beziehungs-Inszenierung. Hinzu kommen Optionen zu Cross selling und Folgekäufen oder die Senkung der Auftragsbearbeitungskosten.

Wagt man einen Ausblick in die Zukunft, so lassen sich folgende Trends in Bezug auf Endkunden als Zielgruppe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen:

• Die internationale Konkurrenz wird weiter zunehmen und zu einer Verschiebung der transnationalen Arbeitsteilung führen. Die exekutiven Tätigkeiten werden in weniger entwickelte Länder mit niedrigerem Lohnniveau exportiert, während sich die dispositiven Tätigkeiten in hochentwickelten Ländern konzentrieren. Damit wird es zu weiter zusammenwachsenden Märkten kommen.

• Zunehmende protektionistische Tendenzen und Währungsturbulenzen sind trotz internationaler Integration zu befürchten. Protektionismus soll die heimische Industrie gegen leistungsfähigere ausländische Anbieter schützen. Dies führt zu verdeckten Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Staaten, die sich in drastischen Paritätenverschiebungen ausdrücken.

• Es kommt zu einer Zuspitzung des Nord-Süd-Konflikts mit dramatischen politischen Veränderungen. Die weniger entwickelten Länder werden ihren gerechten Anteil am Wohlstand einfordern, weil ihre Volkswirtschaft angesichts der Bevölkerungsexplosion ansonsten nicht überlebensfähig ist. Die Verweigerung der hoch entwickelten Länder führt zu Problemen bei der Lösung der Verschuldungs- und Energiesituation.

• Ein ungebrochener Konzentrationstrend lässt je Branche nur wenige, extrem leistungsfähige Unternehmen in Unabhängigkeit überstehen. Deshalb sind sogar ausgesprochen große Anbieter anfällig für Übernahmen. Ein Ende dieser Mergerwelle ist noch in keiner Weise absehbar, obwohl die mergenden Einheiten immer gewaltiger und die daraus resultierenden Probleme immer drängender werden.

• Verstärkte internationale Verflechtungen führen zur Verbreitung neuer Betriebsformen. Zu denken ist an Kontraktfertigung, Marketingholdings, aber auch an Strategische Allianzen und Joint ventures. Sie sollen grenzübergreifend die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Partner sichern und steigern helfen.

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Das Relationship-Marketing

• Die zunehmende Rohstoffverknappung wird zum eigentlich limitierenden Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung. Damit sind die Grenzen des Wachstums endgültig erreicht. Diese Erkenntnis führt zu verbreitetem Zukunftspessimismus und erneuten Zweifeln an der Richtigkeit des Kapitalismus als Wirtschaftsform.

• Es kommt zu einer steigenden Kapitalbindung in der Fertigung durch den Zwang zur Nutzung von Größendegressionseffekten. Dies führt zu ausgeprägter Inflexibilität in der Produktion, extremem Unternehmensrisiko durch Fixkostenbelastung und Zwang zu aggressiver Vermarktung.

• Insofern sind schnellere Innovationsschübe und forcierter technischer Fortschritt zweifelsfrei zu prognostizieren. High tech in allen Lebensbereichen führt zum Entstehen einer technisierten Gesellschaft. Hier ist besonders an den Bereich der Informationsspeicherung, -übermittlung und -verarbeitung zu denken.

• Die steigende Dynamik der Märkte erzwingt verkürzte Entwicklungszeiten und Produktlebenszyklen. Wirtschaftliches Wachstum wird vermehrt über schnellere Veralterung getragen. Daraus folgt eine Polarisierung am Markt in progressiven Edelkonsum einerseits sowie Selbstbeschränkung als Konsumverweigerung andererseits.

• Neue Zahlungs- und Finanzierungsformen führen zu mehr Entscheidungsfreiraum auf der Nachfrageseite. Käufe können verstärkt spontan getätigt werden, z.B. im Internet. Damit ist zugleich die Gefahr des Overbuying gegeben, die sich besonders für weniger emanzipierte Publikumskreise verhängnisvoll auswirken kann.

• Ordnungspolitische Restriktionen in Umweltschutz, Kartellrecht, Mitbestimmung, Sozialpakt etc. engen den Spielraum unternehmerischer Gestaltung gravierend ein. Sie sind teils Sanktionierung freiwilliger Selbstbeschränkungsabkommen, teils Vorbeugung gegen Übervorteilung durch unternehmerische Willkür.

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Das Relationship-Marketing

• Steigende Bürokratisierung bewirkt eine mangelnde Strukturanpassung. Anstelle des Marktautomatismus, von dem angesichts horrender Probleme Versagen befürchtet wird, tritt wider besseren Wissens multizentralisierte Planung. Abschreckende Beispiele, wie der Eu-Binnenmarkt, werden wohl immer noch nicht als Warnung verstanden.

• Die Umkehrung der Alterspyramide führt zu gravierenden Nachfrageveränderungen. Bedarfsverschiebungen lassen Märkte expandieren (z.B. Schonkost, Arzneimittel, Pflege), andere hingegen schrumpfen (z.B. Softdrinks, Jeans, Spielwaren). Im übrigen entsteht trotz gegenteiliger Beteuerung eine Altersversorgungsproblematik durch eine immer ungünstigere Relation von Erwerbstätigen zu Rentnern, die noch durch explodierende Kosten personaler Dienstleistungen verstärkt wird.

• Es kommt zu verstärkter Kritik an unternehmerischem Handeln. Die Forderungen nach Erfüllung gesellschaftlicher Verantwortung in Produktion und Angebot werden eingeklagt. Marketing steht dabei als Kontaktbrücke zum Publikum im Mittelpunkt. Verantwortungsbewusste Unternehmen nutzen die Chance, sich über ethische Haltung zu profilieren.

• Als Konsumtrends werden Hedonismus, Gesundheitswelle, Körperbewusstsein, Harmoniebedürfnis und Individualität bedeutsam. Angebote in diesen Marktfeldern werden prosperieren, weil sie vom Rückenwind der Trends profitieren.

• Zunehmend werden Bürger- und Arbeitnehmerinitiativen auf die gesellschaftlichen Vermarktungsbedingungen Einfluss nehmen. Das Streben nach Selbstbestimmung mündet in Selbsthilfe und dem kollektiven Bewusstsein der Abkopplung von möglicher Interessenverfilzung zwischen Staat und privilegierter Oberschicht zugunsten einer willkommenen Autonomie.

• Daraus folgt ein Verfall der tradierten Autoritäten (z.B. auch der Kirche). Die postmaterialistische Einstellung führt somit zu alternativen Lebensformen. Diese neuen Ideologien werden vor allem durch Emotion und Sensibilität getragen.

• Als zentrales Konstrukt wird die Forderung nach mehr Lebensqualität dominant. Sie drückt sich aus in Aspekten wie persönliche Gesundheit, ausreichenden Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung, gesicherter Beschäftigung und guter Arbeitsqualität während des gesamten Berufslebens, sinnvoller Gestaltung der Freizeit, ausreichender Lebensstandards, intakter physischer Umwelt, Gewährleistung persönlicher Sicherheit, Chancengleichheit sowie Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

4.2 Die Zwischenabnehmer als Zielgruppe

Die Beziehung zu Zwischenabnehmern (Trade relations) konzentriert sich auf den gemeinsamen Endkunden. Ein Mittel ist hier etwa Efficient consumer response (ECR) zur Neugestaltung der Wertschöpfungskettenverschränkung zwischen Hersteller und Handel unter Weitergabe der dabei erzielten Kostenvorteile.

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Das Relationship-Marketing

Diese Zielgruppe ist für alle Hersteller relevant, die auf ein- oder zweistufig indirektem Weg absetzen, also in Bezug auf die ihnen direkt gegenüberliegende Marktseite. Dabei ergeben sich als Alternativen aus Herstellersicht die Dominanz oder die Subordination gegenüber dem Handel, sowie aus Handelssicht die Dominanz oder die Subordination gegenüber dem Hersteller. Daraus ergeben sich wiederum aus der Sicht des Herstellers vier Kombinationen, nämlich die des Konflikts, der Abstimmung, der Umgehung und der Anpassung.

Gleichzeitige Herstellerdominanz und Handelsdominanz ergeben einen Konflikt mit dem Handel um die Kanalführerschaft. Dabei wird auf die Gestaltung der Absatzwege aktiv Einfluss genommen, und Handelsreaktionen darauf werden außer acht gelassen, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Dies bietet sich nur bei geringer Austauschbarkeit des Angebots an. Ansonsten weicht der Handel auf kooperativere Lieferanten aus. Diese Situation war während der letzten Jahre kennzeichnend für die Beziehungen im Absatzkanal. Als Beispiele für Konfliktfelder sind zu nennen (zuerst Herstellerinteresse, dann Händlerinteresse):

• im Produkt- und Programm-Mix: Hohe Innovationsfreudigkeit, Denken in Einzelangeboten, Individualisierung der eigenen Marke seitens der Hersteller, möglichst risikoarme Sortimentskonstanz, Denken im Gesamtsortiment, Durchsetzung paralleler Handelsmarken seitens der Absatzmittler.

• im Preis- und Konditionen-Mix: Tendenziell hohes, konventionelles Preisniveau, hohe Fabrikabgabepreise, partnerschaftliches Gewinnstreben seitens der Hersteller, tendenziell offensives, differenziertes Preisniveau, niedrige Einkaufspreise, Nichtleistungskonditionen seitens der Absatzmittler.

• im Distributions- und Verkaufs-Mix: Hohe Distributionsdichte, Vermeidung von Bestandslücken, lange Lieferintervalle bei großen Bestellmengen, günstige Platzierung, qualifizierter Service seitens der Hersteller, selektive Distribution, niedrige Vorratshaltung, kurzfristige Disposition kleiner Bestellmengen, Platzierung gemäß Preisgattung, rationeller Service seitens der Absatzmittler.

• im Kommunikations- und Identitäts-Mix: hohe Markenloyalität, integrierte Kommunikation, Präsentationsunterstützung seitens der Hersteller, Ladenimageprimat, Geschäftsstättentreue, lokale, handelsplatzbezogene Verkaufsförderung seitens der Absatzmittler.

• in der allgemeinen Geschäftspolitik: Ausweitung der Einflussnahme zum Verbraucher, Etablierung sog. Pflichtmarken, Instrumentalisierung der Absatzmittler seitens der Hersteller, Ausweitung des Einflusses auf Produzenten, Abwälzung von Handelsfunktionen, Profitabilitätsnachweis seitens der Absatzmittler.

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Das Relationship-Marketing

Gleichzeitige Hersteller- und Handelssubordination ergibt eine Abstimmung über die Interessenintegration zwischen Hersteller- und Handelsstufe. Dabei wird auf die aktive Gestaltung der Absatzwege verzichtet und die Reaktion des Handels berücksichtigt. Dieser Weg wird verstärkt eingeschlagen, da die Auseinandersetzungen im Absatzkanal dysfunktionale Züge tragen und keinen der Beteiligten befriedigen. Wesentliches Mittel dazu ist die Direkte Produkt-Rentabilität (DPR). Sie ist eine abgewandelte Deckungsbeitragsrechnung mit relativen Einzelkosten des Handels und ermöglicht ihm, Platzierungen gewinnorientiert zu steuern. Dies war nicht immer so. Vielmehr ist die Verbreitung computergestützter Geschlossener Waren-Wirtschafts-Systeme (GWWS) Voraussetzung dafür. Dabei handelt es sich um ein integriertes System, das Warenlieferungen bei Eingang in den Handelsbetrieb über mobile Datenerfassungsgeräte und deren Ausgang über Scanner Check out erfasst. Damit ist bekannt, welche Warenmenge zu welchen Konditionen wann angeliefert und verkauft worden ist. Durch Differenzbildung können die Abverkaufsmenge, der erzielte Kalkulationsaufschlag und die Lagerdauer ermittelt werden. Da außerdem bekannt ist, wieviel Regalplatz eine Mengeneinheit einnimmt, kann die Rentabilität bezogen auf eine Regalplatzeinheit ermittelt werden. Damit hat der Handel erstmals einen genauen Indikator für die Profitabilität seines Sortiments und kann Waren gewinnoptimal platzieren. Offensive Hersteller kooperieren mit ihren Handelspartnern bei der Ermittlung dieser Platzierungen (Shelf management).

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Das Relationship-Marketing

Herstellerdominanz bei gleichzeitiger Handelssubordination resultiert in einem Ausweichen durch Wechsel in einen anderen Absatzkanal mit besserer Kontrollmöglichkeit seitens des Herstellers. Dabei wird aktiv Einfluss auf die Gestaltung der Absatzwege genommen und auf Profilmarketingaktivitäten des Handels reagiert. In diesem Zusammenhang ist vor allem an den direkten Vertrieb unter Umgehung von Absatzmittlern zu denken. Die historische Entwicklung der Handelsfunktionen ist dafür aufschlussreich. Zu Beginn der wirtschaftlichen Prosperität waren Hersteller eher auf die innerbetriebliche Leistungserstellung fixiert, die ihre ganze Konzentration erforderte. Sie waren daher froh, dass sich Händler anboten, sie vom notwendigen Übel des Absatzes zu entlasten, zumal Anzahl und Dispersion der Abnehmer hohen organisatorischen Aufwand involvierte. Zeitweise waren zwei und mehr Mittlerstufen erforderlich, im Absatzkanal als Multiplikatoren der Herstellerleistung zu wirken. Die dabei auftretenden Kalkulationsaufschläge fielen zu Zeiten des Verkäufermarkts noch nicht stark ins Gewicht. Diese Situation hat sich gewaltig geändert. Der Preis ist im Käufermarkt der schärfste Konkurrenzparameter und Kostensenkung oberste Maxime. Zugleich sind durch die rasante Entwicklung leistungsfähiger elektronischer Datenverarbeitung die organisatorischen Schwellen zum Direktabsatz überwindbar geworden. Dies hat bereits weitgehend zu einer Verringerung der Handelsstufen geführt und legt die gänzliche Umgehung von Absatzmittlern nahe (Disintermediation), zumal die daraus erwachsende Unabhängigkeit von der Nachfragemacht des Handels geldwerte Vorteile bietet.

Handelsdominanz bei gleichzeitiger Herstellersubordination resultiert in der Abtretung der Kanalführerschaft an den Handel. Dabei wird sowohl auf eine aktive Gestaltung der Absatzwege als auch auf die eigene Reaktion bei Handelsaktivitäten verzichtet. In Anbetracht der hohen Machtkonzentration auf der Handelsstufe und des fehlenden eigenen Zugriffs auf Endabnehmer ist dies eine sehr risikoreiche Strategie. Für diese Alternative entscheiden sich etwa alle Hersteller von unechten Handelsmarken. Diese hat der Handel verstärkt neben die klassischen Herstellermarken platziert. Im Unterschied zur Gattungware (Generics) werden dabei jedoch zweifelsfrei die Kriterien des Markenartikels erfüllt. Handelsmarken führen zu einer Verdrängung der Herstellermarken, da sie das Sortiment bei unverändertem Regalplatz ausweiten. Die Produkte konzentrieren sich zumeist auf den Grundnutzenbereich, wobei die Preisstellung unterhalb der von Markenwaren liegt. Die Auslobung erfolgt in den händlereigenen Werbemitteln. Für Originalmarken-Hersteller als Produzenten liegt der Anreiz in der höheren Auslastung vorhandener Kapazitäten. Da Markenabsender aber eindeutig der Handel ist, gehen Kompetenz und Aktivität in der Vermarktung somit auf diesen über. Zudem besteht ein Up grading der Handelsmarken, sodass sie zunehmend auch den führenden Markenartikeln gefährlich werden.

Die Beobachtung des Produkts im Absatzkanal ist eine wesentliche Aufgabe des Key account-Management. Denn Ware, die bei indirektem Absatz bei den Absatzmittlern nicht oder ungenügend, ungünstig oder selten platziert ist, kann nicht oder nur unzureichend gekauft werden. Damit wird die fundamentale Voraussetzung für den Markterfolg untergraben. Die Beobachtung erfolgt im Rahmen der Produktpflege durch Handelspanels mit kontinuierlicher und vielfältiger Aussagefähigkeit.

4.3 Die Lieferanten als Zielgruppe

Die Beziehung zu Lieferanten (Supply relations) umfasst Elemente zur Neugestaltung der Wertschöpfungskette wie Outsourcing, Just in time-Produktion, Lean management etc. Lieferanten wollen beim Unternehmen eine wichtige Rolle spielen, Geschäftsbeziehungen zu Imagekunden unterhalten und diese als Lead user für ihre Marktdurchdringung nutzen. Dem ist um so eher zu entsprechen, je höher die Lieferantenkonzentration ist, je mehr Know-how diese Lieferanten vereinen und je enger die Verkettung im Leistungserstellungsprozess ist.

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Das Relationship-Marketing

Für die organisationale Beschaffung sind folgende grundlegenden Merkmale typisch:

• Multitemporalität, d.h., der Kaufentscheid läuft in mehreren Phasen ab, diese sind oft nicht eindeutig voneinander abzugrenzen, sondern gehen fließend ineinander über, werden aber bei Bedarf auch übersprungen oder wiederholt.

• Multioperativität, d.h., es ergibt sich zumeist eine längere Transaktionsperiode, die sich (etwa bei Anlagen) durchaus über mehrere Jahre hinziehen kann, und zwar um so länger, je komplexer das jeweils zur Beschaffung anstehende Objekt ist.

• Multiorganisationalität, d.h., es sind mehrere Stellen im Unternehmen daran beteiligt, wobei im Einzelnen mehr oder minder unklar bleibt, in welcher Funktion und mit welchem Einfluss diese auf die Entscheidung einwirken.

• Multipersonalität, d.h., es sind auch mehrere Personen im Unternehmen daran beteiligt, die wiederum divergente Ziele verfolgen mögen, die sich in ihrer Stellung zum anstehenden Beschaffungsentscheid ausdrücken.

Insofern sind zahlreiche Unwägbarkeiten gegeben. Für die Analyse der Beziehung zu Lieferanten stehen mehrere Ansätze zur Verfügung:

• Personale Ansätze analysieren den Einfluss von personellen Eigenschaften von Verkäufern und Käufern, z.B. hinsichtlich Ähnlichkeit in ökonomischen, sozialen und physischen Merkmalen zwischen Anbieter und Nachfrager oder Machtsaldo, der aus Hierarchiestrukturen und Beziehungsmustern folgt. Einzentrige Willensbildung ist dabei entweder nur auf der Nachfrageseite (individuell) oder sowohl auf der Nachfrage- wie der Angebotsseite (dyadisch) vorhanden. Mehrzentrige Willensbildung erfolgt in Gruppen, die entweder nur auf der Nachfrageseite (vertikal) oder sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite (horizontal) vorhanden sind.

• Organisationale Ansätze sind auf bestimmte Rollenerwartungen der beteiligten Parteien ausgerichtet. Mono-organisationale Ansätze gehen dabei davon aus, dass die Verhandlungsseiten ungebunden, d.h. rechtlich und wirtschaftlich selbstständig, sind. Diese, relativ einfache Konstellation ist jedoch in vielfältig verflochtenen Wirtschaftsstrukturen immer seltener gegeben. Multi-organisationale Ansätze hingegen berücksichtigen die Einbindung mehrerer Organisationen auf beiden Seiten in Gruppen. Die dabei entstehenden Beziehungen werden etwa in Netzwerkansätzen untersucht, die Organisationen als Systeme von Elementen und ihren Beziehungen untereinander und zur sie umgebenden Umwelt auffassen.

Diese Ansätze gehören zu den strukturellen, sie stellen Organisationsmerkmale in den Vordergrund und geben Beziehungen zwischen Organisationen und deren Umweltbeziehungen zentrale Bedeutung. Demgegenüber richten prozessuale Ansätze ihr Interesse auf bestimmte Phasen des Transaktionsprozesses. Die zahlreichen Kaufphasenkonzepte unterscheiden sich nur in Details. Alle leiden jedoch an dem Mangel, dass die Kaufphasen weder frei von Überschneidungen und Rückkopplungen noch in dieser Form generalisierbar sind.

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Das Relationship-Marketing

Nach Robinson, Faris, Wind ist jede Kaufsituation durch drei Merkmale charakterisiert:

• Erstens der Neuheitsgrad des Problems für die am Kaufprozess beteiligten Personen.• Zweitens der Informationsbedarf der am Kaufprozess beteiligten Personen.• Drittens neue Alternativen, denen von den Entscheidungsträgern ernsthaft Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Aus der ordinalen Abstufung dieser Dimensionen lassen sich drei Klassen von Kaufentscheiden ableiten. Beim Erstkauf (New task) stehen die Beteiligten vor einer völlig neuen Problemstellung, bei der bisherige Erfahrungen wenig helfen. Daher besteht ein umfassender Informationsbedarf. Der modifizierte Wiederholungskauf (Modified rebuy) ist seiner Art nach nicht neu, weicht jedoch von bisherigen Erkenntnissen ab. Daher müssen ergänzende Informationen eingeholt werden. Beim reinen Wiederholungskauf (Straight rebuy) handelt es sich um wiederkehrende Problemstellungen bei völlig ausreichender Informationslage. Solche Routinetransaktionen sind am Einfachsten zu handhaben.

Häufig werden Einkaufsentscheidungen in Einkaufsgremien (Buying centers) getroffen. Diese bestehen aus unterschiedlichen Personen, die verschiedene Funktionen dort wahrnehmen (Webster, Wind):

• Der Vorselektierer (Gatekeeper) übernimmt die Informationssammlung, die Identifikation der in Betracht kommenden Kaufalternativen und trifft damit die Entscheidungsvorbereitung. Informationen, die diese Schleuse nicht passieren können, gelangen damit erst gar nicht zur engeren Beurteilung.

• Der Entscheider (Decider) übernimmt die Letztauswahl des Kaufobjekts bzw. dessen Lieferanten. Dabei handelt es sich meist um eine Person in leitender Stellung, welche die vorgeleistete Gremiumsarbeit durch ihr Votum sanktioniert.

• Der Einkäufer (Buyer) trifft die Vorauswahl der Lieferanten, indem ein Projekt ausgeschrieben und potenzielle Partner zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Er schließt auch formal den Kaufvertrag ab, führt Nachverhandlungen und überwacht die Auftragsabwicklung.

• Der Verwender (User) bringt den Kaufentscheidungsprozess in Gang, indem er einen empfundenen Mangelzustand signalisiert, Anforderungsmaßstab und Verfügbarkeitstermin signalisiert und die Eignung des Kaufobjekts nachher beurteilt.

• Der Beeinflusser (Influencer) nimmt durch Fachkompetenz auf die Beurteilung der Kaufobjekte und die Entscheidung zugunsten einer Alternative Einfluss. Oftmals handelt es sich um einen externen Berater, der von der Entscheidung nicht direkt betroffen und deshalb vermeintlich neutral eingestellt ist.

Es gibt durchaus auch andere Ansätze zur Beschreibung der Beziehungen zu Lieferanten, so das Reagierer- und das Promotorenkonzept, die sich allerdings nicht gleichermaßen durchgesetzt haben.

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Das Relationship-Marketing

4.4 Die Kapitalgeber als Zielgruppe

Besonders intensiv diskutiert wird die Beziehung zu Kapitalgebern als Stakeholder (Shareholder relations) zur Erzielung bzw. Erhöhung von Shareholder value. Kapitalgeber fordern eine überdurchschnittliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals, zumal wenn es sich um ihre einzige Einkommensquelle handelt. Sie verlangen zudem eine erstklassige Bonität des Unternehmens. Diesen Forderungen muss ein Unternehmen um so eher nachkommen, je höher sein Außenfinanzierungsbedarf ist und je mehr bestehende Kreditlinien bereits ausgeschöpft sind.

Das Shareholder value-Konzept (Rappaport) ist die Einengung des Stakeholder value-Konzepts (Freeman). Das Shareholder-Modell ist auf die Erzielung des maximalen Gewinns, der den Anteilseignern zusteht, ausrichtet. Dazu ist eine Beherrschung der Eigenkomplexität des Unternehmens erforderlich, um Potenziale und Gefahren für das Unternehmen zu identifizieren. Shareholder value ist derjenige Wert, den die gesamten Unternehmensanteile aller Anteilseigner aufgrund einer analytischen Unternehmensbewertung haben, wobei der Wert auf Basis freier betrieblicher, zukünftiger Cashflows ermittelt wird. Frei bedeutet, dass diese Geldmittel zur Bedienung der Fremdkapitalgeber (Zinsen/Tilgung) und Eigenkapitalgeber (Ausschüttung/Kapitalrückzahlung) nach Vornahme von notwendigen Investitionen noch zur Verfügung stehen.

Für die Berechnung des Shareholder value gibt es unterschiedliche Ansätze. Rappaport rechnet mit der Kapitalwertmethode, dem Netto-Cashflow und der Bestimmung durch Werttreiber. Maßstab ist dabei die Aktionärsrendite, sie besteht im Einzelnen aus Kurssteigerungen, Dividenden und sonstigen Ausschüttungen. Der langfristige Wert eines Unternehmens wird dabei vor allem durch den Cashflow bestimmt.

Das Unternehmen wird für die Analyse in Strategische Geschäftseinheiten (SGE) aufgeteilt, für die jeweils der künftige Cashflow (Gewinn vor Zinsen und Steuern zzgl. Abschreibungen abzgl. Investitionen abzgl. Erhöhung des Nettoumlaufvermögens) ermittelt wird. Als Prognosebasis dienen Value drivers wie etwa Umsatzwachstum, operative Umsatzmarge, Steuersatz, Investitionen in Anlage- und Umlaufvermögen, Kapitalkosten sowie Dauer der Wertschaffung. Diese werden durch Schlüsselfaktoren für die Zukunft bestimmt.

Die Ermittlung der Kapitalkosten je SGE erfolgt als gewichteter Durchschnitt von Eigenkapitalkosten auf Basis des Zinses einer sicheren Anlage plus Risikozuschlag und Fremdkapitalkosten als Zins für Kredit nach Steuern.

Daraus wird der Wert jeder SGE durch Abzinsung der erwarteten Cashflows mit den Kapitalkosten berechnet. Die Addition aller Werte ergibt dann den Bruttowert des Unternehmens, davon wird das Fremdkapital abgezogen, so ergibt sich der Eigentümerwert des Unternehmens. Dieser sollte der tatsächlichen Marktkapitalisierung des Unternehmens entsprechen.

Die Eigenkapitalrendite einer Strategischen Geschäftseinheit muss über den Eigenkapitalkosten liegen, ansonsten sollte man sich von ihr trennen. Manager sollen also den Marktwert des Eigenkapitals steigern, Investitionen müssen die Kapitalkosten decken und Unternehmensmittel in die besten Verwendungsmöglichkeiten gelenkt werden. Andere Stakeholders werden dabei allenfalls als Randbedingungen berücksichtigt, weil unterstellt wird, dass das Shareholder value-Konzept den Nutzen aller Anspruchsgruppen implizit berücksichtigt.

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Das Relationship-Marketing

Der Messwert Cashflow kann allerdings auf durchaus unterschiedliche Art ermittelt werden. Dazu drei Beispiele:

• Als Discounted cashflow (Rappaport, McKinsey Comp.) ergibt sich der Unternehmenswert anhand von diskontierten, zukünftigen Zahlungsüberschüssen. Strategische Unternehmensführung bedeutet damit quantitatives Wertmanagement (nicht Visionen o.ä.). Nachteilig ist dabei jedoch die Inkompatibilität mit den herkömmlichen Rechnungswesendaten, die nicht zahlungsstromorientiert ausgelegt sind, daher ist eine doppelte Rechnung erforderlich. Nachteilig ist weiterhin die Zukunftsungewissheit der Prognose.

• Beim Cashflow return on investment (Boston Consulting Group) wird ein interner Zinsfuß bestehender Geschäfte ermittelt. Dazu sind aktualisierte Anschaffungswerte durch Hochrechnung aus historischen Anschaffungswerten erforderlich, ebenso Cashflow-Schätzungen für die Nutzungsdauer und den Endwert. Problematisch ist dabei, dass von gleich hohen Cashflows über die gesamte Nutzungsdauer ausgegangen wird. Vorteilhaft ist hingegen die Kompatibilität zu Rechnungswesendaten, allerdings entsteht dennoch ein hoher Rechenaufwand. Auch gehen immaterielle Werte wie Markenwert, Standortvorteil, Managementqualität etc. unter.

• Ein Cashflow-ähnliches Verfahren (Economic value nach Stern Stewart) anhand der Bestimmung durch den Jahresabschluss legt ein Residualeinkommen als Betriebsergebnis nach Steuern abzgl. Kapitalentgelt (Gesamtkapital multipliziert mit gewogenen Kapitalkosten) zugrunde. Das Gesamtkapital wird aus der Bilanz errechnet, erfordert aber vorher Korrekturen. Der Aktionärsnutzen ist demnach nur der die Eigenkapitalkosten übersteigende Teil, nicht schon der die Fremdkapitalkosten übersteigende Teil. Vorteilhaft ist dabei die Anbindung an Rechnungswesendaten, allerdings fehlen weiterhin immaterielle Güter auf der Kapitalseite.

Die allgemeine Vorgehensweise ist jeweils wie folgt:

• Einteilung des Planungszeitraums: Es wird ein unendlich langer Planungszeitraum unterstellt. Bis zu einem Planungshorizont gibt es eine individuell geplante Unternehmensentwicklung, danach gibt es nurmehr Pauschalannahmen.

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Das Relationship-Marketing

• Ermittlung freier betrieblicher Cashflows (unternehmensintern exakt berechenbar, unternehmensextern nur grob zu schätzen): Beim Umsatzkostenverfahren ergibt sich der freie betriebliche Cashflow als Umsatzerlöse abzgl. Herstellungs-, Vertriebs-, allgemeinen Verwaltungskosten, zzgl. sonstiger betrieblicher Erträge (soweit zahlungswirksam), abzgl. sonstiger betrieblicher Aufwendungen (soweit zahlungswirksam), zzgl. Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielles Anlagevermögen und Erhöhung der Pensionsrückstellungen (ergibt den Umsatzüberschuss vor Steuern), abzgl. Steuerzahlungen auf Umsatzüberschuss (ergibt den Umsatzüberschuss nach Steuern), abzgl. Investitionen in Sachanlagen, immaterielles Anlagevermögen und Erhöhung des Working capital (ergibt den freien betrieblichen Cashflow).

Im Unterschied zum „normalen“ Cashflow werden Fremdkapitalzinsen nicht abgezogen, ebenso Investitionen, weil sie der Erhaltung der Ertragskraft dienen, dafür wird die Erhöhung des Working capital (langfristig finanziertes Umlaufvermögen) abgezogen. Beim Steuerabzug ist die veränderte Bemessungsgrundlage zu beachten. Die freien betrieblichen Cashflows jenseits des Planungshorizonts werden geschätzt und mit einer Wachstumsrate unterstellt.

• Bestimmung der Kapitalkosten und des Diskontierungszinsfußes: Als Abzinsungszinsfuß dienen die durchschnittlichen gewichteten Kapitalkosten (Produkt aus Eigenkapitalquote und Eigenkapitalkostensatz zzgl. Fremdkapitalquote multipliziert mit ((1 - Steuersatz)) und dem Fremdkapitalkostensatz). Der Marktwert des Fremdkapitals wird meist als Buchwert des Fremdkapitals unterstellt, der Marktwert des Eigenkapitals aus dem Börsenkurswert abgeleitet. Der Eigenkapitalkostensatz ergibt sich aus dem risikolosen Zinssatz zzgl. erwarteter Marktrendite abzgl. risikolosem Zinssatz, dies multipliziert mit einem sog. Betafaktor.

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Einführung in das Marketingkonzept

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Das Relationship-Marketing

• Abzinsung der individuell geplanten und der pauschal geplanten freien betrieblichen Cashflows: Der sich ergebende Restwert (Residual value) trägt erheblich zum betrieblichen Ertragswert bei.

• Addition des nicht betriebsnotwendigen Vermögens: Daraus folgt der Marktwert von Eigen- und Fremdkapital, d.h. der Marktwert des Unternehmens.

• Subtraktion des Marktwerts des Fremdkapitals: Dieser Wert wird meist als Buchwert des Fremdkapitals bestimmt, es ergibt sich der Shareholder value als Gesamtwert des Eigenkapitals unter den bei der Unternehmensplanung und der Festlegung der Kapitalkosten getroffenen Annahmen.

4.5 Die Konkurrenten als Zielgruppe

Beziehungen zu aktuellen, potenziellen und substitutionalen Konkurrenten (Competitor relations) entstehen vielfältig im Rahmen von Netzwerken wie Joint ventures, Strategische Allianzen o.Ä. Hier geht es vor allem um die Harmonisierung der Unternehmenskulturen und die Sicherung der Geschäftsbeziehungen. Zur Analyse der Beziehungen stehen vielfältige Strukturierungshilfen bereit:

• Für Absatzquellen (= für Nachfrage aktivierbare Kaufkraft) stellen sich unterschiedliche Optionen. Bei der Dominanz bestehenden Angebots entschließt man sich, in einem bereits durch Mitbewerber belegten Segment anzubieten. Kundenbindung drückt die Loyalität vorhandener Nachfrager zum eigenen Angebot aus. Intensitätssteigerung beabsichtigt die Verkürzung der Kaufabstände. Strukturbeeinflussung erfolgt durch Erhöhung des Werts je Kaufakt. Zusatzverkäufe beabsichtigt die Absatzsteigerung durch zahlreiche Aufwertungen im Angebot. Kundenrückgewinnung ist gerade angesichts stagnierender/rückläufiger Märkte von zentraler Bedeutung.

Problemweckung zielt auf potenzielle Nachfrager ab, die, obwohl sie ihren objektiven Merkmalen nach als Käufer prädestiniert sind, ein Angebot nicht kennen und deshalb auch nicht wahrnehmen können bzw. solche Nachfrager, die ein Angebot zwar kennen, es aber nicht als relevant für sich empfinden. Eroberung meint die Aktivierung seitheriger Nichtkäufer, die also das Angebot bisher dankend abgelehnt haben. Konkurrenzverdrängung erfolgt relativ oder absolut (in Bezug zur gesamten Konkurrenz) sowie direkt oder indirekt (in Bezug zu einzelnen Konkurrenten). Systemwechsel meint einen Wechsel zwischen substitutiven Angeboten. Marktwachstum setzt auf Beteiligung am vorhandenen Marktzuwachs. Partizipation liegt bei Nutzung der Sogwirkung erfolgreicher anderer Angebote vor, die modifiziert werden. Durch Gebietsausdehnung erfolgt die Nutzung neuer Märkte im In- und Ausland. Präsenzstreckung betrifft die zeitliche Streckung des Angebots im Zeitablauf. Bei der Fokussierung entschließt man sich, in einer Marktnische anzubieten. Die Generalisierung ist hingegen von vornherein so breit angelegt, dass unterschiedlichste Bedarfe abgedeckt werden.

Bundling betrifft die Zusammenfügung seither selbstständig angebotener Leistungen zu einem neuen Gesamtangebot. Unbundling bedeutet die Auftrennung eines komplexen Gesamtangebots in selbstständige Teilangebote. Marktschaffung erfolgt, sehr selten, durch das Angebot völlig neuartiger Problemlösungen. Unter Cross selling versteht man die Aktivierung von Kunden, die bereits ein anderes Produkt aus dem eigenen Programm kaufen. Produktwandel bezeichnet neue Einsatzmöglichkeiten bei Gewinnung neuer Angebotsnutzer.

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Das Relationship-Marketing

• Der Marktsegmentierung liegt der Gedanke zugrunde, dass es in der hoch kompetitiven Wirtschaft der meisten Branchen nicht mehr ausreicht, ein Angebot ungezielt der Nachfrage zur Entscheidung über die Annahme zu überlassen und im übrigen mit dem Risiko der Ablehnung zu leben. Vielmehr geht es darum, Nachfrager hoher Homogenität in Bezug auf den Kaufentscheid in Segmente zu definieren. Dies ermöglicht die Abschöpfung der Konsumentenrente bzw. den Einbehalt einer Produzentenrente und die Kapitalisierung des Potenzials des Markennamens. Die Marktsegmentierung kann einstufig, mehrstufig sukzessiv anhand jeweils eines Kriteriums oder mehrstufig simultan anhand mehrere Kriterien erfolgen. Die Mindestzahl der Segmente liegt bei zwei, die Höchstzahl bei der Anzahl der Nachfrager im Markt (Segment of one).

• Die Marktparzellierung ergibt sich auf Grundlage der Marktsegmentierung durch die Bearbeitung der sich ergebenden Segmente. Nach der Art der Marktbearbeitung kann es sich um eine undifferenzierte handeln, d.h., vorhandene Segmente werden einheitlich bearbeitet, oder um eine differenzierte, d.h., vorhandene oder gebildete Segmente werden verschiedenartig bearbeitet. Nach der Art der Marktabdeckung kann es sich um eine totale handeln, d.h., die Bearbeitung aller möglichen Segmente des Gesamtmarkts, oder um eine partielle, d.h., die Bearbeitung nur einzelner Segmente des Gesamtmarkts.

Von undifferenzierter Totalmarktbearbeitung spricht man dementsprechend bei einheitlicher Ansprache aller Segmente mit totaler Marktabdeckung. Bei einheitlicher Ansprache aller Segmente mit partieller Abdeckung kann es sich um eine Produktspezialisierung (mehrere Märkte/ein Produkt) oder eine Marktspezialisierung (mehrere Produkte/ein Markt) handeln. Von differenzierter Totalmarktbearbeitung spricht man bei differenzierter Ansprache aller Segmente mit totaler Marktabdeckung. Bei differenzierter Ansprache mit partieller Abdeckung kann es sich wiederum um eine Produktspezialisierung oder Marktspezialisierung handeln sowie um eine selektive Spezialisierung (nur ein Markt und ein Produkt).

• Hinsichtlich der Marktposition sind vier Optionen denkbar. Als Marktführer wird gemeinhin der vom Umsatz her größte Anbieter auf einem Markt bezeichnet. Dabei kommt es freilich darauf an, wie der relevante Markt abgegrenzt ist. Durch genügend enge Eingrenzung lassen sich allerdings fast mühelos Marktführerpositionen behaupten. Damit nicht identisch muss der Meinungsführer sein. Chancen des Marktführers sind die Möglichkeit zur Preisführerschaft, ein breiter Kompetenzvorsprung, die Marktmacht gegenüber Partnern und die Beeinflussung der Gesamtmarktentwicklung. Risiken sind gravierende Folgen der Produktenttäuschung, breite Angriffsfläche für Kritik, Konflikt mit der Wettbewerbsgesetzgebung, Inflexibilität, Innovationshemmung und Begünstigung latenter Marktnischen.

Als Marktherausforderer wird der Anbieter bezeichnet, der dem Marktführer seine, faktische oder kommunikative, Stellung streitig machen will, meist durch aggressiven Einsatz der Marketingparameter. Je nach Verhältnis der Ressourcen und Schwerpunkt der Konfrontation kann dies durch Frontalangriff, Flankenangriff, Guerillaüberfall oder Überraschungsangriff erfolgen.

Marktmitläufer prosperieren innerhalb des Windschattens von Marktführer und -herausforderer. Ihr Verhalten ist defensiv ausgerichtet, allerdings befinden sie sich in ständiger Verdrängungsgefahr. Dagegen sind verschiedene Strategien einsetzbar, so die Positionsverteidigung, die Flankenpositionsverteidigung, die bewegliche Verteidigung, der vorbeugende Angriff, der Gegenangriff oder der strategische Rückzug.

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Das Relationship-Marketing

Marktnischenanbieter sind Unternehmen, die sich freiwillig mit einem kleinen Marktanteil begnügen und keinen Anspruch auf breite Marktpräsenz erheben. Vielmehr konzentrieren sie sich auf Segmente und suchen diese auszuschöpfen.

• Hinsichtlich des Marktverhaltens sind vier Optionen denkbar. Dabei kann auf der gleichen Marktseite nach Begegnung, d.h. Adaptation des Konkurrentenverhaltens, oder Absetzung, d.h. bewusste Eigenständigkeit im Angebotsumfeld unterschieden werden, sowie in Bezug auf die gegenüber liegende Marktseite nach Aktivität, d.h. initiative Einwirkung auf die Vermarktungssituation, oder Passivität, d.h. Hinnahme dieser Vermarktungssituation. Entsprechend ergeben sich als Kombinationen die aktive Absetzung, die aktive Begegnung, die passive Absetzung oder die passive Begegnung. Speziell gegenüber dem Mitbewerb kann das Verhalten eines Anbieters durch Konsolidierung (Defensive), Autonomie (Neutralität, Ignoranz) oder Aggression (Offensive) gekennzeichnet sein. Eine Strategische Gruppe besteht dabei aus Unternehmen, die eine ähnliche Ausgangssituation in Bezug auf wettbewerbsrelevante Programmfaktoren aufweisen. Zwischen den Gruppen bestehen Mobilitätsbarrieren, insofern ist die Wettbewerbsintensität innerhalb der Gruppe im Allgemeinen, jedoch nicht zwangsläufig, höher als die zwischen den Gruppen.

• Die Marktstimulierung betrifft die Entscheidung, ob der Markt über den Aufbau von komparativen Präferenz-Vorteilen oder Preis-Mengen-Vorteilen erobert werden soll. Daraus resultiert eine Polarisierung. Der Unternehmenserfolg ist jeweils hoch, wenn der Mengen-Output entweder sehr niedrig ist (= Nischenangebot) oder sehr hoch (= Volumenangebot). Er ist niedrig, wenn der Mengen-Output nur ein mittleres Niveau erreicht. Danach muss ein Unternehmen anstreben, einen hohen Grad an Exklusivität zu erreichen oder eine extrem hohe Verbreitung.

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Das Relationship-Marketing

Andererseits gibt es einen Zusammenhang zwischen Leistungs- und Preislevel derart, dass als realistisch nur die Kombinationen aus hoher Qualität und hohen Kosten (Leistung) oder niedriger Qualität und niedrigen Kosten (Preis) einzuschätzen sind, nicht jedoch die unentschiedene Kombination dazwischen.

Entsprechend ergibt sich eine vierfache Kombination aus: Volumenangebot auf Leistungsbasis, Volumenangebot auf Preisbasis, Nischenangebot auf Leistungsbasis oder Nischenangebot auf Preisbasis. Alle Positionen zwischen diesen Optionen führen zu Ergebniseinbußen.

Die Präferenz-Position kann u.a. durch folgende Elemente erreicht werden: Markenartikelangebot, Gewinnpriorität, Hochpreislevel, monopolistischer Preisspielraum, hohe Produktqualität, attraktives Umfeld, Mediawerbung und selektive Distribution.

Die Preis-Mengen-Position kann u.a. durch folgende, dazu gegensätzliche Elemente erreicht werden: Preiswettbewerb, Umsatz-/Absatzpriorität, hohe Preisgünstigkeit, Grundnutzenargumentation, Marketing-Mix-Einsparung, Akzeptanz von Risiken und breite Distribution.

Die Volumen-Position kann u.a. durch folgende Elemente erreicht werden: Ubiquitäre Distribution, durchschnittsorientierte Produktleistung, eher unterdurchschnittliches Preisniveau, Massenmedienwerbung, Nutzung von Größendegressionsvorteilen, Ausspielen von Marktmacht.

Die Nischen-Position kann u.a. durch folgende Elemente erreicht werden: Selektive Distribution, positionierte Produktleistung und Preishöhe, Dialogwerbung, Nutzung von Spezialisierungsvorteilen, bewusste Angebotspflege, Marktsegmentierung, Imageprofilierung.

Daraus ergeben sich vier Kombinationen als Generalisierung durch einen entscheidenden Kostenvorteil und dessen Nutzung im Gesamtmarkt, als Involvierung eines entscheidenden Qualitätsvorteils und dessen Nutzung im Gesamtmarkt, als Spezialisierung auf einen kostenorientierten Teilmarkt oder als Individualisierung in einen leistungsorientierten Teilmarkt.

Die Generalisierung wird angestrebt durch die Erreichung eines hohen Marktanteils, strenge Aufwandskontrolle, Finanzmanagement und Verfahrensverbesserungen. Die Involvierung wird angestrebt durch die Erschließung/Besetzung geeigneter Vertriebswege, Marktpreise auf Premiumlevel, Ausrichtung der Kostenstruktur am Kundennutzen und Investition in differenzierungsfördernde Anlagen. Die Individualisierung wird angestrebt durch Abwandlung/Verbesserung des Angebots und Hervorhebung von Qualität und Dienstleistungsniveau. Die Spezialisierung wird angestrebt durch Lerneffekte und deren Vermarktung im großen Stil.

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Das Relationship-Marketing

• Das Strategische Spielbrett dient der Identifizierung von kompetitiven Haupterfolgsfaktoren. Dabei sind zwei Dimensionen zu unterscheiden: Die Art der Erreichung komparativer Konkurrenzvorteile und der Marktort für deren Materialisierung. Beide Dimensionen lassen sich jeweils alternativ unterteilen, die Art der Bearbeitung nach bekannten Regeln oder neuen Regeln, der Ort der Bearbeitung nach Kernmarkt oder Marktnische. Daraus ergeben sich vier Kombinationen, nämlich die Anwendung bekannter Regeln auf dem Kernmarkt durch überlegene Marktabdeckung auf breiter Front, die Anwendung bekannter Regeln auf einen Teilmarkt durch Konzentration auf eine erfolgversprechende Nische, die Anwendung neuer Regeln auf einen Teilmarkt durch Ergreifen der innovativen Initiative dort oder die Anwendung neuer Regeln auf dem Kernmarkt als Änderung der Grundlagen des Wettbewerbs.

• Das Outpacing-Konzept legt zwei Dimensionen für eine dynamisierte Marktsicht zugrunde, den wahrgenommenen Produktwert und die dafür entstehenden, effektiven Prozesskosten. Zu Beginn der Marktpräsenz sind der Produktwert gering und die Prozesskosten hoch, angestrebt wird jedoch das genaue Gegenteil dessen. Daher findet am Markt ein Wettlauf zwischen den Anbietern um die möglichst schnelle Erreichung der vorteilhaften Endsituation statt. Dafür gibt es zwei Wege, ein Weg durch Leistungsprimat bei akzeptierten hohen Kosten, um den Produktwert sukzessiv zu steigern und ein anderer durch Kostenprimat über akzeptiertem niedrigeren Produktwert bei sinkenden Kosten. Letzterer scheint aus der Empirie heraus der schnellere Weg zu sein.

• Beim Konkurrenzvorteil werden Angebote danach beurteilt, ob der durch sie erzielbare Wettbewerbsvorteil groß oder klein ist und ob zur Erringung dieses Vorteils viele oder wenige Alternativen gegeben sind. Daraus ergeben sich vier Kombinationen. Wenige Vorteile in hohem Ausmaß führen zum Massengeschäft durch Standardisierungsvorteil (Volume). Viele Vorteile in hohem Ausmaß führen zur Alleinstellung über den Differenzierungsvorteil spezifischer Leistungsmerkmale (Specialised). Viele Vorteile in geringem Ausmaß führen zur Inselsituation (Fragmented). Und wenige Vorteile in geringem Ausmaß führen zu einer Patt-Situation (Stalemate).

Denkbar ist auch, die Angebote dreidimensional zu beurteilen, nämlich nach den Regeln des Wettbewerbs und dem Ort des Wettbewerbs (beides wie im Strategischen Spielbrett) sowie dem Schwerpunkt des Wettbewerbs (aus der Marktstimulierung).

Dementsprechend ergeben sich acht Felder für Kombinationen: Anpassung in einer Marktnische bei Kostenführerschaft, Anpassung im Kernmarkt bei Kostenführerschaft, Anpassung in einer Marktnische bei Leistungsführerschaft, Anpassung im Kernmarkt bei Leistungsführerschaft, Veränderung in einer Marktnische bei Kostenführerschaft, Veränderung im Kernmarkt bei Kostenführerschaft, Veränderung in einer Marktnische bei Leistungsführerschaft und Veränderung im Kernmarkt bei Leistungsführerschaft. Jede Position kann eine vorteilhafte Angebotsbasis schaffen.

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Das Relationship-Marketing

4.6 Die Medienöffentlichkeit als Zielgruppe

Schon länger wird die Beziehung zu Medien/Öffentlichkeit (Public relations) durch Kommunikationsmaßnahmen gepflegt. Dazu gehören alle vertrauensbildenden Aktivitäten. Dabei gibt es zwei Arten der Unternehmenssicht. Das Selbstbild (Corporate personality), das weitgehend von den subjektiven Vorstellungen und Zielen des Unternehmens herrührt, und das Fremdbild (Corporate image), das die Sicht der Marktpartner widerspiegelt. Es geht darum, das Selbstbild näher zu definieren und das Fremdbild an das Selbstbild anzupassen. Als Basis ist dafür die Business mission zu definieren. Dabei werden die grundlegenden ökonomischen, politischen und sozialen Wert-, Ziel- und Kompetenzvorstellungen in Bezug auf sich selbst (Corporate mission) und die Stellung in der Gesellschaft (Value mission) ausgedrückt. Dies wird zumeist in Form von Unternehmensleitsätzen definiert, die als praktische Ausführung des Leitbilds strikt zu beachten sind.

Business mission ist die sinnstiftende Vision des Unternehmens, die über die reine Leistungsbereitstellung hinaus seinen Beitrag zur Gesellschaft definiert. Sie besagt, wofür eine Organisation, Institution oder Unternehmung im Kern steht, was ihre Vision ist und woher sie ihre Marktberechtigung bezieht (Was ist unser Geschäft? Was sind unsere Kunden? Was ist für unsere Kunden von Wert? Was wird künftig unser Geschäft sein? Was sollte unser Geschäft sein?). Die Initiatoren großer, erfolgreicher Gemeinschaften hatten seinerzeit klare Basisannahmen und ein konsistentes Vorstellungsbild über ihre intendierte Position in der Gesellschaft. Mit zunehmender Ausweitung und zeitlicher Ferne von diesem Gründungsstadium droht diese Vision jedoch heutzutage, verloren zu gehen. Es scheint ganz natürlich, dass operative Anliegen wie Rentabilität, Produktivität, Liquidität etc. in den Vordergrund treten. Dies ist aber nur das Ziel des Anbieters, die Gesellschaft stellt ganz andere Ansprüche an dessen Existenz. Es stellt sich also die Frage nach der Vermittlung der exakt definierten, strategischen Ausrichtung bei einer zunehmend kritischen und informationsüberfrachteten Öffentlichkeit. Denn Defizite im gesellschaftlichen Rollenspiel wirken sich besonders negativ aus.

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Das Relationship-Marketing

Gegen solche Prinzipien wird allerdings allerlei eingewandt, so dass sie als Leerformeln wirken, unter mangelnder Operationalität leiden, ihnen bloßer Papiercharakter zukommt, sie sich dem Trivialitätsvorwurf aussetzen, eine vordergründige Harmonietäuschung provozieren und als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit missbraucht werden.

Über das Fremdbild geben entsprechende qualitative Marketingforschungserhebungen weitgehend Auskunft. Ganz wichtig sind auch Mitarbeitermeinungen in der Belegschaft, bei Vertrauensleuten, Betriebsräten, Managern und mittleren Führungskräften, Kundenkontaktmitarbeitern, informellen Gruppen, dort wiederum bei Schlüsselpersonen, welche die Meinung Vieler bündeln und ihrerseits beeinflussen, und schließlich auch sog. Problemgruppen. Das so gewonnene Fremdbild wird dann dem Selbstbild gegenübergestellt.

Hinsichtlich des Selbstbilds sollte der Anbieter auf Ausprägungen und Charaktereigenschaften rekurieren, die ihn auszeichnen. Dabei bewährt es sich, das Unternehmen als lebenden Organismus, ähnlich einem Menschen, wie es im übrigen auch der modernen Sicht der Betriebsführung entspricht, aufzufassen. So wie vertraute Menschen durch Ausprägungen und Charaktereigenschaften gekennzeichnet sind, so lässt sich auch ein Unternehmen lebensnah durch Merkmale beschreiben. Nunmehr gibt es drei Möglichkeiten:

• Das definierte Selbstbild stimmt mit dem erhobenen Fremdbild total oder weitestgehend überein. Dann ist nur ein geringes Aktivitätenniveau erforderlich, um diese Kongruenz beizubehalten bzw. etwaig noch vorhandene geringe Abweichungen zu korrigieren. Dies ist aber ein recht seltener Glücksfall. Regelmäßig wird es vielmehr so sein, dass Selbstbild und Fremdbild mehr oder minder stark auseinanderfallen. Dann stellen sich wiederum zwei Alternativen. Zum einen kann das Fremdbild so akzeptiert und das Selbstbild entsprechend angepasst werden. Dies kommt allerdings einer Verleugnung der eigenen Anbieterpersönlichkeit gleich. Wenn man jedoch mit den Ausprägungen und Charaktereigenschaften des Fremdbilds gut leben kann, erspart man sich damit zumindest großen Korrekturaufwand.

• Zum anderen aber kann man darauf abzielen, das Fremdbild dem Selbstbild anzupassen, denn nur dann kommen die eigenen Werte angemessen in der Öffentlichkeit, und damit bei den Zielgruppen, über. Dies ist dann in erster Linie eine Aufgabe der Marketing-Kommunikation.

• Schließlich kann auch, und das ist realiter der weitaus häufigste Fall, eine Anpassung in beiden Dimensionen erforderlich werden, d.h., eine Veränderung des gewollten Selbstbilds gegenüber dem Status quo und eine Veränderung des erreichten Fremdbilds in Richtung auf dieses neue Selbstbild.

Die Unternehmenswerbung (Corporate communications) zielt darauf ab, das Selbstbild nach außen hin zutreffend zu kommunizieren. Dabei können vier Interpretationsrichtungen (Meffert) unterschieden werden.

• Der designorientierte Ansatz stellt auf die formalen Erscheinungsformen des Absenders ab. Sie sind das sichtbare Pendant der Kultur als visuelle Gestaltung der Artefakte, mit denen sich ein Unternehmen der Öffentlichkeit präsentiert, um zutreffende Identifikation und Wiedererkennung zu ermöglichen. Sie umfassen als Mittel zur Bestimmung des Auftritts etwa Objektdesign, Architekturdesign, Graphikdesign, Sprachdesign.

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Das Relationship-Marketing

• Der führungsorientierte Ansatz versteht die Aufgabe vor allem als Prozess der Willensbildung und -durchsetzung nach innen, um eine einheitliche Bewusstseinsbildung und Identifikation der Mitarbeiter zu erreichen, aber auch nach außen, zur zielkonformen Orientierung der Organisation in Verhalten. Sie stellen die Leitlinien des Agierens im Markt dar.

• Der imageorientierte Ansatz geht von der Koordination von Erscheinungsbild und Verhaltensweisen, von Aktivitäten im Innen- und Außenverhältnis unter einer einheitlichen Konzeption aus (Integrierte Kommunikation). Kommunikationsprogramme dienen dann zur Erkennung und Einstellungsbeeinflussung bei Zielgruppen. Als Mittel dazu werden differenzierte Werbeaussagen eingesetzt. Diese betreffen sowohl Klassische als auch Nicht-klassische Medien.

• Der strategieorientierte Ansatz hebt auf den Fokus des Organisationszwecks und die Leitstrategie der diesen darstellenden Kommunikation ab. Dies meint die spezifische Kompetenz, die Wertvorstellungen, Ziele und Erfolgskriterien eines Anbieters sowie sein Bekenntnis zu zentralen Ansprüchen. Diese müssen behutsam aktualisiert und nach außen und innen überzeugend ausgelobt werden.

In der Summe ergeben sich so Sympathie und Kompetenz, Akzeptanz und Vertrauen in den Absender (Corporate goodwill). Sympathie und Kompetenz sind dabei die Eckpfeiler der Akzeptanz. Ein Anbieter, der nur kompetent ist, wird zwar respektiert, aber nicht unbedingt geliebt. Und ein solcher, der nur sympathisch ist, wird zwar gemocht, aber strahlt keine Sicherheit aus. Erst beide Größen gemeinsam sind in der Lage, öffentliches Vertrauen zu generieren.

Die Unternehmenskultur (Corporate culture) ist demgegenüber gleichsam die gelebte Geschichte einer Organisation, auf dem Humus einer Vision und Mission gewachsen schafft sie als „unsichtbare Hand“ verlässliche Orientierungsmuster für alle Personen innerhalb der Organisation und alle, die außerhalb mit ihr zu tun haben. Die Unternehmenskultur drückt damit gemeinsame Werte- und Normenvorstellungen und geteilte Denk- und Überzeugungsmuster aus, die das Unternehmen und seine Prozesse leiten. Dies dient vornehmlich der Erklärung von Markterfolgsunterschieden zwischen Anbietern, die nicht allein durch objektive Tatbestände (Hard factors) erklärt werden können, aber zweifelsfrei vorhanden sind. Werte sind dabei verhaltensbestimmende Präferenzen und Normen als konkrete, spezifische Regeln. Die Unternehmenskultur schafft einheitliche Reaktionsmuster und ist das Ergebnis von Interaktionen, die eine gemeinsame Orientierung bieten. Je turbulenter das Marktumfeld und je weniger prognostizierbar seine Entwicklung, desto notwendiger ist eine Unternehmenskultur als Wert in sich.

Dabei sind es vielfach herausragende Persönlichkeiten gewesen, die Wahrnehmungs- und Handlungsmuster der Unternehmensangehörigen grundlegend beeinflussen. Diese Personen waren sich oft nicht einmal bewusst, dass ihr Handeln zur handlungsbegleitenden Norm erhoben wird. Die Ausprägungen sind insofern als das Ergebnis des konvergierenden Zusammenspiels der Handlungen Vieler anzusehen. Auch wenn Einzelne prägend gewirkt haben, konnten ihre Werthaltungen doch nur deshalb zum Kern der Unternehmenskultur werden, weil die Gemeinschaft der Unternehmensangehörigen sie als wertvoll und zweckfördernd akzeptiert hat.

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Kultur ist individuell, sie ist in ihrer Komplexität so einzigartig wie Personen und Handlungskontexte, in denen Unternehmen tätig sind. Jedes Unternehmen hat somit eine eigenständige, als typisch wahrnehmbare Kultur. Die Mitarbeiter übernehmen im Laufe der Zeit ihrer Unternehmenszugehörigkeit mehr oder weniger die in der Unternehmenskultur zusammengefassten Werte, oder sie scheitern und scheiden aus, weil sie Identifikationsprobleme mit dieser Kultur sehen, weil die Geschäftsleitung sie als Irritationsfaktor freisetzt oder weil ihre Kollegen sie als „Fremdkörper“ isolieren. Unternehmenskultur ist aber auch erlernbar. Dabei liegen Muster des Vorbildlernens zugrunde sowie unterbewusst ablaufende Lernprozesse über mittlere Zeiträume. Die Regelungen sind dabei häufig impliziter Natur, d.h., sie sind trotz der zunehmenden Verbreitung von Leitsätzen etc. mehrheitlich informell und inoffiziell vermittelt. Oft sind es scheinbare Nebensächlichkeiten, in denen sich Kultur manifestiert.

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Das Relationship-Marketing

Eine Schwierigkeit liegt freilich darin, dass Unternehmenskultur nur zu einem geringen Teil an objektiven, messbaren und eindeutig identifizierbaren Größen festgemacht werden kann. Dabei handelt es sich nur um den Teil von Verhalten und Symbolen der Organisation (Corporate behavior, Corporate design). Der große Teil der Basisannahmen und des Weltbilds (Corporate missen, Value mission) ist gänzlich unsichtbar, der Teil der Normen und Standards bleibt halb verborgen. Daher muss versucht werden, für diesen großen, schwer wahrnehmbaren Teil Indikatoren zu ermitteln, die gut wahrnehmbar und messbar sind (intervenierende Variable), sich also im Bereich von Aktivitäten und Verhalten sowie Gestalt und Zeichen manifestieren. Diese sind vielfältig dokumentierbar durch Dimensionen wie Aufnahme Außenstehender, Zusammenleben, Architektur/Präsentation, Zeigen von Emotion, Worte, Gesten, Bilder, Kleidung, Haartracht, Status, Sprachsystem und Jargon, Grüßen, Ehrerbietung, Zeremonien, Tradition etc. Vor allem auch Personen, tot oder lebendig, echt oder fiktiv, die Eigenschaften besitzen, die in einer Kultur hoch angesehen werden, um sie ranken sich Geschichten, Legenden, Witze, sie dienen als Verhaltensvorbilder oft auch im äußeren Erscheinungsbild.

4.7 Die Mitarbeiter als Zielgruppe

Intern geht es um die konstruktive Zusammenarbeit über Ländergrenzen, Hierarchieebenen und Funktionsbereiche einer Organisation hinweg. Dazu dienen vor allem interne Kunden-Lieferanten-Bezüge sowie schriftlich fixierte Mission statements. Stakeholder sind hier die Mitarbeiter. Sie fordern ein hohes Lohn-/Gehaltsniveau, ein attraktives Arbeitsumfeld, gute Karrieremöglichkeiten und ein positives Unternehmensimage. Diesen Forderungen ist um so eher nachzukommen, je angespannter der Markt für qualifizierte Arbeitskräfte ist und je größer der Personalbedarf des Unternehmens ist, zumal wenn Personalentwicklung und Stellvertreterregelungen nur schwach ausgeprägt sind.

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Das Relationship-Marketing

Die mitarbeiterorientierten Aspekte des Marketing-Management und die absatzorientierten Aspekte des Personal-Management wachsen so zu einem neuen Handlungsbereich zusammen, dem Internen Marketing. Dennoch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Teile unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Im Mittelpunkt des absatzorientierten Personalmanagement steht der Mitarbeiter und dessen Qualifikation und Motivation. Im Mittelpunkt des mitarbeiterorientierten Marketing-Management steht jedoch nach wie vor der End- oder Zwischenabnehmer mit seinen Bedarfen, Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter sind dabei Mittel zur Erreichung dieses Ziels. So gesehen versteht man unter Internem Marketing die systematische Optimierung unternehmensinterner Prozesse mit Instrumenten des Marketing- und Personal-Management, um eine konsequente und gleichzeitige Kunden- und Mitarbeiterorientierung des Marketing als interne Denkhaltung durchzusetzen, damit die marktgerichteten Unternehmensziele effizienter erreicht werden (Bruhn).

Die Bedeutung dieses Themas wird durch die Prozessorganisation von Unternehmen, die zunehmend als eine Abfolge von Schnittstellen zwischen internen Leistungslieferanten und internen Leistungsabnehmern verstanden werden, betont. Das heißt, ebenso wie marktgerichtet ein Anbieter-Nachfrager-Verhältnis besteht, sind auch betriebsintern Lieferanten-Abnehmer-Bezüge gegeben.

Teilziele des Internen Marketing sind das Angebot interner Leistungen an interne Kunden, die marktgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze und Prozesse, die interne Absicherung der externen Marketingstrategie und die Generierung eines internen Marketingverständnisses. Damit ist Internes Marketing Teil des übergeordneten Beziehungsmanagement (Relationship-Marketing).

Internes Marketing stellt damit eine Adaptation des für externe Austauschprozesse entwickelten Marketingkonzepts auf unternehmensinterne Beziehungen, vor allem zwischen Management und Mitarbeitern, dar. Ausgangspunkt ist die eine mindestens dreistufige Entwicklung:

• Die Bedürfnisorientierung im Sinne einer an internen Adressaten ausgerichteten Unternehmensführung betrifft alle zur Verhaltenssteuerung gegenüber internen Austauschpartnern eingesetzten Mittel. Darin wird eine Analogie zum bekannten Marketing-Instrumentarium für den innerbetrieblichen Einsatz gesehen. Die Aufteilung bezieht sich gemeinhin auf die Bereiche Arbeitsplatz (analog Angebot), Vertragsregelung (analog Entgelt), Information (analog Kommunikation) und Organisation (analog Distribution). Allerdings bleibt festzustellen, dass die unreflektierte Übertragung dieser Instrumente nur begrenzt möglich ist.

• Weitergehend sind alle internen Entscheidungen konsequent an den Erfordernissen der Mitarbeiter auszurichten. Dabei wird unterstellt, dass Austauschprozesse auf den externen Märkten für Güter und Dienste und dem internen Personalmarkt vergleichbar und insofern ähnlich gestaltbar sind. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn Mitarbeiter mit den gewünschten Kenntnissen und Fertigkeiten nur schwer beschaffbar sind, es sich also um eine Käufermarktsituation handelt (War for talents). Dann bedarf es eines arbeitnehmergerechten Angebots zum Erfolg (Employer branding). Dabei wird auf die Mitarbeiterzufriedenheit, analog zur Kundenzufriedenheit bei Abnehmern, abgestellt und unterstellt, dass hohe Leistungsfähigkeit und -willigkeit nur damit darstellbar sind. Kundenzufriedenheit ist dann nur durch Mitarbeiterzufriedenheit erreichbar. Als Elemente stehen dafür im Wesentlichen zur Verfügung:

- materielle Anreize wie Lohn/Gehalt, Erfolgsbeteiligung, freiwillige Sozialleistungen etc, immaterielle Anreize wie Ausbildung, Aufstieg, Statussymbole etc.,

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Das Relationship-Marketing

- Arbeitsplatz mit Aufgabenart/-umfang, Kompetenz/Verantwortung, Vertrag etc., objektive Arbeitsbedingungen mit Arbeitsverfahren, Arbeitsumfeld, Arbeitszeit etc., psychologische Arbeitsbedingungen mit Führungsstil, Information, Betriebsklima etc.,

- direkte Beschaffung durch persönlichen Kontakt, Kontaktveranstaltungen, Stellengesuch, Stellenanzeige etc., indirekte Beschaffung durch staatliche Stellenvermittlung, Personalberater, stille Vermittler etc.,

- interne Kommunikation durch Stellenausschreibung, Mitarbeitergespräch etc., externe durch Personalwerbung, Öffentlichkeitsarbeit, Einstellungsgespräch etc.

• Schließlich führt dies zur innerbetrieblichen Implementierung eines ursprünglich für externe Märkte konzipierten Marketing über die Gestaltung der Austauschbeziehungen mit den Mitarbeitern zu absatzorientierten Zwecken. Dabei steht nicht mehr die Personalorientierung im Vordergrund, sondern unter dem Primat der Kundenorientierung sind Arbeitsplätze und -abläufe derart zu gestalten, dass Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen, Hilfsbereitschaft etc. der Mitarbeiter gewährleistet sind. Mitarbeiter, die ihre Bedürfnisse nicht denen ihrer Kunden unterordnen wollen, sollen demnach freigesetzt werden. Dazu sind allerdings entsprechende Arbeitsbedingungen, -prozesse, Informations- und Anreizsysteme motivierend erforderlich. Dies ist Internes Marketing i.e.S.

Personalmarketing ist also primär mitarbeiterorientiert, d.h., die Mitarbeiter werden als Zielgruppe verstanden und Maßnahmen so ausgerichtet, dass sie sich an deren Bedürfnissen und Zufriedenheit orientieren. Ziel ist ein gutes „Betriebsklima“, d.h. die Übereinstimmung zwischen den Erwartungen der Organisationsmitglieder und der tatsächlichen betrieblichen Situation. Internes Marketing (i.e.S.) hingegen ist primär kundenorientiert. Die externen oder internen Abnehmer werden als Zielgruppe verstanden und Maßnahmen gegenüber den internen Mitarbeitern so gestaltet, dass sie sich an den Bedürfnissen dieser Abnehmer ausrichten. Darin kommt dann die explizite Marktorientierung gegenüber der Organisationsorientierung des Personalmarketing zum Ausdruck.

Es geht somit um die planmäßige Gestaltung der unternehmerischen Austauschbeziehungen mit internen Systemelementen zu absatzorientierten Zwecken. In diesem Zusammenhang sind Mitarbeitergruppen bzw. einzelne Mitarbeiter Adressaten von Steuerungsmaßnahmen. Es kommt insofern zur notwendigen, personalbezogenen Absicherung der Kundenorientierung im Marketing.

Mittel dazu sind das Erreichen von Engagement bei allen am Wertschöpfungsprozess beteiligten Mitarbeitern, denn niemand kennt die Prozesse so gut wie die sie unmittelbar ausführenden Personen, die Hinwendung zur Qualitätsproduktion bei allen Mitarbeitern, die Ausschöpfung der Problemlösungskapazität und Kreativität der Mitarbeiter, um anpassungsfähig auf Kunden zu reagieren, die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen aller Mitarbeiter, die Einsicht in ihre Position im Netzwerk der Kunden-Lieferanten-Beziehungen, die Prozessbeherrschung und Einhaltung von Zielvereinbarungen (MbO) sowie eigenverantwortliches Handeln durch Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Arbeit und mit dem Unternehmen als Ganzem.

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Das Relationship-Marketing

Dabei sind im Einzelnen drei Ausprägungen des Internen Marketing denkbar. Das Marketing interner Leistungen entspricht der Prozessorientierung in der Leistungserstellung. Als Ziele stellen sich insofern der Abbau von Abteilungskonflikten, die Verkürzung der Durchlaufzeiten und insgesamt mehr Qualität dar. Mittel dazu sind allgemein Teamwork, konkreter die Zufriedenheitsmessung jeder Kundenabteilung, die Feststellung der internen Kundenerwartungen, der Marketing-Mix-Einsatz durch Produktpolitik (als Art der Leistungen), Preispolitik (meist durch Verrechnungspreise fixiert), Distributionspolitik (als Leistungszugang) und Kommunikationspolitik (über Informationsaustausch). Zwischen den einzelnen Abteilungen werden, auch im Zuge von Kanban, Kunden-Lieferanten-Bezüge hergestellt, indem die Lieferstelle gemäß den Vorgaben der Kundenstelle bzw. der zuvor getroffenen Vereinbarungen über Quantitäten, Qualitäten, Kosten und Termine agiert und die Folgen einer etwaigen Nichterfüllung zu tragen hat. Dabei hat sich vor allem die Möglichkeit der wahlweisen externen Versorgung bewährt (Outsourcing), sofern einer Kundenstelle deren Konditionen gegenüber denen einer vergleichbaren internen Lieferstelle vorziehenswürdig erscheinen. Dabei spielt allerdings die interne Kostenverrechnung eine entscheidende Rolle.

Kooperationsinternes Marketing ist bei Unternehmensverbindungen bedeutsam, wenn unterschiedliche Geschäftskulturen zusammentreffen. Mit zunehmender Selbstständigkeit der Unternehmensteile (Divisionalisierung) ist die Grenze zum externen Marketing fließend zu sehen. In vielen Fällen scheitern Unternehmenszusammenschlüsse trotz eindeutiger „harter“ Vorteile an „weichen“ Faktoren. So gibt es denn nur wenige positive Beispiele als reales Vorbild für kooperationsinternes Marketing. Der Schlüssel zum Erfolg liegt vor allem darin, dass die Konzernleitung von vornherein auf die möglichst enge, gegenseitige Verzahnung der Alt-Organisationen hinwirkt. Dies geschieht etwa in Form von Joint comitees, also Gremien, die gemischt besetzt sind. Durch die praktische Zusammenarbeit haben beide Seiten am Ehesten Gelegenheit, gegenseitige Akzeptanz zu finden. Da zu Beginn naturgemäß Berührungsängste bestehen, ist es Aufgabe des Internen Marketing, planmäßig und wirkungsvoll gemeinsame Interessenfelder auszusuchen und zu erhalten. Vielfach werden dabei gemeinsame Workshops installiert, die helfen, das Eigenbild offenzulegen und gegenseitiges Verständnis füreinander zu entwickeln.

Das kundenorientierte Mitarbeiterverhalten betrifft die Gestaltung von Austauschbeziehungen mit Mitarbeitern zu Absatzzwecken (Kundenzufriedenheit), d.h., nicht Mitarbeiterbedürfnisse sind zentral, sondern Kundenbedürfnisse. Ziele sind dabei die Information der Mitarbeiter über den Unternehmenszweck (Corporate mission) und aktuelle Strategien, die Relevanz kundenkontaktbezogener Interaktionen und Verantwortung für die wahrgenommene Leistungsqualität des Angebots, Akzeptanz für eine konsequent kundenorientierte Verhaltensausrichtung, Wissen und Können zur Bewältigung von Kundenkontaktsituationen sowie die Erzeugung einer kundenorientierten Kultur. Instrumente dazu sind der Personaleinsatz, die Arbeitsstrukturierung, das Arbeitsentgelt, die Personalentwicklung und die interne Kommunikation (individuell wie medial).

Grundlegendes Ziel ist die Gewinnung, Entwicklung und Erhaltung hoch motivierter, kundenorientierter Mitarbeiter. Maßnahmen beziehen sich vor allem auf die Information des Personals über Unternehmenszweck und Marketingstrategien, die Relevanz der kundenbezogenen Interaktionen und die Verantwortlichkeit des Einzelnen für die wahrgenommene Leistungsqualität und das Image des Unternehmens. Absicht sind die Schaffung von Akzeptanz in Bezug auf die Maxime der konsequenten Verhaltensorientierung an den Kundenwünschen, die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten für die zielgerechte Bewältigung von Kundenkontaktsituationen und die Erzeugung eines organisationsinternen Umfelds, das kundenorientierte Einstellungen und Verhaltensweisen stützt.

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Das Broadening im Marketing

5 Das Broadening im MarketingDer Marketingbegriff ist im Zeitablauf in seiner Gültigkeit erheblich ausgeweitet worden. Dabei können zwei Dimensionen unterschieden werden:

• Deepening the concept of marketing bedeutet die Berücksichtigung externaler Aspekte im Marketing, vor allem humanistischer, ethisch-moralischer und ökologischer Aspekte, zusätzlich zur Gewinnerzielung. Es bezieht sich also auf die Erweiterung der Verantwortung des Marketing und führt zu Formen wie dem Human concept of marketing, Corporate citizenship-Marketing und Ökologie-Marketing.

• Broadening the concept of marketing bedeutet die Erweiterung der einschlägigen Erkenntnisse aus der Gewinnerzielung auf nicht-kommerzielle Bereiche, also Non profit- (NPO-) und Non business- (NBO-)Betriebe oder Nichtabgeleitete (originäre und Nicht-)Betriebe. Es bezieht sich also auf die Institutionen des Marketing und führt zum Marketing für öffentliche Betriebe, zum Social marketing oder zum Generic concept of marketing.

Im Rahmen des Broadening kann, ausgehend von der umfassendsten Fassung, nämlich dem Generic marketing, zunächst nach den Formen der Nichtabgeleiteten Betriebe (Einzelpersonen/Haushalte und Personengruppen/Nicht-Betriebe) und der abgeleiteten Betriebe (Betriebliches Marketing) unterschieden werden. Innerhalb der Betriebe gibt es Gemeinwirtschaftliche Betriebe (Non business-Betriebe/NBO, öffentliche Verwaltungen und öffentliche Vereinigungen) und Erwerbswirtschaftliche Betriebe (Business-Betriebe). Innerhalb der Business-Betriebe wird weiterhin unterteilt nach Versorgungswirtschaftlichen Betrieben (Non profit-Betriebe/NPO, öffentliche Unternehmen) und Gewinnwirtschaftlichen Betrieben (Profit-Betriebe, private Unternehmen).

5.1 Das Marketing für nicht-kommerzielle Betriebe

5.1.1 Gemeinwirtschaftliche Betriebe

Gemeinwirtschaftliche Betriebe sind solche, die keine geschäftlichen Zwecke verfolgen. Dazu gehören öffentliche Verwaltungen, öffentliche Vereinigungen, Genossenschaften und Stiftungen:

• Öffentliche Verwaltungen stellen Institutionen dar, die mit ihren Einnahmen und Ausgaben in den öffentlichen Haushalt einer Gebietskörperschaft vollständig eingebunden sind, um Allgemeinbedürfnisse zu decken (Bruttoetatisierung). Dazu zählen Ämter, Behörden und Ministerien, die nach der zugehörigen Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde) unterteilt werden können. Die Tätigkeit besteht in der unentgeltlichen Abgabe von Kollektivgütern und wird durch Steuern, Beiträge, Gebühren o.ä. alimentiert. Sie ist bedarfswirtschaftlich und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgerichtet.

Die öffentliche Verwaltung erfüllt demokratisch festgelegte öffentliche Aufgaben auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Sie erbringt konkrete Leistungen für Bürger (Mitglieder). Bundesverwaltungen sind z.B. Bundesministerien, Bundeswehr, Bundesforschungsanstalten, Bundeskriminalamt. Landesverwaltungen sind z.B. Staatskanzleien, Landesministerien, Hochschulen, Rechnungshöfe. Kommunalverwaltungen sind z.B. Stadtverwaltungen, Kreisverwaltungen, Verwaltungsgemeinschaften, kostenrechnende Einrichtungen.

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Das Broadening im Marketing

Hier dominiert der Behördencharakter den Betriebscharakter. Daher ist ein Transfer der Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre (speziell des Marketing) auf diesen Bereich problematisch.

Zur Verwaltung gehören z.B. die Zweige allgemeine bzw. innere Verwaltung (Innenministerium, Regierung-spräsidenten, Hauptämter), Arbeits- und Sozialverwaltung (Arbeits- und Sozialministerium, Landesversorgung-sämter, Sozialämter), auswärtige Verwaltung (Auswärtiges Amt, Botschaften, Konsulate), Bauverwaltung (Bauministerien, Landesbauämter, Bauordnungsämter), Bildungsverwaltung (Kultusministerien, Hochschulen, Bibliotheken), Finanzverwaltung (Finanzministerien, Oberfinanzdirektionen, Finanz- und Hauptzollämter), Fischereiverwaltung (Landwirtschaftsministerium, Landesanstalt für Fischerei, Fischereiämter), Forstver-waltung (Landwirtschaftsministerium, Oberforstdirektionen, Forstämter), Gerichts- und Justizverwaltung (Justizministerien, Staatsanwaltschaften, Strafvollzugsanstalten), Gesundheitsverwaltung (Gesundheitsmin-isterium, Bundesgesundheitsamt, Gesundheitsämter), Landwirtschaftsverwaltung (Landwirtschaftsministe-rien, landwirtschaftliche Versuchsanstalten, Landwirtschaftsämter), Raumordnungsverwaltung (Bau- und Raumordnungsministerien, Institut für Landes- und Stadtentwicklung, regionale Planungsverbände), Si-cherheitsverwaltung (Justizministerien, Landeskriminalämter, Kreispolizeibehörden), Verkehrsverwal-tung (Verkehrsministerien, Kraftfahrtbundesamt, Bundesanstalt für Straßenwesen), Verteidigungsverwal-tung (Verteidigungsministerium, Bundesanstalt für Wehrtechnik und Beschaffung, Kreiswehrersatzämter), Wirtschaftsverwaltung (Wirtschaftsministerien, Bundeskartellamt, Wirtschaftsförderämter), Umweltverwal-tung (Umweltministerien, Bundesumweltamt, Umweltämter).

• Öffentliche Vereinigungen sind Wirtschaftssubjekte in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, die mittels Beiträgen und Umlagen ihrer Mitglieder primär deren Gruppenbedürfnisse befriedigen. Sie können nach Bundes-, Landes- und Kommunalebene gegliedert werden.

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Das Broadening im Marketing

Bundesvereinigungen sind z.B. Lastenausgleichsfonds, Bundesversicherungsanstalt, Bundessteuerberaterkam-mer, kassenärztliche Bundesvereinigungen. Landesvereinigungen sind z.B. Landesversicherungsanstalten, Landesstiftungen, Arbeitnehmerkammern, öffentliche Krankenkassenlandesverbände. Kommunalvereinigun-gen sind z.B. Zweckverbände, Landeswohlfahrtsverbände, Ortskrankenkassen, kommunale Spitzenverbände.

Weiterhin handelt es sich um private Institutionen wie Genossenschaften und private Stiftungen. Genossenschaften m.b.H. sind z.B. rein öffentliche Wohlfahrtsbetriebe, Verkehrsbetriebe, (gemischtwirtschaftliche) Wohnungsbaugesellschaften. Sie basieren auf dem Solidarprinzip zwischen den Mitgliedern. Dies bedingt eine demokratische Abstimmung (d.h. One man - One vote). Sie sind durch ihre Dreifachnatur gekennzeichnet: erstens den Rechtsmantel einer juristischen Person, zweitens die Sozialbeziehung zwischen den einzelnen Genossen und drittens eine eigenständige Betriebsführung. Genossenschaften sind allerdings auch im Bereich der gewinnwirtschaftlichen Betriebe zu finden (z.B. Bankgeschäfte, Landwirtschaft, Fischerei, Winzerei, Handwerk, Handel). Für diese gelten dann nicht-kommerzielle Marketingüberlegungen nicht mehr.

Gemeinnützige (private) Stiftungen sind z.B. Carl-Bertelsmann-Stiftung, Volkswagen-Stiftung, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Bayerische Landesstiftung, Robert-Bosch-Stiftung, Körber-Stiftung, Alfried-Krupp-von Bohlen und Halbach-Stiftung, Carl-Zeiss-Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Hilfswerk für behinderte Kinder. Bei der Stiftung handelt es sich um eine Vermögensmasse, die der Stifter zur Verfolgung eines bestimmten gemeinnützigen Zwecks eingerichtet hat und zwar durch Stiftungsgeschäft, meist als Schenkung oder testamentarische Hinterlassung und die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist gemäß den Stiftungsgesetzen der Bundesländer mit rigider Regelung zu staatlicher Genehmigung und Aufsicht. Sie verfügt über eine Grundordnung, welche die rechtsansprüchlich unterstützte Begünstigung der Destinatare vorsieht. Die Stiftung hat keine Mitglieder, ist also keine Gesellschaft, sie haftet nur mit dem Stiftungsvermögen, folglich kann der Stifter zu keiner persönlichen Haftung herangezogen werden. Die Stiftung hat einen Vorstand mit Vertretungsmacht, sie kann durch Verwaltungsakt, durch Zweckerfüllung oder wegen Konkurs aufgelöst werden.

5.1.2 Öffentliche Betriebe

Eine andere Unterteilung geht von der Rechtspersönlichkeit aus. Ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind zu unterscheiden organisatorisch unselbstständige, reine Regiebetriebe, z.B. Versorgungsbetriebe wie Müllabfuhr, oder Quasi-Regiebetriebe der Glieder-Gebietskörperschaften mit organisatorisch verselbstständigtem Sondervermögen nach Eigenbetriebsverordnung, z.B. Post, Bahn, Schwimmbäder, Schlachthöfe, Lotto-Gesellschaften. Als juristische Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit sind Betriebe nach öffentlichem Recht möglich. Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Körperschaften wie IHK´en, HWK’en, gesetzliche Krankenkassen, Sozialversicherungen, Bundesärztekammer etc., um öffentliche bzw. öffentlich-rechtliche Anstalten wie Sparkassen, Landesbanken, Rundfunksender etc. und um öffentliche bzw. öffentlich-rechtliche Stiftungen wie Stiftung des Deutschen Volkes, Stiftung Warentest etc.

Öffentlich-rechtliche Körperschaften weisen zumeist ein genossenschaftliches Mitgliederverhältnis auf, Anstalten haben keine Mitglieder, sondern nur Benutzer, Stiftungen haben ebenso keine Mitglieder, aber Begünstigte (s.o.).

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Das Broadening im Marketing

Öffentliche Betriebe sind durch zahlreiche marketingrelevante Besonderheiten gekennzeichnet. Oft ist eine monopolistische (öffentliche Verwaltungen, öffentliche Vereinigungen) oder zumindest teilmonopolistische Marktstellung (öffentliche Unternehmen) gegeben. So ist der Staat auf einigen Märkten alleiniger Anbieter bzw. Nachfrager. Die dort stattfindenden Marktprozesse unterliegen daher keiner wettbewerblichen Sanktionierung. Um deren missbräuchliche Ausnutzung zu verhindern, sind diese Marktbereiche unter öffentliche Aufsicht gestellt (z.B. Bundesbahngesetz, Postverwaltungsgesetz, Personenbeförderungsgesetz). Auch das Marktverhalten wird reguliert (z.B. Tarifgenehmigung durch Aufsichtsbehörden, Gebührenordnungen). Darin sind vor allem Verhaltensweise und Preisgestaltung reglementiert. Außerdem ist oft ein Kontrahierungszwang vorgesehen (wie die Bedienungspflicht, z.B. Akzeptierung von Kleinstanlagen bei Sparkassen, bzw. die Abnahmepflicht, z.B. Hinnahme von Anschlusszwang an Kanalisation und Stromnetz).

Es handelt sich bei den Abschlüssen nicht ausschließlich um eine privatrechtliche Kontrahierungsbasis wie sie zwischen Unternehmen bzw. Unternehmen und Privaten gegeben ist. Vielmehr liegt auch öffentliches Recht zugrunde. Von daher ist die Vertragsausgestaltung nur in engen Grenzen frei wählbar.

Die finanziellen Mittel zum Betrieb der Organisation werden meist nicht ausschließlich direkt durch die Abnehmerschaft bereitgestellt. So können viele der Angebote, die nur Minderheiten in Anspruch nehmen, nicht allein aus den Verkaufserlösen aufrechterhalten werden. Aus Gründen von Interessenpluralismus oder sozialen Erfordernissen werden diese daher von Staat/Ländern/Kommunen über deren Steuer- und Gebühreneinnahmen subventioniert.

Die Ziele der Organisation sind nicht auf Gewinn abgestellt, sondern auf die Befriedigung sozialer Bedürfnisse der Bürger. An die Stelle einer Formalzieldominanz tritt vielmehr die Sachzieldominanz der Bedarfsdeckung. Dementsprechend sind Preise meist kostendeckend kalkuliert.

Die völlige Marktabdeckung (bei Kontrahierungszwang) impliziert überproportionalen Aufwand für seltene Extremfälle von Versorgten, deren Einbeziehung durch alle anderen Beteiligten mit zu finanzieren ist.

Als Grundlage für das Angebot öffentlicher Güter dienen Gesetze und Verordnungen. Insofern steuert nicht die Nachfrage das Marktgeschehen, sondern eine zentrale Planungsinstanz. Es handelt sich also um administrierte Märkte, die im Ergebnis allen Unwägbarkeiten eines planwirtschaftlichen Systems unterliegen.

In vielen Fällen besteht eine Inanspruchnahmepflicht seitens der Abnehmer. Oft entfällt damit nicht nur die Auswahl unter verschiedenen Anbietern, sondern auch die Bestimmung der individuellen Nutzung. So werden im öffentlichen Gütermarkt wirtschaftliche Prinzipien zugunsten mehr oder minder berechtigter gesamtgesellschaftlichen Anliegen, die meist durch Interessenvertretungen artikuliert werden, verdrängt.

Die Willensbildung über das Angebot erfolgt multipersonal (kollektiv). Das liegt nicht nur im Wert der behandelten Güter begründet, sondern auch in der behördlichen Struktur der Anbieter. So sind meist mehrere Dienststellen und dort wiederum mehrere Hierarchiestufen in Entscheidungsprozesse involviert.

Der Betrieb der Organisation wird oft durch öffentlich Bedienstete übernommen. Dies liegt in der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben begründet, die ein besonderes Loyalitätsverhältnis der Ausführenden zu ihrem Dienstherrn implizieren. Im Gegenzug verpflichtet dieser sich zu besonderer Fürsorge (Beamtentum).

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Das Broadening im Marketing

Öffentliche Betriebe haben einen überragenden Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit (z.B. bei Versorgung, Verkehr, Kreditwirtschaft). Sie sind in gewisser Weise ein Stück Planwirtschaft inmitten der Marktwirtschaft und haben sich beinahe unmerklich unkontrolliert ausgebreitet. Sie machen privaten Betrieben nicht selten irreguläre Konkurrenz und verwehren ihrerseits zumeist die Öffnung für privatbetriebliche Konkurrenten. Bei genauer Betrachtung sind öffentliche Betriebe jedoch nur in eng umgrenzten, hoheitliche Funktionen wahrnehmenden Bereichen zwingend erforderlich. In allen anderen Bereichen stellen sie eine so gewollte Einmischung der Politik in die Wirtschaft dar, meist unter dem Vorwand, nicht leistungsgerechte Ergebnisse des Marktes sozialverträglich zu korrigieren. Dabei stellt sich erstens die Frage, inwiefern einzelne Politiker und Verwalter, gleich welcher Ebene, einschätzen wollen, ob Marktergebnisse leistungsgerecht sind oder nicht und in welcher Weise diese zu korrigieren sind. Dies ist insofern anmaßend, als der Markt die Sammlung des wirtschaftlichen Wissens aller Marktteilnehmer ist, also nichts und niemand „schlauer“ sein kann als der Markt selbst (Schwarmwissen), schon gar nicht einzelne Personen oder Ämter. Zweitens stellt sich die Frage, ob es nicht allen Beteiligten, auch den Sozialbedürftigen, besser bei marktwirtschaftlichen Ergebnissen ergeht, denn wenn der zu verteilende Kuchen größer wird, wächst auch der Anteil derer, die weniger leistungsfähig sind („die Flut hebt alle Boote“), daran. Dahinter steckt am Ende eine Diskussion, was überhaupt als gerecht zu bezeichnen ist. Grundsätzlich sind die Ergebnisse des Marktes leistungsgerecht, denn der Markt honoriert, Funktionsfähigkeit einmal vorausgesetzt, immer exakt die gebotenen Leistungen (Output-Orientierung). Dagegen steht die Ansicht der Sozialpolitiker, gerecht seien nicht die Ergebnisse, die aufgrund des Output entstehen, sondern der Leistungseinsatz zur Erreichung von Ergebnissen (Input-Orientierung). Dieser Widerspruch ist unauslöschlich vorhanden. Die Konstruktion der sozialen Marktwirtschaft vermochte diesen Widerspruch solange zu überdecken, wie ein unterliegendes Marktwachstum vorhanden war. Denn wenn der gesamtwirtschaftliche „Kuchen“ wächst, können die Anteile der weniger Leistungsfähigen, die also nach besten Kräften ihren Input, aber am Ende wenig Output geliefert haben, überproportional wachsen, ohne den Zuwachs bei den höher Leistungsfähigen einzuengen. In Zeiten fehlenden allgemeinen Wachstums jedoch, wenn also der gesamtwirtschaftliche „Kuchen“ im Wesentlichen gleich bleibt, ist eine stärkere Berücksichtigung der Leistungsschwächeren nur zu Lasten der Leistungsstärkeren möglich. Das ist aber allein insofern aussichtslos, als es ja gerade diese Leistungsstärkeren sind, die zur Erstellung des Kuchens überproportional beitragen. Wird deren Leistung also indirekt „bestraft“, so werden sie ihre Leistung drosseln, und der Kuchen wird sogar schrumpfen. Damit bleibt aber praktisch keine umverteilungsfähige Masse mehr für die Leistungsschwächeren. Insofern ist es wohl für alle Beteiligten besser, die Umverteilung nur in engen Grenzen vorzunehmen. Mithin könnten die Eingriffe der Politik in die Wirtschaft auf die wenigen, hoheitliche Aufgaben betreffenden Bereiche begrenzt werden (Judikative, Finanzverwaltung, äußere Sicherheit). Alle anderen öffentlichen Betriebe könnten dereguliert werden (wie das im Ausland bereits weitgehend geschehen ist bzw. auch in Deutschland zögernd geschieht).

Öffentliche Betriebe erzeugen Individualgüter, die sie gegen Entgelt abgeben. Private Individualgüter werden dabei zu Markt- oder marktähnlichen Preisen abgesetzt (z.B. Transportleistungen öffentlicher Luftverkehrsunternehmen), öffentliche Individualgüter (meritorische Güter) werden aus übergeordneten Zwecken zu einem nicht-kostendeckenden Preis abgegeben und im öffentlichen Interesse subventioniert (z.B. Bildungsangebote der VHS).

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Kollektivgüter sind immer öffentliche Güter und stehen daher der Allgemeinheit zur Verfügung, an ihnen können also keine individuellen Eigentumsrechte entstehen. Sie sind durch die Prinzipien des Nicht-Ausschlusses bzw. der Nicht-Ausschließbarkeit und der Nicht-Rivalität (Non rivalness) gekennzeichnet. Nicht-Ausschluss bedeutet, dass es entweder objektiv unmöglich, z.B. technisch nicht durchführbar, oder subjektiv unzweckmäßig, z.B. unwirtschaftlich, ist, jemanden von der Nutzung dieser Güter auszuschließen. Nicht-Ausschließbarkeit bedeutet, dass sich aber auch niemand deren Nutzung ohne Weiteres entziehen kann (Abnahmepflicht). Nicht-Rivalität bedeutet, dass die Inanspruchnahme des Guts durch einen einzelnen die Inanspruchnahmemöglichkeit anderer für dasselbe Gut nicht verhindert (z.B. Landesverteidigung, Rechtsstaatlichkeit), wohl aber beeinträchtigen kann (z.B. Autobahnnutzung).

Diese beiden Prinzipien widersprechen jedoch den Grundprinzipien des Marketing, der Gratifikation und der Knappheit. Denn Gratifikation setzt die mehr oder minder freie Wahl des Transaktionspartners zum beiderseitigen Vorteil voraus, und Knappheit die Nutzungskonkurrenz der Parteien durch absolute Ressourcenbegrenzung. Daher ist es zweifelhaft, ob für Kollektivgüter überhaupt Marketing im engen Sinne gemacht werden kann. Wohl können einzelne Marketinginstrumente, insb. die Kommunikationspolitik, aktiviert werden.

Kollektivgüter unterscheiden sich von freien Gütern dadurch, dass Letztere zusätzlich keinen Marktpreis haben. Bei Ersteren handelt es sich zumeist um Dienstleistungen. Daher gelten die Besonderheiten von Dienstleistungsmärkten, also die Immaterialität, Individualität und Einbeziehung des Externen Faktors. Vor allem ist eine mangelnde Preis- und Qualitätstransparenz bei Nachfragern gegeben. Ebenso ergibt sich ein Free rider-Problem dadurch, dass jeder Beteiligte seinen Netto-Nutzen maximiert, wenn er seinen Beitrag minimieren kann.

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Das Broadening im Marketing

5.1.3 Versorgungswirtschaftliche Betriebe

Versorgungswirtschaftliche Betriebe dienen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Rahmen des Haushalts-, Kommunalrechts und sonstiger Vorschriften. Sie werden daher von den öffentlichen Händen getragen (Öffentliche Betriebe) und stellen Wirtschaftssubjekte dar, in denen Entscheidungen bzw. Verfügungen über Güter (Rechts- und Sachgüter, Arbeits- und Dienstleistungen) gemäß öffentlicher Ziele auf der Grundlage öffentlichen oder privaten Eigentums getroffen werden. Dazu gehören, soweit es sich nicht um öffentliche Verwaltungen oder öffentliche Vereinigungen handelt (s.o.), öffentliche Unternehmen.

Öffentliche Unternehmen sind selbstständige Produktionsunternehmen, die Bedürfnisse Dritter (Individualgüter) gegen Entgelt decken und deren Eigenkapital mehrheitlich in öffentlicher Hand liegt. Sie sind nur durch den abzuführenden Gewinn (dominierende oder sekundäre Gewinnerzielungsabsicht) oder den zu deckenden Verlust mit dem betreffenden öffentlichen Haushalt verbunden (Nettoetatisierung). Sie verfügen über ein marktmäßig wenigstens partiell reproduzierbares Eigenkapital, d.h. eigenes Vermögen. Sie können eigenverantwortliche Entscheidungen und Handlungen treffen und tragen das Absatzmarktrisiko, sind also erwerbs- und bedarfswirtschaftlich orientiert. Oft werden sie subventioniert.

Man unterscheidet gemischtöffentliche und gemischtwirtschaftliche Unternehmen. Gemischtöffentliche Unternehmen sind rein öffentliche Gemeinschaftsunternehmen (100 %) wie Salzgitter, Ruhrkohle etc. Hier handelt es sich um Non profit-Marketing i.e.S. Es bezieht sich auf Organisationen, bei denen Gewinnerzielung nicht im Vordergrund steht oder gar nicht erst angestrebt wird, die aber dennoch ein Angebot unterbreiten, das für eine Vielzahl von Interessenten gedacht ist, also auf einem Markt angeboten wird. Manche Non profit-Unternehmen verhalten sich am Markt wie Profit-Unternehmen. Bundesunternehmen sind z.B. Deutsche Bundesbahn, Deutsche Bundespost, Kreditinstitute des Bundes, Forschungsunternehmen. Landesunternehmen sind z.B. Landesbanken, öffentlich-rechtliche Versicherer, Rundfunkanstalten, Universitätskliniken. Kommunalunternehmen sind z.B. Versorgungsunternehmen, Verkehrsunternehmen, Sparkassen, Krankenhäuser.

Gemischtwirtschaftliche Unternehmen haben sowohl öffentliche, 51 - 99 %, als auch private Anteilseigner wie RWE, Telekom, Lufthansa, Volkswagen. Hier handelt es sich um Non profit-Marketing i.w.S., wobei der Profit-Charakter um so stärker wird, je größer der Anteil privater Anteilseigner ist, sodass im Einzelfall kein Unterschied mehr zu privaten Unternehmen erkennbar bleibt (gewinnwirtschaftliche Betriebe/Profit-Marketing). Solche Unternehmen sind als „Zwitter“ oft vor schwer lösbare Vermarktungsprobleme gestellt, weil versorgungswirtschaftliche und gewinnwirtschaftliche Ziele in vielfältiger Weise konfliktär sind (z.B. Telekom, Lufthansa).

5.2 Das Social marketing

Während das Marketing mehr oder minder öffentlicher Betriebe auf eine institutionale Sichtweise (Träger/wer und Funktionen/wie) abhebt, stellt das Social marketing die Verfolgung ideeller Aufgaben (Inhalte/was) in den Mittelpunkt, z.B. religiöse, kulturelle, akademische, karitative, politische oder visionäre Anliegen. Es handelt sich somit um eine andere Betrachtungsebene. Als soziale Aufgaben werden dabei gesellschaftlich akzeptierte und formulierte Anliegen betrachtet, also solche, die in irgendeiner Form mit dem Miteinander von Personen in ihrer Gesellschaft zu tun haben. Social marketing bezieht sich daher auf Ziele, die als veränderungswürdig perzipiert werden und in das gegenwärtige Umfeld gesellschaftlicher Diskussion treten sollen oder bereits getreten sind. Das Urteil und das Verhalten bestimmter

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Zielgruppen über Ideen und Praktiken soll im positiven Sinn beeinflusst werden und sozialen Wandel herbeiführen. Das heißt, Einstellungen und Bedürfnisse sollen verändert oder stabilisiert werden. Das Angebot ist diese Idee selbst, im kommerziellen Marketing ist die Idee hingegen Mittel zum Zweck der Erreichung des Vermarktungsziels.

5.2.1 Idealgüter-Angebot

Öffentliche Betriebe können sowohl soziale (z.B. Anti-Aids-Kampagne) als auch kommerzielle Ziele verfolgen (z.B. Wertstofftrennung), umstritten ist jedoch, ob dies gleichermaßen auch für private Betriebe gilt. Daher gibt es in der Literatur zwei abweichende Definitionsansätze. Social marketing i.e.S. betrifft die systematische Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von Marketingstrategien und -aktivitäten der nicht-kommerziellen Organisationen, die sich direkt oder indirekt der Akzeptanz bzw. Lösung sozialer Aufgaben widmen (z.B. Kotler/Zaltman, Bruhn/Tilmes). Social marketing i.w.S. betrifft ein Marketing für aktuelle soziale Ziele oder Ideen, wobei es gleichgültig ist, welche Institution (öffentlich oder privat) dieses durchführt. (z.B. Raffée/Abel/Wiedmann, Raffée/Wiedmann).

Kommerzielles Marketing kann also sowohl von öffentlichen als auch privaten Unternehmen betrieben werden, Social marketing kann nach der engen Fassung nur von gemeinwirtschaftlichen Betrieben, nicht jedoch von erwerbswirtschaftlichen betrieben werden, nach der weiten Fassung sowohl von öffentlichen wie privaten Unternehmen (wie auch das kommerzielle Marketing).

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Das Broadening im Marketing

Obgleich also grundsätzlich jede Organisation (oder Person) Social marketing betreiben kann, ist es im Sinne der Analyse zweckmäßig, den Objektbereich auf gemeinwirtschaftliche Betriebe zu verengen. Denn einerseits verfolgen erwerbswirtschaftliche Betriebe immer zumindest primär egoistische Ziele, dies folgt schon aus dem zugrundeliegenden erwerbswirtschaftlichen Prinzip, und nicht ideelle, dies sind Institutionen mit nur akzidentellem Soziobezug. Auch Maßnahmen, die zunächst sozialer Art scheinen, wie Social sponsoring, dienen im Sinne einer Means end chain diesen egoistischen Zielen. Denn sonst verwässert die Aussage, so wäre etwa das Sozio-Sponsoring eines Wirtschaftsunternehmen Social marketing, das Sport-Sponsoring desselben Unternehmens hingegen Commercial marketing. Den einen Grenzfall stellt das allerdings höchst seltene Mäzenatentum dar, weil es dabei gerade nicht auf eine Gegenleistung zur Förderung egoistischer Ziele ankommt. Jedoch stellt sich die Frage, inwieweit diese Aktivität der Marketingkonzeption entspricht. Den anderen Grenzfall stellt das Societal marketing dar (Kotler). Dabei stehen ideelle Ziele zwar nicht im Mittelpunkt, bilden jedoch eine wichtige, selbstgesetzte Restriktion. Damit werden diese zumindest implizit im kommerziellen Marketing berücksichtigt.

Andererseits verfolgen gemeinwirtschaftliche Betriebe (Sozio-Institutionen) immer primär ideelle Ziele, dies ergibt sich aus dem gemeinwirtschaftlichen Prinzip. Auch kommerzielle Maßnahmen, die sie durchführen, wie der Verkauf bedruckter T-Shirts durch eine Umweltorganisation (z.B. B.U.N.D.), dienen in einer Means end chain letztlich der Erreichung dieser sozialen Ziele.

Marketing für öffentliche Betriebe findet also für gemeinwirtschaftliche und (eingeschränkt) versorgungswirtschaftliche Betriebe statt, nicht hingegen für gewinnwirtschaftliche Betriebe und Nicht-Betriebe. Social marketing findet für gemeinwirtschaftliche Betriebe und Nicht-Betriebe statt, nicht hingegen für erwerbs-/gewinnwirtschaftliche Betriebe.

5.2.2 Nichtabgeleitete Betriebe

Auch private Haushalte als originäre Betriebe (im Unterschied zu den öffentlichen Haushalten der Gebietskörperschaften) machen Marketing, dies wird im Rahmen der Haushaltswissenschaften (Ökotrophologie) untersucht. Haushalte werden für den Eigenbedarf tätig. Sie sind als Absatz-, Beschaffungs- Produktions- und Reproduktionswirtschaften zu bezeichnen und setzen dazu Personal, Kapital, Information und Material ein. Ihre Marketingrelevanz besteht im Angebot von Produktionsfaktoren (Arbeit, Betriebsmittel, Werkstoffe) am Markt und in der Nachfrage nach Konsumgütern und Sparanlagen, für die sie ein maximales Nutzenniveau anstreben. Da ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse für ein planmäßiges Marketing selten ausreichen, werden vielfältige hoheitliche Unterstützungen, vor allem zur Statusverbesserung und Risikoreduktion, für erforderlich gehalten.

Das Marketing von Personengruppen betrifft dabei insbesondere folgende:

• Vertretungen der wirtschaftlichen Interessen von Mitgliedern, z.B. durch Berufsverbände, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Konsumentenorganisationen,

• spezielle Aufgaben im Gemeinwohl, z.B. Berufsaufsicht, und fachliche Mitgliedsbetreuung, z.B. Kammern, Institute,

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Das Broadening im Marketing

• gemeinsame Aktivitäten im Rahmen soziokultureller Interessen und Bedürfnisse der Mitglieder, z.B. (Amateur-)Sportvereine, Kirchen, Kulturkreise, Sekten, Privatclubs, spiritistischer Zirkel,

• gemeinsame Aktivitäten zur Verfolgung politischer Interessen und Wertvorstellungen, z.B. Parteien, Natur-, Heimat-, Umweltschutzorganisationen, Bürgerinitiativen,

• karitative Unterstützung Bedürftiger, z.B. Behindertenwerk, (ehrenamtliche) Altenfürsorge, Entwicklungshilfe, Suchthilfe, Armenhilfe, Selbsthilfegruppen mit sozialen Zielen.

5.2.3 Marktbesonderheiten des Social marketing

Die Übertragung des Marketingkonzepts aus dem kommerziellen Bereich konstituiert nicht zwangsläufig die Berechtigung für einen eigenständigen Social marketing-Bereich. Dies wird jedoch durch eine ganze Reihe beachtenswerter Besonderheiten gerechtfertigt. Dazu gehören vor allem folgende:

• Die Anbieter haben keine Gewinnerzielungsabsicht. Dabei kann es sich um Pressure groups handeln, die ihre gruppenegoistischen Ziele promoten und dafür auch Benachteiligungen außenstehender Dritter billigend in Kauf nehmen. Oder um Lobbies, die stellvertretend die ganze oder zumindest Teile der Gesellschaft betreffende Ziele verfolgen und dafür selbst persönliche Nachteile hinnehmen.

• Die Gruppen werden von Leitbildern getragen. Damit eint sie eine gemeinsame Mission, von der eine hohe motivationale Wirkung ausgeht. Diese Motivation wiederum verursacht den nachdrücklichen Einsatz der Mitglieder für ihr Sachanliegen. Dies kann zur Übersteigerung bis zu Formen des Fanatismus führen.

• Die finanziellen Mittel sind meist eng begrenzt, da die Leistungen nur teilkostendeckend abgegeben werden. Dabei handelt es sich oft um einen eher symbolischen Betrag, der als Kostendeckungsbeitrag zu verstehen ist. Absicht ist von daher, möglichst wenige Betroffene von der Inanspruchnahme des ideellen Gutes oder Dienstes aus finanziellen Gründen auszuschließen und diesem möglichst hohe Verbreitung zukommen zu lassen, um dem dahinter stehenden Anliegen zu genügen.

• Die Teilkostendeckung wird auch deshalb möglich, weil für die Organisation andere, subsidiäre Einnahmequellen bestehen. Solche Einnahmen resultieren außer aus der Leistungsabgabe oft aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Dafür werden umfangreiche mediale oder personale Werbemaßnahmen initiiert. Darüber hinaus bestehen noch Subventionen oder Abgabenbefreiungen, die staatlicherseits das ideelle Anliegen fördern sollen.

• Die Organisationen haben häufig Mitglieder, die sich ehrenamtlich einsetzen. Dadurch kann eine organisatorische Infrastruktur aufrecht erhalten werden, die ansonsten sowohl die Glaubwürdigkeit als auch die ökonomische Basis überfordert. Dort wo angestellte Manager arbeiten, erhalten diese ihre Entlohnung aus dem kollektiven Entgelt der Mitglieder, deren Interessen sie vertreten oder wahren.

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Das Broadening im Marketing

• Die Struktur der Gruppen ist meist demokratisch angelegt und unterscheidet sich damit signifikant von Unternehmen. Ziele der Einzelpersonen oder Kleingruppen werden von der Mehrheit dominiert. Das Management der Gruppe wird aus dem Kreis der Mitglieder für eine bestimmte Zeit gewählt und hat sich der Mitgliederversammlung gegenüber zu verantworten (Ausnahme: Religionsgemeinschaften).

• Ideelle Güter sind nicht frei zugänglich und immer verfügbar. Ihre Nutzung ist oft auf Mitglieder begrenzt und raum-zeitlichen Einschränkungen unterworfen, wenn sie etwa nur der Eigenbedarfsdeckung dienen. Dennoch ergibt sich das Problem der Nutznießung ohne Beitrag durch andere (Trittbrettfahrer) immer dann, wenn die Inanspruchnahme von Leistungen nicht genügend trennscharf ausgegrenzt werden kann.

• Das Angebot ideeller Güter unterliegt nicht dem harten Steuerungsrahmen des Wettbewerbs. Damit ist auch dessen Effizienz in Erstellung und Verteilung fraglich. Allerdings ist diese oft nicht einmal Zielkriterium, sondern es geht darum, unabhängig davon ein Engagement bzw. Angebot sicherzustellen, das anderweitig nicht ohne Weiteres darstellbar ist.

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Das Broadening im Marketing

5.3 Das Generic concept of marketing

Die Grundlage jedes Wirtschaftens bilden Bedürfnisse. Damit sind sie auch Ausgangspunkt des Marketing. Ein Bedürfnis ist das Empfinden eines Mangels und bedingt zugleich den Wunsch nach dessen Befriedigung. Durch die Ausrichtung auf Produkte, Marken, Branchen wird daraus ein Objektbedarf. Soweit dieser durch Kaufkraft gestützt wird, entsteht potenzielle Nachfrage. Bedürfnisse ohne Kaufkraft sind ökonomisch unergiebig, es sei denn, es gelingt, sie mit Kaufkraft zu unterfüttern. Gleiches gilt für Bedürfnisse, die ohne Kaufkraft zu befriedigen sind (freie, nicht-wirtschaftliche Güter), es sei denn, sie treten verknappt auf. Nachfrage richtet sich auf der Transaktionsebene auf die Behebung eines Mangels durch Nutzenstiftung. Dieser Nutzen konkretisiert sich in nachgefragten Gütern und Diensten. Die Nachfrage verkörpert sich in Einzelpersonen und Personengruppen (Organisationen). Um zum Transfer zu gelangen, bedarf es als Gegenpart des Angebots,, wiederum verkörpert durch Einzelpersonen und Personengruppen. Zwischen beiden Seiten, Nachfragern und Anbietern, kommt es bei Übereinstimmung der Rahmenbedingungen zur Transaktion, die für gewöhnlich einerseits aus den gewünschten Waren besteht und andererseits aus Geld als Gegenleistung dafür. Der Ort des Vollzugs dieses Austauschs ist der Markt als Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Auf jedem Markt findet ökonomische, oder allgemeiner, soziale Transaktion statt. Dabei geht es im Marketing um die Stimulierung des Austauschs zum Vorteil beider Seiten, d.h., Nachfrager gelangen an Güter/Dienste, derer sie bedürfen, und Anbieter gelangen an deren Geld zum Ausgleich ihrer Vorinvestitionen zur betrieblichen Leistungserstellung.

Marketing ist damit immer eine Grundhaltung, die sich mit einer konsequenten Ausrichtung aller unmittelbar und mittelbar den Markt berührenden Entscheidungen an den Bedürfnissen der Abnehmer umschreiben lässt. Durch planmäßiges Vorgehen und institutionalisierte Wahl von Alternativen kommt es so zu einer fundierten Entscheidungsfindung. Absicht ist dabei die Schaffung von Präferenzen und damit Wettbewerbsvorteilen durch planvolle Marktbeeinflussung mittels absatzpolitischer Instrumente und deren kombinierten Einsatz.

Marketing setzt zu seiner Berechtigung mindestens zwei Parteien als gegeben voraus. Jede Partei muss dabei etwas haben, was für die andere von Wert ist, normalerweise die eine Partei Ware irgendeiner Art und die andere Geld irgendeiner Form. Die beiden Parteien müssen miteinander in Kontakt treten und das Tauschobjekt abgeben bzw. annehmen können, was voraussetzt, dass sie zu Aktivitäten bereit sind. Dieser Tausch findet auf einem Markt statt, der damit auch konstitutive Voraussetzung für jedes Marketing ist. Jede Partei muss frei in der Annahme oder Ablehnung des Tauschobjekts sein. Dabei nimmt jede Partei in Kauf, dass sie jedes Tauschobjekt nur einmal erhalten bzw. abgeben kann, die Anzahl möglicher Tauschakte also absolut begrenzt ist.

Generic marketing ist ein universalistisches Konzept, das die Transaktion als Austausch von Werten in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Gegenstand des Generic marketing sind damit alle Werttransaktionen, sowohl materielle als auch ideelle, und zwar zwischen beliebigen Partnern. Dies ist ein Schritt zu einem Meta-Marketing, das alle Prozesse umfasst, die mit dem Versuch verbunden sind, Austauschbeziehungen zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, die Produkte/Dienste, Organisationen, Personen, räumliche Einheiten oder soziale Aufgaben zum Gegenstand haben.

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Das Broadening im Marketing

Für die Auffassung des Generic marketing spricht eindeutig die Erweiterung der Marketingwissenschaft in ihrem Geltungsbereich und damit der Bedeutungsgewinn dieser Disziplin, die Verknüpfung zu verwandten Erkenntnisbereichen der Sozialwissenschaften, die sich bislang eher wirklichkeitsfremd gegeneinander abgrenzen, sowie die Chance zur Entwicklung einer derzeit noch fehlenden (Meta-)Theorie der Austauschprozesse. Dagegen spricht jedoch der erhebliche Verlust an Präzision der Aussagen, die drohende Entfremdung von Theorie und Praxis und das Ausbrechen des Marketing aus der Betriebswirtschaftslehre als Objektbereich.

Diese Einwände sind durchaus kritisch zu beurteilen. Ein Verlust der Aussagepräzision im Marketing ist nämlich kein schlagkräftiges Gegenargument, wenn diese Präzision durch eine Verkürzung der Aussagebasis erkauft werden muss, denn dann sind die Aussagen von nur geringer praktischer Relevanz. Auch werden Theorie und Praxis durchaus nicht entfremdet, im Gegenteil, wenn man dem Marketinggedanken als Austausch von Werten zustimmt, entfremdet gerade eine Theorie, die dies vernachlässigt, sich der Praxis. Im übrigen unterstellt dieses Argument, dass es Aufgabe der Theorie sei, sich an der Praxis auszurichten. Und das Verlassen des BWL-Objektbereichs ist eher ein formalistisches Argument, das hinter materielle Überlegungen zurückstehen sollte.

Daher hat man in der Sache der Auffassung des Generic marketing wohl zuzustimmen. Allerdings ist sie, jedenfalls nach dem derzeitigen Stand des Wissens, inoperational, d.h., obgleich sie zutreffend ist, ist es nicht zweckmäßig, sie als Basis für wissenschaftliche Erkenntnisse zu wählen, jedenfalls nicht solange, wie kein tragfähiges Fundament gefunden ist. Was jedoch nicht bedeutet, dass an der Schaffung dieses Fundaments nicht zu arbeiten ist. Grenzt man den Objektbereich des Marketing nur nach Konvention herkömmlich ab, verengt sich zugleich der Blickwinkel für übergreifende Fragestellungen, die daher nicht mit jenem Nachdruck vorangetrieben werden, wie dies angebracht erscheint.

Der Objektbereich einer Disziplin kann wohl letztlich nicht auf analytischem Wege, sondern nur durch Konvention abgesteckt werden. Durch die Überwindung der vielfach als einseitig empfundenen Orientierung des Marketing an erwerbswirtschaftlichen Problemlagen wird zumindest eine höhere gesellschaftliche Relevanz von Marketingaussagen erreicht. Ebenso können Theorieansätze der Sozialwissenschaften eingebunden werden, um gesellschaftliche Herausforderungen besser zu bewältigen. Auch ist aufgrund der Gemeinsamkeiten im erwerbswirtschaftlichen und nicht-erwerbswirtschaftlichen Bereich eine Übertragung der Marketinginstrumente durchaus möglich.

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Das Deepening des Marketing

6 Das Deepening des MarketingNeben dem Broadening des Marketing ist als Entwicklungslinie auch ein Deepening des Marketing erkennbar. Dabei geht es um die Einschränkung der Sichtweise des kommerziellen Marketing durch außerökonomische Aspekte, um damit insgesamt zu besseren Lösungen zu gelangen.

Zur Vermeidung kontraproduktiver Effekte des kommerziellen Marketing bieten sich mehrere Lösungsoptionen an. Die wohl radikalste ist die Abschaffung des kommerziellen Marketing. Dies scheint jedoch unrealistisch, da Marketing ein systemimmanenter Bestandteil der Marktwirtschaft ist und deren Abschaffung daher die Systemüberwindung zur Voraussetzung hat, die kein Ernstzunehmender mehr wirklich will.

Dann gibt es die Möglichkeit der stärkeren Betonung der humanen Elemente des kommerziellen Marketing. Gleichsam als Korrekturgröße, ähnlich dem sozialen Element der Marktwirtschaft, soll damit die Humanität in das Marketingdenken eingebracht werden. Der Ansatz des Human concept of marketing folgt dem Credo des „Not can be sold, but should be sold“, d.h., nicht jede realisierbare Gütertransaktion ist danach unter dem Gesichtspunkt gesellschaftlicher Verantwortung auch tatsächlich wünschenswert.

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Das Deepening des Marketing

Eine Weiterung erfährt diese Denkrichtung durch das ethisch-orientierte Marketing. In diesem Zusammenhang gewinnen Instrumente der Informationsverbesserung wie Verbraucherhilfe (z.B. AGV) und Produktvergleich (z.B. Stiftung Warentest) an Bedeutung. Dies geht bis zur gegengewichtigen Veränderung der Vermarktungsbedingungen des Business marketing, wie Galbraith sie etwa im Ansatz der Countervailing power vorschlägt, oder zu bewusstem De- bzw. Countermarketing, nach Kotler die Elimination bzw. Reduktion bestimmter Angebote, die unter gesellschaftlichen Bedingungen inakzeptabel scheinen, und mündet im Ecological marketing (Henion/Kinnear), das bewährte Wirkmechanismen des Marketing in den Dienst des Schutzes ökologischer Werte stellt.

6.1 Das Human concept of marketing

Dabei handelt es sich um eine idealistische Marketingkonzeption, bei der das Unternehmen sein ökonomisches Zielsystem um humane Zielgrößen erweitert und Ziele wie Gewinn und Umsatz dem Kriterium der Verantwortung untergeordnet werden. Unternehmen sollen sich ihrer gesamtgesellschaftlichen Einbindung bewusst werden und z.B. auf problematische Marketingpraktiken, wie geplante Produktveralterung, umweltschädliche Produktion etc., ebenso verzichten wie die Humanisierung der Arbeit durch adäquate Arbeitsbedingungen und Gewährung weitreichender Mitbestimmungsrechte vorantreiben. Es ist allerdings immer noch umstritten, ob solche altruistischen Gedanken unter das Marketingkonzept passen oder nicht gar ein unrealistisches Harmonieideal unterstellt wird.

Da Verbraucher ihre Bedürfnisse nicht genügend geltend machen können, ja diese ihnen zum Teil nicht einmal bekannt sind, denn Nachfrage ist nicht kreativ, können Anbieter nur durch Steuerung der Motivation die Aufmerksamkeit auf ihr Produkt lenken, um Reaktion zu erzeugen. Dass dabei neben vorhandenen Bedürfnissen auch erst neue generiert werden, gehört zu den unvermeidlichen Nebenwirkungen. Daraus leitet sich die Unterstellung des außengeleiteten Konsumenten ab, dessen Bedarfe manipulierbar sind. Dies ist zwar nicht zu leugnen, stellt sich jedoch bereits anders dar, wenn man Manipulation, einen Begriff mit negativer Assoziation, rein semantisch durch Verführung ersetzt.

Da die Aktivitäten des Marketing von der Anbieterseite ausgehen, wurden Nachfragerbelange lange Zeit vernachlässigt. Diese zu vertreten, ist Inhalt des Human concept of marketing. Dessen Forderungen erstrecken sich u.a. auf folgende Bereiche:

• Bildung von Organisationen zum Zwecke der Verbraucherberatung über Einkauf, Konsum und Haushaltsökonomie, Aus- und Weiterbildung von Schülern und Erwachsenen im Konsumentenverhalten, Durchführung von Warentests, institutionelle Mitsprache bei der wirtschaftspolitischen Willensbildung, Berücksichtigung der Verbraucherbelange in der Gesetzgebung gegen unlauteren Wettbewerb, fragwürdige Marketingpraktiken und gesundheitsschädliche Handlungen, Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen, Produkthaftung und Herstellerhaftung über die Gewährleistungsrechte hinaus.

Dazu werden Grundrechte der Verbraucher eingefordert. Sie betreffen u.a. das Recht auf Sicherheit bzw. Schutz vor verbraucherschädlichen Produkten und Marketingpraktiken, objektive Produktinformation, unbeeinflussbare Wahl zwischen hinreichend vielen Gütern, Anhörung bei Produktgestaltung, Verkaufsaktivitäten und verbraucherrelevanten Gesetzen, Verordnungen, Erlassen.

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Das Deepening des Marketing

Einflussgruppen des Konsumerismus sind Verbraucherverbände, Gewerkschaften, Testinstitute, Medien, politische Parteien, Behörden, Kirchen, Ausbildungsstätten, Vereine etc. Diese haben Ansprüche an Unternehmen und Staat. Den Staat betrifft etwa die Schaffung von:

• Spielregeln für ein faires Marketing und eine lautere Werbung, Mindestnormen für Qualität, Sicherheit und Funktionalität verkaufter Produkte, regelmäßigen Tests durch unabhängige Institute mit Ergebnisveröffentlichung, Werbebeschränkungen wie dem Verbot von Schleichwerbung.

Forderungen an Unternehmen betreffen (wie immer man deren Relevanz im Einzelnen bewerten mag) etwa:

• Unterlassung der „unechten“ Produktdifferenzierung, die auf psychologischem Wege nur scheinbare Vorteile suggeriert, keine Verarbeitung schlechter, wertloser oder schädlicher Rohstoffe, Verbot der gezielten Kinder- und Jugendwerbung, Verbot der „geheimen Verführung“ durch Placements etc., Verbot der Herstellung nicht genügend getesteter gesundheitsschädlicher und gefährlicher Produkte, Verwendung „ehrlicher“ und umweltfreundlicher Verpackungen, Übernahme der externalen Kosten der Produktion, Verbesserung von Serviceleistungen, Verzicht auf Unwahrheit, Übertreibung und Aufdringlichkeit in der Werbung, Verstärkung des Informationsgehalts der Werbung, Beschwerdeabteilungen und freiwillige Unterwerfung des Spruchs von Schieds-, Schlichtungs- und Einigungsstellen, Werbeeinschränkungen für gesundheitsgefährdende Produkte.

Gesellschaftspolitische Ziele des Verbraucherschutzes betreffen die Selbstverwirklichung und Freiheit durch Verbesserung der Markttransparenz über Veränderung des Verbraucherverhaltens bzw. Machtausgleich über Veränderung des Marketingverhaltens. Verbraucherpolitik stellt dabei allgemein auf eine Verbesserung der Wettbewerbsordnung ab. Dabei geht es um den Schutz der Verbraucher durch Regulierung des Nachfrager- und Anbieterverhaltens, z.B. über freiwillige Selbstkontrolle, gesetzliche Regelungen. Und um die Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Verbraucher zur Lösung aktueller und langfristiger Probleme, z.B. durch Verbrauchererziehung, -aufklärung sowie um deren Schutz.

Ersteres wird zu erreichen versucht durch Verbesserung der Wettbewerbsordnung mit Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Verbraucher über die verbesserte Lösung aktueller Probleme durch Verbraucherinformation und -beratung sowie verbesserte Lösung langfristiger Probleme durch Verbrauchererziehung und -aufklärung, Schutz der Verbraucher durch eine Regulierung des Verbraucherverhaltens über Regelung durch Steuern und Subventionen oder gesetzliche Bestimmungen sowie Regulierung des Anbieterverhaltens über freiwillige Selbstkontrolle oder gesetzliche Regelung.

Der Verbraucherschutz ist aus mehreren Gründen erforderlich:

• Die Nachfrage hat nur eine Option (Annahme oder Ablehnung), d.h., Verbraucher können ihre Bedürfnisse nicht geltend machen, teilweise sind ihre Bedürfnisse ihnen nicht einmal selbst bekannt.

• Die Annahme eines Angebots bedeutet nur Präferenz, nicht jedoch volle Befriedigung des Bedarfs, man spricht dann von einer sog. latenten Marktnische, ein Angebot wird also nicht gewählt, weil man zufrieden ist, sondern mangels besserer Alternative.

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Das Deepening des Marketing

• Der Markt kennt keine Demokratie, repräsentiert also nicht die wahre Bedarfsstruktur, da unterschiedlich viele Stimmen durch Kaufkraft gegeben sind. Die Bedarfe unterer sozialer Schichten sind damit unterrepräsentiert.

• Die Anonymität der Transaktion ist hinderlich, statt persönlicher findet schriftliche, telefonische, elektronische Kommunikation statt, das macht Sanktionen für Verbraucher schwierig (z.B. bei Beschwerden), es sei denn, es werden ihnen konkrete Hilfen angeboten.

• Die Kommunikation ist asymmetrisch, der Informationsfluss vom Absender zum Abnehmer ist stark, und wächst tendenziell im Rahmen der Massenkommunikation, der Responsefluss als Feedback hingegen ist schwach.

• Konsumentscheidungen sind nicht nur endogen, sondern auch exogen gesteuert, d.h., Bedürfnisse sind durch Anbieter manipulierbar. Daher ist es erforderlich, entscheidungsschwache, schlecht informierte Konsumenten zu schützen.

• Die Urteilsfähigkeit über Produkte ist begrenzt, dies hat ursächlich mit der geringen, und tendenziell immer geringer werdenden, Marktübersicht angesichts immer mehr und immer erklärungsbedürftigerer Angebote zu tun.

• Zudem sind Verbraucher traditionell schlecht organisiert, also trotz ihrer immensen Kopfzahl schwach in der Durchsetzung ihrer Interessen, daher werden gesetzliche Bestimmungen zum Verbraucherschutz für notwendig erachtet.

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Das Deepening des Marketing

6.2 Das Corporate citizenship-Marketing

Diese, auch Societal marketing (nicht zu verwechseln mit dem Social marketing als Form des Broadening) genannte Form, will womöglich kontraproduktive Effekte des kommerziellen Marketing vermeiden, indem gesellschaftliche Aspekte gleichsam als freiwillige Korrekturgröße, ähnlich dem grundgesetzlichen sozialen Element der Marktwirtschaft auf makroökonomischer Ebene, als Randbedingungen in die marktbezogene Entscheidungsfindung eingebracht werden. Das heißt, jede realisierbare Transaktion ist danach unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Verantwortung näher zu betrachten. Und es sollen nur solche Transaktionen umgesetzt werden, die sich innerhalb der selbstgesetzten Grenzen sozialer Zumutbarkeit bewegen.

Das Konzept ist zur Corporate social responsibility (CSR) erweitert worden. Darunter versteht man neben der sozialen auch die ökologische Verantwortung von Unternehmen. Dazu gibt es zwei Positionen. Die eine Position (Levitt, Friedman) geht davon aus, dass es zentrale Aufgabe von Unternehmen in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem ist, Gewinne zu erzielen. Unternehmen versuchen daher, den ihnen vom Gesetzgeber überlassenen Gestaltungsfreiraum für sich maximal zu nutzen. Folglich kann nicht erwartet werden, dass sie soziale und/oder ökologische Belange verfolgen, die sie in dieser Zielsetzung einschränken. Dies würde auch zu einer Wettbewerbsbenachteiligung für sie führen, das aber bedeutet, dass ein gesellschaftlich erwünschtes Verhalten individuell zur Benachteiligung führen würde.

Die andere Position geht davon aus, dass Unternehmen gesellschaftliche Ressourcen in Anspruch nehmen und daher die moralisch-ethische Pflicht haben, die Gesellschaft dafür zu „entschädigen“, und zwar über den gesetzlich bedingten Rahmen hinaus. Tun sie dies nicht, verschaffen sie sich individuelle Vorteile zu Lasten der Allgemeinheit. Bei diesem Anspruch handelt es sich um keine freiwillige Leistung der Unternehmen, sondern um ein gesellschaftliches „Recht“, dem die Unternehmen nachzukommen haben. Unternehmen, die dies unterlassen, stellen sich damit außerhalb der sozialen Normen und müssen es sich gefallen lassen, öffentlich sanktioniert zu werden, obgleich sie nicht gegen Gesetze verstoßen haben.

Bei dieser Diskussion geht es letztlich darum, ob man die Bandbreite möglicher Handlungsalternativen in „verboten“ und „erlaubt“ unterteilen kann, oder ob es unternehmerische Handlungsalternativen gibt, die obgleich sie nicht verboten sind, de facto nicht erlaubt sein sollten. Ob also die Handlungsalternativen dichotom in zwei Bereiche unterteilt werden können oder ob es drei Bereiche gibt. Der Bereich „verboten“ wird durch Normen definiert, die gesetzlich (de jure) und gesellschaftlich (de facto) bestimmt sind. Der Bereich „erlaubt“ wird durch Normen definiert, die de jure und de facto nicht beanstandet werden können. Glaubt man an einen Bereich dazwischen, der zwar de jure nicht verboten ist, de facto aber beanstandet werden kann, so haben Unternehmen nicht nur den verbotenen Bereich, sondern auch den de facto zu beanstandeten Bereich möglicher Handlungsalternativen zu meiden.

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6.3 Das Ökologie-Marketing

Eine ökologische Unternehmenspolitik ist ein Beitrag zur Sicherung der Zukunft von Umwelt und Unternehmen. Umweltschutz ist Teil der Unternehmenspolitik und zentrale Aufgabe der Unternehmensführung. Sie betrifft alle Unternehmensbereiche und hat zum Ziel, durch intelligente Lösungen Umweltbelastungen niedrig zu halten bzw. ganz zu vermeiden, bezieht dabei die Mitarbeiter aktiv ein und verlangt nach innen und außen Glaubwürdigkeit. Sie nutzt die Marktchancen eines hohen Umweltbewusstseins und ist Teil der unternehmerischen Eigenverantwortlichkeit in der sozialen Marktwirtschaft. Sie wird unterstützt durch das Vorantreiben einer internationalen Harmonisierung von Umweltanforderungen und durch eine nationale Politik, die den Spielraum für umweltinnovative Lösungen der Unternehmen erweitert.

Als primär relevante Umwelt sind die Tauschpartner der Unternehmung/Organisation auf ihren jeweiligen Absatz- und Beschaffungsmärkten zu definieren. Darüber hinaus betrifft Umwelt auch Personen/Institutionen, die, ohne Austauschpartner der Unternehmung/Organisation zu sein, durch Normen und Aktionen Einfluss auf sie ausüben und von ihr beeinflusst werden, wie z.B. staatliche, kulturelle oder politische Stellen. Schließlich gibt es die natürliche Umwelt als biologischen Lebensraum der Menschen in Form von Rohstoffen und „freien“ Gütern wie Luft, Wasser, Landschaft etc. sowie deren im Rahmen von Produktion und Konsumtion entstehenden Abfallstoffen.

Das aus der Summe einzelwirtschaftlicher Aktivitäten resultierende Bruttoinlandsprodukt gilt gemeinhin als Indikator für den Lebensstandard einer Volkswirtschaft, oder allgemeiner ausgedrückt, für deren Wohlstand. Daneben rückt aber immer mehr das Kriterium der Wohlfahrt, also das der Lebensqualität, in den Blickpunkt des Interesses. Dieses ist allerdings nicht so ohne Weiteres quantitativ feststellbar, allenfalls anhand allgemeingültiger Wohlfahrtsindikatoren.

Marketingmaßnahmen können sowohl Positiv- wie Negativwirkungen auf die gesellschaftliche Umwelt haben. Bei den Positiva handelt es sich in erster Linie um Dimensionen wie großes quantitatives Warenangebot, hohes qualitatives Güterniveau, hoher Anpassungsgrad an Käuferpräferenzen, breiter Versorgungsstrom mit öffentlichen Gütern, angemessener Lebensstandard für weite Bevölkerungskreise, Konsumentensouveranität und Zurverfügungstellung von Wirtschaftsgütern als Mittel zur Selbstverwirklichung.

Zu den nicht zu verhehlenden Negativwirkungen des kommerziellen Marketing gehört die fehlende Konsumentensouveranität durch zunehmende Vermachtung der Märkte sowie die Normensubstitution von „Sein“ durch „Haben“, d.h. ethischer, kultureller Werte durch monetäre. In Bezug auf die güterwirtschaftliche Umwelt sind als Negativa die Verschlechterung des Konsumguts Umwelt durch Lärm, Abfall, Schadstoffemission, Wasserverunreinigung etc. ebenso zu nennen wie die Externalisierung von Kosten, z.B. bei Einwegverpackungen, Planned/Built in obsolescence sowie nicht abbaubaren Inhaltsstoffen. Hinzu kommen eine übermäßige Ressourcenbeanspruchung, die Wachstumsrisiken für Folgegenerationen birgt, sowie die Intransparenz des Güterangebots durch massiven Einsatz des Marketinginstrumentariums für steigende Komplexität der praktischen Kaufentscheidungssituation.

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Das Deepening des Marketing

Flankierend kommen gesetzliche Maßnahmen in Betracht, die jedoch Augenmaß erfordern, weil sie großenteils ordnungspolitisch nicht unbedenklich sind. Hinsichtlich der Verantwortung gelten dabei nacheinander das Vorsorgeprinzip, die Bekämpfung an der Quelle, das Verursacherprinzip mit Schadensersatz, das Kooperationsprinzip zur Beseitigung der Folgen und das Gemeinlastprinzip als Maximen. Diese sind Kennzeichen des Postmaterialismus durch Überwindung von Naturausbeutung, Wohlstandsprimat, Besitzstand und Wachstumsfetichismus im Markt. Auf mikroökonomischer Ebene erscheint daher der umweltbewusste Einsatz des Marketinginstrumentariums erstrebenswert. Hoheitliche Umweltpolitik bedient sich dabei im Einzelnen nicht-fiskalischer Ansätze, öffentlicher Ausgaben und Einnahmen.

Neben der Verbraucherschaft kommt den Handelsorganisationen große Bedeutung bei der Durchsetzung umweltverträglicher Produkte zu. Durch Nachfragemacht üben sie direkten Druck auf Hersteller zur Umstellung bzw. Anpassung deren Programme aus. Handelsketten wie Tengelmann oder Aldi haben dies früh erkannt und Nutzen daraus gezogen, und zwar zum Vorteil für sich selbst und ihrer Kunden. Das Umweltbewusstsein ist im Publikum bereits weit fortgeschritten.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

7 Die konstitutiven Elemente des Marketing

Zu den konstitutiven Elementen des Marketing gehören vor allem drei: Die Markenartikelpolitik, die Marktsegmentierungspolitik und das Beziehungsmanagement (Relationship marketing, s.o., daher im Folgenden nur verkürzt).

7.1 Der Markenartikel

7.1.1 Inhalte und Eigenschaften

Der Markenartikel ist von zentraler Bedeutung, denn Ziel des Marketing ist im Allgemeinen, aus einem letztlich meist weitgehend austauschbaren Produkt ein alleinstellendes Angebot zu stilisieren. Der Markenartikel wird durch folgende Inhalte umfassend charakterisiert:

• Er hat eine einheitliche Aufmachung, obgleich diese im Zeitablauf beinahe unmerklich variiert wird. Dieser Inhalt meint also keineswegs Starrheit im Auftritt, sondern ganz im Gegenteil kontinuierliche Flexibilität, die sich elegant Zeitströmungen anpasst, ohne dabei ihre Eigenständigkeit zu verlieren.

Weiterhin ist eine gleichbleibende oder verbesserte Qualität, Quantität und Preisstellung gegeben. Dies meint das Bemühen um eine stetig erhöhte Leistungsfähigkeit, eine nachfragegerechte Dimensionierung und damit ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis für ein Angebot.

Es handelt sich überwiegend um eine standardisierte Fertigware für den differenzierten Massenbedarf. Insofern wird ein prinzipiell gleichartiges Serienangebot vorausgesetzt, dessen Profil auf bestimmte Marktsegmente zugeschnitten ist.

Es gibt ein Warenzeichen zur durchgängigen Kennzeichnung. Alle Kommunikationsaktivitäten sind konsequent mit diesem unverwechselbaren Markenzeichen zu versehen, gleich ob Ausstattung, Produkt oder dazugehörige Werbemittel.

Es besteht eine Eigenschaftszusage über systematische Kommunikationsmaßnahmen. Diese verbreiten durch substanzielle Werbeaktivitäten konsistente Botschaften über die spezifische Leistungsfähigkeit des Markenangebots, die in der Zielgruppe als Garantieaussagen verstanden werden.

Es ist eine dichte Distribution bis hin zur Ubiquität im gewählten Verbreitungsgebiet gegeben. Diese Anforderung ist dahingehend zu relativieren, dass eine hinlängliche Verbreitung ausreicht, die aber nicht nur zufällig, sondern dauerhaft verankert sein muss.

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Einführung in das Marketingkonzept

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Es besteht eine hohe Bekanntheit und Anerkennung im Markt. Wichtig ist dabei weiterhin die zutreffende Zuordnung der Inhalte zur Marke. Nur wenn Bekanntheit und Anerkennung gemeinsam gegeben sind, kann sich Markenwirkung entfalten.

Daraus leiten sich folgende Eigenschaften der Marke ab:

• Die Marke schafft ein Kommunikationsmittel vom Hersteller zum Zwischen- und Endabnehmer. Das Vorhandensein einer Marke ermöglicht erst den Dialog des Anbieters mit seinen Abnehmern. Ohne diese Marke gäbe es kein Medium, das eigengesteuert verfügbar wäre, solche Kommunikationsleistungen vorzunehmen.

Sie schafft eine augenfällige Differenzierung zu Wettbewerbsangeboten. Die Prägnanz einer Marke erlaubt somit erst die positive Abgrenzung des eigenen Angebots zu denen der Konkurrenz.

Daraus entsteht eine Präferenzbildung zugunsten des eigenen Angebots und eine Diskriminierung des Mitbewerbs. Will ein Anbieter solche Präferenzen für sein Produkt in der Zielgruppe verankern, so ist es zwingend erforderlich, diese an die Markierung zu koppeln. Den Abnehmern wird eine Orientierungshilfe in der zunehmenden Angebotsvielfalt gegeben.

Bestimmte Markenangebote können somit innerhalb des Angebotsgesamts bewusst gesucht und gefunden werden.

Diese Übersicht erzeugt Sicherheit beim Kauf. Denn eine Marke kann wegen ihres im Vorhinein bekannten Leistungsprofils ein unverzichtbares Äquivalent zum mit einem Kauf verbundenen Preisopfer bieten.

Die Markierung ermöglicht die Wiedererkennbarkeit und bietet damit eine Wiederholungskaufchance. Ohne diese Markierung wäre die Identität des gewählten Produkts zweifelhaft und damit auch seine spezifische Leistungsausprägung.

Über den Aufbau von Markenbindung und Markentreue wird eine bewusste Loyalität erzeugt. Das heißt, bei Zufriedenheit mit einem Markenprodukt kann der Kunde eine fortgesetzte Bedürfnisbefriedigung dadurch erreichen, dass er der von ihm präferierten Marke treu bleibt, was ohne Markierung nicht möglich wäre. Durch die geringere Preiselastizität der Nachfrage kann eine Ausschöpfung des Preissetzungsspielraums erreicht werden. Denn der Preis des Markenprodukts kann über dem der offensichtlich weniger präferierten anderen Produkte angesiedelt werden, ohne dass Nachfrage verlorengeht.

Damit ist die Voraussetzung für die Sicherung der Absatzbasis und deren Ausweitung gegeben. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass in regelmäßigen zeitlichen Abständen immer wieder eine gewisse Anzahl markentreuer Kunden wiederkauft.

Außerdem werden Marktplanbarkeit und Planerfüllungswahrscheinlichkeit erreicht. Nur dies rechtfertigt betriebswirtschaftlich den Rückfluss investierter Mittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Die Marke bietet die Möglichkeit zu Zielgruppenmarketing durch Marktsegmentierung. Durch die Orientierungshilfe der Marken können die abweichenden Präferenzen der Nachfrager befriedigt werden.

Daraus folgt die Möglichkeit zu individuellem Nutzen. Marken erlauben damit die systematische Bedürfnisbefriedigung von Kunden, sind also nicht nur von Vorteil für Anbieter, sondern auch für die Lebensqualität der Nachfrager.

Käufern ist in der konkreten Entscheidungssituation immer nur ein Bruchteil der tatsächlich vorhandenen Marktangebote präsent bzw. werden von ihnen als Kaufalternativen akzeptiert (Evoked set of brands). Ausgangspunkt ist dabei das Universum aller Angebote am Markt (Available set). Davon ist nur ein Ausschnitt individuell bekannt (Awareness set), nur darunter kann die weitere Auswahl erfolgen. Die Bekanntheit hat nur bei einigen der Angebote ein klares Leistungsprofil zur Folge (Processed set). Nur diese sind weiterhin relevant. Von diesen wiederum werden nur einige akzeptiert (Accept set), viele andere zurückgewiesen, und einige werden erst mit zweiter Präferenz versehen. Nur innerhalb dieses Evoked set fällt die Kaufentscheidung. Letztlich handelt es sich damit um einen Wettkampf der Anbieter darum, wer sein Angebot am Besten im Gedächtnis der Zielpersonen verankern kann. Neue Angebote haben nur eine Chance, wenn es ihnen gelingt, etablierte zu verdrängen, denn der Evoked set ist im Umfang eng begrenzt. Bestehende Angebote müssen sich gegen diese Verdrängung verteidigen.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

7.1.2 Markenstrategie

Zur horizontalen Gliederung der Markentypen bietet es sich an, das Verhältnis von Marke einerseits zu den relevanten Größen bearbeitetes Segment des Marktes, Produktvarietät innerhalb der Marke, Programm des Unternehmens und Firma (Name des Unternehmens) andererseits zu untersuchen:

• Bei der Markensegmentierung stellen sich zwei Optionen, die Einzelmarkenstrategie bei einer Marke je Segment und die Mehrmarkenstrategie bei mehreren Marken je Segment. Einzelmarke bedeutet, dass je Markt/Segment von einem Anbieter nur eine Marke geführt wird. Diese wird zu einer eigenständigen Persönlichkeit aufgebaut und repräsentiert das Unternehmen auf dem entsprechenden Markt bzw. Marktausschnitt. Mehrmarken bedeuten, dass je Segment mehr als eine Marke parallel geführt wird. Allerdings ist die Abgrenzung zwischen Markt und Segment durchaus diskussionsfähig.

• Bei der Markendifferenzierung stellen sich die Optionen der Monomarkenstrategie bei einer Marke mit nur einem repräsentierten Produkt und der Rangemarkenstrategie bei mehreren differenzierten Produkten nebeneinander. Monomarke bedeutet, dass hinter der Marke ein Einzelprodukt steht, das zwar in verschiedenen Ausprägungen (vertikale Programmstruktur), nicht aber in verschiedenen Versionen (horizontale Programmstruktur) vorhanden ist. Rangemarken bedeuten, dass hinter der Marke mehrere differenzierte Produkte stehen, die neben verschiedenen Ausprägungen auch in verschiedenen Versionen offeriert werden.

• Bei der Markenanzahl stellen sich ebenfalls zwei Optionen, die Solitärmarkenstrategie bei einer Marke und die Multimarkenstrategie bei mehreren Marken im Programm. Solitärmarke bedeutet, dass im gesamten Unternehmensprogramm nur eine einzige Marke vorhanden ist. Multimarken bedeuten, dass im Unternehmensprogramm nebeneinander mehr als eine Marke vorhanden ist.

• Bei der Markenidentität stellen sich zwei Optionen, die Dachmarkenstrategie bei einer Marke, die der Firma entspricht und die Singulärmarkenstrategie bei einer oder mehreren Marken, die der Firma nicht entsprechen. Dachmarke bedeutet, dass der Name des Produkts/der Produkte mit dem Namen des Unternehmens (Hersteller/Absender) übereinstimmt (auch Firmenmarke genannt). Dadurch wird dessen Kompetenzanspruch für alle Produkte der Dachmarke eingehalten. Singulärmarken bedeuten, dass der Name des Produkts/der Produkte verschieden vom Namen des Unternehmens ist (auch Phantasiemarke genannt). Dabei kann eine deutliche Abkopplung des Produkts vom Hersteller erfolgen oder ein erkennbarer Zusammenhang zwischen beiden ausgewiesen werden.

Zur vertikalen Gliederung der Markentypen bietet sich eine Unterteilung in die Ausprägungen Erst-, Premium-, Luxus-, Zweit- und Drittmarken sowie Gattungsware an:

• Die Erstmarke hat eine zentrale Position innerhalb der Markenhierarchie. In Zusammenhang mit der Markenaufwertung werden die Premiummarke und als weitere Steigerung die Luxusmarke positioniert. Ihr Ziel ist die Liquidierung der zusätzlichen Preisbereitschaft. Nach oben ist der Ausweis des gemeinsamen Herstellers meist hilfreich und sinnvoll. Nach unten ist dieser Ausweis hingegen zumeist schädlich und daher nicht sinnvoll.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• Die Zweitmarke ist unterhalb der Erstmarke positioniert und hat die Funktion der Absicherung der Erstmarke gegen preisaggressive Konkurrenten. Die Drittmarke ist noch unterhalb der Zweitmarke positioniert.

• Die Gattungsware gehört streng genommen nicht zu den Markenartikeln, gerade durch diese Negierung erhält sie jedoch einen markenhaften Charakter. Kennzeichen sind eine einfache Verpackung, die nur die Produktbezeichnung trägt und Preisgünstigkeit signalisiert, nach der Einführung keine Bewerbung mehr, um Marketingkosten einzusparen, mittelhohe und gleich bleibende Qualität, die für Nachfrager klar erkennbar und gut einschätzbar ist sowie günstiger Preis, der alle Kostenvorteile an Endabnehmer weitergibt.

Zur absenderbezogenen Gliederung bietet sich eine Unterteilung nach dem Verhältnis von Marke und Markenhalter, nach der Anzahl dieser Markenabsender, nach der Reichweite im Absatzkanal und nach der Diversifikation an:

• Die Herstellermarke ist traditionell die übliche Form des Markenartikels. Bei der Handelsmarke ist die Handelsstufe Absender der Marke. Übernimmt der Hersteller es für den Handel, die Leistung zu erbringen, handelt es sich um eine unechte Handelsmarke. Bei echten Handelsmarken hingegen übernimmt es der Handel selbst, die Leistung zu erbringen. Zu unterscheiden ist zwischen Einzelangebotsmarken, Warengruppenmarken, Teilsortimentsmarken und Sortimentsmarken. Dabei sind verschiedene Generationen von Angeboten im Wege des Trading up durchlaufen worden, von qualitätsindifferenten Basisprodukten hin zu segmentierten Imageprodukten.

• Hinsichtlich der Individualmarke liegen die Schutzrechte bei einem einzigen Absender, bei der Kollektivmarke hingegen bedienen sich mehrere Absender ihrer legal parallel. Erstere ist der Regelfall, Letztere die Ausnahme. Die Kollektivmarke kann horizontal ausgelegt sein bei substitutiven Angeboten oder vertikal bei komplementären Angeboten.

• Hinsichtlich der Reichweite der Marke kann diese als Angebotsbestandteil bis zum Endabnehmer reichen oder auf dem Weg dorthin in andere Angebote eingehen. Erstere wird als dominante Marke bezeichnet, Letztere als subsidiäre Marke. Die Dominanzmarke ist die Regel, die Subsidiärmarke (Ingredient brand) die Ausnahme. Sie kann die Dominanzmarke im Absatzkanal identifizierbar begleiten oder dabei untergehen.

• Bei der Markendiversifikation wird eine Marke innerhalb des eigenen Programms auf ein Angebot in einem anderen Marktsegment oder auf ein fremdes Angebot in einem anderen Marktsegment übertragen. Ersteres bezeichnet man als Transfermarke, Letzteres als Lizenzmarke. Hinter beidem steht das Bemühen, das Potenzial des Markennamens voll auszuschöpfen. Notwendige Voraussetzung ist allerdings eine starke, tragfähige Marke. Die Transfermarke kann als Line extension ausgelegt sein, also als Betonung der bestehenden (denotativen/horizontalen) Angebotskompetenz, oder als Flanker, also als neue (konnotative/vertikale) Ausweitung der Angebotskompetenz. Die Lizenzmarke bedeutet die unternehmensübergreifende Übertragung der Nutzungsrechte auf Dauer (Verkauf) oder Zeit (Pacht).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• In Bezug auf das Markengebiet unterscheidet man eine intranationale und supranationale Verbreitung der Marke. Intranational gliedert sich in lokales, regionales und nationales Angebot, supranational zumeist in ethnozentral, polyzentral, regiozentral und geozentral. Die Lokalmarke wird in enger räumlicher Begrenzung angeboten. Die Regionalmarke wird mit weiterer räumlicher Ausdehnung angeboten, jedoch nicht national. Dies gilt nur für die Nationalmarke, die innerhalb der Grenzen eines Landes angeboten wird. Ethnozentralmarke bedeutet, dass eine Fokussierung auf den Heimatmarkt erfolgt, alle anderen Märkte werden gleichartig dazu bearbeitet. Polyzentralmarke bedeutet, dass eine Fokussierung auf die jeweiligen Gastmärkte erfolgt, jeder Markt wird also anders bearbeitet. Regiozentralmarke bedeutet, dass eine Fokussierung auf geschlossene Wirtschaftsregionen erfolgt, wobei häufig von einer Triade ausgegangen wird. Geozentralmarke bedeutet, dass von vornherein eine Fokussierung auf den Weltmarkt erfolgt, der Geschäftstätigkeit wird weitgehend ohne räumliche Präferenzen global nachgegangen.

7.1.3 Markenführung

Die operative Markenführung beschäftigt sich mit der Markeneinführung (Innovation), der Markenpflege, der Markenablösung (Variation) und der Markeneinstellung (Elimination).

Der Name bleibt dem Angebot nach der Markeneinführung ein Leben lang erhalten. Er ist deshalb behutsam auszuwählen. Im einfachsten Fall kann auf den Firmennamen zurückgegriffen werden, der evtl. mit entsprechenden Produkthinweisen versehen wird. Ansonsten muss ein neuer Markenname gefunden werden. Denkbar sind etwa deskriptive Namen, phonetisch aussagekräftige Namen, assoziative Namen, semantisch aussagefähige Namen, artifizielle Namen oder relativ neutrale Namen (die dann erst mit Inhalten zu füllen sind).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Deskriptive Namen treffen eine konkrete Aussage über das Produkt, sind aber meist wenig eigenständig und originell. Aufgrund sprachlicher Barrieren sind sie zudem im fremdsprachigen Ausland kaum einsetzbar. Namen mit vorwiegend semantisch bedingter Aussagekraft können produktbeschreibend oder symbolisch sein, also durch Verfremden oder Spielen mit Angebotsinhalten entstehen.

Assoziative Namen rufen bestimmte Anmutungen hervor, die sich auf das Produkt beziehen. Sie sind gut schützbar und ggfs. international einsetzbar. Phonetisch aussagekräftige Markennamen sind zwar artifiziell, stehen aber in einem klanglich bedingten Produktbezug.

Artifizielle Namen sind meist reine Kunstworte, die zunächst ohne konkreten Bedeutungsinhalt sind und über das Produkt nichts aussagen. Sie müssen daher erst noch mit Inhalten aufgeladen werden, sind dann aber gut schützbar und sehr eigenständig. Relativ neutrale Namen zeichnen sich dadurch aus, dass sie weder semantisch noch phonetisch einen erkennbaren Sinnzusammenhang zum Produkt ergeben. Daher muss dieser an sich bedeutungslose Name zuerst mit im Sinne des Absenders bedeutungsvollen Inhalten konditioniert werden, damit er seine akquisitorische Wirkung entfalten kann.

Die Marke kann eine reine Wortmarke, eine reine Bildmarke oder eine kombinierte Wort-Bild-Marke sein oder jede andere sinnlich wahrnehmbare Form haben (Geruch, Geschmack, Haptik etc.). Die Namensfindung erfolgt meist durch computergestützte, kombinatorische Verfahren und beinhaltet zugleich eine zeichenrechtliche Prüfung auf Kollision mit anderer Marke in der Zeichenklasse in allen gewünschten Märkten. Wichtig ist die Verständlichkeit der Marke in der jeweiligen Sprache und ihre zutreffende Assoziation zum Angebotsinhalt.

Die Markenpflege umfasst die Fortführung der Marke. Dies ist regelmäßig Aufgabe des Brand management als objektorientierter Form der Aufbauorganisation. Die Markenpflege bezieht sich auf die 6 C´s der Kompetenz (Competence), Glaubwürdigkeit (Credibility), Fokussierung (Concentration), Kontinuität (Continuation), Verpflichtung (Commitment) und Abstimmung (Coordination).

Die Markenablösung erfolgt meist im Laufe des Lebenszyklusses und zielt auf eine Verlängerung der Marktpräsenz ab, indem das die Marke verkörpernde Angebot durch ein nachfolgendes ersetzt wird.

Die Marke durchläuft im Lebenszyklus die Phasen von Etablierung und Aufbau, Absicherung und Stabilisierung, Differenzierung und Eigenständigkeit, Imitation und Me too, Spaltung und Aufgabe sowie Polarisierung und Versteinerung. Nur starke Marken durchlaufen alle diese Phasen. Dennoch kann auch ihr Potenzial noch durch wohlüberlegte Relaunches gesteigert werden. Diese können oberhalb (Up grading), unterhalb (Down grading) oder auf gleicher Ebene (Side moving) wie das Vorgängerangebot angesiedelt sein. Der Relaunch ist eine häufige Aktivität, mit der die Hoffnung verbunden ist, dass mit dem neuen Angebot zugleich auch eine neuer Lebenszyklus beginnt. Die rechtzeitige Ablösung bedingt jedoch vorlaufende Aktivitäten. Dabei kann der Markennamen unverändert beibehalten werden oder offen oder verdeckt durch einen anderen ersetzt werden.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Soll dabei der Markenname verändert werden, was aufgrund der damit verbundenen Vernichtung von Markenkapital kritisch zu bewerten ist, ergeben sich drei Möglichkeiten. Die erste ist die abrupte Umbenennung ohne Ankündigung an die Zielgruppe (z.B. von Treets zu M&M’s). Die zweite ist die abrupte Umbenennung mit Ankündigung an die Zielgruppe (z.B. von Raider zu Twix). Und die dritte die gleitende Umbenennung ohne Ankündigung an die Zielgruppe (z.B. Pal - Pedigree Pal - Pedigree).

Die Markeneinstellung bedeutet die dauerhafte Streichung einer Marke aus dem Angebot. Dies wird meist in Abhängigkeit von Kriterienkatalogen gesehen, wobei allerdings Verbundeffekte zwischen den Angeboten zu berücksichtigen sind.

Marken stellen erhebliche Werte dar, die beim Kauf in der Bilanz aktiviert werden können. Wegen ihres immateriellen Charakters ist jedoch die Bewertung durchaus strittig. Daher gibt es unterschiedlichste Ermittlungsmodelle, die ihrerseits an verschiedensten Kriterien bzw. Indikatoren festmachen. Der Markenwert wird durch gezielte Schutzrechtsverletzung, etwa über sklavische Nachahmung und Piraterie, gemindert. Insofern bestehen weitreichende Rechte des Schutzrechtsinhabers gegen Verletzer. Diese greifen jedoch praktisch kaum ausreichend.

7.2 Die Marktsegmentierung

7.2.1 Segmentierungsprinzipien

Unter Marktsegmentierung versteht man die Aufteilung eines Gesamtmarkts in hinsichtlich ihrer Marktreaktion intern weitgehend homogene und extern weitgehend heterogene Teilmärkte (Marktsegmentierung i.e.S.) sowie die Bestimmung eines oder mehrerer dieser Teilmärkte und deren Bearbeitung in differenzierter Form (Marktparzellierung). Dies ist einerseits schon gegeben, wenn alle oder einzelne Güter und Dienste des Absatzprogramms einzelnen Teilmärkten angedient werden, sowie andererseits insbesondere, wenn diese Güter und Dienste einzelnen Teilmärkten unter Einsatz eines differenzierten Marketing-Mix angedient werden (Multi-Mix-Ansätze).

Zur Marktidentifizierung können verschiedene Wege eingeschlagen werden:

• Einstufige Marktsegmentierung bedeutet, dass nur ein Kriterium für die Segmentation zugrunde gelegt wird. Dabei kann es sich um objektive oder subjektive Kriterien handeln. Zu Ersteren gehören Produkte etwa aus den Bereichen Monatshygiene (Segment Frauen), Zahnprothesenreiniger (Segment Träger dritter Zähne) oder Augengläser (Segment Brillenträger). Hier macht es für alle Nachfrager, die nicht diesen objektiven Kriterien unterfallen, keinen Sinn, das Angebot dennoch in Anspruch zu nehmen. Zu Letzteren gehören Produkte etwa aus den Bereichen Pflegekosmetik für reife Haut (Segment Frauen ab 40 Jahre), Milchschokolade (Segment Kinder), Stärkungsmittel (Segment ältere Menschen). Hier können durchaus auch Nachfrager, die sich nur subjektiv zugehörig fühlen, obgleich sie es nach objektiven Maßstäben nicht sind, das Angebot sinnvoll in Anspruch nehmen (z.B. Nivea Vital, Kinderschokolade, Ginsengpräparate).

• Mehrstufig-sukzessive Marktsegmentierung bedeutet, dass zwei oder mehr Kriterien zugrunde gelegt werden, wobei die jeweils vorausgehende Stufe die Auswahl der nachfolgenden Stufen bestimmt. Dadurch ist eine weitaus feinteiligere Abgrenzung des zu bearbeitenden Marktsegments möglich. Allerdings verringert sich durch kumulative Eingrenzung auch die Schnittmenge des noch verbleibenden Nachfragepotenzials drastisch. Zudem stellt sich die Frage, in welcher Reihenfolge die Kriterien angelegt werden sollen.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• Mehrstufig-simultane Marktsegmentierung bedeutet, dass zwei oder mehr dieser Kriterien gleichzeitig zur Abgrenzung des intendierten Marktsegments herangezogen werden, es gilt also jeweils die Schnittmenge. Auch dadurch verringert sich das Potenzial verbleibender Nachfrager drastisch. Allerdings stellt sich die Frage, wieviele Kriterien jeweils zugrunde gelegt werden sollen.

Wird ein Markt dabei künstlich in Teilmärkte aufgesplittet, handelt es sich um eine horizontale (deglomerative) Marktsegmentierung, gibt es von vornherein unterschiedlich reagierende Märkte, die differenziert bearbeitet werden sollen, handelt es sich um eine vertikale (agglomerative) Marktsegmentierung.

Die größtmögliche Segmentzahl liegt bei der Gesamtzahl aller Nachfrager am Markt, die Untergrenze liegt bei zwei Teilmärkten. Das Optimum liegt zwischen der Mindestzahl von Marktsegmenten, die erforderlich ist, um in jedem Teilmarkt eine möglichst hohe Übereinstimmung von Anforderungs- und Leistungsprofil zu erreichen, sowie der Höchstzahl von Teilmärkten, die eine Realisierung bei vertretbaren Mehrkosten der Segmentierung gerade noch erlaubt. Theoretisch ist dies der Fall, wo die Nachfrageelastizität der mit Kosten bewerteten Marketinginstrumente für jedes Segment gleich groß ist.

Unterstellt man naheliegend, dass zwischen den Nachfragererwartungen erhebliche Abweichungen in einer Vielzahl von Einzelfällen bestehen und die Erfolgschance eines Anbieters um so größer ist, je geringer die Abweichungen zwischen Angebot und Nachfrage sind, so steigt die Erfolgschance unmittelbar mit steigender Anzahl differenzierter Angebote. Denn je differenzierter das Angebot ist, desto eher findet jeder Nachfrager das für seine individuellen Erwartungen gerade genau Passende. Dies führt in der Konsequenz zu einer Individualisierung des Angebots, d.h., jeder potenzielle oder aktuelle Nachfrager wird als sein eigenes Segment betrachtet (Segment of one approach).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Dies kollidiert praktisch freilich mit den Erfordernissen rationeller Produktion. So wird versucht, dies in den Griff zu bekommen, indem auf einander abfolgenden Produktionsstufen erst eine möglichst späte Variation von Produkten angestrebt wird (dazu dienen etwa Gleichteilekonzepte, die eine Modularisierung der Produktion zulassen). Alle Angebotsversionen basieren insofern auf einem gleichen Produktkern, der dann mit fortschreitender Reife um heterogenisierende Veränderungen ergänzt wird. Dennoch ist dies bei Sachleistungen allenfalls geeignet, die empfundene Distanz zwischen Angebot und Nachfragern zu verringern.

Die Marktsegmentierung erfolgt durch Abgrenzung relevanter und Auffinden vernachlässigter Teilmärkte. Damit wird vermieden, Angebotsanstrengungen dort zu unternehmen, wo wenig Potenzial ist, stattdessen wird dort angesetzt, wo die größte Hebelwirkung vermutet werden kann.

Eine bessere Bedarfsbefriedigung entsteht, indem Nachfrager differenzierte Bedürfnisse nur dann befriedigen können, wenn es differenzierte Angebote gibt, die ihren Erwartungen entsprechen. Die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen wird zumindest in dem jeweils bearbeiteten Marktsegment erreicht. Fraglich ist allerdings, ob nicht die von Konkurrenten bearbeiteten Segmente bessere Erfolgsvoraussetzungen bieten.

Außerdem kommt es zur Vermeidung von Kannibalisierungseffekten im Programm, da die Angebote von Mehrproduktunternehmen, welche die Regel der Wirtschaftswirklichkeit darstellen, durch Segmentierung emotional „gespreizt“ werden können und sich nicht gegenseitig negativ tangieren.

Die Positionierung von Konkurrenzangeboten kann beurteilt werden, denn das Vorhandensein der Segmentierung zwingt zur Auseinandersetzung mit den Positionierungen vergleichbarer anderer Angebote, verbunden mit der Entscheidung, diesen auszuweichen oder ihnen bewusst zu begegnen.

Daraus folgt die richtige Positionierung eigener Angebote, wobei im Zuge der Segmentierungsüberlegungen die Einschätzung der eigenen Position in Relation zur Nachfrage und zum Mitbewerb geprüft und ggfs. revidiert werden kann.

Dadurch entsteht eine Präzisierung von Zielgruppen, denn die Segmentierung bedeutet nichts anderes als die Anspitzung des Angebots auf die mutmaßlichen oder effektiven Bedarfe von mehr oder minder großen Teilen der Zielgruppenpopulation.

Zudem wird die Prognose von Marktentwicklungen möglich, denn jede Segmentbestimmung erfordert eine Schätzung des aktuellen und zukünftigen Potenzials an Kaufkraft allgemein und an eigen besetzbarer Kaufkraft speziell. Die Ableitung von Marktreaktionsfunktionen zeigt dabei auf, worin sich unterschiedliche Marktsegmente unterscheiden und macht damit auf diese Besonderheiten ausgerichtete Aktivitäten möglich.

Ein gezielter Marketing-Mix-Einsatz ist darstellbar, denn je feinteiliger ein Gesamtmarkt in homogene Segmente unterteilt werden kann, desto besser können die Marketinginstrumente auf die individuellen Bedarfe ihnen zugehöriger Nachfrager abgestimmt werden.

Weiterhin ist eine optimale Allokation des Marketingbudgets erreichbar, denn da es meist unmöglich ist, den gesamten Markt gleichermaßen mit Aktivitäten abzudecken, macht es Sinn, sich bei limitierten Finanzmitteln auf die chancenreichsten Segmente zu konzentrieren.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Durch Marktsegmentierung soll es vor allem zur Abschöpfung der Konsumentenrente bzw. zum Einbehalt einer Produzentenrente kommen, indem die unterschiedliche Preisbereitschaft und Leistungserwartung der Nachfrager genutzt wird.

Außerdem soll das Potenzial des Markennamens besser kapitalisiert werden, indem ein Angebot, das aus einem Teilmarkt heraus bekannt und vertraut ist, in einen anderen Teilmarkt transferiert werden kann.

Für eine erfolgreiche Marktsegmentierung müssen kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

• Als Basis müssen Abweichungen physikalisch-chemischer, funktional-reaktiver, ästhetischer, symbolischer oder servicegebundener Art des Angebots auf den verschiedenen Teilmärkten vorhanden sein, die objektiv gegeben sind oder subjektiv von Nachfragern so empfunden werden.

• Der Gesamtmarkt muss sich in mindestens zwei Teilmärkte ohne Arbitrage aufteilen lassen, d.h., es müssen Marktunvollkommenheiten herrschen, damit keine Trittbrettfahrer- oder Austauschgeschäfte möglich sind (Fencing). Das gewählte Segmentierungskriterium muss möglichst trennscharf sein, damit keine Schnittmengen zwischen bearbeiteten und nicht bearbeiteten (= Streuverlust) bzw. zwischen mehreren bearbeiteten Segmenten (= Kannibalisierung) entstehen.

• Außerdem muss die Marktspaltung durchsetzbar sein (Trennfähigkeit). Dazu gehören eine unterschiedliche Reaktion der Nachfrager auf marketingpolitische Maßnahmen und eine Konkurrenzsituation, die diese Differenzierung zulässt, d.h. letztlich Marktmacht. Die Differenzierung darf dabei nicht diskriminierend wirken, d.h., nicht zu einer dem Gerechtigkeitsempfinden des Markts widersprechenden Angebotsstruktur führen.

• Die Differenzierung muss ökonomisch sinnvoll sein, d.h., die Kosten der Aufspaltung des Gesamtmarkts in Segmente dürfen nicht die zusätzlichen Erlöse aus einer damit verbundenen Preisdifferenzierung egalisieren. Ansonsten sind die Segmente nicht tragfähig genug, um eine getrennte Bearbeitung zu rechtfertigen. Die Segmente müssen dazu vor allem beständig sein, da ansonsten die Gefahr besteht, dass eine Segmentierung nicht operational bzw. zu aufwendig wird (zeitliche Stabilität).

• Die einzelnen Segmente müssen erreichbar sein, damit die Segmentierung am Markt überhaupt greifen kann (Zugänglichkeit). Sind Segmente nicht zugänglich, können sie auch nicht ausgeschöpft werden.

• Die Segmente müssen eine Indikation zum Instrumentaleinsatz geben, damit sie durch Marketing bewusst ansteuerbar sind und ihnen Erfolgsbedeutung zukommen kann (Kaufrelevanz). Solche Reaktionsunterschiede zwischen Segmenten müssen messbar sein, damit eine gezielte, getrennte Bearbeitung überhaupt möglich wird (Operationalisierbarkeit).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

7.2.2 Segmentbeschreibung

Hinter jedem Marktsegment stehen Menschen, die als Zielpersonen charakterisiert werden können. Zur Marktwahl bieten sich fünf Kriterien an, demographische, entscheidungsbezogene, psychographische, soziographische und typologische. Bei demographischen Kriterien handelt es sich um Segmentierungsansätze, die sich an nachfragerstrukturellen Kriterien orientieren. Dabei sind vor allem folgende zu nennen:

• Nach dem Geschlecht wird z.B. bei der Krankenversicherungen differenziert, denn Frauen konsultieren regelmäßig häufiger den Arzt, zahlen daher höhere Beiträge.

• Nach dem Alter wird z.B. bei vielen öffentlichen Einrichtungen differenziert. Dies gilt sowohl für Seniorenangebote als auch für Jugendangebote. Dem liegen vor allem soziale Erwägungen zugrunde, um die bevorzugten Altersklassen zu fördern.

• Nach dem Familienstand wird z.B. bei Steuertarifen differenziert. Dort gelten für Verheiratete niedrigere Steuersätze als für Alleinstehende (Splitting-Tarif), wobei wiederum moralische Erwägungen zur Förderung der Ehe als gesellschaftliche Stütze zugrunde liegen.

• Nach der Kinderzahl/Haushaltsgröße wird z.B. bei Freizeiteinrichtungen differenziert (Sportclub, Fitnesscenter, Kino etc.), um die Attraktivität der Nutzung, meist durch Vorzugsangebote für Kinderreiche, zu steigern.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• Nach dem (intra-)nationalen Wirtschaftsgebiet wird z.B. bei der Haftpflichtversicherung differenziert, wo in Ballungszentren höhere Tarife verlangt werden als außerhalb, weil dort die Unfallneigung aufgrund der höheren Verkehrsdichte größer ist.

• Nach dem internationalen Wirtschaftsgebiet wird z.B. von Automobilherstellern differenziert. Dabei liegen die Verkaufspreise in verschiedenen Ländern je nach Kaufkraft und Wettbewerbssituation unterschiedlich hoch.

• Nach der Wohnortgröße wird z.B. von den Energieversorgern differenziert. Hier liegen die Konditionen in ländlichen Gebieten unter denen der Großstädte, weil dort die Kaufkraft geringer ist, ein lebenswichtiges Gut wie Energie sich aber jeder leisten können muss.

• Nach der Ausbildung wird z.B. bei der Anschaffung studiennaher Gegenstände differenziert. Zu denken ist an Vorzugsangebote beim Computerkauf oder beim Zeitschriftenabonnement. Dahinter stehen die Gewöhnung an das Produkt und der wahrscheinliche Wiederholungskauf nach Berufseintritt.

• Nach dem Einkommen wird z.B. im sozialen Wohnungsbau differenziert. Dort haben Bezieher niedrigerer Einkommen Zugriff auf besondere Wohnflächen, die durch staatliche Zuschüsse subventioniert werden.

• Nach dem Beruf wird z.B. bei Beamten differenziert. Sie profitieren von günstigeren Tarifen etwa bei der Kfz-Haftpflichtversicherung, weil sie mutmaßlich vorsichtiger fahren und damit weniger Unfälle verursachen.

Bei entscheidungsbezogenen Kriterien handelt es sich um Segmentierungsansätze, die sich an prozessualen Entscheidungskriterien orientieren. Dabei sind vor allem folgende zu nennen:

• Die Preisbedeutung bezieht sich z.B. auf die Bevorzugung bestimmter Preisklassen beim Kauf. Oder auf den Kauf von Sonderangeboten nach Preis-Leistungs-Verhältnis. Daher können Zweit- und Drittmarken bei sauberer Positionierung parallel zu Erstmarken desselben Herstellers angeboten werden.

• Die Mediennutzung bezieht sich z.B. auf die Art und Anzahl der für Produktwerbung nutzbaren Medien sowie auf die Intensität deren Nutzung. Dies ist vor allem wichtig zur werblichen Erreichung von Innovatoren und Opinion leaders, die den Diffusionsprozess am Markt in Bewegung bringen.

• Die Einkaufsstättenwahl bezieht sich z.B. auf die Präferenz für bestimmte Betriebsformen des Handels oder einzelne Geschäftsstätten. Dem wird durch Maßnahmen der Distributionspolitik Rechnung getragen.

• Der Einkaufszeitpunkt bezieht sich z.B. auf die Wahl der Vorsaison für Urlaubsreisen oder Subskriptionen bei Verlagsprodukten.

• Die Produktartenwahl bezieht sich z.B. auf den Kauf bzw. Nichtkauf bestimmter Produktgruppen. So werden Cabrios naturgemäß von anderen Käufergruppen bevorzugt als Jeeps oder Großraumlimousinen. Vergleichbare Unterschiede ergeben sich zwischen Rauchern von Light- oder Full flavor-Zigaretten.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• Das Produktvolumen bezieht sich z.B. auf das Kauf- und Verbrauchsvolumen. So werden Großpackungen vorwiegend von Intensivverwendern und Großverbrauchern, Kleinpackungen hingegen von Extensivverwendern gekauft. Größere Packungseinheiten suggerieren zumeist eine höhere Preisgünstigkeit.

• Die Verwendungsart bezieht sich z.B. auf den Preisunterschied für Strom zwischen Licht-(Haushalts-) und Kraft-(Industrie-)Strom oder zwischen Dieselkraftstoff und Heizöl oder zwischen Streu-, Speise- und Viehsalz.

• Der Besitzstatus bezieht sich z.B. auf Merkmale wie Immobilien, Automobile, Gärten, Haustiere etc. Daraus folgen jeweils spezifische Bedarfe ab. Personen ohne diese Besitzmerkmale sind dann im Weiteren außen vor. Innerhalb der Merkmale kann wiederum abgestuft werden, z.B. Rasenmäher für Besitzer kleinerer oder größerer Gärten.

Bei psychographischen Kriterien handelt es sich um Segmentierungsansätze, die sich an den verborgenen Ursachen für den Kaufentscheid orientieren. Dabei sind vor allem folgende zu nennen:

• Die Emotion begünstigt den Erwerb von Informationen, sofern ein mittlerer Erregungsgrad eingehalten wird, also weder lethargisch noch hektisch. Insofern muss auf diesen Mittelbereich der Aktivierung geachtet werden.

• Motivation ist mit Antrieb versehener und auf Behebung gerichteter Bedarf. Diese kann verschiedene Absichten beinhalten. Je subjektiv höherwertiger ein Motiv ist, desto eher eignet es sich als Ansatzpunkt zur Marktsegmentierung.

• Einstellungen sind relativ stabile, organisierte und erlernte innere Bereitschaften eines Käufers, auf bestimmte Stimuli konsistent zu reagieren. Mehrdimensionale Einstellungen werden auch Image genannt. Für Einstellungen wird eine hohe Verhaltensrelevanz behauptet (E-V-Hypothese).

• Als Involvement bezeichnet man den Grad wahrgenommener persönlicher Wichtigkeit, der durch Stimuli hervorgerufen wird. Hohes Involvement begünstigt die Informationsaufnahme, -speicherung und -verarbeitung, daraus die Präferenz und Kaufabsicht.

• Das Risikoempfinden betrifft die subjektive Einschätzung der negativen Folgen einer Wahlhandlung, die vorab wie im Nachhinein zu Dissonanzen führt, die reduziert werden sollen. Entsprechend der individuellen Risikoscheu oder -gier können differenzierte Angebote gemacht werden.

• Menschen erwerben Informationen durch Lernen unterschiedlich, meist bei Kontiguität (Zusammentreffen von Lerninhalten), als Erfolgsorientierung (durch Verstärkung), am Modell (über Nachahmung) und durch Einsicht (i.S.v. Verstehen). Entsprechend dieser Lerntypen können Märkte segmentiert werden.

• Die Wahrnehmung zeichnet sich durch Aktivität (vom Käufer initiativ ausgehend), Subjektivität (Interpretation vor Erfahrungshintergrund) und Selektivität (hohe Informationsüberlastung) aus. Entsprechend zu vermutender Gesetzmäßigkeiten der Wahrnehmung (Elementen-, Ganzheits-, Gestaltpsychologie etc.) können Segmente gebildet werden.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Bei soziographischen Kriterien handelt es sich um Segmentierungsansätze, die sich an den offenliegenden Ursachen orientieren. Dabei sind vor allem folgende zu nennen:

• Normen als Basis sind Auffassungen darüber, wie das Verhalten der einzelnen Gesellschaftsmitglieder in bestimmten Situationen sein soll. Sie verkörpern ein System von Leitvorstellungen, das auf Käufer bestimmenden Einfluss hat. Die Normen differieren jedoch von Segment zu Segment (z.B. Finanzdienstleistungen).

• Subkulturen als Basis sind relativ geschlossene Segmente innerhalb der Gesellschaft, die sich nach z.B. ethnischen (Rasse, Religion, Nationalität etc.), altersbezogenen (Kinder, Jugendliche, Senioren etc.) oder räumlichen Gesichtspunkten (Stadt, Vorort, Land etc.) abgrenzen (z.B. Ay Yildiz als Mobilfunkangebot).

• Soziale Schichten als Basis zeichnen sich durch die Gleichartigkeit ihrer Lebensumstände aus und weisen damit den gleichen Status auf. Daraus folgt gleichartiges Kaufverhalten, das die Zugehörigkeit unterstützt. Allerdings ist ein Wandel von der Schichten- zur Lebenssstilgesellschaft zu verzeichnen (z.B. Apple-Produkte).

• Gruppen sind Personenmehrzahlen, die in wiederholten, nicht nur zufälligen wechselseitigen Beziehungen zueinander stehen. Sie üben Kaufeinfluss als Mitgliedschaftsgruppen, denen man angehört, oder Bezugsgruppen, die als Referenz für eigenes Verhalten dienen, aus (z.B. Viral-Kampagnen).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

• Rollen bezeichnen Erwartungen, die von der Gesellschaft an einzelne ihrer Mitglieder gestellt werden und sich im Status verkörpern. Dieser kann zur Charakterisierung des Kaufverhaltens herangezogen werden. Ist der Status in der Rolle unterrepräsentiert, handelt es sich um Understatement, liegt er über der Rolle um Angeberei.

• Die Meinungsführer stellen eine wichtige Zielgruppe dar, weil sie für einen Multiplikationseffekt von Botschaften in ihrem sozialen Umfeld sorgen. Außerdem sind sie häufig Heavy users. Allerdings ist ihre Identifikation im Markt schwierig. Dazu werden Merkmalskataloge der Persönlichkeit zugrunde gelegt (vor allem in Bezug auf Kommunikation, z.B. in Special interest-Zeitschriften).

• Innovatoren sind Personen mit geringer Risikoscheu, die im Zeitablauf Neuerungen als erste adoptieren. Sie bringen damit Diffusionsprozesse erst in Gang und sind meist durch geringeres Alter, höheres Einkommen, höheren Berufsstand, höheres Bildungsniveau, besseres Produktwissen und größeres Produktinteresse als der Durchschnitt gekennzeichnet.

Bei den vorher genannten Elementen handelt es sich durchweg um Partialansätze, d.h., sie beziehen sich nur auf einen von mehreren vermuteten Zusammenhängen zur Segmentierung. Dies kann jedoch insofern zu kurz greifen, als immer mehrere, wenn nicht gar alle Elemente gemeinsam auf den Kauf einwirken. Dem versucht der Werte- oder Lebensstilansatz durch typologische Kriterien gerecht zu werden. Werte sind allgemein ein System von Einstellungen und schaffen gemeinsam mit der Persönlichkeit und dem Selbstkonzept einen Lebensstil. Der Lebensstil kennzeichnet umfassend, wie Menschen leben, ihre Zeit verbringen und ihr Geld ausgeben. Dies führt zu Typologien, bei denen bestimmte Merkmalskombinationen, die real häufiger zusammentreffen als andere, zu einem Typ verdichtet werden:

• Die Typologie Sozialer Milieus des Sinus-Instituts erfasst als Bausteine das Lebensziel, die soziale Lage, die Arbeit bzw. Leistung, das Gesellschaftsbild, die Familie und Partnerschaft, die Freizeit, die Wunsch- und Leitbilder sowie die Lebenswelt. Daraus entstehen zehn Soziale Milieus als Cluster, die jeweils real überzufällig häufig so vorkommen und eigenständig charakterisiert werden. Jedes Milieu ist charakterisiert und greift dabei als Single source-Erhebung auf denselben Datenbestand zu.

• Die Roper/Euro Socio Styles der GfK-Roper stellen die Synthese einer Vielzahl von Lebensfacetten in unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen von Menschen dar. Daraus resultieren acht Typen, die aus 39.000 meist telefonischen Interviews in 38 europäischen Ländern extrahiert worden sind (repräsentativ ab 13 Jahre). Es entstehen „Träumer“, „Häusliche“, „Bodenständige“, „Abenteurer“, „Realisten“, „Weltoffene“, „Kritische“ und „Anspruchsvolle“, für die jeweil sein Profil vorliegt.

Darüber hinaus gibt es beinahe unzählige Typologien, die sich nur auf einzelne Merkmale als Ausschnitt des Lebensstils beziehen und meist für bestimmte Branchen ausgewiesen werden (z.B. Outfit-Typologie für Bekleidung).

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

7.3 Zufriedenheitsmanagement

Das Relationship marketing geht davon aus, dass interaktive und dauerhafte Transaktionsbeziehungen zwischen den Transaktionspartnern nicht nur vor und während, sondern insb. auch nach dem Kauf gegeben sind. Insofern handelt es sich jeweils um Episoden eines permanenten Prozesses des Kaufens und Verbrauchens. Daher liegt der Fokus seit einiger Zeit auf sämtlichen Marketingaktivitäten, die innerhalb der Nachkaufphase einsetzen oder ihre Wirkung entfalten und die darauf gerichtet sind, Abnehmer im Rahmen sozialer Austauschbeziehungen dauerhaft zufrieden zu stellen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Dabei wird unterstellt, dass es sich um eine dynamische Betrachtung mit langfristiger beziehungstheoretischer Perspektive handelt, die integraler Bestandteil eines umfassenden Marketingverständnisses ist. Eine hohe Bedeutung kommt dabei der Erreichung von Kundenzufriedenheit bzw. ihrer Wiederherstellung bei Unzufriedenheit zu. Dies führt zur Kundenbindung mit Positiveffekten vom bisherigen Kauf- und Weiterempfehlungsverhalten zum künftigen Wieder- und Zusatzkauf (Cross buying) sowie Weiterempfehlungsverhalten eines Kunden in Bezug auf einen Anbieter bzw. dessen Angebote. Bindungsgründe können dabei vor allem psychologisch (Vertrauen), situativ (Standort etc.), rechtlich (Vertrag), ökonomisch (Vorteil) und technologisch (System) fundiert sein. Dazu ist allerdings zunächst ein systematisches Feedback aus dem Markt vonnöten.

Die Kundenabteilung ist ein solches unternehmerisches Konzept für die Errichtung eines Dialogs mit Abnehmern und deren Interessenvertretungen. Es handelt sich um eine aktive Aufgabe, im Unterschied zum Ombudsmann mit nur passiver Schutzfunktion. Ziele sind dabei die kundeninitiierte Kommunikation, der Abbau von Kommunikationsbarrieren zum Unternehmen hin (Beschwerden, Vorschläge), die langfristige Kundenbindung durch Dialog, eine Frühwarnfunktion für marktliche Veränderungen, die Weitergabe von Kundeninformationen an interne Abteilungen, deren Sensibilisierung für Abnehmerbelange, die Initiierung kundenorientierter Konzepte und deren Durchsetzung im gesamten Unternehmen. Zuständigkeitsbereich, hierarchische Einordnung, Ausstattung mit formellen Einflussrechten und informelle Autorität variieren aber von Organisation zu Organisation. Sinnvoll ist in jedem Fall ein Machtpotenzial, z.B. durch direkte Unterstellung zur Geschäftsleitung, definierte Einflussrechte, große Sachkompetenz und hohes Engagement.

Der Endkunden- oder Händlerbeirat dient als institutionelle Basis für den Dialog mit Abnehmern, Mitarbeitern und ausgewählten Absatzmittlern. Er kann eine fallweise eingesetzte Funktion innehaben oder dauerhaft mit Beteiligungsrechten unternehmerischer Entscheidungen ausgestattet sein. Große Probleme ergeben sich allerdings aus heterogenen Interessen und mangelnder Repräsentanz der Beiratsmitglieder. Daher werden die Teilnehmer oft aus Interessenvertretungen rekrutiert.

Inwieweit damit bereits Kundenzufriedenheit erreichbar ist, scheint dennoch fraglich. Dabei werden vier Lücken (Gaps) gesehen, die sich zu einer fünften Gesamtlücke ergänzen. Die erste Lücke (Informationslücke) ist die zwischen dem, was Kunden für wichtig halten und dem, was der Anbieter glaubt, dass für diese wichtig ist. Hier liegen falsche Vorstellungen über die Bedeutung einzelner Leistungsmerkmale für das von Kunden geforderte Leistungsniveau vor. Abhilfe kann durch verbesserte Marktforschung, verbesserte Kommunikation zwischen Kunden bzw. Kundenkontaktpersonal und Management geschaffen werden.

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Die zweite Lücke (Normierungslücke) ist die zwischen den betrieblichen Auffassungen über Kundenerwartungen und der Umsetzung der daraus resultierenden Qualitätsstandards. Ursachen dafür sind mangelnde Entschlossenheit des Marketing zur Qualitätsleistung, fehlende klare Zielsetzungen und die Unter- oder Überschätzung der betrieblichen Leistungsfähigkeit. Insgesamt wird das Wertesystem dann nicht überzeugend vorgelebt. Abhilfe kann durch die Definition von Qualitätsstandards, Durchführungsbarkeitsstudien, Aufgabenstandardisierung und das Management-Bekenntnis zur Qualität geschaffen werden.

Die dritte Lücke (Umsetzungslücke) ist die zwischen den Spezifikationen über derart erforderliche Qualitätsstandards und der überwiegend tatsächlich erfolgten Leistungsausführung. Ursachen sind hier mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter, falsche Beurteilungskriterien, mangelnde Teamarbeit oder dysfunktionale Rollenkonflikte, etwa durch Arbeitsüberlastung. Insofern ist eine Kapazitätsanpassung erforderlich. Abhilfe kann durch Einsatz geeigneter Mitarbeiter und Technologien, Anpassungsfähigkeit des Angebots an Nachfrageschwankungen, Selbstverantwortung des Kundenkontaktpersonals und qualitätsorientiertes Controlling geschaffen werden.

Die vierte Lücke (Kommunikationslücke) schließlich ist die zwischen an Kunden gerichteter Kommunikation über die Leistungserstellung und der tatsächlichen Leistungsausführung des Unternehmens. Ursache ist eine unzureichend abgestimmte Kommunikationspolitik des Anbieters, die Erwartungen weckt, die vielleicht ursprünglich bei Kunden so gar nicht vorhanden waren, dann aber bei Nichteinlösung zur Enttäuschung führt. Abhilfe kann hier durch Überprüfung der externen Kommunikation und interne Information durch das Kontaktpersonal in Bezug auf Kundenerwartungen geschaffen werden.

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Die konstitutiien Elemente des Marketing

Die vier einzelnen Lücken addieren sich zu einer mehr oder minder großen fünften Gesamtlücke zwischen Erwartung und Erlebnis (Zufriedenheitslücke). Als bislang ungelöstes Problem hat sich allerdings die exakte Messung der Kundenzufriedenheit herausgestellt. Und das hat mehrere Gründe. Erstens ist Kundenzufriedenheit ein theoretisches Konstrukt, das sich nur in den Köpfen der Abnehmer abspielt, also nicht direkt messbar ist, sondern über Indikatoren (intervenierende Variable) zuerst messbar zu machen versucht werden muss. Zweitens bemisst sich Kundenzufriedenheit allein aus der subjektiven Sicht der Abnehmer, die unvollständig, verzerrt und ungerecht ist, aber darauf kommt es eben nicht an. Drittens sind die Einflussfaktoren auf die Erreichung von Kundenzufriedenheit noch weitgehend unbekannt (so kann ein und dieselbe Maßnahme bei einem Teil der Abnehmer die Zufriedenheit steigern, bei einem anderen aber senken). Und viertens geben Kunden nur unzureichend Hinweise darauf, wie ihr Zufriedenheitsgrad zu steigern wäre.

In relativ wenigen Fällen kommt es zur Artikulation von Unzufriedenheit durch Kunden als Beschwerden gegenüber dem Unternehmen bzw. Drittinstitutionen. Sie sind mit dem Zweck verbunden, auf ein subjektiv als schädigend wahrgenommenes Verhalten des Anbieters aufmerksam zu machen, Wiedergutmachung für erlittene Beeinträchtigungen zu erreichen und/oder eine Änderung des kritisierten Verhaltens zu bewirken.

Reklamation ist nur diejenige Teilmenge von Beschwerden, in denen Kunden in der Nachkaufphase Beanstandungen von Produkten explizit oder implizit mit einer Forderung verbinden, die juristisch durchsetzbar scheint. Der systematische Umgang mit Beschwerden ist für alle Unternehmen von großer Bedeutung, um die Übereinstimmung des Marketingkonzepts mit der Kundenorientierung zu erreichen.

Unzufriedenheit tritt immer dann auf, wenn Kunden eine erhebliche negative Diskrepanz zwischen Erwartungen an ein Produkt/eine Dienstleistung und der wahrgenommenen Leistung/Qualität erleben. Sie können dann abwandern (Marken- bzw. Geschäftsstättenwechsel), negative persönliche Kommunikation betreiben, inaktiv bleiben oder sich (im günstigsten der schlechten Fälle) beschweren.

Ziel des Beschwerdemanagement ist es, Kundenzufriedenheit wieder herzustellen, die negativen Auswirkungen von Unzufriedenheit auf das Unternehmen zu minimieren und die in Beschwerden enthaltenen Hinweise auf betriebliche Schwächen und marktliche Chancen zu identifizieren. Damit sind die Erreichung von Kundenbindung, die Vermeidung von Opportunitätskosten anderer Reaktionsformen, die Verdeutlichung einer kundenorientierten Unternehmensstrategie, die Schaffung akquisitorischer Effekte für Zusatzverkäufe, die Nutzung von Informationen zum Qualitätsmanagement und die Reduzierung von Fehlerkosten verbunden.

Das Beschwerdemanagement kann dezentral (Empowerment) erfolgen, z.B. bei Verkaufsaußendienstmitarbeitern, Zweigstellen, Niederlassungen, kurz, immer dort, wo Kundenkontakt besteht, jedoch auch zentral, z.B. in Form einer Kundendienstabteilung, oder in Mischformen.

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Der Markt und das Marketing

8 Der Markt und das Marketing8.1 Das Mikromarketing

8.1.1 Marktbegriff

Der Marktbegriff ist ausgesprochen vielschichtig. Umgangssprachlich versteht man darunter einen Ort, an dem Menschen zum Zweck des Tauschs zusammenkommen (traditionell als physische Märkte, heute jedoch auch virtuell). Ein Markt ist aus dieser Sicht die gedankliche Zusammenfassung aller Kauf- und Verkaufsakte für ein bestimmtes Gut innerhalb eines bestimmten Gebiets. Dieser Marktbegriff wird auch häufig im Marketing zugrunde gelegt. Ein Markt besteht danach aus allen potenziellen Kunden mit einem bestimmten Bedürfnis oder Wunsch, die willens oder fähig sind, durch einen Austauschprozess dieses Bedürfnis oder den Wunsch zu befriedigen.

Weiterhin ist der Markt aber auch ein modelltheoretischer Begriff, wie er etwa in der Preistheorie zugrunde gelegt wird. Markt ist danach der ökonomische Ort des Aufeinandertreffens von Angebot und Nachfrage. Auf dieser Basis wird zu erklären versucht, wie sich Preise bilden, dies freilich unter der Voraussetzung zahlreicher restriktiver Randbedingungen. Insofern können nur Mechanismen erklärt werden (Marktmechanik), nicht jedoch tatsächliche Prozesse. Daher ist die Aussagekraft dieses modelltheoretischen Begriffs für die Realität recht begrenzt.

Unter Marktstruktur sind dabei alle Größen zu verstehen, die faktischen Einfluss auf den Marktprozess haben. Dabei handelt es sich z.B. um Produktdifferenzierung, Teilmarktabgrenzung, Wettbewerbsgesinnung (Spirit of competition), Werte und Normen der Marktteilnehmer. Besondere Bedeutung kommt dabei aber der Marktform und daraus mehr oder minder determiniertem Marktverhalten zu.

Die Marktform meint die Anzahl und Verteilung der Anbieter bzw. Nachfrager auf einem Markt. Dabei wird für gewöhnlich in drei Klassen unterschieden: ein Teilnehmer (Monopol/Monopson), wenige Teilnehmer (Oligopol/Oligopson) und viele Teilnehmer (Polypol/Polypson). Diese Einteilung ist jedoch sehr unscharf. Daher ist auch fraglich, ob aus einer bestimmten Marktform wirklich auf ein dafür typisches Verhalten geschlossen werden kann. Vereinfachend wird daher jeweils unterstellt, dass der einzelne Teilnehmer frei in der Gestaltung seines Marktverhaltens ist, die wenigen Teilnehmer einander in ihrem Verhalten reaktiv verbunden sind und die vielen Teilnehmer unfrei in der Wahl ihres Marktverhaltens bleiben.

Dies ist aber keineswegs zwangsläufig. Das ist vor allem in der Wettbewerbsgesetzgebung von Bedeutung, wo etwa von einer bestimmten Marktstruktur auf ein hochwahrscheinlich vorliegendes wettbewerbswidriges Verhalten geschlossen wird, das dann einen rechtlichen Eingriff rechtfertigt (z.B. Marktbeherrschungsvermutung in § 19, 2 + 3 GWB).

Zu der Marktstruktur treten noch Marktregeln als kodifizierte Normen für die Marktprozesse. Hier ist an die vielfältigen Bestimmungen des Rechtsrahmens der Märkte zu denken, aber auch an ungeschriebene „Gesetze“ wie Bräuche, Sitten, Traditionen.

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Der Markt und das Marketing

Beide gemeinsam, Marktstruktur und Marktregeln, determinieren die Marktprozesse, die im Einzelnen die Informationssammlung der Marktteilnehmer, die Verhandlung zur Bestimmung von Leistung und Gegenleistung sowie den Austausch von Verfügungs- und Garantierechten (Property rights) beinhalten. Die Informationssammlung ergibt sich aus den erheblichen Informationsasymmetrien sowohl zwischen beiden Marktseiten als auch auf jeder Marktseite. Daher werden eine intensive Informationssuche (Screening) und Informationsabgabe (Signaling) erforderlich. Das Screening erfolgt vom Informationsunterlegenen mit der Absicht, dieses Defizit zu kompensieren, das Signaling erfolgt vom Informationsüberlegenen mit der Absicht, seine Leistung potenziellen Transaktionspartnern mitzuteilen. Der Markt ist jedoch nicht vollständig in der Lage, diese Asymmetrien auszugleichen, denn Marktpartner können wichtige Eigenschaften ihrer Leistungen verbergen (Hidden characteristics) oder ihre wahre Absicht verschleiern (Hidden intention) und damit ihren Informationsvorsprung zum Schaden des anderen ausnutzen (Moral hazard). Diese Gesichtspunkte werden im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik intensiv diskutiert.

Verhandlungen (Bargaining) führen letztlich zu einer Koordination der Wirtschaftspläne von Anbietern und Nachfragern. Gelingt diese, erfolgt eine Markträumung im Gleichgewicht, gelingt diese nicht, kommt es zu Angebots- oder Nachfrageüberschuss mit entsprechenden Konsequenzen für die nächste Marktperiode. Die zu transferierende Leistung kann sowohl eine Einzelleistung sein als auch ein Leistungsbündel. Die Leistung kann materiellen Charakter haben (Sachleistung) oder immateriell sein (Dienstleistung). Dazwischen gibt es fließende Übergänge. Die Leistung kann voll fremderstellt oder selbsterstellt sein, auch dazwischen gibt es fließende Übergänge (Prosuming). Die Gegenleistung kann monetär oder materiell sein, aber durchaus auch immateriell (z.B. Rechte, Informationen). Regelmäßig erfolgt sie jedoch monetär, also in Form von Geld oder Geldersatz, materielle Gegenleistungen sind etwa bei Kompensationsgeschäften gegeben.

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Der Markt und das Marketing

Welche Leistung und Gegenleistung transferiert werden sollen, wird dann in Verträgen rechtlich bindend niedergelegt. Der Leistungsaustausch kann dabei Zug um Zug erfolgen oder sukzessiv (z.B. bei Anzahlung oder Vorauslieferung).

Der Austausch ist mit der gegenseitigen Leistungsübergabe jedoch nicht abgeschlossen, sondern erstreckt sich auch auf die Vor- und die Nachkaufphasen (z.B. Letter of intend, Garantie). Dabei ist ein Kreislauf gegeben, bei dem die Nachkaufphase einer Transaktion in die Vorkaufphase der darauf folgenden mündet. Insofern entsteht im Erfolgsfall eine mehr oder minder ausgedehnte Geschäftsbeziehung. Der Marktprozess ist dann nicht abgeschlossen, sondern ein kontinuierlicher. Jedoch findet nach jeder Transaktion eine Bewertung des Erlebnisses des Abschlusses mit der Erwartung vor dem Abschluss statt und nur wenn das Erlebnis besser oder mindestens gleich der Erwartung ist, wird der Marktprozess fortgesetzt. Sonst kommt es infolge Unzufriedenheit zur Beendigung der Beziehung zu einem Marktpartner und zur Aufnahme der Beziehung zu einem anderen. Allerdings kann ein solcher Wechsel der Marktpartner auch ohne Unzufriedenheit, einfach aus der Suche nach Abwechslung (Variety seeking) erfolgen oder bei Unzufriedenheit dennoch zu einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung führen, etwa mangels Alternative.

8.1.2 Marktergebnisse

Sowohl die Marktprozesse als auch die sie ordnenden Marktstrukturen und Marktregeln sind einem ständigen Wandel unterworfen. Märkte entstehen, wenn Bedürfnisse von Marktpartnern vorhanden sind, die derzeit nicht (manifestes Problem) oder nicht zufriedenstellend (latentes Problem) befriedigt werden. Sofern keine Interessen Dritter tangiert werden (externale Effekte), die zur Durchsetzung von Marktregeln führen, kann der Markt sich frei konstituieren. Wird die Bedürfnislage der Marktpartner durch einen neuen Markt besser befriedigt als vordem, etabliert sich dieser Markt, ist dies nicht der Fall, hat der Markt keine Existenzberechtigung. Davon ist auch abhängig, wie groß der Markt ist, d.h., welche Marktform er hat und welcher Wettbewerbsstil kultiviert wird. Dabei kommt es auf die Interaktion dieses Markts zu anderen, substitutiven oder komplementären, Märkten ebenso an wie auf die Relationen der Marktteilnehmer zwischen den Marktseiten und auf derselben Marktseite zueinander. Dies führt zumeist zu Gruppen von Marktpartnern (Strategische Gruppen), die innerhalb der Gruppe in ihrem Verhalten ähnlicher sind als von ihrer Gruppe zu einer anderen Gruppe. Bei Überregulierung des Markts kommt es zur Bildung einer Schattenwirtschaft (Schwarzmärkte), welche die realen Austauschbedingungen abbildet. Ebenso wie neue Märkte entstehen, verschwinden bestehende Märkte, wenn die dort gehandelten Leistungen keine bzw. zu wenige Austauschpartner finden, weil das zugrunde liegende Bedürfnis verschwunden ist oder durch einen anderen Markt in besserer Weise befriedigt wird.

Fraglich ist jedoch, welche Marktform bzw. welches Marktverhalten die besten Marktergebnisse zu erbringen in der Lage ist. Dabei wird in der deutschen Wettbewerbspolitik ein Modell mit zunächst bei zunehmender Zahl der Marktteilnehmer steigender, nach Erreichung eines Maximums aber wieder sinkender Wettbewerbsintensität zugrunde gelegt. Zugleich wird unterstellt, dass die höchste tatsächliche (nicht potenzielle) Wettbewerbsintensität zu den besten Marktergebnissen führt.

Einleuchtend ist, dass, ausgehend von der Angebotsseite, in der Marktform des Monopols die tatsächliche und potenzielle Wettbewerbsintensität am geringsten ist, da nur ein Anbieter am Markt vorhanden ist, der die Austauschbedingungen vorgeben kann. Allerdings ist dieser Fall in der Wirtschaftsrealität äußerst selten gegeben, da es einerseits kaum Monopolisten gibt, diese sich durch Marktregeln sanktioniert nicht monopolistisch verhalten dürfen oder mehr oder minder starken Substitutionsbeziehungen unterliegen.

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Der Markt und das Marketing

Umgekehrt scheint vordergründig die Wettbewerbsintensität im Polypol am höchsten, weil dort die meisten Anbieter miteinander um den Abschluss mit Nachfragern konkurrieren. Jedoch trifft dies nur für die potenzielle Wettbewerbsintensität zu, da der einzelne Polypolist tatsächlich weder über die Möglichkeiten verfügt, die Marktergebnisse entscheidend zu beeinflussen, noch über die Mittel, seinerseits die Aktionen seiner Mitbewerber zu beeinflussen. Insofern ist die tatsächliche Wettbewerbsintensität gering („Schlafmützenkonkurrenz“).

Im Oligopol ist eine ambivalente Zwischenposition gegeben. Die Anbieter sind durchaus in der Lage, ihre Aktionsparameter so einzusetzen, dass sich eine potenziell hohe Wettbewerbsintensität ergibt. Es fragt sich jedoch, ob sie dazu angesichts der konkurrenzimmanenten Existenzgefährdung in vollem Umfang und auf Dauer bereit sind. Vielmehr besteht eine Tendenz zur Kollusion, d.h. zur Beschränkung auf eine tatsächlich geringe Wettbewerbsintensität. Dabei wird weiter in sog. enge Oligopole mit wenigen Anbietern und sog. weite Oligopole mit mehreren, jedoch nicht vielen Anbietern unterschieden (Kantzenbach). Für die engen Oligopole wird behauptet, dass die Tendenz zur Beschränkung der potenziell hohen Wettbewerbsintensität überwiegt, für die weiten Oligopole hingegen wird ein Optimum der tatsächlichen Wettbewerbsintensität behauptet, d.h., bei weniger wie auch bei mehr Marktteilnehmern liegt die tatsächliche Wettbewerbsintensität niedriger, obgleich die potenzielle Wettbewerbsintensität höher ist, auf die es aber eben nicht ankommt.

Dabei wird jedoch immer unterstellt, dass es ein für eine Marktform typisches Marktverhalten gibt, das seinerseits die Wettbewerbsintensität bestimmt, die ihrerseits die Marktergebnisse bestimmt. Selbst wenn man diese Hypothesenkette unterstellt, was zweifelhaft ist, stellt sich die Frage, wieviele Marktteilnehmer einem sog. weiten Oligopol entsprechen, wie der sachlich relevante Markt für die Teilnehmer abzugrenzen ist und wie internationale Konkurrenz (Globalisierung) in die Betrachtung einbezogen werden kann.

Vor allem aber ist die Beurteilung der Marktergebnisse fraglich, denn ob ein Marktergebnis als „gut“ zu bezeichnen ist oder nicht, hängt von einem Vergleichsmaßstab ab. Eine solche Sollgröße ist aber notwendigerweise nicht vorhanden, denn Wettbewerb ist seiner Natur nach ein Entdeckungsprozess, von dem niemand weiß, welche Ergebnisse wirklich eintreten können. Insofern können „schlechte“ Marktergebnisse durchaus einen funktionsfähigen Wettbewerb (Workable competition) signalisieren, wenn Marktumstände nämlich ungünstig beschaffen sind, „gute“ Marktergebnisse aber auch bei einen nicht funktionsfähigen Wettbewerb vorliegen. Im ersten Fall ist es nicht sinnvoll, wettbewerbspolitisch auf die Anbieter einzuwirken, im zweiten Fall indizieren die „guten“ Marktergebnisse leichtfertigerweise den Verzicht auf solche wettbewerbspolitischen Eingriffe. Dann aber wird ein Ansatz bei den Marktergebnissen leicht zur Willkür.

8.1.3 Markt und/oder Hierarchie

Wenngleich die Leistungsfähigkeit des Marktes zwar unsicher, aber im Grundsatz unbestritten ist, ergibt sich dennoch die Frage, welche Transaktionen besser außerhalb von Märkten, also innerhalb von Hierarchien oder anderen Koordinationsformen, stattfinden. Denn ein Vergleich der Marktergebnisse mit Hierarchie- oder Zwischenform-Ergebnissen anstelle eines fiktiven Sollstandards ist sehr wohl möglich.

Der Markt muss nicht notwendigerweise immer als Gewinner aus einem solchen Vergleich hervorgehen, denn dann wäre es unsinnig, Transaktionen überhaupt außerhalb des Marktes, also in Organisationen wie Unternehmen, Netzwerken etc., abzuwickeln. Dennoch geschieht dies unzweifelhaft, und im Zuge steigender Unternehmenskonzentration und Netzwerkbildung sogar in steigendem Maße.

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Der Markt und das Marketing

Eine Koordination außerhalb des Marktes ist immer dann sinnvoll, wenn deren Kosten bei anderweitiger Koordination geringer sind und/oder zu höheren Nutzen führen, es also bessere Ergebnisse gibt. Denn naturgemäß ist die Koordination über den Markt, entgegen der neoklassischen Sichtweise, nicht kostenlos, sondern mit Aufwand verbunden. Diese Kosten sind im Einzelnen Anbahnungskosten, die entstehen, um die Verhandlungssituation herbeizuführen, Vereinbarungskosten, die aus der Verhandlung resultieren, Abwicklungskosten, die zur eigentlichen Transaktion führen, Kontrollkosten, die zur Absicherung gegen opportunistisches Verhalten des Marktpartners erforderlich sind, Anpassungskosten, die sich bei Veränderung der Austauschbedingungen während des Transaktionsprozesses ergeben, und Beendigungskosten, die bei Abschluss der Transaktion entstehen.

Andererseits ist auch die Koordination außerhalb des Marktes nicht kostenlos. Sie ist vielmehr mit eben diesen Kostenpositionen, nur intern, belastet. Nunmehr kommt es auf die Erwartung der Marktpartner darüber an, ob sie, bei gegebener Leistung, höhere Kosten bei Marktkoordination oder Nicht-Marktkoordination erwarten bzw. sie bei gegebenem Kostenniveau eine bessere Leistung bei Markt- oder Nicht-Marktkoordination erwarten. Als Basis für diese Erwartungen dienen ihnen Erfahrungen der Vergangenheit bei gleichen oder ähnlichen Transaktionen, Erfahrungen anderer, die ihnen zugänglich sind, oder eigene Schätzungen. Mit jeder Transaktion erhöht sich dabei der Wissensstand, sodass ein Lernprozess auf immer höheres Niveau führt.

Dabei gibt es sowohl einen Trend zum Ersatz nicht-marktlicher durch marktliche Koordination, wie sie etwa im Rahmen der Deregulierung von Märkten, der Liberalisierung des Außenhandels oder der Unternehmensentflechtung erfolgt. Als auch einen Trend zum Ersatz marktlicher durch nicht-marktliche (intermediäre) Koordinationsformen, etwa im Zuge von Unternehmenskonzentration, Netzwerkbildung, Kooperationen wie Strategische Allianzen, Joint ventures etc.

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Der Markt und das Marketing

Die Leistungen, die sich nach der Neukoordination (Restrukturierung) ergeben, führen dann dazu, dass dieser Prozess fortgesetzt oder rückgängig gemacht wird. Zweifelsfrei lebt das marktwirtschaftliche System aber von einem möglichst großen Anteil marktlicher Koordination bzw. ist in seinen Grundfesten mit steigendem Anteil nicht-marktlicher Koordination gefährdet.

8.2 Das Makromarketing

8.2.1 Begriff und Begriffsmerkmale

Im Rahmen des Makromarketing werden die Wechselwirkungen zwischen Marketing und Gesamtwirtschaft (Gesellschaft) betrachtet. Analog zur Unterscheidung zwischen makro- und mikroökonomischen Betrachtungen bezieht sich Makromarketing auf die Beschäftigung mit aggregierten Marketingsystemen und Umweltgrößen, in Abgrenzung zum (Mikro-)Marketing, das sich auf den einzelnen Akteur am Markt bezieht.

Marketing wird im Makromarketing als Austauschprozess innerhalb eines übergreifenden sozialen Systems verstanden, wobei Markttransaktionen als ein Transaktionssubsystem der Gesamtwirtschaft (Gesellschaft) angesehen werden, das mit anderen Transaktionssubsystemen gekoppelt ist. Insofern haben die Rahmenbedingungen für das Marketing und die eingesetzten Marketingmaßnahmen einen je nach Wirtschaftsordnung mehr oder minder großen Einfluss auf die Entwicklung der gesellschaftlichen Wohlfahrt. Daher ist die traditionelle Sichtweise des (Mikro-)Marketing zu einseitig, weil übergreifende Effekte (wie externale Effekte, Spill over-Effekte etc.) nicht berücksichtigt werden.

Durch ein verbessertes Wissen über die Konsequenzen von Marketing-Aktivitäten soll die Qualität von Entscheidungen in privaten und öffentlichen Organisationen unter gesellschaftlichen Gesichtspunkten erhöht werden. Damit ist eindeutig auch eine Ausweitung des Objektbereichs des Marketing verbunden, und zwar auf eine sehr hoch aggregierte Ebene. Dies geht jedoch womöglich zu Lasten der Präzision der in diesem Zusammenhang getroffenen Aussagen. Denn das hohe Niveau der Aggregation, die Perspektive der Betrachtung und die Untersuchung der Einflusswirkungen zwischen Objekten geht weit über die einzelwirtschaftliche Sicht hinaus.

Jede Aktivität des Mikromarketing hat daher auch Makroimplikationen, es geht insofern um die Wechselwirkungen zwischen Marketing und Gesellschaft, z.B. in Bezug auf verbraucherpolitische Implikationen, Marketingethik, Lebensqualität. Dabei ergeben sich erhebliche Probleme für die Analyse.

Das Aggregationsproblem ergibt sich aus der hohen Verdichtung gesamtwirtschaftlicher Größen, wodurch Kumulierungs- und Saldierungseffekte einzelner Größen verborgen bleiben. Auch ist es oft schwierig, hoch aggregierte Daten ausreichend exakt zu erfassen, oder es liegen Abweichungen in den Erhebungsgrundlagen einzelner Datenstämme vor, die eine Aggregation verzerren.

Weiterhin sind die Instrumente des Marketing für die Mikro-Makro-Transformation bzw. Makro-Mikro-Transformation nur begrenzt geeignet. Dabei ist neben der erwähnten Aggregation von Mikro-Eigenschaften auf Makro-Niveau auch die Übertragung von Makro-Eigenschaften auf Mikro-Systeme problematisch. Das Ganze ist oft mehr als die bloße Summe des Einzelnen bzw. das Einzelne erhält in der Summe eine neue Qualität. Schließlich bestehen erhebliche Interaktionseffekte zwischen den Subsystemen, die auf der Makro-Ebene nicht genügend zum Ausdruck kommen.

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Einführung in das Marketingkonzept

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Der Markt und das Marketing

Im Bereich des Mikromarketing werden die Austauschprozesse zwischen Individuen bzw. individuellen Organisationen betrachtet. Im Makromarketing hingegen werden komplexe Austauschprozesse zwischen Subsystemen innerhalb eines sozialen Systems oder sogar Supersystemen aus sozialen Systemen (Nationen) untersucht. Als primär wird also nicht die einzelwirtschaftliche, sondern die gesamtgesellschaftliche, makroökonomische Perspektive angesehen. Weiterhin werden die Auswirkungen und Einflussbeziehungen zwischen Subsystemen oder Supersystemen untersucht, die vielfältig vernetzt und interdependent sind. Gegenstand der Betrachtungen des Makro-Marketing ist hierzulande das marktwirtschaftliche System.

8.2.2 Marktwirtschaft

Marktwirtschaften sind Wirtschaftssysteme, die durch den Grundsatz dezentraler Planung in Verbindung mit freier Preisbildung, Leistungswettbewerb und privatem Produktionsmitteleigentum gekennzeichnet sind. Sie zeigen an, wie in einer Volkswirtschaft bestehende Probleme gelöst werden sollen und mit welchen Argumenten diese Lösung zu begründet ist. Vor allem fällt die Entscheidung darüber, welche Güter in einer Volkswirtschaft mit den verfügbaren Produktionsfaktoren erzeugt werden sollen, am Markt. Die Marktteilnehmer der Nachfrageseite, Unternehmen und Haushalte, sollen ihr verfügbares Einkommen gemäß ihren Bedürfnissen bzw. den Bedürfnissen ihrer Mitglieder verausgaben. Um den Erhalt dieses Einkommens treten auf der Anbieterseite dafür konkurrierende Marktteilnehmer an.

Da die Marktbeziehungen mehrstufig sind, geben die Kaufentscheide der Haushalte letztlich auch auf den vorgelagerten Marktstufen an, bei welchen Gütern und Diensten die Produktion aufgrund entsprechend wachsender Nachfrage ausgedehnt bzw. aufgenommen und bei welchen sie aufgrund schrumpfender Nachfrage eingeschränkt bzw. eingestellt werden soll. Ein wirksamer Wettbewerb stellt so sicher, dass ein jeweils den Wünschen der Nachfrager entsprechendes Angebot vorgehalten wird.

Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass jeder Marktteilnehmer für sich selbst am Besten beurteilen kann, welche Verwendung seines Einkommens bzw. welcher Einsatz von Produktionsfaktoren ihm den größten Nutzen bringt. Konsumfreiheit und unbeschränkter Wettbewerb gelten insofern als Gewähr dafür, dass das Ziel einer möglichst guten Bedürfnisbefriedigung erreicht wird.

Im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft greift der Staat in Form von reglementierenden Spielregeln in diese Austauschprozesse ein. Dabei muss jedoch der Grundtypus der Marktwirtschaft dominant bleiben, d.h., die Ordnungspolitik des Staates darf nur als Ausnahme von der marktwirtschaftlichen Regel eingesetzt, nicht aber durch eine „kollektive Norm“ ersetzt werden.

So kann der Staat den Austausch bestimmter Güter untersagen oder beschränken, wenn der Nutzen, den sich Individuen von ihnen versprechen, in der Summe aller Teilnehmer einer Marktwirtschaft nicht einem positiven gesellschaftlichen Nutzen entspricht. Dies gilt vor allem für Belange zum Schutz unterprivilegierter Bürger und des Gemeinwohls.

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Der Markt und das Marketing

Ein wirksamer Wettbewerb soll die Anbieter dazu anhalten, von mehreren zur Wahl stehenden Produktionsverfahren das jeweils kostengünstigste einzusetzen. Unternehmen, die dies missachten, werden durch die Marktmechanik von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen oder kommen an einem Markt erst gar nicht zum Zuge. Dem liegt die Knappheit der Produktionsfaktoren zugrunde, die nur durch effektive Verfahren höchstmögliche Produktivität gewährleisten. Ob diese höchstmögliche Produktivität zur höchsten Wohlfahrt in einer Volkswirtschaft führt, ist jedoch umstritten. Die eine Meinung ist, dass das einzelwirtschaftliche Streben in der Summe aller Leistungen zum höchsten Leistungsniveau führt, das auch die Leistungsschwächeren auf ein höheres Niveau bringt als jede andere Form der Koordination. Die andere Meinung ist, dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so gestaltet werden müssen, dass Leistungsschwächere von Fortschritten mehr profitieren als Leistungsstärkere. Dies kann erreicht werden, indem Leistungsstärkeren bestimmte, für sie vorteilhafte, Handlungsoptionen untersagt werden (staatliche Vorschriften, Auflagen, gesetzliche Regelungen) bzw. diese nur Leistungsschwächeren zugänglich sind, oder indem Leistungsstärkere einen Teil dessen, was sie an Einkommen erwirtschaftet haben, an Leistungsschwächere abtreten müssen. Dies wird mit der Möglichkeit von Konflikten begründet, die zwischen der Forderung nach kostengünstiger Produktion und den Zielen sozialer Gerechtigkeit, sozialen Friedens und sozialen Fortschritts bestehen können. Die Reglementierung soll ein faires Austragen dieser Konflikte und eine ausgewogene Beachtung aller berechtigten Interessen gewährleisten.

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Der Markt und das Marketing

Das durch Produktion entstehende Sozialprodukt wird in der Marktwirtschaft nach dem Marktpreis der von jedem Teilnehmer angebotenen Faktorleistung verteilt. Dann ist die Einkommensverteilung als leistungsgerecht oder zumindest knappheitsgerecht zu betrachten. Dadurch entstehen Leistungsanreize, die zu erhöhter Effizienz und Effektivität des Systems führen. In der sozialen Marktwirtschaft wird auf diese Einkommensverteilung vielfältig durch Transferleistungen Einfluss genommen, d.h. Bedürftige erhalten Zuwendungen zusätzlich zu ihrem Einkommen, die aus dem Einkommen von höher Leistungsfähigen stammen. Teilweise ist die Einkommensverteilung auch Ergebnis von Verhandlungen (etwa der Tarifparteien). Dies wird damit begründet, dass die Vorstellungen der Gesellschaft von Einkommensgerechtigkeit von den Ergebnissen des Marktes negativ abweichen und daher einer nachträglichen Korrektur bedürfen. Vor allem wird eine Einkommenserzielung aus Marktmacht vermutet, die konstitutiv nicht leistungsgerecht sein kann. Diese Marktmacht ist durch Unvollkommenheiten im Wettbewerb möglich, die nicht korrigiert werden können oder sollen (Ausnahmebereiche).

Die Einkommensverteilung über Marktpreise setzt aber eine hinreichende Konstanz des Preisniveaus voraus, damit sich die materiellen Leistungen in den monetären äquivalent widerspiegeln. Allgemein ist Geldwertstabilität dann gewährleistet, wenn sich das Geldvolumen entsprechend dem Produktivitätszuwachs erhöht. Das Geldvolumen ist wiederum abhängig von der nominellen Geldmenge und deren Umlaufgeschwindigkeit in der Wirtschaft. Allerdings ist der Marktwirtschaft auch eine Tendenz zur Anpassung von Ungleichgewichten zu Gleichgewichten immanent, sodass fraglich ist, ob reglementierende Eingriffe diese Tendenz beschleunigen oder nicht doch eher hemmen. Vor allem ist angesichts einer ausufernden Vielzahl von Eingriffen zu befürchten, dass es neben dem im Einzelfall förderungswürdigen Anliegen, zu unkontrollierbaren Kumulations- und Saldierungseffekten solcher Eingriffe kommt, die kontraproduktiv wirken. Auch besteht bei Sanktionen die Tendenz der Wirtschaftssubjekte zum Ausweichen auf verbleibende Freiräume statt der Unterwerfung. Dies führt, sofern unerwünscht, zur Sanktionierung auch dieser verbleibenden Freiräume und damit sukzessiv zu einer Transformation des marktwirtschaftlichen in ein zentralverwaltungswirtschaftliches System mit Marktelementen.

Die Marktwirtschaft hingegen ist konstitutiv ein System dezentraler Planung, jedes Unternehmen und jeder Haushalt sind eigenständige Planungsträger. Der Wirtschaftsplan des Unternehmens besteht darin, wie Entscheidungen im Rahmen von Beschaffung, Produktion, Absatz und Finanzierung zu treffen sind, der Wirtschaftsplan des Haushalts besteht darin, wie Einkommen zu beschaffen und wie zu verwenden ist. Ob die einzelnen Wirtschaftspläne aufgehen, wird durch die Abstimmung am Markt entschieden, von der im Vorhinein niemand weiß, wie sie ausgehen wird (Ex post-Koordination). Es kommt vielmehr zu einem Trial&error-Verfahren, in dem größere Flexibilität und geringerer Irrtum der Teilnehmer den Ausschlag geben. Fehlentscheidungen treffen immer nur die einzelne Wirtschaftseinheit und führen bei ihr zur besseren Anpassung für die nächste Marktperiode und damit zu einer stetigen Erhöhung der individuellen Leistungsfähigkeit bzw. in der Summe aller Wirtschaftseinheiten zu einer Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Gesamtwirtschaft. In der sozialen Marktwirtschaft nimmt der Staat bestimmte, sozialrelevante Wirtschaftsbereiche aus dieser Marktkoordination heraus und plant sie zentralistisch. Dies gilt für alle Kollektivgüter im Rahmen staatlicher, demokratisch legitimierter Verwaltung. Dem liegt ein Werturteil über die mindere Leistungsfähigkeit der Marktkoordination in diesen Bereichen zugrunde, sei es, weil vorgeblich keine Gewinnerzielung möglich ist, keine ausreichende Bedarfsdeckung zustande kommt oder überhöhten Preisen vorgebeugt werden soll. Allerdings ist der dadurch etwaig, und nur spekulativ, entstehende Wohlfahrtsgewinn gegen zu rechnen gegen die zwischengeschaltete Administration mit einem Heer von Bezugsempfängern ohne eigene Wertschöpfung, die eine Umverteilung vornehmen. Es steht zu vermuten, dass die Staatseinwirkung auf den Markt per Saldo zu keinen nennenswerten Wohlfahrtsgewinnen führt, da eher Ineffektivität und Fehlleitung der Ressourcen gefördert werden.

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Der Markt und das Marketing

Wirtschaftswachstum soll daher zu einer Befriedigung bislang noch nicht gedeckter Bedürfnisse führen und wird im Wesentlichen durch Produktivitätsfortschritte realisiert. Allerdings ist zu beobachten, dass diese Produktivitätsfortschritte der einzelnen Wirtschaftseinheiten in der Vergangenheit oft nur zu Lasten anderer Wirtschaftseinheiten und damit der Gemeinschaft erzielt werden konnten. Dabei führt der Erfolg des Einzelnen jedoch nicht zu mehr Wohlfahrt für die Gemeinschaft, weil er zur Einschränkung der Rechte anderer führt, die in der Summe stärker wiegen (externale Kosten). Dies ist besonders bei Marktmacht gefährlich, die gegen die Grundwerte der Freiheit und Gerechtigkeit in der Gesellschaft verstößt. Zudem führt die Ausbeutung freier Güter zu leistungsfremden Gewinnen und zur Beeinträchtigung der Optionen zukünftiger Generationen. Diese freien Güter mutieren zwischenzeitlich zu knappen (z.B. Wasser), die deshalb einen Preis haben, der im Faktorkombinationsprozess zu erhöhten Kosten führt, der an Produktivitätsfortschritten zehrt. Insofern ist infrage zu stellen, ob ein Wirtschaftswachstum mit Raten wie in der Vergangenheit unter Einrechnung aller einzel- und gesamtwirtschaftlichen Kosten in Zukunft überhaupt noch erreichbar sein wird.

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Die institutionellen ktionsfelder des Marketing

9 Die institutionellen Aktionsfelder des Marketing

Es ergeben sich institutionelle Besonderheiten des Marketing für Konsumgüter, Industriegüter und Dienstleistungen (wobei streng genommen Dienstleistungen kein eigenständiger Warentyp sind, sondern Formen von Konsum- oder Industriegütern). Diese werden im Folgenden näher betrachtet. Zunächst zum Konsumgütermarketing.

9.1 Das Konsumgütermarketing

Für gewöhnlich werden Aussagen zur Vermarktung, wenn nicht ausdrücklich anders erwähnt, auf den Konsumentenmarkt bezogen. Dieser Sektor leistet in der Tat Schrittmacherdienste. Dennoch scheint er nicht in jeder Hinsicht typisch, denn er ist durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet.

Der Konsumentenmarkt ist der Markt für den privaten Konsum von Ge- und Verbrauchsgütern. Als Einkaufsziele sind hier neben Bedürfnisbefriedigung und Nutzenmaximierung zahlreiche objektiv irrationale Motive zu verzeichnen. Die Kaufentscheidung erfolgt durch Einzelpersonen oder in der Gruppe (Familie). Sie vollzieht sich als Impuls- oder Routinekauf bzw. als echter Entscheidungsprozess. Dabei gibt es besondere Kennzeichen.

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Die institutionellen ktionsfelder des Marketing

Es handelt sich um einen originären Bedarf, d.h., Käufer fragen Produkte für sich bzw. ihren Haushalt als Endabnehmer nach. Damit unterscheidet sich der Konsumgüterbereich von den Märkten für Weiterverarbeiter oder Wiederverkäufer, auf denen Produkte für fremde (derivative) Bedarfe als Teile oder Ganzes nachgefragt werden.

Es besteht ein hoher Anteil von Individualentscheidungen, bei denen Einzelpersonen für sich oder ihre Angehörigen Kaufabschlüsse tätigen. Dies steht etwa im Gegensatz zu gewerblichen Kaufentscheidungen, bei denen mehrere Personen involviert sind. Allerdings gibt es solche multipersonalen Prozesse ebenso im Privatbereich bei Familienentscheiden.

Weil es sich um Endabnehmer handelt, ist eine relativ große Zahl von Bedarfsträgern gegeben. Damit ist es einem Unternehmen regelmäßig nicht möglich, alle diese Bedarfsträger unmittelbar akquisitorisch zu kontaktieren. Vielmehr werden dessen Produkte überwiegend im mehrstufigen, indirekten Vertrieb vermarktet.

Dies impliziert zusätzliche Probleme, da die eingeschalteten Absatzmittler als selbstständige Unternehmen eigenständige Ziele verfolgen, die nicht in allen Punkten mit denen der Produzenten übereinstimmen. Insofern wird verstärkt darauf abgestellt, eine handelsstufengerichtete Marketingkonzeption umzusetzen, weil nur diese den Zugriff auf Endabnehmer hat. Daher wird nach Feldern gemeinsamer Interessen geforscht, auf denen sich die Ziele von Produzent und Handel decken. Nicht zuletzt auch, um von dysfunktionalen Konflikten, wie sie lange Zeit die Regel waren, wegzukommen.

Es bestehen weitgehend anonyme Marktkontakte, d.h., dem Produzenten sind seine Endabnehmer unbekannt, da diese häufig über Absatzmittler von ihm nur indirekt bedient werden. Damit ist aber auch die Bindung der Endabnehmer an den Produzenten mehr oder minder locker. Mit der emotionalen Entfernung wächst die subjektive Austauschbarkeit der Angebote und die Versuchung zu deren rationaler Bewertung.

Um genau dies zu verhindern, betreiben Unternehmen intensive Werbeanstrengungen im Rahmen einer konsequenten Markenpolitik. Damit wird eine Monopolisierung des Marktes zu Gunsten des eigenen Angebots angestrebt. De facto führt dies zu einer gegenseitigen Neutralisierung der Akquisitionswirkungen innerhalb eines relevanten Marktes. Dem glauben sich Produzenten nur entziehen zu können, indem sie ihre Werbeanstrengungen weiter erhöhen. Da dies reihum durch alle Anbieter erfolgt, kommt es im Ergebnis zu einer gegenseitigen Aufschaukelung der Werbeaufwendungen.

Der Werbeeinsatz wird auch erforderlich, weil es sich de facto überwiegend um Me too-Produkte handelt. Diese sind im Hinblick auf ihre objektiven Leistungsmerkmale weitgehend austauschbar. Um dennoch zu einer Bindung der Abnehmer an das eigene Produkt zu gelangen, ist eine kommunikative Differenzierung unverzichtbar. Dabei wird mittels einer die Realebene (Evidenzinformation) überlagernden Auslobung von Botschaften (Surrogatinformation) eine Alleinstellung angestrebt. So kommt es zum Phänomen, dass an sich gleichartige Angebote erstaunlich abweichende Images aufweisen.

Erst wenn diese vergleichsweise soften Instrumente nicht fruchten, kommen Preiskämpfe in Betracht. Diese werden meist nur kurzfristig ausgetragen, da sie direkt den Unternehmenserfolg tangieren und angesichts der ausgeprägten Machtmittel vieler der am Markt präsenten Großbetriebsformen ausgesprochen risikoreich sind. So setzt sich oft bald das Streben nach wirtschaftsfriedlichem Verhalten durch.

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Die institutionellen ktionsfelder des Marketing

Zur erfolgreichen Bearbeitung ist es schließlich erforderlich, den amorphen Gesamtmarkt nach geeigneten Kriterien in einzelne Segmente aufzuteilen, die intern homogen genug sind, um sie mit einheitlichen Maßnahmen bearbeiten zu können. Gleichzeitig soll die Möglichkeit gegeben sein, diese Segmente parallel zu bearbeiten, ohne dass es zu Irritationen im Publikum kommt. Dies wiederum ist nur durch differenzierten Einsatz der Marketinginstrumente machbar, die auf das jeweilige Segment hin optimiert werden.

Diese komplexen Konzepte erfordern adäquate organisatorische Voraussetzungen, wie sie etwa im Product-, Key account- oder Area-Management gegeben sind. Dabei drückt sich die Marketingphilosophie auch darin aus, dass die Zieleinheiten, also zu vermarktende Produkte bzw. zu bedienende Kunden bzw. Märkte, in den Mittelpunkt der internen Arbeitsabläufe rücken. Dadurch wird eine optimale Ausrichtung des Unternehmens auf den Markterfolg möglich.

9.2 Das Industriegütermarketing

9.2.1 Marktbesonderheiten

Industriegütermärkte umfassen alle Vermarktungsobjekte (Leistungen), die von Organisationen (Produzenten, Dienstleistern, Händlern, also Nicht-Konsumenten) beschafft werden, um mit ihrem Einsatz (Ge- und/oder Verbrauch) weitere Güter für die Fremdbedarfsdeckung zu erstellen oder diese unverändert an Organisationen weiter zu veräußern, die diese Leistungserstellung vornehmen. Dasselbe Produkt kann also sowohl Produktivgut als auch Konsumtivgut sein, weil es im Marketing nicht auf die Art des Produkts, sondern die Art der Nachfrager ankommt. Marketing als überlebenswichtige Aktivität stößt im B-t-b-Bereich allerdings häufig auf Ablehnung. Dies liegt in der vorwiegend technischen Prägung dieses Sektors begründet, der noch vom Produktdenken, und nicht vom Kundendenken dominiert ist. Auch wird Marketing als „Drücker-“Funktion (Hard selling) emotional abgelehnt. Dementsprechend fehlen oft die marketinginformatorischen Grundlagen.

Zu den Marktbesonderheiten im Produktivgüterbereich gehören folgende. Es ist für gewöhnlich eine überschaubare Anzahl von Anbietern und eine beschränkte Zahl von Abnehmern gegeben. Dadurch ist meist bekannt, wer in der Lage ist, ein Einkaufsgut anzubieten, und den Anbietern ist bekannt, wer als Abnehmer dafür in Frage kommt. Charakteristisch sind stabile Marktpartnerbeziehungen. Zum einen sind nur geringe Ausweichmöglichkeiten gegeben, zum anderen gibt Erfahrung aus der Zusammenarbeit der Vergangenheit willkommene Sicherheit für die Geschäftsbeziehungen in der Zukunft. Dem Kauf gehen oft lange, meist harte Entscheidungsprozesse voraus. Angebote werden selten unverhandelt akzeptiert oder abgelehnt. Vielmehr birgt die Komplexität der Materie meist das Erfordernis der Erläuterung und Hinterfragung. Jeder Verkaufsakt repräsentiert einen hohen Umsatzwert für die Anbieter infolge langer Kaufintervalle und hohen Warenwert. Dementsprechend bedeutsam ist es, den Abschluss jetzt zu erreichen und nicht erst später. Jedes Kaufobjekt involviert für gewöhnlich einen hohen Projektwert für den Nachfrager (einzeln oder kumuliert). Damit lohnt sich für ihn eine umfangreiche Informationssuche, zumal auch meist eine hohe Bindungsdauer gegeben ist. Es sind kurze Absatzwege vorhanden, da Direktvertrieb (nullstufiger Absatz) vorherrscht. Dies erfordert umfangreiche Kapazitäten für den technischen Vertrieb zur Kundenberatung und -betreuung. Durch die Abhängigkeit von Primärmärkten liegt vielfach eine hohe Konjunkturempfindlichkeit vor. Die Nachfrage ist dann eine abgeleitete Größe aus konsumnäheren Märkten und verstärkt deren Ausschläge. Oft erfolgt eine kundenindividuelle Leistungserstellung durch „Maßanfertigung“. Dabei wird jeweils auf den konkreten, von Fall zu Fall abweichenden Bedarf des potenziellen Käufers abgestellt. Das Angebot besteht meist aus komplexen Hardware-Software-Kombinationen. Gerade „schlüsselfertige“ Projektauslegungen sind in der Lage, etwaige Preisnachteile zu kompensieren. Die endgültige Ausgestaltung des Projekts erfolgt oft erst unter

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Die institutionellen ktionsfelder des Marketing

Abnehmereinfluss. Dies wirft Zeit- und Kostenprobleme bei der Erstellung auf. Häufig kommt es zum Drittparteieneinfluss durch Fachberater wie Architekten, Betriebsingenieure, Consultants etc. Aufgrund der Umfeldbedingungen herrscht weitgehender Preiskonservatismus vor. Dies bezieht sich weniger auf die Preishöhe als auf die Konditionentaktik, die Nachlässe von Gegenleistungen abhängig macht.

9.2.2 Geschäftsarten

Versucht man eine Typologisierung der Vermarktungsobjekte, ist eine solche in Rohstoffgeschäft, Systemgeschäft, Anlagengeschäft, Produktgeschäft, Energiegeschäft und Immobiliengeschäft wohl am zweckmäßigsten.

Rohstoffe sind Ausgangsstoffe für nachfolgende Verarbeitungsstufen und werden ohne weitere Umformungsprozesse erstmals einer wirtschaftlichen Verwendung zugeführt. Sie verändern sich in der Produktion und können in Urprodukte und Einsatzstoffe untergliedert werden.

Urprodukte sind Ausgangsstoffe für weitere Verarbeitungsstufen, werden aber keiner weiteren Bearbeitung unterzogen, außer derjenigen, die erforderlich ist zur Verfügbarmachung, zum Schutz, zur Lagerung, zum Transport und/oder bei denen gewisse Manipulationen zur Erreichung der Marktfähigkeit vorgenommen werden. Dazu gehören Anbauwaren, die aus der Natur gewonnen werden, und Abbauwaren, also nicht regenerierbare Mineralien und fossile Träger. Diese werden meist als Commodities bezeichnet, die in soweit standardisiert sind, dass die Produkte verschiedener Hersteller zueinander weitgehend austauschbar sind. Dadurch sind diese börsenfähig (fungibel). Unter Vermarktungsgesichtspunkten lässt dies kaum Chancen für eine Differenzierung.

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Die institutionellen ktionsfelder des Marketing

Die Geschäftstätigkeit ist standortgebunden nur dort möglich, wo Urprodukte gewonnen bzw. geerntet werden können. Der Marktzutritt ist also objektiv begrenzt. Sofern es sich um nicht-regenerierbare Rohstoffe handelt, ist ein wesentliches Anliegen die Sicherung fortdauernder Rohstoffverfügbarkeit sowie die Recyclierbarkeit der verwerteten Rohstoffe zur Rückgewinnung. Die Waren sind starken Quantitäts- und Qualitätsschwankungen unterworfen, die aus den Unwägbarkeiten natürlicher Bereitstellungsbedingungen folgen. Dennoch wird versucht, eine Homogenität herzustellen, da ansonsten eine sinnvolle Handelbarkeit nicht gegeben ist. Dies geschieht durch Klassifikationen. Damit sind sie dann auf Marktveranstaltungen (Warenbörsen) handelbar. Die Märkte für Urprodukte werden infolge ihrer geringen Angebotselastizität meist als wenig funktionsfähig angesehen und deshalb bewirtschaftet, was die Marktergebnisse nicht unbedingt verbessert. Es kommt immer wieder zu natürlichen Monopolen aufgrund gegebener nicht-beeinflussbarer Betriebsbedingungen, die sozialpolitisch zu korrigieren gesucht werden. Das Aufkommen an Urprodukten ist teilweise nur begrenzt lagerfähig und steuerbar, sodass Rahmenverträge den Absatz verstetigen. Da überwiegend die Bestimmung zur Weiterverarbeitung gegeben ist, besteht eine hohe Abhängigkeit von diesen Folgemärkten. Die Nachfrage ist häufig international und sehr heterogen.

Bei Einsatzstoffen unterscheidet man Hilfsstoffe, Betriebsstoffe und Spezialitäten. Hilfsstoffe gehen als Nebenbestandteile in die Produktion eines Fertigprodukts ein, Betriebsstoffe dienen der Aufrechterhaltung der Leistungsprozesse, gehen also nicht in das Produkt ein. Hilfsstoffe werden mehr oder minder starken Veränderungen unterworfen (Teile bleiben unverändert) und mutieren über Halbfabrikate (Zwischenprodukte) zu Fertigfabrikaten. Beide entstehen aus Wertstoffverarbeitung oder -rückgewinnung.

Spezialitäten sind auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Abnehmer (Marktsegment) ausgerichtet und weisen einen hohen Differenzierungsgrad auf. Es handelt sich um spezielle Klebstoffe, Spezialstähle, witterungsbeständige Farben, umweltfreundliche Schmiermittel, Spezialbohrer, Spezialschrauben etc. Insgesamt sind eine heterogene Nachfragerschaft, oft mit zwischengeschaltetem Produktionsverbindungshandel, und ein niedriger Verarbeitungsgrad gegeben.

Das Systemgeschäft betrifft den Kauf mehrerer unterschiedlicher Leistungen bzw. den Kauf eines Leistungsangebots mit dem Ziel deren/dessen gemeinsamer Nutzung mit anderen kompatiblen Teilleistungen. Systemkomponenten sind dabei Güter, die ohne das Zusammenwirken mit anderen Systembauteilen keine sinnvolle Funktion erfüllen können (z.B. DVD-Laufwerk), Teilsysteme hingegen können auch isoliert genutzt werden (z.B. Laptop). Ein System kann damit als ein durch seine Verkaufsfähigkeit abgegrenztes, von einem oder mehreren Anbietern in einem geschlossenen Angebot erstelltes Sachleistungs- bzw. Sach- und Dienstleistungsbündel zur Befriedigung eines komplexen Bedarfs gekennzeichnet werden, das in Bedarfsverbund zu anderen Vermarktungsobjekten steht. Zeitraumbezogen gibt es so einen Initialkauf und mehrere Folgekäufe (beim Systems selling wird ein Paket aus Hard- und Software einmalig komplett gekauft). Eine Lock in-Situation liegt immer dann vor, wenn ein Entscheidungsträger erzwungen aufgrund spezifischer Investitionen (Sunk costs) und/oder eigenständig aufgrund positiver Erfahrungen durch seine jetzige Entscheidung in seinen zukünftigen Handlungen mehr oder minder stark festgelegt ist. Je mehr vom Nachfrager bereits in ein bestehendes System investiert wurde, desto höher sind für ihn etwaige Systemwechselkosten.

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Bei den Folgekäufen kann es sich um Erweiterungs- oder Ergänzungskäufe handeln. Diese können bei einem Lieferanten getätigt werden oder werden von mehreren Lieferanten zusammengestellt. Der Systembindungseffekt bewirkt dabei, dass der Initialkauf systemtreue Folgekäufe festlegt. Dies impliziert naturgemäß erhebliche Risiken für den Nachfrager. Daraus resultiert auch ein Informationsdefizit, da das Angebot zukünftig zu beschaffender Systemkomponenten im Voraus notwendigerweise unbekannt ist. Systeme werden auch recht schnell komplex und intransparent, daher ist erstmalig oder laufend Anbieterhilfe erforderlich. Die Systembindung erfolgt auf Basis kompetenzerweckender Signale, die von Anbietern gezielt auszusenden sind. Den Vorteilen eines Systemwechsels stehen neben den Kosten der Anschaffung die untergehenden Kosten des alten Systems entgegen. Daher sind Nachfrager darauf angewiesen, dass das von ihnen gewählte System tatsächlich auf Markthöhe weiterentwickelt wird und der Anbieter weiterhin erfolgreich am Markt agiert. Dies ist durchaus nicht selbstverständlich.

Ansonsten kommen nur solche Systemkomponenten in Betracht, die zu bestehenden verträglich sind oder verträglich gemacht werden können. Nachfrager müssen zudem in der Lage sein, selbst zu beurteilen, welche Systemkomponenten in Kombination die individuell geforderte Leistung bestmöglich erbringen. Der Bedarf zur Problemlösung durch das System muss bekannt sein. Und es muss ein hoher Informationsstand nicht nur über die erforderlichen Systemkomponenten, sondern auch über deren jeweilige Anbieter beim Nachfrager vorhanden sein. Schließlich muss die Bereitschaft gegeben sein, die Konsequenzen einer posthum sich ergebenden Fehlentscheidung zu tragen. Dies ist vor allem ein Problem bei immer kürzeren, technisch verursachten Lebenszyklen mit selbst intern inkompatiblen Produktgenerationen.

Systemgeschäfte sind daher Vertrauenskäufe, bei denen in Ermangelung anderer Anhaltspunkte meist die Anbieterreputation als Indikator für die Möglichkeit einer längerfristigen Geschäftsbeziehung dient. Risikoreduktion wird daher allgemein durch Kompetenzkommunikation erreicht. Diese kann sich auf Methoden-, Fach- oder Sozialkompetenzen beziehen. Zur Bildung kundengewünschter Systemkonfigurationen (Systemarchitektur/Schnittstellenkonzept) ist die bewusste Gestaltung der Kundendienste hilfreich. Dadurch besteht ein enger Verbund zwischen einer langfristig wirkenden Architekturentscheidung (Systemphilosophie) und einer durch z.T. extrem kurze Lebenszyklen gekennzeichneten Systemkomponenten-Beschaffung.

Von externer Kompatibilität als offenes System spricht man, wenn die Möglichkeit der Verbindung mit Teilsystemen anderer Lieferanten besteht, dadurch wird einerseits die Abhängigkeit von einem Lieferanten reduziert und andererseits die Flexibilität im Systemdesign erhöht (z.B. Unix als plattformübergreifendes Betriebssystem). Interne Kompatibilität als geschlossenes System liegt hingegen vor, wenn keine Architekturschnittstellen nach außen bestehen. Dies bedingt ein hohes Risiko für Nachfrager und ist nur von großen Anbietern durchsetzbar (z.B. Apple). Der Systemträger versucht meist, durch ein breites Produktprogramm sämtliche für die Systemrealisierung benötigten Komponenten und Teilsysteme anzubieten, ggfs. über OEM-Lieferanten.

Man unterscheidet (horizontale) Erweiterungssysteme und (vertikale) Verkettungssysteme. Erstere sind als Stand alone-Systeme möglich, die erweiterungsfähig sind (eindeutige Schnittstellendefinition), aber auch unvernetzt genutzt werden können (z.B. PC-Arbeitsplatz), oder als Kritische Masse-Systeme, die zusätzlich einer gewissen Mindestverbreitung gegenwärtiger oder zukünftig absehbarer Anwender bedürfen (z.B. Bildtelefon). Letztere erlauben die Verkettung eigenständig konzipierter Teilkonzepte durch eine flexible Systemarchitektur über Schnittstellenanpassung.

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Wichtige Vermarktungsziele sind der Aufbau von Reputation in die zukünftige Leistungsfähigkeit des Anbieters, die Umsetzung von Kundenbindung, um von systemtreuen Käufen tatsächlich zu profitieren und das richtige Timing, um schnell den Markt zu durchdringen und das eigene System womöglich zum Standard zu erheben (evtl. selbst bei technischer Unterlegenheit). Entscheidend ist dafür die Gestaltung der Schnittstellen als Übergangspunkte zwischen den Teilsystemen/Komponenten. Die Standardisierung von Schnittstellen fördert zwar die Marktdurchdringung des Systems, züchtet aber zugleich auch Wettbewerb et vice versa. Weiterhin hängt der Erfolg von Art und Ausmaß begleitender Dienstleistungen ab, die Hilfestellungen für die Implementierung bieten. Hinzu kommt die Integration der Abnehmer in den Systementwicklungs- bzw. -weiterentwicklungsprozess (Customer integration). Lead user zeichnen sich dabei durch Bedürfnisse aus, die beispielhaft für zukünftige Markttrends sind.

Das Anlagengeschäft befasst sich mit einem Leistungsangebot, das ein durch die Vermarktungsfähigkeit abgegrenztes, von einem oder mehreren Anbietern in einem geschlossenen Angebot erstelltes, kundenindividuelles Hardware- oder Hardware-Software-Bündel zur Fertigung weiterer Güter darstellt. Es wird meist in Einzel- oder Kleinserienfertigung hergestellt und überwiegend erst beim Abnehmer montiert. Insofern handelt es sich um komplexe Projekte. Die Spezifikation wird vor dem Kaufentscheid festgelegt, die Kaufentscheid fällt projektspezifisch, die Realisierung erstreckt sich dann meist über einen längeren Zeitraum (keine Leistungsvernetzung wie bei Systemen).

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Art und Umfang der Leistungsmerkmale werden erst im Akquisitionsprozess kundenindividuell festgelegt. Damit erfolgt die Vermarktung bereits vor der Herstellung, es werden also eigentlich Leistungsversprechen angeboten. Anlagen repräsentieren einen absolut oder relativ zum Geschäftsvolumen hohen Wert beim Auftraggeber und implizieren damit auch ein großes Risiko. Insofern sind Referenzen und Garantien von hoher Bedeutung. Durch eine überschaubare Anzahl von Anbietern und Nachfragern sind auch die Ländergrenzen überschreitende Leistungserstellungen die Regel, dies impliziert eine Internationalisierung. Durch lange Nutzungszyklen und wenige Abnehmer schwanken die Auftragseingänge stark, was zu Kapazitätsauslastungsproblemen führt. Es werden also jeweils Einzelaufträge akquiriert, die diskontinuierlich eingehen, dann aber über lange Zeit Beschäftigung sichern. Es sind zumeist keine Einzelanbieter, sondern Anbietergemeinschaften tätig, weil die Kapazität eines einzelnen Anbieters nicht zur Leistungserstellung ausreicht und das Leistungsbündel die Zusammenarbeit verschiedener Spezialisten erfordert. Es liegen lange Zeiträume zwischen Angebotsabgabe, Auftragsvergabe und Projektabschluss. Wegen des hohen Auftragswerts kommt der Absatzfinanzierung (Financial engineering) hohe Bedeutung zu. Die Komplexität der Anlagen erfordert oft produktbegleitende Services wie Personalschulung, Wartung etc. durch den Ersteller. Erkenntnisse, die erst im Verlauf der Realisierung gesammelt werden, zwingen zur individuellen Anpassung der Ausführung an die jeweiligen Bedingungen (Taylormade). Es besteht meist ein Know how-Gefälle zwischen Lieferant und Abnehmer, das die Einschaltung von Beratern erforderlich macht.

Empfehlenswert ist für die Erfassung des Anlagengeschäfts ein phasenspezifisches Vorgehen wie folgt. In der Voranfragephase können eingehende Anfragen nur passiv entgegengenommen werden oder Akquisitionen aktiv angegangen werden. Dabei spricht der Bindungseffekt (Creeping commitment) mit fortschreitender Festlegung von Entscheidungsalternativen im Zeitablauf für ein proaktives Vorgehen. Bei behördlichen Aufträgen sind formalisierte Vergabeverfahren für gewöhnlich vorgeschrieben (Ausschreibung). Grundlage ist ein detailliertes Leistungsverzeichnis ohne Nachverhandlungsmöglichkeit. Nur ausnahmsweise ist eine freihändige Vergabe möglich. Auf Wunsch von Nachfragern ist oft eine finanzielle Sicherheit zu hinterlegen (Bietungsgarantie), die verhindern soll, dass ein Bieter sein Angebot nach Erhalt des Zuschlags zurückzieht. Der positive Gewährleistungsnachweis stellt sicher, dass die angebotene Anlage auch tatsächlich die vertraglich geforderte Leistung erbringt. Hinzu kommt eine Präqualifikation über Referenzen aus bereits erfolgreich abgewickelten vergleichbaren früheren Projekten des Anbieters zur Risikoreduktion. Gelegentlich wird auch eine grob strukturierte, technisch-ökonomische Vorstudie zur Problemlösung eingefordert. Die Anfrage soll im übrigen eine möglichst genaue Beschreibung der Art der geplanten Anlage geben.

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In der Angebotserstellungsphase werden bei der Anfragenanalyse/-selektion zumeist Punktbewertungsverfahren eingesetzt, die allerdings notwendigerweise subjektiven Verzerrungen unterliegen. Meist stellt sich zudem die Wahl einer Anbietergemeinschaft nach Partner und Rechtsform. Beim Konsortium schließen sich mehrere, selbstständige Unternehmen gleicher oder komplementärer Arbeitsgebiete projektbezogen zusammen, um gemeinsam die Kapazitäten für die Bewältigung eines Großauftrags bereitzustellen, der für jedes von ihnen allein nicht realisierbar oder nicht opportun ist. Beim offenen Konsortium treten die Konsorten gemeinsam gegenüber Kunden auf (oft mit einem Konsortialführer). Die Haftung nach außen ist gesamtschuldnerisch, nach innen nur anteilig. Beim stillen Konsortium tritt ein Partner als Generalunternehmer auf. Nur er tritt mit dem Abnehmer in Vertragsbeziehungen. Zwischen den Sublieferanten und dem Abnehmer bestehen hingegen keine Vertragsverhältnisse. Der Generalunternehmer haftet nach außen gesamtschuldnerisch, nach innen kommt es auf die jeweilige Vertragsgestaltung an. Die Bestimmung des Angebotspreises ist wegen der Einzelfallcharakteristik problematisch. Außerdem sind sowohl die Preissicherung wegen des langen Zeitraums zwischen Anbahnung und Abschluss des Projekts als auch die Zahlungssicherung über die Vertragslaufzeit erforderlich. Dazu gehört auch die Ausarbeitung eines maßgeschneiderten Finanzierungskonzepts, evtl. incl. Exportkreditversicherung. Unter Financial engineering versteht man dabei die Planung, und Ausarbeitung von maßgeschneiderten Finanzierungskonzepten durch Erschließung und Kombination aller zweckadäquaten Finanzierungsalternativen als Grundvoraussetzung für die Durchführung komplexer Anlagenprojekte. Dadurch können trotz zunehmender sachlicher Austauschbarkeit von Angeboten noch komparative Konkurrenzvorteile erlangt werden. Dies ist daher oft Voraussetzung für eine Beauftragung. Üblich sind auch A conto-Zahlungen nach Projektfortschritt.

In der Kundenverhandlungsphase erfolgt die technische Leistungsmodifikation. Nach der Korrespondenzhypothese laufen diese um so erfolgversprechender ab, je stärker die Übereinstimmungen zwischen den beiden Verhandlungsseiten sind, vor allem in Bezug auf Funktions-, Hierarchie- und Entscheidungsstrukturen, Anspruchsniveau und Interaktionsmuster. Vorläufiges Ergebnis ist dann ein Letter of intend als informelle gegenseitige Verpflichtungserklärung. Dafür werden konkrete Angaben über gewünschte Kapazitätsauslegung, erwartete Durchsatzmengen, geplanten Rohstoffeinsatz, verfügbares Personal und Produktanforderungen diskutiert. Dazu gehören auch Angaben über die Integrationsmöglichkeit bzw. -notwendigkeit mit anderen Anlagen des Betreibers, Vorstellungen über externe Restriktionen rechtlicher, ökologischer, politischer Art sowie Lieferzeitvorstellungen, Garantiewünsche und abzutretende Eigenleistungen des Nachfragers. Auch werden Vertragsstrafen, Leistungen Dritter, Finanzierungsgrenzen und allgemeine Geschäftsbedingungen festgezurrt. Weiterhin empfehlen sich Schiedsgerichtsvereinbarungen für Rechtsstreitigkeiten.

Die Abwicklungs- und Gewährleistungsphase betrifft die Durchführung als Erledigung des Auftrags. Dazu gehören die Elemente derAuftragserstellung, -übermittlung und -erteilung sowie Informationen, Liefermodalitäten, Kundenbonitätsprüfung, Bestandsdisposition, Produktionsplanung, Versandpapiere, Kommissionierung, Transportmittelwahl, Fakturierung und ähnliches „Paperwork“. Eine hohe Kundenzufriedenheit ist wichtige Voraussetzung für die Wahl als Referenzanlage für die Akquisition weiterer Aufträge bei anderen Nachfragern. Dafür ist ggfs. ein hohes Maß an Kulanz erforderlich. Die Referenz kann sich auf die Abwicklung komplexer Großprojekte beziehen, auf einzelne Anlagenteile, auf Kenntnisse und Fertigkeiten oder auf eine gegebene Koalition. Bei Pilotanlagen werden oft vergünstigte Konditionen eingeräumt, wenn diese danach zu Demonstrationszwecken zur Verfügung steht (Beta user). Dadurch kann wiederum eine Risikoreduktion erreicht werden.

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Das Produktgeschäft umfasst alle Gebrauchsgüter und damit verknüpften Dienste, die von Unternehmen/Organisationen für Zwecke der Fremdbedarfsdeckung beschafft und eingesetzt werden, sofern sie nicht Anlagen- und nicht Systemgüter sind. Typisch ist die Produktion für einen anonymen Markt, also Sorten-, Serien- oder Massenfertigung, in größerer Stückzahl vorgefertigt und über einen längeren Zeitraum hinweg isoliert eingesetzt. Abnehmer sind investive Verwender, daher sind sie oft in Rahmenverträge eingebunden. Der Absatz erfolgt meist über den Produktionsverbindungshandel, und die konjunkturellen Amplituden sind eingeschränkt. Zwischen Kaufentscheid/Bestellvorgang und Einsatz des Produkts liegt nur eine kurze Zeitspanne. Erfahrungen aus getätigten Käufen können daher ohne größeren Zeitverzug in späteren Käufen berücksichtigt werden und führen zur Festigung der Geschäftsbeziehung (Stay) oder zum Anbieterwechsel (Exit). Insofern ist eine hohe Ähnlichkeit zum Konsumtivgütergeschäft vorhanden. Das Produktgeschäft erfolgt zur Erstausrüstung (Original equipment manufacturing), zur Nachrüstung (auch durch No name-Anbieter/Pirate parts) oder als Ersatzteil (Identteil). Bei standardisierten Produkten ist notgedrungen der Preis zentral für den Kaufentscheid.

Produkte sind entweder Teile oder Aggregate. Teile werden als Fertigprodukte im Produktionsprozess des Abnehmers ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung unter Wahrung ihrer Identität in andere Produkte eingebaut bzw. zu Fertigprodukten zusammengefügt. Sie werden nicht isoliert verkauft (wie Handelswaren/Halbfabrikate, die im Produktionsprozess Veränderungen unterliegen), jedoch werden verschiedene Elemente zu einem größeren Ganzen als Bauteil (z.B. Mikroprozessor) oder Komponente (z.B. ABS-Einheit) zusammengefügt. Teile sind überschaubar komplex, wenig serviceverbunden, vergleichsweise homogen, sie bedienen vorstrukturierte Bedarfe und treffen auf ein hohes Know-how auf Nachfragerseite, das auch die Gefahr des Know-how-Abflusses impliziert. Für Teile ist ihre Integralqualität bedeutsam, d.h., das Erzeugnis eines Anbieters muss sich in das Endprodukt und den Produktionsprozess eines Abnehmers im Hinblick auf Produkteigenschaften, Lebensdauer, Verfügbarkeit etc. möglichst gut einfügen. Insofern kommt es zur Lieferantenintegration in die Abnehmerstruktur.

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Aggregate sind allein funktionsfähig und erfüllen als Einzelaggregate genau abgegrenzte Funktionen in Geschäftsbetrieb des Abnehmers, ohne dass ihre Integration in größere Systeme gegeben ist (z.B. Fotokopierer). Es handelt sich demnach um mehr oder minder komplexe, isoliert einsetzbare, bestimmte Teilfunktionen erfüllende Betriebsmittel, die nicht nur selbstständig vermarktet, sondern auch mit anderen zu komplexen Verbünden zusammengefügt werden können. Was ein Teil und was ein Aggregat ist, bestimmt sich also nicht vom Produkt her, sondern von der Vermarktung. Sie werden oft in größerer Stückzahl beschafft (Unterschied zum Systemkauf), sind in hohem Maße standardisiert und technisch komplex. Bedeutsam sind hier vor allem Ersatzteillieferungen, Wartungs- und Reparaturleistungen sowie die technische Weiterentwicklung. Aggregate werden für einen mehr oder minder anonymen Markt entwickelt, vorgefertigt und unter Einsatz der üblichen Marketinginstrumente abgesetzt.

Das Energiegeschäft hat gleichermaßen Produkt- wie Dienstleistungscharakter. Es bedingt kapitalintensive Distributionsprozesse. Die Energienachfrage ist eine abgeleitete, woraus erhebliche Auslastungsschwankungen resultieren. die Verwendung von Rohstoffen für die Energieumwandlung ist von externen Restriktionen wie Umweltschutz abhängig. Die Substitutionskonkurrenz verschiedener Energien ist begrenzt. Die Energie wird oft durch ihre Verbraucher selbst erzeugt. Die Energieerzeugung ist durch Kuppelproduktion gekennzeichnet. Die Kapazität ist starr, nach oben nur mittelfristig anpassbar, nach unten nur unter Hinnahme von Leerkosten. Der Energiemarkt ist, vor allem im Rahmen leitungsgebundener Energie, vielfältig reglementiert bzw. gesetzlich restringiert und wegen der Erschöpfbarkeit der Ressourcen als einer der wenigen durch De-Marketing gekennzeichnet. Energie kann sowohl auf den Vorstufen der Primär- und Sekundärenergieträger vermarktet werden, dann handelt es sich um Rohstoffgeschäft, als auch als Endenergieträger in unmittelbar verwendungsfähigem Zustand. Als Nachfrager treten neben gewerblichen auch private Abnehmer auf. Als Anbieter treten vertikal integrierte Großkonzerne auf, die flächendeckend ubiquitär agieren und hohe Markteintrittsschranken repräsentieren. Die Tarifbedingungen sind weitgehend standardisiert, mit Sonderabnehmern aber mehr oder minder frei aushandelbar.

Das Immobiliengeschäft weist als Besonderheiten die Standortgebundenheit, die Heterogenität des Markts, die Dauerhaftigkeit der Objekte, die Anonymität der Geschäftsbeziehung, den Projektcharakter, den hohen Beratungsbedarf, die hohen Investitionsvolumina, die erheblichen Transaktionskosten, die beschränkte Teilbarkeit und Substituierbarkeit, die geringe Markttransparenz, die Abhängigkeit von anderen Märkten und die geringe Anpassungselastizität an Marktveränderungen auf. Die Projektentwicklung betrifft die Phase vor der „Produktion“, das Projektmanagement die Phase der Produktion und das Objektmanagement die Phase nach der Produktion. Man unterscheidet Vermietungs- und Verkaufsmarketing, in der Makelung auch Einkaufsmarketing.

9.3 Das Dienstleistungsmarketing

9.3.1 Begriffsbestimmungen

Es ist schwierig, eine positive Abgrenzung des Objektsbereichs des Dienstleistungsmarketing vorzunehmen. Genau betrachtet, gibt es derzeit keine schlüssige Definition, wohl aber unterschiedlichste Ansätze.

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Am Einfachsten geht der deskriptive Ansatz vor, der Dienstleistungen negativ als all jene Produktion definiert, die nicht agrarisch oder industriell erstellt wird. Abgesehen davon, dass Definitionen sinnvollerweise keine Inversion erlauben, stimmt diese Begriffsbestimmung auch nicht. Denn Dienstleistungen sind betriebswirtschaftlich zu großen Teilen kein gleichberechtigter, tertiärer Sektor neben Agrarwirtschaft und Industrie, sondern vielmehr Teile dieser Sektoren, also agrar- oder industrieprodukt-verbundene Leistungen. Dies bedeutet zugleich, dass im primären und sekundären gesamtwirtschaftlichen Sektor tatsächlich ein hoher Anteil von Dienstleistungen gegeben ist. Insofern gibt es neben der „reinen“ Sachleistung und der „reinen“ Dienstleistung noch Mischformen sachleistungsproduktverbundener „sekundärer“ Dienstleistungen und dienstleistungsbegleitender Sachleistungen.

Ein anderer Ansatz geht von einer enumerativen Beispielaufzählung aller Wirtschaftsbereiche aus, in denen Dienstleistungen stattfinden sollen. Dieser tertiäre Sektor macht in Deutschland aktuell ca. 65 % der Bruttowertschöpfung aus, dort sind 68 % aller Erwerbstätigen beschäftigt. Das ist zwar beachtlich, im internationalen Vergleich aber nicht führend. Allerdings gibt es große Abweichungen in der Erfassung von Dienstleistungen in den verschiedenen Sektoren. So schätzt man, dass die Hälfte des der Industrieproduktion zugeschriebenen Bruttoinlandsprodukts tatsächlich durch industrielle Dienstleistungen zustande kommt. Solche internen, nicht marktwirksamen Dienstleistungen werden nur dann zutreffend erfasst, wenn sie institutionell verselbstständigt angeboten werden. Auch alle marktwirksamen, sekundären Dienstleistungen (Kundendienste) werden nur unter dieser Voraussetzung richtig erfasst.

Insofern ergibt sich eine erste Unterscheidung:

• Primärdienstleistungen sind selbstständige Absatzobjekte und von materiellen Produkten unabhängig. Sekundärdienstleistungen sind unselbstständiger (produktverbundener) Bestandteil eines Systems/Leistungsbündels aus Sach- und Dienstleistungen. Sie sind als Muss-, Soll- oder Kannleistungen darstellbar.

• Unechte Dienstleistungen können begleitende Sachleistungen dominieren bzw. ihrerseits dominante Sachleistungen begleiten, jeweils als gemischte Sachleistung. Echte Dienstleistungen sind gänzlich eigenständig (sachleistungslos/Professional services).

• Dienstleistungen können konsumtiver Natur (im Privatbereich) oder industrieller Natur (im Geschäftsbereich) sein. Dabei ist nicht die Art der Dienstleistung, sondern der Markt, auf dem sie angeboten wird, für die Zuordnung entscheidend.

Analytischer Definitionsansätze gehen von spezifischen Merkmalen von Dienstleistungen aus. So ist typisch, dass Dienstleistungen immer aus der raum-zeitsynchronen Interaktion zwischen Anbieter und Abnehmer entstehen. Dazu bedarf es neben den internen Faktoren, die im Verfügungsbereich des Anbieters stehen, wie Personal, Sachmittel, des Externen Faktors, der nicht in seinem Verfügungsbereich steht wie Person oder Gegenstände des Kunden. Erst durch deren Interaktion wird aus Arbeit Dienstleistung. Insofern werden Dienstleistungen zwar ebenso produziert wie Sachleistungen, nämlich durch Kombination der Produktionsfaktoren, nur dass diese hier in zwei Bereiche unterteilt sind, die interne Vorkombination von Faktoren und die absatzwirksame Endkombination unter Einschluss des Externen Faktors. Dies schließt allerdings alle Dienstleistungen aus, die ohne raum-zeitliche Synchronität entstehen sowie alle, bei denen es nicht auf den Prozess an sich, sondern lediglich auf das Ergebnis des Prozesses ankommt. Weiterhin erfolgt auch jede Sachleistungsproduktion in Prozessen, sodass dies zur Definition noch nicht ausreicht. Jedoch ist das Element des Externen Faktors unstreitig ein wichtiger Definitionsbestandteil.

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Ein anderer Merkmalsansatz geht davon aus, dass Dienstleistungen Verrichtungen gegen Entgelt sind. Dies schließt alle unentgeltlichen Dienstleistungen, etwa Haushaltsarbeit, als Dienstleistung aus. (Fremde) Dienstleistungen sind danach nicht von Sachleistungen abzugrenzen, sondern von Eigenleistungen. Insofern kommt es nicht auf die Art der Tätigkeit an, sondern darauf, ob sie vom Nachfrager selbst durchgeführt (Make) oder zugekauft wird (Buy). Dies ist aber insoweit gewöhnungsbedürftig, als Leistungen, die nach allgemeinem Sprachgebrauch als Sachleistungen aufgefasst werden, etwa der Bau eines Wohnhauses, danach als Dienstleistungen aufzufassen sind (weil fremderstellt), hingegen Leistungen, die typischerweise als Dienstleistungen aufgefasst werden, etwa die ehrenamtliche Alten-/Kinder-/Krankenpflege, danach tatsächlich keine sind (weil selbsterbracht). Dies scheint, jenseits aller definitorischen Details, wenig praktikabel. Zumal Dienstleistungen oft auch ohne, zumindest offensichtliche, Tätigkeiten gegeben sind, etwa als Wach- oder Notdienste. Umgekehrt ist nicht jede Verrichtung honorierungsfähig, etwa dann nicht, wenn sie erfolgsabhängig erfolgt (z.B. Makelung).

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Dann gibt es die ergebnisorientierte Definition. Danach sind als Dienstleistungen nicht schon die Prozesse selbst, sondern erst die vermarktungsfähigen Ergebnisse dieser Prozesse anzusehen. Dies schließt allerdings ungerechtfertigt alle nicht vermarkteten Ergebnisse, etwa die „gute“ Erziehung von Kindern, ebenso aus wie reine Prozessleistungen, die ergebnisunabhängig erfolgen wie kollektive Dienste mit Kontrahierungszwang. Zumal ein und dieselbe Dienstleistung durchaus sowohl unter Ergebnisaspekten als auch Prozessaspekten betrachtet werden kann, etwa im Restaurant Sättigung erreichen vs. Genuss erleben. Ebenso schulden Dienstverträge, die allgemein als auf Dienstleistungen bezogen aufgefasst werden, keine Erfolge, sondern Prozesse, etwa die Vorbereitung auf die Führerscheinprüfung für den Fahrschüler, nicht das Bestehen dieser Prüfung selbst. Letztlich kommt es aber auf die zweckmäßige Definition des Begriffs Ergebnis an, denn Ergebnis können auch ordnungsgemäß durchgeführte Prozesse sein, zumal diese bei Nichteinhaltung nach allgemeiner Auffassung auch eingeklagt werden können. Das Ergebnis kann aber durchaus auch negativ formuliert sein, etwa als Verhinderung von Einbruch. Jedoch zielen auch Sachleistungsprozesse zweifelsfrei auf Ergebnisse ab, sodass diese Abgrenzung wiederum allein nicht ausreicht.

Daher kommt es nach der potenzialorientierten Definition nicht auf das Leistungsergebnis, sondern vielmehr auf das bereitgestellte Leistungspotenzial an, das bei Bedarf abgerufen werden kann. Die bloße Vorhaltung von Leistungsbereitschaft reicht aber wiederum nicht aus, wenn es sich um Werk- oder Werklieferungsverträge handelt. Dann ist auch die vertragsgemäße, „ordentliche“ Durchführung der Leistungsprozesse erforderlich. Letztlich kommt es auch hierbei auf die zweckmäßige Definition des Begriffs Potenzial an, denn das Potenzial muss leistungsfähig einsatzbereit und nicht nur einfach vorhanden sein. Dann ist eine ergebnis- oder prozessorientierte Definition aber ausreichend. Ebenso sind alle Dienstleistungen ausgeschlossen, die nur oder weit überwiegend erfolgsabhängig vermarktet werden wie z.B. Vermögensverwaltung. Zudem werden solche Potenziale auch bei der Produktion von Sachleistungen vorgehalten, z.B. in Form bevorrateter Rohstoffe, Arbeitsmittel, ohne dass diese dadurch Dienstleistungen würden.

Insofern vermag keiner dieser Definitionsansätze allein zu überzeugen. Vielmehr muss eine Kombination dieser Merkmale angestrebt werden. Dienstleistungen vollziehen sich also durch Bereitstellung und/oder Aktivierung von Leistungen an einem Diensteobjekt (Sache oder Person) und wirken dort als nutzenstiftender Prozess ein, indem sie gewollte Wirkungen durch Veränderung oder Erhaltung von Zuständen erreichen. Oder etwas enger: Dienstleistungen sind entgeltliche oder unentgeltliche Verrichtungen (Interaktionen) eines Anbieters am Externen Faktor (Kunde oder Kundenobjekt), um daran selbstständig oder sachleistungsverbunden von diesem gewünschte Ergebnisse (Bewahrung oder Veränderungen) zu erzielen.

9.3.2 Kennzeichen

Diese Kennzeichen konstituieren die behaupteten Besonderheiten von Dienstleistungen gegenüber Sachleistungen und beziehen sich auf deren Intangibilität, Individualität und Integration des externen Faktors.

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Das Merkmal der Intangibilität ergibt sich aus der Nichtfassbarkeit (Immaterialität) von Dienstleistungen. Dies erschwert die Realisierung von Erlösen am Markt, denn vergütet wird nur, was wahrnehmbar ist. Daher bedarf es meist der Tangibilisierung von Dienstleistungen zu ihrer Honorierbarkeit. Dafür gibt es mehrere Ansatzpunkte, so die physische Präsenz der Leistungsumgebung, die Arbeitsmittel im Verfügungsbereich des Dienstleisters oder die Kennzeichnung der Leistungsobjekte (intern oder extern) sowie der Dienstleistungssubjekte (intern oder extern). Die Tangibilisierung erfolgt durch unterschiedlichste Formen physischer „Placebos“. Bei Leistungen, bei denen dies nicht möglich ist, ist zu prüfen, ob sie wirklich notwendig sind, denn sie mindern die Wertschöpfung, wenn man einmal davon ausgeht, dass Kunden nur für das zu zahlen bereit sind, was sie wahrnehmen. Häufig ist es selbst dann schwierig, die Leistung zutreffend einzuschätzen, da es sich weitgehend um Vertrauenseigenschaften handelt, also solche, die erst im Nachhinein beurteilt werden können. Denn bei Dienstleistungen geschieht der Verkauf/Kauf zeitlich vor der Produktion/Endkombination, bei Sachleistungen jedoch regelmäßig erst danach.

Die Intangibilität hat zwei konkrete Konsequenzen, zum einen die Nichtlagerfähigkeit und zum anderen die Nichttransportfähigkeit von Dienstleistungen. Durch den zeitlichen Zusammenfall von endgültiger Angebotsproduktion und Nachfragekonsumtion sind Dienstleistungen in ihrem Arbeitsanfall fremdbestimmt. Deshalb muss bei schwankender Nachfrage stets eine hohe Leistungsbereitschaft vorgehalten werden, um Dienste in vertretbarer Frist auf hohem Niveau anbieten zu können. Daraus ergibt sich eine starke Fixkostenbelastung. Dem kann nur durch hohe sachliche, räumliche, zeitliche und personelle Flexibilität entgegengewirkt werden, die jedoch angesichts menschlicher Arbeitsleistung durch vielfältige Restriktionen sozialpolitisch beschnitten ist. Insofern ist eine schwierige Gratwanderung erforderlich. Daher wird zunehmend versucht, anstelle der Leistungsbereitstellung, also der Angebotskomponente, die Leistungsinanspruchnahme, also die Nachfragekomponente, zu steuern. Es handelt sich dann um das Yield management als preisgesteuerter Nachfragelenkung und Sonderform der (variablen) zeitlichen Preisdifferenzierung. Voraussetzungen sind dabei, dass ein Abschluss schon vor Inanspruchnahme der Dienstleistung möglich ist, die Vorkombination als Potenzialbereitstellung also bereits erfolgt ist. Dies ist nur bei fungiblen Diensten der Fall, die durch Leistungsversprechen verbrieft sind, oder potenzialdominierten Leistungen. Die Nachfrage muss auf Entgeltveränderungen elastisch reagieren. Und Datenverarbeitungsunterstützung muss die komplexe Informationslage richtig auswerten. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der Veredelung von Dienstleistungen. Dies erfolgt entweder durch Speicherung der Leistung auf Datenträger. Dadurch wird die Nichtlagerfähigkeit überwunden, damit verliert die Leistung aber zugleich auch ein konstitutives Kennzeichnung von Services und wird womöglich zur Sachleistung. Das gleiche gilt für die Übertragung in Datenleitungen. Dadurch wird die Nichttransportfähigkeit überwunden.

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Während die Vorkombination der internen Faktoren noch an beliebigem Ort stattfinden kann, ist die Endkombination mit dem Externen Faktor an dessen physische Präsenz gebunden. Nur wo Kundenbedürfnis und Leistungsangebot zeitlich und räumlich zusammentreffen, entsteht Umsatz. Durch das starre Angebot sind Nachfrager aber darin unsicher, ob sie anlässlich ihrer individuell gewünschten Endkombination zum Zuge kommen oder der Kapazitätsrestriktion des Angebots zum Opfer fallen. Umgekehrt ist der Anbieter unsicher darin, wie er seine Kapazität steuern soll. Abhilfe für beide Seiten schaffen hier Anrechtsbelege. Nachfrager können sicher sein, dass ihr Begehren auf Leistungsabnahme innerhalb der Kapazitätsrestriktion des Anbieters liegt, sie also in den Genuss der gewünschten Dienstleistung kommen. Anbieter können sicher kalkulieren, auf welches Ausmaß an Nachfrage sie sich einzustellen haben. Ist absehbar, dass die Leistungskapazität von der Nachfrage nicht ausgeschöpft wird, kann versucht werden, die Nachfrage zu stimulieren, z.B. über Preisnachlass, Werbung, oder die Kapazität begrenzt werden, um Kosten bei der Vorkombination einzusparen. Unterbleibt die Endkombination ganz, gehen auch die Kosten der Vorkombination unter. Wird die für die Endkombination bereitgestellte Leistungskapazität von der Nachfrage überausgeschöpft, kann versucht werden, Nachfrage zu verdrängen, z.B. über Aufpreis (Peak load pricing) oder die Kapazität zumindest kurzfristig zu erhöhen. Glauben Nachfrager, dass die Kapazität unausgeschöpft bleibt, spekulieren sie darauf, preisgünstiger in den Genuss des Angebots zu kommen, glauben sie hingegen, dass die Kapazität überausgeschöpft wird, werden sie ihre Anstrengungen, in den Besitz von Anrechtsbelegen zu kommen, verstärken. Anrechtsbelege müssen eine feste Zusage für die Leistungserstellung in der Endkombination verbriefen, sie sind handelbar, es sei denn, sie sind an eine bestimmte Person gebunden, und unterliegen Wertschwankungen als eine Form des Wertpapiers. Evtl. können sie zurückgegeben oder gegen ein anderes Anrecht getauscht werden. Auch dadurch verlieren sie ihren Dienstleistungscharakter, nicht hingegen verliert die verbriefte Leistung ihren Dienstecharakter.

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Die Integration des externen Faktors ist erforderlich, weil dieser nur raum-zeitlich begrenzt in den Verfügungsbereich des Dienstleisters gelangt, um einen gewünschten Zustand zu erhalten oder wiederherzustellen, bestimmte Eigenschaften zu schaffen bzw. zu verändern oder Verrichtungen an ihm vorzunehmen. Der Externe Faktor ist vom Dienstleister leider nicht autonom disponierbar. Externer Faktor ist zumeist der Kunde als Person oder eine Sache in seinem Besitz/Eigentum. Daher ist im Dienstleistungsbereich eine markthonorierte Produktion ohne Kundenbeteiligung nicht möglich, im Unterschied zu Sachleistungen, die gänzlich ohne Kundenbeteiligung produziert werden können. Sachleistungen werden zuerst produziert, dann zwischengelagert und anschließend verkauft und ver-/gebraucht. Dienstleistungen hingegen werden zuerst verkauft und anschließend zeitgleich produziert und konsumiert. Dienste sind also personen- und kundenpräsenzgebunden, d.h., sie werden für und unter Beteiligung jedes Kunden erbracht. Der Kunde ist also Co-Produzent (Prosumer). Die Qualität der Dienstleistung hängt demnach auch von der Kooperationsfähigkeit und -willigkeit der Nachfrager ab, d.h., je besser diese Interaktion gelingt, desto höher wird die Qualität des Ergebnisses sein.

Wenn es gelingt, den Externen Faktor zu lagern bzw. zu transportieren, ist eine Leistungserstellung nach betriebsgesteuerten Maßgaben möglich. Dies ist jedoch abhängig von der Mobilität und der Zeitpräferenz der Kunden. Sind diese nicht gegeben, was häufig der Fall ist, bleibt nur eine Veredelung der Leistungen als Möglichkeit, wodurch diese ihren Dienstecharakter allerdings verlieren. Dafür wird eine gewisse Unabhängigkeit von der Nachfrage erreicht und damit wieder eine effiziente, gezielte Kapazitätsnutzung darstellbar.

Ein weiteres Kennzeichen von Dienstleistungen ist ihre Individualität, denn da sie immer unter Beteiligung von Kunden bzw. deren Objekten stattfinden, sind ist auch immer so individuell wie diese Kunden bzw. deren Objekte. Die jeweiligen Veränderungen bedingen eine entsprechende Vorbereitung (Rüstzeiten) und Durchführung (Maßschneiderung) der Dienstleistung (Customization of services), welche die Einhaltung hoher Effizienz in der Erstellung erschwert, z.B. durch Konzeptplanung, Mittelbereitstellung, Mitteleinstellung, Nachbereitung etc. Insofern ist ein Zielkonflikt zwischen der hohen Rentabilität eines standardisierten Leistungsangebots bei allerdings geringerer Akquisitionswirkung und der geringen Rentabilität eines individualisierten Angebots bei höherer Akquisitionswirkung gegeben. Dies ist durch zwei Strategien auflösbar, einerseits durch Weiterwälzung der entstehenden Kosten auf Kunden, was jedoch angesichts harter Wettbewerbsbedingungen zunehmend erschwert wird, und andererseits durch zumindest teilweise Standardisierung der Leistungserstellung (Industrialization of services).

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Erstens kann eine Standardisierung des (Sach- und Human-)Potenzials angestrebt werden. Die Standardisierung der Sachanlagen kommt durch strikte Eingangsprüfung eingesetzter Arbeitsmittel und Null-Fehler-Toleranz für Zulieferteile zustande. Die Standardisierung des Humankapitals erfolgt durch Auswahl und Bewertung bei der Mitarbeiterbeschaffung sowie durch Qualifizierung förderungswürdiger Mitarbeiter. Dennoch bleiben erhebliche Streuungen in der Leistungserstellung bestehen. Im übrigen kommt es auch weniger auf das Potenzial als vielmehr auf die tatsächliche Leistungserstellung an. Daher ist zweitens eine Standardisierung der Prozesse sinnvoll. Dies betrifft die Art und Weise der Leistungserstellung. Dazu ist eine Qualitätssteuerung, wie sie im Rahmen des Qualitätsmanagement angestrebt wird, hilfreich. Allerdings ist dabei die Balance zur Motivation als Leistungsanreiz der Mitarbeiter problematisch, denn oft sind motivierender Gestaltungsspielraum bei der Arbeit und strenge Vorgaben zur Reglementierung konfliktär. Drittens ist eine Standardisierung der Ergebnisse durchzuführen. Dabei wird anhand einer Checklist festgeschrieben, wie genau diejenige Leistung „auszusehen“ hat, die den vom Anbieter selbst gesetzten oder von Nachfragern vorgegebenen Standards genügt. Bei einer negativen Abweichung ist es allerdings im Einzelfall oftmals bereits zu spät, sodass Wiedergutmachung erforderlich wird. Ebenso stellt sich ein Problem in der operationalen Messung der Dienstleistungsqualität, denn dabei kommt es ausschließlich auf die Sicht des Nachfragers an. Gleichzeitig soll kostentreibende Überqualität vermieden werden, erst recht, wenn sie von Nachfragern nicht honoriert wird. Viertens kann auch eine Standardisierung des Externen Faktors angestrebt werden. Dies gelingt ansatzweise durch Normierung der Kundenerwartungen. Je feinteiliger Märkte segmentiert werden können, desto eher kommt es zu deren Homogenität. Wegen des Vertrauensgutcharakters von Dienstleistungen spielt dabei die Anbieterkommunikation eine große Rolle. Werden darin bestimmte Qualitätserlebnisse versprochen, so ist hochwahrscheinlich, dass auf diese Botschaft nur solche Personen reflektieren, die in ihren Qualitätserwartungen damit übereinstimmen, deren Qualitätserlebnis also Zufriedenheit evoziert. Allerdings wird damit auch das Marktpotenzial eingeengt, was wiederum Angebotsdifferenzierung bedingt, wobei die Gefahr der Kannibalisierung entsteht, wenn es nicht gelingt, die Segmente gegeneinander abzuschotten (Fencing). Und fünftens ist schließlich eine Standardisierung der situativen Faktoren denkbar, also vom Ort der Leistungserstellung, von der Zeit der Leistungserstellung und von den eingesetzten Arbeitsmitteln.

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Die funktionellen ktionsfelder des Marketing

10 Die funktionellen Aktionsfelder des Marketing

10.1 Das Handelsmarketing

10.1.1 Akteure im Wiederverkäufermarkt

Der Wiederverkäufermarkt ist der Markt für den Weiterverkauf von Ge- und Verbrauchs-, Produktions- und Investitionsgütern an Gewerbetreibende (Weiterverarbeiter, gewerbliche Endabnehmer, Händler) und private Verbraucher. Es handelt sich funktional um eine produktunverbundene Dienstleistung, die institutionell von Handelsbetrieben vorgenommen wird. Es handelt sich weiterhin um eine Mischung aus Warenprozess- und Dienstleistung, wobei der Dienstleistungsanteil teilweise kaum mehr wahrnehmbar ist, z.B. in Selbstbedienungsgeschäften. Von besonderer Bedeutung für die Leistungserstellung ist der Mensch als Dienstleister. Von ihm hängt der Aufbau eines akquisitorischen Potenzials entscheidend ab. Der Wiederverkäufermarkt ist durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet.

Der Wiederverkäufermarkt ist die Drehscheibe zwischen Herstellern als Vorverarbeitern und Abnehmern als Weiterverarbeitern oder Endabnehmern. Im Reinverkauf ergibt sich eine Bündelungswirkung, im Rausverkauf eine Dispersionswirkung. Absatzmittler übernehmen innerhalb der Vermarktung viele Funktionen. Da die Waren selbst meist unverändert bleiben, wurde allerdings die Produktivität des Handels früher in Zweifel gezogen.

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited, eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), und/oder ihr Netzwerk von Mitgliedsunter nehmen. Jedes dieser Mitglieds­unternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von Deloitte Touche Tohmatsu Limited und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns. © 2011 Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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Die funktionellen ktionsfelder des Marketing

Der Wiederverkäufer ist vom ihm zur Verfügung gestellten Warenangebot seiner Zulieferer abhängig, denn dieses bestimmt seine akquisitorische Wirkung in der Zielgruppe. Ist kein vorteilhaftes Angebot verfügbar, reagiert der Handel durch das Angebot eigener Waren (Handelsmarken). Es herrscht eine latente Konfliktsituation zwischen Hersteller- und Handelsstufe vor, beide verfolgen eigenständige Ziele, die untereinander in einer Vielzahl von Fällen konfliktär sind.

Der Wiederverkäufermarkt ist durch einen hohen Konzentrationsgrad gekennzeichnet. Die daraus resultierende Nachfragemacht nutzt der Handel zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen. Die Marktstruktur ist heterogen. Dies drückt sich durch verschiedene Betriebsformen, Marktarten, Geschäftsgrößen etc. aus, die in Betriebsformen des Handels zusammenzufassen versucht werden.

Es herrscht eine Orientierung am Preis als wesentlichem Konkurrenzparameter vor. Dies drückt sich durch vielfältige Sonderangebote aus, die wiederum günstige Einkaufskonditionen bedingen. Es ist ein Geschäftsstättenwettbewerb gegeben, d.h., die Markenpräferenz der Vorstufe wird in eine Absatzmittlerpräferenz umgewertet, bei der für jeden Händler der andere Händler um die Ecke der schärfste Wettbewerber ist. Die Warenumschlaggeschwindigkeit ist von großer Bedeutung für den Betriebserfolg. Sie bestimmt über Kapitalbindungskosten und Flächenproduktivität unmittelbar die Rentabilität des Betriebs.

Institutional lassen sich mehrere Handelsstufen unterscheiden. Vor allem der Einzelhandel als Handel mit Endabnehmern und der Großhandel als Handel mit Wiederverkäufern und Weiterverarbeitern bzw. Großabnehmern. Es können aber durchaus noch weitere Stufen im Absatzkanal einbezogen sein.

Funktional lassen sich mindestens vier Gruppen von Handelsaufgaben unterscheiden, solche der Raumüberbrückung, der Zeitüberbrückung, der Kundenakquisition und des Mengenausgleichs.

Raumüberbrückung bedeutet die Anpassung von Angebot und Nachfrage durch Transport. Der Handel gleicht den von der Erstellung räumlich abweichenden Bedarf aus, indem er Waren vom Ort der Herstellung an den Ort des Ge- oder Verbrauchs bzw. zumindest in dessen unmittelbare Nähe verbringt. Ohne den Handel ist eine flächendeckende, differenzierte Versorgung nur schwer vorstellbar.

Die Zeitüberbrückung bedeutet die Anpassung von Angebot und Nachfrage durch Lagerung und Vordisposition. Der Handel gleicht damit den von der Nachfrage zeitlich abweichenden Anfall von Angebot und allgemeine Nachfrageschwankungen, z.B. Saisons, durch eigene Vorratshaltung aus. Dabei achtet er darauf, eine kontinuierliche Versorgung mit einem für ihn repräsentativen Angebot zu ermöglichen, ohne dabei unnötig hohe Vorräte aufzubauen.

Die Kundenakquisition bedeutet die Absatzsteigerung der Waren des Herstellers. Dies erfolgt auf vielfältige Weise, so durch Kreditgewährung als Absatzfinanzierung des Handels, durch Nachfragegenerierung über Informationsabgabe in Medien (Händlereigenwerbung), durch Angebots- und Nachfrageermittlung bzw. -lenkung über Bedarfserfassung und -beeinflussung, durch Markterschließung für Hersteller beim Angebot von Neuprodukten, durch flexible Preisgestaltung, durch Veredelung der Waren im Angebotsumfeld (Erlebnishandel), durch Beratung beim Kaufentscheid sowie Service vorher und nachher, durch Kontakt und Absatzvollzug mit physischer Warenübergabe und Inkasso, durch Kundenpflege über Erzielung von Käuferzufriedenheit sowie durch die Vermittlung von Einkaufsbequemlichkeit und -schnelligkeit.

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Die funktionellen ktionsfelder des Marketing

Der Mengenausgleich bedeutet die Strukturierung des Bedarfs nach quantitativen Nachfragerwünschen. Dies erfolgt durch Aufsplittung großer angelieferter Lose in verbrauchsgerechte Teilmengen, durch Warenumgruppierung nach Handels- und Güteklassen, durch Preisanpassung nach Tragfähigkeit einzelner Waren im Rahmen des Sortimentsverbunds, durch Zusammenstellung von Einzelbedarfen zu rentablen Auftragslosen und durch Sortimentsgestaltung nach ausgedrückter oder vermuteter Bedarfsstruktur der Abnehmer.

10.1.2 Handelsbetriebsformen

Der Wiederverkäufermarkt ist äußerst heterogen strukturiert. Um dennoch etwas Übersicht zu gewinnen, hat man bereits früh begonnen, nach Klassifikationen zu suchen, die Einzelhandelsbetriebe typologisieren. Dabei handelt es sich gemeinhin um folgende:

• Die Sortimentsbreite gibt die Anzahl verschiedenartiger, additiver Artikel innerhalb des Handelsangebots wieder. Eine hohe Sortimentsbreite meint, dass der Handel viele verschiedenartige Warengruppen führt, und umgekehrt.

• Die Sortimentstiefe gibt die Anzahl gleichartiger, alternativer Artikel innerhalb des Handelsangebots wieder. Eine hohe Sortimentstiefe meint, dass der Handel viele verschiedene Varianten innerhalb einer Warengruppe führt, und umgekehrt.

• Das Sortimentsniveau gibt den allgemeinen Qualitätslevel wieder, auf dem das Warenangebot einzuordnen ist. Denkbar sind Abstufungen von anspruchslos über gediegen bis zu luxuriös, wobei die Spannbreite mehr oder minder groß sein kann.

• Der Sortimentsinhalt bezieht sich auf die wahrgenommene Artikelart, z.B. nach Kaufbedeutung, Warenselbstverkäuflichkeit, Entscheidungsbedeutung oder Kauffristigkeit. Dies hat entscheidende Konsequenzen für das Profilmarketing des Handels.

• Die Preisgestaltung bezieht sich auf die geforderte Gegenleistung der Abnehmer für das Warenangebot. Denkbar sind hier Abstufungen von aggressiv über konventionell bis zu elitär, wobei diese Preise durchgängig starr oder flexibel gehalten sein können.

• Die Standortwahl beschreibt die gewählte Geschäftslage. Bestimmend sind hier mikro- oder makroökonomische Kennzeichen, Erstere z.B. in Bezug auf Passantendichte, Publikumsverkehr, Letztere z.B. in Bezug auf Kaufkraft, Verkehrsanbindung, Strukturpolitik.

• Die Betriebsgröße ist ein häufig genanntes Kriterium. Problematisch ist dabei jedoch einerseits der anzulegende Maßstab (Umsatz, Fläche, Mitarbeiterzahl etc.), andererseits die Vermutung, dass diese eher Resultante des Betriebserfolgs denn Marketingaktionsparameter ist.

• Der Beeinflussungs-Mix umfasst das Profilmarketing des Handels, also Kommunikation, Konditionen und Service, die zur Kundengewinnung und -bindung eingesetzt werden. Da damit immer zugleich auch Kostenpositionen verbunden sind, kann eine durchaus abweichende Politik eingeschlagen werden.

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• Die Akquisitionsform meint den Warenübergang und die Bedienung. Dabei kann nach Hol- (z.B. Laden- und Lagergeschäft) oder Bringprinzip (z.B. Haustür- und Versandhandel) unterschieden werden, wobei diese wiederum primär entnahme- (z.B. Selbstbedienung und Medien) oder übergabeorientiert (z.B. Fremdbedienung und Vorwahl) sind.

• Das Abgabeprinzip betrifft in verschiedenen Abstufungen die Erhältlichkeit angebotener Waren. Dies kann von undifferenzierter Verfügbarkeit (z.B. Automatenverkauf) bis zu unterschiedlicher Privilegierung gehen (z.B. Mitarbeiter, Gewerbetreibende, Verbandsmitglieder).

• Der Verkaufspunkt meint die Standortfixierung des Betriebs. Denkbar sind immobile Verkaufspunkte (z.B. in Form von Ladengeschäften) oder mobile Verkaufspunkte, wobei diese regelmäßig wiederkehrend (z.B. Wochenmarkt), regelmäßig wechselnd (z.B. Verkaufswagen) oder unregelmäßig wechselnd sein können (z.B. Hausierhandel).

• Die Integration betrifft die wirtschaftliche Organisation des Betriebs. Denkbar sind Ausprägungen wie der klassische Einzelbetrieb, filialisierte Betriebe an dezentralen Standorten in Handelsketten oder agglomerierte Betriebe in Gemeinschaftsstandorten.

• Die Anbindung betrifft die rechtliche Eingliederung des Betriebs. Denkbar sind die Ausprägungen der Selbstständigkeit oder der Abhängigkeit. Letztere kann durch horizontale (z.B. Konzernbildung) oder vertikale Anbindung (z.B. Kontraktmarketing) verursacht sein.

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Die funktionellen ktionsfelder des Marketing

• Die Treueorientierung betrifft die Sortimentsausrichtung. Diese kann sich an gleichen Materialen, gleichem Wissen oder gleicher Problemlösung orientieren. Ziel ist die Realisierung von Synergieeffekten.

• Die Güterart schließlich setzt bei der Warentypologie an und charakterisiert die unterschiedlichen Sortimentsinhalte. Grundsätzlich ist hier die Trennung in Gebrauchs- (Hartwaren) und Verbrauchsgüter (Lebensmittel).

Die Betriebsformen des Einzelhandels sind häufig vorkommende Kombinationen dieser genannten Kriterien. Dementsprechend lassen sich verschiedene prototypische Einzelhandelsgeschäfte unterscheiden wie

• Fachgeschäft, Spezialgeschäft, Warenhaus, Kaufhaus, Gemischtwarenladen, Verbrauchermarkt, Supermarkt, SB-Geschäft, Discounter, Fachmarkt (als primäre Handelstypen),

• Einkaufszentrum, Ladenpassage/Mall (als sekundäre Handelsformen, die aus primären entstanden sind),

• Universalversandhandel, Fachversandhandel (in der Sonderform des Distanzprinzips über geprintete oder elektronische Medien),

• Vielfältige sonstige Absatzstellen für mobilen Handel, Vorzugshandel, Nebenverkauf, Automatenverkauf, Impulshandel, Katalogschauraum.

Analog lassen sich Betriebsformen des Großhandels bestimmen. Zu den Merkmalen gehören:

• Der Warenübergang. Er kann am Ort des Großhändlers (Residenzprinzip) oder des Abnehmers (Domizilprinzip) erfolgen. Dementsprechend handelt es sich um den Abhol-Großhandel (auch Cash&carry genannt) oder den Zustell-Großhandel (der den Regelfall darstellt).

• Die Logistikleistung. Sie kann die Warenprozessleistung beinhalten (also mit Warenlagerung und -transport) oder ausschließen. Dementsprechend handelt es sich um den Lager-Großhandel (der die Regel ist) oder den Strecken-Großhandel.

• Der Serviceumfang. Er kann die reine Warenverfügbarkeit betreffen oder darüber hinaus die Auffüllung, Pflege und Abrechnung der Platzierung. Man spricht in diesem Fall vom Service-Großhandel (Rack jobber).

• Die Sortimentsplanung. Sie kann Waren als durchgängiges Programm oder fallweise Posten vorsehen. Dementsprechend handelt es sich um den Sortiments-Großhandel (bei breitem Angebot) bzw. den Spezial-Großhandel (bei engem Angebot) einerseits oder den Posten-Großhandel (z.B. Havariewaren) andererseits.

• Die rechtliche Organisation. Sie kann einzelwirtschaftlich oder genossenschaftlich erfolgen. Dementsprechend handelt es sich um als Personen- oder Kapitalgesellschaften geführten Großhandel oder um Genossenschafts-Großhandel (vor allem im naturnahen Handel).

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• Die Ausrichtung am Markt. Sie kann am Warenaufkauf, also eher einkaufsorientiert, oder am Warenabsatz, also eher verkaufsorientiert, ausgelegt sein. Dementsprechend handelt es sich um Aufkauf-Großhandel oder Absatz-Großhandel.

• Die Warenart. Sie kann eher erzeugungsnah oder aber eher verbrauchsnah orientiert sein. Dementsprechend handelt es sich um naturnahen Großhandel oder konsumnahen Großhandel.

• Das Aktionsgebiet. Es kann sich auf den Inlandsmarkt beziehen oder auf Auslandsmärkte erstrecken. Dementsprechend handelt es sich um Binnen-Großhandel oder Außen-Großhandel.

• Die Kundenstruktur. Sie kann eher Wiederverkäufer und private Großabnehmer oder industrielle Weiterverarbeiter und gewerbliche Abnehmer vorsehen. Demnach handelt es sich um den klassischen Großhandel oder den Produktionsverbindungs- bzw. Handwerks-Großhandel.

Der Handel unterliegt im Zeitablauf zahlreichen Entwicklungen. Handelsbetriebe unterliegen damit einem Lebenszyklus ähnlich dem von Produkten oder Märkten, der von Entstehung und Aufstieg neuer Formen bis zu deren Reife und Assimilation geht. Neue Betriebsformen entstehen und alte verschwinden am Markt bzw. passen sich Wandlungen an. Dieses Phänomen wird als Dynamik der Betriebsformen bezeichnet. Moderne, leistungsfähige Betriebsformen setzen sich dabei gegen tradierte, überkommene durch und verdrängen diese. Dieser Wandel vollzieht sich vor allem in zwei Richtungen, einerseits als Erlebnishandel mit Leistungsdominanz durch Trading up, andererseits als Versorgungshandel mit Preisdominanz durch Trading down.

Trading up bedeutet Imagedominanz durch Verbesserung der betriebsindividuellen Leistungsstandards bei Sortiment, Personal, Ausstattung, Zusatzleistung etc. Dazu gehört die Betonung der Sortimentstiefe bei traditionell sortimentsbreiten Händlern und umgekehrt. Hinzu kommt die Aufnahme vorwiegend höherwertigerer Artikel, die zwar zur Einengung des Käuferpotenzials, aber zugleich zur Erhöhung des Einkaufswerts je Besuch führt. Es erfolgt die Eingliederung in horizontale und vertikale Kooperationen zur Nutzung betriebswirtschaftlicher Vorteile, die nicht immer ohne Weiteres von außen erkennbar ist. Ziel ist die Verbesserung der Angebotspräsentation, die Nutzung agglomerierter Standorte (z.B. Gemeinschaftswarenhaus, Ladenpassage), die Intensivierung der Kundenberatung, etwa durch Anwendung dominanter Fremdbedienung. Die Betonung liegt auf der Erlebniskomponente des Einkaufs. Dies führt zum Angebot beratungsintensiver Produkte mit hohem Nutzen. Qualität und Image werden zu Hauptargumenten im Verkauf. Die Vermittlung von Freude am Einkauf durch ein anregendes Verkaufsumfeld steht im Mittelpunkt. Die attraktive Präsentation der Artikel genießt Priorität.

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Trading down bedeutet demgegenüber Preisdominanz durch Senkung der Kosten und Spannen. Dazu gehört die kostengünstigere Standortwahl, die preisliche Zugeständnisse möglich werden lässt, die wiederum neue Käuferkreise ansprechen. Wiederum ist die Beteiligung an Kooperationen oder die Konzentration betriebswirtschaftlich vorteilhaft. Bei geringerer Sortimentsbreite bzw. -tiefe werden mit den verbleibenden Artikeln größere Absatzmengen und höhere Umschlaggeschwindigkeiten realisiert. Zugleich werden Servicekürzungen akzeptabel. Dies drückt sich in weniger Verkaufsberatern und Übergang zu dominanter Selbstbedienung aus, in schlichterer Warenpräsentation durch Einsparung an Dekoration, Medienwerbung und Ladenwerbemitteln. Daraus folgt ein Gefühl der Cleverness beim Einkauf auf Seiten der Kunden. Die Priorität liegt hier auf der schnellen und einfachen Versorgung beim Einkauf mit dem Preis als Hauptargument. Dies bedingt das Angebot problemloser, selbsterklärender Produkte. Betriebswirtschaftliche Kostenrechnung mit schnelldrehenden Artikeln, niedrigen Einstandspreisen und hoher Flächenausnutzung genießt Priorität.

Dies deutet auf eine Marktpolarisierung derart hin, dass der Betriebserfolg hoch ist, wenn entweder die Trading up- (Erlebnishandel) oder die Trading down-Position (Versorgungshandel) eingenommen wird, jedoch niedrig, wenn weder die eine (Präferenz-) noch die andere (Preis-Mengen-)Position erreicht werden kann. Diese Zwischen den Stühlen-Position bedeutet, dass ein Handelsbetrieb weder als hochwertig genug erlebt wird, als dass er zum Erlebnishandel gehörig eingestuft würde, noch als preisgünstig genug, als dass er mit dem Versorgungshandel mithalten könnte. Dieses Stuck in den middle (Porter) ist seit geraumer Zeit bei Warenhäusern zu erleben.

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Unter Regalplatz wird überbetrieblich die Summe aller Regalflächen zur Konfrontation prospektiver Kunden mit Ware zum Zwecke der Umsatzerzielung verstanden. Ohne diese abstrakte Regalfläche ist in den meisten Märkten für Hersteller kein durchschlagender Geschäftserfolg mehr möglich. Inhaber der Regalfläche ist der Handel. Dies verleiht ihm eine Nachfragemacht gegenüber Herstellern, die er zur Durchsetzung eigener Interessen nutzt.

Die Realität im Absatzkanal ist durch ausgeschöpfte Kapazitäten gekennzeichnet. Knappheitsfaktoren sind gleich mehrfache vorhanden:

• Im Konsumentenbereich resultiert eine zunehmende Bedürfnisdifferenzierung in der Proliferation der Anbieterprogramme und führt somit zu verstärkter Nachfrage nach Regalplatz. In einer pluralistischen Gesellschaft hat derjenige Anbieter die besten Chancen, zum Zuge zu kommen, dessen Angebot den geringsten wahrgenommenen Abstand zum Nachfragerbedürfnis aufweist. Wandlungen im Einkaufsverhalten durch Bequemlichkeitsstreben führen zur Erwartung der Überallerhältlichkeit von Waren (zumindest des täglichen Bedarfs). Dazu tragen immer noch beschränkte Ladenöffnungszeiten, zunehmende Berufstätigkeit des Haushaltsführers, aber auch knappes Parkplatzangebot und hohe Nahverkehrspreise bei. Ebenso beanspruchen erwartete Zusatzleistungen Regalplatz.

• Im Herstellerbereich führt die zunehmende Warenvielfalt, auch bedingt durch hinzutretende ausländische Anbieter, zur Ausweitung des Warenangebots durch Innovation, Diversifizierung, Produktdifferenzierung und Markentransfer. Zwar scheitern die meisten Neuprodukteinführungen, aber diejenigen, die reüssieren, belasten den Regalplatz weiter. Monomarken werden durch Angliederung verwandter Produktgruppen (Flankers) zu Dachmarken, die eine Vielzahl von Artikeln unter sich vereinen. Bestehende Marken werden durch Abwandlungen in der Produktgruppe (Line extensions) stärker „gemolken“. Schließlich kommen auch produktgruppenfremde Marken durch Transfer hinzu, die mehrfach Regalplätze beanspruchen. Ein Streben nach hoher Distributionsdichte ist bei verbreiteter Impulskaufneigung notwendige Voraussetzung für den Geschäftserfolg. Bei als gleichartig wahrgenommenen Artikeln gibt meist die reale Verfügbarkeit am Handelsplatz den Ausschlag für den Kaufentscheid. Nicht präsente Ware kann jedenfalls schon einmal nicht gekauft werden. Für jeden Artikel bestehen Bemühungen zur Vergrößerung der Ausstellungsfläche je Platzierung (Facing) bzw. Mehrfachplatzierungen. Denn je größer die potenzielle Kontaktstrecke mit der Ware ist, desto höher ist auch die Kaufwahrscheinlichkeit.

• Im Händlerbereich sind die Grenzen der Vermehrbarkeit von Regalplatz durch hohe Kosten für Fläche und Personal sowie immer rarer werdende attraktive Standorte erreicht. Ia-Lagen sind heute kaum mehr zu finanzieren, Stadtrandlagen werden durch Baunutzungsverordnungen der Städte und Gemeinden zum Schutz der innerstädtischen Infrastruktur vereitelt. Hinzu kommt ein nennenswertes Ladensterben vor allem bei Outletgrößen, die eine hinreichende Rentabilität nicht mehr gewährleisten. Der Handel neigt zur konzentrierten Regalplatzvergabe an wenige, große und verlässlich berechenbare Lieferanten. Denn auch auf der Herstellerstufe hat ein enormer, vor allem internationaler Konzentrationsprozess stattgefunden, der für Markteinsteiger als Zutrittsschranke wirkt. Die zu beobachtende Verdrängungskonkurrenz durch eine steigende Zahl von Handelsmarken und deren Bevorzugung bei der Regalplatzvergabe führt zu verstärktem Eigenbedarf der Händler, der notwendigerweise zu Lasten der Herstellermarken geht.

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10.2 Das Beschaffungsmarketing

Die Bedeutung der Beschaffung steigt in letzter Zeit erheblich, weil die Fertigungstiefe der Produktion sinkt, gleichzeitig steigt das Einkaufsvolumen. Der Industriestandard liegt bereits deutlich unter 50 %. Das bedeutet aber, weit mehr als die Hälfte des Umsatzes wird durch zugekaufte Waren gebildet und damit auch weit mehr als die Hälfte des Gewinnpotenzials im Einkauf erzielt. Dieser in der Vergangenheit eher vernachlässigte Bereich entwickelt sich damit zunehmend zum Bottle neck. Der Microwagen Smart wird etwa mit einer Fertigungstiefe von nur 18 % produziert, dabei kommen nur noch 107 Baugruppen zum Einsatz, die von sechs Systemlieferanten beschafft, produziert und im Herstellerwerk montiert werden (Fraktale Fabrik).

Infolge international verflochtener Konzernstrukturen dominieren hier globale Aspekte. Dazu werden einzelne Teile spezialisierten Zulieferern zugewiesen und deren Experten-Know-how und Facilitäten dann weltweit genutzt. Und zwar unter Ausspielung der Nachfragemacht der Einkäufer. Dies resultiert aber nicht nur in niedrigeren Einstandspreisen (Design to costs, kein Overengineering), sondern auch in höheren Qualitäts- und Serviceansprüchen. Bei der heute anzutreffenden, überwiegend vollautomatisierten Fertigung streiken Handhabungsroboter bereits bei Überschreitung kleinster Maßtoleranzen. Hinzu kommt die lagerlose Anlieferung der Waren zum Produktionszeitpunkt (Just in time). Dies ist oft nur durch Lagerstätten in unmittelbarer Nähe der Abnehmer realisierbar und zwingt Zulieferer zur Globalisierung. Deshalb werden Lieferanten bereits frühzeitig in den Entwicklungsprozess neuer Komponenten einbezogen. Das geht bis zur Einbindung in die Datenfernübertragung des Kunden. Motivation zu Höchstleistungen winkt durch Auszeichnungen und langlaufende Abnahmeverträge. Lieferanten werden zudem zunehmend zur Systemlieferung veranlasst. Dazu wird ein Produkt in Module zerlegt, die von jeweils einem Systemlieferanten komplett verantwortet werden. Je komplexer die angelieferte Problemlösung ist, desto unentbehrlicher macht sich allerdings der Lieferant. Je weitreichender er sich aber den Bedürfnissen eines Abnehmers anpasst, desto mehr wächst auch seine Abhängigkeit von ihm. Denn Kunden unterziehen ihre Lieferanten rigorosen Bewertungsverfahren, die zum Ausschluss führen, sobald rigide Standards nicht mehr erfüllt werden. Oder dafür sorgen, dass man erst gar nicht in den Kreis potenzieller Lieferanten aufgenommen wird. Dieses Benchmarking versucht, die jeweils besten Standards im Unternehmen, beim direkten Wettbewerb, bei Substitutionsgutanbietern oder generell am Markt als Maßstab zu setzen.

Zudem wird angestrebt, dass Konkurrenten wettbewerbsneutrale Teile gemeinsam bei einem Lieferanten einkaufen, um durch Auftragskonzentration dort Kostenvorteile zu realisieren. Dies bedeutet einerseits unternehmensübergreifende Standardisierung, andererseits unternehmensintern ein Gleichteilekonzept mit möglichst später Individualisierung dieser Teile im Produktionsfortschritt. Unter wettbewerbsneutralen Teilen versteht man dabei solche, die nicht die Kernkompetenz eines Anbieters repräsentieren. Solche Kernkompetenzen schaffen den Zugang zu einer Vielzahl von Märkten, leisten einen signifikanten Beitrag zum wahrgenommenen Kundennutzen und sind nur schwer vom Wettbewerb imitierbar.

Oft wird ein Order split vorgenommen, d.h. die Verteilung von gleichartigen Aufträgen auf zwei (Dual sourcing) oder mehr Lieferanten (Multiple sourcing) zur Risikostreuung oder aus Sicherheitsdenken heraus. Konträr dazu verläuft das Single sourcing als Konzentration auf nur einen Lieferanten, mit dem verzahnt zusammengearbeitet wird (verlängerte Werkbank). Damit wird Know-how-Zukauf von Spezialisten als ausgelagerte Forschungs- und Entwicklungs-Kapazitäten realisiert. Letztlich resultiert daraus ein extremes Lieferantenrisiko, zumal wenn die Zulieferung nur als Ausgleich organisatorischer Engpässe angesehen wird.

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Für eine Bezugsquellenkonzentration (Single sourcing) sprechen eine Reihe von Argumente. So geben größere Mengen je Lieferant eine stärkere Position bei Preisverhandlungen. Es kommt zu einer Senkung der Transportkosten. Die Gefahr qualitativer Abweichungen bei den beschafften Produkten ist geringer. Es ist eine leichtere Qualitätskontrolle möglich. Insgesamt sinkt der Beschaffungsaufwand. Die Kommunikation mit Lieferanten wird durch engere, womöglich langjährige, mit institutionellem und persönlichem Vertrauen versehene Beziehungen verbessert. Dies führt zur Planungserleichterung. Es kann Hilfestellung des Lieferanten bei technischer Anwendung, abnehmerbezogener Forschung und sonstigen Sonderproblemen erwartet werden. Stellt der Abnehmer Werkzeuge, Muster, Formen etc. zur Verfügung, entsteht Kostenersparnis. Damit kommt es zu einer Senkung des Einstandspreises sowie hoher Qualität der Vorprodukte durch aktiven Aufbau eines leistungsstarken und innovativen Lieferanten. Dies betrifft eher Güter höherer Spezifität. Allerdings ist die Gefahr opportunistischen Verhaltens auf beiden Seiten durch wechselseitige, asymmetrische Informationsverteilung erheblich. Die langfristige Ausrichtung führt zu Rahmenverträgen mit relativ langer Laufzeit und damit zur Planungserleichterung. Insofern ist der Lieferant auch nicht kurzfristig substituierbar, da hohe Austrittsbarrieren bestehen. Die Gefahr des Produktionsstopps bei Lieferausfall besteht ebenso wegen hoher gegenseitiger Abhängigkeit.

Für eine Bezugsquellenaufteilung (Multiple sourcing) sprechen ebenso wichtige Argumente. So entsteht eine Beschaffungssicherung mit Reduktion des Versorgungsrisikos durch Streuung der Risiken. Der Wettbewerb unter den Anbietern kann zur Verringerung der dort entstehenden Marktmacht genutzt werden. Eine geringere Abhängigkeit von einem Anbieter schafft höhere Flexibilität, da die Beziehung nur kurzfristig, also auf einzelne Transaktionen, ausgerichtet ist. Daher gibt es keine Rahmenverträge oder nur solche mit kurzer Laufzeit. Evtl. können Kosten auf die Anbieter verlagert werden, wenn die Stellung des Abnehmers mehreren Lieferanten gegenüber dadurch gestärkt wird und er zusätzliche Leistungen verlangen kann. Es ergeben sich größere Chancen der Innovation, welche die Entwicklungsmöglichkeiten kleinerer Anbieter verbessern. Es bestehen keine ökonomischen und moralischen Verpflichtungen zur weiteren

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Unterstützung wie bei einem allein von einem Nachfrager abhängigen Anbieter. Ein niedrigerer Einstandspreis ergibt sich durch Förderung der Konkurrenz unter den Lieferanten, damit ist auch eine kurzfristige Substituierbarkeit möglich. Dies bietet sich eher für Güter geringer Komplexität und Spezifität sowie guter marktlicher Verfügbarkeit an. Die Gefahr opportunistischen Verhaltens der Beteiligten ist wegen der vorhandenen Markttransparenz gering. Da niedrige Austrittsbarrieren bestehen und für neue Anbieter ein leichter Markteintritt möglich ist, ist die gegenseitige Abhängigkeit eher gering.

Ein gewisser Kompromiss ist das Dual sourcing, bei dem nur zwei Lieferanten für eine Ware ausgewählt werden. Insofern können die Vorteile sowohl des Single sourcing wie des Multiple sourcing genutzt werden. Dabei erfolgt dann ein Order split.

Eng damit zusammen hängt die Entscheidung zum Global sourcing oder zum Local sourcing. Global sourcing bedeutet, dass global nach dem einzelnen, für betriebliche Zwecke bestgeeigneten Lieferanten Ausschau gehalten wird, so dass die Gefahr suboptimaler Auswahl geringer ist. Local sourcing bedeutet, dass bei räumlich verteilten Betriebsstandorten verschiedene Lieferanten gemäß den jeweiligen Anspruchsprofilen der Standorte beauftragt werden. Auf diese Weise können Synergiepotenziale besser genutzt werden.

Für ein Outsourcing von Leistungen an Lieferanten sprechen eine Reihe guter Argumente. Fixkosten können in variable Kosten umgewandelt werden. Es ergibt sich eine bessere Kostentransparenz. Das Kostenbewusstsein im Unternehmen wird gestärkt. Es erfolgt eine Entlastung von Randarbeiten, die nicht zur Kernkompetenz gehören. Eine Verringerung des Personalbestands ist möglich. Risiken werden auf Zulieferer verlagert. Gleichzeitig entsteht Zugang zu speziellem Know-how, das die verstärkte Nutzung der Kernkompetenzen ermöglicht. Gegen ein Outsourcing sprechen u.a. die Umstellungskosten, die Intransparenz der Wertschöpfung außerhalb des Betriebs und evtl. mangelnde Kostensenkungen. Auch ist die zukünftige Preisentwicklung schwierig einzuschätzen. Vor allem kommt es zu einem Know-how-Verlust, der eine Rückgängigmachung der Outsourcing-Entscheidung faktisch bald verweigert. Stattdessen entsteht eine Bindung an fremde Technologie, und das für eine womöglich lange Frist. Außerdem entstehen auch Datenschutzprobleme bei sensiblen Informationen.

Die Probleme des Outsourcing haben dazu geführt, dass vielfach ehemals an Zulieferer ausgelagerte Bereiche wieder in das Unternehmen rückgeführt werden. Wesentlicher Grund dafür ist die Gefahr der Abkopplung von der Entwicklung des technischen Fortschritts, die nach einer gewissen Zeitspanne nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, sodass diese Bereiche anderweitig endgültig für das Unternehmens-Know-how verloren gehen.

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Wichtig ist auch die Entwicklung zu einer Hierarchie der Lieferanten, bei der nur noch die an der Spitze stehenden Systemlieferanten, die in Gesamtsystemen zu denken und handeln fähig sind, unmittelbaren Kontakt zum gewerblichen Endabnehmer haben. Diese liefern komplexe Leistungseinheiten wie Armaturenbrettinstallationen, Kühlergrill-/Scheinwerfer-/Stoßfängereinheiten, Türöffnungs-/-sicherungs-/Fensterhebesysteme, Audiosysteme, Benzineinspritzung und Motormanagement etc. an, die sie jedoch keineswegs komplett selbst herstellen, sondern ihrerseits von Komponentenlieferanten, die zur Systemintegration fähig sind, in Teileinheiten beziehen und fertig montieren lassen, z.B. Radio, Lautsprecher, Einspritzsteuergerät, Benzinpumpe, Motorsensoren. Dabei besteht die Beziehung nur noch zwischen Komponentenlieferant und Systemabnehmer, nicht aber mehr zum eigentlichen Abnehmer. Die Aufgabe der zweckmäßigen, d.h. kostengünstigen und leistungsfähigen, Zusammenstellung von Komponenten verlagert der gewerbliche Abnehmer so in den Bezugskanal. Komponentenlieferanten wiederum beziehen ihre Teile bei Teilelieferanten mit geringerem Entwicklungspotenzial, die sich am Ende der Lieferantenhierarchie enormem Konditionendruck ausgesetzt sehen und daher zumeist nur noch an kostengünstigen Auslandsstandorten produzieren können, wie z.B. für Abdeckungen für Lautsprecher, Konnektoren für Kabelsätze, Befestigungselemente. Typisch sind heute etwa in der Automobilindustrie Strukturen von ca. 200 Systemlieferanten (mit sinkender Tendenz), ca. 2.500 Komponentenlieferanten und ca. 20.000 Teilelieferanten.

Ziel jedes Anbieters muss es sein, in der Hierarchie der Lieferanten möglichst weit oben angesiedelt zu sein. Denn desto werthaltiger wird die dem gewerblichen Abnehmer gebotene Leistung. Um allerdings eine solche Position einzunehmen, bedarf es vorab der Übernahme gewaltiger Risiken. Diese bestehen im Aufwand zur Zusammenstellung eines leistungsfähigen Systems aus Komponenten und Teilen, in der Notwendigkeit zur globalen Ausrichtung analog zum gewerblichen Abnehmer und in der daraus entstehenden Abhängigkeit von diesem. Gewerbliche Abnehmer bemühen sich, diese Risiken kalkulierbar zu machen, indem sie lebenslange Verträge (Lifetime contracts) abschließen, die besagen, dass ein Systemlieferant, solange ein bestimmtes Produkt (z.B. Automodell) produziert wird, alleiniger Lieferant für bestimmte darin eingebaute Systeme ist. Dies ist auch deshalb sinnvoll, weil diese zumeist nach genauen Spezifikationen des gewerblichen Abnehmers von Systemlieferanten weitgehend auf eigene Kosten und Risiken entwickelt worden sind, ein adäquates Know-how dafür also anderweitig kaum verfügbar ist.

Modular sourcing bedeutet eine produktpolitische Strategie, bei der einzelne Elemente verschiedener Produkte standardisiert sind und damit untereinander austauschbar werden. Durch unterschiedliche Kombinationen der Elemente und Hinzufügung von Spezialeigenschaften bewirkenden Sonderelementen wird dadurch eine begrenzte Individualisierung mit kostensparender Varietät erreicht (Baukastensystem). Auf diese Weise wird versucht, die Vorteile der Standardisierung in der Produktion und der Individualisierung im Vertrieb zu kombinieren. Erstere werden durch vereinheitlichte Basiselemente (Platforms), die in hohen Auflagen produziert werden können, erreicht, Letztere durch Heterogenisierung spezifischer Ausführungen auf Nachfragerbedarfe möglichst spät im Produktionsfluss.

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Für die Beschaffung bedeutet dies die Zusammenarbeit mit Systemlieferanten (First tiers), die ihrerseits Teilleistungen von Komponentenlieferanten (Second tiers) zusammenstellen, die ihrerseits wiederum Artikel von Teilelieferanten (Third tiers) beziehen. Der Abnehmer steht unmittelbar nur in Kontakt mit den First tiers, trägt jedoch durch Zertifizierungen dafür Sorge, dass auch Second tiers und Third tiers seinen Anforderungen genügen. Jeder Lieferant steht daher vor der Entscheidung, sich mit der Bereitstellung auch bislang sachfremder Leistungen zu befassen und sich damit als kompetenter Systemlieferant zu qualifizieren oder ins zweite oder dritte Glied zurückzutreten. Vor allem Third tiers unterliegen extremem Kostendruck, sodass diese praktisch nur noch in Billiglohnländern bestehen können. Durch diese Aufgabenteilung entsteht die langfristige, institutionelle Arbeitsteilung innerhalb der Wertschöpfungskette mit einem führenden Unternehmen als Koordinator rechtlich selbstständiger, wirtschaftlich aber mehr oder minder abhängiger anderer. Dies führt im extrem bis zur Bildung virtueller Unternehmen, deren fokale Einheiten sich nur mit dem Aufbau und Unterhalt eines solchen strategischen Netzwerks beschäftigen, aber keinen eigenen Wertschöpfungsanteil mehr leisten. Ein solches Netzwerk hat Aktoren in Form der Beteiligten und Beziehungen in Form des Leistungsaustauschs unter ihnen, es kann nach seiner Dichte in Bezug auf die Enge der Anbindung, Flexibilität in Bezug auf die festgelegte Arbeitsteilung, Varietät in Bezug auf die Anpassung an Anforderungen, Veränderlichkeit in Bezug auf den Austausch einzelner Teilnehmer und seinem Ausmaß in Bezug auf den Anteil am Geschäftsumfang der Beteiligten beschrieben werden.

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Die funktionellen ktionsfelder des Marketing

10.3 Das internationale Marketing

10.3.1 Vermarktungssituation

Deutschland ist ein Land mit herausragender Außenhandelstätigkeit. Rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts wird exportiert. Das bedeutet zugleich, dass jeder vierte deutsche Arbeitsplatz direkt vom Außenhandel abhängt. Zweifellos steigt daher die Bedeutung des internationalen Marketing, global kommt es zu einer Handelsliberalisierung, also einem weitgehend ungehinderten Austausch von Waren, Diensten und Geldern. Außenhandel umfasst dabei allgemein alle betriebswirtschaftlichen Tätigkeiten bei der Unterhaltung von wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland auf der Grundlage des grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehrs sowie von Rechtsübertragungen, Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie Kapitalverzehr. Import ist der grenzüberschreitende Bezug von wirtschaftlichen Leistungen aus dem Ausland, Export die grenzüberschreitende Bereitstellung von wirtschaftlichen Leistungen an das Ausland.

Internationales Marketing betrifft die Analyse, Planung, Durchführung, Koordination und Kontrolle marktbezogener Unternehmensaktivitäten bei der Geschäftstätigkeit in mehr als einem Land. Es umfasst die Festlegung der Form der Markteintrittsentscheidung, das Management marktbezogener Rückkopplungen und die gegenseitige Abstimmung der nationalen Marketingaktivitäten mit dem Ziel der Realisierung komparativer Konkurrenzvorteile auf den Ländermärkten. Allerdings ist die Berechtigung eines eigenständigen, internationalen Marketing dadurch zu korrigieren, dass jegliches Marketing von vornherein ohne räumliche Begrenzung anzulegen ist, es sei denn, eine solche wird ausdrücklich gewünscht. Insofern ist eher das nationale Marketing die Besonderheit durch eine explizite Eingrenzung des Gültigkeitsbereichs von Aussagen auf einen bestimmten Raummarkt. Jedes andere Marketing hat hingegen heutzutage immer international angelegt zu sein. Jedoch gibt es einige Erschwernisse im Hinblick auf den internationalisierten Einsatz des Marketing. Dabei handelt es sich vor allem um einen erhöhten Informationsbedarf, ein höheres Risiko, einen höheren Koordinationsaufwand und eine erhöhte Komplexität der Entscheidungssituation.

Insofern gibt es zahlreiche Institutionen, die sich um eine Reduzierung dieser Komplexität bemühen und beratend zur Verfügung stehen. Zu denken ist etwa an die Industrie- und Handelskammern (IHK´en), die Außenhandelskammern (AHK´en), die internationale Handelskammer (ICC), die Bundesstelle für Außenhandelsinformationen (BfAI), das Statistische Bundesamt, den auswärtigen Dienst, die jeweiligen Ländervereine, Kredit- und Marktforschungsinstitute, das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft, den Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft (AUMA), die wirtschaftswissenschaftlichen Institute und einschlägige Verbände.

Eine fundamentale Entscheidung im internationalen Marketing ist die Wahl der zu bearbeitenden Märkte. Dabei kommt es vor allem darauf an, inwieweit diese Märkte in ihrem Profil dem Anforderungsprofil der Unternehmen entsprechen. Da diese Anforderungen vielfältig sind, kann auch die Beurteilung anhand vielfältiger Kriterien durchgeführt werden. Zu denken ist etwa an Parameter aus den Bereichen Wirtschaft, Gesundheit/Hygiene, Bildungsniveau, Kommunikation, Transport/Verkehr etc. Dies führt dann zu einer Einteilung etwa in Less developped countries, Newly industrialized countries, Early mass markets, Mature markets etc.

Die Risiken im internationalen Marketing beziehen sich vor allem auf folgende:

• Ein Dispositionsrisiko entsteht, wenn die Geschäftsaktivitäten einer Unternehmung im Ausland durch Maßnahmen der Regierung, durch soziale und politische Unruhen oder Krieg beeinträchtigt werden.

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• Ein Transferrisiko betrifft die Beeinträchtigung der grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten durch Zahlungsunfähigkeit. Dabei ist ein Land nicht mehr in der Lage oder bereit, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zu denken ist auch an Wechselkursrisiken sowie Handelshemmnisse bei Einfuhrbeschränkungen und Zöllen.

• Ein Enteignungsrisiko betrifft den teilweisen oder vollständigen Zugriff der Regierung auf Rechte und Vermögen der ausländischen Unternehmung mit voller bzw. teilweiser oder auch ohne Entschädigung, etwa durch Enteignung i.e.S., Nationalisierung oder Konfiszierung.

• Weitere Risiken sind das Sicherheitsrisiko als Gefahr für Gesundheit, Freiheit und Leben der Mitarbeiter und ihrer Angehörigen vor Ort sowie das fiskalische Risiko, das sich aus landesspezifischer Wirtschaftspolitik ergibt.

Länderrisiken sind also allgemein mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundene und aus dem Gastland resultierende Verlustgefahren bzw. Gefahren der Beeinträchtigung oder Nichterreichung unternehmerischer Zielsetzungen, die aus der gesamtwirtschaftlichen, politischen und soziokulturellen Situation eines Landes resultieren. Da diese Risiken von Land zu Land erheblich abweichen, bietet sich der Versuch einer einheitlichen Bewertung an. Man unterscheidet dabei qualitative (verbale) Konzepte der Risikobewertung wie Scoring-Modelle, und quantitative (nummerische) Konzepte anhand objektiver oder subjektiver Kriterien (ein- oder mehrdimensional). Am Häufigsten wird der BERI eingesetzt (Business environment risk information), der das Politik-, das Geschäfts- und das Rückzahlungsrisiko jeweils in Indexform erfasst (ORI, ORI, RFI) und zusammenfasst (PORI).

Das internationale Marketing wird durch grenzüberschreitende Wirtschaftskooperationen wie Freihandelszonen, Zollunionen, gemeinsamen Binnenmärkten, Wirtschaftsgemeinschaften, Währungsunionen oder politischen Unionen gefördert. Außerdem stützen internationale Organisationen, wie GATT, UNO, OECD, IMF, IBRD etc., den internationalen Leistungsaustausch. Allerdings sind nach wie vor weit verbreitet Marktzutrittsschranken anzutreffen. Dabei handelt es sich um tarifäre Handelshemmnisse durch Zölle und Einfuhrabgaben, die aus fiskalischen, wirtschafts- oder sozial- und gesundheitspolitischen Gründen erhoben werden, sowie um vielfältige nicht-tarifäre Handelshemmnisse, die auf die Reglementierung und im Einzelfall auch Behinderung des Leistungsaustauschs abzielen, dazu gehören etwa Kontingentierungen, Konvertierungsbeschränkungen, Transferbeschränkungen, Zahlungsverbote, Embargos, Moratorien etc.).

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Hinsichtlich der internationalen Marktbearbeitung sind ihre zeitliche Erstreckung, ihre räumliche Ausdehnung sowie die Führung der einzelnen Märkte zu untersuchen. Bei der Zeitdimension unterscheidet man zwischen der Sprinkler- und der Wasserfall-Strategie. Eine Sprinkler-Strategie liegt vor, wenn ein Unternehmen in kurzer Zeit möglichst viele Länder für den Auslandsabsatz erschließen will, indem es simultan in mehreren Märkten vorgeht. Dies bietet sich an, sofern länderübergreifende Zielgruppen existieren, Güter mit kurzen Lebenszyklen gegeben sind und geringe Markteintrittsbarrieren bestehen. Eine Wasserfall-Strategie bedeutet demgegenüber, dass neue ausländische Märkte erst langsam und nach ausgiebiger Informationssuche erschlossen werden, und zwar im Zeitablauf sukzessiv Land für Land. Dies bietet sich an, wenn die Markteintrittskosten gestreckt werden sollen, wenn Länder mit unterschiedlichen administrativen und marktlichen Strukturen, abweichendem Abnehmerverhalten und -bedürfnissen sowie abweichendem technologischen und innovativen Stand gegeben sind. Einen gangbaren Kompromiss stellt die abwechselnde Kombination von Wasserfall- und Sprinkler-Strategie dar. Dies bietet sich bei Existenz von ähnlichen Zielgruppen in einigen anvisierten Ländermärkten an, bei unterschiedlichen technologischen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen sowie divergierenden Marktstrukturen in einigen ausgewählten Ländern und bei Existenz unterschiedlich hoher Markteintrittsbarrieren.

Bei der Raumdimension ist der ERPG-Ansatz (Perlmutter) am Verbreitetsten. Er unterscheidet in ethnozentrale, polyzentrale, regiozentrale und geozentrale Anlage internationaler Unternehmensaktivitäten:

• Ethnozentralität bedeutet, dass der Heimatmarkt den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit bildet. Dabei werden die Auslandsaktivitäten aus der Perspektive des Heimatmarkts gesteuert und umgesetzt, indem die stammlandorientierte Strategie auf die Auslandsmärkte übertragen wird. Der Betrieb im Stammland trifft daher zentral alle anfallenden Entscheidungen. Typisch ist der Export-/Importprimat.

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• Polyzentralität bedeutet, dass alle Auslandsmärkte gleich berechtigt und spezifisch behandelt werden. Die einzelnen Ländermärkte werden individuell mit auf ihre jeweiligen Besonderheiten zugeschnittenen Beschaffungs- und Absatzkonzepten bearbeitet. Meist werden Entscheidungen national vor Ort getroffen. Typisch ist dabei die multinationale Orientierung.

• Regiozentralität bedeutet, dass Auslandsmärkte zu homogenen Ländergruppen z.B. nach Kultur, Sprache, Ökonomie zusammengefasst und innerhalb einer Gruppe einheitlich bearbeitet werden. Entscheidungen innerhalb einer Ländergruppe werden zentral getroffen. Die Entscheidungsabstimmung zwischen den Ländergruppen erfolgt dezentral. Typisch dafür ist eine Triade-Orientierung.

• Geozentralität bedeutet, dass die Marketingaktivitäten grundsätzlich länderunabhängig konzipiert werden. Die Menge aller Länder wird als einheitlicher Markt betrachtet, bestehende Ländergrenzen und -unterschiede werden bewusst negiert. Entscheidungen werden unter Berücksichtigung aller beteiligten oder zumindest der wesentlichen Länder (Key markets) in einem globalen Netzwerk erarbeitet und getroffen, sodass sie durchgängig umsetzbar sind. Typisch ist eine globale Orientierung.

Bei der Marktführung sind die Fokussierung oder die Generalisierung denkbar. Der Generalisierung (Global marketing) liegt die These zugrunde, dass die Vermarktungsbedingungen auf den wichtigsten Märkten konvergent sind, d.h. einer allgemeinen Tendenz zur Annäherung und Vereinheitlichung unterliegen (Levitt). Deshalb ist es für international tätige Unternehmen möglich, ihr Angebot zu standardisieren, überall gleiche Verkaufskonzepte anzuwenden und Leistungsstandards zu gewährleisten. Dadurch wird es weiterhin möglich, Kosteneinsparungen zu realisieren. Von daher sind global agierende Unternehmen vorgeblich erfolgreicher. Dem steht die Meinung entgegen, dass die Vermarktungsbedingungen sich einander nicht nur nicht annähern, sondern sich sogar evolutionär voneinander entfernen (Naisbitt). Deshalb muss im Gegenteil eine Fokussierung des Angebots auf den jeweiligen Landesmarkt angestrebt werden.

Es ist wohl unbestritten, dass trotz unverkennbarer Annäherung internationaler Sozialstrukturen und der Internationalisierung des Wettbewerbs in Abhängigkeit vom Angebotsumfeld dennoch genügend signifikante Unterschiede verbleiben, die eine nach Form und Inhalt länderspezifisch abweichende Vermarktung erfordern. Derartige Marktspezifika sind für einen Anbieter um so besser nutzbar, je treffender, markanter, spitzer seine Positionierung dort ist. Oder umgekehrt: Unvermeidliche Generalisierungen des Marketingkonzepts führen beinahe zwangsläufig zu Effizienzeinbußen, da die jeweils spezifischen Vermarktungsbedingungen eher durch individuell abgestimmte Aktivitäten nutzbar sind als durch globale.

Im Grundsatz dreht sich die Diskussion darum, dass die Befürworter eines globalen, generalisierten Konzepts die potenziellen Vorteile der Positionierungskonsistenz und Umsetzungskosteneinsparung höher wichten als die möglichen Nachteile aus wenig anfechtbaren Effizienzeinbußen, während es bei den Gegnern genau umgekehrt ist. Letztlich ist eine Wertung wohl immer von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Einen tragfähigen Kompromiss stellt die Grundidee des Lead country-Konzepts dar, wonach für eine größere regionale Einheit bzw. für den Weltmarkt insgesamt ein Land und damit eine Niederlassung bzw. das Stammhaus selbst die Position des Koordinators und Primus inter pares übernimmt. Alle anderen Länder adaptieren dann diese Aktivitäten.

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10.3.2 Markteintrittsformen

Für die Umsetzung des internationalen Marketing stellt der Außenhandel traditionell die erste Stufe dar. Diese gehorcht dem Transportprimat und erstreckt sich über verschiedene Ausprägungen. Export ist allgemein derjenige Teil des Außenhandels, der alle betrieblichen Tätigkeiten bei der Unterhaltung von wirtschaftlichen Beziehungen zum Ausland auf der Grundlage grenzüberschreitenden Waren- und Diensteverkehrs sowie von Rechtsübertragungen umfasst. Direkter Export liegt vor, wenn das Produkt ohne einen zwischen geschalteten inländischen Außenhandelsbetrieb an einen im Ausland ansässigen Handelsbetrieb, einen Absatzhelfer oder Endabnehmer abgesetzt wird. Dies ist vor allem im Bereich der Produktivgüter weit verbreitet. Die Kontaktanbahnung zu Kunden oder die Auftragsakquisition und Lieferung erfolgt hingegen im indirekten Export über zwischen geschaltete, rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Dritte (Händler), d.h., inländische Handelsunternehmen (Exporthäuser) werden zur Abwicklung des Exportgeschäfts eingeschaltet. Diese haben meist eine spezifische Länderorientierung mit genauen Kenntnissen der Region und guten Kontakten dorthin. Spiegelbildlich liegt direkter Import vor, wenn ein zwischen geschalteter inländischer Außenhandelsbetrieb (Importhändler) fehlt, indirekter Import hingegen erfolgt über einen solchen inländischen Außenhandelsbetrieb. Weiterhin gibt es vielfältige Kooperationsformen wie Exportgemeinschaften, Exportkartelle, Exportringe etc.

Im direkten Export/Import sind evtl. selbstständige akquisitorische Absatzhelfer eingeschaltet wie Handelsvertreter, Handelsagenturen, Vermittlungsvertreter, CIF-Agenten, Kommissionäre, Kommissionsagenten, Handelsmakler etc. Hinzu kommen logistische Absatzhelfer wie Spediteure, Frachtführer, Luftfracht-Agenten, Lagerhalter etc.

Unter Veredelung versteht man die Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung von Waren und deren Rücksendung an das Herkunftsland innerhalb bestimmter Fristen. Die Ware wird also im Ausland in einem oder mehreren Produktionsschritten bearbeitet oder zu einem anderen, höherwertigeren Produkt verarbeitet oder repariert und ausgebessert/wiederhergestellt zu werden. Fremdveredelung liegt vor, wenn dies durch selbstständige Produktions- oder Handelsbetriebe erfolgt, Betriebsveredelung, wenn dies auf eigenen Anlagen vorgenommen wird. Von passivem Veredelungsverkehr spricht man, wenn inländische Waren zur Veredelung ins Ausland verbracht und anschließend re-importiert werden, um dort zu verbleiben oder endgültig exportiert zu werden, von aktivem Veredelungsverkehr, wenn ausländische Waren zur Veredelung ins Inland verbracht und anschließend zur endgültigen Wiederausfuhr re-exportiert werden.

Transithandel bedeutet, dass Inländer Waren von Ausländern erwerben und sie wieder an Ausländer veräußern, ohne dass die Waren physisch ins Inland verbracht werden (und umgekehrt). Beim passiven Transithandel verkauft ein ausländischer Transithändler Waren aus Drittländern an inländische Abnehmer oder Inlandsprodukte an Abnehmer in Drittländern. Aus der jeweiligen Ländersicht liegt aktiver Transithandel hingegen vor, wenn ein inländischer Transithändler im Ausland befindliche Waren an ausländische Dritte weiterverkauft. Wird dabei in einem Freihafen, Zolllager o.ä. eine Bearbeitung vorgenommen, handelt es sich um gebrochenen Transithandel. Die Durchfuhr betrifft die physische Beförderung von Waren aus dem Ausland durch das Inland hindurch wieder in ein Drittland, ohne dass diese in den freien Verkehr des Inlands gelangen, bei passiver Durchfuhr hat der Ablader (Verfrachter) seinen Sitz im Ausland, bei aktiver Durchfuhr im Inland. Die Ware wird zur Sicherung versiegelt.

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Unter Kompensationsgeschäften versteht man Abwicklungen, bei denen die Zahlung nur teilweise oder gar nicht in Geldform erfolgt. Dabei sind sowohl die Inzahlungnahme von Gebrauchtware und deren Anrechnung auf den Kaufpreis als auch ein direkter oder indirekter Naturaltausch in Waren denkbar. Bei Letzterem werden genau ausspezifizierte Warenlieferungen vereinbart. Ein Verkauf ist dann davon abhängig, dass umgekehrt vom Abnehmer Güter oder Dienste gekauft oder für weitere Abnehmer vermittelt werden.

Man unterscheidet u.a. die Teilkompensation mit einer Restforderung/Restschuld in Geld oder die Vollkompensation, weiterhin das Zweipartner- oder das Mehrecksgeschäft, die Eigenkompensation oder die Fremdkompensation durch Dritte, die gleichzeitige oder zeitverschobene Abwicklung, die verbundene oder unverbundene Abwicklung etc. Vor allem können Regelungen über einen Vertrag (Klassischer Barter, Dreiecks-Barter, Deferred barter, Countertrade und Closed end barter) oder über mehr als einen Vertrag unterschieden werden (Gegen-Barter, Parallelgeschäft, Junctim barter, Rückkaufgeschäft, Offset-Geschäft und BOT-Barter) sowie Clearing-Regelungen durch Barter-Ring, Vorwegverkauf und Switch-Geschäft. Gründe für solche Kompensationsgeschäfte sind zumeist Marktstörungen wie Devisenarmut, Verschuldung, Preisschwankungen etc., die ansonsten einen Geschäftsabschluss vereiteln würden.

In einer zweiten Stufe kann die Internationalisierung durch Eingehen einer vertraglichen Bindung mit einem ausländischen Partner realisiert werden. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten.

Eine Lizenz ist allgemein die Erlaubnis zur vertraglich abgesicherten, entgeltlichen Nutzung einer schutzrechtlichen Erfindung oder ungeschützten Wissens durch eine Lizenznehmer. Ihr liegt eine vollständige oder teilweise Übertragung von Rechten durch den Urheber an andere Personen/Organisationen zugrunde. Die Lizenz kann einfach oder ausschließlich sein. Sie kann gegen Pauschalgebühr oder erfolgsabhängige Zahlungen oder in Mischformen vergeben werden. Evtl. können vom Lizenznehmer Unterlizenzen (z.B. Master-Franchising) vergeben werden. Nach dem Inhalt kann es sich um Know-how-, Produkt- oder Vertriebslizenzen handeln. Dadurch ist die Erschließung neuer Märkte mit hoher Kundennähe bei begrenzten Ressourcen möglich.

Beim Kontraktmanagement übernimmt es ein Distributeur im Ausland, im Auftrag des Partners dort Waren auf fester vertraglicher Basis dauerhaft oder zeitlich begrenzt zu vertreiben, evtl. auch zu assemblieren, montieren oder anderweitig unwesentlich zu be- oder verarbeiten. Dies kann projektbezogen oder dauerhaft geschehen. Am Häufigsten ist die Form der Vertragsfertigung (Contract manufacturing). Dabei lässt ein inländisches Unternehmen seine Produkte oder wesentliche Teile davon von einem ausländischen Unternehmen auf fester vertraglicher Basis nach seinen Spezifikation fertigen (Produktionslizenz).

Beim Franchising erhält der Franchisenehmer vom Franchisegeber Schutzrechte, Informationen über Know-how sowie Beratungs- und Managementunterstützung. Der Franchisenehmer verpflichtet sich, seine Produkte oder die Gestaltung seines Unternehmens nach den vom Franchisegeber festgelegten Vorgaben auszurichten. Das Master-Franchising als internationale Sonderform regelt die Rahmenbedingungen für ausländische Systemnehmer, indem der Franchisenehmer seinerseits das Recht eingeräumt erhält, in einer Region Unterfranchisen zu vergeben. Vollfranchisen erstrecken sich auf den gesamten Betriebsbereich, Abteilungsfranchisen nur auf einzelne Bereiche des Fremdunternehmens. Vertriebs-Franchising bezieht sich dabei nur auf das absatzseitige Zusammenwirken der Partner, Produktions-Franchising hingegen auch auf die Herstellung der Waren und die Erbringung von Dienstleistungen. Direktes Franchising erfolgt unmittelbar vom Franchisegeber, indirektes Franchising durch eine eine im Ausland ansässige Vertretung des Franchisegebers.

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Beim Managementvertrag (Management contracting) führt der Systemgeber ein Unternehmen auf Rechnung und im Namen des Systemnehmers als Betreibergesellschaft, indem es Management-Know-how und Personal zur Verfügung stellt, während die Partnerseite aus dem Gastland oder einem dritten Land Direktinvestitionen tätigt.

Kooperation umfasst jede auf freiwilliger Basis beruhende, vertraglich geregelte Zusammenarbeit rechtlich selbstständig bleibender, aber wirtschaftlich eingeschränkter Betriebe zum Zweck der Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit. Bei internationalen Kooperationen sind die Partner in verschiedenen Ländern ansässig. Die Kooperation kann stufengleich (horizontal) oder stufenverschieden (vertikal) erfolgen, jeweils sowohl homogen (artgleich) oder heterogen. Nach der Fristigkeit kann die internationale Kooperation projektbezogen oder dauerhaft erfolgen. Dauerhafte Kooperationen einer bestimmten Art werden Strategische Allianzen genannt.

Darunter versteht man eine Form der sachlich begrenzten, meist horizontalen, Zusammenarbeit zwischen mindestens zwei oder mehr rechtlich selbstständigen Unternehmen, die aktuelle oder potenzielle Konkurrenten sind, im Hinblick auf eine oder mehrere Wertaktivitäten, die auf ihre Kernerfolgspotenziale ausgelegt sind und in gegenseitigem Austausch von Leistungen (Poolung) bzw. gegenseitigem Zugang zu Kernkompetenzen (Arbeitsteilung) bestehen, wobei alle beteiligten Unternehmen einen wesentlichen Teil ihres Beitrags zur Allianz in nicht-monetären Leistungen erbringen. Die Wirkung ist intern, nicht auf ein abgestimmtes Verhalten an den internationalen Märkten gerichtet. Es geht um die Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile. Voraussetzung ist eine Entsprechung bereits in der Ausgangssituation und der Wille zur Evolution der Partnerschaft in Bezug auf die Realisierung gemeinsamer Wettbewerbsvorteile.

Die letzte Stufe der Internationalisierung ist schließlich die Tätigung von Direktinvestitionen. Dafür gibt es mehrere Optionen. Als Direktinvestition bezeichnet man allgemein die Leistung oder das direkte Kapitalengagement von Gebietsansässigen in fremden Wirtschaftsgebieten mit der Absicht, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der empfangenden Unternehmung zu gewinnen, eine neue Unternehmung zu gründen oder einer Unternehmung, an welcher der Investor maßgeblich beteiligt ist, zusätzliche Mittel zuzuführen. Sie umfasst die Errichtung (Gründung) oder den Kauf von Unternehmen, den Erwerb von Beteiligungen, die dauerhafte Kreditvergabe oder die Betriebsmittelausstattung.

Die Beteiligung betrifft den Übergang eines mehr oder minder großen Anteils des Kapitals einer Unternehmung an eine andere in Minorität, Parität, Majorität oder durch vollständige Übernahme. Dies kann mit oder ohne Zustimmung des beteiligten Unternehmens erfolgen sowie kurz- oder langfristig motiviert sein. Eine Minoritätsbeteiligung ist oft nur Vorstufe zum Aufbau einer weitergehenden Beteiligung. Eine Paritätsbeteiligung hat zur Folge, dass beide Partner zur Einstimmigkeit in ihren Beschlüssen gezwungen sind. Dies zwingt zum Konsens, kann aber auch hemmend wirken. Eine Majoritätsbeteiligung bringt die zugrunde liegende unternehmerische Initiative zum Ausdruck.

Bei der Übernahme soll ein übernommenes Unternehmen voll und ganz integriert werden. Aktive Übernahme meint, dass sich ein Unternehmen an einem anderen beteiligt, passive Übernahme, dass ein Unternehmen die Beteiligung eines anderen sucht. Bei beiden sind enge wettbewerbsrechtliche Grenzen zu beachten, insb. die Fusionskontrolle und die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen.

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Bei Eigengründung entschließt sich ein Unternehmen, aus eigenem Potenzial heraus im Ausland zu internationalisieren. Vorteilhaft ist die komplette Dispositionsfreiheit, nachteilig ist, dass es sich um eine ausgesprochene Langsamstrategie handelt und oftmals hohe Markteintrittsschranken überwunden werden müssen. Insofern ist die Risikorate höher als bei externem Wachstum. Konstitutive Entscheidungen betreffen vor allem den Standort und die Wahl der Rechtsform.

Bei einem Joint venture gründen zwei oder mehr Partner ein gemeinschaftlich geführtes Unternehmen, in das Kapital, Know-how und ggfs. auch bereits existierende Unternehmensteile eingebracht werden. Die Partner sind vertraglich gebunden, kapitalmäßig beteiligt und tragen anteiliges Risiko. Internationale Joint ventures können horizontal (stufengleich), vertikal (stufenverschieden) oder diagonal (artverschieden) angelegt sein. Bei zwei Partnerländern spricht man vom bilateralen Joint venture, bei mehr als zwei von multilateralem Joint venture. Das Joint venture kann kurzfristig oder, typischerweise, mittel- bis langfristig angelegt sein. Es kann eine Imparität der Beteiligungsverhältnisse oder eine Parität vorsehen. Immer handelt es sich jedoch um ein neugegründetes oder wesentlich erweitertes Gemeinschaftsunternehmen. Oftmals fordern Gastländer Zwangsbeteiligungen (Local content) zur Sicherung ihrer Einflusssphäre.

Kurzfristige Kooperationen sind oft als Projektgemeinschaften angelegt. Beim Konsortium schließen sich mehrere Unternehmen zusammen, um gemeinsam die Kapazitäten für die Bewältigung eines Großauftrags bereitzustellen, der für jedes von ihnen allein nicht realisierbar oder nicht opportun ist. Es handelt sich also um eine Werkgemeinschaft rechtlich und ansonsten wirtschaftlich selbstständiger Konsortialpartner mit gleichen oder komplementären Arbeitsgebieten und objektbezogener Kooperation. Ein offenes Konsortium hat Außenwirkung, ein stilles hingegen nicht. Meist gibt es einen Konsortialführer als Sprecher. Tritt nur ein Konsorte nach außen hin auf, handelt es sich bei ihm um einen Generalunternehmer, der seinerseits Subkontraktoren einbindet.

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Literaturhinweise...

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Bruhn, Manfred: Marketing, 10. Auflage, Wiesbaden 2010

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Busch, Rainer/Dögl, Rudolf/Unger, Fritz: Integriertes Marketing, 4. Auflage, Wiesbaden 2009

Esch, Franz-Rudolf/Hermann Andreas/Sattler, Henrik: Marketing, 3. Auflage, München 2011

Fritz, Wolfgang/von der Oelsnitz, Dietrich: Marketing, 4. Auflage, Stuttgart u.a. 2006

Gierl, Heribert: Marketing, Stuttgart 2004

Godefroid, Peter/Pförtsch, Waldemar: Business-to-Business-Marketing, 4. Auflage, Ludwigshafen 2009

Helm, Roland: Marketing, 8. Auflage, Stuttgart 2009

Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Marketingmanagement, 3. Auflage, Wiesbaden 2009

Homburg, Christian/Krohmer, Harley: Grundlagen des Marketingmanagements, 2. Auflage, Wiesbaden 2009

Homburg, Christian/Kuester, Sabine/Krohmer, Harley: Marketing Management, Bershire 2009

Kotler, Philip/Keller, Kevin Lane/Bliemel, Friedhelm: Marketing-Management, 12. Auflage, Stuttgart 2007

Kotler, Philip/Armstrong, Gary/Saunders, John/Wong, Veronica: Grundlagen des Marketing, 5. Auflage, München u.a. 2010

Kreutzer, Ralf T.: Praxisorientiertes Marketing, 3. Auflage, Wiesbaden 2009

Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Kirchgeorg, Manfred: Marketing, 11. Auflage, Wiesbaden 2011

ders./Burmann, Christoph/Becker, Christian: Internationales Marketing-Management, 4. Auflage, Stuttgart 2010

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Poth, Ludwig G./Poth, Gudrun S./Pradel, Markus: Gabler Kompakt-Lexikon Marketing, 2. Auflage, Wiesbaden 2008

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Sander, Michael: Marketing-Management, 2. Auflage, Stuttgart 2011

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Walsh, Gianfranco/Klee, Alexander/Kilian, Thomas: Marketing, Berlin-Heidelberg 2009

Weis, Hans Christian: Marketing, 15. Auflage, Ludwigshafen 2009

Winkelmann, Peter: Marketing und Vertrieb, 7. Auflage, München-Wien 2010

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utorenhinweis

AutorenhinweisWerner Pepels studierte nach kaufmännischer Berufsausbildung Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften mit den Abschlüssen Diplom-Betriebswirt und Diplom-Kaufmann. Anschließend war er zwölf Jahre als Marketingberater tätig, davon drei Jahre als geschäftsführender Gesellschafter (Partner) in einem der größten deutschen Werbeberatungsunternehmen. 1989 wurde er zum Professor für Betriebswirtschaftlehre ernannt und ist seither im Studienschwerpunkt Marketing tätig. Er hat zahlreiche Beiträge zu Themen aus Marketing und Management in Monografie-, Sammelwerk-, Lexikon- und Aufsatzform veröffentlicht und zählt mit über 165.000 Exemplaren zu den meistverkauften Fachautoren in diesem Bereich im D-A-CH-Raum.

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